vorgehend
Landgericht Hamburg, 418 O 58/05, 13.10.2006
Hanseatisches Oberlandesgericht, 11 U 270/06, 24.10.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 259/07 Verkündet am:
25. Mai 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Geschäftsverteilung innerhalb eines Spruchkörpers darf nicht in der Weise
geregelt oder geändert werden, dass Richtern ausgesuchte Sachen zugewiesen
werden. Die einzelne Sache muss aufgrund allgemeiner und hinreichend bestimmter
Regeln, die sich bis auf die letzte Regelungsstufe erstrecken, an den entscheidenden
Richter gelangen.

b) Ein Beschluss zu einer Beitragserhöhung ist - sofern nicht eine gegenteilige allseits
oder individuell wirkende Bedingung vereinbart ist - zu Lasten des zustimmenden
Gesellschafters auch dann verbindlich, wenn nicht sämtliche Gesellschafter
zugestimmt haben, der Beschluss aber im Übrigen die nach dem Gesellschaftsvertrag
erforderliche Mehrheit erhalten hat.
BGH, Urteil vom 25. Mai 2009 - II ZR 259/07 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Strohn, Caliebe, Dr. Reichart und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters des 11. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 24. Oktober 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt vom Beklagten, einem ihrer Kommanditisten, Zahlung einer erhöhten Pflichteinlage. Die Parteien streiten darum, ob die Erhöhung auf einer Gesellschafterversammlung der Klägerin wirksam beschlossen wurde und der Beklagte zur Zahlung verpflichtet ist. Gegen das Urteil des Landgerichts , mit dem er zur Zahlung verurteilt wurde, hat der Beklagte Berufung eingelegt. Der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hat den Rechtsstreit nach § 526 ZPO seinem - nach den Mitwirkungsgrundsätzen zuständigen - Vorsit- zenden als Einzelrichter zugewiesen. Als dem Senat ein weiterer Richter, Richter am Amtsgericht Dr. B. , zur Erprobung zugeteilt wurde, änderte er am 27. April 2007 seine Mitwirkungsgrundsätze. Der Beschluss lautet u.a.: "2.2.1 Bei der Zuweisung von Sachen in das Dezernat von Dr. B. sind folgende Sachen ausgenommen worden: - Berufungssachen, in denen Sachzusammenhang mit einer laufenden oder früher anhängigen Sache besteht, die nicht nach dem Katalog zu 2.2.2. Dr. B. zugewiesen ist. - Berufungssachen, in denen schon mit der Bearbeitung begonnen worden ist.
- Berufungssachen aus dem Rechtsgebiet des Aktienrechts.
2.2.2 RiAG Dr. B. wird in den nachstehend aufgeführten Berufungssachen , in denen noch keine Verhandlung stattgefunden hat oder eine materiell prozessleitende Verfügung ergangen ist, an Stelle des bisherigen Berichterstatters/Einzelrichters zum Berichterstatter /Einzelrichter bestellt: Dezernat G. (5 Sachen) 11 U 30/06 11 U 50/06 11 U 270/06 … Dezernat T. (9 Sachen) … Dezernat W. (9 Sachen) … Dezernat R. (9 Sachen) … Dezernat Bl. (2 Sachen) …"
2
Das Aktenzeichen 11 U 270/06 betrifft das vorliegende Verfahren. Richter am Amtsgericht Dr. B. wies die Berufung des Beklagten zurück. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
4
I. Das Berufungsgericht war bei der Entscheidung durch Richter am Amtsgericht Dr. B. als Einzelrichter nicht vorschriftsmäßig besetzt (§ 547 Nr. 1 ZPO), weil ihm ausgesuchte Sachen zugewiesen wurden.
5
1. Ein Gericht ist nicht vorschriftsmäßig besetzt, wenn die Mitwirkungsgrundsätze nicht den nach §§ 21 e, 21 g GVG zu stellenden Anforderungen entsprechen (BGH, Urt. v. 25. März 2009 - XII ZR 75/06, z.V.b. Tz. 9; Urt. v. 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06, ZIP 2009, 91 Tz. 3). Die Geschäftsverteilung innerhalb eines Spruchkörpers darf nicht in der Weise geregelt oder geändert werden, dass Richtern ausgesuchte Sachen zugewiesen werden. Die einzelne Sache muss aufgrund allgemeiner und hinreichend bestimmter Regeln, die sich bis auf die letzte Regelungsstufe erstrecken, an den entscheidenden Richter gelangen (BGH, Urt. v. 25. März 2009 - XII ZR 75/06, z.V.b. Tz. 15). Auch die Veränderung der Zuteilung bereits anhängiger Verfahren muss sich - von Ausnahmefällen insbesondere in Strafsachen abgesehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18. März 2009 - 2 BvR 229/09, juris Tz. 26; BGHSt 44, 161, 165) - wie jede Geschäftsverteilung nach allgemeinen Merkmalen richten, um eine willkürliche Besetzung des Gerichts zu vermeiden (BGH, Urt. v. 25. März 2009 - XII ZR 75/06, z.V.b. Tz. 15; Urt. v. 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06, ZIP 2009, 91 Tz. 10). Für die Geschäftsverteilung innerhalb eines Spruchkörpers bei einem mit mehreren Richtern besetzten Spruchkörper oder bei der Bestimmung des Einzelrichters nach § 21 g Abs. 3 GVG gelten insoweit die gleichen Grundsätze wie für die Geschäftsverteilung innerhalb des Gerichts (vgl. BVerfG, NJW 1997, 1497, 1498; BGH Urt. v. 25. März 2009 - XII ZR 75/06, z.V.b. Tz. 15; Beschl. v. 29. September 1999 - 1 StR 460/99, NJW 2000, 371), auch wenn wegen eines Wechsels in der Besetzung eine Änderung des senatsinternen Geschäftsverteilungsplans nötig wird (§ 21 g Abs. 2 GVG).
6
2. Den Anforderungen an eine abstrakte und hinreichend bestimmte Zuweisungsregelung wird der Beschluss des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamburg vom 27. April 2007 nicht gerecht.
7
a) Richter am Amtsgericht Dr. B. sind die Sachen ausgesucht unter Angabe der Aktenzeichen und nicht auch in der letzten Regelungsstufe nach allgemeinen Merkmalen zugewiesen worden. Die Aufzählung von Aktenzeichen diente nicht nur der Klarstellung, welche Verfahren nach den vorausgehenden Bestimmungen unter 2.2.1 und 2.2.2 der Mitwirkungsgrundsätze auf Richter am Amtsgericht Dr. B. entfallen sind. Nicht alle nach diesen Bestimmungen verbleibenden Sachen wurden Richter am Amtsgericht Dr. B. zugewiesen. Aus der vom Senat eingeholten Stellungnahme des Vorsitzenden des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts ergibt sich, dass zur Zuteilung in der letzten Stufe die Zuweisungsregelung jedenfalls dahin ausgelegt werden müsse, dass über die Einschränkungen in 2.2.1 und 2.2.2 der Mitwirkungsgrundsätze hinaus nur die bis zum Tag der Beschlussfassung zuletzt begründeten und bis zu diesem Zeitpunkt bereits einem der bisherigen Senatsmitglieder nach §§ 526, 527 ZPO zugewiesenen Berufungssachen auf Richter am Amtsgericht Dr. B. übertragen werden sollten.
8
Eine Auslegung des Beschlusses vom 27. April 2007 dahin, dass nur die am Tage der Beschlussfassung zuletzt begründeten und bis zu diesem Zeitpunkt bereits einem der bisherigen Senatsmitglieder nach §§ 526, 527 ZPO zugewiesenen Berufungssachen übertragen sind, ist entgegen der Stellungnahme des Vorsitzenden des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts nicht möglich. Der Beschluss enthält keine Anhaltspunkte für eine solche Regelung. Eine entsprechende Bestimmung in den früheren Geschäftsverteilungsbeschlüssen kann nicht auch auf den Beschluss vom 27. April 2007 übertragen werden, weil eine Bezugnahme fehlt. Dass die Mitglieder des 11. Zivilsenats nach der eingeholten Stellungnahme diese Bestimmungen bei der Abfassung des Beschlusses vom 27. April 2007 mitbedacht haben, macht sie nicht zu einem Teil des Beschlusses. Die Regelungen, die der Bestimmung des gesetzlichen Richters dienen , müssen der Schriftform entsprechen (BGHZ 126, 63, 85; Urt. v. 25. März 2009 - XII ZR 75/06, z.V.b. Tz. 10).
9
Die Zuweisung der Sachen ist auch dann fehlerhaft, wenn die Dr. B. zugewiesenen Verfahren - wie anzunehmen ist - nicht willkürlich ausgewählt wurden. Die Rechtmäßigkeit der Geschäftsverteilung ist - anders als die Auslegung und Würdigung des Geschäftsverteilungsplans durch das Gericht - nicht nur auf Willkür, sondern auf jeden Rechtsverstoß zu untersuchen (BGH, Urt. v. 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06, ZIP 2009, 91 Tz. 3 m.w.Nachw.).
10
b) Darüber hinaus genügt die im Beschluss vom 27. April 2007 getroffene Regelung, wonach Berufungssachen nicht übertragen werden, in denen schon mit der Bearbeitung begonnen worden ist, nicht den Bestimmtheitsanforderungen. Das Merkmal der "Bearbeitung" ist nicht geeignet festzulegen, warum das vorliegende Verfahren nicht beim früheren Einzelrichter verblieben ist. Der Begriff des Bearbeitungsbeginns hat keinen feststehenden Inhalt. Eine Sache wird auch dann durch den Richter bearbeitet, wenn Schriftsätze zur Kennt- nis genommen werden, Schriftsatzfristen gesetzt werden oder prozessleitende Verfügungen vorbereitet werden. Offenbar ist eine "inhaltliche" - auf die Erledigung des Streitfalls durch gerichtliche Entscheidung abzielende - Bearbeitung gemeint, denn der Vorsitzende hat die Übernahme des Verfahrens von einem anderen Zivilsenat geprüft, eine Frist zur Berufungserwiderung gesetzt und zusammen mit anderen Senatsmitgliedern die Übertragung auf den Einzelrichter beschlossen, die der Berufungszivilsenat offensichtlich nicht als Bearbeitung im Sinne seiner Mitwirkungsgrundsätze ansieht. Der Beginn einer inhaltlichen Bearbeitung der Sache entbehrt aber jeder Kontur und ist für die Parteien, um deren Recht auf den gesetzlichen Richter es geht, nicht mehr nachvollziehbar (vgl. BGH, Urt. v. 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06).
11
Die Übertragung von "inhaltlich" noch nicht bearbeiteten Sachen widerspricht zudem einer Zuweisung von Sachen, die bereits auf den Einzelrichter übertragen waren. Die Übertragung auf den Einzelrichter setzt eine inhaltliche Befassung mit der Sache voraus. Das Berufungsgericht kann nach § 526 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO den Rechtsstreit nur dann einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann erst entschieden werden, wenn die Bearbeitung über formale Anordnungen hinaus gelangt ist. § 523 Abs. 1 Satz 1 ZPO ordnet zudem an, dass über die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter erst entschieden wird, nachdem die Berufung nicht nach § 522 ZPO durch Beschluss verworfen oder zurückgewiesen ist. Die Entscheidung über die Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO setzt voraus, dass sich jedenfalls der Vorsitzende inhaltlich mit der Sache befasst hat.
12
II. Die Sache ist aufzuheben und an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Die Klage ist entgegen der Ansicht der Revision nicht als unzulässig abzuweisen. Eine Prozessentscheidung durch das Revisionsgericht kommt zwar auch bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes in Frage, wenn das Berufungsgericht ebenso entscheiden müsste (vgl. Sen.Urt. v. 13. April 1992 - II ZR 105/91, WM 1992, 984). Die Klage ist aber nicht unzulässig , wenn die nach § 8 Abs. 5 lit. e des Gesellschaftsvertrags zur Einleitung eines Rechtsstreits erforderliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung fehlen sollte. Die gesetzliche Vertretungsmacht und Prozessführungsbefugnis der Komplementärin sowie die Generalvollmacht und Prokura des oder der geschäftsführenden Kommanditisten (§ 8 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags) werden vom Fehlen einer eventuell erforderlichen Zustimmung der Kommanditisten zu einer Geschäftsführungsmaßnahme (§§ 164 Satz 1, 116 Abs. 2 HGB) nicht berührt.
13
III. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht nicht aus Rechtsgründen gehindert ist, den Beklagten erneut zur Zahlung zu verurteilen, wenn es feststellt, dass die Gesellschafter der Klägerin einen Beschluss zur Erhöhung der Pflichteinlage gefasst haben und der Beklagte zugestimmt hat.
14
1. Die Gesellschafter konnten die Erhöhung der Pflichteinlage mit Mehrheit beschließen. Beschlüsse können in der Personengesellschaft mit Mehrheit gefasst werden, wenn sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt, dass der in Frage stehende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein soll (Senat, BGHZ 170, 283 Tz. 9 "OTTO"; Urt. v. 24. November 2008 - II ZR 116/08, ZIP 2009, 216 Tz. 15 "Schutzgemeinschaftsvertrag II"). § 9 Abs. 1 a und Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin bestimmt, dass die Erhöhung von Pflichteinlagen mit einer Mehrheit von 90 % beschlossen werden kann.
15
Der Beschluss konnte mit der Bedingung versehen werden, die Pflichteinlagen nur einzufordern, wenn in den Verhandlungen mit der finanzierenden Bank bestimmte Ziele erreicht werden. Beschlüsse können mit einer auflösenden oder aufschiebenden Bedingung verknüpft werden (§ 158 BGB), solange keine schutzwürdigen Interessen der Beteiligten oder Dritter berührt sind (vgl. Sen.Urt. v. 24. Oktober 2005 - II ZR 55/04, ZIP 2005, 2255). Die Erhöhung der Pflichteinlage berührt Interessen Dritter nicht unmittelbar. Der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern ist die mit dem Schwebezustand verbundene Ungewissheit zuzumuten. Besondere Unsicherheitsfaktoren entstehen nicht allein deshalb , weil die Frage, ob die Bedingung eingetreten ist oder nicht, kontrovers beurteilt werden könnte. Die Wirksamkeit eines unbedingten Erhöhungsbeschlusses kann ebenfalls rechtlichen Zweifeln unterliegen.
16
Dass im schriftlichen Protokoll der Gesellschafterversammlung kein Beschluss festgehalten ist, steht einer wirksamen Beschlussfassung nicht entgegen. Das in § 10 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags vorgeschriebene Beschlussprotokoll dient Beweiszwecken, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat, macht das Zustandekommen eines Beschlusses aber nicht von der Einhaltung einer bestimmten Form abhängig.
17
2. Das Berufungsgericht konnte auch davon ausgehen, dass der Beklagte der Erhöhung der Pflichteinlage zugestimmt hat. Auf eine fehlende Zustimmung kann sich der Beklagte trotz Ablaufs der Ausschlussfrist, innerhalb derer ein Gesellschafter die Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses geltend machen kann, allerdings berufen. Durch eine verfahrensrechtliche Regelung im Gesellschaftsvertrag darf das mitgliedschaftliche Recht eines Gesellschafters, nicht ohne seine Zustimmung mit weiteren Beitragspflichten beschwert zu werden , nicht ausgehebelt werden (vgl. Sen.Urt. v. 9. Februar 2009 - II ZR 231/07, ZIP 2009, 864 Tz. 16; Sen.Beschl. v. 26. März 2007 - II ZR 22/06, ZIP 2007, 1368 Tz. 10; Sen.Urt. v. 5. März 2007 - II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Tz. 13, 16 f.).
18
Der Beklagte hat seine Zustimmung zwar nicht wirksam antizipiert erklärt. Der Gesellschaftsvertrag, der in § 9 Abs. 1 einen Gesellschafterbeschluss zur Erhöhung der Pflichteinlage vorsieht, enthält keine Obergrenze für die Erhöhung der Pflicht- und Hafteinlage. Im Hinblick auf § 707 BGB bedarf es einer vertraglichen Begrenzung der Vermehrung der Beitragspflichten (Sen.Urt. v. 9. Februar 2009 - II ZR 231/07, ZIP 2009, 864 Tz. 14; v. 19. März 2007 - II ZR 73/06, ZIP 2007, 812 Tz. 18).
19
Die Zustimmungserklärung konnte das Berufungsgericht aber dem Abstimmungsverhalten des Beklagten entnehmen. In der Stimmabgabe für eine Erhöhung der Pflichteinlage kann die erforderliche Zustimmung liegen, wenn die Auslegung der Erklärung nicht etwas anderes ergibt (vgl. Sen.Urt. v. 9. Februar 2009 - II ZR 231/07, ZIP 2009, 864 Tz. 15). Entgegen der Annahme der Revision ist die Zustimmung eines Gesellschafters zu einer Beitragserhöhung - sofern nicht eine entsprechende Bedingung vereinbart ist - nicht nur dann wirksam, wenn alle Gesellschafter zustimmen und an der Erhöhung teilnehmen. Es steht den Gesellschaftern frei zu vereinbaren, dass einzelne und nicht alle Gesellschafter ihren Beitrag erhöhen oder einen Nachschuss leisten, auch wenn die Beschlussfassung und die Zustimmung der Gesellschafter zusammenfallen. Eine solche Auslegung des Abstimmungsverhaltens liegt nahe, wenn bei der Abstimmung bekannt ist, dass einzelne Gesellschafter keine weiteren Beiträge leisten wollen oder können und sie dazu nicht verpflichtet werden dürfen, der mit der Erhöhung verfolgte Zweck - hier die Sanierung der Klägerin - auch ohne die Beiträge dieser Gesellschafter erreicht werden kann und sich aus den übrigen Umständen keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass erhöhte Beiträge nur bei Zustimmung oder bei Teilnahme aller Gesellschafter geleistet werden sollen. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich auch die Auslegung der Regelung in § 9 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags, nach der kein Gesellschafter verpflichtet sein sollte, an der Erhöhung von Haft- und/oder Pflichteinlagen teilzunehmen, als Klarstellung, dass dissentierende Gesellschafter mangels Zustimmung nicht zur Leistung eines mit der notwendigen Mehrheit beschlossenen Nachschusses verpflichtet sind.
Goette Strohn Caliebe Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 13.10.2006 - 418 O 58/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 24.10.2007 - 11 U 270/06 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 527 Vorbereitender Einzelrichter


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Die §§ 18 bis 20 stehen der Erledigung eines Ersuchens um Überstellung und Rechtshilfe eines internationalen Strafgerichtshofes, der durch einen für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen Rechtsakt errichtet wurde, nicht entgegen.

Zur Erhöhung des vereinbarten Beitrags oder zur Ergänzung der durch Verlust verminderten Einlage ist ein Gesellschafter nicht verpflichtet.

(1) Das Berufungsgericht kann durch Beschluss den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde,
2.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist,
3.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und
4.
nicht bereits im Haupttermin zur Hauptsache verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(2) Der Einzelrichter legt den Rechtsstreit dem Berufungsgericht zur Entscheidung über eine Übernahme vor, wenn

1.
sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergeben oder
2.
die Parteien dies übereinstimmend beantragen.
Das Berufungsgericht übernimmt den Rechtsstreit, wenn die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 vorliegen. Es entscheidet hierüber nach Anhörung der Parteien durch Beschluss. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(3) Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung, Vorlage oder Übernahme kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(4) In Sachen der Kammer für Handelssachen kann Einzelrichter nur der Vorsitzende sein.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 75/06 Verkündet am:
25. März 2009
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das Einverständnis der Parteien mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter
(§ 527 Abs. 4 ZPO) bewirkt allein, dass anstelle des Kollegiums ein Einzelrichter
gesetzlicher Richter sein kann. Es hat aber nicht zur Folge, dass der Einzelrichter,
mit dessen Entscheidung die Parteien sich einverstanden erklären, allein deswegen
als gesetzlicher Richter anzusehen ist. Das Recht auf den gesetzlichen Richter
ist unverzichtbar.

b) Zum Begriff des gesetzlichen Richters gehört, dass die Zuteilung der Sachen sich
nach allgemeinen Merkmalen richtet. Daran fehlt es, wenn durch eine Änderung
der internen Geschäftsverteilung eines überbesetzten Spruchkörpers mehrere bereits
anhängige Sachen in einer Weise auf andere Richter verteilt werden, die keine
abstrakt-generellen Kriterien für die jeweiligen Zuteilungen erkennen lässt.
BGH, Urteil vom 25. März 2009 - XII ZR 75/06 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. März 2009 durch den Richter Sprick, die Richterinnen Weber-Monecke
und Dr. Vézina und die Richter Dose und Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 30. März 2006 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Revisionsverfahren wird abgesehen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rechnungslegung, Vorlage von Belegen und Abgabe von Willenserklärungen in Anspruch.
2
Die Parteien waren von 1969 bis 2002 miteinander verheiratet. Mit Vertrag vom 1. Juni 1990 bekräftigten sie eine bereits zu Beginn der Ehe getroffene "Vereinbarung über die Verwaltung von Geldern". Im Einzelnen wurde folgende Abmachung schriftlich niedergelegt: "Entsprechend dieser Vereinbarung ist Frau Dr. S. für die Verwaltung der Finanzen verantwortlich. Sie übernimmt die Kontrolle der Geldeingänge, überwacht den Schuldendienst und die Bezahlung der Rechnungen. Frau S. ist für die Verwaltung, Überwachung und für die finanzgünstige Anlage von Gewinnen zuständig. Zwecks leichterer Handhabung dieser Aufgabe und zwecks Erfassung der Gelder lässt Herr Professor S. alle eingehenden Beträge auf ein Konto von Frau S. einzahlen, auf dem auch Frau S. ihre anzulegenden Beträge einbringt. Am Jahresende erfolgt eine Aufteilung der Gewinne im Verhältnis 1 : 1. Beide Eheleute behalten sich vor, eventuell je nach Sachlage einen anderen Verteilungsschlüssel zu wählen."
3
Der Kläger, der Professor der Rechtswissenschaften ist, widmete sich in vollem Umfang seinem Beruf, während die Beklagte, eine Rechtsanwältin, sich um Haushalt und Kinder kümmerte, daneben aber auch für die Vermögensverwaltung und die Steuerangelegenheiten zuständig war. Außerdem wirkte sie bei der Erstellung von juristischen Gutachten des Klägers mit.
4
Die Beklagte hatte auf ihren Namen ein Konto bei der C.-Bank eröffnet, für das auch der Kläger Vollmacht besaß. Dessen Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit flossen jedenfalls bis zum Jahre 1996 vollständig auf dieses Konto. In den 80er Jahren trennten sich die Parteien; die Vermögensverwaltung wurde von der Beklagten jedoch weiter geführt. Hierfür stellte sie dem Kläger jährliche Rechnungen in sechsstelliger Höhe, letztmalig im Jahr 1998. Unstreitig wurde die Vermögensverwaltung bis zum 31. März 1998 fortgeführt; zu welchem Zeitpunkt danach die Vereinbarung beendet wurde, ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte hat die dem Kläger erteilte Kontovollmacht widerrufen.
5
Der Kläger hat Rechnungslegung über die Zahlungsein- und -ausgänge von dem Konto bei der C.-Bank sowie allen Unterkonten und zugehörigen Depots für die Zeit vom 1. Januar 1988 bis zum 31. März 1998 nebst Vorlage der Kontounterlagen mitsamt allen dazugehörigen Buchungsbelegen und Rechnungen verlangt. Ferner hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihn unwiderruflich zu ermächtigen und zu bevollmächtigen, Kontounterlagen und Belege von der C.-Bank herauszuverlangen bzw. für den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis 31. März 1998 einzusehen und sich hiervon Abschriften erteilen zu lassen. Er hat geltend gemacht, die Beklagte habe ihre Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung in erheblichem Maße verletzt, indem sie Gelder eigenmächtig und unbefugt auf eigene Konten verbracht habe und ihm entgegen der Vereinbarung eine hälftige Teilhabe vorenthalte. Darüber hinaus habe sich im Rahmen einer Steuerprüfung herausgestellt, dass die von der Beklagten in den Jahren 1994 bis 1996 eingereichten Steuererklärungen zu Beanstandungen geführt hätten. Der daraufhin beauftragte Steuerberater habe ihm mitgeteilt , dass er für die Jahre 1992 bis 2000 mit einer Steuernachzahlung von 870.000 DM rechnen müsse. Seiner Aufforderung, die Steuerforderung von dem Konto bei der C.-Bank zu begleichen, sei die Beklagte nicht nachgekommen , weshalb er hierfür einen Kredit habe aufnehmen müssen.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat u. a. geltend gemacht , eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung über die Vermögensverwaltung sei nicht zustande gekommen; der Kläger habe im Übrigen durch einen im Scheidungsverfahren geschlossenen Vergleich auf eine Rechnungslegung verzichtet.
7
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die mit dem Ziel der Klageabweisung eingelegte Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Ihre im Berufungsverfahren erhobene Widerklage, mit der sie u. a. begehrte, dem Kläger alle anlässlich der Herausgabe und des Kopierens von Bankbelegen entstehenden Kosten aufzuerlegen, hat das Oberlandesgericht als unzulässig zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten , mit der sie ihr zweitinstanzliches Begehren weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
Die Revision rügt zu Recht, dass das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war (§ 547 Nr. 1 ZPO).
10
1. Allerdings beanstandet die Revision ohne Erfolg, der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts vom 5. Oktober 2005 über die Änderung der Geschäftsverteilung für das Geschäftsjahr 2005 sei bereits deshalb unwirksam , weil er nicht der nach § 21 g Abs. 7 GVG i.V.m. § 21 e Abs. 9 GVG erforderlichen Schriftform (vgl. BGHZ - VGS - 126, 63, 85 f.) entspreche. Zwar weist die in den Akten befindliche Kopie des vorgenannten Beschlusses lediglich vier Unterschriften auf, obwohl dem 8. Zivilsenat fünf Berufsrichter angehörten. Dem Schreiben des früheren Senatsvorsitzenden zufolge ist die Urschrift des Beschlusses aber in den Tagen nach seiner Erstellung auch von dem fünften Senatsmitglied unterzeichnet worden; es könne sein, dass die Geschäftsstelle bereits zuvor die Kopie in die Akten geheftet habe, um die Sachen schnell auf die neu gebildeten Dezernate verteilen zu können.
11
Damit sind die Bedenken gegen die Wahrung der Schriftform ausgeräumt. Die senatsinterne Geschäftsverteilung kann von einem Richter auch nachträglich unterschrieben werden, zumal zunächst ein Verhinderungsfall (Ur- laub, Krankheit) vorgelegen haben kann (vgl. zur Nachholung der Unterschrift unter ein Urteil durch den richtigen - anstelle des falschen - Richters: BGH Urteil vom 26. November 1997 - VIII ZR 322/96 - NJW-RR 1998, 1065 unter I a.E.).
12
2. Die Rüge, der Beschluss vom 5. Oktober 2005 entspreche nicht den Anforderungen, die an die Bestimmung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) zu stellen seien, erweist sich dagegen als begründet.
13
a) Die Senate der Oberlandesgerichte entscheiden, soweit nicht nach den Vorschriften der Prozessgesetze der Einzelrichter zu entscheiden hat, in der Besetzung von drei Mitgliedern mit Einschluss des Vorsitzenden (§ 122 Abs. 1 GVG). Dem 8. Zivilsenat waren mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 neben dem Vorsitzenden vier weitere Richter zugewiesen. Außer den Richtern am Oberlandesgericht Dr. K. und Prof. Dr. P. waren ihm anstelle des ausgeschiedenen Richters am Amtsgericht C. nämlich die Richterinnen am Landgericht Dr. O. und L. mit zusammen einem Drittel eines richterlichen Pensums zugewiesen worden. Der Senat war mithin um zwei Richter überbesetzt.
14
Die nach § 21 g Abs. 1 und 2 GVG durch Beschluss aller dem Spruchkörper angehörenden Berufsrichter aus diesem Anlass vorzunehmende Änderung der Geschäftsverteilung, die unter dem 5. Oktober 2005 erfolgte, sieht folgende Regelung vor: "1. …. 2. Richterin am Landgericht Dr. O. und Richterin am Landgericht L. übernehmen die im Dezernat von Richter am Amtsgericht C. am 30. September 2005 befindlichen noch nicht erledigten Sachen, und zwar wie folgt: Richterin am Landgericht Dr. O bearbeitet als Berichterstatterin /Einzelrichterin: 8 U 91/96, 8 U 40/05, 8 U 60/05, 8 U 80/05 Richterin am Landgericht L. bearbeitet als Berichterstatterin/ Einzelrichterin: 8 U 56/04, 8 U 66/05, 8 U 88/05, 8 U 90/05. Hinsichtlich des weiteren Beisitzers verbleibt es bei der bisher geltenden Regelung der Geschäftsverteilung. 3. … 4. … 5. Im Hinblick darauf, dass sowohl die aus dem Dezernat von RiAG C. verbliebenen Sachen als auch die ab 1. Oktober neu eingehenden Sachen überwiegend zunächst kaum richterlich gefördert werden können, werden - über die bisherigen Zuteilungen hinaus - Frau RiLG Dr. O. folgende U-Sachen als Berichterstatterin/Einzelrichterin zugewiesen: 8 U 12/05, 8 U 42/05 Frau RiLG L. werden folgende U-Sachen zugewiesen: 8 U 46/05, 8 U 56/05, 8 U 68/05." Das Aktenzeichen 8 U 56/04 betrifft das vorliegende Verfahren.
15
b) Nach den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 97, 1 ff. = NJW 1998, 743, 744; BVerfGE 95, 322 ff. = NJW 1997, 1497 ff. und NJW 2005, 2689, 2690) entwickelten Grundsätzen zur Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ist es grundsätzlich geboten, für mit Berufsrichtern überbesetzte Spruchkörper eines Gerichts im Voraus nach abstrakten Merkmalen zu bestimmen, welche Richter an den jeweiligen Verfahren mitzuwirken haben. Aus dieser Vorausbestimmung muss für den Regelfall die Besetzung des zuständigen Spruchkörpers bei den einzelnen Verfahren ableitbar sein. Dies setzt einen Bestand von Rechtssätzen voraus, die für jeden Streitfall den Rich- ter bezeichnen, der für die Entscheidung zuständig ist. In den nach § 21 g GVG aufzustellenden senatsinternen Geschäftsverteilungsplänen und Mitwirkungsgrundsätzen ist deshalb für einen überbesetzten Spruchkörper zu regeln, welche Richter bei der Entscheidung welcher Verfahren mitwirken. Erst durch diese Regelung wird der gesetzliche Richter genau bestimmt, so dass sich die abstrakt -generelle Vorausbestimmung bis auf die letzte Regelungsstufe erstrecken muss. Auch insoweit gehört es zum Begriff des gesetzlichen Richters, dass nicht für bestimmte Einzelfälle bestimmte Richter ausgesucht werden, sondern dass die einzelne Sache "blindlings" aufgrund allgemeiner, vorab festgelegter Maßstäbe an den entscheidenden Richter gelangt (vgl. auch BGH Urteil vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06 - ZIP 2009, 91, 93).
16
c) Eine dementsprechende senatsinterne Geschäftsverteilung hat das Berufungsgericht für die Zeit ab 1. Oktober 2005 nicht getroffen. Der Jahresgeschäftsverteilungsplan des 8. Zivilsenats enthält keine Vorgaben, wie bei einer im Laufe des Jahres erforderlich werdenden Umverteilung zu verfahren ist. Der Änderungsbeschluss vom 5. Oktober 2005 nennt allein die einzelnen Verfahren, die den Richterinnen am Landgericht Dr. O. und L. zugewiesen worden sind. Abstrakte Kriterien für diese Zuteilung sind - auch unter Berücksichtigung der unter Ziffer 5 erfolgten weiteren Zuteilung - nicht zu gewinnen. Andererseits ist aber auch nichts dafür ersichtlich, dass eine sonstige Möglichkeit der Verteilung , etwa nach dem Alter der Sachen oder anderen objektiven Merkmalen, nicht bestanden hätte. Deshalb muss davon ausgegangen werden, dass die Zuteilung von Fall zu Fall erfolgt ist, was den Anforderungen an die Bestimmung des gesetzlichen Richters nicht entspricht. Denn hierdurch soll gerade vermieden werden, dass durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung beeinflusst werden kann, um die Unabhängigkeit der Rechtsprechung zu wahren und das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte zu sichern.
17
3. Der danach gerechtfertigten Besetzungsrüge steht nicht entgegen, dass Richterin am Landgericht L., der der Rechtsstreit durch Beschluss des Senats vom 28. Oktober 2005 als Einzelrichterin zur Vorbereitung der Entscheidung zugewiesen worden war, im Einverständnis der Parteien als Einzelrichterin entschieden hat (§ 527 Abs. 4 ZPO). Nachdem die erstinstanzliche Entscheidung nicht von einem Einzelrichter erlassen worden war, durfte ein Einzelrichter nach § 527 Abs. 1 bis 3 ZPO zwar zur Vorbereitung der Entscheidung tätig werden, nicht dagegen gemäß § 526 Abs. 1 Nr. 1 ZPO als entscheidender Einzelrichter. Dass die Parteien mit einer Entscheidung durch Richterin am Landgericht L. einverstanden waren, bewirkte allein, dass anstelle des Senats ein Einzelrichter gesetzlicher Richter sein konnte. Das Einverständnis hat dagegen - ebenso wie ein rügeloses Verhandeln gemäß § 295 Abs. 1 ZPO - nicht zur Folge, dass der im konkreten Fall nicht zur Entscheidung berufene Einzelrichter zum gesetzlichen Richter wird. Denn darauf, dass der gesetzliche Richter zu entscheiden hat, können die Parteien nicht wirksam verzichten (BGH Urteile vom 19. Oktober 1992 - II ZR 171/91 - NJW 1993, 600 f.; vom 25. Januar 2000 - VII ZR 32/99 - NJW 2001, 1357 und vom 16. Oktober 2008 - IX ZB 183/06 - ZIP 2009, 91, 93). Das Einverständnis der Parteien vermag deshalb weder die fehlende (Musielak/Ball ZPO 6. Aufl. § 527 Rdn. 9) noch die nicht ordnungsgemäße Zuweisung an den Einzelrichter zu ersetzen. Das erhellt auch daraus, dass das Einverständnis der Parteien den Einzelrichter nicht zur Endentscheidung verpflichtet, er von der Ermächtigung also keinen Gebrauch machen muss (Musielak/Ball aaO § 527 Rdn. 9; MünchKomm-ZPO/ Rimmelspacher 3. Aufl. § 527 Rdn. 14). In diesem Fall wäre der Senat in der sich aus der senatsinternen Geschäftsverteilung ergebenden Besetzung zur Entscheidung berufen gewesen, die aber, wie ausgeführt, den Anforderungen an die Bestimmung des gesetzlichen Richters nicht entspricht.
18
4. Das angefochtene Urteil ist deshalb schon wegen dieses Verfahrensverstoßes ohne Sachprüfung aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
19
5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
20
a) Die von der Beklagten gegen ihre Verurteilung erhobenen Rügen erscheinen nicht gerechtfertigt.
21
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 5. Juli 2000 - XII ZR 26/98 - FamRZ 2001, 23, 24) besteht zwar nicht bereits dann ein Auftragsverhältnis , wenn Ehegatten während des Zusammenlebens ihre Aufgabenbereiche innerhalb der ehelichen Lebensgemeinschaft in der Weise regeln, dass einer von ihnen die Wirtschaftsführung im Wesentlichen alleine übernimmt. Maßgebend ist dabei die Überlegung, dass sich Ehegatten durch derartige Regelungen besonderes Vertrauen schenken und dem wirtschaftenden Ehegatten deshalb nicht einseitig das Risiko auferlegt werden darf, im Nachhinein Ausgaben nicht mit der gleichen Genauigkeit angeben und belegen zu können, wie das in Rechtsverhältnissen ohne Inanspruchnahme von personalem Vertrauen erforderlich und geboten ist. Diese Überlegungen hindern allerdings nicht die Annahme, dass im Einzelfall ein Ehegatte den anderen mit der Verwaltung seiner Einkünfte und seines Vermögens im Rechtssinne beauftragt. Erforderlich hierfür ist ein mit Rechtsbindungswillen geschlossener Vertrag, an den wegen der damit verbundenen Pflichten keine geringen Anforderungen gestellt werden dürfen.
22
Das Berufungsgericht hat einen solchen Vertrag aufgrund der zweimaligen schriftlichen Fixierung, der Höhe der verwalteten und im Wesentlichen vom Kläger erwirtschafteten Gelder und dem mit der Verwaltung verbundenen Arbeitsaufwand , bei dem die Beklagte personell unterstützt wurde, angenommen. Es hat danach - entgegen der Auffassung der Revision - nicht allein auf die Schriftform abgestellt, bei deren Wahrung unter Juristen ohnehin schon viel dafür spricht, dass eine rechtliche Bindung gewollt war. Unter weiterer Berücksichtigung der festgestellten Umstände, dass die Beklagte für ihre Tätigkeit hohe Vergütungen in Rechnung gestellt hat und die letzte Vereinbarung über die Verwaltung vom 1. Juni 1990 datiert, also einem Zeitpunkt, zu dem die Parteien bereits getrennt lebten, begegnet die Auslegung der Vereinbarung durch das Berufungsgericht - auch unter Einbeziehung ihres nachträglichen Verhaltens - keinen rechtlichen Bedenken.
23
bb) Das gilt gleichermaßen für die Ausführungen zur verneinten Verwirkung des zuerkannten Anspruchs auf Rechnungslegung. Ein solcher Anspruch, der sich im Rahmen eines Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnisses aus § 666 BGB ergibt, kann entfallen, wenn er jahrelang nicht geltend gemacht worden ist. Seine nachträgliche Geltendmachung kann dann unter Umständen gegen Treu und Glauben verstoßen. Eine solche Beurteilung ist indessen ausgeschlossen , wenn nachträglich beachtliche Gründe für die Nachholung der Rechnungslegung beigebracht werden. Diese Voraussetzungen sind vor allem dann gegeben, wenn der Berechtigte Tatsachen nachweist, die geeignet sind, Zweifel an der Zuverlässigkeit des Pflichtigen und seiner Geschäftsführung zu erwecken. Wenn der Geschäftsherr keinen Wert auf die Rechenschaft gelegt hat und jahrelang dabei verblieben ist, dann findet das seine Erklärung darin, dass er dem anderen Teil rückhaltlos vertraut hat. Besteht begründeter Verdacht , dass dieses Vertrauen nicht gerechtfertigt war, so entfällt die Grundlage für sein untätiges Verhalten. Deswegen widerspricht es nicht Treu und Glauben, ihm den vom Gesetz grundsätzlich gewährten Anspruch auf Rechnungslegung trotz des langen Zuwartens auch für die Vergangenheit wieder zuzusprechen (BGHZ 39, 87, 92 f.).
24
Die festgestellten Gesamtumstände reichen im vorliegenden Fall jedenfalls aus, um Zweifel an der Zuverlässigkeit der Beklagten im Rahmen der Vermögensverwaltung zu begründen. Der Einwand, die Steuernachforderungen seien erst zu einer Zeit geltend gemacht worden, als die Vermögensverwaltung der Beklagten bereits beendet gewesen sei, steht dem nicht entgegen, denn die Nachforderungen betrafen die Zeit, für die die Beklagte für die Vermögensverwaltung noch zuständig war.
25
b) Die Abweisung ihrer Widerklage greift die Beklagte im Einzelnen nur an, soweit sie begehrt hat, dem Kläger die anlässlich der Herausgabe und des Kopierens von Bankbelegen entstehenden Kosten aufzuerlegen. Das Berufungsgericht hat diesen Antrag dahin ausgelegt, dass festgestellt werden solle, der Kläger habe die entsprechenden Kosten zu tragen. Der Feststellungsantrag sei jedoch nach § 533 ZPO unzulässig, da es insoweit an einer Sachdienlichkeit fehle.
26
Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Revision sind indessen nicht von der Hand zu weisen. Der Kläger hat einen Anspruch nach § 666 BGB aus einem Auftragsverhältnis geltend gemacht; Gegenstand der Widerklage ist die Feststellung eines künftigen Aufwendungsersatzanspruchs der Beklagten gemäß § 670 BGB. Anhaltspunkte dafür, dass der begehrte Aufwendungsersatz bereits in der der Beklagten gezahlten Vergütung enthalten gewesen wäre, liegen nicht vor. Angesichts der Sachnähe von Klage und Widerklage dürfte es aber weder an einer kongruenten Tatsachengrundlage noch an der Möglichkeit der endgültigen Streitbeilegung insoweit fehlen. Sprick Weber-Monecke Vézina Dose Klinkhammer
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 17.03.2004 - 328 O 82/03 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 30.03.2006 - 8 U 56/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 183/06
Verkündet am:
16. Oktober 2008
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Voraussetzungen der Übertragung eines anhängigen Verfahrens auf
einen anderen Spruchkörper durch Präsidiumsbeschluss.
BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06 - OLG Karlsruhe
LG Baden-Baden
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Klägerin und des Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 26. Juli 2006, berichtigt durch Beschluss vom 22. Januar 2007, aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte war Verwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der zur "R. -Gruppe", einem Zulieferbetrieb der Automobilindustrie, gehörenden R. GmbH (fortan: Gemeinschuldnerin). Die klagende Bank wirft ihm vor, durch Veräußerung eines ihr sicherungsübereigneten Warenlagers und unbefugtes Einziehen ihr zur Sicherheit abgetretener Forderungen Absonderungsrechte vereitelt zu haben, die sie zugleich für andere, mit ihr in einem Sicherheitenpool zusammengeschlossene Banken gehalten habe. Im vorliegenden Prozess hat sie Schadensersatz in Höhe von zuletzt 9.468.361,05 € verlangt. Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 6.740.597,98 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Abtretung von Ansprüchen gegen einen Dritten, verurteilt. Der Beklagte hat Berufung, die Klägerin Anschlussberufung eingelegt. Die Berufung ist zunächst dem 10. Zivilsenat des Berufungsgerichts zugeschrieben worden und dann auf den 12. Zivilsenat übergegangen. Mit Präsidiumsbeschluss vom 31. Januar 2005 ist sie schließlich dem 15. Zivilsenat zugewiesen worden. Das Berufungsgericht - 15. Zivilsenat - hat die Klage bis auf einen Betrag von 138.465,43 € nebst Zinsen abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren bisherigen Antrag weiter; der Beklagte will mit seiner Revision die vollständige Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:


I.


2
Beide Revisionen führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die von beiden Parteien - vom Beklagten hilfsweise - erhobene Rüge des Verstoßes gegen den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ist berechtigt. Der Präsidiumsbeschluss vom 31. Januar 2005 war rechtswidrig.
3
1. Nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Welcher Richter (oder Spruchrichter) des sachlich, örtlich und funktionell zuständigen Gerichts der "gesetzliche Richter" im Sinne der Verfassung ist, ist durch einen Geschäftsverteilungsplan im Voraus generell -abstrakt, aber zugleich hinreichend bestimmt zu regeln, so dass Manipulationen und damit verbunden sachfremde Einflüsse auf die Rechtsprechung ausgeschlossen sind (BVerfG NJW 1997, 1497, 1498). Genügt die Geschäftsverteilung diesen Anforderungen nicht, ist das Gericht, welches seine Zuständigkeit aus ihm ableitet, nicht ordnungsgemäß besetzt (BVerfG NJW 2005, 2689, 2690). Die Rechts- und Verfassungsmäßigkeit der Geschäftsverteilung ist - anders als die Auslegung und Würdigung des Geschäftsverteilungsplans durch das erkennende Gericht - nicht nur auf Willkür, sondern auf jeden Rechtsverstoß zu untersuchen (BVerfG NJW 2005, 2689, 2690; BVerwG NJW 1987, 2031, 2032; Zöller/Lückemann, ZPO 27. Aufl. § 21e GVG Rn. 52).
4
2. Der Präsidiumsbeschluss vom 31. Januar 2005, durch den das Verfahren an den 15. Zivilsenat abgegeben worden ist, ist rechtswidrig.
5
a) Das Präsidium des Oberlandesgerichts hat am 31. Januar 2005 beschlossen , dass 34 einzeln aufgeführte Berufungsverfahren, darunter das vorliegende Verfahren, vom 12. Senat auf den 15. Senat übergehen sollten. Die Verfahren hatte der selbst dem Präsidium angehörende Vorsitzende des 12. Senats vorgeschlagen. In einem Schreiben an das Präsidium vom 19. Januar 2005 hatte er die Auswahl wie folgt erläutert: Wegen Ausscheidens einer Beisitzerin , deren Stelle fortan zwischen dem 12. und dem 15. Senat geteilt werde, solle auch deren Dezernat zwischen dem 12. und dem 15. Zivilsenat geteilt werden. Die 26 der insgesamt 66 in dem Dezernat befindlichen Berufungsverfahren , die in die Spezialzuständigkeit des Senats fielen, sollten nicht abgegeben werden. Von den übrigen Verfahren sollten "vorrangig diejenigen beim Senat verbleiben, in denen bereits verhandelt worden ist bzw. die sachlich bereits bearbeitet worden sind". Es handele sich um insgesamt sechs Verfahren. Die übrigen 34 Verfahren könnten abgegeben werden.
6
b) Zweifelhaft ist bereits, ob die Abgabe anhängiger Verfahren überhaupt sachlich gerechtfertigt war.
7
aa) Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG steht einer Änderung der Zuständigkeit für bereits anhängige Verfahren dann nicht entgegen, wenn die Neuregelung generell gilt, zum Beispiel mehrere anhängige Verfahren und eine unbestimmte Vielzahl künftiger, gleichartiger Fälle erfasst und nicht aus sachwidrigen Gründen geschieht (BVerfG NJW 2003, 345). Ob es darüber hinaus Konstellationen gibt, in denen die Umverteilung ausschließlich bereits anhängiger Verfahren als ultima ratio geboten ist, um die konfligierenden Verfassungsgüter des Rechts auf Gewährleistung von Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit einerseits, des Rechts auf den gesetzlichen Richter andererseits zur Geltung zu bringen, hat das Bundesverfassungsgericht dagegen offen gelassen (BVerfG NJW 2005, 2689, 2690). In einem solchen Fall werde es jeweils "nahe liegen, die Gründe, die eine derartige Umverteilung erfordern, zu dokumentieren und den Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu geben, um dem Anschein einer willkürlichen Zuständigkeitsverschiebung entgegen zu wirken" (BVerfG, aaO).
8
bb) Grundlage des Präsidiumsbeschlusses vom 31. Januar 2005 war die Jahresgeschäftsverteilung für das Jahr 2005, in der es hieß: "Mit der Neubesetzung der AO-Stelle nach Ende der AO (Abordnung) von Frau RiLG … zum 1. Februar 2005 wird diese AO-Stelle zwischen dem 12. und dem 15. Zivilsenat unter Mitnahme von ca. 50 % der auf das AO-Dezernat entfallenden Bestandsverfahren - mit Ausnahme der in die Spezialzuständigkeit des 12. Zivilsenats fallenden Verfahren, die bei ihm verbleiben - geteilt, wie vom Präsidium im Ein- zelnen noch zu beschließen sein wird." Die Verringerung der Besetzung eines Spruchkörpers kann zu dessen Überlastung führen und ein Eingreifen des Präsidiums rechtfertigen, damit die anhängigen Verfahren innerhalb angemessener Zeit entschieden werden können. Das gilt auch dann, wenn die Geschäftsverteilung im Laufe des Geschäftsjahres geändert wird (§ 21e Abs. 3 GVG; vgl. BGHSt 30, 371, 373 f; 44, 161, 165). Ob die Abgabe der beim 12. Zivilsenat anhängigen Verfahren an den 15. Zivilsenat erforderlich war, ob der Verlust der halben Stelle also hinsichtlich der anhängigen Verfahren nicht senatsintern hätte aufgefangen werden können, und ob der 15. Zivilsenat über zusätzliche Kapazitäten verfügte und deshalb eher in der Lage war, die fraglichen Sachen zügig zu entscheiden, lässt sich dem Präsidiumsbeschluss nicht entnehmen. Die Entscheidung des vorliegenden Falles ist durch die Abgabe an den 15. Zivilsenat jedenfalls deutlich verzögert worden. Es handelte sich um das älteste im zu teilenden Dezernat befindliche Verfahren. Der Vorsitzende des 12. Zivilsenats hatte Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 19. Oktober 2004 anberaumt. Gemäß Verfügung vom 13. Oktober 2004 hatte er den Termin "wegen Erkrankung der Berichterstatterin" auf den 18. Januar 2005, dann auf Antrag einer Partei nochmals auf den 3. Mai 2005 verlegt. Diesen Termin hob er unter Hinweis auf den Präsidiumsbeschluss vom 31. Januar 2005 auf. Im 15. Zivilsenat blieb die Sache zunächst liegen. Mit Verfügung vom 14. März 2006 wurde Termin auf den 17. Mai 2006 bestimmt; das Urteil erging schließlich auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juli 2006.
9
c) Jedenfalls war die Abgabe der 34 Verfahren unzulässig.
10
aa) Eine Geschäftsverteilung darf nicht in der Weise geändert werden, dass einzeln ausgesuchte Sachen einem anderen Spruchkörper zugewiesen werden (BGHSt 7, 23, 24 f; 44, 161, 166; BFH BFH/NV 2006, 1873, 1874). Zum Begriff des gesetzlichen Richters gehört gerade, dass die Zuteilung der Sachen sich nach allgemeinen Merkmalen richtet, um auf diese Weise eine willkürliche Besetzung des Gerichts zu vermeiden.
11
Wäre bb) das Schreiben des Vorsitzenden des 12. Zivilsenats vom 19. Januar 2005 über die Auswahl der abzugebenden Verfahren auch ohne Bezugnahme Teil des Präsidiumsbeschlusses vom 31. Januar 2005 geworden, änderte sich im Ergebnis nichts. Das Kriterium der "sachlichen Befassung", das in diesem Schreiben zur Rechtfertigung der getroffenen Auswahl herangezogen wird, ist nicht hinreichend bestimmt und zudem nicht geeignet zu erläutern, warum das vorliegende Verfahren nicht beim 12. Zivilsenat verblieben, sondern an den 15. Zivilsenat abgegeben worden ist. Der Begriff "sachliche Befassung" hat keinen feststehenden Inhalt. Das Berufungsgericht (15. Zivilsenat) hat eine Parallele zur "Tätigkeit in einer Sache" gesehen, die nach § 21e Abs. 4 GVG eine Ausnahmeregelung hinsichtlich des Verbleibs einer Sache bei dem zuerst zuständig gewordenen Richter oder Spruchkörper rechtfertigt. War der Beschluss vom 31. Januar 2005 in dieser Weise zu verstehen, hätte das vorliegende Verfahren keinesfalls abgegeben werden dürfen. Bei der Auslegung des § 21e Abs. 4 GVG ist streitig, ob der Begriff "Tätigkeit" eine vorbereitende Entscheidung oder eine sonstige Prozesshandlung des Richters beschreibt (so Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 21e Rn. 17; Löwe/Rosenberg/Breidling, StPO 25. Aufl. § 21e GVG Rn. 55) oder ob auch jede andere Befassung mit der Sache ausreicht (so Kissel/Mayer, GVG 5. Aufl. § 21e Rn. 149). Die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung stellt aber sowohl eine Prozesshandlung als auch eine Befassung mit der Sache dar. Offensichtlich war anderes gemeint, etwa eine inhaltliche Bearbeitung der Sache durch ein Mitglied des Spruchkörpers. Dann hätte der Begriff jedoch jegliche Kontur verloren und wäre für die Parteien - um deren Grundrecht auf den gesetzlichen Richter es geht - in keiner Weise mehr nachzuvollziehen. Im Übrigen ist die Sache kurzfristig vor dem zunächst anberaumten Termin verlegt worden; dass sich bis dahin noch niemand inhaltlich mit dieser doch recht umfangreichen Sache befasst haben soll, wäre angesichts ihres Umfangs und auch im Hinblick auf die Regelungen der §§ 273, 525 ZPO ungewöhnlich.
12
d) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts folgt eine Zuständigkeit des 15. Zivilsenats schließlich nicht daraus, dass dem Urteil eine mündliche Verhandlung vorausgegangen ist und nach Ziff. III.15 des Geschäftsverteilungsplans die Zuständigkeit eines Senats durch die Anberaumung eines Termins begründet wird. Der fehlerhafte Präsidiumsbeschluss über die Abgabe eines bereits anhängigen Verfahrens wird nicht durch eine anschließende mündliche Verhandlung geheilt.
13
3. Der Beklagte hat bereits in der Berufungsinstanz die Fehlerhaftigkeit des Präsidiumsbeschlusses vom 31. Januar 2005 und die daraus resultierende Unzuständigkeit des 15. Zivilsenats gerügt. Die Klägerin hat dagegen rügelos verhandelt. Gleichwohl ist sie nicht mit ihrer jetzt erhobenen Rüge des Verstoßes gegen den gesetzlichen Richter ausgeschlossen. Das Recht auf den gesetzlichen Richter ist unverzichtbar. Die Vorschrift des § 295 ZPO findet auf einfache Fehler bei der Auslegung und Würdigung des Geschäftsverteilungsplanes Anwendung (vgl. etwa Zöller/Greger, aaO § 295 Rn. 3; Stein/Jonas/Leipold , ZPO 22. Aufl. § 295 Rn. 21), nicht jedoch bei Verstößen gegen Art. 101 Abs. 1 GG (BGHZ 6, 178, 181; BGH, Urt. v. 19. Oktober 1992 - II ZR 171/91, NJW 1993, 600, 601; Beschl. v. 30. September 1997 - X ZB 17/96, NJW-RR 1998, 699; MünchKomm-ZPO/Zimmermann, 3. Aufl. § 21e GVG Rn. 66; MünchKomm-ZPO/Prütting, aaO § 295 Rn. 22; Hk-ZPO/Saenger, 2. Aufl. § 295 Rn. 4; Musielak/Huber, ZPO 5. Aufl. § 295 Rn. 3).

II.


14
Berufungsurteil Das ist daher ohne Sachprüfung aufzuheben (§ 562 Abs. 2 ZPO). Die Sache wird an den 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts zurückverwiesen (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgende rechtliche Gesichtspunkte hin:
15
1. Grundlage des Begehrens der Klägerin ist § 82 KO. Die Klägerin wirft dem Beklagten vor, Absonderungsrechte an einem sicherungsübereigneten Warenlager und an sicherungsabgetretenen Forderungen missachtet zu haben. Ihre Absonderungsrechte führt die Klägerin auf den am 5. Juni 1996 zwischen ihr und der Gemeinschuldnerin geschlossenen "Sicherungsübereignungsvertrag" zurück.
16
a) Gegen die Wirksamkeit dieses Vertrages erhebt die Revision des Beklagten zu Recht keine Bedenken. Gegenstand des Vertrages waren die der Gemeinschuldnerin zustehenden Rechte; Rechte der Lieferanten aus einfachen oder verlängerten Eigentumsvorbehaltslieferanten blieben unberührt.
17
b) Das Berufungsgericht hat nicht für erforderlich gehalten, die Rechte der Klägerin einerseits, der Lieferanten andererseits zu trennen. Es hat gemeint , die Klägerin könne auch hinsichtlich der vereitelten Lieferantenrechte Schadensersatz aus eigenem Recht verlangen. Dies folge aus einer "Vereinbarung über die Abgrenzung der Sicherheiten am Umlaufvermögen" vom 24. Juli 1996 zwischen der Gemeinschuldnerin, dem zugleich für bestimmte Lieferanten handelnden Kreditversicherer, weiteren Lieferanten, welche der Vereinbarung beitreten konnten, und den kreditgebenden Banken, in der es u.a. hieß: "Die beitretenden Lieferanten verpflichten sich mit dem Beitritt gegenüber der DG-Bank als Treuhänderin, ihre individuellen Rechte aller Art aus dem vereinbarten einfachen, erweiterten und verlängerten Eigentumsvorbehalt sowie ihre Zurückbehaltungsrechte und Pfandrechte während der Gültigkeit dieser Vereinbarung nicht geltend zu machen. Die Lieferanten ermächtigen mit ihrem Beitritt die DG-Bank (Klägerin) jedoch, alle ihnen zustehenden Sicherungsrechte , soweit dies zu deren Durchsetzung erforderlich ist, gegenüber der Firma (Gemeinschuldnerin), ihren Drittschuldnern und sonstigen Personen geltend zu machen."
18
Das Berufungsgericht hat diese Vertragsbestimmung dahingehend ausgelegt , dass "die Klägerin unter den schuldrechtlichen Bindungen der Treuhandschaft Inhaberin der Sicherungsrechte der Lieferanten werden und nicht nur ermächtigt werden sollte, die Lieferantenrechte als fremde Rechte in eigenem Namen geltend zu machen". Die Vertragsauslegung obliegt grundsätzlich dem Tatrichter. Sie kann in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden , ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt wurde, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt wurden und ob die Auslegung auf einem von der Revision gerügten Verfahrensfehler beruht (z.B. BGH, Urt. v. 26. März 2004 - V ZR 90/03, NJW-RR 2004, 952, 953). Die Revision des Beklagten erhebt insoweit keine Einwände.
19
Der c) Beklagte hat unter Beweisantritt behauptet, dass die Abgrenzungsvereinbarung durch die im August 1998 geschlossene "Vereinbarung über die Abgeltung der Sicherungsrechte der Warenlieferanten" aufgehoben worden sei. Für die Frage der Anspruchsvoraussetzungen - der Absonderungsrechte der Klägerin also - kommt es darauf nicht an. Die Klägerin wirft dem Beklagten vor, Absonderungsrechte missachtet und vernichtet zu haben. Es kann damit nur um Rechte gehen, die bis zum Ende der Tätigkeit des Beklagten am 14. August 1997 entstanden und untergegangen sind. Die Abgeltungsvereinbarung kann sich allenfalls auf den Umfang des Schadensersatzanspruchs auswirken.
20
d) Der Beklagte hat außerdem behauptet, es habe Lieferanten gegeben, die unter Eigentumsvorbehalt geliefert hätten, der "Abgrenzungsvereinbarung" aber nicht beigetreten seien; er hat bestritten, dass der Versicherer berechtigt gewesen sei, diese Lieferanten zu vertreten.
21
aa) Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen für nicht hinreichend substantiiert gehalten. Ob dies zutrifft, erscheint zweifelhaft, nachdem der Beklagte tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgetragen hat, dass auch Zahlungen an einzelne Lieferanten erfolgt sind, die ihre Sicherungsrechte selbst durchgesetzt haben ("Erpressungskosten"). Grundsätzlich ist die Klägerin darlegungsund beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anspruchs aus § 82 KO. Entgegen ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht reicht hierfür nicht aus, dass ein möglicher Erwerbstatbestand - die Verbringung einer beweglichen Sache in das sicherungsübereignete Warenlager - für sich genommen außer Streit steht. Durch die Einbringung in das Warenlager wurden der Klägerin nämlich nur solche Waren übereignet, die nicht im Eigentum Dritter (insbesondere der unter Eigentumsvorbehalt liefernden Lieferanten) standen. Der Beklagte kann aber nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast gehalten sein, Einzelheiten zu den von ihm behaupteten Rechten Dritter vorzutragen, soweit es sich um Umstände handelt, die er im Verlauf seiner Verwaltertätigkeit erfahren hat oder hätte erfahren müssen. Verstöße gegen die einem Verwalter gegenüber den Absonderungsberechtigten obliegenden Pflichten dürfen prozessual der Klägerin nicht zum Nachteil und dem Beklagten nicht zum Vorteil gereichen. Hinsichtlich solcher Umstände, die auch einem sorgfältig handelnden Verwalter verborgen geblieben wären, bleibt es bei der Darlegungs- und Beweislast der Klägerin.
22
bb) Gegebenenfalls wird die Vorschrift des § 287 ZPO anzuwenden sein. Dass die Verletzung von Absonderungsrechten der Klägerin nicht nur die Höhe des entstandenen Schadens bestimmt, sondern zugleich zu den Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 82 KO gehört, steht nicht entgegen. Die Verpflichtung zum Schadensersatz beruht in tatsächlicher Hinsicht darauf, dass ein bestimmtes Ereignis, durch das der Anspruchsteller betroffen worden ist, zu einem Schaden geführt hat. Das dem Anspruchsgegner zuzurechnende schadenstiftende Ereignis sowie die Betroffenheit des Anspruchstellers bilden den konkreten Haftungsgrund, der nach § 286 ZPO zu beweisen ist (BGHZ 4, 192, 196; BGH, Urt. v. 24. Februar 1987 - VI ZR 111/86, NJW-RR 1987, 1019, 1020; v. 24. Februar 2005 - VII ZR 141/03, NJW 2005, 1653, 1654; Stein/Jonas/Leipold, aaO § 287 Rn. 11; Hk-ZPO/Saenger, aaO § 287 Rn. 4). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte unbefugt ein Warenlager veräußert, eine Sachgesamtheit also, die jedenfalls auch aus der Klägerin sicherungsübereigneten Gegenständen bestand. Er hat im Zeitraum vom 1. Februar bis zum 14. August 1997 Forderungen eingezogen, welche der Klägerin zustanden, ohne die Erlöse zu separieren. Steht der konkrete Haftungsgrund fest, hat das Gericht über die Höhe des dadurch entstandenen Schaden unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu entscheiden. Jede andere Lösung würde in einem Fall wie dem vorliegenden entweder dem Verwalter kaum zu erfüllende Aufklärungsund Dokumentationspflichten hinsichtlich der im Zeitpunkt der Übernahme der Verwaltung bestehenden Aus- und Absonderungsrechte der Vorbehaltsverkäufer und der Sicherungsgläubiger auferlegen oder aber die Aus- und Absonderungsberechtigten nicht hinreichend vor Pflichtverletzungen des Verwalters schützen.

23
2. Bei der Frage der Pflichtverletzungen des Beklagten ist zwischen dem Warenlager und den Forderungen zu unterscheiden.
24
a) Hinsichtlich des Warenlagers hat das Berufungsgericht angenommen, der Beklagte sei aufgrund der Vereinbarung über die Aufrechterhaltung der Liquidität während des Konkursantragsverfahrens vom 29. November/4. Dezember /8. Dezember 1996 auch nach der Eröffnung des Konkursverfahrens noch zur Veräußerung der Waren im laufenden Geschäftsbetrieb berechtigt gewesen. Eine Pflichtverletzung hat es erst in der Veräußerung des Warenlagers an eine Auffanggesellschaft (fortan: RTG) gesehen.
25
aa) Der Einwand der Klägerin, der Beklagte hätte die Sicherheiten nach der Eröffnung des Konkursverfahrens nur noch verwerten, nicht aber verarbeiten und den erzielten Erlös entsprechend der "Liquiditätsvereinbarung" zur Fortsetzung der Produktion verwenden dürfen, ist unberechtigt. Ihrem Wortlaut nach galt die "Liquiditätsvereinbarung" nur für das Konkursantragsverfahren. Die an ihr beteiligten Sicherungsnehmer haben sich nach der Eröffnung des Konkursverfahrens jedoch so verhalten, als gälte sie fort. Ein Verbot der Weiterverarbeitung des Sicherungsguts und der Verwendung der Erlöse im laufenden Geschäftsbetrieb hätte notwendig dessen sofortige Einstellung zur Folge gehabt. Das wollte auch die Klägerin nicht. Ob die Überlegungen des Berufungsgerichts zur berechtigten Fortführung des Unternehmens des Gemeinschuldners und der damit verbundenen Verwertung von Sicherungsgut verallgemeinerungsfähig sind, braucht nicht entschieden zu werden.
26
bb) Der Beklagte war auch bei Fortgeltung der "Liquiditätsvereinbarung" nicht berechtigt, das Warenlager insgesamt an die RTG zu veräußern. Der Be- klagte hatte sich in der "Liquiditätsvereinbarung" verpflichtet, den Bestand der Sicherheiten zu erhalten. Die Erlöse aus der Veräußerung der Waren sollten nur insoweit für die Produktion zur Verfügung stehen, "wie neue Sicherheitenwerte zuwachsen". Nach der Veräußerung des Warenbestandes an die RTG fand eine Ergänzung des Bestandes an Sicherheiten nicht mehr statt. Das hat das Berufungsgericht zutreffend gesehen. Die RTG war an die vertraglichen Vereinbarungen, welche die Gemeinschuldnerin mit den Sicherungsnehmern abgeschlossen hatte, nicht gebunden. Sie erwarb, produzierte und verkaufte in eigenem Namen. Von ihr neu erworbene oder hergestellte Waren gingen nicht in das Eigentum der Klägerin über; die Vorausabtretung der Kaufpreisforderungen erfasste die Forderungen aus den von ihr abgeschlossenen Verträgen nicht.
27
b) Gegenstand des Rechtsstreits ist außerdem das Einziehen von der Klägerin zur Sicherheit abgetretenen Forderungen im Zeitraum 1. Februar 1997 (Eröffnung des Konkursverfahrens) bis zum 14. August 1997 (Ende des Amtes des Beklagten).
28
aa) Hinsichtlich der nach der Eröffnung des Konkursverfahrens neu entstandenen Forderungen hat das Berufungsgericht zu Unrecht die Voraussetzungen einer in der Berufungsinstanz zulässigen Klageänderung (§ 533 ZPO) verneint.
29
(1) Nach § 533 ZPO ist eine Klageänderung zulässig, wenn das Gericht sie für sachdienlich hält und sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Das Berufungsgericht hat die Sachdienlichkeit der Klageänderung in Zweifel gezogen, weil der Prozessstoff durch sie nicht unerheblich erweitert werde. Diese Zweifel sind unbegründet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es nicht auf die beschleunigte Erledigung des anhängigen Prozesses, sondern darauf an, ob und inwieweit die Zulassung der geänderten Klage den sachlichen Streit im Rahmen des anhängigen Verfahrens ausräumt und einem anderenfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Deshalb steht der Sachdienlichkeit einer Klageänderung nicht entgegen, dass im Falle ihrer Zulassung Beweiserhebungen nötig werden und dadurch die Erledigung des Prozesses verzögert wird. Bei der gebotenen prozesswirtschaftlichen Betrachtungsweise kann sie nur verneint werden, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (BGH, Urt. v. 27. September 2006 - VIII ZR 19/04, NJW 2007, 2414, 2415 Rn. 10 f mit weiteren Nachweisen). Das ist hier nicht der Fall.
30
(2) Die Klägerin hat den geänderten Antrag auf Tatsachen gestützt, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gelangt mit dem zulässigen Rechtsmittel grundsätzlich der gesamte aus den Akten ersichtliche Prozessstoff erster Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz. Das gilt auch für solches Vorbringen, das vom Gericht erster Instanz für unerheblich gehalten worden ist und im Tatbestand keine ausdrückliche Erwähnung gefunden hat (BGH, Urt. v. 27. September 2006, aaO S. 2416 Rn. 16 mit weiteren Nachweisen).
31
Die Klägerin hat in erster Instanz ihren Schaden auf der Grundlage des Bestandes ihrer Sicherheiten bei der Eröffnung des Konkursverfahrens am 1. Februar 1997 berechnet, weil der Beklagte ihrer Ansicht nach von da an nicht mehr berechtigt war, Waren zu veräußern und Forderungen einzuziehen. Nachdem das Berufungsgericht den rechtlichen Hinweis erteilt hatte, aufgrund der ihrem Wortlaut nach nur für die Dauer des Sequestrationsverfahrens geschlossenen "Liquiditätsvereinbarung" sei der Beklagte auch nach der Eröffnung noch zur Veräußerung der Waren im ordentlichen Geschäftsverkehr berechtigt gewesen, hat sie ihre Klage hilfsweise auf die Einziehung der im Zeitraum 1. Februar 1997 bis 13. August 1997 neu entstandenen, ihr im Voraus abgetretenen Forderungen gestützt.
32
Dieser Sachverhalt war nicht "neu" und stand zudem außer Streit. Dass der Beklagte den Geschäftsbetrieb der Gemeinschuldnerin über den 1. Februar 1997 hinaus fortgeführt, vorhandene, der Klägerin sicherungsübereignete Warenbestände weiterverarbeitet und daraus entstandene Forderungen über allgemeine Konten eingezogen hat, hat die Klägerin schon in der Klageschrift vorgetragen. Der Beklagte hat dies nicht bestritten. Gegenüber dem Vorwurf der unberechtigten Verwertung des sicherungsübereigneten Warenlagers hat er sich damit verteidigt, die Erlöse seien für die Betriebsfortführung verwandt worden ; hierdurch seien neue Vorräte und Forderungen entstanden, die der Klägerin wiederum als Sicherheiten zur Verfügung gestanden hätten. Das Zahlenwerk der Klägerin beruht auf der vom Beklagten zur Stützung seines Vorbringens überreichten Anlage B 9. Der Beklagte hat mit diesem Vorbringen mündlich verhandelt; er kann sich nur unter den Voraussetzungen des § 290 ZPO, die bisher weder dargetan noch sonst aus den Akten ersichtlich sind, von ihm lösen. Das im ersten Rechtszug abgelegte gerichtliche Geständnis behält seine Wirksamkeit auch für die Berufungsinstanz (§ 535 ZPO). Unstreitiger Vortrag ist hier selbst dann zu berücksichtigen, wenn er neu ist und durch seine Zulassung eine Beweisaufnahme erforderlich wird (BGHZ 161, 138, 142 ff; offen gelassen von BGH, Beschl. v. 23. Juni 2008 - GSZ 1/08, WM 2008, 2131 Rn. 10).

33
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte sei aufgrund der zunächst fortgeltenden "Liquiditätsvereinbarung" bis zum 31. März 1997 (also bis zur Übertragung des operativen Geschäfts der Gemeinschuldnerin auf die Auffanggesellschaft, die RTG) berechtigt gewesen, die zur Sicherheit abgetretenen Forderungen einzuziehen und den Erlös im in der "Liquiditätsvereinbarung" vorgesehenen Umfang zur Fortsetzung der Produktion zu verwenden. Auch dies trifft grundsätzlich zu. Zu welchem Zweck die Erlöse im Betrieb der Gemeinschuldnerin eingesetzt werden durften, ob etwa neben der Ersatzbeschaffung von Material auch sonstige Produktionskosten beglichen werden durften, was einem neuen Kredit gleichgekommen wäre, ist eine Frage der Auslegung der "Liquiditätsvereinbarung", welche das Berufungsgericht erneut vorzunehmen haben wird. Entgegen der Ansicht des Beklagten war die Einhaltung der in der "Liquiditätsvereinbarung" übernommenen Pflichten nicht von vornherein unmöglich. Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der Sicherheiten der Vorbehaltslieferanten einerseits, der Banken andererseits hätte der Beklagte dadurch begegnen können, dass er die jedenfalls nicht der Masse zustehenden Erlöse insgesamt separierte und ihre Verwendung nachwies. Daraus, dass er dies unterließ, kann er nun keine prozessualen Vorteile herleiten.
34
c) Dass - wie der Beklagte vorträgt - die Fortführung der Produktion den Wert der Sicherheiten erhielt und dieser Wert durch den Verkauf des gesamten Unternehmens realisiert werden konnte, während durch einen Einzelverkauf nach Betriebseinstellung nur ein Bruchteil des Wertes hätte erzielt werden können , ändert nichts an der Rechtswidrigkeit des Vorgehens des Beklagten. Dem Beklagten wird nicht die Fortführung des Betriebs unter Missachtung der Rechte der Sicherungsnehmer vorgeworfen, sondern die Veräußerung des Warenlagers an die Auffanggesellschaft und die fehlende Separierung der Erlöse aus dem Einzug von Forderungen. Die Einstellung der Produktion war nicht die einzige Alternative, welche sich dem Beklagten bot.
35
d) Die vom Beklagten behaupteten Äußerungen des Vertreters der Klägerin im Gläubigerausschuss ändern ebenfalls nichts an der Rechtswidrigkeit seines Vorgehens. Dass die betreffende natürliche Person berechtigt war, die Klägerin rechtsgeschäftlich zu vertreten, oder dass er dies angenommen habe, behauptet der Beklagte nicht. Nicht einmal eine Zustimmung des gesamten Gläubigerausschusses - die der Beklagte ebenfalls nicht behauptet hat - wäre geeignet, den Beklagten zu entlasten.
36
Der 3. Verlust von Absonderungsrechten hätte dann nicht zu einem Schaden geführt, wenn die gesicherten Darlehen den Tatbestand des § 32a Abs. 1 GmbHG erfüllt hätten und die Klägerin demzufolge den Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Konkursverwalter nicht mit Erfolg hätte geltend machen können. Sicherheiten für ein eigenkapitalersetzendes Darlehen sind aufgrund des Zwecks der Kapitalerhaltungsregelungen unverwertbar (BGHZ 133, 298, 305; 173, 129, 142 Rn. 51). Ihr Verlust schadet folglich nicht. Die Voraussetzungen , unter denen ein von einem Dritten gewährtes Darlehen einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entspricht und damit den Eigenkapitalersatzregelungen unterfällt (§ 32a Abs. 3 GmbHG), hat das Berufungsgericht jedoch im Ergebnis zutreffend verneint. Die Klägerin ist nicht Normadressatin des § 32a Abs. 3 GmbHG. Entgegen der Ansicht der Revision des Beklagten handelt es sich bei der Gemeinschuldnerin nicht um ein von der Klägerin beherrschtes Unternehmen.
37
a) Adressat der Regeln über den Eigenkapitalersatz ist der Gesellschafter der GmbH (vgl. § 32a GmbHG). Nach ständiger Rechtsprechung des Bun- desgerichtshofs können die Eigenkapitalersatzregelungen aber auch auf Finanzierungshilfen Dritter anzuwenden sein, dann nämlich, wenn der Dritte bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Gesellschafter gleichsteht. Dies kann insbesondere auf Unternehmen zutreffen, die mit einem Gesellschafter horizontal oder vertikal verbunden sind. Die Verbindung kann unter anderem in der Weise bestehen , dass der Dritte an einer Gesellschafterin der Schuldnerin beteiligt ist; dies führt jedenfalls dann zur Anwendung der Eigenkapitalersatzvorschriften, wenn der Dritte aufgrund einer qualifizierten Mehrheit der Anteile oder Stimmrechte einen bestimmenden Einfluss auf den Gesellschafter ausüben kann (BGH, Urt. v. 21. November 2005 - II ZR 277/03, ZIP 2006, 279, 282 Rn. 20, insoweit in BGHZ 165, 106 ff nicht abgedruckt; v. 5. Mai 2008 - II ZR 108/07, ZIP 2008, 1230, 1231 Rn. 9).
38
Die b) Gemeinschuldnerin ist eine 100%ige Tochter der R. Holding GmbH (RTH), die wiederum zu 100 % von der I. gesellschaft mbH (I. ) gehalten wird. Die Revision des Beklagten errechnet eine durch verschiedene andere Gesellschaften (D. , K. , A. ) vermittelte Beteiligungsquote der Klägerin an der I. und damit an der RTH und der Gemeinschuldnerin von 54 %. Diese Berechnung trifft jedoch nicht zu. Der Klägerin können nur Anteile von solchen Unternehmen zugerechnet werden, die von ihr abhängig sind (§ 16 Abs. 4 AktG). Von einem im Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen wird vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist (§ 17 Abs. 2 AktG). Mehrheitlich (nämlich zu 100 %) beteiligt ist die Klägerin an der D. . Die D. hält 50 % der Anteile an der K. , diese wiederum 44,3 % der Anteile an der I. . An der A. ist die Klägerin nach den eigenen Angaben des Beklagten nur zu 46 % beteiligt.
39
c) Den durch Antrag auf Parteivernehmung des Vorstands der Klägerin unter Beweis gestellten Vortrag des Beklagten, dass die Klägerin die A. aufgrund eines mit der anderen Gesellschafterin dieser Gesellschaft geschlossenen "Grundlagenvertrags" beherrsche, hat das Berufungsgericht zu Recht für unbeachtlich gehalten. Eine Partei ist von Rechts wegen nicht gehindert, Tatsachen zu behaupten, über die sie eine genaue Kenntnis nicht haben kann, die sie aber nach Lage der Verhältnisse für wahrscheinlich oder möglich hält. Sie darf also Tatsachen als Behauptung in den Rechtsstreit einführen, deren Richtigkeit sie nur vermutet (BGH, Urt. v. 30. Januar 1989 - II ZR 175/88, BGHR ZPO § 373 Ausforschungsbeweis 4; BGH, Urt. v. 20. Juni 2002 - IX ZR 177/99, WM 2002, 1690, 1692). Unzulässig wird ein solches prozessuales Vorgehen erst dort, wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt, wobei in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt ist, dass in der Regel nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte die Annahme von Willkür rechtfertigen kann (BGH, Urt. v. 20. Juni 2002, aaO). In Zweifelsfällen hat die Partei die tatsächlichen Anhaltspunkte oder ihre Erkenntnisquellen darzulegen (BGH, Urt. v. 8. Mai 2002 - I ZR 28/00, WM 2003, 587, 590). Das ist hier nicht erfolgt. Entsprechenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen zeigt die Revisionsbegründung des Beklagten nicht auf.
40
4. Ein Schaden der Klägerin käme nicht in Betracht, wenn die vereitelten Absonderungsrechte anfechtbar gewesen wären. Ein Anfechtungsrecht ist zwar innerhalb der Anfechtungsfrist des § 41 Abs. 1 KO weder vom Beklagten noch von dem neu gewählten Verwalter Rechtsanwalt H. ausgeübt worden (vgl. § 36 KO). Gegenüber dem Anspruch des Inhabers einer anfechtbar erlangten Sicherheit auf Herausgabe der Sicherheit oder des vom Konkursverwalter eingezogenen Verwertungserlöses kann sich der Konkursverwalter jedoch auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen (§ 41 Abs. 2 KO; vgl. BGHZ 30, 238, 239; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 41 KO Anm. 8). Hätte sich die Klägerin aus bestimmten Sicherheiten nicht befriedigen können, weil der jeweilige Konkursverwalter die Einrede der Anfechtbarkeit der Bestellung der Sicherheiten hätte erheben können, wäre ihr aus dem Verlust dieser Sicherheiten kein Schaden entstanden. Zu prüfen sind insbesondere die Voraussetzungen einer Absichtsanfechtung nach § 31 Nr. 1 KO.
41
a) Die Klägerin leitet ihre Absonderungsrechte aus dem "Sicherungsübereignungsvertrag" vom 5. Juni 1996 her, mit dem die Gemeinschuldnerin ihr das Warenlager "zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche … aus der Geschäftsverbindung" übereignet hat. Zum Hintergrund dieses Vertrages hat das Berufungsgericht folgende Feststellungen getroffen: Die Klägerin war neben anderen Banken Kreditgeberin der R. Holding GmbH (fortan: RTH), der Muttergesellschaft der R. -Gruppe. Mit "Spaltungsvertrag" vom 29. August 1995 übertrug die RTH ihr operatives Geschäft auf die Gemeinschuldnerin. Mit den Kreditgebern wurde am 7. März 1996 eine "Vereinbarung" über die "Neuordnung der Kreditverhältnisse" (Nr. 2.3 des Vertrages ) geschlossen, nach welcher die Kreditschulden der RTH "unter Anpassung der Sicherheitenabsprachen" (Nr. 2.3.2 des Vertrages) von der Gemeinschuldnerin übernommen werden sollten. Mit Vertrag vom 29. August 1996 vereinbarten Klägerin und Gemeinschuldnerin, dass die von der Klägerin an die RTH ausgereichten Darlehen auf die Schuldnerin übergehen sollten, wie es bereits im Spaltungsvertrag vorgesehen gewesen sei.
42
Auf dieser tatsächlichen Grundlage hat das Berufungsgericht eine der Klägerin bekannte Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin mit folgender Begründung verneint: Der "Sicherungsübereignungsvertrag" vom 5. Juni 1996 habe keine inkongruente Sicherheit gewährt. Er dürfe nicht isoliert betrachtet werden, sondern stehe in einem von allen Beteiligten gewollten Sinnzusammenhang mit der Neuordnungsvereinbarung und dem Vertrag vom 29. August 1996. Mit dem konventionellen Geschäft der RTH habe die Gemeinschuldnerin auch deren Kredite übernehmen und neue Sicherheiten bestellen sollen. Aus dem wirtschaftlichen Zusammenhang aller Verträge ergebe sich, dass es sich dabei nur um das Umlaufvermögen habe handeln können, nämlich um dieselbe Sicherheit, welche zuvor die RTH gestellt gehabt habe. Das Umlaufvermögen habe zu keinem Zeitpunkt frei werden und dem Zugriff ungesicherter Gläubiger zur Verfügung stehen sollen. Außerdem komme selbst eine inkongruente Deckung als Beweisanzeichen für eine Benachteiligungsabsicht nicht mehr in Betracht, wenn sie im Rahmen eines erfolgversprechenden Sanierungskonzepts gewährt werde. Die Banken hätten im Rahmen der Neuordnung Gegenleistungen erbracht, insbesondere auf Kreditforderungen in Höhe von 20 Mio. DM verzichtet und die Kredite bis mindestens zum 31. Dezember 1996 prolongiert.
43
b) Nach § 31 Nr. 1 KO sind Rechtshandlungen anfechtbar, welche der Gemeinschuldner in der dem anderen Teil bekannten Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen.
44
aa) Voraussetzung jedes Insolvenzanfechtungsrechts ist, dass die angefochtene Rechtshandlung zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt hat. Diese Voraussetzung, die bisher nicht geprüft worden ist, ist unter folgendem Gesichtspunkt zweifelhaft: Bereits der an die RTH - die Rechtsvorgängerin der Gemeinschuldnerin, die von jener abgespalten worden ist - ausgereichte Kredit war durch eine Sicherungsübereignung "des Vorratsvermögens mit wechseln- dem Bestand und Forderungsabtretung" gesichert. War diese Sicherungsübereignung wirksam und handelt es sich um dasselbe Warenlager, was wahrscheinlich ist, wenn die Gemeinschuldnerin das operative Geschäft der RTH übernommen hat, "gehörte" das Warenlager am 5. Juni 1996 bereits der Klägerin. Der Spaltungsvertrag vermochte daran nichts zu ändern. Die Eintragung der Spaltung führt nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG zu einem Übergang der Rechte des übertragenden auf den abgespaltenen Rechtsträger. Was dem übertragenden Rechtsträger nicht gehörte, kann auch nicht übergehen.
45
bb) Der Begriff der Benachteiligungsabsicht i.S.v. § 31 Nr. 1 KO entspricht demjenigen des Benachteiligungsvorsatzes in § 133 InsO (HK-InsO/ Kreft, 4. Aufl. § 133 Rn. 2; Jaeger/Henckel, InsO § 133 Rn. 1, 21; G. Fischer NZI 2008, 588 f). Benachteiligungsabsicht ist danach gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung die Benachteiligung seiner Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge seiner Rechtshandlung erkannt und gebilligt hat (BGHZ 124, 76, 81 f; 162, 143, 153; HK-InsO/Kreft, aaO Rn. 10). Es genügt, dass der Schuldner die Benachteiligung der Gläubiger als mögliche Folge seines Handelns vorausgesehen und billigend in Kauf genommen hat, sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils. Dabei lässt sich aus dem Bewusstsein und der Vorstellung des Schuldners, dass die Gläubigerbenachteiligung die notwendige Folge seines Tuns ist, regelmäßig auf seinen darauf gerichteten Willen schließen.
46
Bei einem Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, ist ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz regelmäßig zu bejahen (BGHZ 155, 75, 84; 162, 143, 153). Der Beklagte hat unter Beweisantritt behauptet, der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin habe schon bei Abschluss des Sicherungsübereig- nungsvertrages mit der drohenden Insolvenz gerechnet, nämlich angenommen, dass dann, wenn nicht ein Wunder geschehe, die Gesellschaft in die Insolvenz gehen und dies bei den ungesicherten Konkursgläubigern zu erheblichen Forderungsausfällen führen werde. Voraussetzung einer Absichtsanfechtung nach § 31 Nr. 1 KO ist jedoch auch, dass der andere Teil - hier also: die Klägerin - Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Gemeinschuldners hatte.
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cc) Unabhängig davon könnte die Frage erheblich werden, ob die Sicherungsübereignung des Umlaufvermögens im Vertrag vom 5. Juni 1996 inkongruent war. Eine inkongruente Sicherung oder Deckung stellt in der Regel ein (starkes) Beweisanzeichen für eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners dar (BGHZ 123, 320, 326; 137, 267, 283). Ob die Übereignung des Warenlagers nebst Anschlusszession eine kongruente oder inkongruente Sicherheit darstellte, lässt sich den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts allerdings nicht entnehmen.
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(1) Kongruent ist eine Sicherung oder Deckung dann, wenn ein hinreichend bestimmter Anspruch auf sie bestand. Wird zugleich mit der Gewährung eines Kredits die Stellung einer bestimmten Sicherheit vereinbart, so ist deren Stellung kongruent (BGH, Urt. v. 5. November 1964 - VII ZR 2/63, WM 1965, 84, 87). Am 5. Juni 1996 haben die Klägerin und die Gemeinschuldnerin die Sicherungsübereignung des Warenlagers vereinbart, nicht aber einen Darlehensvertrag geschlossen. Dazu kam es erst am 29. August 1996. Diese Verträge könnten als Einheit gewollt gewesen sein.
59
(2) Möglicherweise ist der zuvor zwischen der Klägerin und der RTH bestehende Darlehensvertrag aber auch gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG auf die Gemeinschuldnerin übergegangen. Der Darlehensvertrag soll im Spaltungsvertrag aufgeführt gewesen sein. Zu prüfen wäre dann, ob der Vertrag zwischen der Klägerin und der RTH eine Sicherheit in Form der Übereignung des Warenlagers vorsah. Unabhängig davon könnte ein Anspruch auf Bestellung von Sicherheiten auch aus § 22 Abs. 1, § 125 Satz 1 UmwG folgen. Nach § 22 Abs. 1, § 125 Satz 1 UmwG ist den Gläubigern der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger Sicherheit zu leisten, wenn sie binnen sechs Monaten nach der Bekanntmachung der Eintragung der Umwandlung (vgl. § 22 Abs. 1, § 19 Abs. 3 UmwG) ihren Anspruch nach Grund und Höhe schriftlich anmelden. Der Anspruch richtet sich auf die Bestellung einer Sicherheit nach §§ 232 f BGB (Kallmeyer /Marsch-Barner, UmwG 3. Aufl. § 22 Rn. 12; Stratz in Schmitt/Hörnagel/ Stratz, UmwG 4. Aufl. § 22 Rn. 20; Semler/Stengel/Maier-Reimer, UmwG 2. Aufl. § 22 Rn. 52; Lutter/Hommelhoff/Schwab, UmwG 3. Aufl. § 133 Rn. 97). Er führt jedenfalls dann zur Kongruenz der Sicherheit, wenn die Ansprüche des Gläubigers gegen den übertragenden Rechtsträger gesichert waren und diese Sicherheit durch die Spaltung entfallen ist.
50
(aa) Dass dem Schuldner ein Ermessen bei der Auswahl der Sicherheit zusteht, steht der Annahme einer kongruenten Sicherheit nicht entgegen. Das folgt aus dem Sinn und Zweck des § 22 Abs. 1 UmwG. Diese Vorschrift soll den Sicherungsinteressen des Gläubigers Rechnung tragen, der die Spaltung und den damit verbundenen Übergang des Vertrages auf einen anderen Rechtsträger nicht verhindern kann. Würde sein Anspruch gegen den aufnehmenden Rechtsträger wegen des Auswahlermessens des Schuldners stets nur zu einer inkongruenten Sicherheit führen, würde dieses Ziel nicht erreicht. Der Gläubiger stünde vielmehr schlechter als vor der Spaltung.
51
(bb) § 232 BGB sieht eine Sicherheitsleistung durch Sicherungsübereignung beweglicher Sachen nicht vor. Sicherheit kann nach dieser Vorschrift (u.a.) durch Verpfändung beweglicher Sachen geleistet werden. Da die Sicherungsübereignung die Verpfändung einer beweglichen Sache im Wirtschaftsleben weitgehend ersetzt hat (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 50 Rn. 4, § 51 Rn. 50), kann jedoch auch sie kongruent sein, obwohl nur ein Anspruch auf Verpfändung besteht (vgl. RG JW 1909, 734, 735; Gerhardt/Kreft, Aktuelle Probleme der Insolvenzanfechtung 10. Aufl. Rn. 429).
52
(3) Wird eine Sicherheit für einen bereits ausgereichten, bisher unbesicherten Kredit bestellt, ist dieses Rechtsgeschäft inkongruent (BGH, Urt. v. 14. Februar 2008 - IX ZR 38/04, ZIP 2008, 706, 709 Rn. 31). Das in der Gewährung einer inkongruenten Sicherung oder Deckung liegende Beweisanzeichen für eine Benachteiligungsabsicht des Gemeinschuldners ist allerdings schon in seiner Bedeutung wesentlich herabgesetzt, wenn die Inkongruenz nur gering ist. Es ist entkräftet, wenn die angefochtene Rechtshandlung in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Sanierungskonzept stand, das mindestens in den Anfängen schon in der Tat umgesetzt war und die ernsthafte Aussicht auf Erfolg begründete (BGH, Urt. v. 12. November 1992 - IX ZR 236/91, ZIP 1993, 276, 279; v. 4. Dezember 1997 - IX ZR 47/97, WM 1998, 248, 250; ausf. Jaeger/ Henckel, aaO § 133 Rn. 34). Entscheidend ist der Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung, hier also des Vertrages vom 5. Juni 1996.
53
5. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Schadensersatzanspruch nicht auf den Wert der Darlehensforderungen der Klägerin beschränkt.
54
a) Die Klägerin ist dadurch geschädigt worden, dass ihr zur Sicherheit übereignete Waren veräußert und ihr zur Sicherheit abgetretene Forderungen eingezogen worden sind. Grundsätzlich entspricht der ihr entstandene Schaden daher dem Wert der Sicherheiten. Wäre sie jedoch zur (teilweisen) Rückgewähr der Sicherheiten oder nach deren Verwertung zur (teilweisen) Auskehrung des Erlöses an die Konkursmasse verpflichtet gewesen, wäre ihr insoweit durch den Verlust der Sicherheiten kein Schaden entstanden.
55
b) Diese Voraussetzung ist nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht erfüllt.
56
aa) Der Sicherungsübereignung des Warenlagers mit Anschlusszession lag nicht nur der Sicherungsübereignungsvertrag vom 5. Juni 1996 zugrunde, nach welchem die Sicherheiten alle bestehenden und künftigen Ansprüche der Klägerin gegen die Gemeinschuldnerin aus der Geschäftsverbindung sichern sollten. Am 29. August 1996 haben acht Banken und die Gemeinschuldnerin in einem "Sicherheiten-Poolvertrag" vereinbart, dass die Sicherungsübereignung der Warenbestände nebst Anschlusszession gemäß Vertrag vom 5. Juni 1996 auch die von den beteiligten Banken ausgereichten, im Einzelnen aufgeführten Kredite sichern sollte (Abschnitt II.1). Diese Vereinbarung ergänzte die Zweckerklärung des Sicherungsübereignungsvertrages vom 5. Juni 1996.
57
Bedenken bb) gegen die rechtliche Wirksamkeit dieser Vereinbarung bestehen nicht. Eine Sicherungszweckerklärung kann jederzeit durch individuelle Abrede erweitert werden (Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHandbuch 3. Aufl. § 90 Rn. 113; vgl. auch BGH, Urt. v. 14. Juli 1988 - V ZR 308/86, WM 1988, 1259, 1260; v. 21. Februar 2008 - IX ZR 255/06, ZIP 2008, 703, 705 Rn. 17 f, jeweils zur Grundschuld). Die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anfechtungstatbestandes hat der Beklagte in Bezug auf die Vereinbarung vom 29. August 1996 nicht dargetan. Auf die von der Revisionsbegründung des Beklagten aufgeworfene und unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 2. Juni 2005 (IX ZR 181/03, ZIP 2005, 1651, 1653) in Zweifel gezogene Frage, ob den übrigen Poolbanken aufgrund der genannten Vereinbarung ein eigenes Absonderungsrecht an dem sicherungsübereigneten Warenlager zustand, kommt es nicht an. Wären die Sicherheiten nicht untergegangen, hätte die Klägerin aus ihnen abgesonderte Befriedigung wegen aller in der zweiten Sicherungszweckerklärung genannten Forderungen verlangen können. Einen allgemeinen Rechtssatz dahingehend, dass aus einer treuhänderischen Verwaltung eines Sicherungsrechts kein eigenes Recht auf abgesonderte Befriedigung hergeleitet werden kann, gibt es nicht (vgl. BGH, Urt. v. 21. Februar 2008, aaO S. 706 Rn. 22).
58
6. Entgegen der Ansicht des Beklagten lässt sich ein Schaden der Klägerin auch aus anderen Gründen nicht von vornherein verneinen.
59
a) Der Anspruch aus § 82 KO setzt nicht voraus, dass die Insolvenzmasse zur Erfüllung des Schadensersatzanspruchs wegen des Verlusts der Absonderungsrechte nicht ausreicht. Der Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter wegen Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten ist gegenüber einem Schadensersatzanspruch gegen die Masse nicht subsidiär (BGH, Urt. v. 1. Dezember 2005 - IX ZR 115/01, ZIP 2006, 194, 195 f). Die Klägerin war also nicht verpflichtet, zunächst Schadensersatzansprüche gegen die Masse geltend zu machen. Gegenteiliges findet sich auch nicht an der vom Beklagten zitierten Kommentarstelle MünchKomm-InsO/Hefermehl, 2. Aufl. § 55 Rn. 34.
60
b) Derjenige Betrag, den der Beklagte bereits an den ihm nachfolgenden Konkursverwalter H. gezahlt hat, ist jedenfalls insoweit auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, als er an die Klägerin (oder andere Poolbanken, deren Ansprüche durch das Warenlager nebst Anschlusszession gesichert waren ) gelangt ist. Nach der Zurückverweisung mag der Beklagte klarstellen, ob er gegenüber den Angaben des Zeugen K. bei seiner Anhörung am 26. Juli 2006 an seiner ursprünglichen Behauptung festhalten will, der gesamte Betrag sei bereits an die Klägerin ausgezahlt worden.
Ganter Gehrlein Vill
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Baden-Baden, Entscheidung vom 20.08.2003 - 1 O 19/03 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 26.07.2006 - 15 U 6/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 75/06 Verkündet am:
25. März 2009
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das Einverständnis der Parteien mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter
(§ 527 Abs. 4 ZPO) bewirkt allein, dass anstelle des Kollegiums ein Einzelrichter
gesetzlicher Richter sein kann. Es hat aber nicht zur Folge, dass der Einzelrichter,
mit dessen Entscheidung die Parteien sich einverstanden erklären, allein deswegen
als gesetzlicher Richter anzusehen ist. Das Recht auf den gesetzlichen Richter
ist unverzichtbar.

b) Zum Begriff des gesetzlichen Richters gehört, dass die Zuteilung der Sachen sich
nach allgemeinen Merkmalen richtet. Daran fehlt es, wenn durch eine Änderung
der internen Geschäftsverteilung eines überbesetzten Spruchkörpers mehrere bereits
anhängige Sachen in einer Weise auf andere Richter verteilt werden, die keine
abstrakt-generellen Kriterien für die jeweiligen Zuteilungen erkennen lässt.
BGH, Urteil vom 25. März 2009 - XII ZR 75/06 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. März 2009 durch den Richter Sprick, die Richterinnen Weber-Monecke
und Dr. Vézina und die Richter Dose und Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 30. März 2006 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Revisionsverfahren wird abgesehen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rechnungslegung, Vorlage von Belegen und Abgabe von Willenserklärungen in Anspruch.
2
Die Parteien waren von 1969 bis 2002 miteinander verheiratet. Mit Vertrag vom 1. Juni 1990 bekräftigten sie eine bereits zu Beginn der Ehe getroffene "Vereinbarung über die Verwaltung von Geldern". Im Einzelnen wurde folgende Abmachung schriftlich niedergelegt: "Entsprechend dieser Vereinbarung ist Frau Dr. S. für die Verwaltung der Finanzen verantwortlich. Sie übernimmt die Kontrolle der Geldeingänge, überwacht den Schuldendienst und die Bezahlung der Rechnungen. Frau S. ist für die Verwaltung, Überwachung und für die finanzgünstige Anlage von Gewinnen zuständig. Zwecks leichterer Handhabung dieser Aufgabe und zwecks Erfassung der Gelder lässt Herr Professor S. alle eingehenden Beträge auf ein Konto von Frau S. einzahlen, auf dem auch Frau S. ihre anzulegenden Beträge einbringt. Am Jahresende erfolgt eine Aufteilung der Gewinne im Verhältnis 1 : 1. Beide Eheleute behalten sich vor, eventuell je nach Sachlage einen anderen Verteilungsschlüssel zu wählen."
3
Der Kläger, der Professor der Rechtswissenschaften ist, widmete sich in vollem Umfang seinem Beruf, während die Beklagte, eine Rechtsanwältin, sich um Haushalt und Kinder kümmerte, daneben aber auch für die Vermögensverwaltung und die Steuerangelegenheiten zuständig war. Außerdem wirkte sie bei der Erstellung von juristischen Gutachten des Klägers mit.
4
Die Beklagte hatte auf ihren Namen ein Konto bei der C.-Bank eröffnet, für das auch der Kläger Vollmacht besaß. Dessen Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit flossen jedenfalls bis zum Jahre 1996 vollständig auf dieses Konto. In den 80er Jahren trennten sich die Parteien; die Vermögensverwaltung wurde von der Beklagten jedoch weiter geführt. Hierfür stellte sie dem Kläger jährliche Rechnungen in sechsstelliger Höhe, letztmalig im Jahr 1998. Unstreitig wurde die Vermögensverwaltung bis zum 31. März 1998 fortgeführt; zu welchem Zeitpunkt danach die Vereinbarung beendet wurde, ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte hat die dem Kläger erteilte Kontovollmacht widerrufen.
5
Der Kläger hat Rechnungslegung über die Zahlungsein- und -ausgänge von dem Konto bei der C.-Bank sowie allen Unterkonten und zugehörigen Depots für die Zeit vom 1. Januar 1988 bis zum 31. März 1998 nebst Vorlage der Kontounterlagen mitsamt allen dazugehörigen Buchungsbelegen und Rechnungen verlangt. Ferner hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihn unwiderruflich zu ermächtigen und zu bevollmächtigen, Kontounterlagen und Belege von der C.-Bank herauszuverlangen bzw. für den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis 31. März 1998 einzusehen und sich hiervon Abschriften erteilen zu lassen. Er hat geltend gemacht, die Beklagte habe ihre Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung in erheblichem Maße verletzt, indem sie Gelder eigenmächtig und unbefugt auf eigene Konten verbracht habe und ihm entgegen der Vereinbarung eine hälftige Teilhabe vorenthalte. Darüber hinaus habe sich im Rahmen einer Steuerprüfung herausgestellt, dass die von der Beklagten in den Jahren 1994 bis 1996 eingereichten Steuererklärungen zu Beanstandungen geführt hätten. Der daraufhin beauftragte Steuerberater habe ihm mitgeteilt , dass er für die Jahre 1992 bis 2000 mit einer Steuernachzahlung von 870.000 DM rechnen müsse. Seiner Aufforderung, die Steuerforderung von dem Konto bei der C.-Bank zu begleichen, sei die Beklagte nicht nachgekommen , weshalb er hierfür einen Kredit habe aufnehmen müssen.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat u. a. geltend gemacht , eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung über die Vermögensverwaltung sei nicht zustande gekommen; der Kläger habe im Übrigen durch einen im Scheidungsverfahren geschlossenen Vergleich auf eine Rechnungslegung verzichtet.
7
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die mit dem Ziel der Klageabweisung eingelegte Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Ihre im Berufungsverfahren erhobene Widerklage, mit der sie u. a. begehrte, dem Kläger alle anlässlich der Herausgabe und des Kopierens von Bankbelegen entstehenden Kosten aufzuerlegen, hat das Oberlandesgericht als unzulässig zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten , mit der sie ihr zweitinstanzliches Begehren weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
Die Revision rügt zu Recht, dass das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war (§ 547 Nr. 1 ZPO).
10
1. Allerdings beanstandet die Revision ohne Erfolg, der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts vom 5. Oktober 2005 über die Änderung der Geschäftsverteilung für das Geschäftsjahr 2005 sei bereits deshalb unwirksam , weil er nicht der nach § 21 g Abs. 7 GVG i.V.m. § 21 e Abs. 9 GVG erforderlichen Schriftform (vgl. BGHZ - VGS - 126, 63, 85 f.) entspreche. Zwar weist die in den Akten befindliche Kopie des vorgenannten Beschlusses lediglich vier Unterschriften auf, obwohl dem 8. Zivilsenat fünf Berufsrichter angehörten. Dem Schreiben des früheren Senatsvorsitzenden zufolge ist die Urschrift des Beschlusses aber in den Tagen nach seiner Erstellung auch von dem fünften Senatsmitglied unterzeichnet worden; es könne sein, dass die Geschäftsstelle bereits zuvor die Kopie in die Akten geheftet habe, um die Sachen schnell auf die neu gebildeten Dezernate verteilen zu können.
11
Damit sind die Bedenken gegen die Wahrung der Schriftform ausgeräumt. Die senatsinterne Geschäftsverteilung kann von einem Richter auch nachträglich unterschrieben werden, zumal zunächst ein Verhinderungsfall (Ur- laub, Krankheit) vorgelegen haben kann (vgl. zur Nachholung der Unterschrift unter ein Urteil durch den richtigen - anstelle des falschen - Richters: BGH Urteil vom 26. November 1997 - VIII ZR 322/96 - NJW-RR 1998, 1065 unter I a.E.).
12
2. Die Rüge, der Beschluss vom 5. Oktober 2005 entspreche nicht den Anforderungen, die an die Bestimmung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) zu stellen seien, erweist sich dagegen als begründet.
13
a) Die Senate der Oberlandesgerichte entscheiden, soweit nicht nach den Vorschriften der Prozessgesetze der Einzelrichter zu entscheiden hat, in der Besetzung von drei Mitgliedern mit Einschluss des Vorsitzenden (§ 122 Abs. 1 GVG). Dem 8. Zivilsenat waren mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 neben dem Vorsitzenden vier weitere Richter zugewiesen. Außer den Richtern am Oberlandesgericht Dr. K. und Prof. Dr. P. waren ihm anstelle des ausgeschiedenen Richters am Amtsgericht C. nämlich die Richterinnen am Landgericht Dr. O. und L. mit zusammen einem Drittel eines richterlichen Pensums zugewiesen worden. Der Senat war mithin um zwei Richter überbesetzt.
14
Die nach § 21 g Abs. 1 und 2 GVG durch Beschluss aller dem Spruchkörper angehörenden Berufsrichter aus diesem Anlass vorzunehmende Änderung der Geschäftsverteilung, die unter dem 5. Oktober 2005 erfolgte, sieht folgende Regelung vor: "1. …. 2. Richterin am Landgericht Dr. O. und Richterin am Landgericht L. übernehmen die im Dezernat von Richter am Amtsgericht C. am 30. September 2005 befindlichen noch nicht erledigten Sachen, und zwar wie folgt: Richterin am Landgericht Dr. O bearbeitet als Berichterstatterin /Einzelrichterin: 8 U 91/96, 8 U 40/05, 8 U 60/05, 8 U 80/05 Richterin am Landgericht L. bearbeitet als Berichterstatterin/ Einzelrichterin: 8 U 56/04, 8 U 66/05, 8 U 88/05, 8 U 90/05. Hinsichtlich des weiteren Beisitzers verbleibt es bei der bisher geltenden Regelung der Geschäftsverteilung. 3. … 4. … 5. Im Hinblick darauf, dass sowohl die aus dem Dezernat von RiAG C. verbliebenen Sachen als auch die ab 1. Oktober neu eingehenden Sachen überwiegend zunächst kaum richterlich gefördert werden können, werden - über die bisherigen Zuteilungen hinaus - Frau RiLG Dr. O. folgende U-Sachen als Berichterstatterin/Einzelrichterin zugewiesen: 8 U 12/05, 8 U 42/05 Frau RiLG L. werden folgende U-Sachen zugewiesen: 8 U 46/05, 8 U 56/05, 8 U 68/05." Das Aktenzeichen 8 U 56/04 betrifft das vorliegende Verfahren.
15
b) Nach den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 97, 1 ff. = NJW 1998, 743, 744; BVerfGE 95, 322 ff. = NJW 1997, 1497 ff. und NJW 2005, 2689, 2690) entwickelten Grundsätzen zur Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ist es grundsätzlich geboten, für mit Berufsrichtern überbesetzte Spruchkörper eines Gerichts im Voraus nach abstrakten Merkmalen zu bestimmen, welche Richter an den jeweiligen Verfahren mitzuwirken haben. Aus dieser Vorausbestimmung muss für den Regelfall die Besetzung des zuständigen Spruchkörpers bei den einzelnen Verfahren ableitbar sein. Dies setzt einen Bestand von Rechtssätzen voraus, die für jeden Streitfall den Rich- ter bezeichnen, der für die Entscheidung zuständig ist. In den nach § 21 g GVG aufzustellenden senatsinternen Geschäftsverteilungsplänen und Mitwirkungsgrundsätzen ist deshalb für einen überbesetzten Spruchkörper zu regeln, welche Richter bei der Entscheidung welcher Verfahren mitwirken. Erst durch diese Regelung wird der gesetzliche Richter genau bestimmt, so dass sich die abstrakt -generelle Vorausbestimmung bis auf die letzte Regelungsstufe erstrecken muss. Auch insoweit gehört es zum Begriff des gesetzlichen Richters, dass nicht für bestimmte Einzelfälle bestimmte Richter ausgesucht werden, sondern dass die einzelne Sache "blindlings" aufgrund allgemeiner, vorab festgelegter Maßstäbe an den entscheidenden Richter gelangt (vgl. auch BGH Urteil vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06 - ZIP 2009, 91, 93).
16
c) Eine dementsprechende senatsinterne Geschäftsverteilung hat das Berufungsgericht für die Zeit ab 1. Oktober 2005 nicht getroffen. Der Jahresgeschäftsverteilungsplan des 8. Zivilsenats enthält keine Vorgaben, wie bei einer im Laufe des Jahres erforderlich werdenden Umverteilung zu verfahren ist. Der Änderungsbeschluss vom 5. Oktober 2005 nennt allein die einzelnen Verfahren, die den Richterinnen am Landgericht Dr. O. und L. zugewiesen worden sind. Abstrakte Kriterien für diese Zuteilung sind - auch unter Berücksichtigung der unter Ziffer 5 erfolgten weiteren Zuteilung - nicht zu gewinnen. Andererseits ist aber auch nichts dafür ersichtlich, dass eine sonstige Möglichkeit der Verteilung , etwa nach dem Alter der Sachen oder anderen objektiven Merkmalen, nicht bestanden hätte. Deshalb muss davon ausgegangen werden, dass die Zuteilung von Fall zu Fall erfolgt ist, was den Anforderungen an die Bestimmung des gesetzlichen Richters nicht entspricht. Denn hierdurch soll gerade vermieden werden, dass durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung beeinflusst werden kann, um die Unabhängigkeit der Rechtsprechung zu wahren und das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte zu sichern.
17
3. Der danach gerechtfertigten Besetzungsrüge steht nicht entgegen, dass Richterin am Landgericht L., der der Rechtsstreit durch Beschluss des Senats vom 28. Oktober 2005 als Einzelrichterin zur Vorbereitung der Entscheidung zugewiesen worden war, im Einverständnis der Parteien als Einzelrichterin entschieden hat (§ 527 Abs. 4 ZPO). Nachdem die erstinstanzliche Entscheidung nicht von einem Einzelrichter erlassen worden war, durfte ein Einzelrichter nach § 527 Abs. 1 bis 3 ZPO zwar zur Vorbereitung der Entscheidung tätig werden, nicht dagegen gemäß § 526 Abs. 1 Nr. 1 ZPO als entscheidender Einzelrichter. Dass die Parteien mit einer Entscheidung durch Richterin am Landgericht L. einverstanden waren, bewirkte allein, dass anstelle des Senats ein Einzelrichter gesetzlicher Richter sein konnte. Das Einverständnis hat dagegen - ebenso wie ein rügeloses Verhandeln gemäß § 295 Abs. 1 ZPO - nicht zur Folge, dass der im konkreten Fall nicht zur Entscheidung berufene Einzelrichter zum gesetzlichen Richter wird. Denn darauf, dass der gesetzliche Richter zu entscheiden hat, können die Parteien nicht wirksam verzichten (BGH Urteile vom 19. Oktober 1992 - II ZR 171/91 - NJW 1993, 600 f.; vom 25. Januar 2000 - VII ZR 32/99 - NJW 2001, 1357 und vom 16. Oktober 2008 - IX ZB 183/06 - ZIP 2009, 91, 93). Das Einverständnis der Parteien vermag deshalb weder die fehlende (Musielak/Ball ZPO 6. Aufl. § 527 Rdn. 9) noch die nicht ordnungsgemäße Zuweisung an den Einzelrichter zu ersetzen. Das erhellt auch daraus, dass das Einverständnis der Parteien den Einzelrichter nicht zur Endentscheidung verpflichtet, er von der Ermächtigung also keinen Gebrauch machen muss (Musielak/Ball aaO § 527 Rdn. 9; MünchKomm-ZPO/ Rimmelspacher 3. Aufl. § 527 Rdn. 14). In diesem Fall wäre der Senat in der sich aus der senatsinternen Geschäftsverteilung ergebenden Besetzung zur Entscheidung berufen gewesen, die aber, wie ausgeführt, den Anforderungen an die Bestimmung des gesetzlichen Richters nicht entspricht.
18
4. Das angefochtene Urteil ist deshalb schon wegen dieses Verfahrensverstoßes ohne Sachprüfung aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
19
5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
20
a) Die von der Beklagten gegen ihre Verurteilung erhobenen Rügen erscheinen nicht gerechtfertigt.
21
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 5. Juli 2000 - XII ZR 26/98 - FamRZ 2001, 23, 24) besteht zwar nicht bereits dann ein Auftragsverhältnis , wenn Ehegatten während des Zusammenlebens ihre Aufgabenbereiche innerhalb der ehelichen Lebensgemeinschaft in der Weise regeln, dass einer von ihnen die Wirtschaftsführung im Wesentlichen alleine übernimmt. Maßgebend ist dabei die Überlegung, dass sich Ehegatten durch derartige Regelungen besonderes Vertrauen schenken und dem wirtschaftenden Ehegatten deshalb nicht einseitig das Risiko auferlegt werden darf, im Nachhinein Ausgaben nicht mit der gleichen Genauigkeit angeben und belegen zu können, wie das in Rechtsverhältnissen ohne Inanspruchnahme von personalem Vertrauen erforderlich und geboten ist. Diese Überlegungen hindern allerdings nicht die Annahme, dass im Einzelfall ein Ehegatte den anderen mit der Verwaltung seiner Einkünfte und seines Vermögens im Rechtssinne beauftragt. Erforderlich hierfür ist ein mit Rechtsbindungswillen geschlossener Vertrag, an den wegen der damit verbundenen Pflichten keine geringen Anforderungen gestellt werden dürfen.
22
Das Berufungsgericht hat einen solchen Vertrag aufgrund der zweimaligen schriftlichen Fixierung, der Höhe der verwalteten und im Wesentlichen vom Kläger erwirtschafteten Gelder und dem mit der Verwaltung verbundenen Arbeitsaufwand , bei dem die Beklagte personell unterstützt wurde, angenommen. Es hat danach - entgegen der Auffassung der Revision - nicht allein auf die Schriftform abgestellt, bei deren Wahrung unter Juristen ohnehin schon viel dafür spricht, dass eine rechtliche Bindung gewollt war. Unter weiterer Berücksichtigung der festgestellten Umstände, dass die Beklagte für ihre Tätigkeit hohe Vergütungen in Rechnung gestellt hat und die letzte Vereinbarung über die Verwaltung vom 1. Juni 1990 datiert, also einem Zeitpunkt, zu dem die Parteien bereits getrennt lebten, begegnet die Auslegung der Vereinbarung durch das Berufungsgericht - auch unter Einbeziehung ihres nachträglichen Verhaltens - keinen rechtlichen Bedenken.
23
bb) Das gilt gleichermaßen für die Ausführungen zur verneinten Verwirkung des zuerkannten Anspruchs auf Rechnungslegung. Ein solcher Anspruch, der sich im Rahmen eines Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnisses aus § 666 BGB ergibt, kann entfallen, wenn er jahrelang nicht geltend gemacht worden ist. Seine nachträgliche Geltendmachung kann dann unter Umständen gegen Treu und Glauben verstoßen. Eine solche Beurteilung ist indessen ausgeschlossen , wenn nachträglich beachtliche Gründe für die Nachholung der Rechnungslegung beigebracht werden. Diese Voraussetzungen sind vor allem dann gegeben, wenn der Berechtigte Tatsachen nachweist, die geeignet sind, Zweifel an der Zuverlässigkeit des Pflichtigen und seiner Geschäftsführung zu erwecken. Wenn der Geschäftsherr keinen Wert auf die Rechenschaft gelegt hat und jahrelang dabei verblieben ist, dann findet das seine Erklärung darin, dass er dem anderen Teil rückhaltlos vertraut hat. Besteht begründeter Verdacht , dass dieses Vertrauen nicht gerechtfertigt war, so entfällt die Grundlage für sein untätiges Verhalten. Deswegen widerspricht es nicht Treu und Glauben, ihm den vom Gesetz grundsätzlich gewährten Anspruch auf Rechnungslegung trotz des langen Zuwartens auch für die Vergangenheit wieder zuzusprechen (BGHZ 39, 87, 92 f.).
24
Die festgestellten Gesamtumstände reichen im vorliegenden Fall jedenfalls aus, um Zweifel an der Zuverlässigkeit der Beklagten im Rahmen der Vermögensverwaltung zu begründen. Der Einwand, die Steuernachforderungen seien erst zu einer Zeit geltend gemacht worden, als die Vermögensverwaltung der Beklagten bereits beendet gewesen sei, steht dem nicht entgegen, denn die Nachforderungen betrafen die Zeit, für die die Beklagte für die Vermögensverwaltung noch zuständig war.
25
b) Die Abweisung ihrer Widerklage greift die Beklagte im Einzelnen nur an, soweit sie begehrt hat, dem Kläger die anlässlich der Herausgabe und des Kopierens von Bankbelegen entstehenden Kosten aufzuerlegen. Das Berufungsgericht hat diesen Antrag dahin ausgelegt, dass festgestellt werden solle, der Kläger habe die entsprechenden Kosten zu tragen. Der Feststellungsantrag sei jedoch nach § 533 ZPO unzulässig, da es insoweit an einer Sachdienlichkeit fehle.
26
Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Revision sind indessen nicht von der Hand zu weisen. Der Kläger hat einen Anspruch nach § 666 BGB aus einem Auftragsverhältnis geltend gemacht; Gegenstand der Widerklage ist die Feststellung eines künftigen Aufwendungsersatzanspruchs der Beklagten gemäß § 670 BGB. Anhaltspunkte dafür, dass der begehrte Aufwendungsersatz bereits in der der Beklagten gezahlten Vergütung enthalten gewesen wäre, liegen nicht vor. Angesichts der Sachnähe von Klage und Widerklage dürfte es aber weder an einer kongruenten Tatsachengrundlage noch an der Möglichkeit der endgültigen Streitbeilegung insoweit fehlen. Sprick Weber-Monecke Vézina Dose Klinkhammer
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 17.03.2004 - 328 O 82/03 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 30.03.2006 - 8 U 56/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 183/06
Verkündet am:
16. Oktober 2008
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Voraussetzungen der Übertragung eines anhängigen Verfahrens auf
einen anderen Spruchkörper durch Präsidiumsbeschluss.
BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06 - OLG Karlsruhe
LG Baden-Baden
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Klägerin und des Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 26. Juli 2006, berichtigt durch Beschluss vom 22. Januar 2007, aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte war Verwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der zur "R. -Gruppe", einem Zulieferbetrieb der Automobilindustrie, gehörenden R. GmbH (fortan: Gemeinschuldnerin). Die klagende Bank wirft ihm vor, durch Veräußerung eines ihr sicherungsübereigneten Warenlagers und unbefugtes Einziehen ihr zur Sicherheit abgetretener Forderungen Absonderungsrechte vereitelt zu haben, die sie zugleich für andere, mit ihr in einem Sicherheitenpool zusammengeschlossene Banken gehalten habe. Im vorliegenden Prozess hat sie Schadensersatz in Höhe von zuletzt 9.468.361,05 € verlangt. Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 6.740.597,98 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Abtretung von Ansprüchen gegen einen Dritten, verurteilt. Der Beklagte hat Berufung, die Klägerin Anschlussberufung eingelegt. Die Berufung ist zunächst dem 10. Zivilsenat des Berufungsgerichts zugeschrieben worden und dann auf den 12. Zivilsenat übergegangen. Mit Präsidiumsbeschluss vom 31. Januar 2005 ist sie schließlich dem 15. Zivilsenat zugewiesen worden. Das Berufungsgericht - 15. Zivilsenat - hat die Klage bis auf einen Betrag von 138.465,43 € nebst Zinsen abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren bisherigen Antrag weiter; der Beklagte will mit seiner Revision die vollständige Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:


I.


2
Beide Revisionen führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die von beiden Parteien - vom Beklagten hilfsweise - erhobene Rüge des Verstoßes gegen den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ist berechtigt. Der Präsidiumsbeschluss vom 31. Januar 2005 war rechtswidrig.
3
1. Nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Welcher Richter (oder Spruchrichter) des sachlich, örtlich und funktionell zuständigen Gerichts der "gesetzliche Richter" im Sinne der Verfassung ist, ist durch einen Geschäftsverteilungsplan im Voraus generell -abstrakt, aber zugleich hinreichend bestimmt zu regeln, so dass Manipulationen und damit verbunden sachfremde Einflüsse auf die Rechtsprechung ausgeschlossen sind (BVerfG NJW 1997, 1497, 1498). Genügt die Geschäftsverteilung diesen Anforderungen nicht, ist das Gericht, welches seine Zuständigkeit aus ihm ableitet, nicht ordnungsgemäß besetzt (BVerfG NJW 2005, 2689, 2690). Die Rechts- und Verfassungsmäßigkeit der Geschäftsverteilung ist - anders als die Auslegung und Würdigung des Geschäftsverteilungsplans durch das erkennende Gericht - nicht nur auf Willkür, sondern auf jeden Rechtsverstoß zu untersuchen (BVerfG NJW 2005, 2689, 2690; BVerwG NJW 1987, 2031, 2032; Zöller/Lückemann, ZPO 27. Aufl. § 21e GVG Rn. 52).
4
2. Der Präsidiumsbeschluss vom 31. Januar 2005, durch den das Verfahren an den 15. Zivilsenat abgegeben worden ist, ist rechtswidrig.
5
a) Das Präsidium des Oberlandesgerichts hat am 31. Januar 2005 beschlossen , dass 34 einzeln aufgeführte Berufungsverfahren, darunter das vorliegende Verfahren, vom 12. Senat auf den 15. Senat übergehen sollten. Die Verfahren hatte der selbst dem Präsidium angehörende Vorsitzende des 12. Senats vorgeschlagen. In einem Schreiben an das Präsidium vom 19. Januar 2005 hatte er die Auswahl wie folgt erläutert: Wegen Ausscheidens einer Beisitzerin , deren Stelle fortan zwischen dem 12. und dem 15. Senat geteilt werde, solle auch deren Dezernat zwischen dem 12. und dem 15. Zivilsenat geteilt werden. Die 26 der insgesamt 66 in dem Dezernat befindlichen Berufungsverfahren , die in die Spezialzuständigkeit des Senats fielen, sollten nicht abgegeben werden. Von den übrigen Verfahren sollten "vorrangig diejenigen beim Senat verbleiben, in denen bereits verhandelt worden ist bzw. die sachlich bereits bearbeitet worden sind". Es handele sich um insgesamt sechs Verfahren. Die übrigen 34 Verfahren könnten abgegeben werden.
6
b) Zweifelhaft ist bereits, ob die Abgabe anhängiger Verfahren überhaupt sachlich gerechtfertigt war.
7
aa) Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG steht einer Änderung der Zuständigkeit für bereits anhängige Verfahren dann nicht entgegen, wenn die Neuregelung generell gilt, zum Beispiel mehrere anhängige Verfahren und eine unbestimmte Vielzahl künftiger, gleichartiger Fälle erfasst und nicht aus sachwidrigen Gründen geschieht (BVerfG NJW 2003, 345). Ob es darüber hinaus Konstellationen gibt, in denen die Umverteilung ausschließlich bereits anhängiger Verfahren als ultima ratio geboten ist, um die konfligierenden Verfassungsgüter des Rechts auf Gewährleistung von Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit einerseits, des Rechts auf den gesetzlichen Richter andererseits zur Geltung zu bringen, hat das Bundesverfassungsgericht dagegen offen gelassen (BVerfG NJW 2005, 2689, 2690). In einem solchen Fall werde es jeweils "nahe liegen, die Gründe, die eine derartige Umverteilung erfordern, zu dokumentieren und den Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu geben, um dem Anschein einer willkürlichen Zuständigkeitsverschiebung entgegen zu wirken" (BVerfG, aaO).
8
bb) Grundlage des Präsidiumsbeschlusses vom 31. Januar 2005 war die Jahresgeschäftsverteilung für das Jahr 2005, in der es hieß: "Mit der Neubesetzung der AO-Stelle nach Ende der AO (Abordnung) von Frau RiLG … zum 1. Februar 2005 wird diese AO-Stelle zwischen dem 12. und dem 15. Zivilsenat unter Mitnahme von ca. 50 % der auf das AO-Dezernat entfallenden Bestandsverfahren - mit Ausnahme der in die Spezialzuständigkeit des 12. Zivilsenats fallenden Verfahren, die bei ihm verbleiben - geteilt, wie vom Präsidium im Ein- zelnen noch zu beschließen sein wird." Die Verringerung der Besetzung eines Spruchkörpers kann zu dessen Überlastung führen und ein Eingreifen des Präsidiums rechtfertigen, damit die anhängigen Verfahren innerhalb angemessener Zeit entschieden werden können. Das gilt auch dann, wenn die Geschäftsverteilung im Laufe des Geschäftsjahres geändert wird (§ 21e Abs. 3 GVG; vgl. BGHSt 30, 371, 373 f; 44, 161, 165). Ob die Abgabe der beim 12. Zivilsenat anhängigen Verfahren an den 15. Zivilsenat erforderlich war, ob der Verlust der halben Stelle also hinsichtlich der anhängigen Verfahren nicht senatsintern hätte aufgefangen werden können, und ob der 15. Zivilsenat über zusätzliche Kapazitäten verfügte und deshalb eher in der Lage war, die fraglichen Sachen zügig zu entscheiden, lässt sich dem Präsidiumsbeschluss nicht entnehmen. Die Entscheidung des vorliegenden Falles ist durch die Abgabe an den 15. Zivilsenat jedenfalls deutlich verzögert worden. Es handelte sich um das älteste im zu teilenden Dezernat befindliche Verfahren. Der Vorsitzende des 12. Zivilsenats hatte Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 19. Oktober 2004 anberaumt. Gemäß Verfügung vom 13. Oktober 2004 hatte er den Termin "wegen Erkrankung der Berichterstatterin" auf den 18. Januar 2005, dann auf Antrag einer Partei nochmals auf den 3. Mai 2005 verlegt. Diesen Termin hob er unter Hinweis auf den Präsidiumsbeschluss vom 31. Januar 2005 auf. Im 15. Zivilsenat blieb die Sache zunächst liegen. Mit Verfügung vom 14. März 2006 wurde Termin auf den 17. Mai 2006 bestimmt; das Urteil erging schließlich auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juli 2006.
9
c) Jedenfalls war die Abgabe der 34 Verfahren unzulässig.
10
aa) Eine Geschäftsverteilung darf nicht in der Weise geändert werden, dass einzeln ausgesuchte Sachen einem anderen Spruchkörper zugewiesen werden (BGHSt 7, 23, 24 f; 44, 161, 166; BFH BFH/NV 2006, 1873, 1874). Zum Begriff des gesetzlichen Richters gehört gerade, dass die Zuteilung der Sachen sich nach allgemeinen Merkmalen richtet, um auf diese Weise eine willkürliche Besetzung des Gerichts zu vermeiden.
11
Wäre bb) das Schreiben des Vorsitzenden des 12. Zivilsenats vom 19. Januar 2005 über die Auswahl der abzugebenden Verfahren auch ohne Bezugnahme Teil des Präsidiumsbeschlusses vom 31. Januar 2005 geworden, änderte sich im Ergebnis nichts. Das Kriterium der "sachlichen Befassung", das in diesem Schreiben zur Rechtfertigung der getroffenen Auswahl herangezogen wird, ist nicht hinreichend bestimmt und zudem nicht geeignet zu erläutern, warum das vorliegende Verfahren nicht beim 12. Zivilsenat verblieben, sondern an den 15. Zivilsenat abgegeben worden ist. Der Begriff "sachliche Befassung" hat keinen feststehenden Inhalt. Das Berufungsgericht (15. Zivilsenat) hat eine Parallele zur "Tätigkeit in einer Sache" gesehen, die nach § 21e Abs. 4 GVG eine Ausnahmeregelung hinsichtlich des Verbleibs einer Sache bei dem zuerst zuständig gewordenen Richter oder Spruchkörper rechtfertigt. War der Beschluss vom 31. Januar 2005 in dieser Weise zu verstehen, hätte das vorliegende Verfahren keinesfalls abgegeben werden dürfen. Bei der Auslegung des § 21e Abs. 4 GVG ist streitig, ob der Begriff "Tätigkeit" eine vorbereitende Entscheidung oder eine sonstige Prozesshandlung des Richters beschreibt (so Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 21e Rn. 17; Löwe/Rosenberg/Breidling, StPO 25. Aufl. § 21e GVG Rn. 55) oder ob auch jede andere Befassung mit der Sache ausreicht (so Kissel/Mayer, GVG 5. Aufl. § 21e Rn. 149). Die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung stellt aber sowohl eine Prozesshandlung als auch eine Befassung mit der Sache dar. Offensichtlich war anderes gemeint, etwa eine inhaltliche Bearbeitung der Sache durch ein Mitglied des Spruchkörpers. Dann hätte der Begriff jedoch jegliche Kontur verloren und wäre für die Parteien - um deren Grundrecht auf den gesetzlichen Richter es geht - in keiner Weise mehr nachzuvollziehen. Im Übrigen ist die Sache kurzfristig vor dem zunächst anberaumten Termin verlegt worden; dass sich bis dahin noch niemand inhaltlich mit dieser doch recht umfangreichen Sache befasst haben soll, wäre angesichts ihres Umfangs und auch im Hinblick auf die Regelungen der §§ 273, 525 ZPO ungewöhnlich.
12
d) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts folgt eine Zuständigkeit des 15. Zivilsenats schließlich nicht daraus, dass dem Urteil eine mündliche Verhandlung vorausgegangen ist und nach Ziff. III.15 des Geschäftsverteilungsplans die Zuständigkeit eines Senats durch die Anberaumung eines Termins begründet wird. Der fehlerhafte Präsidiumsbeschluss über die Abgabe eines bereits anhängigen Verfahrens wird nicht durch eine anschließende mündliche Verhandlung geheilt.
13
3. Der Beklagte hat bereits in der Berufungsinstanz die Fehlerhaftigkeit des Präsidiumsbeschlusses vom 31. Januar 2005 und die daraus resultierende Unzuständigkeit des 15. Zivilsenats gerügt. Die Klägerin hat dagegen rügelos verhandelt. Gleichwohl ist sie nicht mit ihrer jetzt erhobenen Rüge des Verstoßes gegen den gesetzlichen Richter ausgeschlossen. Das Recht auf den gesetzlichen Richter ist unverzichtbar. Die Vorschrift des § 295 ZPO findet auf einfache Fehler bei der Auslegung und Würdigung des Geschäftsverteilungsplanes Anwendung (vgl. etwa Zöller/Greger, aaO § 295 Rn. 3; Stein/Jonas/Leipold , ZPO 22. Aufl. § 295 Rn. 21), nicht jedoch bei Verstößen gegen Art. 101 Abs. 1 GG (BGHZ 6, 178, 181; BGH, Urt. v. 19. Oktober 1992 - II ZR 171/91, NJW 1993, 600, 601; Beschl. v. 30. September 1997 - X ZB 17/96, NJW-RR 1998, 699; MünchKomm-ZPO/Zimmermann, 3. Aufl. § 21e GVG Rn. 66; MünchKomm-ZPO/Prütting, aaO § 295 Rn. 22; Hk-ZPO/Saenger, 2. Aufl. § 295 Rn. 4; Musielak/Huber, ZPO 5. Aufl. § 295 Rn. 3).

II.


14
Berufungsurteil Das ist daher ohne Sachprüfung aufzuheben (§ 562 Abs. 2 ZPO). Die Sache wird an den 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts zurückverwiesen (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgende rechtliche Gesichtspunkte hin:
15
1. Grundlage des Begehrens der Klägerin ist § 82 KO. Die Klägerin wirft dem Beklagten vor, Absonderungsrechte an einem sicherungsübereigneten Warenlager und an sicherungsabgetretenen Forderungen missachtet zu haben. Ihre Absonderungsrechte führt die Klägerin auf den am 5. Juni 1996 zwischen ihr und der Gemeinschuldnerin geschlossenen "Sicherungsübereignungsvertrag" zurück.
16
a) Gegen die Wirksamkeit dieses Vertrages erhebt die Revision des Beklagten zu Recht keine Bedenken. Gegenstand des Vertrages waren die der Gemeinschuldnerin zustehenden Rechte; Rechte der Lieferanten aus einfachen oder verlängerten Eigentumsvorbehaltslieferanten blieben unberührt.
17
b) Das Berufungsgericht hat nicht für erforderlich gehalten, die Rechte der Klägerin einerseits, der Lieferanten andererseits zu trennen. Es hat gemeint , die Klägerin könne auch hinsichtlich der vereitelten Lieferantenrechte Schadensersatz aus eigenem Recht verlangen. Dies folge aus einer "Vereinbarung über die Abgrenzung der Sicherheiten am Umlaufvermögen" vom 24. Juli 1996 zwischen der Gemeinschuldnerin, dem zugleich für bestimmte Lieferanten handelnden Kreditversicherer, weiteren Lieferanten, welche der Vereinbarung beitreten konnten, und den kreditgebenden Banken, in der es u.a. hieß: "Die beitretenden Lieferanten verpflichten sich mit dem Beitritt gegenüber der DG-Bank als Treuhänderin, ihre individuellen Rechte aller Art aus dem vereinbarten einfachen, erweiterten und verlängerten Eigentumsvorbehalt sowie ihre Zurückbehaltungsrechte und Pfandrechte während der Gültigkeit dieser Vereinbarung nicht geltend zu machen. Die Lieferanten ermächtigen mit ihrem Beitritt die DG-Bank (Klägerin) jedoch, alle ihnen zustehenden Sicherungsrechte , soweit dies zu deren Durchsetzung erforderlich ist, gegenüber der Firma (Gemeinschuldnerin), ihren Drittschuldnern und sonstigen Personen geltend zu machen."
18
Das Berufungsgericht hat diese Vertragsbestimmung dahingehend ausgelegt , dass "die Klägerin unter den schuldrechtlichen Bindungen der Treuhandschaft Inhaberin der Sicherungsrechte der Lieferanten werden und nicht nur ermächtigt werden sollte, die Lieferantenrechte als fremde Rechte in eigenem Namen geltend zu machen". Die Vertragsauslegung obliegt grundsätzlich dem Tatrichter. Sie kann in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden , ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt wurde, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt wurden und ob die Auslegung auf einem von der Revision gerügten Verfahrensfehler beruht (z.B. BGH, Urt. v. 26. März 2004 - V ZR 90/03, NJW-RR 2004, 952, 953). Die Revision des Beklagten erhebt insoweit keine Einwände.
19
Der c) Beklagte hat unter Beweisantritt behauptet, dass die Abgrenzungsvereinbarung durch die im August 1998 geschlossene "Vereinbarung über die Abgeltung der Sicherungsrechte der Warenlieferanten" aufgehoben worden sei. Für die Frage der Anspruchsvoraussetzungen - der Absonderungsrechte der Klägerin also - kommt es darauf nicht an. Die Klägerin wirft dem Beklagten vor, Absonderungsrechte missachtet und vernichtet zu haben. Es kann damit nur um Rechte gehen, die bis zum Ende der Tätigkeit des Beklagten am 14. August 1997 entstanden und untergegangen sind. Die Abgeltungsvereinbarung kann sich allenfalls auf den Umfang des Schadensersatzanspruchs auswirken.
20
d) Der Beklagte hat außerdem behauptet, es habe Lieferanten gegeben, die unter Eigentumsvorbehalt geliefert hätten, der "Abgrenzungsvereinbarung" aber nicht beigetreten seien; er hat bestritten, dass der Versicherer berechtigt gewesen sei, diese Lieferanten zu vertreten.
21
aa) Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen für nicht hinreichend substantiiert gehalten. Ob dies zutrifft, erscheint zweifelhaft, nachdem der Beklagte tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgetragen hat, dass auch Zahlungen an einzelne Lieferanten erfolgt sind, die ihre Sicherungsrechte selbst durchgesetzt haben ("Erpressungskosten"). Grundsätzlich ist die Klägerin darlegungsund beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anspruchs aus § 82 KO. Entgegen ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht reicht hierfür nicht aus, dass ein möglicher Erwerbstatbestand - die Verbringung einer beweglichen Sache in das sicherungsübereignete Warenlager - für sich genommen außer Streit steht. Durch die Einbringung in das Warenlager wurden der Klägerin nämlich nur solche Waren übereignet, die nicht im Eigentum Dritter (insbesondere der unter Eigentumsvorbehalt liefernden Lieferanten) standen. Der Beklagte kann aber nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast gehalten sein, Einzelheiten zu den von ihm behaupteten Rechten Dritter vorzutragen, soweit es sich um Umstände handelt, die er im Verlauf seiner Verwaltertätigkeit erfahren hat oder hätte erfahren müssen. Verstöße gegen die einem Verwalter gegenüber den Absonderungsberechtigten obliegenden Pflichten dürfen prozessual der Klägerin nicht zum Nachteil und dem Beklagten nicht zum Vorteil gereichen. Hinsichtlich solcher Umstände, die auch einem sorgfältig handelnden Verwalter verborgen geblieben wären, bleibt es bei der Darlegungs- und Beweislast der Klägerin.
22
bb) Gegebenenfalls wird die Vorschrift des § 287 ZPO anzuwenden sein. Dass die Verletzung von Absonderungsrechten der Klägerin nicht nur die Höhe des entstandenen Schadens bestimmt, sondern zugleich zu den Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 82 KO gehört, steht nicht entgegen. Die Verpflichtung zum Schadensersatz beruht in tatsächlicher Hinsicht darauf, dass ein bestimmtes Ereignis, durch das der Anspruchsteller betroffen worden ist, zu einem Schaden geführt hat. Das dem Anspruchsgegner zuzurechnende schadenstiftende Ereignis sowie die Betroffenheit des Anspruchstellers bilden den konkreten Haftungsgrund, der nach § 286 ZPO zu beweisen ist (BGHZ 4, 192, 196; BGH, Urt. v. 24. Februar 1987 - VI ZR 111/86, NJW-RR 1987, 1019, 1020; v. 24. Februar 2005 - VII ZR 141/03, NJW 2005, 1653, 1654; Stein/Jonas/Leipold, aaO § 287 Rn. 11; Hk-ZPO/Saenger, aaO § 287 Rn. 4). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte unbefugt ein Warenlager veräußert, eine Sachgesamtheit also, die jedenfalls auch aus der Klägerin sicherungsübereigneten Gegenständen bestand. Er hat im Zeitraum vom 1. Februar bis zum 14. August 1997 Forderungen eingezogen, welche der Klägerin zustanden, ohne die Erlöse zu separieren. Steht der konkrete Haftungsgrund fest, hat das Gericht über die Höhe des dadurch entstandenen Schaden unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu entscheiden. Jede andere Lösung würde in einem Fall wie dem vorliegenden entweder dem Verwalter kaum zu erfüllende Aufklärungsund Dokumentationspflichten hinsichtlich der im Zeitpunkt der Übernahme der Verwaltung bestehenden Aus- und Absonderungsrechte der Vorbehaltsverkäufer und der Sicherungsgläubiger auferlegen oder aber die Aus- und Absonderungsberechtigten nicht hinreichend vor Pflichtverletzungen des Verwalters schützen.

23
2. Bei der Frage der Pflichtverletzungen des Beklagten ist zwischen dem Warenlager und den Forderungen zu unterscheiden.
24
a) Hinsichtlich des Warenlagers hat das Berufungsgericht angenommen, der Beklagte sei aufgrund der Vereinbarung über die Aufrechterhaltung der Liquidität während des Konkursantragsverfahrens vom 29. November/4. Dezember /8. Dezember 1996 auch nach der Eröffnung des Konkursverfahrens noch zur Veräußerung der Waren im laufenden Geschäftsbetrieb berechtigt gewesen. Eine Pflichtverletzung hat es erst in der Veräußerung des Warenlagers an eine Auffanggesellschaft (fortan: RTG) gesehen.
25
aa) Der Einwand der Klägerin, der Beklagte hätte die Sicherheiten nach der Eröffnung des Konkursverfahrens nur noch verwerten, nicht aber verarbeiten und den erzielten Erlös entsprechend der "Liquiditätsvereinbarung" zur Fortsetzung der Produktion verwenden dürfen, ist unberechtigt. Ihrem Wortlaut nach galt die "Liquiditätsvereinbarung" nur für das Konkursantragsverfahren. Die an ihr beteiligten Sicherungsnehmer haben sich nach der Eröffnung des Konkursverfahrens jedoch so verhalten, als gälte sie fort. Ein Verbot der Weiterverarbeitung des Sicherungsguts und der Verwendung der Erlöse im laufenden Geschäftsbetrieb hätte notwendig dessen sofortige Einstellung zur Folge gehabt. Das wollte auch die Klägerin nicht. Ob die Überlegungen des Berufungsgerichts zur berechtigten Fortführung des Unternehmens des Gemeinschuldners und der damit verbundenen Verwertung von Sicherungsgut verallgemeinerungsfähig sind, braucht nicht entschieden zu werden.
26
bb) Der Beklagte war auch bei Fortgeltung der "Liquiditätsvereinbarung" nicht berechtigt, das Warenlager insgesamt an die RTG zu veräußern. Der Be- klagte hatte sich in der "Liquiditätsvereinbarung" verpflichtet, den Bestand der Sicherheiten zu erhalten. Die Erlöse aus der Veräußerung der Waren sollten nur insoweit für die Produktion zur Verfügung stehen, "wie neue Sicherheitenwerte zuwachsen". Nach der Veräußerung des Warenbestandes an die RTG fand eine Ergänzung des Bestandes an Sicherheiten nicht mehr statt. Das hat das Berufungsgericht zutreffend gesehen. Die RTG war an die vertraglichen Vereinbarungen, welche die Gemeinschuldnerin mit den Sicherungsnehmern abgeschlossen hatte, nicht gebunden. Sie erwarb, produzierte und verkaufte in eigenem Namen. Von ihr neu erworbene oder hergestellte Waren gingen nicht in das Eigentum der Klägerin über; die Vorausabtretung der Kaufpreisforderungen erfasste die Forderungen aus den von ihr abgeschlossenen Verträgen nicht.
27
b) Gegenstand des Rechtsstreits ist außerdem das Einziehen von der Klägerin zur Sicherheit abgetretenen Forderungen im Zeitraum 1. Februar 1997 (Eröffnung des Konkursverfahrens) bis zum 14. August 1997 (Ende des Amtes des Beklagten).
28
aa) Hinsichtlich der nach der Eröffnung des Konkursverfahrens neu entstandenen Forderungen hat das Berufungsgericht zu Unrecht die Voraussetzungen einer in der Berufungsinstanz zulässigen Klageänderung (§ 533 ZPO) verneint.
29
(1) Nach § 533 ZPO ist eine Klageänderung zulässig, wenn das Gericht sie für sachdienlich hält und sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Das Berufungsgericht hat die Sachdienlichkeit der Klageänderung in Zweifel gezogen, weil der Prozessstoff durch sie nicht unerheblich erweitert werde. Diese Zweifel sind unbegründet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es nicht auf die beschleunigte Erledigung des anhängigen Prozesses, sondern darauf an, ob und inwieweit die Zulassung der geänderten Klage den sachlichen Streit im Rahmen des anhängigen Verfahrens ausräumt und einem anderenfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Deshalb steht der Sachdienlichkeit einer Klageänderung nicht entgegen, dass im Falle ihrer Zulassung Beweiserhebungen nötig werden und dadurch die Erledigung des Prozesses verzögert wird. Bei der gebotenen prozesswirtschaftlichen Betrachtungsweise kann sie nur verneint werden, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (BGH, Urt. v. 27. September 2006 - VIII ZR 19/04, NJW 2007, 2414, 2415 Rn. 10 f mit weiteren Nachweisen). Das ist hier nicht der Fall.
30
(2) Die Klägerin hat den geänderten Antrag auf Tatsachen gestützt, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gelangt mit dem zulässigen Rechtsmittel grundsätzlich der gesamte aus den Akten ersichtliche Prozessstoff erster Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz. Das gilt auch für solches Vorbringen, das vom Gericht erster Instanz für unerheblich gehalten worden ist und im Tatbestand keine ausdrückliche Erwähnung gefunden hat (BGH, Urt. v. 27. September 2006, aaO S. 2416 Rn. 16 mit weiteren Nachweisen).
31
Die Klägerin hat in erster Instanz ihren Schaden auf der Grundlage des Bestandes ihrer Sicherheiten bei der Eröffnung des Konkursverfahrens am 1. Februar 1997 berechnet, weil der Beklagte ihrer Ansicht nach von da an nicht mehr berechtigt war, Waren zu veräußern und Forderungen einzuziehen. Nachdem das Berufungsgericht den rechtlichen Hinweis erteilt hatte, aufgrund der ihrem Wortlaut nach nur für die Dauer des Sequestrationsverfahrens geschlossenen "Liquiditätsvereinbarung" sei der Beklagte auch nach der Eröffnung noch zur Veräußerung der Waren im ordentlichen Geschäftsverkehr berechtigt gewesen, hat sie ihre Klage hilfsweise auf die Einziehung der im Zeitraum 1. Februar 1997 bis 13. August 1997 neu entstandenen, ihr im Voraus abgetretenen Forderungen gestützt.
32
Dieser Sachverhalt war nicht "neu" und stand zudem außer Streit. Dass der Beklagte den Geschäftsbetrieb der Gemeinschuldnerin über den 1. Februar 1997 hinaus fortgeführt, vorhandene, der Klägerin sicherungsübereignete Warenbestände weiterverarbeitet und daraus entstandene Forderungen über allgemeine Konten eingezogen hat, hat die Klägerin schon in der Klageschrift vorgetragen. Der Beklagte hat dies nicht bestritten. Gegenüber dem Vorwurf der unberechtigten Verwertung des sicherungsübereigneten Warenlagers hat er sich damit verteidigt, die Erlöse seien für die Betriebsfortführung verwandt worden ; hierdurch seien neue Vorräte und Forderungen entstanden, die der Klägerin wiederum als Sicherheiten zur Verfügung gestanden hätten. Das Zahlenwerk der Klägerin beruht auf der vom Beklagten zur Stützung seines Vorbringens überreichten Anlage B 9. Der Beklagte hat mit diesem Vorbringen mündlich verhandelt; er kann sich nur unter den Voraussetzungen des § 290 ZPO, die bisher weder dargetan noch sonst aus den Akten ersichtlich sind, von ihm lösen. Das im ersten Rechtszug abgelegte gerichtliche Geständnis behält seine Wirksamkeit auch für die Berufungsinstanz (§ 535 ZPO). Unstreitiger Vortrag ist hier selbst dann zu berücksichtigen, wenn er neu ist und durch seine Zulassung eine Beweisaufnahme erforderlich wird (BGHZ 161, 138, 142 ff; offen gelassen von BGH, Beschl. v. 23. Juni 2008 - GSZ 1/08, WM 2008, 2131 Rn. 10).

33
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte sei aufgrund der zunächst fortgeltenden "Liquiditätsvereinbarung" bis zum 31. März 1997 (also bis zur Übertragung des operativen Geschäfts der Gemeinschuldnerin auf die Auffanggesellschaft, die RTG) berechtigt gewesen, die zur Sicherheit abgetretenen Forderungen einzuziehen und den Erlös im in der "Liquiditätsvereinbarung" vorgesehenen Umfang zur Fortsetzung der Produktion zu verwenden. Auch dies trifft grundsätzlich zu. Zu welchem Zweck die Erlöse im Betrieb der Gemeinschuldnerin eingesetzt werden durften, ob etwa neben der Ersatzbeschaffung von Material auch sonstige Produktionskosten beglichen werden durften, was einem neuen Kredit gleichgekommen wäre, ist eine Frage der Auslegung der "Liquiditätsvereinbarung", welche das Berufungsgericht erneut vorzunehmen haben wird. Entgegen der Ansicht des Beklagten war die Einhaltung der in der "Liquiditätsvereinbarung" übernommenen Pflichten nicht von vornherein unmöglich. Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der Sicherheiten der Vorbehaltslieferanten einerseits, der Banken andererseits hätte der Beklagte dadurch begegnen können, dass er die jedenfalls nicht der Masse zustehenden Erlöse insgesamt separierte und ihre Verwendung nachwies. Daraus, dass er dies unterließ, kann er nun keine prozessualen Vorteile herleiten.
34
c) Dass - wie der Beklagte vorträgt - die Fortführung der Produktion den Wert der Sicherheiten erhielt und dieser Wert durch den Verkauf des gesamten Unternehmens realisiert werden konnte, während durch einen Einzelverkauf nach Betriebseinstellung nur ein Bruchteil des Wertes hätte erzielt werden können , ändert nichts an der Rechtswidrigkeit des Vorgehens des Beklagten. Dem Beklagten wird nicht die Fortführung des Betriebs unter Missachtung der Rechte der Sicherungsnehmer vorgeworfen, sondern die Veräußerung des Warenlagers an die Auffanggesellschaft und die fehlende Separierung der Erlöse aus dem Einzug von Forderungen. Die Einstellung der Produktion war nicht die einzige Alternative, welche sich dem Beklagten bot.
35
d) Die vom Beklagten behaupteten Äußerungen des Vertreters der Klägerin im Gläubigerausschuss ändern ebenfalls nichts an der Rechtswidrigkeit seines Vorgehens. Dass die betreffende natürliche Person berechtigt war, die Klägerin rechtsgeschäftlich zu vertreten, oder dass er dies angenommen habe, behauptet der Beklagte nicht. Nicht einmal eine Zustimmung des gesamten Gläubigerausschusses - die der Beklagte ebenfalls nicht behauptet hat - wäre geeignet, den Beklagten zu entlasten.
36
Der 3. Verlust von Absonderungsrechten hätte dann nicht zu einem Schaden geführt, wenn die gesicherten Darlehen den Tatbestand des § 32a Abs. 1 GmbHG erfüllt hätten und die Klägerin demzufolge den Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Konkursverwalter nicht mit Erfolg hätte geltend machen können. Sicherheiten für ein eigenkapitalersetzendes Darlehen sind aufgrund des Zwecks der Kapitalerhaltungsregelungen unverwertbar (BGHZ 133, 298, 305; 173, 129, 142 Rn. 51). Ihr Verlust schadet folglich nicht. Die Voraussetzungen , unter denen ein von einem Dritten gewährtes Darlehen einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entspricht und damit den Eigenkapitalersatzregelungen unterfällt (§ 32a Abs. 3 GmbHG), hat das Berufungsgericht jedoch im Ergebnis zutreffend verneint. Die Klägerin ist nicht Normadressatin des § 32a Abs. 3 GmbHG. Entgegen der Ansicht der Revision des Beklagten handelt es sich bei der Gemeinschuldnerin nicht um ein von der Klägerin beherrschtes Unternehmen.
37
a) Adressat der Regeln über den Eigenkapitalersatz ist der Gesellschafter der GmbH (vgl. § 32a GmbHG). Nach ständiger Rechtsprechung des Bun- desgerichtshofs können die Eigenkapitalersatzregelungen aber auch auf Finanzierungshilfen Dritter anzuwenden sein, dann nämlich, wenn der Dritte bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Gesellschafter gleichsteht. Dies kann insbesondere auf Unternehmen zutreffen, die mit einem Gesellschafter horizontal oder vertikal verbunden sind. Die Verbindung kann unter anderem in der Weise bestehen , dass der Dritte an einer Gesellschafterin der Schuldnerin beteiligt ist; dies führt jedenfalls dann zur Anwendung der Eigenkapitalersatzvorschriften, wenn der Dritte aufgrund einer qualifizierten Mehrheit der Anteile oder Stimmrechte einen bestimmenden Einfluss auf den Gesellschafter ausüben kann (BGH, Urt. v. 21. November 2005 - II ZR 277/03, ZIP 2006, 279, 282 Rn. 20, insoweit in BGHZ 165, 106 ff nicht abgedruckt; v. 5. Mai 2008 - II ZR 108/07, ZIP 2008, 1230, 1231 Rn. 9).
38
Die b) Gemeinschuldnerin ist eine 100%ige Tochter der R. Holding GmbH (RTH), die wiederum zu 100 % von der I. gesellschaft mbH (I. ) gehalten wird. Die Revision des Beklagten errechnet eine durch verschiedene andere Gesellschaften (D. , K. , A. ) vermittelte Beteiligungsquote der Klägerin an der I. und damit an der RTH und der Gemeinschuldnerin von 54 %. Diese Berechnung trifft jedoch nicht zu. Der Klägerin können nur Anteile von solchen Unternehmen zugerechnet werden, die von ihr abhängig sind (§ 16 Abs. 4 AktG). Von einem im Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen wird vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist (§ 17 Abs. 2 AktG). Mehrheitlich (nämlich zu 100 %) beteiligt ist die Klägerin an der D. . Die D. hält 50 % der Anteile an der K. , diese wiederum 44,3 % der Anteile an der I. . An der A. ist die Klägerin nach den eigenen Angaben des Beklagten nur zu 46 % beteiligt.
39
c) Den durch Antrag auf Parteivernehmung des Vorstands der Klägerin unter Beweis gestellten Vortrag des Beklagten, dass die Klägerin die A. aufgrund eines mit der anderen Gesellschafterin dieser Gesellschaft geschlossenen "Grundlagenvertrags" beherrsche, hat das Berufungsgericht zu Recht für unbeachtlich gehalten. Eine Partei ist von Rechts wegen nicht gehindert, Tatsachen zu behaupten, über die sie eine genaue Kenntnis nicht haben kann, die sie aber nach Lage der Verhältnisse für wahrscheinlich oder möglich hält. Sie darf also Tatsachen als Behauptung in den Rechtsstreit einführen, deren Richtigkeit sie nur vermutet (BGH, Urt. v. 30. Januar 1989 - II ZR 175/88, BGHR ZPO § 373 Ausforschungsbeweis 4; BGH, Urt. v. 20. Juni 2002 - IX ZR 177/99, WM 2002, 1690, 1692). Unzulässig wird ein solches prozessuales Vorgehen erst dort, wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt, wobei in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt ist, dass in der Regel nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte die Annahme von Willkür rechtfertigen kann (BGH, Urt. v. 20. Juni 2002, aaO). In Zweifelsfällen hat die Partei die tatsächlichen Anhaltspunkte oder ihre Erkenntnisquellen darzulegen (BGH, Urt. v. 8. Mai 2002 - I ZR 28/00, WM 2003, 587, 590). Das ist hier nicht erfolgt. Entsprechenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen zeigt die Revisionsbegründung des Beklagten nicht auf.
40
4. Ein Schaden der Klägerin käme nicht in Betracht, wenn die vereitelten Absonderungsrechte anfechtbar gewesen wären. Ein Anfechtungsrecht ist zwar innerhalb der Anfechtungsfrist des § 41 Abs. 1 KO weder vom Beklagten noch von dem neu gewählten Verwalter Rechtsanwalt H. ausgeübt worden (vgl. § 36 KO). Gegenüber dem Anspruch des Inhabers einer anfechtbar erlangten Sicherheit auf Herausgabe der Sicherheit oder des vom Konkursverwalter eingezogenen Verwertungserlöses kann sich der Konkursverwalter jedoch auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen (§ 41 Abs. 2 KO; vgl. BGHZ 30, 238, 239; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 41 KO Anm. 8). Hätte sich die Klägerin aus bestimmten Sicherheiten nicht befriedigen können, weil der jeweilige Konkursverwalter die Einrede der Anfechtbarkeit der Bestellung der Sicherheiten hätte erheben können, wäre ihr aus dem Verlust dieser Sicherheiten kein Schaden entstanden. Zu prüfen sind insbesondere die Voraussetzungen einer Absichtsanfechtung nach § 31 Nr. 1 KO.
41
a) Die Klägerin leitet ihre Absonderungsrechte aus dem "Sicherungsübereignungsvertrag" vom 5. Juni 1996 her, mit dem die Gemeinschuldnerin ihr das Warenlager "zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche … aus der Geschäftsverbindung" übereignet hat. Zum Hintergrund dieses Vertrages hat das Berufungsgericht folgende Feststellungen getroffen: Die Klägerin war neben anderen Banken Kreditgeberin der R. Holding GmbH (fortan: RTH), der Muttergesellschaft der R. -Gruppe. Mit "Spaltungsvertrag" vom 29. August 1995 übertrug die RTH ihr operatives Geschäft auf die Gemeinschuldnerin. Mit den Kreditgebern wurde am 7. März 1996 eine "Vereinbarung" über die "Neuordnung der Kreditverhältnisse" (Nr. 2.3 des Vertrages ) geschlossen, nach welcher die Kreditschulden der RTH "unter Anpassung der Sicherheitenabsprachen" (Nr. 2.3.2 des Vertrages) von der Gemeinschuldnerin übernommen werden sollten. Mit Vertrag vom 29. August 1996 vereinbarten Klägerin und Gemeinschuldnerin, dass die von der Klägerin an die RTH ausgereichten Darlehen auf die Schuldnerin übergehen sollten, wie es bereits im Spaltungsvertrag vorgesehen gewesen sei.
42
Auf dieser tatsächlichen Grundlage hat das Berufungsgericht eine der Klägerin bekannte Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin mit folgender Begründung verneint: Der "Sicherungsübereignungsvertrag" vom 5. Juni 1996 habe keine inkongruente Sicherheit gewährt. Er dürfe nicht isoliert betrachtet werden, sondern stehe in einem von allen Beteiligten gewollten Sinnzusammenhang mit der Neuordnungsvereinbarung und dem Vertrag vom 29. August 1996. Mit dem konventionellen Geschäft der RTH habe die Gemeinschuldnerin auch deren Kredite übernehmen und neue Sicherheiten bestellen sollen. Aus dem wirtschaftlichen Zusammenhang aller Verträge ergebe sich, dass es sich dabei nur um das Umlaufvermögen habe handeln können, nämlich um dieselbe Sicherheit, welche zuvor die RTH gestellt gehabt habe. Das Umlaufvermögen habe zu keinem Zeitpunkt frei werden und dem Zugriff ungesicherter Gläubiger zur Verfügung stehen sollen. Außerdem komme selbst eine inkongruente Deckung als Beweisanzeichen für eine Benachteiligungsabsicht nicht mehr in Betracht, wenn sie im Rahmen eines erfolgversprechenden Sanierungskonzepts gewährt werde. Die Banken hätten im Rahmen der Neuordnung Gegenleistungen erbracht, insbesondere auf Kreditforderungen in Höhe von 20 Mio. DM verzichtet und die Kredite bis mindestens zum 31. Dezember 1996 prolongiert.
43
b) Nach § 31 Nr. 1 KO sind Rechtshandlungen anfechtbar, welche der Gemeinschuldner in der dem anderen Teil bekannten Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen.
44
aa) Voraussetzung jedes Insolvenzanfechtungsrechts ist, dass die angefochtene Rechtshandlung zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt hat. Diese Voraussetzung, die bisher nicht geprüft worden ist, ist unter folgendem Gesichtspunkt zweifelhaft: Bereits der an die RTH - die Rechtsvorgängerin der Gemeinschuldnerin, die von jener abgespalten worden ist - ausgereichte Kredit war durch eine Sicherungsübereignung "des Vorratsvermögens mit wechseln- dem Bestand und Forderungsabtretung" gesichert. War diese Sicherungsübereignung wirksam und handelt es sich um dasselbe Warenlager, was wahrscheinlich ist, wenn die Gemeinschuldnerin das operative Geschäft der RTH übernommen hat, "gehörte" das Warenlager am 5. Juni 1996 bereits der Klägerin. Der Spaltungsvertrag vermochte daran nichts zu ändern. Die Eintragung der Spaltung führt nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG zu einem Übergang der Rechte des übertragenden auf den abgespaltenen Rechtsträger. Was dem übertragenden Rechtsträger nicht gehörte, kann auch nicht übergehen.
45
bb) Der Begriff der Benachteiligungsabsicht i.S.v. § 31 Nr. 1 KO entspricht demjenigen des Benachteiligungsvorsatzes in § 133 InsO (HK-InsO/ Kreft, 4. Aufl. § 133 Rn. 2; Jaeger/Henckel, InsO § 133 Rn. 1, 21; G. Fischer NZI 2008, 588 f). Benachteiligungsabsicht ist danach gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung die Benachteiligung seiner Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge seiner Rechtshandlung erkannt und gebilligt hat (BGHZ 124, 76, 81 f; 162, 143, 153; HK-InsO/Kreft, aaO Rn. 10). Es genügt, dass der Schuldner die Benachteiligung der Gläubiger als mögliche Folge seines Handelns vorausgesehen und billigend in Kauf genommen hat, sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils. Dabei lässt sich aus dem Bewusstsein und der Vorstellung des Schuldners, dass die Gläubigerbenachteiligung die notwendige Folge seines Tuns ist, regelmäßig auf seinen darauf gerichteten Willen schließen.
46
Bei einem Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, ist ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz regelmäßig zu bejahen (BGHZ 155, 75, 84; 162, 143, 153). Der Beklagte hat unter Beweisantritt behauptet, der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin habe schon bei Abschluss des Sicherungsübereig- nungsvertrages mit der drohenden Insolvenz gerechnet, nämlich angenommen, dass dann, wenn nicht ein Wunder geschehe, die Gesellschaft in die Insolvenz gehen und dies bei den ungesicherten Konkursgläubigern zu erheblichen Forderungsausfällen führen werde. Voraussetzung einer Absichtsanfechtung nach § 31 Nr. 1 KO ist jedoch auch, dass der andere Teil - hier also: die Klägerin - Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Gemeinschuldners hatte.
47
cc) Unabhängig davon könnte die Frage erheblich werden, ob die Sicherungsübereignung des Umlaufvermögens im Vertrag vom 5. Juni 1996 inkongruent war. Eine inkongruente Sicherung oder Deckung stellt in der Regel ein (starkes) Beweisanzeichen für eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners dar (BGHZ 123, 320, 326; 137, 267, 283). Ob die Übereignung des Warenlagers nebst Anschlusszession eine kongruente oder inkongruente Sicherheit darstellte, lässt sich den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts allerdings nicht entnehmen.
48
(1) Kongruent ist eine Sicherung oder Deckung dann, wenn ein hinreichend bestimmter Anspruch auf sie bestand. Wird zugleich mit der Gewährung eines Kredits die Stellung einer bestimmten Sicherheit vereinbart, so ist deren Stellung kongruent (BGH, Urt. v. 5. November 1964 - VII ZR 2/63, WM 1965, 84, 87). Am 5. Juni 1996 haben die Klägerin und die Gemeinschuldnerin die Sicherungsübereignung des Warenlagers vereinbart, nicht aber einen Darlehensvertrag geschlossen. Dazu kam es erst am 29. August 1996. Diese Verträge könnten als Einheit gewollt gewesen sein.
59
(2) Möglicherweise ist der zuvor zwischen der Klägerin und der RTH bestehende Darlehensvertrag aber auch gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG auf die Gemeinschuldnerin übergegangen. Der Darlehensvertrag soll im Spaltungsvertrag aufgeführt gewesen sein. Zu prüfen wäre dann, ob der Vertrag zwischen der Klägerin und der RTH eine Sicherheit in Form der Übereignung des Warenlagers vorsah. Unabhängig davon könnte ein Anspruch auf Bestellung von Sicherheiten auch aus § 22 Abs. 1, § 125 Satz 1 UmwG folgen. Nach § 22 Abs. 1, § 125 Satz 1 UmwG ist den Gläubigern der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger Sicherheit zu leisten, wenn sie binnen sechs Monaten nach der Bekanntmachung der Eintragung der Umwandlung (vgl. § 22 Abs. 1, § 19 Abs. 3 UmwG) ihren Anspruch nach Grund und Höhe schriftlich anmelden. Der Anspruch richtet sich auf die Bestellung einer Sicherheit nach §§ 232 f BGB (Kallmeyer /Marsch-Barner, UmwG 3. Aufl. § 22 Rn. 12; Stratz in Schmitt/Hörnagel/ Stratz, UmwG 4. Aufl. § 22 Rn. 20; Semler/Stengel/Maier-Reimer, UmwG 2. Aufl. § 22 Rn. 52; Lutter/Hommelhoff/Schwab, UmwG 3. Aufl. § 133 Rn. 97). Er führt jedenfalls dann zur Kongruenz der Sicherheit, wenn die Ansprüche des Gläubigers gegen den übertragenden Rechtsträger gesichert waren und diese Sicherheit durch die Spaltung entfallen ist.
50
(aa) Dass dem Schuldner ein Ermessen bei der Auswahl der Sicherheit zusteht, steht der Annahme einer kongruenten Sicherheit nicht entgegen. Das folgt aus dem Sinn und Zweck des § 22 Abs. 1 UmwG. Diese Vorschrift soll den Sicherungsinteressen des Gläubigers Rechnung tragen, der die Spaltung und den damit verbundenen Übergang des Vertrages auf einen anderen Rechtsträger nicht verhindern kann. Würde sein Anspruch gegen den aufnehmenden Rechtsträger wegen des Auswahlermessens des Schuldners stets nur zu einer inkongruenten Sicherheit führen, würde dieses Ziel nicht erreicht. Der Gläubiger stünde vielmehr schlechter als vor der Spaltung.
51
(bb) § 232 BGB sieht eine Sicherheitsleistung durch Sicherungsübereignung beweglicher Sachen nicht vor. Sicherheit kann nach dieser Vorschrift (u.a.) durch Verpfändung beweglicher Sachen geleistet werden. Da die Sicherungsübereignung die Verpfändung einer beweglichen Sache im Wirtschaftsleben weitgehend ersetzt hat (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 50 Rn. 4, § 51 Rn. 50), kann jedoch auch sie kongruent sein, obwohl nur ein Anspruch auf Verpfändung besteht (vgl. RG JW 1909, 734, 735; Gerhardt/Kreft, Aktuelle Probleme der Insolvenzanfechtung 10. Aufl. Rn. 429).
52
(3) Wird eine Sicherheit für einen bereits ausgereichten, bisher unbesicherten Kredit bestellt, ist dieses Rechtsgeschäft inkongruent (BGH, Urt. v. 14. Februar 2008 - IX ZR 38/04, ZIP 2008, 706, 709 Rn. 31). Das in der Gewährung einer inkongruenten Sicherung oder Deckung liegende Beweisanzeichen für eine Benachteiligungsabsicht des Gemeinschuldners ist allerdings schon in seiner Bedeutung wesentlich herabgesetzt, wenn die Inkongruenz nur gering ist. Es ist entkräftet, wenn die angefochtene Rechtshandlung in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Sanierungskonzept stand, das mindestens in den Anfängen schon in der Tat umgesetzt war und die ernsthafte Aussicht auf Erfolg begründete (BGH, Urt. v. 12. November 1992 - IX ZR 236/91, ZIP 1993, 276, 279; v. 4. Dezember 1997 - IX ZR 47/97, WM 1998, 248, 250; ausf. Jaeger/ Henckel, aaO § 133 Rn. 34). Entscheidend ist der Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung, hier also des Vertrages vom 5. Juni 1996.
53
5. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Schadensersatzanspruch nicht auf den Wert der Darlehensforderungen der Klägerin beschränkt.
54
a) Die Klägerin ist dadurch geschädigt worden, dass ihr zur Sicherheit übereignete Waren veräußert und ihr zur Sicherheit abgetretene Forderungen eingezogen worden sind. Grundsätzlich entspricht der ihr entstandene Schaden daher dem Wert der Sicherheiten. Wäre sie jedoch zur (teilweisen) Rückgewähr der Sicherheiten oder nach deren Verwertung zur (teilweisen) Auskehrung des Erlöses an die Konkursmasse verpflichtet gewesen, wäre ihr insoweit durch den Verlust der Sicherheiten kein Schaden entstanden.
55
b) Diese Voraussetzung ist nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht erfüllt.
56
aa) Der Sicherungsübereignung des Warenlagers mit Anschlusszession lag nicht nur der Sicherungsübereignungsvertrag vom 5. Juni 1996 zugrunde, nach welchem die Sicherheiten alle bestehenden und künftigen Ansprüche der Klägerin gegen die Gemeinschuldnerin aus der Geschäftsverbindung sichern sollten. Am 29. August 1996 haben acht Banken und die Gemeinschuldnerin in einem "Sicherheiten-Poolvertrag" vereinbart, dass die Sicherungsübereignung der Warenbestände nebst Anschlusszession gemäß Vertrag vom 5. Juni 1996 auch die von den beteiligten Banken ausgereichten, im Einzelnen aufgeführten Kredite sichern sollte (Abschnitt II.1). Diese Vereinbarung ergänzte die Zweckerklärung des Sicherungsübereignungsvertrages vom 5. Juni 1996.
57
Bedenken bb) gegen die rechtliche Wirksamkeit dieser Vereinbarung bestehen nicht. Eine Sicherungszweckerklärung kann jederzeit durch individuelle Abrede erweitert werden (Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHandbuch 3. Aufl. § 90 Rn. 113; vgl. auch BGH, Urt. v. 14. Juli 1988 - V ZR 308/86, WM 1988, 1259, 1260; v. 21. Februar 2008 - IX ZR 255/06, ZIP 2008, 703, 705 Rn. 17 f, jeweils zur Grundschuld). Die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anfechtungstatbestandes hat der Beklagte in Bezug auf die Vereinbarung vom 29. August 1996 nicht dargetan. Auf die von der Revisionsbegründung des Beklagten aufgeworfene und unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 2. Juni 2005 (IX ZR 181/03, ZIP 2005, 1651, 1653) in Zweifel gezogene Frage, ob den übrigen Poolbanken aufgrund der genannten Vereinbarung ein eigenes Absonderungsrecht an dem sicherungsübereigneten Warenlager zustand, kommt es nicht an. Wären die Sicherheiten nicht untergegangen, hätte die Klägerin aus ihnen abgesonderte Befriedigung wegen aller in der zweiten Sicherungszweckerklärung genannten Forderungen verlangen können. Einen allgemeinen Rechtssatz dahingehend, dass aus einer treuhänderischen Verwaltung eines Sicherungsrechts kein eigenes Recht auf abgesonderte Befriedigung hergeleitet werden kann, gibt es nicht (vgl. BGH, Urt. v. 21. Februar 2008, aaO S. 706 Rn. 22).
58
6. Entgegen der Ansicht des Beklagten lässt sich ein Schaden der Klägerin auch aus anderen Gründen nicht von vornherein verneinen.
59
a) Der Anspruch aus § 82 KO setzt nicht voraus, dass die Insolvenzmasse zur Erfüllung des Schadensersatzanspruchs wegen des Verlusts der Absonderungsrechte nicht ausreicht. Der Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter wegen Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten ist gegenüber einem Schadensersatzanspruch gegen die Masse nicht subsidiär (BGH, Urt. v. 1. Dezember 2005 - IX ZR 115/01, ZIP 2006, 194, 195 f). Die Klägerin war also nicht verpflichtet, zunächst Schadensersatzansprüche gegen die Masse geltend zu machen. Gegenteiliges findet sich auch nicht an der vom Beklagten zitierten Kommentarstelle MünchKomm-InsO/Hefermehl, 2. Aufl. § 55 Rn. 34.
60
b) Derjenige Betrag, den der Beklagte bereits an den ihm nachfolgenden Konkursverwalter H. gezahlt hat, ist jedenfalls insoweit auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, als er an die Klägerin (oder andere Poolbanken, deren Ansprüche durch das Warenlager nebst Anschlusszession gesichert waren ) gelangt ist. Nach der Zurückverweisung mag der Beklagte klarstellen, ob er gegenüber den Angaben des Zeugen K. bei seiner Anhörung am 26. Juli 2006 an seiner ursprünglichen Behauptung festhalten will, der gesamte Betrag sei bereits an die Klägerin ausgezahlt worden.
Ganter Gehrlein Vill
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Baden-Baden, Entscheidung vom 20.08.2003 - 1 O 19/03 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 26.07.2006 - 15 U 6/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 75/06 Verkündet am:
25. März 2009
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das Einverständnis der Parteien mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter
(§ 527 Abs. 4 ZPO) bewirkt allein, dass anstelle des Kollegiums ein Einzelrichter
gesetzlicher Richter sein kann. Es hat aber nicht zur Folge, dass der Einzelrichter,
mit dessen Entscheidung die Parteien sich einverstanden erklären, allein deswegen
als gesetzlicher Richter anzusehen ist. Das Recht auf den gesetzlichen Richter
ist unverzichtbar.

b) Zum Begriff des gesetzlichen Richters gehört, dass die Zuteilung der Sachen sich
nach allgemeinen Merkmalen richtet. Daran fehlt es, wenn durch eine Änderung
der internen Geschäftsverteilung eines überbesetzten Spruchkörpers mehrere bereits
anhängige Sachen in einer Weise auf andere Richter verteilt werden, die keine
abstrakt-generellen Kriterien für die jeweiligen Zuteilungen erkennen lässt.
BGH, Urteil vom 25. März 2009 - XII ZR 75/06 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. März 2009 durch den Richter Sprick, die Richterinnen Weber-Monecke
und Dr. Vézina und die Richter Dose und Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 30. März 2006 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Revisionsverfahren wird abgesehen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rechnungslegung, Vorlage von Belegen und Abgabe von Willenserklärungen in Anspruch.
2
Die Parteien waren von 1969 bis 2002 miteinander verheiratet. Mit Vertrag vom 1. Juni 1990 bekräftigten sie eine bereits zu Beginn der Ehe getroffene "Vereinbarung über die Verwaltung von Geldern". Im Einzelnen wurde folgende Abmachung schriftlich niedergelegt: "Entsprechend dieser Vereinbarung ist Frau Dr. S. für die Verwaltung der Finanzen verantwortlich. Sie übernimmt die Kontrolle der Geldeingänge, überwacht den Schuldendienst und die Bezahlung der Rechnungen. Frau S. ist für die Verwaltung, Überwachung und für die finanzgünstige Anlage von Gewinnen zuständig. Zwecks leichterer Handhabung dieser Aufgabe und zwecks Erfassung der Gelder lässt Herr Professor S. alle eingehenden Beträge auf ein Konto von Frau S. einzahlen, auf dem auch Frau S. ihre anzulegenden Beträge einbringt. Am Jahresende erfolgt eine Aufteilung der Gewinne im Verhältnis 1 : 1. Beide Eheleute behalten sich vor, eventuell je nach Sachlage einen anderen Verteilungsschlüssel zu wählen."
3
Der Kläger, der Professor der Rechtswissenschaften ist, widmete sich in vollem Umfang seinem Beruf, während die Beklagte, eine Rechtsanwältin, sich um Haushalt und Kinder kümmerte, daneben aber auch für die Vermögensverwaltung und die Steuerangelegenheiten zuständig war. Außerdem wirkte sie bei der Erstellung von juristischen Gutachten des Klägers mit.
4
Die Beklagte hatte auf ihren Namen ein Konto bei der C.-Bank eröffnet, für das auch der Kläger Vollmacht besaß. Dessen Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit flossen jedenfalls bis zum Jahre 1996 vollständig auf dieses Konto. In den 80er Jahren trennten sich die Parteien; die Vermögensverwaltung wurde von der Beklagten jedoch weiter geführt. Hierfür stellte sie dem Kläger jährliche Rechnungen in sechsstelliger Höhe, letztmalig im Jahr 1998. Unstreitig wurde die Vermögensverwaltung bis zum 31. März 1998 fortgeführt; zu welchem Zeitpunkt danach die Vereinbarung beendet wurde, ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte hat die dem Kläger erteilte Kontovollmacht widerrufen.
5
Der Kläger hat Rechnungslegung über die Zahlungsein- und -ausgänge von dem Konto bei der C.-Bank sowie allen Unterkonten und zugehörigen Depots für die Zeit vom 1. Januar 1988 bis zum 31. März 1998 nebst Vorlage der Kontounterlagen mitsamt allen dazugehörigen Buchungsbelegen und Rechnungen verlangt. Ferner hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihn unwiderruflich zu ermächtigen und zu bevollmächtigen, Kontounterlagen und Belege von der C.-Bank herauszuverlangen bzw. für den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis 31. März 1998 einzusehen und sich hiervon Abschriften erteilen zu lassen. Er hat geltend gemacht, die Beklagte habe ihre Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung in erheblichem Maße verletzt, indem sie Gelder eigenmächtig und unbefugt auf eigene Konten verbracht habe und ihm entgegen der Vereinbarung eine hälftige Teilhabe vorenthalte. Darüber hinaus habe sich im Rahmen einer Steuerprüfung herausgestellt, dass die von der Beklagten in den Jahren 1994 bis 1996 eingereichten Steuererklärungen zu Beanstandungen geführt hätten. Der daraufhin beauftragte Steuerberater habe ihm mitgeteilt , dass er für die Jahre 1992 bis 2000 mit einer Steuernachzahlung von 870.000 DM rechnen müsse. Seiner Aufforderung, die Steuerforderung von dem Konto bei der C.-Bank zu begleichen, sei die Beklagte nicht nachgekommen , weshalb er hierfür einen Kredit habe aufnehmen müssen.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat u. a. geltend gemacht , eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung über die Vermögensverwaltung sei nicht zustande gekommen; der Kläger habe im Übrigen durch einen im Scheidungsverfahren geschlossenen Vergleich auf eine Rechnungslegung verzichtet.
7
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die mit dem Ziel der Klageabweisung eingelegte Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Ihre im Berufungsverfahren erhobene Widerklage, mit der sie u. a. begehrte, dem Kläger alle anlässlich der Herausgabe und des Kopierens von Bankbelegen entstehenden Kosten aufzuerlegen, hat das Oberlandesgericht als unzulässig zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten , mit der sie ihr zweitinstanzliches Begehren weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
Die Revision rügt zu Recht, dass das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war (§ 547 Nr. 1 ZPO).
10
1. Allerdings beanstandet die Revision ohne Erfolg, der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts vom 5. Oktober 2005 über die Änderung der Geschäftsverteilung für das Geschäftsjahr 2005 sei bereits deshalb unwirksam , weil er nicht der nach § 21 g Abs. 7 GVG i.V.m. § 21 e Abs. 9 GVG erforderlichen Schriftform (vgl. BGHZ - VGS - 126, 63, 85 f.) entspreche. Zwar weist die in den Akten befindliche Kopie des vorgenannten Beschlusses lediglich vier Unterschriften auf, obwohl dem 8. Zivilsenat fünf Berufsrichter angehörten. Dem Schreiben des früheren Senatsvorsitzenden zufolge ist die Urschrift des Beschlusses aber in den Tagen nach seiner Erstellung auch von dem fünften Senatsmitglied unterzeichnet worden; es könne sein, dass die Geschäftsstelle bereits zuvor die Kopie in die Akten geheftet habe, um die Sachen schnell auf die neu gebildeten Dezernate verteilen zu können.
11
Damit sind die Bedenken gegen die Wahrung der Schriftform ausgeräumt. Die senatsinterne Geschäftsverteilung kann von einem Richter auch nachträglich unterschrieben werden, zumal zunächst ein Verhinderungsfall (Ur- laub, Krankheit) vorgelegen haben kann (vgl. zur Nachholung der Unterschrift unter ein Urteil durch den richtigen - anstelle des falschen - Richters: BGH Urteil vom 26. November 1997 - VIII ZR 322/96 - NJW-RR 1998, 1065 unter I a.E.).
12
2. Die Rüge, der Beschluss vom 5. Oktober 2005 entspreche nicht den Anforderungen, die an die Bestimmung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) zu stellen seien, erweist sich dagegen als begründet.
13
a) Die Senate der Oberlandesgerichte entscheiden, soweit nicht nach den Vorschriften der Prozessgesetze der Einzelrichter zu entscheiden hat, in der Besetzung von drei Mitgliedern mit Einschluss des Vorsitzenden (§ 122 Abs. 1 GVG). Dem 8. Zivilsenat waren mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 neben dem Vorsitzenden vier weitere Richter zugewiesen. Außer den Richtern am Oberlandesgericht Dr. K. und Prof. Dr. P. waren ihm anstelle des ausgeschiedenen Richters am Amtsgericht C. nämlich die Richterinnen am Landgericht Dr. O. und L. mit zusammen einem Drittel eines richterlichen Pensums zugewiesen worden. Der Senat war mithin um zwei Richter überbesetzt.
14
Die nach § 21 g Abs. 1 und 2 GVG durch Beschluss aller dem Spruchkörper angehörenden Berufsrichter aus diesem Anlass vorzunehmende Änderung der Geschäftsverteilung, die unter dem 5. Oktober 2005 erfolgte, sieht folgende Regelung vor: "1. …. 2. Richterin am Landgericht Dr. O. und Richterin am Landgericht L. übernehmen die im Dezernat von Richter am Amtsgericht C. am 30. September 2005 befindlichen noch nicht erledigten Sachen, und zwar wie folgt: Richterin am Landgericht Dr. O bearbeitet als Berichterstatterin /Einzelrichterin: 8 U 91/96, 8 U 40/05, 8 U 60/05, 8 U 80/05 Richterin am Landgericht L. bearbeitet als Berichterstatterin/ Einzelrichterin: 8 U 56/04, 8 U 66/05, 8 U 88/05, 8 U 90/05. Hinsichtlich des weiteren Beisitzers verbleibt es bei der bisher geltenden Regelung der Geschäftsverteilung. 3. … 4. … 5. Im Hinblick darauf, dass sowohl die aus dem Dezernat von RiAG C. verbliebenen Sachen als auch die ab 1. Oktober neu eingehenden Sachen überwiegend zunächst kaum richterlich gefördert werden können, werden - über die bisherigen Zuteilungen hinaus - Frau RiLG Dr. O. folgende U-Sachen als Berichterstatterin/Einzelrichterin zugewiesen: 8 U 12/05, 8 U 42/05 Frau RiLG L. werden folgende U-Sachen zugewiesen: 8 U 46/05, 8 U 56/05, 8 U 68/05." Das Aktenzeichen 8 U 56/04 betrifft das vorliegende Verfahren.
15
b) Nach den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 97, 1 ff. = NJW 1998, 743, 744; BVerfGE 95, 322 ff. = NJW 1997, 1497 ff. und NJW 2005, 2689, 2690) entwickelten Grundsätzen zur Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ist es grundsätzlich geboten, für mit Berufsrichtern überbesetzte Spruchkörper eines Gerichts im Voraus nach abstrakten Merkmalen zu bestimmen, welche Richter an den jeweiligen Verfahren mitzuwirken haben. Aus dieser Vorausbestimmung muss für den Regelfall die Besetzung des zuständigen Spruchkörpers bei den einzelnen Verfahren ableitbar sein. Dies setzt einen Bestand von Rechtssätzen voraus, die für jeden Streitfall den Rich- ter bezeichnen, der für die Entscheidung zuständig ist. In den nach § 21 g GVG aufzustellenden senatsinternen Geschäftsverteilungsplänen und Mitwirkungsgrundsätzen ist deshalb für einen überbesetzten Spruchkörper zu regeln, welche Richter bei der Entscheidung welcher Verfahren mitwirken. Erst durch diese Regelung wird der gesetzliche Richter genau bestimmt, so dass sich die abstrakt -generelle Vorausbestimmung bis auf die letzte Regelungsstufe erstrecken muss. Auch insoweit gehört es zum Begriff des gesetzlichen Richters, dass nicht für bestimmte Einzelfälle bestimmte Richter ausgesucht werden, sondern dass die einzelne Sache "blindlings" aufgrund allgemeiner, vorab festgelegter Maßstäbe an den entscheidenden Richter gelangt (vgl. auch BGH Urteil vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06 - ZIP 2009, 91, 93).
16
c) Eine dementsprechende senatsinterne Geschäftsverteilung hat das Berufungsgericht für die Zeit ab 1. Oktober 2005 nicht getroffen. Der Jahresgeschäftsverteilungsplan des 8. Zivilsenats enthält keine Vorgaben, wie bei einer im Laufe des Jahres erforderlich werdenden Umverteilung zu verfahren ist. Der Änderungsbeschluss vom 5. Oktober 2005 nennt allein die einzelnen Verfahren, die den Richterinnen am Landgericht Dr. O. und L. zugewiesen worden sind. Abstrakte Kriterien für diese Zuteilung sind - auch unter Berücksichtigung der unter Ziffer 5 erfolgten weiteren Zuteilung - nicht zu gewinnen. Andererseits ist aber auch nichts dafür ersichtlich, dass eine sonstige Möglichkeit der Verteilung , etwa nach dem Alter der Sachen oder anderen objektiven Merkmalen, nicht bestanden hätte. Deshalb muss davon ausgegangen werden, dass die Zuteilung von Fall zu Fall erfolgt ist, was den Anforderungen an die Bestimmung des gesetzlichen Richters nicht entspricht. Denn hierdurch soll gerade vermieden werden, dass durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung beeinflusst werden kann, um die Unabhängigkeit der Rechtsprechung zu wahren und das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte zu sichern.
17
3. Der danach gerechtfertigten Besetzungsrüge steht nicht entgegen, dass Richterin am Landgericht L., der der Rechtsstreit durch Beschluss des Senats vom 28. Oktober 2005 als Einzelrichterin zur Vorbereitung der Entscheidung zugewiesen worden war, im Einverständnis der Parteien als Einzelrichterin entschieden hat (§ 527 Abs. 4 ZPO). Nachdem die erstinstanzliche Entscheidung nicht von einem Einzelrichter erlassen worden war, durfte ein Einzelrichter nach § 527 Abs. 1 bis 3 ZPO zwar zur Vorbereitung der Entscheidung tätig werden, nicht dagegen gemäß § 526 Abs. 1 Nr. 1 ZPO als entscheidender Einzelrichter. Dass die Parteien mit einer Entscheidung durch Richterin am Landgericht L. einverstanden waren, bewirkte allein, dass anstelle des Senats ein Einzelrichter gesetzlicher Richter sein konnte. Das Einverständnis hat dagegen - ebenso wie ein rügeloses Verhandeln gemäß § 295 Abs. 1 ZPO - nicht zur Folge, dass der im konkreten Fall nicht zur Entscheidung berufene Einzelrichter zum gesetzlichen Richter wird. Denn darauf, dass der gesetzliche Richter zu entscheiden hat, können die Parteien nicht wirksam verzichten (BGH Urteile vom 19. Oktober 1992 - II ZR 171/91 - NJW 1993, 600 f.; vom 25. Januar 2000 - VII ZR 32/99 - NJW 2001, 1357 und vom 16. Oktober 2008 - IX ZB 183/06 - ZIP 2009, 91, 93). Das Einverständnis der Parteien vermag deshalb weder die fehlende (Musielak/Ball ZPO 6. Aufl. § 527 Rdn. 9) noch die nicht ordnungsgemäße Zuweisung an den Einzelrichter zu ersetzen. Das erhellt auch daraus, dass das Einverständnis der Parteien den Einzelrichter nicht zur Endentscheidung verpflichtet, er von der Ermächtigung also keinen Gebrauch machen muss (Musielak/Ball aaO § 527 Rdn. 9; MünchKomm-ZPO/ Rimmelspacher 3. Aufl. § 527 Rdn. 14). In diesem Fall wäre der Senat in der sich aus der senatsinternen Geschäftsverteilung ergebenden Besetzung zur Entscheidung berufen gewesen, die aber, wie ausgeführt, den Anforderungen an die Bestimmung des gesetzlichen Richters nicht entspricht.
18
4. Das angefochtene Urteil ist deshalb schon wegen dieses Verfahrensverstoßes ohne Sachprüfung aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
19
5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
20
a) Die von der Beklagten gegen ihre Verurteilung erhobenen Rügen erscheinen nicht gerechtfertigt.
21
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 5. Juli 2000 - XII ZR 26/98 - FamRZ 2001, 23, 24) besteht zwar nicht bereits dann ein Auftragsverhältnis , wenn Ehegatten während des Zusammenlebens ihre Aufgabenbereiche innerhalb der ehelichen Lebensgemeinschaft in der Weise regeln, dass einer von ihnen die Wirtschaftsführung im Wesentlichen alleine übernimmt. Maßgebend ist dabei die Überlegung, dass sich Ehegatten durch derartige Regelungen besonderes Vertrauen schenken und dem wirtschaftenden Ehegatten deshalb nicht einseitig das Risiko auferlegt werden darf, im Nachhinein Ausgaben nicht mit der gleichen Genauigkeit angeben und belegen zu können, wie das in Rechtsverhältnissen ohne Inanspruchnahme von personalem Vertrauen erforderlich und geboten ist. Diese Überlegungen hindern allerdings nicht die Annahme, dass im Einzelfall ein Ehegatte den anderen mit der Verwaltung seiner Einkünfte und seines Vermögens im Rechtssinne beauftragt. Erforderlich hierfür ist ein mit Rechtsbindungswillen geschlossener Vertrag, an den wegen der damit verbundenen Pflichten keine geringen Anforderungen gestellt werden dürfen.
22
Das Berufungsgericht hat einen solchen Vertrag aufgrund der zweimaligen schriftlichen Fixierung, der Höhe der verwalteten und im Wesentlichen vom Kläger erwirtschafteten Gelder und dem mit der Verwaltung verbundenen Arbeitsaufwand , bei dem die Beklagte personell unterstützt wurde, angenommen. Es hat danach - entgegen der Auffassung der Revision - nicht allein auf die Schriftform abgestellt, bei deren Wahrung unter Juristen ohnehin schon viel dafür spricht, dass eine rechtliche Bindung gewollt war. Unter weiterer Berücksichtigung der festgestellten Umstände, dass die Beklagte für ihre Tätigkeit hohe Vergütungen in Rechnung gestellt hat und die letzte Vereinbarung über die Verwaltung vom 1. Juni 1990 datiert, also einem Zeitpunkt, zu dem die Parteien bereits getrennt lebten, begegnet die Auslegung der Vereinbarung durch das Berufungsgericht - auch unter Einbeziehung ihres nachträglichen Verhaltens - keinen rechtlichen Bedenken.
23
bb) Das gilt gleichermaßen für die Ausführungen zur verneinten Verwirkung des zuerkannten Anspruchs auf Rechnungslegung. Ein solcher Anspruch, der sich im Rahmen eines Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnisses aus § 666 BGB ergibt, kann entfallen, wenn er jahrelang nicht geltend gemacht worden ist. Seine nachträgliche Geltendmachung kann dann unter Umständen gegen Treu und Glauben verstoßen. Eine solche Beurteilung ist indessen ausgeschlossen , wenn nachträglich beachtliche Gründe für die Nachholung der Rechnungslegung beigebracht werden. Diese Voraussetzungen sind vor allem dann gegeben, wenn der Berechtigte Tatsachen nachweist, die geeignet sind, Zweifel an der Zuverlässigkeit des Pflichtigen und seiner Geschäftsführung zu erwecken. Wenn der Geschäftsherr keinen Wert auf die Rechenschaft gelegt hat und jahrelang dabei verblieben ist, dann findet das seine Erklärung darin, dass er dem anderen Teil rückhaltlos vertraut hat. Besteht begründeter Verdacht , dass dieses Vertrauen nicht gerechtfertigt war, so entfällt die Grundlage für sein untätiges Verhalten. Deswegen widerspricht es nicht Treu und Glauben, ihm den vom Gesetz grundsätzlich gewährten Anspruch auf Rechnungslegung trotz des langen Zuwartens auch für die Vergangenheit wieder zuzusprechen (BGHZ 39, 87, 92 f.).
24
Die festgestellten Gesamtumstände reichen im vorliegenden Fall jedenfalls aus, um Zweifel an der Zuverlässigkeit der Beklagten im Rahmen der Vermögensverwaltung zu begründen. Der Einwand, die Steuernachforderungen seien erst zu einer Zeit geltend gemacht worden, als die Vermögensverwaltung der Beklagten bereits beendet gewesen sei, steht dem nicht entgegen, denn die Nachforderungen betrafen die Zeit, für die die Beklagte für die Vermögensverwaltung noch zuständig war.
25
b) Die Abweisung ihrer Widerklage greift die Beklagte im Einzelnen nur an, soweit sie begehrt hat, dem Kläger die anlässlich der Herausgabe und des Kopierens von Bankbelegen entstehenden Kosten aufzuerlegen. Das Berufungsgericht hat diesen Antrag dahin ausgelegt, dass festgestellt werden solle, der Kläger habe die entsprechenden Kosten zu tragen. Der Feststellungsantrag sei jedoch nach § 533 ZPO unzulässig, da es insoweit an einer Sachdienlichkeit fehle.
26
Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Revision sind indessen nicht von der Hand zu weisen. Der Kläger hat einen Anspruch nach § 666 BGB aus einem Auftragsverhältnis geltend gemacht; Gegenstand der Widerklage ist die Feststellung eines künftigen Aufwendungsersatzanspruchs der Beklagten gemäß § 670 BGB. Anhaltspunkte dafür, dass der begehrte Aufwendungsersatz bereits in der der Beklagten gezahlten Vergütung enthalten gewesen wäre, liegen nicht vor. Angesichts der Sachnähe von Klage und Widerklage dürfte es aber weder an einer kongruenten Tatsachengrundlage noch an der Möglichkeit der endgültigen Streitbeilegung insoweit fehlen. Sprick Weber-Monecke Vézina Dose Klinkhammer
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 17.03.2004 - 328 O 82/03 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 30.03.2006 - 8 U 56/04 -

(1) Das Berufungsgericht kann durch Beschluss den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde,
2.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist,
3.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und
4.
nicht bereits im Haupttermin zur Hauptsache verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(2) Der Einzelrichter legt den Rechtsstreit dem Berufungsgericht zur Entscheidung über eine Übernahme vor, wenn

1.
sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergeben oder
2.
die Parteien dies übereinstimmend beantragen.
Das Berufungsgericht übernimmt den Rechtsstreit, wenn die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 vorliegen. Es entscheidet hierüber nach Anhörung der Parteien durch Beschluss. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(3) Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung, Vorlage oder Übernahme kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(4) In Sachen der Kammer für Handelssachen kann Einzelrichter nur der Vorsitzende sein.

(1) Wird der Rechtsstreit nicht nach § 526 dem Einzelrichter übertragen, kann das Berufungsgericht die Sache einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Vorbereitung der Entscheidung zuweisen. In der Kammer für Handelssachen ist Einzelrichter der Vorsitzende; außerhalb der mündlichen Verhandlung bedarf es einer Zuweisung nicht.

(2) Der Einzelrichter hat die Sache so weit zu fördern, dass sie in einer mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erledigt werden kann. Er kann zu diesem Zweck einzelne Beweise erheben, soweit dies zur Vereinfachung der Verhandlung vor dem Berufungsgericht wünschenswert und von vornherein anzunehmen ist, dass das Berufungsgericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag.

(3) Der Einzelrichter entscheidet

1.
über die Verweisung nach § 100 in Verbindung mit den §§ 97 bis 99 des Gerichtsverfassungsgesetzes;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs;
3.
bei Säumnis einer Partei oder beider Parteien;
4.
über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, sofern nicht das Berufungsgericht gleichzeitig mit der Hauptsache hierüber entscheidet;
5.
über den Wert des Streitgegenstandes;
6.
über Kosten, Gebühren und Auslagen.

(4) Im Einverständnis der Parteien kann der Einzelrichter auch im Übrigen entscheiden.

(1) Das Berufungsgericht kann durch Beschluss den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde,
2.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist,
3.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und
4.
nicht bereits im Haupttermin zur Hauptsache verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(2) Der Einzelrichter legt den Rechtsstreit dem Berufungsgericht zur Entscheidung über eine Übernahme vor, wenn

1.
sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergeben oder
2.
die Parteien dies übereinstimmend beantragen.
Das Berufungsgericht übernimmt den Rechtsstreit, wenn die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 vorliegen. Es entscheidet hierüber nach Anhörung der Parteien durch Beschluss. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(3) Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung, Vorlage oder Übernahme kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(4) In Sachen der Kammer für Handelssachen kann Einzelrichter nur der Vorsitzende sein.

(1) Wird der Rechtsstreit nicht nach § 526 dem Einzelrichter übertragen, kann das Berufungsgericht die Sache einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Vorbereitung der Entscheidung zuweisen. In der Kammer für Handelssachen ist Einzelrichter der Vorsitzende; außerhalb der mündlichen Verhandlung bedarf es einer Zuweisung nicht.

(2) Der Einzelrichter hat die Sache so weit zu fördern, dass sie in einer mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erledigt werden kann. Er kann zu diesem Zweck einzelne Beweise erheben, soweit dies zur Vereinfachung der Verhandlung vor dem Berufungsgericht wünschenswert und von vornherein anzunehmen ist, dass das Berufungsgericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag.

(3) Der Einzelrichter entscheidet

1.
über die Verweisung nach § 100 in Verbindung mit den §§ 97 bis 99 des Gerichtsverfassungsgesetzes;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs;
3.
bei Säumnis einer Partei oder beider Parteien;
4.
über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, sofern nicht das Berufungsgericht gleichzeitig mit der Hauptsache hierüber entscheidet;
5.
über den Wert des Streitgegenstandes;
6.
über Kosten, Gebühren und Auslagen.

(4) Im Einverständnis der Parteien kann der Einzelrichter auch im Übrigen entscheiden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 183/06
Verkündet am:
16. Oktober 2008
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Voraussetzungen der Übertragung eines anhängigen Verfahrens auf
einen anderen Spruchkörper durch Präsidiumsbeschluss.
BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06 - OLG Karlsruhe
LG Baden-Baden
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Klägerin und des Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 26. Juli 2006, berichtigt durch Beschluss vom 22. Januar 2007, aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte war Verwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der zur "R. -Gruppe", einem Zulieferbetrieb der Automobilindustrie, gehörenden R. GmbH (fortan: Gemeinschuldnerin). Die klagende Bank wirft ihm vor, durch Veräußerung eines ihr sicherungsübereigneten Warenlagers und unbefugtes Einziehen ihr zur Sicherheit abgetretener Forderungen Absonderungsrechte vereitelt zu haben, die sie zugleich für andere, mit ihr in einem Sicherheitenpool zusammengeschlossene Banken gehalten habe. Im vorliegenden Prozess hat sie Schadensersatz in Höhe von zuletzt 9.468.361,05 € verlangt. Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 6.740.597,98 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Abtretung von Ansprüchen gegen einen Dritten, verurteilt. Der Beklagte hat Berufung, die Klägerin Anschlussberufung eingelegt. Die Berufung ist zunächst dem 10. Zivilsenat des Berufungsgerichts zugeschrieben worden und dann auf den 12. Zivilsenat übergegangen. Mit Präsidiumsbeschluss vom 31. Januar 2005 ist sie schließlich dem 15. Zivilsenat zugewiesen worden. Das Berufungsgericht - 15. Zivilsenat - hat die Klage bis auf einen Betrag von 138.465,43 € nebst Zinsen abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren bisherigen Antrag weiter; der Beklagte will mit seiner Revision die vollständige Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:


I.


2
Beide Revisionen führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die von beiden Parteien - vom Beklagten hilfsweise - erhobene Rüge des Verstoßes gegen den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ist berechtigt. Der Präsidiumsbeschluss vom 31. Januar 2005 war rechtswidrig.
3
1. Nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Welcher Richter (oder Spruchrichter) des sachlich, örtlich und funktionell zuständigen Gerichts der "gesetzliche Richter" im Sinne der Verfassung ist, ist durch einen Geschäftsverteilungsplan im Voraus generell -abstrakt, aber zugleich hinreichend bestimmt zu regeln, so dass Manipulationen und damit verbunden sachfremde Einflüsse auf die Rechtsprechung ausgeschlossen sind (BVerfG NJW 1997, 1497, 1498). Genügt die Geschäftsverteilung diesen Anforderungen nicht, ist das Gericht, welches seine Zuständigkeit aus ihm ableitet, nicht ordnungsgemäß besetzt (BVerfG NJW 2005, 2689, 2690). Die Rechts- und Verfassungsmäßigkeit der Geschäftsverteilung ist - anders als die Auslegung und Würdigung des Geschäftsverteilungsplans durch das erkennende Gericht - nicht nur auf Willkür, sondern auf jeden Rechtsverstoß zu untersuchen (BVerfG NJW 2005, 2689, 2690; BVerwG NJW 1987, 2031, 2032; Zöller/Lückemann, ZPO 27. Aufl. § 21e GVG Rn. 52).
4
2. Der Präsidiumsbeschluss vom 31. Januar 2005, durch den das Verfahren an den 15. Zivilsenat abgegeben worden ist, ist rechtswidrig.
5
a) Das Präsidium des Oberlandesgerichts hat am 31. Januar 2005 beschlossen , dass 34 einzeln aufgeführte Berufungsverfahren, darunter das vorliegende Verfahren, vom 12. Senat auf den 15. Senat übergehen sollten. Die Verfahren hatte der selbst dem Präsidium angehörende Vorsitzende des 12. Senats vorgeschlagen. In einem Schreiben an das Präsidium vom 19. Januar 2005 hatte er die Auswahl wie folgt erläutert: Wegen Ausscheidens einer Beisitzerin , deren Stelle fortan zwischen dem 12. und dem 15. Senat geteilt werde, solle auch deren Dezernat zwischen dem 12. und dem 15. Zivilsenat geteilt werden. Die 26 der insgesamt 66 in dem Dezernat befindlichen Berufungsverfahren , die in die Spezialzuständigkeit des Senats fielen, sollten nicht abgegeben werden. Von den übrigen Verfahren sollten "vorrangig diejenigen beim Senat verbleiben, in denen bereits verhandelt worden ist bzw. die sachlich bereits bearbeitet worden sind". Es handele sich um insgesamt sechs Verfahren. Die übrigen 34 Verfahren könnten abgegeben werden.
6
b) Zweifelhaft ist bereits, ob die Abgabe anhängiger Verfahren überhaupt sachlich gerechtfertigt war.
7
aa) Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG steht einer Änderung der Zuständigkeit für bereits anhängige Verfahren dann nicht entgegen, wenn die Neuregelung generell gilt, zum Beispiel mehrere anhängige Verfahren und eine unbestimmte Vielzahl künftiger, gleichartiger Fälle erfasst und nicht aus sachwidrigen Gründen geschieht (BVerfG NJW 2003, 345). Ob es darüber hinaus Konstellationen gibt, in denen die Umverteilung ausschließlich bereits anhängiger Verfahren als ultima ratio geboten ist, um die konfligierenden Verfassungsgüter des Rechts auf Gewährleistung von Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit einerseits, des Rechts auf den gesetzlichen Richter andererseits zur Geltung zu bringen, hat das Bundesverfassungsgericht dagegen offen gelassen (BVerfG NJW 2005, 2689, 2690). In einem solchen Fall werde es jeweils "nahe liegen, die Gründe, die eine derartige Umverteilung erfordern, zu dokumentieren und den Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu geben, um dem Anschein einer willkürlichen Zuständigkeitsverschiebung entgegen zu wirken" (BVerfG, aaO).
8
bb) Grundlage des Präsidiumsbeschlusses vom 31. Januar 2005 war die Jahresgeschäftsverteilung für das Jahr 2005, in der es hieß: "Mit der Neubesetzung der AO-Stelle nach Ende der AO (Abordnung) von Frau RiLG … zum 1. Februar 2005 wird diese AO-Stelle zwischen dem 12. und dem 15. Zivilsenat unter Mitnahme von ca. 50 % der auf das AO-Dezernat entfallenden Bestandsverfahren - mit Ausnahme der in die Spezialzuständigkeit des 12. Zivilsenats fallenden Verfahren, die bei ihm verbleiben - geteilt, wie vom Präsidium im Ein- zelnen noch zu beschließen sein wird." Die Verringerung der Besetzung eines Spruchkörpers kann zu dessen Überlastung führen und ein Eingreifen des Präsidiums rechtfertigen, damit die anhängigen Verfahren innerhalb angemessener Zeit entschieden werden können. Das gilt auch dann, wenn die Geschäftsverteilung im Laufe des Geschäftsjahres geändert wird (§ 21e Abs. 3 GVG; vgl. BGHSt 30, 371, 373 f; 44, 161, 165). Ob die Abgabe der beim 12. Zivilsenat anhängigen Verfahren an den 15. Zivilsenat erforderlich war, ob der Verlust der halben Stelle also hinsichtlich der anhängigen Verfahren nicht senatsintern hätte aufgefangen werden können, und ob der 15. Zivilsenat über zusätzliche Kapazitäten verfügte und deshalb eher in der Lage war, die fraglichen Sachen zügig zu entscheiden, lässt sich dem Präsidiumsbeschluss nicht entnehmen. Die Entscheidung des vorliegenden Falles ist durch die Abgabe an den 15. Zivilsenat jedenfalls deutlich verzögert worden. Es handelte sich um das älteste im zu teilenden Dezernat befindliche Verfahren. Der Vorsitzende des 12. Zivilsenats hatte Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 19. Oktober 2004 anberaumt. Gemäß Verfügung vom 13. Oktober 2004 hatte er den Termin "wegen Erkrankung der Berichterstatterin" auf den 18. Januar 2005, dann auf Antrag einer Partei nochmals auf den 3. Mai 2005 verlegt. Diesen Termin hob er unter Hinweis auf den Präsidiumsbeschluss vom 31. Januar 2005 auf. Im 15. Zivilsenat blieb die Sache zunächst liegen. Mit Verfügung vom 14. März 2006 wurde Termin auf den 17. Mai 2006 bestimmt; das Urteil erging schließlich auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juli 2006.
9
c) Jedenfalls war die Abgabe der 34 Verfahren unzulässig.
10
aa) Eine Geschäftsverteilung darf nicht in der Weise geändert werden, dass einzeln ausgesuchte Sachen einem anderen Spruchkörper zugewiesen werden (BGHSt 7, 23, 24 f; 44, 161, 166; BFH BFH/NV 2006, 1873, 1874). Zum Begriff des gesetzlichen Richters gehört gerade, dass die Zuteilung der Sachen sich nach allgemeinen Merkmalen richtet, um auf diese Weise eine willkürliche Besetzung des Gerichts zu vermeiden.
11
Wäre bb) das Schreiben des Vorsitzenden des 12. Zivilsenats vom 19. Januar 2005 über die Auswahl der abzugebenden Verfahren auch ohne Bezugnahme Teil des Präsidiumsbeschlusses vom 31. Januar 2005 geworden, änderte sich im Ergebnis nichts. Das Kriterium der "sachlichen Befassung", das in diesem Schreiben zur Rechtfertigung der getroffenen Auswahl herangezogen wird, ist nicht hinreichend bestimmt und zudem nicht geeignet zu erläutern, warum das vorliegende Verfahren nicht beim 12. Zivilsenat verblieben, sondern an den 15. Zivilsenat abgegeben worden ist. Der Begriff "sachliche Befassung" hat keinen feststehenden Inhalt. Das Berufungsgericht (15. Zivilsenat) hat eine Parallele zur "Tätigkeit in einer Sache" gesehen, die nach § 21e Abs. 4 GVG eine Ausnahmeregelung hinsichtlich des Verbleibs einer Sache bei dem zuerst zuständig gewordenen Richter oder Spruchkörper rechtfertigt. War der Beschluss vom 31. Januar 2005 in dieser Weise zu verstehen, hätte das vorliegende Verfahren keinesfalls abgegeben werden dürfen. Bei der Auslegung des § 21e Abs. 4 GVG ist streitig, ob der Begriff "Tätigkeit" eine vorbereitende Entscheidung oder eine sonstige Prozesshandlung des Richters beschreibt (so Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 21e Rn. 17; Löwe/Rosenberg/Breidling, StPO 25. Aufl. § 21e GVG Rn. 55) oder ob auch jede andere Befassung mit der Sache ausreicht (so Kissel/Mayer, GVG 5. Aufl. § 21e Rn. 149). Die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung stellt aber sowohl eine Prozesshandlung als auch eine Befassung mit der Sache dar. Offensichtlich war anderes gemeint, etwa eine inhaltliche Bearbeitung der Sache durch ein Mitglied des Spruchkörpers. Dann hätte der Begriff jedoch jegliche Kontur verloren und wäre für die Parteien - um deren Grundrecht auf den gesetzlichen Richter es geht - in keiner Weise mehr nachzuvollziehen. Im Übrigen ist die Sache kurzfristig vor dem zunächst anberaumten Termin verlegt worden; dass sich bis dahin noch niemand inhaltlich mit dieser doch recht umfangreichen Sache befasst haben soll, wäre angesichts ihres Umfangs und auch im Hinblick auf die Regelungen der §§ 273, 525 ZPO ungewöhnlich.
12
d) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts folgt eine Zuständigkeit des 15. Zivilsenats schließlich nicht daraus, dass dem Urteil eine mündliche Verhandlung vorausgegangen ist und nach Ziff. III.15 des Geschäftsverteilungsplans die Zuständigkeit eines Senats durch die Anberaumung eines Termins begründet wird. Der fehlerhafte Präsidiumsbeschluss über die Abgabe eines bereits anhängigen Verfahrens wird nicht durch eine anschließende mündliche Verhandlung geheilt.
13
3. Der Beklagte hat bereits in der Berufungsinstanz die Fehlerhaftigkeit des Präsidiumsbeschlusses vom 31. Januar 2005 und die daraus resultierende Unzuständigkeit des 15. Zivilsenats gerügt. Die Klägerin hat dagegen rügelos verhandelt. Gleichwohl ist sie nicht mit ihrer jetzt erhobenen Rüge des Verstoßes gegen den gesetzlichen Richter ausgeschlossen. Das Recht auf den gesetzlichen Richter ist unverzichtbar. Die Vorschrift des § 295 ZPO findet auf einfache Fehler bei der Auslegung und Würdigung des Geschäftsverteilungsplanes Anwendung (vgl. etwa Zöller/Greger, aaO § 295 Rn. 3; Stein/Jonas/Leipold , ZPO 22. Aufl. § 295 Rn. 21), nicht jedoch bei Verstößen gegen Art. 101 Abs. 1 GG (BGHZ 6, 178, 181; BGH, Urt. v. 19. Oktober 1992 - II ZR 171/91, NJW 1993, 600, 601; Beschl. v. 30. September 1997 - X ZB 17/96, NJW-RR 1998, 699; MünchKomm-ZPO/Zimmermann, 3. Aufl. § 21e GVG Rn. 66; MünchKomm-ZPO/Prütting, aaO § 295 Rn. 22; Hk-ZPO/Saenger, 2. Aufl. § 295 Rn. 4; Musielak/Huber, ZPO 5. Aufl. § 295 Rn. 3).

II.


14
Berufungsurteil Das ist daher ohne Sachprüfung aufzuheben (§ 562 Abs. 2 ZPO). Die Sache wird an den 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts zurückverwiesen (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgende rechtliche Gesichtspunkte hin:
15
1. Grundlage des Begehrens der Klägerin ist § 82 KO. Die Klägerin wirft dem Beklagten vor, Absonderungsrechte an einem sicherungsübereigneten Warenlager und an sicherungsabgetretenen Forderungen missachtet zu haben. Ihre Absonderungsrechte führt die Klägerin auf den am 5. Juni 1996 zwischen ihr und der Gemeinschuldnerin geschlossenen "Sicherungsübereignungsvertrag" zurück.
16
a) Gegen die Wirksamkeit dieses Vertrages erhebt die Revision des Beklagten zu Recht keine Bedenken. Gegenstand des Vertrages waren die der Gemeinschuldnerin zustehenden Rechte; Rechte der Lieferanten aus einfachen oder verlängerten Eigentumsvorbehaltslieferanten blieben unberührt.
17
b) Das Berufungsgericht hat nicht für erforderlich gehalten, die Rechte der Klägerin einerseits, der Lieferanten andererseits zu trennen. Es hat gemeint , die Klägerin könne auch hinsichtlich der vereitelten Lieferantenrechte Schadensersatz aus eigenem Recht verlangen. Dies folge aus einer "Vereinbarung über die Abgrenzung der Sicherheiten am Umlaufvermögen" vom 24. Juli 1996 zwischen der Gemeinschuldnerin, dem zugleich für bestimmte Lieferanten handelnden Kreditversicherer, weiteren Lieferanten, welche der Vereinbarung beitreten konnten, und den kreditgebenden Banken, in der es u.a. hieß: "Die beitretenden Lieferanten verpflichten sich mit dem Beitritt gegenüber der DG-Bank als Treuhänderin, ihre individuellen Rechte aller Art aus dem vereinbarten einfachen, erweiterten und verlängerten Eigentumsvorbehalt sowie ihre Zurückbehaltungsrechte und Pfandrechte während der Gültigkeit dieser Vereinbarung nicht geltend zu machen. Die Lieferanten ermächtigen mit ihrem Beitritt die DG-Bank (Klägerin) jedoch, alle ihnen zustehenden Sicherungsrechte , soweit dies zu deren Durchsetzung erforderlich ist, gegenüber der Firma (Gemeinschuldnerin), ihren Drittschuldnern und sonstigen Personen geltend zu machen."
18
Das Berufungsgericht hat diese Vertragsbestimmung dahingehend ausgelegt , dass "die Klägerin unter den schuldrechtlichen Bindungen der Treuhandschaft Inhaberin der Sicherungsrechte der Lieferanten werden und nicht nur ermächtigt werden sollte, die Lieferantenrechte als fremde Rechte in eigenem Namen geltend zu machen". Die Vertragsauslegung obliegt grundsätzlich dem Tatrichter. Sie kann in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden , ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt wurde, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt wurden und ob die Auslegung auf einem von der Revision gerügten Verfahrensfehler beruht (z.B. BGH, Urt. v. 26. März 2004 - V ZR 90/03, NJW-RR 2004, 952, 953). Die Revision des Beklagten erhebt insoweit keine Einwände.
19
Der c) Beklagte hat unter Beweisantritt behauptet, dass die Abgrenzungsvereinbarung durch die im August 1998 geschlossene "Vereinbarung über die Abgeltung der Sicherungsrechte der Warenlieferanten" aufgehoben worden sei. Für die Frage der Anspruchsvoraussetzungen - der Absonderungsrechte der Klägerin also - kommt es darauf nicht an. Die Klägerin wirft dem Beklagten vor, Absonderungsrechte missachtet und vernichtet zu haben. Es kann damit nur um Rechte gehen, die bis zum Ende der Tätigkeit des Beklagten am 14. August 1997 entstanden und untergegangen sind. Die Abgeltungsvereinbarung kann sich allenfalls auf den Umfang des Schadensersatzanspruchs auswirken.
20
d) Der Beklagte hat außerdem behauptet, es habe Lieferanten gegeben, die unter Eigentumsvorbehalt geliefert hätten, der "Abgrenzungsvereinbarung" aber nicht beigetreten seien; er hat bestritten, dass der Versicherer berechtigt gewesen sei, diese Lieferanten zu vertreten.
21
aa) Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen für nicht hinreichend substantiiert gehalten. Ob dies zutrifft, erscheint zweifelhaft, nachdem der Beklagte tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgetragen hat, dass auch Zahlungen an einzelne Lieferanten erfolgt sind, die ihre Sicherungsrechte selbst durchgesetzt haben ("Erpressungskosten"). Grundsätzlich ist die Klägerin darlegungsund beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anspruchs aus § 82 KO. Entgegen ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht reicht hierfür nicht aus, dass ein möglicher Erwerbstatbestand - die Verbringung einer beweglichen Sache in das sicherungsübereignete Warenlager - für sich genommen außer Streit steht. Durch die Einbringung in das Warenlager wurden der Klägerin nämlich nur solche Waren übereignet, die nicht im Eigentum Dritter (insbesondere der unter Eigentumsvorbehalt liefernden Lieferanten) standen. Der Beklagte kann aber nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast gehalten sein, Einzelheiten zu den von ihm behaupteten Rechten Dritter vorzutragen, soweit es sich um Umstände handelt, die er im Verlauf seiner Verwaltertätigkeit erfahren hat oder hätte erfahren müssen. Verstöße gegen die einem Verwalter gegenüber den Absonderungsberechtigten obliegenden Pflichten dürfen prozessual der Klägerin nicht zum Nachteil und dem Beklagten nicht zum Vorteil gereichen. Hinsichtlich solcher Umstände, die auch einem sorgfältig handelnden Verwalter verborgen geblieben wären, bleibt es bei der Darlegungs- und Beweislast der Klägerin.
22
bb) Gegebenenfalls wird die Vorschrift des § 287 ZPO anzuwenden sein. Dass die Verletzung von Absonderungsrechten der Klägerin nicht nur die Höhe des entstandenen Schadens bestimmt, sondern zugleich zu den Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 82 KO gehört, steht nicht entgegen. Die Verpflichtung zum Schadensersatz beruht in tatsächlicher Hinsicht darauf, dass ein bestimmtes Ereignis, durch das der Anspruchsteller betroffen worden ist, zu einem Schaden geführt hat. Das dem Anspruchsgegner zuzurechnende schadenstiftende Ereignis sowie die Betroffenheit des Anspruchstellers bilden den konkreten Haftungsgrund, der nach § 286 ZPO zu beweisen ist (BGHZ 4, 192, 196; BGH, Urt. v. 24. Februar 1987 - VI ZR 111/86, NJW-RR 1987, 1019, 1020; v. 24. Februar 2005 - VII ZR 141/03, NJW 2005, 1653, 1654; Stein/Jonas/Leipold, aaO § 287 Rn. 11; Hk-ZPO/Saenger, aaO § 287 Rn. 4). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte unbefugt ein Warenlager veräußert, eine Sachgesamtheit also, die jedenfalls auch aus der Klägerin sicherungsübereigneten Gegenständen bestand. Er hat im Zeitraum vom 1. Februar bis zum 14. August 1997 Forderungen eingezogen, welche der Klägerin zustanden, ohne die Erlöse zu separieren. Steht der konkrete Haftungsgrund fest, hat das Gericht über die Höhe des dadurch entstandenen Schaden unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu entscheiden. Jede andere Lösung würde in einem Fall wie dem vorliegenden entweder dem Verwalter kaum zu erfüllende Aufklärungsund Dokumentationspflichten hinsichtlich der im Zeitpunkt der Übernahme der Verwaltung bestehenden Aus- und Absonderungsrechte der Vorbehaltsverkäufer und der Sicherungsgläubiger auferlegen oder aber die Aus- und Absonderungsberechtigten nicht hinreichend vor Pflichtverletzungen des Verwalters schützen.

23
2. Bei der Frage der Pflichtverletzungen des Beklagten ist zwischen dem Warenlager und den Forderungen zu unterscheiden.
24
a) Hinsichtlich des Warenlagers hat das Berufungsgericht angenommen, der Beklagte sei aufgrund der Vereinbarung über die Aufrechterhaltung der Liquidität während des Konkursantragsverfahrens vom 29. November/4. Dezember /8. Dezember 1996 auch nach der Eröffnung des Konkursverfahrens noch zur Veräußerung der Waren im laufenden Geschäftsbetrieb berechtigt gewesen. Eine Pflichtverletzung hat es erst in der Veräußerung des Warenlagers an eine Auffanggesellschaft (fortan: RTG) gesehen.
25
aa) Der Einwand der Klägerin, der Beklagte hätte die Sicherheiten nach der Eröffnung des Konkursverfahrens nur noch verwerten, nicht aber verarbeiten und den erzielten Erlös entsprechend der "Liquiditätsvereinbarung" zur Fortsetzung der Produktion verwenden dürfen, ist unberechtigt. Ihrem Wortlaut nach galt die "Liquiditätsvereinbarung" nur für das Konkursantragsverfahren. Die an ihr beteiligten Sicherungsnehmer haben sich nach der Eröffnung des Konkursverfahrens jedoch so verhalten, als gälte sie fort. Ein Verbot der Weiterverarbeitung des Sicherungsguts und der Verwendung der Erlöse im laufenden Geschäftsbetrieb hätte notwendig dessen sofortige Einstellung zur Folge gehabt. Das wollte auch die Klägerin nicht. Ob die Überlegungen des Berufungsgerichts zur berechtigten Fortführung des Unternehmens des Gemeinschuldners und der damit verbundenen Verwertung von Sicherungsgut verallgemeinerungsfähig sind, braucht nicht entschieden zu werden.
26
bb) Der Beklagte war auch bei Fortgeltung der "Liquiditätsvereinbarung" nicht berechtigt, das Warenlager insgesamt an die RTG zu veräußern. Der Be- klagte hatte sich in der "Liquiditätsvereinbarung" verpflichtet, den Bestand der Sicherheiten zu erhalten. Die Erlöse aus der Veräußerung der Waren sollten nur insoweit für die Produktion zur Verfügung stehen, "wie neue Sicherheitenwerte zuwachsen". Nach der Veräußerung des Warenbestandes an die RTG fand eine Ergänzung des Bestandes an Sicherheiten nicht mehr statt. Das hat das Berufungsgericht zutreffend gesehen. Die RTG war an die vertraglichen Vereinbarungen, welche die Gemeinschuldnerin mit den Sicherungsnehmern abgeschlossen hatte, nicht gebunden. Sie erwarb, produzierte und verkaufte in eigenem Namen. Von ihr neu erworbene oder hergestellte Waren gingen nicht in das Eigentum der Klägerin über; die Vorausabtretung der Kaufpreisforderungen erfasste die Forderungen aus den von ihr abgeschlossenen Verträgen nicht.
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b) Gegenstand des Rechtsstreits ist außerdem das Einziehen von der Klägerin zur Sicherheit abgetretenen Forderungen im Zeitraum 1. Februar 1997 (Eröffnung des Konkursverfahrens) bis zum 14. August 1997 (Ende des Amtes des Beklagten).
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aa) Hinsichtlich der nach der Eröffnung des Konkursverfahrens neu entstandenen Forderungen hat das Berufungsgericht zu Unrecht die Voraussetzungen einer in der Berufungsinstanz zulässigen Klageänderung (§ 533 ZPO) verneint.
29
(1) Nach § 533 ZPO ist eine Klageänderung zulässig, wenn das Gericht sie für sachdienlich hält und sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Das Berufungsgericht hat die Sachdienlichkeit der Klageänderung in Zweifel gezogen, weil der Prozessstoff durch sie nicht unerheblich erweitert werde. Diese Zweifel sind unbegründet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es nicht auf die beschleunigte Erledigung des anhängigen Prozesses, sondern darauf an, ob und inwieweit die Zulassung der geänderten Klage den sachlichen Streit im Rahmen des anhängigen Verfahrens ausräumt und einem anderenfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Deshalb steht der Sachdienlichkeit einer Klageänderung nicht entgegen, dass im Falle ihrer Zulassung Beweiserhebungen nötig werden und dadurch die Erledigung des Prozesses verzögert wird. Bei der gebotenen prozesswirtschaftlichen Betrachtungsweise kann sie nur verneint werden, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (BGH, Urt. v. 27. September 2006 - VIII ZR 19/04, NJW 2007, 2414, 2415 Rn. 10 f mit weiteren Nachweisen). Das ist hier nicht der Fall.
30
(2) Die Klägerin hat den geänderten Antrag auf Tatsachen gestützt, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gelangt mit dem zulässigen Rechtsmittel grundsätzlich der gesamte aus den Akten ersichtliche Prozessstoff erster Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz. Das gilt auch für solches Vorbringen, das vom Gericht erster Instanz für unerheblich gehalten worden ist und im Tatbestand keine ausdrückliche Erwähnung gefunden hat (BGH, Urt. v. 27. September 2006, aaO S. 2416 Rn. 16 mit weiteren Nachweisen).
31
Die Klägerin hat in erster Instanz ihren Schaden auf der Grundlage des Bestandes ihrer Sicherheiten bei der Eröffnung des Konkursverfahrens am 1. Februar 1997 berechnet, weil der Beklagte ihrer Ansicht nach von da an nicht mehr berechtigt war, Waren zu veräußern und Forderungen einzuziehen. Nachdem das Berufungsgericht den rechtlichen Hinweis erteilt hatte, aufgrund der ihrem Wortlaut nach nur für die Dauer des Sequestrationsverfahrens geschlossenen "Liquiditätsvereinbarung" sei der Beklagte auch nach der Eröffnung noch zur Veräußerung der Waren im ordentlichen Geschäftsverkehr berechtigt gewesen, hat sie ihre Klage hilfsweise auf die Einziehung der im Zeitraum 1. Februar 1997 bis 13. August 1997 neu entstandenen, ihr im Voraus abgetretenen Forderungen gestützt.
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Dieser Sachverhalt war nicht "neu" und stand zudem außer Streit. Dass der Beklagte den Geschäftsbetrieb der Gemeinschuldnerin über den 1. Februar 1997 hinaus fortgeführt, vorhandene, der Klägerin sicherungsübereignete Warenbestände weiterverarbeitet und daraus entstandene Forderungen über allgemeine Konten eingezogen hat, hat die Klägerin schon in der Klageschrift vorgetragen. Der Beklagte hat dies nicht bestritten. Gegenüber dem Vorwurf der unberechtigten Verwertung des sicherungsübereigneten Warenlagers hat er sich damit verteidigt, die Erlöse seien für die Betriebsfortführung verwandt worden ; hierdurch seien neue Vorräte und Forderungen entstanden, die der Klägerin wiederum als Sicherheiten zur Verfügung gestanden hätten. Das Zahlenwerk der Klägerin beruht auf der vom Beklagten zur Stützung seines Vorbringens überreichten Anlage B 9. Der Beklagte hat mit diesem Vorbringen mündlich verhandelt; er kann sich nur unter den Voraussetzungen des § 290 ZPO, die bisher weder dargetan noch sonst aus den Akten ersichtlich sind, von ihm lösen. Das im ersten Rechtszug abgelegte gerichtliche Geständnis behält seine Wirksamkeit auch für die Berufungsinstanz (§ 535 ZPO). Unstreitiger Vortrag ist hier selbst dann zu berücksichtigen, wenn er neu ist und durch seine Zulassung eine Beweisaufnahme erforderlich wird (BGHZ 161, 138, 142 ff; offen gelassen von BGH, Beschl. v. 23. Juni 2008 - GSZ 1/08, WM 2008, 2131 Rn. 10).

33
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte sei aufgrund der zunächst fortgeltenden "Liquiditätsvereinbarung" bis zum 31. März 1997 (also bis zur Übertragung des operativen Geschäfts der Gemeinschuldnerin auf die Auffanggesellschaft, die RTG) berechtigt gewesen, die zur Sicherheit abgetretenen Forderungen einzuziehen und den Erlös im in der "Liquiditätsvereinbarung" vorgesehenen Umfang zur Fortsetzung der Produktion zu verwenden. Auch dies trifft grundsätzlich zu. Zu welchem Zweck die Erlöse im Betrieb der Gemeinschuldnerin eingesetzt werden durften, ob etwa neben der Ersatzbeschaffung von Material auch sonstige Produktionskosten beglichen werden durften, was einem neuen Kredit gleichgekommen wäre, ist eine Frage der Auslegung der "Liquiditätsvereinbarung", welche das Berufungsgericht erneut vorzunehmen haben wird. Entgegen der Ansicht des Beklagten war die Einhaltung der in der "Liquiditätsvereinbarung" übernommenen Pflichten nicht von vornherein unmöglich. Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der Sicherheiten der Vorbehaltslieferanten einerseits, der Banken andererseits hätte der Beklagte dadurch begegnen können, dass er die jedenfalls nicht der Masse zustehenden Erlöse insgesamt separierte und ihre Verwendung nachwies. Daraus, dass er dies unterließ, kann er nun keine prozessualen Vorteile herleiten.
34
c) Dass - wie der Beklagte vorträgt - die Fortführung der Produktion den Wert der Sicherheiten erhielt und dieser Wert durch den Verkauf des gesamten Unternehmens realisiert werden konnte, während durch einen Einzelverkauf nach Betriebseinstellung nur ein Bruchteil des Wertes hätte erzielt werden können , ändert nichts an der Rechtswidrigkeit des Vorgehens des Beklagten. Dem Beklagten wird nicht die Fortführung des Betriebs unter Missachtung der Rechte der Sicherungsnehmer vorgeworfen, sondern die Veräußerung des Warenlagers an die Auffanggesellschaft und die fehlende Separierung der Erlöse aus dem Einzug von Forderungen. Die Einstellung der Produktion war nicht die einzige Alternative, welche sich dem Beklagten bot.
35
d) Die vom Beklagten behaupteten Äußerungen des Vertreters der Klägerin im Gläubigerausschuss ändern ebenfalls nichts an der Rechtswidrigkeit seines Vorgehens. Dass die betreffende natürliche Person berechtigt war, die Klägerin rechtsgeschäftlich zu vertreten, oder dass er dies angenommen habe, behauptet der Beklagte nicht. Nicht einmal eine Zustimmung des gesamten Gläubigerausschusses - die der Beklagte ebenfalls nicht behauptet hat - wäre geeignet, den Beklagten zu entlasten.
36
Der 3. Verlust von Absonderungsrechten hätte dann nicht zu einem Schaden geführt, wenn die gesicherten Darlehen den Tatbestand des § 32a Abs. 1 GmbHG erfüllt hätten und die Klägerin demzufolge den Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Konkursverwalter nicht mit Erfolg hätte geltend machen können. Sicherheiten für ein eigenkapitalersetzendes Darlehen sind aufgrund des Zwecks der Kapitalerhaltungsregelungen unverwertbar (BGHZ 133, 298, 305; 173, 129, 142 Rn. 51). Ihr Verlust schadet folglich nicht. Die Voraussetzungen , unter denen ein von einem Dritten gewährtes Darlehen einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entspricht und damit den Eigenkapitalersatzregelungen unterfällt (§ 32a Abs. 3 GmbHG), hat das Berufungsgericht jedoch im Ergebnis zutreffend verneint. Die Klägerin ist nicht Normadressatin des § 32a Abs. 3 GmbHG. Entgegen der Ansicht der Revision des Beklagten handelt es sich bei der Gemeinschuldnerin nicht um ein von der Klägerin beherrschtes Unternehmen.
37
a) Adressat der Regeln über den Eigenkapitalersatz ist der Gesellschafter der GmbH (vgl. § 32a GmbHG). Nach ständiger Rechtsprechung des Bun- desgerichtshofs können die Eigenkapitalersatzregelungen aber auch auf Finanzierungshilfen Dritter anzuwenden sein, dann nämlich, wenn der Dritte bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Gesellschafter gleichsteht. Dies kann insbesondere auf Unternehmen zutreffen, die mit einem Gesellschafter horizontal oder vertikal verbunden sind. Die Verbindung kann unter anderem in der Weise bestehen , dass der Dritte an einer Gesellschafterin der Schuldnerin beteiligt ist; dies führt jedenfalls dann zur Anwendung der Eigenkapitalersatzvorschriften, wenn der Dritte aufgrund einer qualifizierten Mehrheit der Anteile oder Stimmrechte einen bestimmenden Einfluss auf den Gesellschafter ausüben kann (BGH, Urt. v. 21. November 2005 - II ZR 277/03, ZIP 2006, 279, 282 Rn. 20, insoweit in BGHZ 165, 106 ff nicht abgedruckt; v. 5. Mai 2008 - II ZR 108/07, ZIP 2008, 1230, 1231 Rn. 9).
38
Die b) Gemeinschuldnerin ist eine 100%ige Tochter der R. Holding GmbH (RTH), die wiederum zu 100 % von der I. gesellschaft mbH (I. ) gehalten wird. Die Revision des Beklagten errechnet eine durch verschiedene andere Gesellschaften (D. , K. , A. ) vermittelte Beteiligungsquote der Klägerin an der I. und damit an der RTH und der Gemeinschuldnerin von 54 %. Diese Berechnung trifft jedoch nicht zu. Der Klägerin können nur Anteile von solchen Unternehmen zugerechnet werden, die von ihr abhängig sind (§ 16 Abs. 4 AktG). Von einem im Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen wird vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist (§ 17 Abs. 2 AktG). Mehrheitlich (nämlich zu 100 %) beteiligt ist die Klägerin an der D. . Die D. hält 50 % der Anteile an der K. , diese wiederum 44,3 % der Anteile an der I. . An der A. ist die Klägerin nach den eigenen Angaben des Beklagten nur zu 46 % beteiligt.
39
c) Den durch Antrag auf Parteivernehmung des Vorstands der Klägerin unter Beweis gestellten Vortrag des Beklagten, dass die Klägerin die A. aufgrund eines mit der anderen Gesellschafterin dieser Gesellschaft geschlossenen "Grundlagenvertrags" beherrsche, hat das Berufungsgericht zu Recht für unbeachtlich gehalten. Eine Partei ist von Rechts wegen nicht gehindert, Tatsachen zu behaupten, über die sie eine genaue Kenntnis nicht haben kann, die sie aber nach Lage der Verhältnisse für wahrscheinlich oder möglich hält. Sie darf also Tatsachen als Behauptung in den Rechtsstreit einführen, deren Richtigkeit sie nur vermutet (BGH, Urt. v. 30. Januar 1989 - II ZR 175/88, BGHR ZPO § 373 Ausforschungsbeweis 4; BGH, Urt. v. 20. Juni 2002 - IX ZR 177/99, WM 2002, 1690, 1692). Unzulässig wird ein solches prozessuales Vorgehen erst dort, wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt, wobei in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt ist, dass in der Regel nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte die Annahme von Willkür rechtfertigen kann (BGH, Urt. v. 20. Juni 2002, aaO). In Zweifelsfällen hat die Partei die tatsächlichen Anhaltspunkte oder ihre Erkenntnisquellen darzulegen (BGH, Urt. v. 8. Mai 2002 - I ZR 28/00, WM 2003, 587, 590). Das ist hier nicht erfolgt. Entsprechenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen zeigt die Revisionsbegründung des Beklagten nicht auf.
40
4. Ein Schaden der Klägerin käme nicht in Betracht, wenn die vereitelten Absonderungsrechte anfechtbar gewesen wären. Ein Anfechtungsrecht ist zwar innerhalb der Anfechtungsfrist des § 41 Abs. 1 KO weder vom Beklagten noch von dem neu gewählten Verwalter Rechtsanwalt H. ausgeübt worden (vgl. § 36 KO). Gegenüber dem Anspruch des Inhabers einer anfechtbar erlangten Sicherheit auf Herausgabe der Sicherheit oder des vom Konkursverwalter eingezogenen Verwertungserlöses kann sich der Konkursverwalter jedoch auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen (§ 41 Abs. 2 KO; vgl. BGHZ 30, 238, 239; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 41 KO Anm. 8). Hätte sich die Klägerin aus bestimmten Sicherheiten nicht befriedigen können, weil der jeweilige Konkursverwalter die Einrede der Anfechtbarkeit der Bestellung der Sicherheiten hätte erheben können, wäre ihr aus dem Verlust dieser Sicherheiten kein Schaden entstanden. Zu prüfen sind insbesondere die Voraussetzungen einer Absichtsanfechtung nach § 31 Nr. 1 KO.
41
a) Die Klägerin leitet ihre Absonderungsrechte aus dem "Sicherungsübereignungsvertrag" vom 5. Juni 1996 her, mit dem die Gemeinschuldnerin ihr das Warenlager "zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche … aus der Geschäftsverbindung" übereignet hat. Zum Hintergrund dieses Vertrages hat das Berufungsgericht folgende Feststellungen getroffen: Die Klägerin war neben anderen Banken Kreditgeberin der R. Holding GmbH (fortan: RTH), der Muttergesellschaft der R. -Gruppe. Mit "Spaltungsvertrag" vom 29. August 1995 übertrug die RTH ihr operatives Geschäft auf die Gemeinschuldnerin. Mit den Kreditgebern wurde am 7. März 1996 eine "Vereinbarung" über die "Neuordnung der Kreditverhältnisse" (Nr. 2.3 des Vertrages ) geschlossen, nach welcher die Kreditschulden der RTH "unter Anpassung der Sicherheitenabsprachen" (Nr. 2.3.2 des Vertrages) von der Gemeinschuldnerin übernommen werden sollten. Mit Vertrag vom 29. August 1996 vereinbarten Klägerin und Gemeinschuldnerin, dass die von der Klägerin an die RTH ausgereichten Darlehen auf die Schuldnerin übergehen sollten, wie es bereits im Spaltungsvertrag vorgesehen gewesen sei.
42
Auf dieser tatsächlichen Grundlage hat das Berufungsgericht eine der Klägerin bekannte Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin mit folgender Begründung verneint: Der "Sicherungsübereignungsvertrag" vom 5. Juni 1996 habe keine inkongruente Sicherheit gewährt. Er dürfe nicht isoliert betrachtet werden, sondern stehe in einem von allen Beteiligten gewollten Sinnzusammenhang mit der Neuordnungsvereinbarung und dem Vertrag vom 29. August 1996. Mit dem konventionellen Geschäft der RTH habe die Gemeinschuldnerin auch deren Kredite übernehmen und neue Sicherheiten bestellen sollen. Aus dem wirtschaftlichen Zusammenhang aller Verträge ergebe sich, dass es sich dabei nur um das Umlaufvermögen habe handeln können, nämlich um dieselbe Sicherheit, welche zuvor die RTH gestellt gehabt habe. Das Umlaufvermögen habe zu keinem Zeitpunkt frei werden und dem Zugriff ungesicherter Gläubiger zur Verfügung stehen sollen. Außerdem komme selbst eine inkongruente Deckung als Beweisanzeichen für eine Benachteiligungsabsicht nicht mehr in Betracht, wenn sie im Rahmen eines erfolgversprechenden Sanierungskonzepts gewährt werde. Die Banken hätten im Rahmen der Neuordnung Gegenleistungen erbracht, insbesondere auf Kreditforderungen in Höhe von 20 Mio. DM verzichtet und die Kredite bis mindestens zum 31. Dezember 1996 prolongiert.
43
b) Nach § 31 Nr. 1 KO sind Rechtshandlungen anfechtbar, welche der Gemeinschuldner in der dem anderen Teil bekannten Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen.
44
aa) Voraussetzung jedes Insolvenzanfechtungsrechts ist, dass die angefochtene Rechtshandlung zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt hat. Diese Voraussetzung, die bisher nicht geprüft worden ist, ist unter folgendem Gesichtspunkt zweifelhaft: Bereits der an die RTH - die Rechtsvorgängerin der Gemeinschuldnerin, die von jener abgespalten worden ist - ausgereichte Kredit war durch eine Sicherungsübereignung "des Vorratsvermögens mit wechseln- dem Bestand und Forderungsabtretung" gesichert. War diese Sicherungsübereignung wirksam und handelt es sich um dasselbe Warenlager, was wahrscheinlich ist, wenn die Gemeinschuldnerin das operative Geschäft der RTH übernommen hat, "gehörte" das Warenlager am 5. Juni 1996 bereits der Klägerin. Der Spaltungsvertrag vermochte daran nichts zu ändern. Die Eintragung der Spaltung führt nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG zu einem Übergang der Rechte des übertragenden auf den abgespaltenen Rechtsträger. Was dem übertragenden Rechtsträger nicht gehörte, kann auch nicht übergehen.
45
bb) Der Begriff der Benachteiligungsabsicht i.S.v. § 31 Nr. 1 KO entspricht demjenigen des Benachteiligungsvorsatzes in § 133 InsO (HK-InsO/ Kreft, 4. Aufl. § 133 Rn. 2; Jaeger/Henckel, InsO § 133 Rn. 1, 21; G. Fischer NZI 2008, 588 f). Benachteiligungsabsicht ist danach gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung die Benachteiligung seiner Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge seiner Rechtshandlung erkannt und gebilligt hat (BGHZ 124, 76, 81 f; 162, 143, 153; HK-InsO/Kreft, aaO Rn. 10). Es genügt, dass der Schuldner die Benachteiligung der Gläubiger als mögliche Folge seines Handelns vorausgesehen und billigend in Kauf genommen hat, sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils. Dabei lässt sich aus dem Bewusstsein und der Vorstellung des Schuldners, dass die Gläubigerbenachteiligung die notwendige Folge seines Tuns ist, regelmäßig auf seinen darauf gerichteten Willen schließen.
46
Bei einem Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, ist ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz regelmäßig zu bejahen (BGHZ 155, 75, 84; 162, 143, 153). Der Beklagte hat unter Beweisantritt behauptet, der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin habe schon bei Abschluss des Sicherungsübereig- nungsvertrages mit der drohenden Insolvenz gerechnet, nämlich angenommen, dass dann, wenn nicht ein Wunder geschehe, die Gesellschaft in die Insolvenz gehen und dies bei den ungesicherten Konkursgläubigern zu erheblichen Forderungsausfällen führen werde. Voraussetzung einer Absichtsanfechtung nach § 31 Nr. 1 KO ist jedoch auch, dass der andere Teil - hier also: die Klägerin - Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Gemeinschuldners hatte.
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cc) Unabhängig davon könnte die Frage erheblich werden, ob die Sicherungsübereignung des Umlaufvermögens im Vertrag vom 5. Juni 1996 inkongruent war. Eine inkongruente Sicherung oder Deckung stellt in der Regel ein (starkes) Beweisanzeichen für eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners dar (BGHZ 123, 320, 326; 137, 267, 283). Ob die Übereignung des Warenlagers nebst Anschlusszession eine kongruente oder inkongruente Sicherheit darstellte, lässt sich den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts allerdings nicht entnehmen.
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(1) Kongruent ist eine Sicherung oder Deckung dann, wenn ein hinreichend bestimmter Anspruch auf sie bestand. Wird zugleich mit der Gewährung eines Kredits die Stellung einer bestimmten Sicherheit vereinbart, so ist deren Stellung kongruent (BGH, Urt. v. 5. November 1964 - VII ZR 2/63, WM 1965, 84, 87). Am 5. Juni 1996 haben die Klägerin und die Gemeinschuldnerin die Sicherungsübereignung des Warenlagers vereinbart, nicht aber einen Darlehensvertrag geschlossen. Dazu kam es erst am 29. August 1996. Diese Verträge könnten als Einheit gewollt gewesen sein.
59
(2) Möglicherweise ist der zuvor zwischen der Klägerin und der RTH bestehende Darlehensvertrag aber auch gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG auf die Gemeinschuldnerin übergegangen. Der Darlehensvertrag soll im Spaltungsvertrag aufgeführt gewesen sein. Zu prüfen wäre dann, ob der Vertrag zwischen der Klägerin und der RTH eine Sicherheit in Form der Übereignung des Warenlagers vorsah. Unabhängig davon könnte ein Anspruch auf Bestellung von Sicherheiten auch aus § 22 Abs. 1, § 125 Satz 1 UmwG folgen. Nach § 22 Abs. 1, § 125 Satz 1 UmwG ist den Gläubigern der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger Sicherheit zu leisten, wenn sie binnen sechs Monaten nach der Bekanntmachung der Eintragung der Umwandlung (vgl. § 22 Abs. 1, § 19 Abs. 3 UmwG) ihren Anspruch nach Grund und Höhe schriftlich anmelden. Der Anspruch richtet sich auf die Bestellung einer Sicherheit nach §§ 232 f BGB (Kallmeyer /Marsch-Barner, UmwG 3. Aufl. § 22 Rn. 12; Stratz in Schmitt/Hörnagel/ Stratz, UmwG 4. Aufl. § 22 Rn. 20; Semler/Stengel/Maier-Reimer, UmwG 2. Aufl. § 22 Rn. 52; Lutter/Hommelhoff/Schwab, UmwG 3. Aufl. § 133 Rn. 97). Er führt jedenfalls dann zur Kongruenz der Sicherheit, wenn die Ansprüche des Gläubigers gegen den übertragenden Rechtsträger gesichert waren und diese Sicherheit durch die Spaltung entfallen ist.
50
(aa) Dass dem Schuldner ein Ermessen bei der Auswahl der Sicherheit zusteht, steht der Annahme einer kongruenten Sicherheit nicht entgegen. Das folgt aus dem Sinn und Zweck des § 22 Abs. 1 UmwG. Diese Vorschrift soll den Sicherungsinteressen des Gläubigers Rechnung tragen, der die Spaltung und den damit verbundenen Übergang des Vertrages auf einen anderen Rechtsträger nicht verhindern kann. Würde sein Anspruch gegen den aufnehmenden Rechtsträger wegen des Auswahlermessens des Schuldners stets nur zu einer inkongruenten Sicherheit führen, würde dieses Ziel nicht erreicht. Der Gläubiger stünde vielmehr schlechter als vor der Spaltung.
51
(bb) § 232 BGB sieht eine Sicherheitsleistung durch Sicherungsübereignung beweglicher Sachen nicht vor. Sicherheit kann nach dieser Vorschrift (u.a.) durch Verpfändung beweglicher Sachen geleistet werden. Da die Sicherungsübereignung die Verpfändung einer beweglichen Sache im Wirtschaftsleben weitgehend ersetzt hat (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 50 Rn. 4, § 51 Rn. 50), kann jedoch auch sie kongruent sein, obwohl nur ein Anspruch auf Verpfändung besteht (vgl. RG JW 1909, 734, 735; Gerhardt/Kreft, Aktuelle Probleme der Insolvenzanfechtung 10. Aufl. Rn. 429).
52
(3) Wird eine Sicherheit für einen bereits ausgereichten, bisher unbesicherten Kredit bestellt, ist dieses Rechtsgeschäft inkongruent (BGH, Urt. v. 14. Februar 2008 - IX ZR 38/04, ZIP 2008, 706, 709 Rn. 31). Das in der Gewährung einer inkongruenten Sicherung oder Deckung liegende Beweisanzeichen für eine Benachteiligungsabsicht des Gemeinschuldners ist allerdings schon in seiner Bedeutung wesentlich herabgesetzt, wenn die Inkongruenz nur gering ist. Es ist entkräftet, wenn die angefochtene Rechtshandlung in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Sanierungskonzept stand, das mindestens in den Anfängen schon in der Tat umgesetzt war und die ernsthafte Aussicht auf Erfolg begründete (BGH, Urt. v. 12. November 1992 - IX ZR 236/91, ZIP 1993, 276, 279; v. 4. Dezember 1997 - IX ZR 47/97, WM 1998, 248, 250; ausf. Jaeger/ Henckel, aaO § 133 Rn. 34). Entscheidend ist der Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung, hier also des Vertrages vom 5. Juni 1996.
53
5. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Schadensersatzanspruch nicht auf den Wert der Darlehensforderungen der Klägerin beschränkt.
54
a) Die Klägerin ist dadurch geschädigt worden, dass ihr zur Sicherheit übereignete Waren veräußert und ihr zur Sicherheit abgetretene Forderungen eingezogen worden sind. Grundsätzlich entspricht der ihr entstandene Schaden daher dem Wert der Sicherheiten. Wäre sie jedoch zur (teilweisen) Rückgewähr der Sicherheiten oder nach deren Verwertung zur (teilweisen) Auskehrung des Erlöses an die Konkursmasse verpflichtet gewesen, wäre ihr insoweit durch den Verlust der Sicherheiten kein Schaden entstanden.
55
b) Diese Voraussetzung ist nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht erfüllt.
56
aa) Der Sicherungsübereignung des Warenlagers mit Anschlusszession lag nicht nur der Sicherungsübereignungsvertrag vom 5. Juni 1996 zugrunde, nach welchem die Sicherheiten alle bestehenden und künftigen Ansprüche der Klägerin gegen die Gemeinschuldnerin aus der Geschäftsverbindung sichern sollten. Am 29. August 1996 haben acht Banken und die Gemeinschuldnerin in einem "Sicherheiten-Poolvertrag" vereinbart, dass die Sicherungsübereignung der Warenbestände nebst Anschlusszession gemäß Vertrag vom 5. Juni 1996 auch die von den beteiligten Banken ausgereichten, im Einzelnen aufgeführten Kredite sichern sollte (Abschnitt II.1). Diese Vereinbarung ergänzte die Zweckerklärung des Sicherungsübereignungsvertrages vom 5. Juni 1996.
57
Bedenken bb) gegen die rechtliche Wirksamkeit dieser Vereinbarung bestehen nicht. Eine Sicherungszweckerklärung kann jederzeit durch individuelle Abrede erweitert werden (Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHandbuch 3. Aufl. § 90 Rn. 113; vgl. auch BGH, Urt. v. 14. Juli 1988 - V ZR 308/86, WM 1988, 1259, 1260; v. 21. Februar 2008 - IX ZR 255/06, ZIP 2008, 703, 705 Rn. 17 f, jeweils zur Grundschuld). Die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anfechtungstatbestandes hat der Beklagte in Bezug auf die Vereinbarung vom 29. August 1996 nicht dargetan. Auf die von der Revisionsbegründung des Beklagten aufgeworfene und unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 2. Juni 2005 (IX ZR 181/03, ZIP 2005, 1651, 1653) in Zweifel gezogene Frage, ob den übrigen Poolbanken aufgrund der genannten Vereinbarung ein eigenes Absonderungsrecht an dem sicherungsübereigneten Warenlager zustand, kommt es nicht an. Wären die Sicherheiten nicht untergegangen, hätte die Klägerin aus ihnen abgesonderte Befriedigung wegen aller in der zweiten Sicherungszweckerklärung genannten Forderungen verlangen können. Einen allgemeinen Rechtssatz dahingehend, dass aus einer treuhänderischen Verwaltung eines Sicherungsrechts kein eigenes Recht auf abgesonderte Befriedigung hergeleitet werden kann, gibt es nicht (vgl. BGH, Urt. v. 21. Februar 2008, aaO S. 706 Rn. 22).
58
6. Entgegen der Ansicht des Beklagten lässt sich ein Schaden der Klägerin auch aus anderen Gründen nicht von vornherein verneinen.
59
a) Der Anspruch aus § 82 KO setzt nicht voraus, dass die Insolvenzmasse zur Erfüllung des Schadensersatzanspruchs wegen des Verlusts der Absonderungsrechte nicht ausreicht. Der Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter wegen Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten ist gegenüber einem Schadensersatzanspruch gegen die Masse nicht subsidiär (BGH, Urt. v. 1. Dezember 2005 - IX ZR 115/01, ZIP 2006, 194, 195 f). Die Klägerin war also nicht verpflichtet, zunächst Schadensersatzansprüche gegen die Masse geltend zu machen. Gegenteiliges findet sich auch nicht an der vom Beklagten zitierten Kommentarstelle MünchKomm-InsO/Hefermehl, 2. Aufl. § 55 Rn. 34.
60
b) Derjenige Betrag, den der Beklagte bereits an den ihm nachfolgenden Konkursverwalter H. gezahlt hat, ist jedenfalls insoweit auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, als er an die Klägerin (oder andere Poolbanken, deren Ansprüche durch das Warenlager nebst Anschlusszession gesichert waren ) gelangt ist. Nach der Zurückverweisung mag der Beklagte klarstellen, ob er gegenüber den Angaben des Zeugen K. bei seiner Anhörung am 26. Juli 2006 an seiner ursprünglichen Behauptung festhalten will, der gesamte Betrag sei bereits an die Klägerin ausgezahlt worden.
Ganter Gehrlein Vill
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Baden-Baden, Entscheidung vom 20.08.2003 - 1 O 19/03 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 26.07.2006 - 15 U 6/05 -

(1) Das Berufungsgericht kann durch Beschluss den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde,
2.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist,
3.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und
4.
nicht bereits im Haupttermin zur Hauptsache verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(2) Der Einzelrichter legt den Rechtsstreit dem Berufungsgericht zur Entscheidung über eine Übernahme vor, wenn

1.
sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergeben oder
2.
die Parteien dies übereinstimmend beantragen.
Das Berufungsgericht übernimmt den Rechtsstreit, wenn die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 vorliegen. Es entscheidet hierüber nach Anhörung der Parteien durch Beschluss. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(3) Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung, Vorlage oder Übernahme kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(4) In Sachen der Kammer für Handelssachen kann Einzelrichter nur der Vorsitzende sein.

(1) Wird die Berufung nicht nach § 522 durch Beschluss verworfen oder zurückgewiesen, so entscheidet das Berufungsgericht über die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter. Sodann ist unverzüglich Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen.

(2) Auf die Frist, die zwischen dem Zeitpunkt der Bekanntmachung des Termins und der mündlichen Verhandlung liegen muss, ist § 274 Abs. 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Die Kommanditisten sind von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen; sie können einer Handlung der persönlich haftenden Gesellschafter nicht widersprechen, es sei denn, daß die Handlung über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgeht. Die Vorschriften des § 116 Abs. 3 bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 116/08 Verkündet am:
24. November 2008
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Schutzgemeinschaftsvertrag II

a) Eine Regelung im Gesellschaftsvertrag einer als Innen-GbR ausgestalteten
Schutzgemeinschaft, nach der die Konsortialmitglieder ihr Stimmrecht aus
den von ihnen gehaltenen Aktien oder sonstigen Beteiligungen an bestimmten
Kapitalgesellschaften auch bei dort einer qualifizierten Mehrheit bedürftigen
Beschlüssen so auszuüben haben, wie das jeweils zuvor in dem Konsortium
mit einfacher Mehrheit beschlossen wurde, ist nach personengesellschaftsrechtlichen
Grundsätzen wirksam und verstößt nicht gegen zwingende
Vorschriften des Kapitalgesellschaftsrechts.

b) Eine unter eine als solche wirksame Mehrheitsklausel fallende Mehrheitsentscheidung
kann im Einzelfall wegen Verstoßes gegen die gesellschafterliche
Treuepflicht unwirksam sein, was auf einer zweiten Stufe zu prüfen ist
(vgl. Senat BGHZ 170, 283 Tz 10 "OTTO"). Das gilt generell und nicht nur
bei Beschlüssen, welche die gesellschaftsvertraglichen Grundlagen des
Konsortiums berühren oder in den "Kernbereich" der Mitgliedschaftsrechte
der Minderheit eingreifen (Klarstellung zu Senat aaO Tz 9, 10).
BGH, Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08 - OLG Karlsruhe
LG Heidelberg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 24. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Caliebe und
Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 12. Januar 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die während des Revisionsverfahrens verstorbene Klägerin war Aktionärin , die Beklagten sind Aktionäre der D. G. -F. S. AG (künftig: DGF-AG), die auf dem Wege der Umwandlung aus der Chemische Werke S. & Co. GmbH hervorgegangen ist. Etwa 90 % des Grundkapitals der DGF-AG von 25 Mio. € werden von drei Stämmen der Gründerfamilien gehalten. Auf den Nachlass der vormaligen Klägerin und ihre Tochter entfallen ca. 38 %, auf die vier Beklagten ca. 32 %. Weitere 22 % hält der Stamm U. K. . Die restlichen knapp 10 % sind in Streubesitz.
2
Zwischen den Mitgliedern der drei Stämme besteht ein von den Gesellschaftsgründern im Jahre 1972 abgeschlossener "Schutzgemeinschaftsvertrag" (im Folgenden: SGV), der die Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsausübung aus gegenwärtigen und künftigen Beteiligungen der Mitglieder an den Familienunternehmen bezweckt. Gemäß § 1 Nr. 3 SGV ist die Schutzgemeinschaft eine Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts ohne Gesamthandsvermögen. Gemäß § 5 Nr. 2 SGV ist jedes Mitglied der Schutzgemeinschaft verpflichtet , sein Stimmrecht in den Gesellschafterversammlungen der Vertragsunternehmen so auszuüben, wie dies in den jeweils zuvor abzuhaltenden Mitgliederversammlungen der Schutzgemeinschaft mit einfacher Mehrheit (nach Gesellschaftsanteilen ) beschlossen worden ist. Das gilt gemäß § 4 Nr. 3 SGV auch dann, wenn für die Beschlussfassung bei einem Vertragsunternehmen eine größere Mehrheit vorgeschrieben ist. § 8 SGV sieht für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Stimmrechtsbindung eine Vertragsstrafe in Höhe von 25 % des Nennbetrags der Beteiligung des Schutzgemeinschaftsmitglieds an dem Vertragsunternehmen vor. Die Vertragsstrafe ist gemäß § 8 Nr. 2 SGV von der Geschäftsführung der Schutzgemeinschaft unverzüglich einzuziehen und an die vertragstreuen Mitglieder nach dem Verhältnis ihrer Gesellschaftsanteile zu verteilen. Geschäftsführendes Mitglied der Schutzgemeinschaft war zuletzt die verstorbene Klägerin (§ 3 Nr. 3 SGV).
3
In einer Hauptversammlung der DGF-AG vom 5. Mai 2000 stimmten die Beklagten gegen die - zuvor innerhalb der Schutzgemeinschaft mit einfacher Mehrheit gebilligten - Beschlussvorschläge zu den Tagesordnungspunkten 5-11, welche u.a. eine Umstrukturierung der DGF-AG in eine HoldingGesellschaft unter Ausgliederung ihres (wesentlichen) Teilbetriebs "Gelatine" auf eine GmbH & Co. KG (§ 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG) sowie eine entsprechende Änderung der Satzung der DGF-AG vorsahen. Der Versammlungsleiter stellte die Ablehnung der Beschlussanträge zu TOP 5 bis 9 fest, weil die erforderliche Dreiviertel-Mehrheit nicht erreicht sei. Anders entschied er zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11, die Gegenstand der Senatsurteile vom 26. April 2004 (BGHZ 159, 30 "Gelatine I" und II ZR 154/02, ZIP 2004, 1001 "Gelatine II") waren.
4
In einer weiteren Hauptversammlung der DGF-AG vom 24. April 2001 verweigerten die Beklagten unter Missachtung eines vorher mit einfacher Mehrheit gefassten - nach ihrer Ansicht unwirksamen - Beschlusses der Schutzgemeinschaft die Zustimmung zu einem Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag zwischen der DGF-AG und einem anderen Konzernunternehmen (TOP 5).
5
Mit ihrer Klage hat die vormalige Klägerin die Beklagten jeweils auf Zahlung einer Vertragsstrafe gemäß § 8 SGV in Anspruch genommen, und zwar den Beklagten zu 1 i.H.v. 1.024.191,11 €, die Beklagte zu 2 i.H.v. 2.758.104,34 € und die Beklagten zu 3 und 4 jeweils i.H.v. 2.757.554,89 €. Weiter hat sie in erster Instanz die Feststellung begehrt, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihr Stimmrecht als Aktionäre der DGF-AG auch dann in Einklang mit den Beschlüssen der Schutzgemeinschaft auszuüben oder ausüben zu lassen , wenn diese mit einfacher Mehrheit gefasst wurden und für die entsprechende Beschlussfassung der Aktionäre der DGF-AG eine größere Mehrheit vorgeschrieben ist. Das Landgericht hat dem Feststellungsantrag durch Teilurteil entsprochen. Das Berufungsgericht (OLGR Karlsruhe 2005, 429 = AG 2005, 814 = NZG 2005, 636) hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe der modifizierten Feststellung zurückgewiesen, dass § 5 Nr. 2 des Schutzgemeinschaftsvertrages , wonach die Mitglieder der Schutzgemeinschaft ihr Stimmrecht als Aktionäre der DGF-AG entsprechend den Beschlüssen der Schutzgemeinschaft auszuüben oder ausüben zu lassen haben, wirksam ist, auch wenn diese Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst wurden und für die Beschlussfassung der Aktionäre der DGF-AG eine größere Mehrheit vorgeschrieben ist. Dagegen richtet sich die - von dem Berufungsgericht zugelassene - Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist unbegründet.
7
I. Entgegen der Ansicht der Revision ist der in der Revisionsinstanz allein anhängige Feststellungsantrag durch den während des Revisionsverfahrens eingetretenen Tod der vormaligen Klägerin nicht unzulässig geworden.
8
1. Die verstorbene Klägerin hat mit ihrem Antrag auf Feststellung der Wirksamkeit der Mehrheitsklausel gemäß § 5 Nr. 2 SGV nicht etwa, wie die Revision meint, Rechte der - als bloße Innen-GbR gar nicht rechtsfähigen - Schutzgemeinschaft aufgrund einer Einziehungsermächtigung gemäß § 8 Nr. 2 SGV in gewillkürter Prozessstandschaft geltend gemacht, die entsprechend §§ 168 Satz 1, 673 BGB im Zweifel mit dem Tod des Ermächtigten endet (vgl. BGHZ 123, 132, 135). Vielmehr resultierten die Klagebefugnis und die Aktivlegitimation der vormaligen Klägerin für den Feststellungsantrag aus ihrer Mitgliedschaft in der vorliegenden Innen-GbR, ohne dass es insoweit auf ihre - nicht ohne weiteres vererbliche (vgl. Sen.Urt. v. 6. November 1958 - II ZR 146/57, WM 1959, 53; MünchKommBGB/Ulmer 4. Aufl. Rdn. 115) - Geschäftsführungsfunktion gemäß § 3 Nr. 3 SGV ankam. Denn der Streit über die Wirksamkeit der Mehrheitsklausel betrifft die gesellschaftsvertraglichen Grundlagen der Schutzgemeinschaft und wäre deshalb selbst im Fall einer rechtsfähigen Personengesellschaft nicht auf dem Wege einer Feststellungsklage seitens der oder gegen die Gesellschaft (vertreten durch ihre Geschäftsführung), sondern zwischen den oder einzelnen streitenden Gesellschaftern auszutragen (vgl. BGHZ 48, 177; Baumbach/Hopt, HGB 33. Aufl. § 109 Rdn. 38-40 m.w.Nachw.). Es handelt sich nicht um eine Geschäftsführungsangelegenheit; ebenso wenig müssen alle Gesellschafter als notwendige Streitgenossen beteiligt sein (vgl. Baumbach/Hopt aaO).
9
2. Die für das Klagerecht der verstorbenen Klägerin maßgebliche Mitgliedschaft ist gemäß § 10 Nr. 1 SGV vererblich. Danach werden die Personen, auf welche beim Tod eines Mitglieds der Schutzgemeinschaft dessen Beteiligungen an einem "Vertragsunternehmen" übergehen, automatisch auch Mitglieder der Schutzgemeinschaft. Infolgedessen kommen hier die Regeln der §§ 239, 246 ZPO zum Zuge. Gemäß § 246 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO war das Revisionsverfahren mit Wirkung für die Rechtsnachfolger der vormaligen Klägerin fortzusetzen, weil sie schon vor ihrem Tod durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Anwalt vertreten war und dessen Prozessvollmacht gemäß § 86 ZPO fortwirkt (vgl. Senat, BGHZ 121, 263, 265). Wer prozessführungsbefugter Rechtsnachfolger geworden ist, bedarf hier keiner Entscheidung, weil der Rechtsstreit gemäß § 246 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO unter der bisherigen Parteibezeichnung (mit oder ohne Hinweis auf die Rechtsnachfolge) fortgesetzt und entschieden werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 19. Februar 2002 - VI ZR 394/00, NJW 2002, 1430 f.). Eine Entscheidung über die Berechtigung einer Person als prozessführungsbefugter Rechtsnachfolger ist nur im Fall der Aufnahme des Rechtsstreits nach Unterbrechung (§ 239 ZPO; dazu BGH, Beschl. v. 8. Juni 2004 - IX ZR 281/03, NJW 2004, 2983) oder nach Aussetzung des Verfahrens (§ 246 Abs. 1 Halbs. 2 Abs. 2 i.V.m. § 239 ZPO) zu treffen (vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO 29. Aufl. § 249 Rdn. 7, 8). Im vorliegenden Fall ist eine Aussetzung gemäß § 246 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO weder angeordnet noch beantragt worden; das Revisionsverfahren hat lediglich wegen schwebender Vergleichsverhandlungen geraume Zeit geruht (§ 251 ZPO, der - im Gegensatz zu § 246 Abs. 2 - nicht auf § 239 ZPO verweist). Es gelten daher die genannten Grundsätze des § 246 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO, nach denen hier auch nicht darüber entschieden werden muss, ob die von der verstorbenen Klägerin angeordnete Dauer-Testamentsvollstreckung (§ 2209 BGB) sich in dem vorliegenden Sonderfall - abweichend von allgemeinen Regeln (vgl. dazu BGHZ 98, 45, 55; 108, 187, 194 f.; Sen.Beschl. v. 12. Januar 1998 - II ZR 223/97, ZIP 1998, 383) - in vollem Umfang auf den zum Nachlass gehörenden GbR-Anteil an der Schutzgemeinschaft erstreckt. Das liegt hier allerdings nahe, weil auf jeden Fall die Aktien und sonstigen Beteiligungen der verstorbenen Klägerin an den Vertragsunternehmen sowie das Stimmrecht aus ihnen der Verwaltungsbefugnis der Testamentsvollstrecker (§ 2205 BGB) unterliegen (vgl. Hüffer, AktG 7. Aufl. § 134 Rdn. 31) und der Schutzgemeinschaftsvertrag den alleinigen Zweck verfolgt , die Stimmrechte aus den Familienbeteiligungen an den Vertragsunternehmen durch eine Vor-Abstimmung zu bündeln. Wie die Revision selbst ausführt , ist in der Schutzgemeinschaft bereits der Stamm U. K. zum Teil durch einen Testamentsvollstrecker "repräsentiert".
10
3. Für die Zulässigkeit des in der Revisionsinstanz allein anhängigen Feststellungsantrags kommt es schließlich - entgegen der Ansicht der Revision - auch nicht darauf an, ob die Prozessführungsbefugnis der vormaligen Klägerin für die noch in erster Instanz anhängige Klage auf Zahlung der Vertragsstrafe allein auf der mit dem Tod der Klägerin erloschenen Einziehungsermächtigung gemäß § 8 Nr. 2 SGV beruhte (vgl. dazu BGHZ 123, 132, 135) oder das Zahlungsbegehren auch eine eigene, vererbliche Forderung der vormaligen Klägerin aus § 432 BGB einschloss, weil sie zu den vertragstreuen Mitgliedern der Schutzgemeinschaft als Anspruchsinhabern gehörte. Das Berufungsgericht hat den Feststellungsantrag zwar im Hinblick auf die zugleich erhobene Zahlungsklage als Zwischenfeststellungsantrag i.S. von § 256 Abs. 2 ZPO qualifiziert. Er war und ist aber auch unabhängig davon als allgemeine Feststellungsklage i.S. von § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Das dafür erforderliche Feststellungs- interesse ist gegeben, weil die Beklagten die Wirksamkeit der Mehrheitsklausel gemäß § 5 Nr. 2 i.V.m. § 4 Nr. 3 SGV nach wie vor bestreiten.
11
II. Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Feststellungsantrag in seiner zweitinstanzlich modifizierten Fassung entsprochen. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Mehrheitsklausel gemäß § 5 Abs. 2 i.V.m. § 4 Nr. 3 SGV wirksam. Die darin vereinbarte Stimmrechtsbindung kraft Mehrheitsbeschlusses der Schutzgemeinschaft verstößt nicht gegen zwingende Vorschriften des Personen - oder des Kapitalgesellschaftsrechts, insbesondere des Aktienrechts.
12
1. Die Zulässigkeit von Stimmbindungsverträgen zwischen Gesellschaftern in Form von Konsortialverträgen, Stimmrechtskonsortien oder Stimmenpools ist seit langem allgemein anerkannt (vgl. Senat, BGHZ 48, 163, 166; Urt. v. 20. Januar 1983 - II ZR 243/81, ZIP 1983, 297 f.; v. 25. September 1986 - II ZR 272/85, ZIP 1987, 103; Hüffer, AktG 8. Aufl. § 133 Rdn. 27; Röhricht in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 23 Rdn. 239 ff.; Odersky, Festschrift Lutter, S. 557, 559 m.w.Nachw.); sie folgt aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit und für das Aktienrecht auch schon aus einem Umkehrschluss zu § 136 Abs. 2 AktG. Nichtig sind danach nur Verträge, durch die ein Aktionär sich verpflichtet, sein Stimmrecht nach Weisung der Gesellschaft bzw. ihrer Organe auszuüben (vgl. Hüffer aaO § 136 Rdn. 25). Nicht unzulässig ist dagegen die vertragliche Verpflichtung eines Kapitalgesellschafters, nach Weisung eines Mitgesellschafters (vgl. Sen.Urt. v. 10. Januar 1951 - II ZR 18/50, NJW 1951, 268) oder auch eines evtl. nur geringfügig an der Gesellschaft beteiligten Konsortialführers (vgl. dazu BGHZ 153, 285, 292) abzustimmen (vgl. Zöllner, Festschrift für Ulmer S. 725, 749). Erst recht kann die vertragliche Bindung eines Aktionärs an die jeweilige Mehrheitsentscheidung eines Stimmrechtskonsortiums, dem er angehört, nicht unzulässig sein.
13
2. Die Mehrheitsklausel gemäß § 4 Nr. 3 SGV ist nach personengesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen und danach wirksam.
14
a) Stimmrechtskonsortien wie die vorliegende Schutzgemeinschaft bestehen regelmäßig in der Rechtsform einer Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts (vgl. Senat, BGHZ 126, 226, 234 "Schutzgemeinschaftsvertrag I" betreffend denselben Schutzgemeinschaftsvertrag) zu dem Zweck, die Stimmenmacht der Beteiligten gebündelt einzusetzen und so ihren Einfluss auf die Geschicke der Zielgesellschaft zu verstärken (vgl. MünchKommAktG/Schröer 2. Aufl. § 136 Rdn. 56). Das für Beschlüsse in einer GbR als Regel vorgesehene , jedoch praktischen Erfordernissen oftmals nicht gerecht werdende Einstimmigkeitsprinzip (vgl. § 709 Abs. 1 BGB) kann gemäß § 709 Abs. 2 BGB durch den Gesellschaftsvertrag abbedungen und durch das Prinzip einfacher Mehrheit ersetzt werden, um die Flexibilität und Handlungsfähigkeit der Gesellschaft in Streitfällen sicherzustellen (vgl. zu § 119 HGB, BGHZ 170, 283 Tz. 6 "OTTO"). Die Mehrheit braucht in diesem Fall nicht nach Köpfen bestimmt zu werden, sondern kann auch anderen Kriterien folgen, weshalb keine Bedenken dagegen bestehen, dass das Stimmengewicht der Mitglieder der Schutzgemeinschaft gemäß § 4 Nr. 4 SGV sich nach der Höhe ihrer Beteiligung an dem betreffenden Vertragsunternehmen richtet (vgl. Zöllner aaO S. 725, 727 f.).
15
b) Die vorliegende Mehrheitsklausel enthält keine Einschränkungen der Mehrheitsmacht im Sinne eines qualifizierten Mehrheitserfordernisses für bestimmte Beschlussgegenstände, sondern bestimmt ausdrücklich, dass mit einfacher Mehrheit gefasste Beschlüsse der Mitglieder der Schutzgemeinschaft über das Abstimmungsverhalten in der Gesellschafterversammlung des betreffenden Vertragsunternehmens jedes Mitglied auch dann binden, wenn für die entsprechende Beschlussfassung bei dem Vertragsunternehmen eine größere Mehrheit vorgeschrieben ist. Das erfasst eindeutig Fälle qualifizierter Mehr- heitserfordernisse bei einem Vertragsunternehmen. Einer minutiösen Auflistung der einzelnen in Betracht kommenden Beschlussgegenstände bedarf es dafür nicht (vgl. Senat, BGHZ 170, 283 Tz. 9 "OTTO"; K. Schmidt, ZHR 158, 206; ders. Gesellschaftsrecht 4. Aufl. § 16 II 2 S. 454). Infolgedessen kann der früher verstandene "Bestimmtheitsgrundsatz" auch nicht dazu herangezogen werden, einzelne, von den Beklagten als besonders gravierend angesehene Strukturmaßnahmen , die aktienrechtlich einer Dreiviertelmehrheit bedürfen, von vornherein aus der Reichweite der Mehrheitsklausel auszunehmen (in diesem Sinne aber noch MünchKommAktG/Pentz 2. Aufl. § 23 Rdn. 195), was im Übrigen ohnehin nicht zu der von der Revision verfochtenen Unwirksamkeit der Mehrheitsklausel , sondern nur dazu führen würde, dass der mit einfacher Mehrheit gefasste Beschluss der Konsortialmitglieder, weil von der Mehrheitsklausel nicht gedeckt, unwirksam wäre (vgl. BGHZ 85, 350, 356; missverständlich BGHZ 132, 263, 268).
16
c) Um einen sachgerechten Minderheitenschutz gegenüber der Mehrheit der Konsortialmitglieder zu erzielen, bedarf es weder einer extensiven, auf eine verdeckte Inhaltskontrolle hinauslaufenden (vgl. MünchKommBGB/Ulmer aaO § 709 Rdn. 88) Anwendung des "Bestimmtheitsgrundsatzes" noch gar des Verdikts der Unwirksamkeit der nach allgemeinen personengesellschaftsrechtlichen Grundsätzen wirksamen (vgl. oben II 2 a) Mehrheitsklausel. Denn eine Mehrheitsklausel, wie sie hier vorliegt, begründet ohnehin nur eine formelle Legitimation für die von ihr erfassten Mehrheitsentscheidungen (vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht aaO § 16 II 2 c S. 455 f.), die jedoch auf einer zweiten Stufe einer inhaltlichen Wirksamkeitsprüfung im Einzelfall unterliegen (dazu unten 3 sowie BGHZ 170, 283 Tz. 10 "OTTO"). Die Mehrheitsklausel als solche ist eine wertneutrale Verfahrensregel, deren Vor- und Nachteile allen Gesellschaftern von Fall zu Fall zugute kommen können (vgl. K. Schmidt aaO). Formell gedeckt wäre durch die vorliegende Mehrheitsklausel selbst eine Mehrheitsentschei- dung der Konsortialmitglieder über die Auflösung der DGF-AG (§ 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG); erst recht gilt das für die Entscheidung über ihre Umstrukturierung, ohne dass es insoweit darauf ankommt, ob die wirtschaftliche Bedeutung dieser von der Konsortialmehrheit gewünschten Maßnahme ein Ausmaß erreichte, das nach den Grundsätzen im Senatsurteil vom 26. April 2004 (BGHZ 159, 30, 37 "Gelatine I") aktienrechtlich eine Zustimmung der Hauptversammlung der DGFAG mit Dreiviertelmehrheit erforderte, wie die Revision geltend macht.
17
Ob die jeweilige Mehrheitsentscheidung wirksam ist, was selbstverständlich auch § 4 Nr. 3 und § 5 Nr. 2 SGV voraussetzen, ist damit noch nicht gesagt, sondern auf der genannten zweiten Stufe unter dem Aspekt einer etwaigen Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht der Mehrheit gegenüber der Minderheit zu prüfen. Das gilt, wie gegenüber dem Senatsurteil vom 15. Januar 2007 (BGHZ 170, 283 Tz. 9, 10 "OTTO") klarzustellen ist, nicht nur bei - hier nicht gegebenen (vgl. Habersack, ZHR 164 [2000], 6 f.) - Maßnahmen, welche die gesellschaftsvertraglichen Grundlagen des Konsortiums berühren (sog. "Grundlagengeschäft") oder in den "Kernbereich" der Mitgliedschaftsrechte bzw. in absolut oder relativ unentziehbare Rechte der Minderheit eingreifen. Insbesondere in den zuletzt genannten Fällen liegt regelmäßig eine treupflichtwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht vor. In sonstigen Fällen hat die Minderheit den Nachweis einer treupflichtwidrigen Mehrheitsentscheidung zu führen (vgl. BGHZ 170, 283 Tz. 10 a.E. "OTTO"). Davon unberührt bleibt die Wirksamkeit der Mehrheitsklausel als solcher, über die in dem vorliegenden Revisionsverfahren allein zu entscheiden ist. Im Fall einer treupflichtwidrigen Mehrheitsentscheidung ist diese, nicht aber die Mehrheitsklausel unwirksam.
18
d) Von diesem Ansatz ausgehend besteht dagegen kein Grund, bereits der Mehrheitsklausel als solcher die Wirksamkeit deshalb abzusprechen, weil sie von den für Beschlüsse innerhalb der Hauptgesellschaft (DGF-AG) gelten- den Mehrheitserfordernissen des Aktienrechts abweicht. Entgegen der Ansicht der Revision schlagen die qualifizierten Mehrheitserfordernisse des Aktien- und des Umwandlungsrechts auf die Ebene des Konsortialvertrages nicht durch (ebenso König, ZGR 2005, 417, 422; Noack, Gesellschaftervereinbarungen bei Kapitalgesellschaften [1994] S. 207 f.; Odersky aaO S. 557, 559 f.; Zöllner aaO S. 725 ff., 737; a.A. Habersack, ZHR 164 [2000], 1 ff.; MünchKommHGB/ Enzinger 2. Aufl. § 119 Rdn. 37; MünchKommAktG/Pentz 3. Aufl. § 23 Rdn. 195 sowie zum Umwandlungsrecht Zimmermann in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 53 Rdn. 45; Anh. nach § 77 Rdn. 49).
19
aa) Ebenso wie sich ein Kapitalgesellschafter unabhängig von der Höhe seiner Beteiligung und den jeweiligen Mehrheitserfordernissen vertraglich verpflichten kann, sein Stimmrecht nach Weisung eines Mitgesellschafters auszuüben (vgl. oben II 1), kann er mit anderen Gesellschaftern vereinbaren, dass diese und er selbst ihr Stimmrecht in der Kapitalgesellschaft jeweils so auszuüben haben, wie sie das zuvor in dem von ihnen gebildeten Konsortium mit einfacher Mehrheit beschlossen haben (vgl. Zöllner aaO S. 749 f.). Die durch eine solche Vereinbarung begründete Bindung der jeweiligen Minderheit in Abweichung von kapitalgesellschaftsrechtlichen Mehrheitserfordernissen ist keineswegs per se treuwidrig oder gar gesetzeswidrig (so aber MünchKommAktG/ Pentz, 3. Aufl. § 23 Rdn. 195). Eine Treuwidrigkeitsprüfung der einzelnen Mehrheitsentscheidung (vgl. oben II 2 c) bleibt davon unberührt.
20
bb) Für eine Übertragung der Mehrheitserfordernisse des Kapitalgesellschafts - und Umwandlungsrechts auf den Schutzgemeinschaftsvertrag ist in Anbetracht der für ihn geltenden personengesellschaftsrechtlichen Grundsätze kein Raum. Durch die vorliegende Mehrheitsklausel werden nicht die qualifizierten Mehrheitserfordernisse des Aktien- oder Umwandlungsrechts unzulässigerweise außer Kraft gesetzt. Die Klausel zielt vielmehr darauf ab, diese zu erfül- len. Die vorgelagerte Willensbildung in dem Stimmrechtskonsortium richtet sich nach den dafür getroffenen Vereinbarungen, die mit aktienrechtlichen Vorschriften nicht konform gehen müssen (vgl. auch Großkomm.z.AktG/Röhricht 4. Aufl. § 23 Rdn. 238 f.). Grundsätzlich ist vielmehr zwischen der schuldrechtlichen und der korporationsrechtlichen Ebene zu unterscheiden.
21
cc) Eine Übertragung der aktienrechtlichen Mehrheitserfordernisse auf die Konsortialebene würde im Übrigen zu praktischen Problemen und Ungereimtheiten führen (vgl. im Einzelnen Noack aaO S. 208). So z.B. hätte dann, worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist, ein mit nur 23,4 % an der DGF-AG und daher mit 26 % an der Schutzgemeinschaft beteiligtes Mitglied dort eine Sperrminorität, die ihm in der DGF-AG nicht zukäme. Ohne Erfolg hält die Revision diesem Argument entgegen, der aktienrechtliche Minderheitenschutz könne und müsse jedenfalls dadurch gewährleistet werden, dass Mitglieder der Schutzgemeinschaft, denen in der AG eine Sperrminorität zukomme , in den Fällen qualifizierter aktienrechtlicher Mehrheitserfordernisse an die mit einfacher Mehrheit gefassten Beschlüsse der Schutzgemeinschaft nicht gebunden seien. Das geht schon daran vorbei, dass keiner der vier Beklagten je für sich allein über einen Aktienbesitz von mehr als 25 % verfügt, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist. Sie bilden vielmehr einen faktischen "Unter-Pool" mit insgesamt ca. 32 % der Aktien, mag auch der Beklagte zu 1 sich den Nießbrauch an den Aktien der Beklagten zu 2 bis 4, seinen Kindern, vorbehalten haben. Das ist eine Konstellation, die sich ändern kann. Würde dann im Unter-Pool mit einfacher Mehrheit entschieden, so würde ein Stimmenanteil eines der Beklagten von 16,1 % ausreichen, um einen von allen übrigen Konsortialmitgliedern gewünschten, mit qualifizierter Mehrheit zu fassenden Hauptversammlungsbeschluss zu verhindern.
22
Davon abgesehen ist die Möglichkeit, eine Sperrminorität auszuüben, kein mit den einzelnen Aktien oder mit einer bestimmten Zahl von ihnen verbundenes subjektives Recht des Inhabers auf Verhinderung qualifizierter Mehrheitsbeschlüsse (vgl. Zöllner aaO S. 743 f.), wie auch in dem von der Revision selbst vorgelegten Rechtsgutachten zutreffend ausgeführt wird. Eine Sperrminorität hängt nicht nur von einem festen Gesamtanteil am Grundkapital, sondern von der Teilnahme seines Inhabers an der Hauptversammlung ab und kann je nach der - meist unvollständigen - Präsenz der Aktionäre in der Hauptversammlung variieren, was auf der Grundlage der Ansicht der Revision ebenfalls berücksichtigt werden müsste. Selbst wenn man in der mit der Innehabung von mehr als 25 % des Grundkapitals verbundenen Möglichkeit, eine Sperrminorität auszuüben, ein zum Kernbereich der Rechte des Konsortialmitglieds gehörendes Recht sehen würde, könnte auf dessen Ausübung jedenfalls verzichtet werden, und zwar auch im Voraus durch Unterwerfung unter eine insoweit klar gefasste Mehrheitsklausel (vgl. MünchKommBGB/Ulmer § 709 Rdn. 92). Das ist hier, wie schon ausgeführt, der Fall. Wer eine Stimmrechtsbindung der vorliegenden Art vereinbart, kann eine - auf ein Vetorecht hinauslaufende - Sperrminorität nicht in Anspruch nehmen. Dies widerspräche auch dem zulässigen Zweck des Konsortiums, die Stimmenmacht seiner Mitglieder gebündelt einzusetzen. In Fällen qualifizierter Mehrheitserfordernisse gilt nichts anderes.
23
dd) Die von der Revision u.a. verfochtene Anwendung des § 745 Abs. 3 BGB scheitert daran, dass die Schutzgemeinschaft keine Gemeinschaft im Sinne von §§ 741 ff. BGB, sondern eine Innen-GbR ist. Eine analoge Anwendung der genannten Vorschrift, die zu einem Einstimmigkeitserfordernis führen würde , ist weder sachgerecht noch geboten.
24
ee) Entgegen der Ansicht der Revision führt die vorliegende Mehrheitsklausel auch nicht zur einer unvertretbaren, deren Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) begründenden Knebelung der Konsortialmitglieder unter Einschluss der Beklagten. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, ist eine auf Dauer angelegte Stimmbindung in einem Konsortium nicht ungewöhnlich und führt dann nicht zu einer unvertretbaren Bindung, wenn das Konsortialmitglied sich aus ihr unter zumutbaren Bedingungen befreien kann. Das ist hier der Fall, wie sich - entgegen der Ansicht der Revision - bereits aus dem Senatsurteil vom 13. Juni 1994 (BGHZ 126, 226 "Schutzgemeinschaftsvertrag I") ergibt. Der Senat hat dort entschieden, dass das bei Ausscheiden eines Mitglieds der Schutzgemeinschaft gemäß § 9 Nr. 2 SGV vorgesehene Recht der übrigen Mitglieder, die Anteile des Ausgeschiedenen an den Vertragsunternehmen zum Nennbetrag zu übernehmen, nicht zu einer gemäß § 723 Abs. 3 BGB unzulässigen Kündigungsbeschränkung führe (aaO S. 238). Damit ist implizit auch darüber entschieden , dass die Kündigungsregelung keine sittenwidrige Knebelung der Mitglieder des Schutzgemeinschaftsvertrages gemäß § 138 BGB darstellt. Eine Kündigung aus wichtigem Grund ist ohnehin jederzeit möglich. Entgegen der Ansicht der Revision ist die ordentliche Kündigungsfrist von zwei Jahren gemäß § 9 Nr. 2 SGV nicht deshalb unangemessen lang, weil sie den üblichen Zeitraum zwischen der Bekanntmachung der Tagesordnung und der Beschlussfassung in der Schutzgemeinschaft sowie in der AG erheblich übersteigt. Es wäre vielmehr mit Sinn und Zweck des zulässigerweise langfristig angelegten Schutzgemeinschaftsvertrages unvereinbar, wenn sich ein Mitglied jederzeit - ohne wichtigen Grund - vor einer ihm nicht genehmen Beschlussfassung "verabschieden" und womöglich mit den von ihm noch gehaltenen Aktien in der Hauptversammlung sanktionslos gegen den Beschluss stimmen könnte.
25
3. Auch wenn sonach die vorliegende Mehrheitsklausel wirksam ist, schließt dies, wie schon ausgeführt, nicht aus, dass im Einzelfall eine Bindung an einen Konsortialbeschluss wegen dessen Unwirksamkeit entfällt. Das kann der Fall sein, wenn dieser einen gesetzeswidrigen Inhalt hat (vgl. dazu Habersack aaO S. 10; Zöllner aaO S. 732 f.) oder die Mehrheit sich treupflichtwidrig über beachtenswerte Belange der Minderheit hinwegsetzt (vgl. BGHZ 170, 283, 287 f. Tz. 10 "OTTO"; vgl. auch MünchKommBGB/Ulmer aaO § 709 Rdn. 100 f.). Insoweit bedarf es - neben der formellen Legitimation der Mehrheitsmacht durch eine sie deckende Mehrheitsklausel - einer inhaltlichen Wirksamkeitsprüfung der Mehrheitsentscheidung, wenn hinreichende Anhaltspunkte für eine treuwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht oder für eine zweckwidrige Instrumentalisierung der Mehrheitsklausel vorliegen (vgl. oben II 2 c). In diese Richtung zielen die Einwände der Beklagten gegen die von der Konsortialmehrheit gewünschte und von ihnen abgelehnte Umstrukturierung der DGF-AG. Darüber ist aber in dem gegenwärtigen Revisionsverfahren nicht zu entscheiden, weil dieses nicht die Frage der Wirksamkeit der beiden Konsortialbeschlüsse , sondern allein die Frage der grundsätzlichen Wirksamkeit der Mehrheitsklausel im Verhältnis zu aktienrechtlichen Mehrheitserfordernissen zum Gegenstand hat. Jedoch wird das Landgericht, bei dem der Streit um den Zahlungsanspruch noch anhängig ist, u.a. über die genannte Vorfrage - auch unter Berücksichtigung des Zwecks des Schutzgemeinschaftsvertrages - zu entscheiden haben.
26
III. Abschließend weist der Senat darauf hin, dass die für das angefochtene Urteil nicht entscheidungserheblichen Ausführungen des Berufungsgerichts zu der von ihm angenommenen Verwirkung der Vertragsstrafe das Landgericht nicht binden und dass insbesondere die Frage schuldhafter Verstöße der Beklagten gegen die Mehrheitsbeschlüsse vom 5. Mai 2000 und vom 24. April 2001 eingehender tatrichterlicher Klärung des Sachverhalts und anschließender Würdigung bedarf. Das Verhältnis zwischen aktienrechtlichen und konsortialen Mehrheitserfordernissen war seinerzeit (bis zum Jahr 2001) in der Rechtsprechung nicht und im Schrifttum kaum erörtert worden. Immerhin konnten sich die Beklagten auf das von ihnen eingeholte Rechtsgutachten des Prof. Dr. Ha. vom 28. Mai 1999 stützen. Der Vorwurf, die Beklagten hätten die zwischen den Gesellschaftern seit längerem streitige Frage der Tragweite der Mehrheitsklausel gerichtlich klären lassen können, wie das Berufungsgericht angenommen hat, erscheint im Hinblick darauf überprüfungsbedürftig, dass die Beklagten schwerlich ein rechtskräftiges Urteil zu dieser Frage hätten erwirken können, ehe die von ihnen abgelehnten Umstrukturierungen der DGF-AG zur Beschlussfassung in der Schutzgemeinschaft und in der Hauptversammlung anstanden. Im Übrigen wäre in die Verschuldensprüfung auch die Frage einzu- beziehen, ob die Beklagten, wenn sich eine treuwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht nicht feststellen lassen sollte, fahrlässig von entsprechenden Voraussetzungen ausgegangen sind.
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG Heidelberg, Entscheidung vom 14.08.2003 - 11 O 13/03 KfH -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 12.01.2005 - 7 U 181/03 -

(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein.

(2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 55/04 Verkündet am:
24. Oktober 2005
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Geschäftsführer einer GmbH kann unter einer auflösenden Bedingung bestellt
werden. Sieht der Bestellungsakt vor, dass das Amt endet, wenn der Geschäftsführer
ab einem bestimmten Zeitpunkt der GmbH nicht seine volle
Arbeitskraft zur Verfügung stellt, so verliert der Geschäftsführer automatisch
sein Amt, wenn er zu dem genannten Zeitpunkt diese Voraussetzung nicht erfüllt
, etwa weil er außerdem einer weiteren Tätigkeit nachgeht.
BGH, Urteil vom 24. Oktober 2005 - II ZR 55/04 - OLG Stuttgart
LG Ulm
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 24. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Strohn
und Caliebe

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Februar 2004 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die familiär geprägte W. GmbH & Co. KG hat die klagende GmbH (Klägerin zu 2) als Komplementärin. An ihr sind neben weiteren Personen der Kläger zu 1 und der Beklagte zu 1 sowie dessen Mutter, die Beklagte zu 2, beteiligt. Durch Gesellschafterbeschluss vom 25. März 1994 wurde - neben dem Kläger zu 1 - der Beklagte zu 1 zum Geschäftsführer der Klägerin zu 2 bestellt. Weiter heißt es in dem Beschluss: "Stellt der Geschäftsführer J. N. (Beklagter zu 1) ab dem 31.12.1996 nicht seine volle Arbeitskraft zur Verfügung, so scheidet er als Geschäftsführer aus der W. Verwaltungsgesellschaft mbH (Klägerin zu 2) aus; insoweit ist seine Bestellung zum Geschäftsführer befristet."
2
Hintergrund dieser Regelung war, dass der Beklagte zu 1 als Geschäftsführer der L. GmbH tätig war und ihm die Möglichkeit eröffnet werden sollte, sein Engagement in der anderen Gesellschaft nicht abrupt, sondern mit einer längeren Übergangsfrist zu beenden. Dementsprechend wurde dem Beklagten zu 1 in dem Geschäftsführerdienstvertrag die Befugnis eingeräumt, seine bislang ausgeübte Tätigkeit als Geschäftsführer der L. GmbH bis zum 31. Dezember 1996 in eingeschränktem Umfang fortzusetzen. Tatsächlich nahm der Beklagte zu 1 über diesen Zeitpunkt hinaus bis Februar 2003 die Funktion des Geschäftsführers der L. GmbH wahr.
3
Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Feststellung, dass der Beklagte zu 1 nicht mehr Geschäftsführer der Klägerin zu 2 ist. Das Oberlandesgericht hat der - erstinstanzlich abgewiesenen - Klage auf die Berufung der Kläger stattgegeben. Mit ihrer - von dem Senat zugelassenen - Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
5
I. Das Oberlandesgericht (ZIP 2004, 951), das die Feststellungsklage als zulässig erachtet, meint, der Beklagte zu 1 sei nicht mehr Geschäftsführer der Klägerin zu 2. Der Beklagte zu 1 sei unter der auflösenden Bedingung zum Geschäftsführer der Klägerin zu 2 bestellt worden, ihr ab dem 31. Dezember 1996 seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Diese Bedingung sei zwischenzeitlich eingetreten, weil der Beklagte zu 1 seine Tätigkeit bei der L. GmbH nicht aufgegeben habe. Die Bestellung eines Geschäftsführers unter einer auflösenden Bedingung unterliege keinen Wirksamkeitsbedenken, weil sie die Rechtsstellung Dritter nicht beeinträchtige.
6
II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung stand.
7
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht die Feststellungsklage für zulässig gehalten.
8
a) Ob der Beklagte zu 1 infolge des Eintritts einer auflösenden Bedingung sein Geschäftsführeramt bei der Klägerin zu 2 verloren hat, kann nur im Rahmen einer Feststellungsklage (§ 256 ZPO) geklärt werden. Eine Anfechtung des Gesellschafterbeschlusses vom 25. März 1994 über die Bestellung des Beklagten zu 1 zum Geschäftsführer der Klägerin zu 2 kommt nicht in Betracht, weil die Parteien übereinstimmend von der Wirksamkeit dieses Beschlusses ausgehen und ihr Streit allein dessen inhaltliche Tragweite betrifft (vgl. Sen.Urt. v. 1. März 1999 - II ZR 205/98, ZIP 1999, 656 = WM 1999, 796).
9
b) Die Feststellungsklage der Klägerin zu 2 ist gegen den Beklagten zu 1 ohne weiteres zulässig, weil sie ein rechtliches Interesse an der verbindlichen Klärung hat, ob der Beklagte zu 1 noch ihr Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan ist (vgl. Sen.Urt. v. 20. Juni 2005 - II ZR 18/03, ZIP 2005, 1365 f. zum umgekehrten Fall der Feststellungsklage des Geschäftsführers). Zulässigkeitsbedenken bestehen ebenfalls nicht, soweit die Feststellung im Verhältnis des Klägers zu 1 zu den Beklagten zu 1 und 2 als Gesellschafter der Klägerin zu 2 begehrt wird. Da für die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter von erheblicher Bedeutung ist, wer das Amt des Geschäftsführers innehat, kann diese Frage auch im Verhältnis der Gesellschafter zueinander durch eine Feststellungsklage geklärt werden (BGHZ 121, 257 f. m.w.Nachw.), zumal sich das Problem der Rechtskrafterstreckung des Urteils auf die GmbH (BGHZ aaO) wegen der Beteiligung der Klägerin zu 2 am vorliegenden Rechtsstreit nicht stellt. Wegen des gleich gelagerten Klärungsinteresses begegnet die Zulässig- keit der Feststellungsklage auch im Verhältnis der Klägerin zu 2 zu der Beklagten zu 2 keinen Bedenken.
10
c) Die Klägerin zu 2 wird im vorliegenden Rechtsstreit zutreffend durch ihren Geschäftsführer, den Kläger zu 1, vertreten. Solange die Gesellschaft nicht von ihrer Befugnis nach § 46 Nr. 8 2. Alternative GmbHG Gebrauch macht, kann sie im Rechtsstreit gegen einen früheren Geschäftsführer durch die amtierenden Geschäftsführer vertreten werden (Sen.Urt. v. 24. Februar 1992 - II ZR 79/91, ZIP 1992, 760 = WM 1992, 731).
11
2. Auch in der Sache ist dem Berufungsgericht zu folgen, dass der unter einer auflösenden Bedingung zum Geschäftsführer der Klägerin zu 2 bestellte Beklagte zu 1 dieses Amt mit Eintritt der Bedingung verloren hat.
12
a) Der Beklagte zu 1 ist unter einer auflösenden Bedingung (§ 158 BGB) zum Geschäftsführer der Klägerin zu 2 berufen worden, weil er als Geschäftsführer ausscheiden sollte, sofern er der GmbH "ab dem 31. Dezember 1996 nicht seine volle Arbeitskraft zur Verfügung" stellt.
13
Durch diese Gestaltung wurde eine Befristung mit einer Bedingung kombiniert , weil die auflösende Bedingung erst nach einem bestimmten Zeitablauf Rechtswirkungen zeitigen sollte. Eine solche Regelung ist rechtlich nicht zu beanstanden (Staudinger/Bork, BGB 2003, § 163 Rdn. 4). Die Bestellung des Beklagten zu 1 als Geschäftsführer der Klägerin zu 2 sollte nach Maßgabe des Gesellschafterbeschlusses vom 25. März 1994 - ungeachtet seiner tatsächlichen Arbeitsleistung - bis zum 31. Dezember 1996 fortdauern, sodann aber erlöschen , falls der Beklagte zu 1 der Klägerin zu 2 nicht seine volle Arbeitskraft widmet. Die auflösende Bedingung ist eingetreten, weil der Beklagte zu 1 seine Tätigkeit als Geschäftsführer der L. GmbH bis in das Jahr 2003 fortgesetzt hat. Dabei kann dahinstehen, ob die auflösende Bedingung bereits am 1. Januar 1997 oder - wie das Berufungsgericht, das von einer Fristverlängerung ausgeht, meint - am 30. Juni bzw. 25. August 1998 eingetreten ist.
14
b) Die Bestellung eines Geschäftsführers unter einer auflösenden Bedingung ist entgegen der Auffassung der Revision zulässig. Das Schrifttum lehnt eine in dieser Weise gestaltete Bestellung des Geschäftsführers überwiegend mit der Begründung als unzulässig ab, die Rechtssicherheit erfordere, dass für jedermann deutlich sei, welche Person die im öffentlichen Interesse stehenden Pflichten aus §§ 41, 43 Abs. 3, 64 GmbHG zu erfüllen habe (Hommelhoff/ Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG 16. Aufl. § 6 Rdn. 25; Scholz/ Uwe H. Schneider, GmbHG 9. Aufl. § 6 Rdn. 27; Roth/Altmeppen, GmbHG 5. Aufl. § 6 Rdn. 34; Michalski/Heyder, GmbHG 2002 § 6 Rdn. 83; Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 6 Rdn. 29; Marschner-Barner/Diekmann in: MünchHdbGesR Bd. 3 2. Aufl. § 42 Rdn. 39). Dies überzeugt den Senat nicht. Vielmehr ist in Übereinstimmung mit der Gegenauffassung die Bestellung eines Geschäftsführers unter einer auflösenden Bedingung zulässig (Lutter/ Hommelhoff aaO § 38 Rdn. 40; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG 17. Aufl. § 38 Rdn. 38 b; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner aaO § 38 Rdn. 39), weil dadurch Belange der Rechtssicherheit nicht in stärkerem Maße als bei einer anderen Form der Abberufung berührt werden.
15
aa) § 158 BGB sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts von einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung abhängig zu machen. Mit Hilfe einer Bedingung können die rechtsgeschäftlich Handelnden für spätere Entwicklungen durch eine darauf abgestimmte Regelung Vorsorge treffen. Die Bedingung ist danach ein wichtiges Instrument der Vertragsgestaltung. Den mit der Vereinbarung einer Bedingung verbundenen Schwebezustand und die sich daraus ergebenden Unwägbarkeiten nimmt der Gesetzgeber grundsätzlich in Kauf. Lediglich bestimmte Rechtsgeschäfte (Beispiele : Auflassung, § 925 Abs. 2 BGB; Eheschließung, § 1311 Satz 2 BGB) und die Ausübung von Gestaltungsrechten (Beispiel: § 388 Satz 2 BGB) hat der Gesetzgeber der Verknüpfung mit einer Bedingung entzogen. Die Bestellung zum Geschäftsführer einer GmbH wird erst mit der Annahme des Amtes wirksam ; sie gehört nicht zu den "bedingungsfeindlichen" Rechtsgeschäften und kann daher an eine auflösende Bedingung geknüpft werden.
16
bb) Die auflösend bedingte Bestellung eines Geschäftsführers ist nicht deswegen mit besonderen Unsicherheitsfaktoren behaftet, weil die Frage, ob die Bedingung eingetreten ist oder nicht, kontrovers beurteilt werden kann. Auch in anderen Fällen kann die Abberufung eines Geschäftsführers mit ähnlichen rechtlichen Zweifeln behaftet sein: Kann der Geschäftsführer wegen einer entsprechenden Satzungsgestaltung nach § 38 Abs. 2 GmbHG nur aus wichtigem Grund abberufen werden, kommt es häufig zu gegensätzlichen Beurteilungen , ob der dem Geschäftsführer gemachte Vorwurf seinem Schweregrad nach eine sofortige Abberufung rechtfertigt (vgl. etwa die Nachweise bei Scholz/Uwe H. Schneider aaO § 38 Rdn. 43-53) oder fehlerfrei festgestellt worden ist (vgl. Sen.Urt. v. 20. Februar 1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995, 560, 562 = WM 1995, 709). Ebenso können Unstimmigkeiten entstehen, ob sich die zunächst befristete Bestellung verlängert hat und deshalb nur durch einen Widerruf beendet werden kann. Nicht anders verhält es sich bei der Prüfung, ob die Organstellung des Geschäftsführers wegen Amtsunfähigkeit entfallen ist (vgl. BGHZ 115, 78, 80), ob eine wirksame Amtsniederlegung stattgefunden hat (vgl. BGHZ 121, 257, 260) oder ob mit der Beendigung des Dienstvertrages der Verlust der Organstellung einhergeht (vgl. BGHZ 112, 103, 115). Diese Beispiele rechtlicher Zweifelsfälle bei der Abberufung eines Geschäftsführers veranschaulichen, dass die Unsicherheit des Bedingungseintritts der Bestellung eines Geschäftsführers unter einer auflösenden Bedingung nicht entgegensteht.
17
cc) Gläubigerschutzbelange wie auch die berechtigten Interessen der Gesellschaft verbieten ebenfalls nicht die Bestellung unter einer auflösenden Bedingung. Wird der Geschäftsführer nach Eintritt der Bedingung rechtsgeschäftlich tätig, kann der redliche Geschäftsverkehr auf die Eintragung in das Handelsregister (§ 15 HGB) und die danach fortbestehende Vertretungsmacht vertrauen, zumal eine Bedingung nicht eintragungsfähig ist (MünchKomm/ Westermann, BGB 4. Aufl. § 158 Rdn. 34). Schließlich unterliegt der nach Bedingungseintritt tätig bleibende "faktische" Geschäftsführer dem Pflichtenkreis eines ordentlichen Geschäftsführers und haftet etwa bei einer Missachtung der Insolvenzantragspflicht (§ 64 Abs. 1 GmbHG; vgl. Sen.Urt. v. 11. Juli 2005 - II ZR 235/03, ZIP 2005, 1550 und v. 27. Juni 2005 - II ZR 113/03, ZIP 2005, 1414).
Goette Kurzwelly Gehrlein
Strohn Caliebe
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 24.09.2003 - 10 O 30/03 KfH -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 11.02.2004 - 14 U 58/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 231/07 Verkündet am:
9. Februar 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Beschluss, der den Gesellschaftern einer Personengesellschaft Nachschusspflichten
auferlegt, ist den Gesellschaftern gegenüber unwirksam (§ 707 BGB),
die dieser Vermehrung ihrer Beitragspflichten nicht - auch nicht antizipiert (vgl.
z.B. Sen.Urt. v. 21. Mai 2007 - II ZR 96/06, ZIP 2007, 1458 Tz. 13 ff.; v. 5. März
2007 - II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Tz. 13, 16 f.) - zugestimmt haben. Diese Unwirksamkeit
kann der Gesellschafter auch dann als Einwendung gegenüber der
auf einen solchen Beschluss gestützten Zahlungsklage der Gesellschaft geltend
machen, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag Beschlussmängelstreitigkeiten
binnen einer bestimmten Frist eingeleitet werden müssen und diese Frist abgelaufen
ist (Bestätigung Sen.Beschl. v. 26. März 2007 - II ZR 22/06, ZIP 2007,
1368 Tz. 10).

b) Der ehemalige Gesellschafter haftet für in der Zeit seiner Gesellschaftszugehörigkeit
entstandene Sozialverbindlichkeiten als Gesamtschuldner neben dem Erwerber
des Gesellschaftsanteils dann nicht, wenn die Gesellschafter bereits im Gesellschaftsvertrag
ihre Zustimmung nicht nur zur Übertragung des Gesellschaftsanteils
, sondern auch zum schuldbefreienden Übergang der Sozialverbindlichkeiten
auf den Erwerber erklärt haben.
BGH, Urteil vom 9. Februar 2009 - II ZR 231/07 - OLG München
LG München II
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 9. Februar 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 11. September 2007 aufgehoben und das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts München II abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, Betreibergesellschaft einer Apparthotelanlage in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, verlangt von der Beklagten als ihrer ehemaligen Gesellschafterin anteiligen Verlustausgleich für die Jahre 1999 bis 2001 i.H.v. 9.229,67 €.
2
Die Beklagte war Eigentümerin eines zu der Hotelanlage gehörenden Appartements. Der von dem Ehemann der Beklagten am 13. Mai 1988 unterzeichnete Gesellschaftsvertrag enthält u.a. folgende Bestimmungen: "Präambel … Jeder Apparthotel-Eigentümer hat das Recht, in die Gesellschaft durch Unterzeichnung dieses Vertrages einzutreten. § 12 Gewinn- und Verlustbeteiligung/Entnahmen 1. Die Gewinn- und Verlustbeteiligung erfolgt jährlich zwischen den Gesellschaftern prozentual im Verhältnis der Tausendstel -Anteile zueinander. § 14 Übertragung der Beteiligung auf Dritte Der Gesellschafter darf seine Beteiligung an der Gesellschaft auf Dritte übertragen. Dies gilt jedoch nur bei gleichzeitiger Veräußerung seines Appartements an den Dritten. Mit der Abtretung tritt der neue Gesellschafter in alle in der Gesellschaft begründeten Rechte und Pflichten seines Rechtsvorgängers ein, ausgenommen die Rechte, die dem Rechtsvorgänger höchstpersönlich von der Gesellschaft eingeräumt wurden."
3
Mit Vertrag vom 4. Juli 2001 veräußerte die Beklagte das Appartement an ihren Ehemann und übertrug diesem ihren Gesellschaftsanteil. Der Eigentumsübergang wurde am 5. Oktober 2001 im Grundbuch eingetragen.
4
Der Verlustausgleichsforderung gemäß § 12 des Gesellschaftsvertrages liegen auf Gesellschafterversammlungen der Klägerin in den Jahren 2000-2002 gefasste Gesellschafterbeschlüsse zugrunde.
5
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht - unbeschränkt - zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision der Beklagten hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und in Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Abweisung der Klage.
7
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Die Beklagte sei Gesellschafterin der Klägerin gewesen und als solche verpflichtet, die von der Gesellschafterversammlung beschlossenen Nachschüsse zu zahlen. Ob § 12 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages eine ausreichende Grundlage für diese Beschlüsse darstelle, könne dahinstehen, da die Beschlüsse nicht innerhalb der in § 8 Nr. 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages vorgesehenen Frist im Klagewege angegriffen worden seien. Der gegen die Beklagte gerichtete Anspruch sei auch nicht dadurch erloschen, dass die Beklagte ihren Gesellschaftsanteil im Zusammenhang mit der Übereignung ihres Appartements auf ihren Ehemann übertragen und dabei mit diesem vereinbart habe, dass er alle Verbindlichkeiten aus der Beteiligung übernehmen solle. Diese Vereinbarung wirke nur im Innenverhältnis zwischen der Beklagten und ihrem Ehemann, da es - ungeachtet der Regelung in § 14 des Gesellschaftsvertrages - an der für eine befreiende Schuldübernahme erforderlichen Zustimmung der Klägerin fehle.
9
II. Das Berufungsurteil hält revisionsrechticher Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.
10
1. Entgegen der in der Revisionsbegründung geäußerten Ansicht der Beklagten ist die Klägerin - auch - in der Revisionsinstanz wirksam vertreten. Die Klägerin hat in der Revisionsinstanz vorgetragen, dass sie zunächst durch Herrn K. vertreten wurde und seit dessen Tod durch die Herren N. , S. und M. vertreten wird. Dem ist die Beklagte nicht mehr entgegengetreten. Durch den Tod von Herrn K. während des Revisionsverfahrens ist der Rechtsstreit nicht unterbrochen worden, da die Klägerin anwaltlich vertreten war (§ 246 ZPO).
11
2. Vergeblich greift die Revision die Annahme des Berufungsgerichts an, die Beklagte sei bis zum 5. Oktober 2001 Gesellschafterin der Klägerin gewesen. Selbst wenn - was dahingestellt bleiben kann - der Ehemann der Beklagten seinerzeit deren Beitritt zur Klägerin nicht wirksam erklärt haben sollte, muss sich die Beklagte, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, bis zu ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft nach den Grundsätzen des fehlerhaften Gesellschaftsbeitritts wie eine Gesellschafterin behandeln lassen.
12
Entgegen der Ansicht der Revision hat es nicht an einer auf den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages gerichteten Willenserklärung der Beklagten gefehlt (siehe zu diesem Erfordernis Sen.Urt. v. 14. Oktober 1991 - II ZR 212/90, ZIP 1992, 247, 248). Die Beklagte selbst hat stets vorgetragen, dass ihr Ehemann für sie den Beitritt zu der Klägerin erklären wollte, und hat lediglich Argumente gegen die Wirksamkeit des auch nach ihrer Ansicht "erklärten" Beitritts vorgebracht. Darüber hinaus wurde ihr Gesellschaftsbeitritt, wie erforderlich (Sen.Urt. aaO S. 249 m.w.Nachw.), in Vollzug gesetzt. Die Beklagte ließ sich auf den Gesellschafterversammlungen vertreten und hat in den Jahren ihrer Zugehörigkeit stets ihren Verlustanteil aus der Gesellschaftsbeteiligung gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht.
13
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Beklagte zu Nachschusszahlungen für die Jahre 1999-2001 nicht verpflichtet.
14
a) § 12 des Gesellschaftsvertrages, der lediglich besagt, dass die Gewinn - und Verlustbeteiligung jährlich zwischen den Gesellschaftern prozentual im Verhältnis der Tausendstel-Anteile zueinander zu erfolgen hat, bildet keine wirksame gesellschaftsvertragliche Grundlage für die Geltendmachung jährlicher Zahlungen zum Ausgleich eines nach dem Vertrag so genannten "Verlustes“. Denn die Klausel enthält nicht die nach der ständigen Rechtsprechung erforderliche Obergrenze oder Regelungen über die Eingrenzbarkeit der Vermehrung der Beitragspflichten. Einer solchen Begrenzung bedarf es aber im Hinblick auf § 707 BGB, wenn ein Gesellschafter mit antizipierender Wirkung zustimmen soll. Dies kann der Senat selbst feststellen, weil der Gesellschaftsvertrag der als Publikumsgesellschaft gestalteten Klägerin objektiv auszulegen ist (st.Rspr., Sen.Urt. v. 16. November 1981 - II ZR 213/80, ZIP 1982, 54, 55; v. 19. März 2007 - II ZR 73/06, ZIP 2007, 812 Tz. 18 m.w.Nachw.).
15
b) Mangels wirksam erteilter antizipierter Zustimmung der Beklagten wäre sie nur dann zur Nachschussleistung verpflichtet worden, wenn sie den jeweiligen Gesellschafterbeschlüssen zugestimmt hätte (Sen.Urt. v. 19. März 2007 aaO Tz. 15; v. 4. Juli 2005 - II ZR 354/03, ZIP 2005, 1455, 1456). Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt mit Recht - nicht getroffen. Für das Revisionsverfahren ist daher zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass sie nicht zugestimmt hat.
16
c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann die nicht erteilte Zustimmung auch nicht deswegen außer Betracht gelassen werden, weil die Beklagte nicht binnen der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Frist die - unterstellt - ohne ihre Zustimmung gefassten Beschlüsse "angefochten" hat.
Das Berufungsgericht hat verkannt, dass durch eine verfahrensrechtliche Regelung im Gesellschaftsvertrag das mitgliedschaftliche Grundrecht eines Gesellschafters , nicht ohne seine Zustimmung mit weiteren Beitragspflichten beschwert zu werden, nicht ausgehebelt werden darf (Sen.Beschl. v. 26. März 2007 - II ZR 22/06, ZIP 2007, 1368 Tz. 10; Sen.Urt. v. 5. März 2007 - II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Tz. 13, 16 f.). Der betroffene Gesellschafter kann vielmehr die ihm gegenüber bestehende Unwirksamkeit des Beschlusses jederzeit gegenüber dem Zahlungsanspruch der Gesellschaft geltend machen (Sen.Beschl. aaO; Sen.Urt. aaO).
17
4. Einer Aufhebung und Zurückverweisung zwecks Klärung der Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe den genannten Gesellschafterbeschlüssen jeweils zugestimmt, bedarf es jedoch nicht, da das Berufungsurteil bereits aus einem anderen Grund der Aufhebung unterliegt, hinsichtlich dessen der Senat in der Sache abschließend entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO).
18
Das Berufungsgericht ist zu Unrecht von einem Fortbestehen der - zugunsten der Klägerin für das Revisionsverfahren unterstellten - Haftung der Beklagten für “Verlustausgleichspflichten“ nach ihrem Ausscheiden aus der GbR ausgegangen. Die Beklagte haftet nicht als Gesamtschuldnerin neben ihrem Ehemann, auf den sie - unstreitig - das Eigentum an dem Appartement und - wie das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die Zeugenaussage des Ehemanns revisionsrechtlich einwandfrei festgestellt hat - ihren Gesellschaftsanteil unter Übernahme aller Rechte und Pflichten durch den Ehemann übertragen hat. Dies folgt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bereits aus § 14 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages, ohne dass es auf die vom Berufungsgericht für unzutreffend gehaltene Entscheidung des Senats BGHZ 45, 221 ff. ankäme.
19
a) Die Gesellschafter der Klägerin haben in dem - ebenfalls objektiv auszulegenden - § 14 des Gesellschaftsvertrages nicht nur, wie dies nach der früheren , vom Berufungsgericht herangezogenen Rechtsprechung des Senats bereits ausreichend ist (BGHZ 45, 221, 222; zustimmend hierzu Soergel/ Hadding, BGB 12. Aufl. § 719 Rdn. 19; Baumbach/Hopt, HGB 33. Aufl. § 105 Rdn. 72), vorbehaltlos - mit Ausnahme des unstreitig erfüllten Erfordernisses der (Mit-)Übertragung des Appartements - ihre Zustimmung zu der Übertragung des Gesellschaftsanteils erklärt, sondern sie haben darüber hinaus in § 14 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages - wie dies von den Kritikern der Senatsrechtsprechung gefordert wird (Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1 § 17 III S. 353; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl. § 719 Rdn. 44; Staudinger/Habermeier, BGB [2003] § 719 Rdn. 16; Erman/Westermann, BGB 12. Aufl. § 719 Rdn. 12; Timm/Schöne in Bamberger/Roth, Kommentar zum BGB 2. Aufl. § 719 Rdn. 11; Teichmann, NJW 1966, 2336, 2338 ff.; Ganssmüller, DB 1967, 891, 892 ff.) - dem schuldbefreienden Übergang der Sozialverbindlichkeiten auf den Erwerber zugestimmt. In § 14 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages ist nämlich ausdrücklich geregelt, dass der neue Gesellschafter mit der Abtretung in alle in der Gesellschaft begründeten Rechte und Pflichten seines Rechtsvorgängers eintritt; davon ausgenommen sind nur die Rechte, die dem Rechtsvorgänger (Veräußerer) höchstpersönlich von der Gesellschaft eingeräumt wurden. "Eintreten" kann hier im Zusammenhang mit der Benennung des Veräußerers als "Rechtsvorgänger" nichts anderes bedeuten, als dass der Erwerber an die Stelle des Veräußerers tritt.
20
Dass auch die Klägerin § 14 des Gesellschaftsvertrages ursprünglich in diesem Sinne verstanden hat und von einer Alleinhaftung des Ehemanns für die Sozialverbindlichkeiten ausgegangen ist, zeigt sich obendrein darin, dass sie ab dem Zeitpunkt, in dem der Ehemann der Beklagten ihr die Übertragung des Gesellschaftsanteils angezeigt hatte, Anschreiben, insbesondere Zahlungsauf- forderungen und Mahnschreiben, nur an ihn persönlich adressiert hat und zunächst auch ausschließlich gegen den Ehemann gerichtlich vorgegangen ist.
21
b) Entgegen der in der Revisionsinstanz verfochtenen Ansicht der Klägerin ergibt sich aus der Tatsache, dass sich die Beklagte mit Schreiben vom 4. Dezember 2000 bereit erklärt hat, "die diversen Kosten im Januar und Februar 2001 komplett" zu bezahlen, nichts anderes. Dieses Schreiben besagt nichts darüber, ob die Beklagte § 14 des Gesellschaftsvertrages damals anders verstanden hat, als sie jetzt im Rechtsstreit geltend macht und wie dies der im Übrigen allein maßgeblichen objektiven Auslegung entspricht. Ebenso wenig folgt aus der Tatsache der Geltendmachung der Verluste in den Steuererklärungen der Beklagten ein Argument für eine der Klägerin günstigere - objektive - Auslegung des § 14 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages.
22
Die Beklagte haftet auch im Übrigen nicht, auch nicht aus dem Gesichtspunkt eines deklaratorischen Anerkenntnisses, das sich zudem ohnehin nur auf den im Jahre 2000 beschlossenen Nachschuss beziehen würde. Die Klägerin verkennt bei ihrer gegenteiligen Beurteilung, dass die Beklagte die genannte Erklärung vor der Übertragung ihres Gesellschaftsanteils in ihrer Eigenschaft als damalige Gesellschafterin abgegeben hat und diese Äußerung sich auf die seinerzeit noch bestehende Haftung für etwa bestehende Sozialverbindlichkeiten bezog. Ob damit ein Anerkenntnis verbunden sein kann, das den Streit der Parteien über die Wirksamkeit der Nachschussbeschlüsse hat ausräumen können , ist allein eine Frage der Bindung des Ehemanns der Beklagten als deren Rechtsnachfolger; dessen Haftung für die alten Gesellschaftsschulden ist jedoch nicht Gegenstand des hier zu entscheidenden Rechtsstreits.
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG München II, Entscheidung vom 13.02.2007 - 9 O 7450/03 -
OLG München, Entscheidung vom 11.09.2007 - 18 U 2394/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 22/06
vom
26. März 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Gesellschafterbeschluss einer Personengesellschaft, durch den eine
Nachschussverpflichtung begründet wird, die im Gesellschaftsvertrag keine
Grundlage hat, ist jedenfalls gegenüber dem Gesellschafter grundsätzlich
unwirksam, der dem Beschluss nicht zugestimmt hat (Bestätigung Sen.Urt. v.
5. März 2007 - II ZR 282/05, ZIP 2007, 766).

b) Der Gesellschafter kann die ihm gegenüber mangels Erteilung der nach
§ 707 BGB erforderlichen Zustimmung bestehende Unwirksamkeit des Beschlusses
als Einwendung gegenüber der auf den Beschluss gestützten Zahlungsklage
der Gesellschaft auch dann geltend machen, wenn nach dem
Gesellschaftsvertrag Beschlussmängelstreitigkeiten binnen einer bestimmten
Frist eingeleitet werden müssen und diese Frist abgelaufen ist.
BGH, Beschluss vom 26. März 2007 - II ZR 22/06 - OLG Celle
LG Verden
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 26. März 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Prof. Dr. Gehrlein und Caliebe
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 21. Dezember 2005 durch Beschluss nach § 552 a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1
I. Die Revision der Klägerin ist bereits unzulässig, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht sich mit der zweitinstanzlichen Eventualklagehäufung im Hinblick auf § 533 ZPO sachlich nicht befasst hat.
2
Das Berufungsgericht hat im Tenor die Revision unbeschränkt zugelassen und sodann am Ende der Entscheidungsgründe ausgeführt, worin es die Zulassungsbedürftigkeit der Revision sieht. Darin liegt entgegen der Ansicht der Revision eine zulässige Beschränkung der Revisionszulassung auf den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Nachschusszahlung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss die Beschränkung der Revision eindeutig und zulässig sein.
3
a) Für die Eindeutigkeit genügt dabei, dass sich die Beschränkung - auch bei, wie hier, uneingeschränkter Zulassung im Tenor - aus den Entscheidungs- gründen ergibt (st.Rspr. BGHZ 48, 134, 136; 153, 358, 360 ff.; w.Nachw. bei Zöller/Gummer, ZPO 26. Aufl. § 543 Rdn. 26). Dies ist hier nach den Ausführungen unter II, 5. des angefochtenen Urteils der Fall. Nur bei der Prüfung dieses Anspruchs der Klägerin stellt sich nämlich das Problem der gesellschafterlichen Treuepflicht, nicht hingegen bei dem aus abgetretenem Recht geltend gemachten Anspruch der Bank, der auf einem völlig anderen Lebenssachverhalt beruht, nämlich auf der gesetzlich geregelten, persönlichen (hier quotalen) Haftung des OHG-Gesellschafters für Verbindlichkeiten der OHG (§ 128 HGB).
4
b) Die Teilzulassung ist nicht nur eindeutig, sondern auch zulässig. Hat - wie hier - das Berufungsgericht über mehrere selbständige prozessuale Ansprüche (Streitgegenstände) entschieden und im Rahmen der Darlegung des nur für einen dieser Ansprüche rechtserheblichen Grundes für die Revisionszulassung deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es das Rechtsmittel nur wegen dieses Teils des Streitgegenstandes zulassen wollte, so ist hierin eine wirksame Teilzulassung zu sehen (BGHZ 111, 158, 166 f.; BGH, Urt. v. 25. April 1995 - VI ZR 272/94, NJW 1995, 1955, 1956 m.w.Nachw.). Zwar hat hier das Berufungsgericht verfehlt die Zulassung auf eine Rechtsfrage beschränkt (st.Rspr. s. nur BGH, Urt. v. 20. Mai 2005 - XI ZR 248/02, ZIP 2003, 1240, 1241 m.w.Nachw.), das steht der Zulässigkeit der Teilzulassung jedoch nicht entgegen. Wird die Zulassung - wie hier - auf eine Rechtsfrage beschränkt, die nur bei einem von mehreren prozessualen Ansprüchen entscheidungserheblich ist, liegt darin eine wirksame Beschränkung auf den prozessualen Anspruch, bei dem die Rechtsfrage entscheidungserheblich ist (BGHZ 48 aaO; 153 aaO S. 362 m.w.Nachw.), allerdings mit der Folge, dass der Anspruch als solcher der vollumfänglichen revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt.
5
II. Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor; die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
6
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt der von ihm formulierten Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die - abstrakten - Kriterien der gesellschafterlichen Treuepflicht im Zusammenhang mit der Beschlussfassung der Gesellschafter sind in der Rechtsprechung des Senats, was auch das Berufungsgericht nicht verkennt, geklärt und vom Senat in einer Vielzahl von Entscheidungen angewandt worden. Ob der Gesellschafter, gemessen an diesen abstrakten Kriterien, aus gesellschafterlicher Treuepflicht zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten verpflichtet ist, ist hingegen jeweils eine Frage des Einzelfalles. Dies gilt selbst dann, wenn, wie hier, mehrere Gesellschafter der Klägerin sich gegen die Nachschussverpflichtung wehren. Aus denselben Gründen erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision.
7
Geklärt ist in der Rechtsprechung des Senats, worauf er gerade in den letzten Entscheidungen zur Zulässigkeit von Nachschüssen ausdrücklich erneut abgestellt hat (Sen.Urt. v. 4. Juli 2005 - II ZR 354/03, ZIP 2005, 1455, 1457; v. 23. Januar 2006 - II ZR 306/04, ZIP 2006, 562, 564 und II ZR 126/04, ZIP 2006, 754, 756; v. 19. März 2007 - II ZR 73/06 z.V.b.), dass ein Gesellschafter bei mangelnder gesellschaftsvertraglicher Grundlage aus gesellschafterlicher Treuepflicht zur Hinnahme von Eingriffen in seine Mitgliedschaftsrechte nur dann verpflichtet ist, wenn dies im Gesellschaftsinteresse geboten und ihm unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwürdigen Belange zumutbar ist. Dabei sind an die aus der Treuepflicht abgeleiteten Verpflichtung, einer Beitragserhöhung zuzustimmen, besonders hohe Anforderungen zu stellen, da ein Gesellschafter grundsätzlich nicht zu neuen Vermögensopfern gezwungen werden kann (Senat aaO jew. m.w.Nachw.). Gerade weil bei der Prüfung der gesellschafterlichen Treuepflichtverletzung entscheidend auf die "eigenen schutzwürdigen Belange" des Gesellschafters abgestellt wird, ist die Beantwortung dieser Frage nicht verallgemeinerungsfähig. Selbst bei mehreren Gesellschaftern ei- nes identischen Fonds kann diese z.B. wegen der Unterschiedlichkeit der jeweils schützenswerten persönlichen Belange verschieden ausfallen.
8
2. Die Revision hat keine Aussicht auf Erfolg.
9
a) Zu Recht wendet sich die Revision nicht gegen die Ansicht des Berufungsgerichts , dass die gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen keine hinreichende Grundlage für das Begehren der Klägerin auf Zahlung eines Nachschusses bieten. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung das Ausmaß und den Umfang einer möglichen zusätzlichen Belastung erkennen lassen muss und dass dafür die Angabe einer Obergrenze für Beitragserhöhungen erforderlich ist, steht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats zur Wirksamkeit von gesellschaftsvertraglichen Regelungen über die zulässige Begründung von Nachschusspflichten der Gesellschafter und lässt, wie auch die Revision einräumt, keinen Rechtsfehler erkennen.
10
b) Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen , dass die Tatsache, dass die Beklagten, die dem mit einfacher Mehrheit gefassten Beschluss über die Begründung der Nachschusspflichten nicht zugestimmt haben, nicht innerhalb der in § 14 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages (künftig: GV) bestimmten Frist im Klagewege gegen den Beschluss vorgegangen sind, der Geltendmachung der jedenfalls ihnen gegenüber mangels Erteilung der nach § 707 BGB erforderlichen Zustimmung bestehenden Unwirksamkeit des Beschlusses im vorliegenden Prozess nicht entgegensteht. Der Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 5. März 2007 (II ZR 282/05, Tz. 15 ff., z.V.b.) entschieden, dass der Gesellschafter die jedenfalls relative Unwirksamkeit des Beschlusses gegenüber der Klage der Gesellschaft auf Zahlung des Nachschusses einwenden kann, ohne an Fristen gebunden zu sein.
Dies beruht darauf, dass die fehlende Zustimmung verfahrensrechtlich nicht von § 14 Abs. 4 GV erfasst wird. Dort sind allein Beschlussmängel geregelt, die - nach dem üblichen Sprachgebrauch des Kapitalgesellschaftsrechts - Anfechtungs - oder Nichtigkeitsgründe darstellen. Bei der nach § 707 BGB erforderlichen , hier fehlenden Zustimmung der Beklagten handelt es sich aber nicht um solche Gründe. Vielmehr stellt die fehlende Zustimmung für eine Beitragserhöhung eine dritte Kategorie von Mängeln eines Beschlusses dar, die auch dann selbständige Bedeutung behält, wenn der gefasste Beschluss weder anfechtbar noch nichtig ist oder wenn die Anfechtungsfrist abgelaufen ist. Ohne Zustimmung des Betroffenen ist auch der nicht (mehr) anfechtbare und nicht nichtige Beschluss ihm gegenüber unwirksam (Sen.Urt. v. 5. März 2007, Tz. 15), was der betroffene Gesellschafter im Wege der nicht fristgebundenen allgemeinen Feststellungsklage (§ 256 ZPO) oder, wie hier, als Einwendung gegenüber der Zahlungsklage der Gesellschaft geltend machen kann.
11
c) Ebenso ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagten seien auch aus gesellschafterlicher Treuepflicht nicht zur Leistung des Nachschusses verpflichtet. Sie vermag nicht aufzuzeigen, dass das Berufungsgericht bei der seinem tatrichterlichen Beurteilungsspielraum unterliegenden und daher revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Entscheidung Wertungsgrenzen verkannt, die tatsächlichen Wertungsgrundlagen nicht ausgeschöpft oder Denk- oder Erfahrungssätze nicht beachtet hat.
12
Die Revision irrt, wenn sie die Beklagten deshalb für zustimmungspflichtig hält, weil die Gesellschafter bei einem Scheitern der Sanierung und der Auflösung der Gesellschaft ebenfalls mit Zahlungspflichten nach § 735 BGB und - gegenüber den Gesellschaftsgläubigern - nach § 128 HGB belastet wären. Denn die Auflösung der Gesellschaft führt nur zu anteiligen Zahlungspflichten hinsichtlich der zum Auflösungsstichtag bestehenden Verbindlichkeiten; nach deren Ausgleichung können keine weiteren finanziellen Belastungen mehr eintreten , wie sie unter Umständen durch jährlich immer wieder auftretende Unterdeckungen entstehen würden, wenn die Gesellschaft fortgesetzt wird. Diese Gefahr weiterer, unabsehbarer finanzieller Belastungen begründet hier die Unzumutbarkeit für die Beklagten, sich auf Nachschusszahlungen einlassen zu müssen. Goette Kurzwelly Kraemer RiBGH Prof. Dr. Gehrlein Caliebe kann wegen Urlaubs nicht unterschreiben. Goette
Vorinstanzen:
LG Verden, Entscheidung vom 14.06.2005 - 5 O 176/05 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.12.2005 - 9 U 96/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 282/05 Verkündet am:
5. März 2007
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Gesellschafterbeschluss einer Personengesellschaft, durch den eine
Nachschussverpflichtung begründet wird, die im Gesellschaftsvertrag keine
Grundlage hat, ist dem dissentierenden Gesellschafter gegenüber unwirksam.

b) Der dissentierende Gesellschafter kann die Unwirksamkeit im Wege der allgemeinen
, nicht fristgebundenen Feststellungsklage nach § 256 ZPO sowohl
gegenüber seinen Mitgesellschaftern - und zwar gegenüber jedem einzelnen
- als auch gegenüber der Gesellschaft geltend machen.
BGH, Urteil vom 5. März 2007 - II ZR 282/05 - Kammergericht Berlin
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 15. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Caliebe und
Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 9. September 2005 aufgehoben und das Urteil der Kammer für Handelssachen 104 des Landgerichts Berlin vom 4. Dezember 2003 abgeändert und wie folgt neu gefasst: Es wird festgestellt, dass der in der Gesellschafterversammlung vom 18. Juli 2003 gefasste Gesellschafterbeschluss mit dem Inhalt : "Die Gesellschafter beschließen mehrheitlich, bei einer Gegenstimme des Gesellschafters T. GmbH, die Einzahlung des im Geschäftsjahr 2002 festgestellten Jahresfehlbetrags in Höhe von 2.286.909,16 € zum 15. August 2003 entsprechend ihres Anteils und zwar: R. B. GmbH 1.870.234,31 € T. GmbH 297.298,19 € I. Verwaltungsgesellschaft mbH 104.969,13 € F. W. GmbH 14.407,53 €" unwirksam ist, soweit dadurch die Klägerin ohne ihre Zustimmung zur Nachschusszahlung verpflichtet wird. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist gemeinsam mit den Beklagten zu 2 bis 4 Kommanditistin der Beklagten zu 1; Komplementärin ist die - nicht als Partei am Rechtsstreit beteiligte - R. GmbH, die keinen eigenen Kapitalanteil an der Beklagten zu 1 hält.
2
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Beschlusses, der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 18. Juli 2003 gegen die Stimmen der Klägerin gefasst wurde. Danach sollen die Kommanditisten entsprechend ihrem Anteil am Gesellschaftskapital den im Geschäftsjahr 2002 festgestellten Jahresfehlbetrag von ca. 2,3 Mio. € zum 15. August 2003 einzahlen. Auf die Klägerin entfällt ein Betrag in Höhe von ca. 300.000,00 €.
3
Nach dem Gesellschaftsvertrag können die als Festkonten geführten Kapitalkonten der Kommanditisten durch mit einfacher Mehrheit gefassten Beschluss erhöht werden. Ein der Erhöhung nicht zustimmender Gesellschafter kann sich, muss sich aber nicht an der gegen seine Stimme beschlossenen Erhöhung beteiligen (§ 4 des Gesellschaftsvertrages, künftig: GV). In § 15 GV ("Protokollierung der Beschlüsse") heißt es in Absatz 2: "… Die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen muss innerhalb eines Monats nach Empfang des Protokolls durch Klageerhebung geltend gemacht werden."
4
§ 16 Abs. 2 GV bestimmt, dass durch Verluste der Gesellschaft keine Nachschussverpflichtung der Gesellschafter entsteht. Die Gesellschafterversammlung beschließt prinzipiell, auch hinsichtlich Änderungen des Gesellschaftsvertrages , mit einfacher Mehrheit (§ 23 GV).
5
Die Klägerin hat innerhalb der in § 15 Abs. 2 GV genannten Frist zunächst Klage auf Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise Nichtigerklärung des Beschlusses vom 18. Juli 2003 gegen die Gesellschaft sowie ihre Mitkommanditisten erhoben und später dann auch noch die Komplementärin verklagt. Der hinsichtlich der Komplementärin vom Landgericht abgetrennte Rechtsstreit ist vor Erlass des angefochtenen Urteils rechtskräftig zu Lasten der Klägerin beendet worden, indem diese ihre Berufung gegen das klageabweisende Urteil nach Erteilung eines auf § 522 ZPO gestützten Hinweises des 23. Zivilsenats des Kammergerichts Berlin zurückgenommen hat.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision ist begründet. Der Gesellschafterbeschluss vom 18. Juli 2003 ist gegenüber der Klägerin unwirksam.
8
I. Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, der Beschluss über die Nachschusspflicht sei nicht wirksam gefasst worden. Mangels eindeutiger gesellschaftsvertraglicher Regelung hätte der Beschluss nicht - wie geschehen - mit einfacher Mehrheit, sondern nur einstimmig gefasst werden können. Die Klägerin habe den Beschluss aber nicht wirksam angegriffen. Sie habe die einmonatige Anfechtungsfrist nach § 15 Abs. 2 Satz 3 GV versäumt, weil sie nicht binnen der genannten Frist sämtliche Mitgesellschafter verklagt habe. Das sei notwendig gewesen, weil ungeachtet der Anordnung, dass Beschlussmängel binnen eines Monats auf dem Wege der Klage geltend zu machen seien, das personengesellschaftsrechtliche Überprüfungssystem solcher Mängel nicht durch das kapitalgesellschaftsrechtliche ersetzt worden sei.
9
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
II. Das Berufungsgericht hat grundlegend verkannt, dass die von ihm zutreffend beurteilte Unwirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses von § 15 Abs. 2 GV nicht erfasst wird (1). Die Klägerin kann die Unwirksamkeit im Wege der allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO sowohl gegenüber ihren Mitgesellschaftern als auch gegenüber der Gesellschaft geltend machen (2).
11
1. a) Noch zutreffend geht das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (s. zuletzt Sen.Urt. v. 14. Juli 2005 - II ZR 354/03, ZIP 2005, 1455 ff.; v. 23. Januar 2006 - II ZR 306/04, ZIP 2006, 562 f. und - II ZR 126/04, ZIP 2006, 754 ff.) davon aus, dass der Beschluss über die Nachschussverpflichtung der Klägerin gegenüber unwirksam und der nach § 4 GV mögliche Weg der Kapitalerhöhung nicht beschritten worden ist.
12
Für den in § 4 GV genannten Fall haben die Verfasser des Gesellschaftsvertrages richtig erkannt, dass das mitgliedschaftliche Grundrecht (Wiedemann , GesR Bd. I S. 357 f., 393 f.), nicht ohne eigene Zustimmung mit zusätzlichen Beitragspflichten belastet zu werden, wie es in § 707 BGB, § 53 Abs. 3 GmbHG und § 180 AktG niedergelegt ist, Beachtung finden muss. Dem tragen die Regeln über die ausschließlich freiwillige Beteiligung an einer vorher von dem betroffenen Gesellschafter abgelehnten Erhöhung Rechnung.
13
Der Gesellschaftsvertrag enthält im Übrigen keine Bestimmung, derzufolge auf anderem Weg als dem in § 4 GV vorgesehenen über die eigentliche Einlageschuld hinausgehende Beitragspflichten begründet werden konnten.
Vielmehr bestimmt § 16 Abs. 2 GV ausdrücklich das Gegenteil. Die in § 23 GV vorgesehene Möglichkeit, den Gesellschaftsvertrag durch einfachen Mehrheitsbeschluss zu ändern, rechtfertigt die nachträgliche Beitragserhöhung ersichtlich nicht. Eine - grundsätzlich mögliche - antizipierte Zustimmung zu einer nachträglichen Beitragserhöhung durch Mehrheitsbeschluss setzt eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung voraus, die eindeutig ist und Ausmaß und Umfang der möglichen zusätzlichen Belastung erkennen lässt. Das erfordert die Angabe einer Obergrenze oder die Festlegung sonstiger Kriterien, die das Erhöhungsrisiko eingrenzen (st.Rspr., s. zuletzt Sen.Urt. v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04 aaO Tz. 20 m.w.Nachw.).
14
b) Die Klägerin war auch, anders als die Revisionsbeklagten meinen, nicht aus gesellschafterlicher Treuepflicht - im Hinblick auf die behauptete Existenzgefährdung der Beklagten zu 1 bei Nichtleistung von Nachschüssen - zur Zustimmung verpflichtet mit der Folge, dass ihre fehlende Zustimmung unbeachtlich , der Beschluss mithin als wirksam zu behandeln wäre (s. dazu Goette in Ebenroth/Joost/Boujong, HGB § 119 Rdn. 26 f. m.w.Nachw.). Zwar kann die gesellschafterliche Treuepflicht in Ausnahmefällen eine Zustimmung der Gesellschafter zu einer Beitragserhöhung gebieten. An diese Verpflichtung sind jedoch besonders hohe Anforderungen zu stellen, da ein Gesellschafter grundsätzlich nicht zu neuen Vermögensopfern gezwungen werden kann (st.Rspr., s. zuletzt Sen.Urt. v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04 aaO Tz. 23 f. m.w.Nachw.). Hier scheidet eine Treuepflichtverletzung der Klägerin bereits deshalb aus, weil § 4 GV den Gesellschaftern die Möglichkeit der Beseitigung der Existenzgefährdung unter Beachtung von § 707 BGB eröffnet.
15
c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts führt die Nichtbeachtung der Frist des § 15 Abs. 2 Satz 3 GV nicht dazu, dass die Klägerin den ihr gegenüber unwirksamen Beschluss gegen sich gelten lassen muss. Die fehlende Zustimmung wird verfahrensrechtlich nicht von § 15 Abs. 2 GV erfasst. Dort sind allein Beschlussmängel geregelt, die - nach dem üblichen Sprachgebrauch des Kapitalgesellschaftsrechts - Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgründe darstellen. Bei der nach § 707 BGB (und den oben genannten Parallelvorschriften) erforderlichen, hier fehlenden Zustimmung der Klägerin handelt es sich aber nicht um solche Gründe, auch wenn die Klägerin das in ihrem Klageantrag missverständlich formuliert hat. Vielmehr stellt die fehlende Zustimmung für eine Beitragserhöhung eine dritte Kategorie von Mängeln eines Beschlusses dar, die auch dann selbständige Bedeutung behält, wenn der gefasste Beschluss weder anfechtbar noch nichtig ist oder wenn die Anfechtungsfrist abgelaufen ist. Ohne Zustimmung des Betroffenen ist auch der nicht (mehr) anfechtbare und nicht nichtige Beschluss - ihm gegenüber - unwirksam (so zutreffend zu den Parallelvorschriften u.a. Scholz/Priester, GmbHG 9. Aufl. § 53 Rdn. 96; Zimmermann in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 53 Rdn. 56; Baumbach /Hueck/Zöllner, GmbHG 18. Aufl. § 53 Rdn. 83; MünchKommAktG/Stein 2. Aufl. § 180 Rdn. 35; MünchKommAktG/Hüffer aaO § 241 Rdn. 17 f.; Hüffer, AktG 7. Aufl. § 180 Rdn. 8 f. jew. m.w.Nachw.).
16
2. Die Klägerin kann die ihr gegenüber bestehende Unwirksamkeit des Beschlusses - wie geschehen - durch die allgemeine, nicht fristgebundene Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO geltend machen (ebenso zu § 180 AktG MünchKommAktG/Hüffer aaO Rdn. 19). Es geht - anders als das Berufungsgericht meint - weder um das Problem der Adaption des kapitalgesellschaftsrechtlichen Beschlussmängelrechts noch um die Wahrung irgendwelcher Fristen noch um die Frage, ob Beschlussmängel nur einheitlich gegenüber sämtlichen Gesellschaftern klageweise geltend gemacht werden dürfen, sondern allein darum, dass die Klägerin, wie die Auslegung ihres Antrags ohne weiteres ergibt , festgestellt wissen will, dass sie nicht zugestimmt hat und ohne diese Zustimmung ein Zahlungsanspruch gegen sie nicht besteht.
17
Einen Anspruch darauf, dies festgestellt zu bekommen, hat die Klägerin nicht nur gegenüber den Mitgesellschaftern - und zwar gegenüber jedem einzelnen -, sondern gerade auch gegenüber der Gesellschaft selbst. In beiden Fällen ist das allein erforderliche Feststellungsinteresse an dem Bestehen eines Rechtsverhältnisses gegeben (s. zu einer vergleichbaren Interessenlage Sen.Urt. v. 23. Oktober 2006 - II ZR 162/05, ZIP 2006, 2267 ff., Tz. 8). Würde die Gesellschaft aufgrund des von ihr für wirksam gehaltenen Beschlusses gegen die Klägerin vorgehen und Zahlung verlangen, könnte diese selbstverständlich einwenden, dass sie wegen ihrer mangelnden Zustimmung und der daraus ihr gegenüber folgenden Unwirksamkeit des Beschlusses nicht zur Zahlung verpflichtet ist (ebenso zu § 180 AktG MünchKommAktG/Hüffer aaO Rdn. 19). Es ist kein Grund ersichtlich, warum der Gesellschafter, der den Beschluss mangels Vorliegens seiner erforderlichen Zustimmung für unwirksam hält, soll abwarten müssen, bis er von der Gesellschaft auf Zahlung in Anspruch genommen wird und nicht bereits vorher gerichtlich soll klären dürfen, dass er nicht zur Zahlung verpflichtet ist.
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Reichart

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 04.12.2003 - 104 O 153/03 -
KG Berlin, Entscheidung vom 09.09.2005 - 14 U 25/04 -

Zur Erhöhung des vereinbarten Beitrags oder zur Ergänzung der durch Verlust verminderten Einlage ist ein Gesellschafter nicht verpflichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 231/07 Verkündet am:
9. Februar 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Beschluss, der den Gesellschaftern einer Personengesellschaft Nachschusspflichten
auferlegt, ist den Gesellschaftern gegenüber unwirksam (§ 707 BGB),
die dieser Vermehrung ihrer Beitragspflichten nicht - auch nicht antizipiert (vgl.
z.B. Sen.Urt. v. 21. Mai 2007 - II ZR 96/06, ZIP 2007, 1458 Tz. 13 ff.; v. 5. März
2007 - II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Tz. 13, 16 f.) - zugestimmt haben. Diese Unwirksamkeit
kann der Gesellschafter auch dann als Einwendung gegenüber der
auf einen solchen Beschluss gestützten Zahlungsklage der Gesellschaft geltend
machen, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag Beschlussmängelstreitigkeiten
binnen einer bestimmten Frist eingeleitet werden müssen und diese Frist abgelaufen
ist (Bestätigung Sen.Beschl. v. 26. März 2007 - II ZR 22/06, ZIP 2007,
1368 Tz. 10).

b) Der ehemalige Gesellschafter haftet für in der Zeit seiner Gesellschaftszugehörigkeit
entstandene Sozialverbindlichkeiten als Gesamtschuldner neben dem Erwerber
des Gesellschaftsanteils dann nicht, wenn die Gesellschafter bereits im Gesellschaftsvertrag
ihre Zustimmung nicht nur zur Übertragung des Gesellschaftsanteils
, sondern auch zum schuldbefreienden Übergang der Sozialverbindlichkeiten
auf den Erwerber erklärt haben.
BGH, Urteil vom 9. Februar 2009 - II ZR 231/07 - OLG München
LG München II
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 9. Februar 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 11. September 2007 aufgehoben und das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts München II abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, Betreibergesellschaft einer Apparthotelanlage in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, verlangt von der Beklagten als ihrer ehemaligen Gesellschafterin anteiligen Verlustausgleich für die Jahre 1999 bis 2001 i.H.v. 9.229,67 €.
2
Die Beklagte war Eigentümerin eines zu der Hotelanlage gehörenden Appartements. Der von dem Ehemann der Beklagten am 13. Mai 1988 unterzeichnete Gesellschaftsvertrag enthält u.a. folgende Bestimmungen: "Präambel … Jeder Apparthotel-Eigentümer hat das Recht, in die Gesellschaft durch Unterzeichnung dieses Vertrages einzutreten. § 12 Gewinn- und Verlustbeteiligung/Entnahmen 1. Die Gewinn- und Verlustbeteiligung erfolgt jährlich zwischen den Gesellschaftern prozentual im Verhältnis der Tausendstel -Anteile zueinander. § 14 Übertragung der Beteiligung auf Dritte Der Gesellschafter darf seine Beteiligung an der Gesellschaft auf Dritte übertragen. Dies gilt jedoch nur bei gleichzeitiger Veräußerung seines Appartements an den Dritten. Mit der Abtretung tritt der neue Gesellschafter in alle in der Gesellschaft begründeten Rechte und Pflichten seines Rechtsvorgängers ein, ausgenommen die Rechte, die dem Rechtsvorgänger höchstpersönlich von der Gesellschaft eingeräumt wurden."
3
Mit Vertrag vom 4. Juli 2001 veräußerte die Beklagte das Appartement an ihren Ehemann und übertrug diesem ihren Gesellschaftsanteil. Der Eigentumsübergang wurde am 5. Oktober 2001 im Grundbuch eingetragen.
4
Der Verlustausgleichsforderung gemäß § 12 des Gesellschaftsvertrages liegen auf Gesellschafterversammlungen der Klägerin in den Jahren 2000-2002 gefasste Gesellschafterbeschlüsse zugrunde.
5
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht - unbeschränkt - zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision der Beklagten hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und in Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Abweisung der Klage.
7
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Die Beklagte sei Gesellschafterin der Klägerin gewesen und als solche verpflichtet, die von der Gesellschafterversammlung beschlossenen Nachschüsse zu zahlen. Ob § 12 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages eine ausreichende Grundlage für diese Beschlüsse darstelle, könne dahinstehen, da die Beschlüsse nicht innerhalb der in § 8 Nr. 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages vorgesehenen Frist im Klagewege angegriffen worden seien. Der gegen die Beklagte gerichtete Anspruch sei auch nicht dadurch erloschen, dass die Beklagte ihren Gesellschaftsanteil im Zusammenhang mit der Übereignung ihres Appartements auf ihren Ehemann übertragen und dabei mit diesem vereinbart habe, dass er alle Verbindlichkeiten aus der Beteiligung übernehmen solle. Diese Vereinbarung wirke nur im Innenverhältnis zwischen der Beklagten und ihrem Ehemann, da es - ungeachtet der Regelung in § 14 des Gesellschaftsvertrages - an der für eine befreiende Schuldübernahme erforderlichen Zustimmung der Klägerin fehle.
9
II. Das Berufungsurteil hält revisionsrechticher Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.
10
1. Entgegen der in der Revisionsbegründung geäußerten Ansicht der Beklagten ist die Klägerin - auch - in der Revisionsinstanz wirksam vertreten. Die Klägerin hat in der Revisionsinstanz vorgetragen, dass sie zunächst durch Herrn K. vertreten wurde und seit dessen Tod durch die Herren N. , S. und M. vertreten wird. Dem ist die Beklagte nicht mehr entgegengetreten. Durch den Tod von Herrn K. während des Revisionsverfahrens ist der Rechtsstreit nicht unterbrochen worden, da die Klägerin anwaltlich vertreten war (§ 246 ZPO).
11
2. Vergeblich greift die Revision die Annahme des Berufungsgerichts an, die Beklagte sei bis zum 5. Oktober 2001 Gesellschafterin der Klägerin gewesen. Selbst wenn - was dahingestellt bleiben kann - der Ehemann der Beklagten seinerzeit deren Beitritt zur Klägerin nicht wirksam erklärt haben sollte, muss sich die Beklagte, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, bis zu ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft nach den Grundsätzen des fehlerhaften Gesellschaftsbeitritts wie eine Gesellschafterin behandeln lassen.
12
Entgegen der Ansicht der Revision hat es nicht an einer auf den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages gerichteten Willenserklärung der Beklagten gefehlt (siehe zu diesem Erfordernis Sen.Urt. v. 14. Oktober 1991 - II ZR 212/90, ZIP 1992, 247, 248). Die Beklagte selbst hat stets vorgetragen, dass ihr Ehemann für sie den Beitritt zu der Klägerin erklären wollte, und hat lediglich Argumente gegen die Wirksamkeit des auch nach ihrer Ansicht "erklärten" Beitritts vorgebracht. Darüber hinaus wurde ihr Gesellschaftsbeitritt, wie erforderlich (Sen.Urt. aaO S. 249 m.w.Nachw.), in Vollzug gesetzt. Die Beklagte ließ sich auf den Gesellschafterversammlungen vertreten und hat in den Jahren ihrer Zugehörigkeit stets ihren Verlustanteil aus der Gesellschaftsbeteiligung gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht.
13
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Beklagte zu Nachschusszahlungen für die Jahre 1999-2001 nicht verpflichtet.
14
a) § 12 des Gesellschaftsvertrages, der lediglich besagt, dass die Gewinn - und Verlustbeteiligung jährlich zwischen den Gesellschaftern prozentual im Verhältnis der Tausendstel-Anteile zueinander zu erfolgen hat, bildet keine wirksame gesellschaftsvertragliche Grundlage für die Geltendmachung jährlicher Zahlungen zum Ausgleich eines nach dem Vertrag so genannten "Verlustes“. Denn die Klausel enthält nicht die nach der ständigen Rechtsprechung erforderliche Obergrenze oder Regelungen über die Eingrenzbarkeit der Vermehrung der Beitragspflichten. Einer solchen Begrenzung bedarf es aber im Hinblick auf § 707 BGB, wenn ein Gesellschafter mit antizipierender Wirkung zustimmen soll. Dies kann der Senat selbst feststellen, weil der Gesellschaftsvertrag der als Publikumsgesellschaft gestalteten Klägerin objektiv auszulegen ist (st.Rspr., Sen.Urt. v. 16. November 1981 - II ZR 213/80, ZIP 1982, 54, 55; v. 19. März 2007 - II ZR 73/06, ZIP 2007, 812 Tz. 18 m.w.Nachw.).
15
b) Mangels wirksam erteilter antizipierter Zustimmung der Beklagten wäre sie nur dann zur Nachschussleistung verpflichtet worden, wenn sie den jeweiligen Gesellschafterbeschlüssen zugestimmt hätte (Sen.Urt. v. 19. März 2007 aaO Tz. 15; v. 4. Juli 2005 - II ZR 354/03, ZIP 2005, 1455, 1456). Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt mit Recht - nicht getroffen. Für das Revisionsverfahren ist daher zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass sie nicht zugestimmt hat.
16
c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann die nicht erteilte Zustimmung auch nicht deswegen außer Betracht gelassen werden, weil die Beklagte nicht binnen der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Frist die - unterstellt - ohne ihre Zustimmung gefassten Beschlüsse "angefochten" hat.
Das Berufungsgericht hat verkannt, dass durch eine verfahrensrechtliche Regelung im Gesellschaftsvertrag das mitgliedschaftliche Grundrecht eines Gesellschafters , nicht ohne seine Zustimmung mit weiteren Beitragspflichten beschwert zu werden, nicht ausgehebelt werden darf (Sen.Beschl. v. 26. März 2007 - II ZR 22/06, ZIP 2007, 1368 Tz. 10; Sen.Urt. v. 5. März 2007 - II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Tz. 13, 16 f.). Der betroffene Gesellschafter kann vielmehr die ihm gegenüber bestehende Unwirksamkeit des Beschlusses jederzeit gegenüber dem Zahlungsanspruch der Gesellschaft geltend machen (Sen.Beschl. aaO; Sen.Urt. aaO).
17
4. Einer Aufhebung und Zurückverweisung zwecks Klärung der Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe den genannten Gesellschafterbeschlüssen jeweils zugestimmt, bedarf es jedoch nicht, da das Berufungsurteil bereits aus einem anderen Grund der Aufhebung unterliegt, hinsichtlich dessen der Senat in der Sache abschließend entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO).
18
Das Berufungsgericht ist zu Unrecht von einem Fortbestehen der - zugunsten der Klägerin für das Revisionsverfahren unterstellten - Haftung der Beklagten für “Verlustausgleichspflichten“ nach ihrem Ausscheiden aus der GbR ausgegangen. Die Beklagte haftet nicht als Gesamtschuldnerin neben ihrem Ehemann, auf den sie - unstreitig - das Eigentum an dem Appartement und - wie das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die Zeugenaussage des Ehemanns revisionsrechtlich einwandfrei festgestellt hat - ihren Gesellschaftsanteil unter Übernahme aller Rechte und Pflichten durch den Ehemann übertragen hat. Dies folgt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bereits aus § 14 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages, ohne dass es auf die vom Berufungsgericht für unzutreffend gehaltene Entscheidung des Senats BGHZ 45, 221 ff. ankäme.
19
a) Die Gesellschafter der Klägerin haben in dem - ebenfalls objektiv auszulegenden - § 14 des Gesellschaftsvertrages nicht nur, wie dies nach der früheren , vom Berufungsgericht herangezogenen Rechtsprechung des Senats bereits ausreichend ist (BGHZ 45, 221, 222; zustimmend hierzu Soergel/ Hadding, BGB 12. Aufl. § 719 Rdn. 19; Baumbach/Hopt, HGB 33. Aufl. § 105 Rdn. 72), vorbehaltlos - mit Ausnahme des unstreitig erfüllten Erfordernisses der (Mit-)Übertragung des Appartements - ihre Zustimmung zu der Übertragung des Gesellschaftsanteils erklärt, sondern sie haben darüber hinaus in § 14 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages - wie dies von den Kritikern der Senatsrechtsprechung gefordert wird (Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1 § 17 III S. 353; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl. § 719 Rdn. 44; Staudinger/Habermeier, BGB [2003] § 719 Rdn. 16; Erman/Westermann, BGB 12. Aufl. § 719 Rdn. 12; Timm/Schöne in Bamberger/Roth, Kommentar zum BGB 2. Aufl. § 719 Rdn. 11; Teichmann, NJW 1966, 2336, 2338 ff.; Ganssmüller, DB 1967, 891, 892 ff.) - dem schuldbefreienden Übergang der Sozialverbindlichkeiten auf den Erwerber zugestimmt. In § 14 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages ist nämlich ausdrücklich geregelt, dass der neue Gesellschafter mit der Abtretung in alle in der Gesellschaft begründeten Rechte und Pflichten seines Rechtsvorgängers eintritt; davon ausgenommen sind nur die Rechte, die dem Rechtsvorgänger (Veräußerer) höchstpersönlich von der Gesellschaft eingeräumt wurden. "Eintreten" kann hier im Zusammenhang mit der Benennung des Veräußerers als "Rechtsvorgänger" nichts anderes bedeuten, als dass der Erwerber an die Stelle des Veräußerers tritt.
20
Dass auch die Klägerin § 14 des Gesellschaftsvertrages ursprünglich in diesem Sinne verstanden hat und von einer Alleinhaftung des Ehemanns für die Sozialverbindlichkeiten ausgegangen ist, zeigt sich obendrein darin, dass sie ab dem Zeitpunkt, in dem der Ehemann der Beklagten ihr die Übertragung des Gesellschaftsanteils angezeigt hatte, Anschreiben, insbesondere Zahlungsauf- forderungen und Mahnschreiben, nur an ihn persönlich adressiert hat und zunächst auch ausschließlich gegen den Ehemann gerichtlich vorgegangen ist.
21
b) Entgegen der in der Revisionsinstanz verfochtenen Ansicht der Klägerin ergibt sich aus der Tatsache, dass sich die Beklagte mit Schreiben vom 4. Dezember 2000 bereit erklärt hat, "die diversen Kosten im Januar und Februar 2001 komplett" zu bezahlen, nichts anderes. Dieses Schreiben besagt nichts darüber, ob die Beklagte § 14 des Gesellschaftsvertrages damals anders verstanden hat, als sie jetzt im Rechtsstreit geltend macht und wie dies der im Übrigen allein maßgeblichen objektiven Auslegung entspricht. Ebenso wenig folgt aus der Tatsache der Geltendmachung der Verluste in den Steuererklärungen der Beklagten ein Argument für eine der Klägerin günstigere - objektive - Auslegung des § 14 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages.
22
Die Beklagte haftet auch im Übrigen nicht, auch nicht aus dem Gesichtspunkt eines deklaratorischen Anerkenntnisses, das sich zudem ohnehin nur auf den im Jahre 2000 beschlossenen Nachschuss beziehen würde. Die Klägerin verkennt bei ihrer gegenteiligen Beurteilung, dass die Beklagte die genannte Erklärung vor der Übertragung ihres Gesellschaftsanteils in ihrer Eigenschaft als damalige Gesellschafterin abgegeben hat und diese Äußerung sich auf die seinerzeit noch bestehende Haftung für etwa bestehende Sozialverbindlichkeiten bezog. Ob damit ein Anerkenntnis verbunden sein kann, das den Streit der Parteien über die Wirksamkeit der Nachschussbeschlüsse hat ausräumen können , ist allein eine Frage der Bindung des Ehemanns der Beklagten als deren Rechtsnachfolger; dessen Haftung für die alten Gesellschaftsschulden ist jedoch nicht Gegenstand des hier zu entscheidenden Rechtsstreits.
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG München II, Entscheidung vom 13.02.2007 - 9 O 7450/03 -
OLG München, Entscheidung vom 11.09.2007 - 18 U 2394/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 73/06 Verkündet am:
19. März 2007
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Sollen in dem Gesellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft über die betragsmäßig
festgelegte Einlageschuld hinausgehende laufende Beitragspflichten
vereinbart werden, müssen diese aus dem Gesellschaftsvertrag
eindeutig hervorgehen und der Höhe nach bestimmt oder zumindest objektiv
bestimmbar sein (Sen.Urt. v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04, ZIP 2006, 754,
755).

b) Eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung, die den einzelnen Gesellschafter
zu Nachschusszahlungen verpflichtet, "soweit bei der laufenden Bewirtschaftung
der Grundstücke Unterdeckungen auftreten", genügt diesen Anforderungen
nicht und kann deshalb nicht Grundlage einer Nachschussverpflichtung
sein.
BGH, Urteil vom 19. März 2007 - II ZR 73/06 - LG Berlin
AG Charlottenburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Strohn und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 52 des Landgerichts Berlin vom 30. Januar 2006 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg - 208 C 145/05 - vom 2. August 2005 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte als Gesellschafterin der als geschlossener Immobilienfonds ausgestalteten Klägerin zur Zahlung eines als Nachschuss bezeichneten Geldbetrages verpflichtet ist.
2
Die klagende BGB-Gesellschaft ist im Jahr 1990 gegründet worden und dient dem Zweck, die Grundstücke Ba. straße 19 und S. straße 60 in B. mit sozial geförderten Wohnanlagen zu bebauen und diesen Grundbesitz zu verwalten und zu vermieten.
3
Der notariell beurkundete Gesellschaftsvertrag (GV) der Klägerin vom 27. Dezember 1990 legt in § 2 Nr. 2 Abs. 1 das geplante Investitionsvolumen (Gesamtaufwand einschließlich Damnum), das - wie es dort heißt - nur "begründet" überschritten werden darf, auf 16.726.400,00 DM fest. Wegen der Aufgliederung des Gesamtaufwands und der vorgesehenen Finanzierung wird in Abs. 2 dieser Bestimmung auf die dem Gesellschaftsvertrag beigefügte Anlage verwiesen. Diese enthält einen Investitionsplan, dem ein nach Eigenkapital und Darlehen aufgeschlüsselter Finanzierungsplan gegenübergestellt wird.
4
§ 3 Nr. 3 Abs.1 GV sieht vor, dass das - nach § 3 Nr. 1 GV bei dessen Unterzeichnung 70.000,00 DM betragende - Eigenkapital durch Aufnahme weiterer Gesellschafter bis auf 5.050.000,00 DM erhöht werden soll. Die Anlage zum GV weist ein Eigenkapital in Höhe dieses Betrages zuzüglich Agio aus.
5
In § 3 GV ist unter Nr. 3 Abs. 3 bestimmt: "Der Geschäftsführer wird ermächtigt, die von den Gesellschaftern zu erbringenden Gesellschaftereinlagen gemäß vorstehendem Absatz, etwaige wirksam beschlossene Nachschüsse der Gesellschafter und Unterdeckungsbeiträge im eigenen Namen für Rechnung der Gesellschaft bei den Gesellschaftern einzufordern und erforderlichenfalls gerichtlich geltend zu machen".
6
In § 5 GV ("Haftung/Nachschüsse") heißt es unter Nr. 3: "Soweit bei der laufenden Bewirtschaftung der Grundstücke Unterdeckungen auftreten, ist der jeweilige Gesellschafter verpflichtet , binnen vier Wochen nach entsprechender Anforderung der Geschäftsführung die seinem Anteil am Gesellschaftsvermögen entsprechenden Zahlungen zu erbringen. Die Geschäftsführung ist berechtigt, bei sich abzeichnenden Unterdeckungen angemessene laufende Vorschüsse anzufordern."
7
Nach § 9 Nr. 3 GV beschließt die Gesellschafterversammlung über die Feststellung der jährlichen Vermögensübersicht und der Überschussrechnung. § 11 Nr. 2 Abs. 1 GV regelt, dass der Geschäftsführer und/oder Geschäftsbesorger für den Schluss eines jeden Kalenderjahres möglichst binnen sechs Monaten eine Vermögensübersicht nebst Überschussrechnung aufzustellen hat. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung sind die Vermögensübersicht und die Überschussrechnung von der Gesellschafterversammlung zu genehmigen, nach Abs. 3 sind sie während der Investitionsphase von einem Angehörigen der wirtschaftsprüfenden oder steuerberatenden Berufe zu überprüfen.
8
Am 24. Dezember 1990 erklärte der Vater der Beklagten mit einem Eigenkapital von 100.000,00 DM seinen Beitritt zur Klägerin. Im Jahr 1997 übertrug er mit Zustimmung der Klägerin seinen Gesellschaftsanteil unentgeltlich im Wege der Sonderrechtsnachfolge an die Beklagte.
9
Die von der Geschäftsführung der Klägerin beauftragte Verwaltungsgesellschaft forderte die Beklagte mit Schreiben vom 2. September 2004 - unter Hinweis auf § 5 Nr. 3 GV - auf, für das Jahr 2004 einen Vorschuss auf den erwarteten Nachschuss in Höhe von 2,6 % ihrer Gesellschaftsbeteiligung (1.329,26 €) zu zahlen. Nach dem Vortrag der Klägerin hatte ihre Geschäftsführung zu diesem Zeitpunkt einen - sich bis Anfang des Jahres 2005 abzeichnenden - Unterdeckungsbetrag von 72.341,11 € prognostiziert, der 2,6 % des vorhandenen Gesellschaftskapitals entsprach. Anders als in den zurückliegenden Jahren 1999 bis 2003, für die die Beklagte Nachschussforderungen in Höhe von insgesamt 5.777,59 € erfüllte, verweigerte sie für das Jahr 2004 die Zahlung weiterer Beträge.
10
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Hiergegen richtet sich die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

11
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
12
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
13
Die Beklagte sei zur Erfüllung der - als Vorschuss geltend gemachten - Nachschussforderung der Klägerin verpflichtet, ohne dass die Festlegung des Betrages und dessen Einforderung eines Gesellschafterbeschlusses bedürften. § 707 BGB stehe einer Nachschusspflicht nicht entgegen, weil die Gesellschafter der Klägerin im Gesellschaftsvertrag über den bezifferten Eigenkapitalanteil hinaus eine erweiterte, der Höhe nach nicht festgelegte Beitragspflicht übernommen und somit bereits bei ihrem Eintritt den zur Erreichung des Gesellschaftszwecks erforderlichen Beitragserhöhungen zugestimmt hätten. Für die Wirksamkeit einer solchen gesellschaftsvertraglichen Regelung genüge es, dass die Nachschussverpflichtung eindeutig und in objektiv bestimmbarer, künftigen Entwicklungsmöglichkeiten Rechnung tragender Weise ausgestaltet sei. Diesen Anforderungen genüge die Regelung in § 5 Nr. 3 GV. Durch das Kriterium der "Unterdeckung bei laufender Bewirtschaftung" sei die Höhe der Nachschussverpflichtung hinreichend bestimmt. Dies gelte auch für das - bei der Anforderung von Vorschüssen maßgebliche - Kriterium der "sich abzeichnenden Unterdeckung".
14
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
15
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, dem die einschlägigen Senatsurteile vom 23. Januar 2006 (II ZR 126/04, ZIP 2006, 754 und II ZR 306/04, ZIP 2006, 562) noch nicht bekannt sein konnten, ist die Beklagte nicht zu Nachschusszahlungen verpflichtet. Dem steht § 707 BGB entgegen. Eine Nachschussverpflichtung ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag , sondern erfordert einen Beschluss, dem alle Gesellschafter zustimmen müssen. Auch die gesellschafterliche Treuepflicht rechtfertigt den mit der Beitragserhöhung verbundenen Eingriff in die Mitgliedschaft der Beklagten nicht.
16
1. Eine Verpflichtung der Gesellschafter, Nachschüsse zu leisten, ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag.
17
a) Nach § 707 BGB besteht vor Auflösung der Gesellschaft eine Nachschusspflicht über die vereinbarte Einlage hinaus grundsätzlich nicht. Die - dispositives Recht enthaltende - Regelung in § 707 BGB greift allerdings u.a. dann nicht ein, wenn sich die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag keine der Höhe nach festgelegten Beiträge versprochen, sondern sich verpflichtet haben, entsprechend ihrer Beteiligung das zur Erreichung des Gesellschaftszwecks Erforderliche beizutragen (Sen.Urt. v. 4. Juli 2005 - II ZR 342/03, ZIP 2005, 1455, 1456; Sen.Urt. v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04, ZIP 2006, 754, 755 Tz. 14 und II ZR 306/04, ZIP 2006, 562, 563 Tz. 14 m.w.Nachw.). Ebenso ist § 707 BGB dann nicht berührt, wenn sich die Gesellschafter zum einen eine betragsmäßig festgelegte Einlage, zum anderen laufende Beiträge versprochen haben (Sen.Urt. v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04 aaO; v. 7. November 1960 - II ZR 216/59, WM 1961, 32, 34). In einem solchen Fall bedürfen die Festlegung der Höhe und die Einforderung der Beiträge keines Gesellschafterbeschlusses , sondern sind Sache der Geschäftsführer (Sen.Urt. v. 4. Juli 2005 und v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04 aaO; MünchKommBGB/Ulmer 4. Aufl. § 707 Rdn. 3). Allerdings ist bei der Auslegung des Gesellschaftsvertrages die in § 707 BGB getroffene Grundentscheidung zu beachten. Sollen über die eigentliche Beitragsschuld hinausgehende Beitragspflichten begründet werden, muss dies aus dem Gesellschaftsvertrag eindeutig hervorgehen (vgl. zuletzt Sen.Urt. v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04 aaO m.w.Nachw.). Zudem muss auch im Falle einer derartigen Aufspaltung der Beitragspflicht die Höhe der laufenden Beiträge im Gesellschaftsvertrag zumindest in objektiv bestimmbarer Weise ausgestaltet sein (Sen.Urt. v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04 aaO; v. 7. November 1960 aaO; MünchKommBGB/Ulmer aaO Rdn. 2 f.).
18
b) Ein derartiger Sachverhalt ist hier entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht gegeben. Das kann der Senat selbst feststellen, weil der Gesellschaftsvertrag der Klägerin als Publikumsgesellschaft objektiv auszulegen ist (vgl. zuletzt Sen.Urt. v. 4. Juli 2005 aaO; v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04 aaO Tz. 15 und II ZR 306/04 aaO Tz. 15 m.w.Nachw.). Danach ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag, dass Nachschüsse einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss erfordern.
19
aa) Die Einlagen der Gesellschafter sind im Gesellschaftsvertrag betragsmäßig festgelegt. Nach § 5 Nr. 3 S. 1 GV sind die Gesellschafter zwar verpflichtet , bei auftretenden Unterdeckungen im Rahmen der laufenden Bewirtschaftung der Grundstücke nach entsprechender Aufforderung der Geschäftsführung die ihrem Anteil am Gesellschaftsvermögen entsprechenden Zahlungen zu erbringen. Verbindlich festgesetzt werden etwaige Unterdeckungsbeiträge aber gemäß § 11 Nr. 2 Abs. 2 GV durch Beschluss der Gesellschafterversammlung , wenn diese die jährliche Vermögensübersicht und die Überschussrechnung genehmigt.
20
bb) Bei der gebotenen objektiven Auslegung folgt schon aus dem Zweifel ausschließenden Wortlaut von § 3 Nr. 3 Abs. 3 GV, wonach die Geschäftsführung ermächtigt ist, "etwaige wirksam beschlossene Nachschüsse und Unterdeckungsbeiträge" im eigenen Namen geltend zu machen, dass die Nachschusspflicht einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss voraussetzt.
21
cc) Die - gegenteilige - Annahme, dass im Gesellschaftsvertrag selbst über die Einlageschuld hinausgehende weitere Beitragspflichten begründet wurden, lässt sich - anders als das Berufungsgericht meint - nicht schon darauf stützen, dass der Gesellschaftsvertrag der Klägerin keine Bestimmung enthält, in der das Gesellschaftskapital auf einen bestimmten Betrag festgesetzt und ausdrücklich geregelt ist, dass dieser Betrag den zur Durchführung des Gesellschaftszwecks erforderlichen Gesellschaftereinlagen entspricht. Das Berufungsgericht verkennt die Anforderungen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die vertragliche Vereinbarung einer, in eine bezifferte Einlage und laufende Beiträge gespaltenen Beitragspflicht zu stellen sind. Danach genügt es nicht, dass der Gesellschaftsvertrag die Beitragspflicht der Gesellschafter nicht ausdrücklich auf den vereinbarten Einlagebetrag begrenzt. Vielmehr muss eine über die bezifferte Einlageschuld hinausgehende Beitragspflicht eindeutig aus dem Gesellschaftsvertrag hervorgehen und der Höhe nach bestimmt oder zumindest objektiv bestimmbar sein.
22
dd) Diese erforderliche Eindeutigkeit fehlt dem Gesellschaftsvertrag. Er regelt in § 2 Nr. 2 Abs. 1 ein geplantes Investitionsvolumen. Die in Absatz 2 dieser Bestimmung wegen der Finanzierung in Bezug genommene Anlage zum Gesellschaftsvertrag enthält einen Finanzierungsplan, in dem ein Eigenkapital von 5.050.000,00 DM ausgewiesen ist. Dieses entspricht dem in § 3 Nr. 3 Abs. 1 GV festgelegten Eigenkapitalbetrag, der durch Aufnahme neuer Gesellschafter realisiert werden soll. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich aus der vom Gesellschaftsvertrag - in "begründeten" Fällen - zugelassenen Überschreitung des Investitionsvolumens während der Bauphase nicht, dass die Gesellschafter grundsätzlich über die betragsmäßig festgelegte Einlageschuld hinaus zu weiteren Beiträgen verpflichtet sein sollen. Zudem geht aus dem Gesellschaftsvertrag jedenfalls nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit hervor, dass eine - "begründete" - Überschreitung des Investitionsvolumens durch Beitragserhöhungen finanziert werden soll.
23
c) Der Annahme, schon der Gesellschaftsvertrag begründe eine über den bezifferten Einlageanteil hinausgehende Beitragspflicht, steht außerdem entgegen, dass im Gesellschaftsvertrag die Höhe der nachzuschießenden Beiträge nicht in objektiv bestimmbarer Weise ausgestaltet ist. § 5 Nr. 3 GV beschränkt zwar die Verpflichtung der Gesellschafter, weitergehende Zahlungen zu erbringen, auf den Fall, dass bei der laufenden Bewirtschaftung der Grundstücke Unterdeckungen auftreten. Die danach für das Entstehen der Beitragspflicht maßgeblichen Kriterien der "laufenden Bewirtschaftung" und der "Unterdeckung" werden im Gesellschaftsvertrag in keiner Weise konkretisiert. Insbesondere legt der Gesellschaftsvertrag der Klägerin nicht fest, nach welchen Maßstäben der Wirtschaftsplan aufzustellen ist und welche Positionen in die Kalkulation einzubeziehen sind (vgl. Sen.Urt. v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04 aaO Tz. 18). Die Verpflichtung, bei der Erstellung der Vermögensübersicht und der Überschussrechnung handelsrechtliche Bewertungsvorschriften zu beachten, grenzt die Höhe der laufenden Beitragspflichten ebenso wenig in der erforderlichen Weise ein wie die in § 11 Nr. 3 GV - ohnehin nur während der Bauphase - vorgesehene Überprüfung der Abschlüsse durch einen Angehörigen der wirtschaftsprüfenden oder steuerberatenden Berufe.
24
d) Eine Verpflichtung der Gesellschafter zur Zahlung weiterer Beiträge über die bezifferte Einlageschuld hinaus kann auch nicht § 5 Abs. 3 S. 2 GV entnommen werden. Diese Vertragsbestimmung regelt schon nicht die Voraussetzungen einer erweiterten Beitragspflicht. Vielmehr knüpft sie an die Nachschussregelung in § 5 Abs. 3 S. 1 GV an und legt nur die Verpflichtung zur Zahlung von Vorschüssen vor Auftreten und Feststellung der Unterdeckung fest. Da § 5 Abs. 3 S. 1 GV keine Verpflichtung der Gesellschafter zur Zahlung von Nachschüssen - zum Ausgleich von Unterdeckungen bei laufender Bewirtschaftung - begründet, sind die Gesellschafter ebenso wenig verpflichtet, Vorschüsse auf solche - nicht geschuldeten - Beiträge zu leisten.
25
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist zudem die Höhe der Vorschusszahlungen in § 5 Abs. 3 S. 2 GV nicht - wie nach der Rechtsprechung des Senats erforderlich - in objektiv bestimmbarer Weise ausgestaltet. Der Gesellschaftsvertrag lässt offen, wann sich "Unterdeckungen abzeichnen" und welche laufenden Vorschüsse "angemessen" sind.
26
III. Das Berufungsurteil kann auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten werden (§ 561 ZPO).
27
Die Beklagte ist nicht aus gesellschafterlicher Treuepflicht verpflichtet, den geforderten Nachschuss zu zahlen.
28
Zwar kann auch bei Fehlen eines antizipierten Einverständnisses im Gesellschaftsvertrag die gesellschafterliche Treuepflicht in engen Ausnahmefällen eine Zustimmung der Gesellschafter zu Beitragserhöhungen gebieten mit der Folge, dass § 707 BGB einer - ohne Zustimmung des einzelnen Gesellschafters beschlossenen - Nachforderung nicht entgegensteht. Ein solcher Sachverhalt ist hier schon deshalb nicht gegeben, weil ein Gesellschafterbeschluss über eine Nachschussverpflichtung, dem die Beklagte zustimmen müsste, nicht gefasst wurde.
29
Im Übrigen ist ein Gesellschafter zur Hinnahme von Eingriffen in seine Mitgliedschaft nur dann verpflichtet, wenn diese im Gesellschaftsinteresse geboten und ihm unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwürdigen Belange zumutbar sind (Sen.Urt. v. 4. Juli 2005 aaO, 1456 f.; v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04 aaO Tz. 24 und II ZR 306/04 aaO Tz. 24 m.w.Nachw.). Dabei sind an die aus der Treuepflicht abgeleitete Verpflichtung, einer Beitragserhöhung zuzustimmen , besonders hohe Anforderungen zu stellen, da ein Gesellschafter grundsätzlich nicht zu neuen Vermögensopfern gezwungen werden darf (Sen.Urt. v. 4. Juli 2005 aaO; v. 23. Januar 2006 aaO; MünchKommBGB/Ulmer aaO § 705 Rdn. 233).
30
Derartige besondere Umstände sind nicht ersichtlich. Die Tatsache, dass die Mehrheit der Gesellschafter die geforderten Nachschüsse leistet und auch die Beklagte in der Vergangenheit so verfahren ist, genügt hierfür allein ebenso wenig wie der Umstand, dass die Gesellschaft - ohne weitere Beitragsleistungen der Gesellschafter - aufgelöst werden müsste oder in Insolvenz geraten würde (Sen.Urt. v. 23. Januar 2006 - II 126/04 aaO Tz. 25). Entgegen den Ausführungen der Revisionserwiderung muss sich die Beklagte nicht auf die Möglichkeit verweisen lassen, das Gesellschaftsverhältnis zu kündigen und sich dadurch in der Zukunft weiteren Nachschusszahlungen zu entziehen. Jedenfalls für das Jahr 2004 bestand diese Möglichkeit nicht, weil das Gesellschaftsverhältnis nach § 15 Nr. 2 Satz 1 GV erstmals zum 31. Dezember 2005 gekündigt werden konnte. Eine - ohnehin nur mit Zustimmung des Geschäftsführers mögliche - Kündigung vor diesem Zeitpunkt war der Beklagten schon wegen der - sich nach § 16 Nr. 1 Abs. 2 GV ergebenden - Nachteile bei der Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens nicht zumutbar.
31
IV. Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht in Betracht kommen, hat der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden.
Goette Kurzwelly Gehrlein RiBGH Dr. Strohn kann urlaubsbedingt nicht unterschreiben. Goette Reichart

Vorinstanzen:
AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 02.08.2005 - 208 C 145/05 -
LG Berlin, Entscheidung vom 30.01.2006 - 52 S 286/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 231/07 Verkündet am:
9. Februar 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Beschluss, der den Gesellschaftern einer Personengesellschaft Nachschusspflichten
auferlegt, ist den Gesellschaftern gegenüber unwirksam (§ 707 BGB),
die dieser Vermehrung ihrer Beitragspflichten nicht - auch nicht antizipiert (vgl.
z.B. Sen.Urt. v. 21. Mai 2007 - II ZR 96/06, ZIP 2007, 1458 Tz. 13 ff.; v. 5. März
2007 - II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Tz. 13, 16 f.) - zugestimmt haben. Diese Unwirksamkeit
kann der Gesellschafter auch dann als Einwendung gegenüber der
auf einen solchen Beschluss gestützten Zahlungsklage der Gesellschaft geltend
machen, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag Beschlussmängelstreitigkeiten
binnen einer bestimmten Frist eingeleitet werden müssen und diese Frist abgelaufen
ist (Bestätigung Sen.Beschl. v. 26. März 2007 - II ZR 22/06, ZIP 2007,
1368 Tz. 10).

b) Der ehemalige Gesellschafter haftet für in der Zeit seiner Gesellschaftszugehörigkeit
entstandene Sozialverbindlichkeiten als Gesamtschuldner neben dem Erwerber
des Gesellschaftsanteils dann nicht, wenn die Gesellschafter bereits im Gesellschaftsvertrag
ihre Zustimmung nicht nur zur Übertragung des Gesellschaftsanteils
, sondern auch zum schuldbefreienden Übergang der Sozialverbindlichkeiten
auf den Erwerber erklärt haben.
BGH, Urteil vom 9. Februar 2009 - II ZR 231/07 - OLG München
LG München II
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 9. Februar 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 11. September 2007 aufgehoben und das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts München II abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, Betreibergesellschaft einer Apparthotelanlage in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, verlangt von der Beklagten als ihrer ehemaligen Gesellschafterin anteiligen Verlustausgleich für die Jahre 1999 bis 2001 i.H.v. 9.229,67 €.
2
Die Beklagte war Eigentümerin eines zu der Hotelanlage gehörenden Appartements. Der von dem Ehemann der Beklagten am 13. Mai 1988 unterzeichnete Gesellschaftsvertrag enthält u.a. folgende Bestimmungen: "Präambel … Jeder Apparthotel-Eigentümer hat das Recht, in die Gesellschaft durch Unterzeichnung dieses Vertrages einzutreten. § 12 Gewinn- und Verlustbeteiligung/Entnahmen 1. Die Gewinn- und Verlustbeteiligung erfolgt jährlich zwischen den Gesellschaftern prozentual im Verhältnis der Tausendstel -Anteile zueinander. § 14 Übertragung der Beteiligung auf Dritte Der Gesellschafter darf seine Beteiligung an der Gesellschaft auf Dritte übertragen. Dies gilt jedoch nur bei gleichzeitiger Veräußerung seines Appartements an den Dritten. Mit der Abtretung tritt der neue Gesellschafter in alle in der Gesellschaft begründeten Rechte und Pflichten seines Rechtsvorgängers ein, ausgenommen die Rechte, die dem Rechtsvorgänger höchstpersönlich von der Gesellschaft eingeräumt wurden."
3
Mit Vertrag vom 4. Juli 2001 veräußerte die Beklagte das Appartement an ihren Ehemann und übertrug diesem ihren Gesellschaftsanteil. Der Eigentumsübergang wurde am 5. Oktober 2001 im Grundbuch eingetragen.
4
Der Verlustausgleichsforderung gemäß § 12 des Gesellschaftsvertrages liegen auf Gesellschafterversammlungen der Klägerin in den Jahren 2000-2002 gefasste Gesellschafterbeschlüsse zugrunde.
5
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht - unbeschränkt - zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision der Beklagten hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und in Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Abweisung der Klage.
7
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Die Beklagte sei Gesellschafterin der Klägerin gewesen und als solche verpflichtet, die von der Gesellschafterversammlung beschlossenen Nachschüsse zu zahlen. Ob § 12 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages eine ausreichende Grundlage für diese Beschlüsse darstelle, könne dahinstehen, da die Beschlüsse nicht innerhalb der in § 8 Nr. 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages vorgesehenen Frist im Klagewege angegriffen worden seien. Der gegen die Beklagte gerichtete Anspruch sei auch nicht dadurch erloschen, dass die Beklagte ihren Gesellschaftsanteil im Zusammenhang mit der Übereignung ihres Appartements auf ihren Ehemann übertragen und dabei mit diesem vereinbart habe, dass er alle Verbindlichkeiten aus der Beteiligung übernehmen solle. Diese Vereinbarung wirke nur im Innenverhältnis zwischen der Beklagten und ihrem Ehemann, da es - ungeachtet der Regelung in § 14 des Gesellschaftsvertrages - an der für eine befreiende Schuldübernahme erforderlichen Zustimmung der Klägerin fehle.
9
II. Das Berufungsurteil hält revisionsrechticher Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.
10
1. Entgegen der in der Revisionsbegründung geäußerten Ansicht der Beklagten ist die Klägerin - auch - in der Revisionsinstanz wirksam vertreten. Die Klägerin hat in der Revisionsinstanz vorgetragen, dass sie zunächst durch Herrn K. vertreten wurde und seit dessen Tod durch die Herren N. , S. und M. vertreten wird. Dem ist die Beklagte nicht mehr entgegengetreten. Durch den Tod von Herrn K. während des Revisionsverfahrens ist der Rechtsstreit nicht unterbrochen worden, da die Klägerin anwaltlich vertreten war (§ 246 ZPO).
11
2. Vergeblich greift die Revision die Annahme des Berufungsgerichts an, die Beklagte sei bis zum 5. Oktober 2001 Gesellschafterin der Klägerin gewesen. Selbst wenn - was dahingestellt bleiben kann - der Ehemann der Beklagten seinerzeit deren Beitritt zur Klägerin nicht wirksam erklärt haben sollte, muss sich die Beklagte, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, bis zu ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft nach den Grundsätzen des fehlerhaften Gesellschaftsbeitritts wie eine Gesellschafterin behandeln lassen.
12
Entgegen der Ansicht der Revision hat es nicht an einer auf den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages gerichteten Willenserklärung der Beklagten gefehlt (siehe zu diesem Erfordernis Sen.Urt. v. 14. Oktober 1991 - II ZR 212/90, ZIP 1992, 247, 248). Die Beklagte selbst hat stets vorgetragen, dass ihr Ehemann für sie den Beitritt zu der Klägerin erklären wollte, und hat lediglich Argumente gegen die Wirksamkeit des auch nach ihrer Ansicht "erklärten" Beitritts vorgebracht. Darüber hinaus wurde ihr Gesellschaftsbeitritt, wie erforderlich (Sen.Urt. aaO S. 249 m.w.Nachw.), in Vollzug gesetzt. Die Beklagte ließ sich auf den Gesellschafterversammlungen vertreten und hat in den Jahren ihrer Zugehörigkeit stets ihren Verlustanteil aus der Gesellschaftsbeteiligung gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht.
13
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Beklagte zu Nachschusszahlungen für die Jahre 1999-2001 nicht verpflichtet.
14
a) § 12 des Gesellschaftsvertrages, der lediglich besagt, dass die Gewinn - und Verlustbeteiligung jährlich zwischen den Gesellschaftern prozentual im Verhältnis der Tausendstel-Anteile zueinander zu erfolgen hat, bildet keine wirksame gesellschaftsvertragliche Grundlage für die Geltendmachung jährlicher Zahlungen zum Ausgleich eines nach dem Vertrag so genannten "Verlustes“. Denn die Klausel enthält nicht die nach der ständigen Rechtsprechung erforderliche Obergrenze oder Regelungen über die Eingrenzbarkeit der Vermehrung der Beitragspflichten. Einer solchen Begrenzung bedarf es aber im Hinblick auf § 707 BGB, wenn ein Gesellschafter mit antizipierender Wirkung zustimmen soll. Dies kann der Senat selbst feststellen, weil der Gesellschaftsvertrag der als Publikumsgesellschaft gestalteten Klägerin objektiv auszulegen ist (st.Rspr., Sen.Urt. v. 16. November 1981 - II ZR 213/80, ZIP 1982, 54, 55; v. 19. März 2007 - II ZR 73/06, ZIP 2007, 812 Tz. 18 m.w.Nachw.).
15
b) Mangels wirksam erteilter antizipierter Zustimmung der Beklagten wäre sie nur dann zur Nachschussleistung verpflichtet worden, wenn sie den jeweiligen Gesellschafterbeschlüssen zugestimmt hätte (Sen.Urt. v. 19. März 2007 aaO Tz. 15; v. 4. Juli 2005 - II ZR 354/03, ZIP 2005, 1455, 1456). Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt mit Recht - nicht getroffen. Für das Revisionsverfahren ist daher zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass sie nicht zugestimmt hat.
16
c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann die nicht erteilte Zustimmung auch nicht deswegen außer Betracht gelassen werden, weil die Beklagte nicht binnen der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Frist die - unterstellt - ohne ihre Zustimmung gefassten Beschlüsse "angefochten" hat.
Das Berufungsgericht hat verkannt, dass durch eine verfahrensrechtliche Regelung im Gesellschaftsvertrag das mitgliedschaftliche Grundrecht eines Gesellschafters , nicht ohne seine Zustimmung mit weiteren Beitragspflichten beschwert zu werden, nicht ausgehebelt werden darf (Sen.Beschl. v. 26. März 2007 - II ZR 22/06, ZIP 2007, 1368 Tz. 10; Sen.Urt. v. 5. März 2007 - II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Tz. 13, 16 f.). Der betroffene Gesellschafter kann vielmehr die ihm gegenüber bestehende Unwirksamkeit des Beschlusses jederzeit gegenüber dem Zahlungsanspruch der Gesellschaft geltend machen (Sen.Beschl. aaO; Sen.Urt. aaO).
17
4. Einer Aufhebung und Zurückverweisung zwecks Klärung der Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe den genannten Gesellschafterbeschlüssen jeweils zugestimmt, bedarf es jedoch nicht, da das Berufungsurteil bereits aus einem anderen Grund der Aufhebung unterliegt, hinsichtlich dessen der Senat in der Sache abschließend entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO).
18
Das Berufungsgericht ist zu Unrecht von einem Fortbestehen der - zugunsten der Klägerin für das Revisionsverfahren unterstellten - Haftung der Beklagten für “Verlustausgleichspflichten“ nach ihrem Ausscheiden aus der GbR ausgegangen. Die Beklagte haftet nicht als Gesamtschuldnerin neben ihrem Ehemann, auf den sie - unstreitig - das Eigentum an dem Appartement und - wie das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die Zeugenaussage des Ehemanns revisionsrechtlich einwandfrei festgestellt hat - ihren Gesellschaftsanteil unter Übernahme aller Rechte und Pflichten durch den Ehemann übertragen hat. Dies folgt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bereits aus § 14 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages, ohne dass es auf die vom Berufungsgericht für unzutreffend gehaltene Entscheidung des Senats BGHZ 45, 221 ff. ankäme.
19
a) Die Gesellschafter der Klägerin haben in dem - ebenfalls objektiv auszulegenden - § 14 des Gesellschaftsvertrages nicht nur, wie dies nach der früheren , vom Berufungsgericht herangezogenen Rechtsprechung des Senats bereits ausreichend ist (BGHZ 45, 221, 222; zustimmend hierzu Soergel/ Hadding, BGB 12. Aufl. § 719 Rdn. 19; Baumbach/Hopt, HGB 33. Aufl. § 105 Rdn. 72), vorbehaltlos - mit Ausnahme des unstreitig erfüllten Erfordernisses der (Mit-)Übertragung des Appartements - ihre Zustimmung zu der Übertragung des Gesellschaftsanteils erklärt, sondern sie haben darüber hinaus in § 14 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages - wie dies von den Kritikern der Senatsrechtsprechung gefordert wird (Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1 § 17 III S. 353; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl. § 719 Rdn. 44; Staudinger/Habermeier, BGB [2003] § 719 Rdn. 16; Erman/Westermann, BGB 12. Aufl. § 719 Rdn. 12; Timm/Schöne in Bamberger/Roth, Kommentar zum BGB 2. Aufl. § 719 Rdn. 11; Teichmann, NJW 1966, 2336, 2338 ff.; Ganssmüller, DB 1967, 891, 892 ff.) - dem schuldbefreienden Übergang der Sozialverbindlichkeiten auf den Erwerber zugestimmt. In § 14 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages ist nämlich ausdrücklich geregelt, dass der neue Gesellschafter mit der Abtretung in alle in der Gesellschaft begründeten Rechte und Pflichten seines Rechtsvorgängers eintritt; davon ausgenommen sind nur die Rechte, die dem Rechtsvorgänger (Veräußerer) höchstpersönlich von der Gesellschaft eingeräumt wurden. "Eintreten" kann hier im Zusammenhang mit der Benennung des Veräußerers als "Rechtsvorgänger" nichts anderes bedeuten, als dass der Erwerber an die Stelle des Veräußerers tritt.
20
Dass auch die Klägerin § 14 des Gesellschaftsvertrages ursprünglich in diesem Sinne verstanden hat und von einer Alleinhaftung des Ehemanns für die Sozialverbindlichkeiten ausgegangen ist, zeigt sich obendrein darin, dass sie ab dem Zeitpunkt, in dem der Ehemann der Beklagten ihr die Übertragung des Gesellschaftsanteils angezeigt hatte, Anschreiben, insbesondere Zahlungsauf- forderungen und Mahnschreiben, nur an ihn persönlich adressiert hat und zunächst auch ausschließlich gegen den Ehemann gerichtlich vorgegangen ist.
21
b) Entgegen der in der Revisionsinstanz verfochtenen Ansicht der Klägerin ergibt sich aus der Tatsache, dass sich die Beklagte mit Schreiben vom 4. Dezember 2000 bereit erklärt hat, "die diversen Kosten im Januar und Februar 2001 komplett" zu bezahlen, nichts anderes. Dieses Schreiben besagt nichts darüber, ob die Beklagte § 14 des Gesellschaftsvertrages damals anders verstanden hat, als sie jetzt im Rechtsstreit geltend macht und wie dies der im Übrigen allein maßgeblichen objektiven Auslegung entspricht. Ebenso wenig folgt aus der Tatsache der Geltendmachung der Verluste in den Steuererklärungen der Beklagten ein Argument für eine der Klägerin günstigere - objektive - Auslegung des § 14 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages.
22
Die Beklagte haftet auch im Übrigen nicht, auch nicht aus dem Gesichtspunkt eines deklaratorischen Anerkenntnisses, das sich zudem ohnehin nur auf den im Jahre 2000 beschlossenen Nachschuss beziehen würde. Die Klägerin verkennt bei ihrer gegenteiligen Beurteilung, dass die Beklagte die genannte Erklärung vor der Übertragung ihres Gesellschaftsanteils in ihrer Eigenschaft als damalige Gesellschafterin abgegeben hat und diese Äußerung sich auf die seinerzeit noch bestehende Haftung für etwa bestehende Sozialverbindlichkeiten bezog. Ob damit ein Anerkenntnis verbunden sein kann, das den Streit der Parteien über die Wirksamkeit der Nachschussbeschlüsse hat ausräumen können , ist allein eine Frage der Bindung des Ehemanns der Beklagten als deren Rechtsnachfolger; dessen Haftung für die alten Gesellschaftsschulden ist jedoch nicht Gegenstand des hier zu entscheidenden Rechtsstreits.
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG München II, Entscheidung vom 13.02.2007 - 9 O 7450/03 -
OLG München, Entscheidung vom 11.09.2007 - 18 U 2394/07 -