Bundesgerichtshof Urteil, 11. Feb. 2010 - I ZR 85/08

bei uns veröffentlicht am11.02.2010
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 34 O 164/06, 16.05.2007
Oberlandesgericht Düsseldorf, 20 U 100/07, 22.04.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Schreibfehlerberichtigung
vom 6. August 2010
auf der letzten Seite
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 85/08 Verkündet am:
11. Februar 2010
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ausschreibung in Bulgarien
EGBGB Art. 40; Rom II-VO Art. 6
Das anwendbare materielle Wettbewerbsrecht ist grundsätzlich auch dann nach
dem Marktortprinzip zu bestimmen, wenn sich der wettbewerbliche Tatbestand
im Ausland ausschließlich unter inländischen Unternehmen abspielt oder sich
gezielt gegen einen inländischen Mitbewerber richtet, der dadurch im Wettbewerb
behindert wird (Aufgabe von BGHZ 40, 391, 397 ff. - Stahlexport).
BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 - I ZR 85/08 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22. April 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind in Deutschland ansässige Unternehmen, die auf dem Markt der Fertigung industrieller Brenner und der Ummantelung mit feuerfestem Material tätig sind. Die Klägerin wendet sich gegen ein Telefax, das die Beklagte im Zusammenhang mit einer Ausschreibung in Bulgarien verschickt hat.
2
Im Frühjahr 2006 nahmen die Parteien an einem Ausschreibungsverfahren des bulgarischen Unternehmens K. teil, dessen Gegenstand Umbausätze für schwefelarme Gasbrenner waren. Als örtliche Repräsentantin für die Beklagte war bei der Angebotsabgabe Frau St. von der M. B. GmbH tätig. Außer den Parteien beteiligten sich keine anderen deutschen Unternehmen an der Ausschreibung. Unter Bezug auf das von ihr für K. abgegebene Angebot übersandte die Beklagte am 12. April 2006 ein Telefax folgenden Inhalts an Frau St.: Sehr geehrte Frau St. wir beziehen uns auf Ihr heutiges Gespräch mit Herrn D. über den Status von dem o.g. Projekt und möchten Sie wie folgt informieren. Es gibt keine Firma in Deutschland, der B. [Beklagte] eine Lizenz für die Brennertechnologie erteilt hat. Wenn eine Firma aus Deutschland B. Technologie verkauft, dann geschieht dies ohne B. Genehmigung und es wird unter Umständen von B. rechtlich verfolgt. Wir wissen über eine Firma in Deutschland, die B. Brenner zu kopieren versucht. Es wird vermutet, dass einige Angestellte dieser Firma B. Brennerbezeichnungen und Projektdaten illegal kopiert haben. Gegen diese Firma laufen zur Zeit Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, die noch nicht abgeschlossen sind (während der Durchsuchung in der Firma wurden Zeichnungen gefunden, die eventuell direkt von B. Dokumentation kopiert sein konnten). Wir bitten Sie Firma K. und andere Kunden in Bulgarien darüber informieren, dass die gemeinsamen Projekte mit dieser Firma (dessen Name wir hier offiziell aus rechtlichen Gründen nicht nennen dürfen) stellen für die Kunden, unserer Meinung nach, technisches und rechtliches Risiko dar. Mit freundlichen Grüßen B. GmbH [Beklagte] Operation Manager [Unterschrift]
3
Die Klägerin hat behauptet, dieses Schreiben sei dem ausschreibenden Unternehmen zugänglich gemacht worden. Sie hält die darin getroffenen Aussagen für wettbewerbswidrig und hat die Beklagte auf Unterlassung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Die Beklagte hat insbesondere geltend gemacht, etwaige Ansprüche der Klägerin richteten sich ausschließlich nach bulgarischem Recht.
4
Das Berufungsgericht hat die in erster Instanz erfolgreiche Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


5
I. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet, weil im Streitfall deutsches Wettbewerbsrecht keine Anwendung finde und die Klägerin eine Verletzung bulgarischen Rechts nicht geltend gemacht habe.
6
Marktbezogene Wettbewerbshandlungen seien nach dem Recht des Ortes zu beurteilen, an dem sich die wettbewerblichen Interessen begegneten, also dem Recht des Marktortes. Zwar habe der Bundesgerichtshof früher angenommen , dass deutsches Recht Anwendung finden solle, wenn der fragliche Wettbewerb auf dem Auslandsmarkt sich ausschließlich zwischen inländischen Unternehmen abspiele oder wenn sich die Wettbewerbshandlung speziell gegen einen inländischen Wettbewerber richte (BGHZ 40, 391, 397 - Stahlexport). Jedenfalls bei solchen Wettbewerbshandlungen, die mit einer Einwirkung auf die Marktgegenseite verbunden seien, komme die Anwendung des gemeinsamen Heimatrechts anstelle des Rechts des Marktortes jedoch nicht mehr in Betracht , weil das Wettbewerbsrecht nicht mehr allein und auch nicht mehr in erster Linie die Mitbewerber, sondern in gleichem Maße die Verbraucher und die übrigen Marktteilnehmer sowie das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb schütze.
7
Im Streitfall sei die nach Ansicht der Klägerin unlautere Einwirkung auf die Marktgegenseite ausschließlich in Bulgarien erfolgt, so dass sie allein nach bulgarischem Recht zu beurteilen sei. Auf eine Verletzung bulgarischen Rechts berufe sich die Klägerin aber nicht, weshalb die Klage abzuweisen sei.
8
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat im Ergebnis Erfolg. Das Berufungsgericht hat zwar zu Recht die Anwendbarkeit deutschen Wettbewerbsrechts verneint. Es hätte aber nicht dahinstehen lassen dürfen, ob das beanstandete Verhalten der Beklagten einen Verbotstatbestand nach dem bulgarischen Recht des unlauteren Wettbewerbs darstellt und der Klägerin als Folge die geltend gemachten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche zustehen.
9
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass auf die beanstandete Handlung der Beklagten bulgarisches Wettbewerbsrecht anzuwenden ist.
10
a) Die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-Verordnung) findet auf den Streitfall noch keine Anwendung, da sie nur für Ereignisse gilt, die nach dem 11. Januar 2009 eingetreten sind (vgl. Art. 31 f. Rom-II-VO). Für die materielle Rechtsanknüpfung ist daher die Rechtslage unter Geltung der am 1. Juni 1999 in Kraft getretenen Fassung des Art. 40 EGBGB maßgeblich. Danach richtet sich die Beurteilung einer Wettbewerbshandlung nach dem Recht des Ortes, an dem die wettbewerbsrechtlichen Interessen der Mitbewerber aufeinandertreffen, also nach dem Recht des Marktorts. Geht es um die wettbewerbsrechtliche Beurteilung eines Verhaltens bei der Gewinnung von Kunden, ist Marktort der Ort, an dem auf die Entschließung des Kunden eingewirkt werden soll. Dort soll das Wettbewerbsrecht unlauteres Konkurrenzverhalten verhindern; auf diesen Ort bezieht sich auch das durch das Wettbewerbsrecht ebenfalls geschützte Interesse der Allgemeinheit an einem lauteren Wettbewerb (BGHZ 113, 11, 15 - Kauf im Ausland; BGH, Urt. v. 26.11.1997 - I ZR 148/95, GRUR 1998, 419, 420 = WRP 1998, 386 - Gewinnspiel im Ausland).
11
Die für das allgemeine Deliktsrecht in Art. 40 Abs. 2 EGBGB vorgesehene Sonderanknüpfung an das gemeinsame Heimatrecht von Verletzer und Verletztem gilt im Bereich des Wettbewerbsrechts nicht (BGH, Urt. v. 13.5.2004 - I ZR 264/00, GRUR 2004, 1035, 1036 = WRP 2004, 1484 - Rotpreis-Revolution ; Urt. v. 5.10.2006 - I ZR 7/04, GRUR 2007, 245 Tz. 11 = WRP 2007, 174 - Schulden Hulp, m.w.N.; Fezer/Koos in Staudinger, BGB, September 2006, IntWirtschR Rdn. 396 f.). Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des Art. 40 Abs. 2 EGBGB keine Abkehr vom Marktortprinzip im Wettbewerbsrecht beabsichtigt (vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum Internationalen Privatrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse und für Sachen, BT-Drucks. 14/343, S. 10; Hausmann/Obergfell in Fezer, UWG, 2. Aufl., Einl. I Rdn. 63).
12
Nach dem Marktortprinzip setzt die Anwendung deutschen Wettbewerbsrechts voraus, dass die wettbewerbsrechtlichen Interessen der Mitbewerber im Inland aufeinandertreffen (BGH GRUR 2007, 245 Tz. 11 - Schulden Hulp, m.w.N.). Daran fehlt es im Streitfall. Die Beklagte hat das beanstandete Telefax anlässlich einer Ausschreibung in Bulgarien an ihre bulgarische Repräsentantin mit der Bitte geschickt, das ausschreibende Unternehmen K. und andere Kunden in Bulgarien über dessen Inhalt zu informieren. Marktort der Wettbewerbshandlung war deshalb Bulgarien.
13
b) Allerdings hat der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit für die Frage der Rechtsanwendung dann ausnahmsweise an den gemeinsamen Inlandssitz der beteiligten Wettbewerber angeknüpft, wenn sich der wettbewerbliche Tatbestand im Ausland ausschließlich unter inländischen Unternehmen abspielte oder sich speziell gegen den inländischen Mitbewerber richtet, der dadurch im Wettbewerb ungehörig behindert wird (BGHZ 40, 391, 397 ff. - Stahlexport). Soweit aus dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1963 für den vorliegenden Fall die Anwendbarkeit deutschen Wettbewerbsrechts abgeleitet werden könnte, hält der Senat an ihr nicht fest.
14
aa) Aus den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts ergibt sich zwar, dass sich außer den Parteien kein deutsches Unternehmen an dem Ausschreibungsverfahren beteiligt hat. Das Berufungsgericht hat aber keine Feststellungen dazu getroffen, ob ausländische Unternehmen an der Ausschreibung teilgenommen haben. Selbst wenn zugunsten der Revision unterstellt wird, dass es keine weiteren Teilnehmer an der Ausschreibung gab, führt dies nicht zur Anwendbarkeit deutschen Wettbewerbsrechts.
15
Die Anwendung deutschen Wettbewerbsrechts als des gemeinsamen Heimatrechts der (einzigen) Mitbewerber lässt die Interessen der Marktteilnehmer am ausländischen Marktort außer Betracht. Liegt der Marktort im Ausland, betrifft auch das zu schützende Interesse des klagenden deutschen Unternehmens primär dessen Wettbewerbsstellung auf dem ausländischen Markt. Dort kollidieren die wettbewerblichen Interessen der Parteien als Wettbewerber. Entgegen der Ansicht der Revision trifft es nicht zu, dass in diesen Fällen der wesentliche Schwerpunkt der betroffenen wettbewerblichen Interessen im Inland liegt. Im Hinblick darauf hat es der Bundesgerichtshof abgelehnt, wettbewerbliche Konflikte unter ausländischen Unternehmen auf dem deutschen Markt nach den Grundsätzen der Stahlexport-Entscheidung und damit gegebenenfalls nach ausländischem Recht zu lösen (BGH, Urt. v. 4.6.1987 - I ZR 109/85, GRUR 1988, 453, 454 = WRP 1988, 25 - Ein Champagner unter den Mineralwässern). Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung des Inländerwettbewerbs im Ausland gegenüber dem Ausländerwettbewerb im Inland ist jedenfalls heute nicht mehr ersichtlich. Es ist daher geboten, in beiden Fällen das Marktortprinzip anzuwenden. Ferner ist nicht zu begründen, warum die Anwendung unterschiedlichen materiellen Rechts zu einer abweichenden Beurteilung derselben Wettbewerbsmaßnahme, etwa einer Werbung, führen können sollte, je nach dem, ob neben den inländischen Unternehmen noch ein oder mehrere ausländische Unternehmen auf dem ausländischen Markt tätig sind. Schließlich wird es häufig nur schwer zu klären sein, ob es auf einem bestimmten ausländischen Markt einheimische Wettbewerber oder solche aus Drittstaaten gibt (vgl. zum Ganzen Köhler in Köhler/Bornkamm aaO Einl. I UWG Rdn. 5.14; Hausmann/Obergfell in Fezer aaO Einl. I Rdn. 224; siehe auch Sack, WRP 2000, 269, 279 f.).
16
bb) Die Anwendbarkeit deutschen Wettbewerbsrechts wird im Streitfall auch nicht dadurch eröffnet, dass sich das Telefaxschreiben der Beklagten erkennbar gegen die Klägerin richtete.
17
Sollten sich die Parteien bei der Ausschreibung in aktuellem oder potentiellem Wettbewerb mit ausländischen Anbietern befunden haben, müsste schon allein aus diesem Grund dieser Wettbewerb insgesamt dem ausländischen Wettbewerbsrecht unterworfen werden. Nur so können Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden, die sich aus der Anwendung unterschiedlicher Wettbewerbsregeln im selben Markt ergeben könnten (vgl. etwa MünchKomm.UWG /Mankowski, IntWettbR Rdn. 281 f., 284).
18
Aber auch wenn zugunsten der Klägerin erneut unterstellt wird, dass außer den Parteien keine weiteren Unternehmen an der Ausschreibung teilgenommen haben oder auch nur teilnehmen konnten, ergibt sich keine andere Beurteilung. Die Behinderung der Klägerin durch das Telefaxschreiben sollte mittels Weitergabe der darin enthaltenen Informationen an den potentiellen bulgarischen Kunden erfolgen, der das Ausschreibungsverfahren durchführte. Es handelt sich damit um einen Fall unmittelbar marktvermittelter Behinderung. Die Interessen des behinderten inländischen Mitbewerbers werden durch eine unmittelbare unlautere Einwirkung auf die geschäftliche Entscheidung des ausländischen Kunden beeinträchtigt, wodurch gleichfalls unmittelbar das Interesse der ausländischen Allgemeinheit an der Lauterkeit des dortigen Wettbewerbs betroffen wird. Für diese Fallgruppe besteht bereits nach bisher geltendem - und im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichem - Recht kein Anlass, die Anknüpfung des materiellen Rechts anders vorzunehmen als etwa bei einer irreführenden Werbung (vgl. Glöckner in Harte/Henning, UWG, 2. Aufl., Einl. C Rdn. 123; Sack, WRP 2008, 844, 850; Wilde in Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 4. Aufl., § 10 Rdn. 24 und zum Marktortprinzip bei Behinderungswettbewerb MünchKomm.UWG/Mankowski aaO Rdn. 336; weitergehend MünchKomm.BGB/Drexl, 4. Aufl., IntUnlWettbR Rdn. 100, der schon nach der IPR-Reform von 1999 generell keinen Raum für eine Sonderanknüpfung an das gemeinsame Heimatrecht sieht). Auch für diese Fälle gilt daher das Marktortprinzip. Für die Anknüpfung kommt es nicht darauf an, dass der Anschwärzungstatbestand nach deutschem Recht allein den Mitbewerberschutz bezweckt.
19
cc) Dieses Ergebnis steht im Übrigen auch im Einklang mit dem seit 11. Januar 2009 geltenden Art. 6 Rom-II-VO. Nach dessen Absatz 1 bestimmt sich das anwendbare Recht für vor Vertragsschluss begangene unlautere Handlungen weiterhin regelmäßig nach dem Marktort (vgl. Köhler in Köhler/ Bornkamm aaO Einl. UWG Rdn. 534). Gemäß Art. 6 Abs. 2 Rom-II-VO findet bei einem als unlauterer Wettbewerb anzusehenden Verhalten allerdings das gemeinsame Heimatrecht der Parteien dann Anwendung, wenn die Wettbewerbshandlung im Ausland ausschließlich die Interessen des Klägers beeinträchtigt. Das soll beispielsweise bei bestimmten unternehmensbezogenen Eingriffen wie Betriebsspionage der Fall sein (vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorschlag für eine Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), KOM(2003) 427 endgültig, S. 18; MünchKomm.BGB/Drexl aaO Rdn. 87). Zwar weisen auch diese von der Kommission als „bilateral“ bezeichneten Wettbewerbshandlungen notwendi- gerweise einen Marktbezug auf, der jeder Wettbewerbshandlung bereits begrifflich immanent ist; denn grundsätzlich hat jede Wettbewerbshandlung, die sich gezielt gegen einen Wettbewerber richtet, im Verhältnis zu anderen Wettbewerbern eine wettbewerbsverzerrende Wirkung (vgl. MünchKomm.BGB/Drexl aaO Rdn. 88 f., 92). Den von Art. 6 Abs. 2 ROM-II-VO erfassten unternehmensbezogenen Eingriffen fehlt aber die unmittelbar marktvermittelte Einwirkung auf die geschäftlichen Entscheidungen der ausländischen Marktgegenseite (vgl. MünchKomm.UWG/Mankowski aaO Rdn. 362), die eine Sonderanknüpfung an das gemeinsame Heimatrecht ausschließt.
20
dd) Dahinstehen kann, ob eine Sonderanknüpfung an das gemeinsame Heimatrecht - etwa über Art. 41 EGBGB - ausnahmsweise dann in Betracht kommen kann, wenn ein deutsches Unternehmen eine gezielt gegen einen deutschen Mitbewerber gerichtete einheitliche Wettbewerbshandlung auf einer Vielzahl von Auslandsmärkten begeht. Ein solcher Sachverhalt liegt im Streitfall indessen nicht vor.
21
2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft die Klage mangels Anwendbarkeit deutschen Rechts mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe sich nicht auf eine Verletzung bulgarischen Rechts berufen. Die Beurteilung des Streitfalls nach bulgarischem Recht stellt keinen anderen Streitgegenstand dar als seine - von der Klägerin und dem Landgericht unzutreffend vorgenommene - Bewertung auf der Grundlage deutschen Rechts.
22
Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger begehrte Rechtsfolge konkretisiert , und durch den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger diese Rechtsfolge herleitet (vgl. BGH, Urt. v. 29.5.2008 - I ZR 189/05, GRUR 2008, 1121 Tz. 16 = WRP 2008, 1560 - Freundschaftswerbung im Internet, m.w.N.).
Anders als die Bestimmung des Streitgegenstands obliegt die Ermittlung des anwendbaren, gegebenenfalls ausländischen Rechts nicht dem Kläger, sondern dem Gericht von Amts wegen (vgl. § 293 ZPO). Die Parteien trifft keine (prozessuale ) Beweisführungslast. Der Umfang der Ermittlungspflicht kann zwar durch den Vortrag der Parteien beeinflusst werden. Im Streitfall war von der Klägerin aber kein Vortrag zum Inhalt des bulgarischen Rechts zu erwarten, weil sie deutsches Recht für anwendbar hielt (vgl. BGH, Urt. v. 25.1.2005 - XI ZR 78/04, NJW-RR 2005, 1071, 1072 m.w.N.).
23
Allerdings hat der Senat in der Vergangenheit die Anwendung ausländischen Rechts in Einzelfällen davon abhängig gemacht, dass sich der Kläger zumindest hilfsweise darauf beruft (vgl. BGHZ 113, 11, 16 - Kauf im Ausland; BGH GRUR 1998, 419, 420 - Gewinnspiel im Ausland). Es kann offenbleiben, ob hieran für die diesen Entscheidungen zugrunde liegende Fallkonstellation festgehalten werden kann. In den angeführten Fällen war Kläger jeweils ein deutscher Verbraucherschutzverband, dessen Rechtsschutzbegehren sich im Interesse der inländischen Verbraucher typischerweise allein auf die Durchsetzung des deutschen Wettbewerbsrechts richtet. Die Interessenlage der unternehmerisch im Ausland tätigen Klägerin an lauteren Bedingungen für den Wettbewerb mit deutschen Mitbewerbern auf ausländischen Märkten ist damit von vornherein nicht vergleichbar.
24
III. Die Sache ist somit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das die erforderlichen Feststellungen zum bulgarischen Recht nachzuholen hat.
Bornkamm Pokrant Büscher
Kirchhoff Bergmann
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 16.05.2007 - 34 O 164/06 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 22.04.2008 - I-20 U 100/07 -


Schreibfehlerberichtigung


Das Urteil vom 11. Februar 2010 wird wie folgt berichtigt:

- Das Zitat in Tz. 15 a.E. lautet: (vgl. zum Ganzen Köhler in Köhler/Bornkamm,
UWG, 28. Aufl., Einl. Rdn. 5.14; Hausmann/Obergfell in Fezer aaO Einl. I
Rdn. 224; siehe auch Sack, WRP 2000, 269, 279 f.)

- Das Zitat in Tz. 19 4. Zeile: (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO
Einl. Rdn. 5.34).

Karlsruhe, den 6. August 2010


Bundesgerichtshof
Geschäftsstelle des I. Zivilsenats


Führinger, Justizangestellte

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 293 Fremdes Recht; Gewohnheitsrecht; Statuten


Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DESVOLKES URTEIL I ZR 253/14 Verkündet am: 12. Januar 2017 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja World

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bei uns veröffentlicht am 08.10.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 225/13 Verkündet am: 8. Oktober 2015 Bürk Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 264/00 Verkündet am:
13. Mai 2004
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Rotpreis-Revolution
UWG a.F. § 7 Abs. 1
Zur Frage der Anwendung deutschen Wettbewerbsrechts auf die in einer inländischen
Tageszeitung veröffentlichte Ankündigung einer im Ausland stattfindenden
Sonderveranstaltung.
BGH, Urt. v. 13. Mai 2004 – I ZR 264/00 – OLG Koblenz
LG Trier
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Mai 2004 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm,
Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 24. Oktober 2000 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 10. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Trier vom 15. Dezember 1999 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist ein Einzelhandelsverband im Regierungsbezirk Trier. Die Beklagte betreibt ein Sportgeschäft in Leudelingen im Großherzogtum Luxemburg.
Die Beklagte warb aus Anlaß des einjährigen Bestehens ihres Sportgeschäfts am 23. Oktober 1998 mit einer ganzseitigen Anzeige in der Tageszeitung „Trierischer Volksfreund“. Dort kündigte sie für die Zeit vom 23. bis 31. Oktober 1998 eine „Rotpreis-Revolution“ als „eine Dankeschön/Geburtstags-Aktion für unsere Kunden“ an. Mit Schlagzeilen wie „!!100.000 Artikel müssen raus!!“, „Zeltverkauf“ , „- 70%“, „- 60%“, „- 50%“, „- 40%“ wies sie auf Preisreduzierungen hin. Für jeden „50. Kassenkunden“ wurde ein Einkaufsgutschein in Höhe von 1.000 Luxemburger Franken (etwa 25 €) versprochen; an zwei Tagen sollte die Möglichkeit bestehen, eine Schottlandreise für zwei Personen zu gewinnen. Ein (verkleinerter) Ausschnitt der im Original in einem rötlichen Ton unterlegten Anzeige ist nachstehend wiedergegeben:
Der Kläger hat diese Werbung unter dem Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlockens, einer unzulässigen Sonderveranstaltung und eines Verstoßes gegen die Zugabeverordnung als wettbewerbswidrig beanstandet. Er hat beantragt,
1. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmittel zu verurteilen, es in der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in einer an den Letztverbraucher gerichteten Anzeige
a) zu werben mit den Hinweisen „Rotpreisrevolution eine Dankeschön-Geburtstagsaktion für unsere Kunden! 100.000 Artikel müssen raus! Zeltverkauf Markenware extrem reduziert. Bis 70% bis 60% bis 50% bis 40%“, insbesondere wie in der im Trierischen Volksfreund vom 23. Oktober 1998 erschienenen Werbeanzeige;
b) einen Einkaufgutschein im Wert von 1.000 Luxemburger Franken für jeden 50. Kassenkunden anzukündigen; 2. die Beklagte zur Zahlung einer Abmahnpauschale in Höhe von 220 DM zuzüglich 4% Zinsen seit 12. Dezember 1998 zu verurteilen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat einen Wettbewerbsverstoß nach deutschem Recht in Abrede gestellt. In jedem Fall sei ihr Verhalten aber nach luxemburgischem Recht nicht zu beanstanden. Im Hinblick darauf verstieße ein Verbot gegen Art. 28 EG. Zumindest aber seien die Klageansprüche verjährt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die – vom Berufungsgericht zugelassene – Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat in dem Verhalten der Beklagten einen Verstoß gegen das deutsche Wettbewerbsrecht, das im Streitfall anwendbar sei, gesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Da von der Werbung der Beklagten in einer Trierer Tageszeitung die Interessen der inländischen Verbraucher und Mitbewerber betroffen seien, liege der Marktort der Werbemaßnahme im Inland, auch wenn der Absatz, für den geworben werde, im Ausland stattfinden solle. Daher sei die beanstandete Werbung nach deutschem Wettbewerbsrecht zu beurteilen. Allerdings liege in dem Verhalten der Beklagten kein wettbewerbswidriges übertriebenes Anlocken. Die Werbung mit Preisherabsetzungen sei grundsätzlich zulässig. Der versprochene Einkaufsgutschein werde Verbraucher aus dem Trierer Raum nicht veranlassen, zu dem in Luxemburg gelegenen Verkaufsort zu fahren. Auch das angekündigte Gewinnspiel mit der Möglichkeit des Gewinns einer Schottlandreise sei ein zulässiges Werbemittel, um die Aufmerksamkeit der Verbraucher zu erwecken.
Die beanstandete Werbung enthalte jedoch die Ankündigung einer unzulässigen Sonderveranstaltung nach § 7 Abs. 1 UWG. Durch eine ganze Reihe blickfangmäßig herausgestellter Schlagzeilen werde der Eindruck erweckt, die Beklagte veranstalte aus Anlaß ihres einjährigen Bestehens einen einmaligen Verkauf, bei dem für eine beschränkte Zeit sämtliche Artikel des Sortiments im Preis ermäßigt seien. Es könne offenbleiben, ob die beworbene Sonderveranstaltung nach luxemburgischem Recht zulässig sei. Fielen Werbe- und Absatzmarkt auseinander , sei das Recht des Werbemarktes maßgeblich. Die Ankündigung einer nach § 7 Abs. 1 UWG unzulässigen Sonderveranstaltung sei nicht nur ein unselbständiger Hilfsakt der Durchführung, sondern selbständige Tatbestandsvariante. Dies
folge aus dem Zweck des § 7 Abs. 1 UWG, der nicht nur dem Schutz der Mitbewerber dienen, sondern auch Verbraucher und Allgemeinheit vor übermäßiger unsachlicher Beeinflussung schützen solle. Dieses Schutzinteresse werde nicht nur von der Durchführung, sondern auch von der Ankündigung einer Sonderveranstaltung berührt. Die Anwendung des § 7 Abs. 1 UWG verstoße auch nicht gegen Art. 28 EG. Denn bei dem Verbot der Ankündigung einer Sonderveranstaltung handele es sich um eine von Art. 28 EG nicht erfaßte Verkaufsmodalität. Die Ansprüche des Klägers seien auch nicht verjährt.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Klageabweisung.
1. Klageantrag 1 a) (Ankündigung einer Sonderveranstaltung):

a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Kläger kein Anspruch auf Unterlassung der beanstandeten Ankündigung einer Sonderveranstaltung aus § 7 Abs. 1 UWG zu. Das Verbot des § 7 Abs. 1 UWG bezieht sich lediglich auf Verkaufsveranstaltungen, die im Geltungsbereich des Gesetzes durchgeführt werden.
aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß für die Frage des auf eine Wettbewerbshandlung anzuwendenden Rechts der Begehungsort maßgeblich ist und daß als Begehungsort nur der Ort angesehen werden kann, an dem die wettbewerblichen Interessen der Mitbewerber aufeinandertreffen. Dort soll das Wettbewerbsrecht unlauteres Konkurrenzverhalten verhindern; auf diesen Ort beziehen sich auch das durch das Wettbewerbsrecht ebenfalls geschützte – und deshalb bei der Rechtsanknüpfung zu beachtende – Interesse der möglichen Kunden, als Marktteilnehmer vor unlauterem Verhalten bei der Werbung und dem Abschluß von Verträgen geschützt zu werden, sowie das daraus
resultierende Interesse der Allgemeinheit an einem lauteren Wettbewerb (BGHZ 113, 11, 14 f. – Kauf im Ausland; BGH, Urt. v. 26.11.1997 – I ZR 148/95, GRUR 1998, 419, 420 = WRP 1998, 386 – Gewinnspiel im Ausland, jeweils m.w.N.). Hieran ist auch unter der Geltung des Art. 40 EGBGB n.F. festzuhalten (vgl. Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl., Art. 40 EGBGB Rdn. 11; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einl. Rdn. 188; Köhler in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Einf. Rdn. 92; Sack, WRP 2000, 269, 272).
bb) Im rechtlichen Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht ferner angenommen , daß in Fällen, in denen ein Kaufmann seine Waren oder Leistungen grenzüberschreitend anbietet, der Marktort derjenige ist, an dem die Werbemaßnahme auf den Kunden einwirken soll, selbst wenn der spätere Absatz auf einem anderen Markt stattfinden soll (BGHZ 113, 11, 15 – Kauf im Ausland; Baumbach /Hefermehl aaO Einl. Rdn. 187). Diese Regel gilt jedoch uneingeschränkt nur in den Fällen, in denen die wettbewerbsrechtliche Beurteilung der Werbemaßnahme – wie beispielsweise in Fällen der irreführenden Werbung – nicht davon abhängig ist, ob das beworbene Absatzgeschäft wettbewerbsrechtlich zu beanstanden ist. Anders verhält es sich, wenn sich der Vorwurf der Unlauterkeit der Ankündigung ausschließlich darauf gründen kann, daß das beworbene, im Ausland stattfindende Absatzgeschäft unlauter ist. So kann die Werbung für ein im Ausland abzuschließendes Geschäft nicht mit der Begründung im Inland untersagt werden, daß der Geschäftsabschluß – wenn er im Inland stattfände – als Rechtsbruch nach § 1 UWG zu untersagen wäre (vgl. Staudinger/Fezer, BGB, Bearb. 2000, IntWirtschR Rdn. 572 ff.). Beispielsweise wäre es einem luxemburgischen Kaufmann unbenommen, in Deutschland damit zu werben, daß Kunden an einem deutschen Feiertag, an dem der Verkauf in Deutschland gegen die Bestimmungen des Ladenschlußgesetzes verstieße, in seinem Luxemburger Geschäftslokal willkommen seien.
cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei dem Verbot der Ankündigung einer Sonderveranstaltung in § 7 Abs. 1 UWG um einen Fall, in dem sich die Unlauterkeit der Ankündigung aus der Unlauterkeit der angekündigten Verkaufsveranstaltung ergibt. Begegnet die Verkaufsveranstaltung keinen wettbewerbsrechtlichen Bedenken, kann auch die Ankündigung nicht nach § 7 Abs. 1 UWG untersagt werden (vgl. BGH, Urt. v. 15.1.1998 – I ZR 244/95, GRUR 1998, 585, 587 = WRP 1998, 487 – Lager-Verkauf). Dies gilt unabhängig davon, ob der angekündigte Verkauf nach luxemburgischem Recht zulässig ist oder nicht. Denn das Verbot des § 7 UWG bezieht sich nur auf im deutschen Einzelhandel durchgeführte Sonderveranstaltungen. Es hat nicht den Zweck, den inländischen Verbraucher auch vor einer möglichen unsachlichen Beeinflussung zu schützen, die von im Ausland stattfindenden Sonderveranstaltungen ausgehen mag (Großkomm.UWG /Schricker, Einl. Rdn. F 220; Großkomm.UWG/Jestaedt, § 7 Rdn. 18; Gloy/Wilde, Handbuch WettbR, 2. Aufl., § 6 Rdn. 51; MünchKomm.BGB/Kreuzer, 3. Aufl., Art. 38 EGBGB Rdn. 246; Staudinger/Fezer aaO IntWirtschR Rdn. 463; Piper in Köhler/Piper aaO § 7 Rdn. 7).
Das Berufungsgericht weist allerdings zu Recht darauf hin, daß der deutsche Gesetzgeber mit dem Sonderveranstaltungsverbot auch das Ziel verfolgt hat, die Verbraucher vor einer übermäßig unsachlichen Beeinflussung ihrer wirtschaftlichen Entschließungen zu schützen (vgl. BGH, Urt. v. 28.9.1979 – I ZR 139/77, GRUR 1980, 112, 113 – Sensationelle Preissenkungen; Baumbach/Hefermehl aaO § 7 Rdn. 1). Auch dieser Schutzzweck rechtfertigt es jedoch nicht, auch die Ankündigung einer im Ausland stattfindenden Sonderveranstaltung zu untersagen. Denn der Gesetzgeber hat zu diesem Zweck für Sonderveranstaltungen einen Ordnungsrahmen geschaffen, der seiner Natur nach nur Geltung im Inland beanspruchen kann (vgl. Piper in Köhler/Piper aaO § 7 Rdn. 6 f.). Nur unter diesem Ordnungsgesichtspunkt läßt es sich beispielsweise rechtfertigen, daß ein Saison-
schlußverkauf außerhalb der festen zeitlichen Grenzen des § 7 Abs. 3 Nr. 1 UWG, ein Jubiläumsverkauf aus Anlaß des zwanzigjährigen Bestehens (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG) und ein nicht rechtzeitig bei der zuständigen Stelle angezeigter Räumungsverkauf (§ 8 Abs. 3 Satz 1 UWG) als wettbewerbswidrig untersagt werden können.
dd) Die beanstandete Werbung kann unter diesen Umständen nicht unter dem Gesichtspunkt der Ankündigung einer unzulässigen Sonderveranstaltung verboten werden. Auf die Frage, ob ein Verbot der Werbung mit dem Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit nach Art. 28 EG vereinbar wäre, kommt es somit nicht an.

b) Mit Recht hat das Berufungsgericht in der Ankündigung der Sonderveranstaltung weder im Hinblick auf die gewählten reißerischen Begriffe noch mit Blick auf die angekündigten Gewinnmöglichkeiten einen Wettbewerbsverstoß unter dem Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlockens gesehen (vgl. zu den Gutscheinen BGH, Urt. v. 22.5.2003 – I ZR 8/01, GRUR 2003, 1057 = WRP 2003, 1428 – Einkaufsgutschein I; Urt. v. 18.12.2003 – I ZR 84/01, GRUR 2004, 349 = WRP 2004, 496 – Einkaufsgutschein II). Die Revisionserwiderung erhebt insoweit auch keine Gegenrüge. Die Frage eines Verstoßes gegen das Rabattgesetz und gegen die Zugabeverordnung, die das Berufungsgericht noch erörtert hat, stellt sich nicht mehr, weil diese Vorschriften nach Erlaß des Berufungsurteils aufgehoben worden sind.
2. Klageantrag 1 b) (Ankündigung der Abgabe von Einkaufsgutscheinen):
Das Landgericht hat – dem Klageantrag entsprechend – nicht nur die Ankündigung der Sonderveranstaltung mit den Merkmalen, die die oben wiedergegebene Zeitungsanzeige auszeichnen, untersagt. Es hat der Klage auch mit dem Klageantrag 1 b) stattgegeben und es der Beklagten unabhängig von der Ankündi-
gung der Sonderveranstaltung schlechthin untersagt, „einen Einkaufsgutschein im Wert von 1.000 luxemburgischen Franken für jeden 50. Kassenkunden anzukündigen“. Das Berufungsgericht hat die – auch gegen die Verurteilung in diesem Punkt gerichtete – Berufung der Beklagten in vollem Umfang zurückgewiesen. Mit Recht rügt die Revision, daß das Berufungsurteil insoweit keine Gründe enthält (§ 551 Nr. 7 ZPO a.F. = § 547 Nr. 6 ZPO). Auf diese Rüge kommt es indessen nicht an, weil die Revision in diesem Punkt aus anderen Gründen Erfolg hat (vgl. BGH, Urt. v. 30.5.2000 – VI ZR 276/99, NJW 2000, 3421). Den zutreffenden Ausführungen , mit denen das Berufungsgericht begründet hat, weswegen in der bloßen Ankündigung der in Rede stehenden Sonderveranstaltung kein wettbewerbswidriges übertriebenes Anlocken zu sehen ist, läßt sich entnehmen, daß auch die Ankündigung des Einkaufsgutscheins für sich genommen nicht wettbewerbswidrig ist (dazu oben unter II.1.b)).
3. Klageantrag 2 (Zahlung einer Abmahnpauschale):
Da die vom Kläger beanstandete Werbung nicht wettbewerbswidrig ist, fehlt es an einer Grundlage für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten.
III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben. Die Klage ist auf die Berufung der Beklagten abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
v. Ungern-Sternberg Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 7/04 Verkündet am:
5. Oktober 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
SchuldenHulp
UWG §§ 3, 4 Nr. 11; RBerG Art. 1 § 1
Die Zulässigkeit einer aus dem Ausland erbrachten Rechtsdienstleistung, welche
die Regelung des Rechtsverhältnisses von im Inland ansässigen Parteien
betrifft (hier: Schuldenbereinigung nach §§ 305 ff. InsO), ist nach dem Rechtsberatungsgesetz
zu beurteilen.
BGH, Urt. v. 5. Oktober 2006 - I ZR 7/04 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 19. Dezember 2003 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger, ein Rechtsanwalt aus Köln, nimmt den Beklagten wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz auf Unterlassung in Anspruch.
2
Der Beklagte, ein deutscher Staatsangehöriger, ist Vorsitzender der niederländischen "Schulden Hulp Stichting", die Schuldnerberatung betreibt. Er hat seinen Wohnsitz in V. in den Niederlanden, einem grenznahen Nachbarort von Aachen. Der Beklagte wird für die Stiftung ausschließlich von den Niederlanden aus tätig.
3
Der Kläger stützt den Vorwurf unzulässiger Rechtsberatung zum einen auf Schriftverkehr, den der Beklagte für die Stiftung im Auftrag eines in Deutschland wohnenden Schuldners mit einer in Deutschland ansässigen Steuerberaterin geführt hat. Zum anderen beruft sich der Kläger auf den in deutscher Sprache gehaltenen Internetauftritt der Stiftung.
4
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen , in der Bundesrepublik Deutschland in fremden Rechtsangelegenheiten rechtsbesorgend und/oder rechtsberatend so tätig zu werden, wie dies in den - in den Klageantrag eingeblendeten - Schreiben des Beklagten an die Steuerberaterin des Schuldners ersichtlich ist, und/oder für rechtsbesorgende und rechtsberatende Tätigkeit so zu werben, wie dies aus den - gleichfalls in den Klageantrag eingeblendeten - Internet-Ausdrucken zu den Adressen http://www.schuldnerberatung- .com/s .h und/oder http://www.schuldnerberatung- .com/i .h ersichtlich ist.
5
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er ist der Auffassung, das Rechtsberatungsgesetz sei in der gegebenen Fallkonstellation nicht anwendbar. Weder er noch die Stiftung hätten in Deutschland eine Niederlassung. Zudem verstoße ein Verbot gegen Art. 12 GG sowie gegen Art. 49 EG-Vertrag.
6
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß entsprechend den in den Tenor aufgenommenen Schreiben und Internetausdrucken zur Unterlassung verurteilt. Seine Berufung ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln NJW 2004, 2684).
7
Mit seiner - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat die Klage für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
9
Der Entscheidung sei gemäß Art. 40 und Art. 42 EGBGB deutsches materielles Recht zugrunde zu legen. Danach bestehe ein Unterlassungsanspruch des Klägers aus § 1 UWG (a.F.) i.V. mit Art. 1 § 1 RBerG. Das Rechtsberatungsgesetz erfasse die vorliegende Fallkonstellation. Der Sachverhalt sei dadurch gekennzeichnet, dass sowohl der Auftraggeber der Stiftung als auch dessen Gegner ihren Sitz in Deutschland hätten. Einziger Auslandsbezug sei die Tatsache, dass der Beklagte, der zudem deutscher Staatsangehöriger sei, von den Niederlanden aus tätig werde. Der Zweck des Rechtsberatungsgesetzes, eine ausreichende Qualifikation derjenigen sicherzustellen, die Dritten ihre rechtsberatenden Dienste anböten, gebiete seine Anwendung auf Sachverhalte , die ausschließlich im deutschen Rechtsraum Wirkung entfalteten. Dafür spreche auch die Parallele zum deutschen internationalen Privatrecht, das ebenfalls an den Marktort anknüpfe. Hingegen komme dem Ort der Niederlassung des Rechtsbesorgers kein besonderes Gewicht zu. Ein Verstoß gegen Art. 49 EGV liege nicht vor, weil das Verbot zwingenden Gründen des Allgemeinwohls diene und verhältnismäßig sei.
10
II. Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Kläger von dem Beklagten Unterlassung rechtsbesorgender und rechtsberatender Tätigkeit und die Werbung dafür entsprechend den im Antrag genannten Schreiben und Internetausdrucken verlangen kann.

11
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass auf die beanstandeten Verhaltensweisen des Beklagten deutsches Wettbewerbsrecht anzuwenden ist. Nach dem Marktortprinzip setzt die Anwendung deutschen Wettbewerbsrechts voraus, dass die wettbewerbsrechtlichen Interessen der Mitbewerber im Inland aufeinander treffen (vgl. BGH, Urt. v. 4.6.1987 - I ZR 109/85, GRUR 1988, 453, 454 = WRP 1988, 25 - Ein Champagner unter den Mineralwässern ; BGHZ 113, 11, 14 f. - Kauf im Ausland; BGH, Urt. v. 14.5.1998 - I ZR 10/96, GRUR 1998, 945, 946 = WRP 1998, 854 - Co-Verlagsvereinbarung ). Hieran ist auch unter der Geltung des Art. 40 EGBGB n. F. festzuhalten (BGH, Urt. v. 13.5.2004 - I ZR 264/00, GRUR 2004, 1035, 1036 = WRP 2004, 1484 - Rotpreis-Revolution).
12
Soweit der Kläger die Unterlassung rechtsbesorgender Tätigkeit begehrt, wie sie aus Schreiben des Beklagten zum Zwecke der Schuldenregulierung ersichtlich ist, waren die betreffenden Schreiben im Auftrag eines im Inland lebenden Schuldners an einen inländischen Gläubiger gerichtet. Sie entfalteten daher Wirkungen auf dem deutschen Markt für rechtsbesorgende und rechtsberatende Tätigkeit, auf dem der Kläger gleichartige Leistungen anbietet und erbringt.
13
Die beanstandete Werbung des Beklagten im Internet ist gleichfalls nach deutschem Wettbewerbsrecht zu beurteilen, weil sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zielgerichtet für den deutschen Markt bestimmt war und sich dort ausgewirkt hat (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 24/03, GRUR 2006, 513, 515 = WRP 2006, 736 - Arzneimittelwerbung im Internet). Soweit der Beklagte dabei auch Teledienste i.S. des Gesetzes über die Nutzung von Telediensten vom 22. Juli 1997 (Teledienstegesetz - TDG) und der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr", ABl. EG Nr. L 178 v. 17.7.2000, S. 1; im Folgenden: E-Commerce-Richtlinie) anbietet und erbringt, unterliegen diese gemäß Art. 3 Abs. 4 lit. a, Art. 4 Abs. 2 E-Commerce-Richtlinie, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 4 TDG den innerstaatlichen Zulassungsbeschränkungen.
14
2. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass dem Kläger gegen den Beklagten wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 11 UWG bzw. § 1 UWG a.F. hinsichtlich der durch die im Klageantrag in Bezug genommenen Schreiben und Internetausdrucke umschriebenen Tätigkeiten ein Unterlassungsanspruch zusteht. Die Verstöße fallen nicht deshalb aus dem Anwendungsbereich des Rechtsberatungsgesetzes heraus, weil ein Teil der Tätigkeiten aus den Niederlanden in Gang gesetzt wird.
15
a) Die Bestimmung des Art. 1 § 1 RBerG zählt zu den Vorschriften, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere der Verbraucher, das Marktverhalten zu regeln (BGH, Urt. v. 11.11.2004 - I ZR 182/02, GRUR 2005, 355, 356 = WRP 2005, 330 - Testamentsvollstreckung durch Steuerberater).
16
b) Die Tätigkeit des Beklagten stellt eine erlaubnispflichtige geschäftsmäßige Rechtsbesorgung i.S. von Art. 1 § 1 RBerG dar. Eine solche liegt vor, wenn eine geschäftsmäßige Tätigkeit darauf gerichtet und geeignet ist, konkrete fremde Rechtsangelegenheiten zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten. Dabei ist zur Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung auf den Kern und den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen, weil eine Besorgung wirtschaftlicher Belange vielfach auch mit rechtlichen Vorgängen verknüpft ist. Es ist daher zu fragen, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht (BVerfG WRP 2002, 1423, 1425; BGH GRUR 2005, 355, 356 - Testamentsvollstreckung durch Steuerberater, m.w.N.). Der Beklagte befasst sich bei seiner Tätigkeit für die von ihm geführte Stiftung mit der Regulierung fremder Schulden. Nach dem Inhalt der vom Kläger beanstandeten Schreiben und Internetausdrucke steht dabei nicht die wirtschaftliche Seite der Überschuldung im Vordergrund, die durch das Rechtsberatungsgesetz nicht berührt wäre (vgl. BVerwG NJW 2005, 1293, 1296 f.; OLG Oldenburg GRUR 2006, 605 f.). Vielmehr betrifft die in dem Unterlassungsantrag des Klägers durch Bezugnahme auf die vorgelegten Schreiben und Internetauftritte des Beklagten beschriebene Tätigkeit die inhaltliche Prüfung der gegen den Schuldner gerichteten Forderungen, die Vorbereitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens nach den §§ 305 ff. InsO sowie die Geltendmachung eigener Forderungen des Schuldners gegen seine Gläubiger. Darin liegt eine Rechtsbesorgung i.S. von Art. 1 § 1 RBerG.
17
c) Der Beklagte verfügt über keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz. Er hat auch nicht geltend gemacht, dass er von einer Landesbehörde als geeignete Person oder Stelle i.S. von § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO anerkannt worden ist oder dass er die Voraussetzungen einer geeigneten Person oder Stelle nach einem landesrechtlichen Ausführungsgesetz zu § 305 Abs. 1 Nr. 1 letzter Halbsatz InsO erfüllt.
18
d) Das beanstandete Verhalten des Beklagten, das er von den Niederlanden aus vornimmt, unterfällt, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, dem Anwendungsbereich des Rechtsberatungsgesetzes.

19
aa) Die Frage, ob das Rechtsberatungsgesetz bei Fallgestaltungen mit Auslandsberührung anwendbar ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet (vgl. OLG Hamm NJW-RR 2000, 509 f.; OLG Oldenburg MDR 2001, 1309; OLG Stuttgart AnwBl 2002, 368; Chemnitz/Johnigk, Rechtsberatungsgesetz , 11. Aufl., Rdn. 261; Armbrüster, RIW 2000, 583 ff.; Budzikiewicz , IPRax 2001, 218 ff. einerseits; OLG Stuttgart MDR 1997, 285 f.; LG Dortmund AnwBl 1999, 617 f.; Weth in Henssler/Prütting, Bundesrechtsanwaltsordnung , 2. Aufl., Einl. RBerG Rdn. 65 ff., 77; Rennen/Caliebe, Rechtsberatungsgesetz , 3. Aufl., Art. 1 § 1 Rdn. 5 und Rdn. 11 andererseits). Übereinstimmung besteht allerdings darin, dass das Rechtsberatungsgesetz grundsätzlich nur die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten in seinem Geltungsbereich, also im Inland, einschränkt. Findet die Rechtsbesorgung ausschließlich im Ausland statt, ist das Rechtsberatungsgesetz selbst dann nicht anwendbar, wenn die Beratung mittelbar auch zu Auswirkungen im Inland führt, etwa wenn sich ein Inländer im Ausland durch einen ausländischen Rechtsbesorger über einen Inlandssachverhalt beraten lässt und dann im Inland entsprechend dem erteilten Rat tätig wird (vgl. OLG Hamm NJW-RR 2000, 509; OLG Oldenburg MDR 2001, 1309; Budzikiewicz, IPRax 2001, 218, 224; Rennen/Caliebe aaO Art. 1 § 1 Rdn. 5; Kleine-Cosack, Rechtsberatungsgesetz, Allgemeiner Teil II B Rdn. 95; Chemnitz/Johnigk aaO Rdn. 261; Weth in Henssler/Prütting aaO Einl. RBerG Rdn. 68).
20
Keine Einigkeit besteht jedoch in der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Rechtsbesorgung im Inland anzunehmen ist. Teils wird dabei daran angeknüpft, ob die Tätigkeit im Inland (nicht nur mittelbare) Wirkungen entfaltet (so OLG Hamm NJW-RR 2000, 509 f.; OLG Oldenburg MDR 2001, 1309; Chemnitz/Johnigk aaO Rdn. 261), teils daran, ob der Rechtsbesorger seine Niederlassung im Inland hat (so OLG Stuttgart MDR 1997, 285; LG Dortmund AnwBl 1999, 617 f.; Weth in Henssler/Prütting aaO Einl. RBerG Rdn. 75). Andere Stimmen im Schrifttum wollen darauf abstellen, ob die Tätigkeit im Inland nicht lediglich vorübergehend ist (vgl. Kleine-Cosack aaO Allgemeiner Teil II B Rdn. 93; Mankowski, AnwBl 2001, 73, 75 ff.) oder ob der Auftraggeber seinen Sitz im Inland hat (Armbrüster, RIW 2000, 583, 588).
21
bb) Das Rechtsberatungsgesetz gibt von seinem Wortlaut her keinen Anhaltspunkt dafür, ob es auch vom Ausland aus erfolgende Rechtsbesorgungen erfasst. Es knüpft allein an die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten an. Maßgeblich ist daher darauf abzustellen, ob die mit dem Rechtsberatungsgesetz verfolgten Schutzzwecke seine Anwendung auf die vorliegende Fallkonstellation rechtfertigen.
22
(1) Das Rechtsberatungsgesetz dient dem Schutz der Rechtsuchenden und dem Interesse der Allgemeinheit an der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege. Der Zulassungsvorbehalt des Rechtsberatungsgesetzes wird von den Belangen des Gemeinwohls getragen, den Einzelnen und die Allgemeinheit vor ungeeigneten Rechtsberatern zu schützen und die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege nicht zu gefährden; dabei ist auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der rechtsberatenden Berufe Rücksicht zu nehmen (BVerfG NJW 2004, 2662; BGH, Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 14/99, GRUR 2002, 987, 992 = WRP 2002, 956 - Wir Schuldenmacher).
23
(2) Der Streitfall betrifft eine außergerichtliche Rechtsbesorgung im Auftrag eines inländischen Auftraggebers gegenüber dessen im Inland ansässigen Gegner u.a. etwa zur Vorbereitung eines gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens nach den §§ 305 ff. InsO. Die vom Beklagten nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen im Ausland verfassten und von dort aus verschickten Schreiben waren an den inländischen Gläubiger des Auftragge- bers des Beklagten gerichtet. Diese Tätigkeit, für die der Beklagte entsprechend den vorgelegten Internetausdrucken im Inland geworben hat, stellt, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, eine inländische Rechtsbesorgung dar, die unter Berücksichtigung der Schutzzwecke des Rechtsberatungsgesetzes nur bei Vorliegen der in diesem Gesetz genannten Zulassungsvoraussetzungen vorgenommen werden darf. Der Auftraggeber des Beklagten und sein Gläubiger, dem gegenüber die Rechtsbesorgung vorgenommen worden ist, sind im Inland ansässig, so dass der Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes , inländische Rechtsuchende vor ungeeigneten Rechtsberatern zu bewahren , unmittelbar betroffen ist. Die Rechtsbesorgung dient der Durchführung eines Schuldenbereinigungsverfahrens nach den §§ 305 ff. InsO. Soweit das gerichtliche Verfahren voraussetzt, dass eine außergerichtliche Schuldenbereinigung erfolglos versucht worden ist, und dabei die Mitwirkung geeigneter Personen und Stellen vorgesehen ist (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO), soll damit einer übermäßigen Belastung der Gerichte mit Verbraucherinsolvenzverfahren entgegen gewirkt werden (vgl. BT-Drucks. 12/7302, S. 190; MünchKomm.InsO/Ott, § 305 Rdn. 1, 26). Auch der Schutzzweck der Erhaltung einer funktionsfähigen Rechtspflege gebietet es demnach, die Zulässigkeit der Rechtsbesorgung im vorliegenden Fall von dem Vorliegen der gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen abhängig zu machen.
24
(3) Der Umstand, dass der Beklagte seinen Wohnsitz in den Niederlanden hat und die im Inland wirkende Rechtsbesorgung von dort aus in Gang setzt, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Im Schrifttum wird zu Recht angeführt , dass der Sitz der Niederlassung des Rechtsbesorgers wegen der Umgehungsgefahr kein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Frage der Anwendbarkeit des Rechtsberatungsgesetzes ist (vgl. Mankowski, AnwBl 2001, 73, 75; Budzikiewicz, IPRax 2001, 218, 222). Nicht qualifizierte Rechtsbesorger könnten sich ansonsten den Anforderungen des Rechtsberatungsgesetzes durch die bloße Verlegung ihrer Niederlassung in das Ausland entziehen, um von dort aus rechtsberatende Tätigkeiten in Deutschland vorzunehmen, und zwar nicht nur in grenznahen Gebieten, sondern unter Nutzung der modernen Kommunikationsmittel (z.B. telefonische oder Online-Rechtsberatung) im gesamten Geltungsbereich des Gesetzes.
25
(4) Auf die Frage, ob der inländische Rechtsuchende, der sich zu einer Rechtsberatung ins Ausland begibt, erkennen kann, dass der ausländische Rechtsbesorger, solange er nur im Ausland tätig wird, nicht den inländischen Zulassungsvoraussetzungen unterworfen ist und seine Rechtsberatung daher möglicherweise nicht den Anforderungen genügt, die von einem inländischen Rechtsberater erwartet werden können, kommt es nicht an. Das Rechtsberatungsgesetz enthält, soweit es Rechtsuchende vor ungeeigneten Rechtsberatern bewahren will, typisierende Regelungen. Es setzt auch bei der Rechtsbesorgung durch inländische Rechtsberater nicht voraus, dass der Rechtsuchende im Einzelfall die Ungeeignetheit des Rechtsberaters nicht erkennen konnte.
26
e) Die vorstehend vorgenommene Beurteilung verstößt nicht gegen Art. 12 GG. Die Zulassungsbeschränkungen des Rechtsberatungsgesetzes sind mit Art. 12 GG vereinbar (vgl. BVerfGE 41, 378, 390; 75, 246, 267; 97, 12, 26 f.; BVerfG NJW 2000, 1251; NJW 2002, 3531). Der Gesichtspunkt, dass der Beklagte einen Teil seiner Tätigkeit vom Ausland her vornimmt, gewährt keinen weiterreichenden Schutz.
27
f) Ein Verstoß gegen Art. 49 EG liegt nicht vor. Der freie Dienstleistungsverkehr darf durch Regelungen beschränkt werden, die durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind und für alle im Geltungsbereich der betreffenden Regelung tätigen Personen und Unternehmen gelten, wenn dem Allgemeininteresse nicht bereits durch die Rechtsvorschriften Rechnung getragen ist, denen der Leistungserbringer in dem Staat unterliegt, in dem er ansässig ist (EuGH, Urt. v. 25.7.1991 - C-76/90, Slg. 1991, I-4221 Tz. 14 = GRUR Int. 1991, 807 - Säger/Dennemeyer; Urt. v. 12.12.1996 - C-3/95, Slg. 1996, I-6511 Tz. 28 = WM 1997, 164 - Reisebüro Broede/Sandker). Das durch das Rechtsberatungsgesetz geschützte Allgemeininteresse daran, dass Rechtsuchende vor Schäden bewahrt werden, die ihnen dadurch entstehen könnten, dass sie Rechtsrat von Personen erhalten, die nicht die erforderliche berufliche oder persönliche Qualifikation besitzen, rechtfertigt eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit (EuGH GRUR Int. 1991, 807 Tz. 16/17 - Säger/Dennemeyer ). Das Rechtsberatungsgesetz wird zudem in nicht diskriminierender Weise angewendet, weil In- und Ausländer gleichermaßen davon betroffen sind. Es sind im vorliegenden Fall auch keine weniger einschneidenden Mittel ersichtlich, um die Ziele des Rechtsberatungsgesetzes zu verwirklichen. Da in den Niederlanden keine Vorschriften bestehen, welche die außergerichtliche Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten beschränken (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 1.9.2006, BR-Drucks. 623/06 S. 54 f.), ist dort dem Allgemeininteresse, welches das Rechtsberatungsgesetz schützt, nicht in gleicher Weise Rechnung getragen. Aus der Regelung über die vorübergehende Tätigkeit eines europäischen Rechtsanwalts gem. §§ 25 ff. EuRAG, die auf der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie 77/249/EWG des Rates vom 22. März 1977 (ABl. EG Nr. L 78 S.17) beruht, kann - abgesehen davon, dass der Beklagte nicht nur vorübergehend in Deutschland tätig ist - etwas anderes nicht hergeleitet werden, weil im Gegensatz zu nichtanwaltlichen Beratern der Zugang zum Rechtsanwaltsberuf in anderen Ländern regelmäßig in einer Weise geregelt ist, die eine ausreichende Überwachung der Qualität der Rechtsbesorgung gewährleistet.
28
III. Danach war die Revision zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v.Ungern-Sternberg Pokrant
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 16.05.2003 - 33 O 431/02 -
OLG Köln, Entscheidung vom 19.12.2003 - 6 U 65/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 189/05 Verkündet am:
29. Mai 2008
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Freundschaftswerbung im Internet
Bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag besteht die begehrte
Rechtsfolge in dem Verbot der bestimmten, als rechtswidrig angegriffenen Verhaltensweise
, die der Kläger in seinem Antrag und seiner zur Antragsauslegung
heranzuziehenden Klagebegründung festgelegt hat; es kommt nicht darauf an,
ob sich in anderer Weise ein wettbewerbswidriges Verhalten aus einer mit der
Klage zum Beweis der beanstandeten Verletzungshandlung vorgelegten Anlage
- wie einer E-Mail oder einem mehrseitigen Werbeprospekt - ergeben kann.
BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - I ZR 189/05 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Mai 2008 durch die Richter Dr. Bergmann, Prof. Dr. Büscher,
Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 25. Oktober 2005 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21. April 2005 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte betreibt ein Versandhandelsunternehmen und präsentiert ihren Warenkatalog auch im Internet. Dabei erscheint auf jeder Internet-Seite mit einer Warenpräsentation ein Auswahlmenü, das unter anderem die Aus- wahlmöglichkeit "Das Produkt weiterempfehlen" enthält. Wird dieser Menüpunkt angeklickt, erscheint auf dem Bildschirm folgender Text: "Seite weiterempfehlen Wenn Sie diese Seite weiterempfehlen möchten, dann tragen Sie einfach pro Empfänger Name, Vorname und E-Mail-Adresse ein. (*Pflichtfelder

)

..... Möchten Sie persönliche Grüße mitschicken? Geben Sie bitte hier Ihren Text ein: ..... Restliche Eingabebuchstaben: ….. Absender Ihr Vorname:* ….. Ihr Name:* ….. Ihre E-Mail:* ….. Empfänger 1 Vorname:* ….. Name:* ….. E-Mail:* ….. …..".
2
Klickt der Besucher der Website auf "Abschicken", erhalten alle von ihm genannten Empfänger per E-Mail einen Link zu der jeweiligen weiterempfohlenen Internet-Seite mit den Produktangaben und gegebenenfalls die persönlichen Grüße des Website-Besuchers. Dabei fügt die Beklagte Hinweise auf ihren Newsletter und auf Sonderverkäufe bei. Der die Versendung der E-Mail veranlassende Website-Besucher erhält davon aufgrund des Menüablaufs keine Kenntnis.
3
Eine solche E-Mail hat die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., mit der Klageschrift als Anlage K 1 eingereicht:
4
Die Klägerin hat in erster Instanz zuletzt beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf Empfehlung eines Dritten aufgrund dessen in der InternetSeite der Beklagten eingetragenen Empfängerangaben von diesem eine persönliche Nachricht mit einer Produktempfehlung zugunsten der Beklagten über den Server der Beklagten an Internet-Nutzer ohne deren vorherige Einwilligung zu versenden.
5
Ferner hat sie die Beklagte auf Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
7
Mit ihrer Berufung hat die Klägerin ihren Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten weiter verfolgt und mit ihrer Berufungsbegründung ferner beantragt , die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf Empfehlung eines Dritten und aufgrund der von diesem in der Internet-Seite der Beklagten eingetragenen Empfängerangaben eine persönliche Nachricht des Dritten mit einer Produktempfehlung und Werbung der Beklagten über ihren Server an Internet-Nutzer ohne deren vorherige Einwilligung per E-Mail zu versenden.
8
Zuletzt hat sie ihren Unterlassungsantrag mit der Maßgabe gestellt, "wenn dies entsprechend der Anlage K 1 geschieht."
9
Das Berufungsgericht hat der Klage mit den in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Anträgen stattgegeben.
10
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Abweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


11
I. Das Berufungsgericht hat die Berufung für zulässig erachtet. Die Klägerin habe in der Berufungsinstanz keinen neuen Streitgegenstand eingeführt. Der in der Berufungsinstanz zuletzt gestellte Antrag sei vielmehr als klarstellende Präzisierung des Begriffs "Produktempfehlung" in dem ursprünglichen Antrag zu verstehen. Diese Präzisierung sei wegen des Begriffsgebrauchs der Beklagten erforderlich. Aus der Menüauswahl auf ihrer Internet-Seite sei ersichtlich , dass die Beklagte als die von dem jeweiligen Website-Besucher anzuklickende "Produktempfehlung" das bezeichne, was als E-Mail beim Empfänger ankomme. Die Klägerin habe sich an diese von der Beklagten gewählte Terminologie gehalten, indem sie die als Anlage K 1 vorgelegte E-Mail als "Produktempfehlung" bezeichnet und mit dieser Bezeichnung auch zum Gegenstand ihres Klageantrags gemacht habe. Dass mit dem Klageantrag gerade die Verbindung der Empfehlung eines konkreten Produkts samt persönlichen Grüßen einerseits mit weitergehender Werbung andererseits habe beanstandet werden sollen, ergebe sich bereits aus der Klageschrift, in der es heiße, dass der Empfänger die E-Mail des Freundes mit einem Empfehlungstipp erhalte, und zwar verbunden mit den Produktinformationen der Beklagten.
12
Die Berufung sei auch begründet. Zwar sei eine allein auf dem Entschluss des Website-Besuchers beruhende, reine Produktempfehlung als solche nicht wettbewerbswidrig. Mit dem von dem Website-Besucher unbemerkten Einfügen der Werbung in die E-Mail verstoße die Beklagte jedoch gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, da eine Einwilligung des Adressaten nicht vorliege.
13
II. Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Verwerfung der Berufung als unzulässig. Die Zulässigkeit der Berufung ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BGHZ 102, 37, 38).
14
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Berufung nur dann zulässig, wenn der Berufungskläger mit ihr die Beseitigung einer in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer erstrebt. Eine Berufung ist daher unzulässig, wenn sie den in erster Instanz erhobenen Klageanspruch nicht wenigstens teilweise weiterverfolgt, also im Falle einer erstinstanzlichen Klageabweisung deren Richtigkeit gar nicht in Frage stellt, sondern lediglich im Wege der Klageänderung einen neuen, bislang nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung stellt. Die Änderung der Klage in zweiter Instanz kann nicht alleiniges Ziel des Rechtsmittels sein; vielmehr setzt ein derartiges Prozessziel eine zulässige Berufung voraus (BGHZ 155, 21, 26; BGH, Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 179/98, WRP 2001, 699, 700 = NJW 2001, 2548 - Impfstoffe; Urt. v. 9.10.2003 - I ZR 17/01, NJW-RR 2004, 495, 496 = TranspR 2004, 166).
15
2. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin nicht die Beseitigung einer in dem angefochtenen erstinstanzlichen Urteil liegenden Beschwer erstrebt, sondern im Wege der Klageänderung einen neuen Anspruch zum Gegenstand ihres Klagebegehrens gemacht.
16
a) Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger begehrte Rechtsfolge konkretisiert , und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger diese Rechtsfolge herleitet (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2006 - I ZR 235/03, GRUR 2006, 960 Tz. 15 = WRP 2006, 1247 - Anschriftenliste; Urt. v. 13.7.2006 - I ZR 222/03, GRUR 2007, 161 Tz. 9 = WRP 2007, 66 - dentalästhetika II; Beschl. v. 11.10.2006 - KZR 45/05, GRUR 2007, 172 Tz. 11 = WRP 2007, 81 - Lesezirkel II, m.w.N.). Bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag besteht die begehrte Rechtsfolge in dem Verbot gerade der bestimmten - als rechtswidrig angegriffenen - Verhaltensweise (Verletzungsform), die der Kläger in seinem Antrag und seiner zur Antragsauslegung heranzuziehenden Klagebegründung festgelegt hat (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 2.7.1998 - I ZR 77/96, GRUR 1999, 272, 274 = WRP 1999, 183 - Die Luxusklasse zum Nulltarif). Die so umschriebene Verletzungsform bestimmt und begrenzt damit den Inhalt des Klagebegehrens.
17
b) Die Klageabweisung in erster Instanz bezog sich hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens auf den Antrag, der Beklagten zu verbieten, über ihren Server auf Veranlassung eines Website-Besuchers eine persönliche Nachricht mit einer Produktempfehlung zugunsten der Beklagten an Internet-Nutzer ohne deren vorherige Einwilligung zu versenden. Die Auslegung dieses Antrags unter Berücksichtigung des zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalts ergibt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht, dass die Klägerin den Antrag bereits in erster Instanz (zumindest auch) darauf stützen wollte, dass die Beklagte den an Dritte auf Empfehlung der Website-Besucher versandten E-Mails ohne deren Wissen Werbung für Sonderaktionen hinzufügt.
18
aa) Das Berufungsgericht hat den Begriff "Produktempfehlung" in dem erstinstanzlichen Unterlassungsantrag der Klägerin unzutreffend ausgelegt. Der Antrag ist eine Prozesserklärung, deren Auslegung das Revisionsgericht in vollem Umfang zu überprüfen hat (BGH, Urt. v. 4.10.2007 - I ZR 143/04, GRUR 2008, 84 Tz. 11 = WRP 2008, 98 - Versandkosten, m.w.N.). Die Klägerin hat mit ihrem Unterlassungsantrag nicht die Verbindung der Empfehlung eines speziell ausgewählten Produkts samt persönlicher Grüße einerseits mit weitergehender Werbung andererseits beanstandet.
19
(1) Aus dem Wortlaut der Antragsfassung ergibt sich nichts dafür, dass die Klägerin mit ihrem erstinstanzlichen Antrag (auch) eine Kombination von Produktempfehlung und zusätzlich beigefügter Werbung beanstanden wollte. Vielmehr legt die Verwendung des Begriffs "Produktempfehlung" dem Wortsinn nach das Verständnis nahe, dass es sich um die Empfehlung des Produkts handelt, das auf der Internetseite abgebildet ist, die durch den von dem Website -Besucher veranlassten Link von dem Empfänger der E-Mail aufgerufen werden kann.
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(2) Soweit die Klägerin in der Klagebegründung zu der von der Beklagten angebotenen Möglichkeit der Weiterempfehlung einer Seite vorgetragen hat, wenn der Besucher der Homepage der Beklagten davon Gebrauch mache, "erhält der Empfänger eine E-Mail des Freundes mit einem Empfehlungstipp, und zwar verbunden mit den Produktinformationen der Beklagten", und dazu als "Beweis" die als Anlage K 1 eingereichten Internetausdrucke vom 6. und 8. September 2004 vorgelegt hat, folgt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts daraus nichts anderes. Denn der als persönliche Botschaft des WebsiteBesuchers zu verstehende "Surf-Tipp" in der E-Mail gemäß Anlage K 1 ("WBZ hat einen Surf-Tipp für Sie: Ich dachte, dieses Angebot würde dich interessieren. Viele Grüße") stellt eine Empfehlung dar, die sich ersichtlich auf den anschließenden Hinweis ("Um das Angebot zu sehen, klicken Sie auf:") und den angefügten Link ("…www.quelle.de…empfiehlt…") bezieht. Bei der Werbung, die die Beklagte der Empfehlungs-E-Mail gemäß Anlage K 1 am Ende angehängt hatte, handelte es sich dagegen um allgemeine Hinweise auf einen "Großen Sonderverkauf" sowie auf die Möglichkeit, einen Newsletter zu abonnieren. Konkrete Informationen über Produkte enthielt diese angefügte Werbung nicht. Dementsprechend geben weder die Ausführungen in der Klagebegründung noch der Inhalt der zum Beweis vorgelegten E-Mail gemäß Anlage K 1 einen Anhaltspunkt für die Annahme, dass auch die am Ende der E-Mail enthaltenen, von der Beklagten ohne Kenntnis des Website-Besuchers angefügten Hinweise unter den im Unterlassungsantrag verwendeten Begriff der "Produktempfehlung" fallen sollten.
21
(3) Die Klägerin hat weder in der Klagebegründung noch in den weiteren bis zur mündlichen Verhandlung erster Instanz eingereichten Schriftsätzen darauf abgestellt noch überhaupt erwähnt, dass die Beklagte Werbung an die auf Veranlassung der jeweiligen Website-Besucher verschickten E-Mails anhängt. Auch in der vorprozessualen Abmahnung mit Schreiben vom 10. September 2004 (Anlage K 2) war davon nicht die Rede. Die Klägerin hat ihr Unterlassungsbegehren vielmehr in erster Instanz ausschließlich damit begründet, dass die Beklagte sich der persönlichen Empfehlungen der Website-Besucher nur bediene, um so bei der Versendung von E-Mails in wettbewerbsrechtlich unzulässiger Weise Spam-Filter umgehen zu können. Dies sei genauso zu beurteilen wie eine E-Mail-Werbung der Beklagten für ihre Produkte gegenüber Adressaten , deren Einverständnis sie zuvor nicht eingeholt habe. Auch die Beklagte hat den Klageantrag und dessen Begründung in erster Instanz dahin verstanden , dass mit "Produktempfehlung" lediglich die Empfehlung desjenigen Produkts gemeint sei, das auf der Internetseite abgebildet ist, die durch den auf Veranlassung des Website-Besuchers versandten Link von dem Empfänger der E-Mail aufgerufen werden kann. Entsprechend haben die Parteien vor dem Landgericht in erster Linie darüber gestritten, ob die E-Mails eine auf die Beklagte hinweisende Absenderkennung aufweisen und deshalb von Spamfiltern als solche der Beklagten erkannt werden können oder nicht.
22
(4) Es ist daher auch nicht von einem gemeinsamen Verständnis des Begriffs "Produktempfehlung" durch die Parteien auszugehen, das abweichend vom Wortsinn die hinzugefügte Werbung einbeziehen würde und zur Auslegung des Unterlassungsantrags heranzuziehen wäre. Der Menüauswahl auf der In- ternet-Seite der Beklagten ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht zu entnehmen, dass die Beklagte als von dem Dritten anzuklickende "Produktempfehlung" die gesamte E-Mail bezeichnet, die beim Empfänger ankommt. Vielmehr ergibt sich aus der Eingabemaske nur, dass der Website-Besucher eine konkrete Internet-Seite mit Produktinformationen einer anderen Person weiterempfehlen kann. Darüber, wie die beim Empfänger ankommende E-Mail konkret aussieht, enthält die Eingabemaske keine Angaben. Es mag zwar sein, dass der Website-Besucher über den Inhalt der durch ihn veranlassten Empfehlungs -E-Mail irrt, weil er keine Kenntnis von der hinzugefügten Werbung hat. Für die Auslegung des Klagebegehrens ergibt sich daraus jedoch nichts.
23
bb) Es kann offen bleiben, in welchem Umfang die Klägerin den Inhalt der zu Beweiszwecken eingereichten E-Mail gemäß Anlage K 1 zum Gegenstand ihres Sachvortrags erster Instanz gemacht hat. Denn jedenfalls hat sie auf den aus der E-Mail ersichtlichen Werbeanhang ihr Unterlassungsbegehren erster Instanz nicht gestützt, auch nicht zumindest hilfsweise. Die Vorlage der E-Mail diente ersichtlich dazu, die behauptete und durch den Klageantrag und dessen Begründung umschriebene Verletzungshandlung zu belegen. Sowohl nach dem Klageantrag als auch nach dessen Begründung sollten sich, wie dargelegt , die beanstandete Verletzungshandlung sowie das darauf bezogene Unterlassungsbegehren jedoch nicht auf den Anhang der E-Mail erstrecken. Insofern liegt der Fall nicht anders, als wenn mit Antrag und Begründung der Klage nur eine bestimmte Werbeanzeige aus einem mehrseitigen Werbeprospekt beanstandet wird. In diesem Fall beschränkt sich der Streitgegenstand auch dann auf diese bestimmt bezeichnete Werbeanzeige, wenn zu deren Beweis der gesamte Prospekt mit weiteren möglicherweise wettbewerbswidrigen Anzeigen vorgelegt wird.
24
cc) Erstmals mit nachgelassenem Schriftsatz vom 21. März 2005 hat die Klägerin im Anschluss an die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht geltend gemacht, dass die Beklagte mit den E-Mails über die Produktempfehlung des Website-Besuchers hinausgehende Werbung verschicke. Tatsächlich werde "eine umfassende Werbe-E-Mail der Beklagten mit über die Produktempfehlung des (vermeintlichen) Freundes weit hinausgehenden Bewerbungen, so z. B. für die aktuelle Osterwerbung, übersandt". Es kann dahingestellt bleiben, ob sich aus diesem Schriftsatz eine Änderung des Klagebegehrens ergibt. Denn der Klägerin war ein Schriftsatznachlass gemäß § 283 ZPO nur zur Erwiderung auf den Schriftsatz der Beklagten vom 1. März 2005 gewährt worden (Sitzungsprotokoll vom 10.3.2005, S. 2). Eine etwaige Antragsänderung war dadurch nicht veranlasst. Das Landgericht hat demzufolge das Vorbringen im Schriftsatz der Klägerin vom 21. März 2005 nicht berücksichtigt und verfahrensfehlerfrei (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 283 Rdn. 5 m.w.N.) nur über den in der mündlichen Verhandlung gestellten bisherigen Klageantrag entschieden, der eine etwaige Wettbewerbswidrigkeit der beanstandeten E-Mailwerbung der Beklagten wegen der angehängten Werbung nicht zum Gegenstand hatte.
25
c) Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz ihr erstinstanzlich abgewiesenes Klagebegehren auch nicht teilweise weitergeführt, sondern im Wege der Klageänderung einen gänzlich neuen Streitgegenstand zur Entscheidung gestellt. Sie hat die Verletzungsform, auf die sich der Verbotsausspruch nach ihrem Willen beziehen sollte, durch Hinzufügung der Worte "und Werbung" hinter "Produktempfehlung" sowie durch Aufnahme des vollständigen Textes der EMail gemäß Anlage K 1 in den Unterlassungsantrag abgewandelt. Die Klägerin hat damit die in ihrem ursprünglichen Antrag umschriebene Verletzungsform durch Einfügung zusätzlicher Merkmale auf Verhaltensweisen eingeschränkt, deren Beurteilung die Prüfung weiterer Sachverhaltselemente erforderte, auf die es nach dem bisherigen Antrag nicht ankam. Auch hinsichtlich des Zah- lungsantrags hat die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten mit ihrer Berufungsbegründung nur auf die durch die gegenüber dem Begehren erster Instanz zusätzlich als wettbewerbswidrig umschriebene Werbemaßnahme gestützt und nicht mehr - auch nicht hilfsweise - auf den der Abmahnung und dem Begehren erster Instanz zugrunde liegenden Sachverhalt. Indem die Klägerin in der Berufungsinstanz nur noch einen gegenüber dem ursprünglichen Klagebegehren vollständig neuen Streitgegenstand verfolgt hat, hat sie sich nicht gegen die Beschwer des klageabweisenden Urteils erster Instanz gewandt. Die Berufung ist deshalb unzulässig.
26
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Bergmann Büscher Schaffert
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 21.04.2005 - 1 HKO 10587/04 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 25.10.2005 - 3 U 1084/05 -

Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 78/04 Verkündet am:
25. Januar 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
___________________
EGBGB Art. 6, 29

a) Zu den zwingenden Bestimmungen im Sinne des Art. 29 Abs. 1 EGBGB können
auch richterrechtliche Regeln gehören.

b) Zur Frage, bis wann der Termin- und Differenzeinwand gemäß §§ 52 ff. BörsG
a.F. und § 764 BGB a.F. zum deutschen ordre public gehörte.
BGH, Urteil vom 25. Januar 2005 - XI ZR 78/04 - OLG Frankfurt am Main
LG Hanau
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 26. Februar 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt die Beklagte zu 2) (im folgenden: Beklagte), ein in der Schweiz ansässiges Brokerunternehmen, auf Rückzahlung von Einlagen in Anspruch, die er ihr für Warentermin- und Optionsgeschäfte zur Verfügung gestellt hat.
Der Kläger, ein in Deutschland lebender Diplom-Che miker, wurde von Telefonverkäufern einer in Deutschland ansässigen GmbH, die gewerbsmäßig Termin- und Optionsgeschäfte vermittelte, in Deutschland geworben und erhielt von ihr eine Informationsbroschüre und Vertragsformulare der Beklagten. Am 9. April 1997 unterzeichnete er in Deutschland einen Kunden- und einen Provisionsvertrag. Der Kundenvertrag untersteht nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten schweizerischem Recht. Nach dem Provisionsvertrag hatte der Kläger für den An- und Verkauf jeder Aktienoption eine "Round-Turn-Commission" in Höhe von 90 US-Dollar und für Forex-, d.h. Devisengeschäfte einen "Spread" zu zahlen, von dem die deutsche Vermittlungsgesellschaft 55% erhalten sollte. Der Kläger bestellte die Vermittlungsgesellschaft zu seiner Agentin und erteilte ihr Vollmacht zum Abschluß von Termin- und Optionsgeschäften. Er zahlte im April 1997 29.000 DM auf ein Konto der Beklagten bei einem deutschen Kreditinstitut ein und erhielt bei Beendigung der Geschäftsbeziehung 4.460 DM zurück.
Seine Klage auf Rückzahlung des Restbetrages in Hö he von 12.547,10 € nebst Zinsen ist in den Vorinstanzen, nachdem das Landgericht durch rechtskräftiges Zwischenurteil seine internationale Zuständigkeit festgestellt hat, in der Sache erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebun g des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Ent scheidung im wesentlichen ausgeführt:
Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien unter liege aufgrund der vereinbarten Rechtswahlklausel gemäß Art. 27 Abs. 1 EGBGB schweizerischem Recht. Nach diesem sei eine Rechtswahlklausel auch in einem Formularvertrag zulässig. Die freie Rechtswahl sei nicht gemäß Art. 27 Abs. 3 EGBGB eingeschränkt. Der Sachverhalt sei in dem Zeitpunkt des Rechtsgeschäfts nicht nur mit einem anderen Staat als der Schweiz verbunden gewesen. Vielmehr habe die Beklagte ihren Sitz in der Schweiz.
Der Kläger könne sich nicht auf Art. 29 Abs. 1 EGB GB berufen. Fraglich sei bereits, ob diese Vorschrift gemäß Art. 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EGBGB unanwendbar sei, weil die Beklagte ihre Dienstleistungen nicht nur in der Schweiz erbringen konnte. Jedenfalls führe die Rechtswahl nicht dazu, daß dem Kläger der durch zwingende Bestimmungen des deutschen Rechts gewährte Schutz entzogen werde. Die §§ 52 ff. BörsG a.F. seien im vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil der Kläger
keinen Bereicherungsanspruch aufgrund mangels Börsentermingeschäftsfähigkeit unverbindlicher Geschäfte, sondern Schadensersatzansprüche wegen mangelhafter Aufklärung geltend mache. Zwingende Normen über die Haftung eines Vermittlers von Termingeschäften habe das deutsche Recht bis zur Einführung des § 37 d Abs. 4 WpHG im Jahre 2002 nicht gekannt. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu vertraglichen Aufklärungspflichten bei Termin- und Optionsgeschäften sei keine zwingende Norm im Sinne des Art. 29 Abs. 1 EGBGB. Verbraucherschutznormen seien allerdings die Vorschriften des AGBG gewesen. Die Rechtswahlklausel sei aber weder überraschend im Sinne des § 3 AGBG noch benachteilige sie den Kläger unangemessen im Sinne des § 9 AGBG.
Art. 34 EGBGB sei auf Verträge, die in den Regelun gsbereich des Verbraucherschutzes gemäß Art. 29 EGBGB fielen, nicht anwendbar. Die Rechtswahlklausel verstoße auch nicht gegen den deutschen ordre public.
Ausführungen zu einer deliktischen Haftung der Bek lagten seien entbehrlich, weil das Landgericht diese verneint habe und dessen diesbezügliche Feststellungen in der Berufungsbegründung nicht gerügt worden seien.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

1. Dies gilt zunächst für die Erwägungen zu vertra glichen Ansprüchen des Klägers.

a) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht in soweit schweizerisches Recht als maßgeblich angesehen hat, ist rechtlich nicht haltbar.
aa) Rechtsfehlerfrei ist allerdings der Ausgangspu nkt des Berufungsgerichts. Für die Wirksamkeit einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Rechtswahlklausel ist nach Art. 31 Abs. 1 EGBGB das Recht maßgebend, das nach der Klausel angewendet werden soll (Senat BGHZ 123, 380, 383; Staudinger/Hausmann, BGB Bearb. 2002 Art. 31 EGBGB Rdn. 72; jeweils m.w.Nachw.). Die Entscheidung des Berufungsgerichts , nach schweizerischem Recht sei die Rechtswahlklausel wirksam, unterliegt keiner revisionsrechtlichen Überprüfung (§ 545 Abs. 1, § 560 ZPO). Daß dem Berufungsgericht bei der Ermittlung und Anwendung des schweizerischen Rechts ein Verfahrensfehler unterlaufen ist (vgl. BGHZ 118, 151, 162 m.w.Nachw.), macht die Revision nicht geltend.
Art. 31 Abs. 2 EGBGB, § 3 AGBG führen zu keinem an deren Ergebnis. Ob der Tatbestand des Art. 31 Abs. 2 EGBGB erfüllt ist, kann dahinstehen. Jedenfalls ist die Wahl schweizerischen Rechts nicht überraschend i.S.d. § 3 AGBG, da die Beklagte ihren Sitz in der Schweiz hat und ihre Vertragsleistungen, zumindest teilweise, von dort aus erbringt (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen/H. Schmidt, AGBG 9. Aufl. Anh. §§ 9-11 Rdn. 577).

bb) Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Auffassung des Berufungsgerichts, die Rechtswahl der Parteien werde durch Art. 27 Abs. 3 EGBGB nicht eingeschränkt. Diese Vorschrift setzt voraus, daß der Sachverhalt, abgesehen von der Rechtswahlklausel, nur mit einem Staat verbunden ist, dessen Recht nicht gewählt worden ist. Dies ist hier nicht der Fall, weil die Beklagte, wie dargelegt, ihren Sitz in der Schweiz hat und ihre Vertragsleistungen, zumindest teilweise, von dort aus erbringt (vgl. Senat BGHZ 123, 380, 384 m.w.Nachw.).
cc) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Anwendbarkeit des Art. 29 Abs. 1 EGBGB verneint hat. Die Rechtswahl der Parteien führt dazu, daß dem Kläger der durch zwingende Bestimmungen des deutschen Rechts gewährte Schutz entzogen wird. Zu diesen Bestimmungen gehören alle durch Parteivereinbarung nicht abdingbaren Vorschriften, die geeignet und dazu bestimmt sind, einem Vertragspartner Schutz gegenüber dem anderen zu gewähren (Staudinger/Magnus, BGB Bearb. 2002 Art. 29 EGBGB Rdn. 102; MünchKomm/Martiny, BGB 3. Aufl. Art. 29 EGBGB Rdn. 35; Erman/ Hohloch, BGB 11. Aufl. Art. 29 EGBGB Rdn. 17; Soergel/v. Hoffmann, BGB 12. Aufl. Art. 29 EGBGB Rdn. 29).
(1) Hierunter fallen die dem Schutz des Anlegers v or der besonderen Gefährlichkeit von Börsentermingeschäften (vgl. Senat BGHZ 148, 297, 299) dienenden §§ 52 ff. BörsG a.F.. Dieser Schutz war, soweit er gemäß §§ 55 ff. BörsG a.F. reichte, vertraglich nicht abdingbar.
Das Berufungsgericht hat zwar nicht verkannt, daß die §§ 52 ff. BörsG a.F. zu den zwingenden Anlegerschutzvorschriften des deutschen Rechts gehörten. Es hat sie aber rechtsfehlerhaft im vorliegenden Fall nicht für anwendbar gehalten, weil der Kläger keinen aus einer Unverbindlichkeit der Geschäfte folgenden Bereicherungsanspruch geltend mache. Dies trifft nicht zu. Der Kläger hat, wie die Revision zu Recht rügt, vor dem Landgericht ausdrücklich geltend gemacht, durch die Vereinbarung schweizerischen Rechts werde ihm der Schutz des § 53 Abs. 2 BörsG a.F. entzogen. Darüber hinaus hat er im Verlaufe des Rechtsstreits mehrfach vorgetragen, er sei nicht in einer den Anforderungen des § 53 Abs. 2 BörsG a.F. genügenden Weise aufgeklärt worden. Das Berufungsgericht war gehalten, diesen Tatsachenvortrag unter jedem einschlägigen rechtlichen Gesichtspunkt zu würdigen und deshalb in den gemäß Art. 29 EGBGB anzustellenden Günstigkeitsvergleich zwischen deutschem und schweizerischem Recht (vgl. Staudinger/Magnus, BGB Bearb. 2002 Art. 29 EGBGB Rdn. 105; MünchKomm/Martiny, BGB 3. Aufl. Art. 29 EGBGB Rdn. 37; jeweils m.w.Nachw.) auch Bereicherungsansprüche einzubeziehen.
(2) Rechtlich unhaltbar ist auch die Auffassung de s Berufungsgerichts , das deutsche Recht habe bis zur Einführung des § 37 d Abs. 4 WpHG im Jahre 2002 keine zwingenden Normen zur Haftung der Vermittler von Termingeschäften gekannt. Zu den zwingenden Bestimmungen im Sinne des Art. 29 Abs. 1 EGBGB gehören, was das Berufungsgericht verkannt hat, auch richterrechtliche Regeln zum Schutz eines Vertragspartners gegenüber dem anderen (Staudinger/Magnus, BGB Bearb. 2002 Art. 29 EGBGB Rdn. 102; MünchKomm/Martiny, BGB 3. Aufl. Art. 29 EGBGB Rdn. 35; Bamberger/Roth/Spickhoff, BGB Art. 29
EGBGB Rdn. 17; jeweils m.w.Nachw.). Hierunter fallen auch die in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Grundsätze über Aufklärungs-, Hinweis- und Warnpflichten gegenüber Kapitalanlegern.

b) Ein weiterer Rechtsfehler besteht darin, daß da s Berufungsgericht das schweizerische Recht, obwohl es dieses für maßgeblich hält, nicht auf den vorliegenden Fall angewandt hat. Das Berufungsurteil enthält hierfür keine erkennbare Begründung. Sollte sich das Berufungsgericht stillschweigend die Auffassung des Landgerichts zu eigen gemacht haben, dem Vorbringen des Klägers sei nicht zu entnehmen, daß die Beklagte vertragliche Pflichten, die sich nach schweizerischem Recht ergäben , verletzt habe, wäre dies rechtlich nicht haltbar.
Der deutsche Tatrichter hat das maßgebliche auslän dische Recht gemäß § 293 ZPO von Amts wegen zu ermitteln. Die Parteien trifft keine (prozessuale) Beweisführungslast (BGHZ 120, 334, 342). Der Umfang der Ermittlungspflicht kann zwar durch den Vortrag der Parteien beeinflußt werden (BGHZ 118, 151, 164). Im vorliegenden Fall war vom Kläger aber kein Vortrag zum Inhalt des schweizerischen Rechts zu erwarten, weil er deutsches Recht für anwendbar hielt und weil nicht ersichtlich ist, daß er über Erkenntnisquellen für einen etwaigen Differenz- und Termineinwand sowie vertragliche Aufklärungspflichten nach schweizerischem Recht verfügte. Es kann auch keine Rede davon sein, der Kläger verfolge nur Ansprüche nach deutschem Recht und nicht nach schweizerischem Recht. Er macht den im Klageantrag bezeichneten Zahlungsanspruch geltend, ohne dieses Begehren durch die seiner Begründung dienenden Rechtsausführungen einzuschränken.
2. Rechtsfehlerhaft ist auch die Behandlung delikt ischer Ansprüche. Das Berufungsgericht hat zwar allgemein ausgeführt, das landgerichtliche Urteil halte einer Überprüfung stand. Im Berufungsurteil kommt aber nicht ansatzweise zum Ausdruck, daß das Berufungsgericht deliktische Ansprüche einer eigenen rechtlichen Prüfung unterzogen hat. Das Berufungsgericht hat Ausführungen zu einer deliktischen Haftung vielmehr ausdrücklich als entbehrlich angesehen, weil das Landgericht diese mit detaillierter Begründung verneint habe und dessen diesbezügliche Feststellungen in der Berufungsbegründung nicht angegriffen worden seien.
Damit hat das Berufungsgericht, wie die Revision z u Recht rügt, den Umfang seiner Prüfungspflicht verkannt. Gemäß § 529 Abs. 2 Satz 2 ZPO unterliegt das mit der Berufung angefochtene Urteil, von den in § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO bezeichneten, hier nicht einschlägigen Mängeln abgesehen, der inhaltlich unbeschränkten, nicht an die geltend gemachten Berufungsgründe gebundenen Überprüfung auf Fehler bei der Anwendung formellen und materiellen Rechts. Das Berufungsgericht hat den Prozeßstoff selbständig nach allen Richtungen von neuem zu prüfen, ohne an die rechtlichen Gesichtspunkte der Parteien oder des Landgerichts gebunden zu sein (BGH, Urteil vom 8. November 1991 - V ZR 260/90, WM 1992, 441; Ball, in: Musielak, ZPO 4. Aufl. § 529 Rdn. 24; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO 24. Aufl. § 529 Rdn. 14). Dies hat das Berufungsgericht verabsäumt.

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 56 2 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
1. Das Berufungsgericht wird weitere Feststellunge n zur Anwendbarkeit des Art. 29 EGBGB zu treffen haben.

a) Zwar ist bereits nach dem übereinstimmenden Par teivortrag davon auszugehen, daß die Parteien einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen und keinen Vertrag über die Lieferung von Wertpapieren , der nicht unter Art. 29 Abs. 1 EGBGB fiele (Senat BGHZ 123, 380, 387), geschlossen haben. Der Vertrag diente auch einem Zweck, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Klägers, sondern seiner privaten Vermögensanlage, zugerechnet werden kann. Zwischen den Parteien ist aber streitig, ob dem Vertragsschluß ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung der Beklagten in Deutschland (Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB) vorausgegangen ist. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, die Beklagte habe die deutsche Vermittlungsgesellschaft gezielt zur Werbung deutscher Kunden eingesetzt und zur Versendung ihrer Informationsbroschüre , u.a. an ihn, den Kläger, veranlaßt. Die Beklagte hat zwar eingeräumt, daß die deutsche Vermittlungsgesellschaft ihre Broschüre und ihre Vertragsformulare, die eine Beteiligung der Vermittlungsgesellschaft an den Provisionen vorsah, versandt hat. Sie hat aber bestritten, die Vermittlungsgesellschaft zur Werbung in Deutschland ver-
anlaßt oder hiervon zumindest gewußt zu haben. Deshalb sind die hierzu von beiden Parteien angebotenen Beweise zu erheben.

b) Art. 29 Abs. 1 EGBGB ist nicht durch Art. 29 Ab s. 4 Satz 1 Nr. 2 EGBGB ausgeschlossen, weil die dem Kläger geschuldeten Dienstleistungen nicht ausschließlich in einem anderen Staat als Deutschland erbracht werden mußten. Art. 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EGBGB erfaßt ganz im Ausland abzuwickelnde Verträge, z.B. Dienstleistungen im Rahmen von Beherbergungsverträgen ausländischer Hotels oder Unterrichtsverträge , wenn sie etwa einen Auslandssprachkurs oder einen im Ausland zu absolvierenden Ski- oder Segelkurs zum Gegenstand haben (Begr. RegE Gesetz zur Neuregelung des IPR, BT-Drucks. 10/504, S. 80). Auch örtliche Bank- und Brokerdienstleistungen können hierunter fallen (MünchKomm/Martiny, BGB 3. Aufl. Art. 29 EGBGB Rdn. 16; Soergel/ v. Hoffmann, BGB 12. Aufl. Art. 29 EGBGB Rdn. 26). Darum geht es hier aber nicht. Die Beklagte war bei der Erbringung ihrer Dienstleistungen nicht auf die Schweiz beschränkt, sondern durfte nach dem maßgeblichen Vertragsinhalt (vgl. Erman/Hohloch, BGB 11. Aufl. Art. 29 EGBGB Rdn. 24) auch an Börsen in anderen Staaten, etwa in Deutschland, Geschäfte tätigen.
2. a) Falls die weiteren Feststellungen des Berufu ngsgerichts zu Art. 29 EGBGB ergeben sollten, daß schweizerisches Recht uneingeschränkt anwendbar ist, führt Art. 34 EGBGB zu keinem anderen Ergebnis. Diese Vorschrift ist, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, wegen des Vorrangs von Art. 29 EGBGB nicht anwendbar (vgl. Senat BGHZ 123, 380, 390 f.).

b) Art. 6 EGBGB führt, wie das Berufungsgericht eb enfalls rechtsfehlerfrei erkannt hat, zu keiner anderen Beurteilung.
Der Termin- und Differenzeinwand gemäß §§ 52 ff. B örsG a.F. und § 764 BGB a.F. gehörte zwar nach früherer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteile vom 4. Juni 1975 - VIII ZR 232/73, WM 1975, 676, 677, vom 12. Juni 1978 - II ZR 48/77, WM 1978, 1203, 1204 f., vom 25. Mai 1981 - II ZR 172/80, WM 1981, 758 f. und vom 15. Juni 1987 - II ZR 124/86, WM 1987, 1153, 1154) zum deutschen ordre public. Daran ist aber nach der Änderung der §§ 53, 58 und 61 BörsG a.F. durch die Börsengesetznovelle 1989 nicht mehr festzuhalten (Senat BGHZ 138, 331, 336 ff.). Die §§ 53 ff. BörsG a.F. sind durch das 4. Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. Juni 2002 (BGBl. I, S. 2010) zum 1. Juli 2002, d.h. zwischen dem Abschluß des Vertrages der Parteien und dem erstinstanzlichen Urteil im vorliegenden Rechtsstreit, aufgehoben worden. Maßgeblich ist zwar, anders als bei der Entscheidung über die Vollstreckbarkeit eines ausländischen Urteils (Senat BGHZ 138, 331, 335), nicht der Zeitpunkt der Entscheidung, sondern der der Vornahme des Rechtsgeschäfts (BGHZ 147, 178, 187). Der Gesetzgeber hat aber bereits vor dem Inkrafttreten des 4. Finanzmarktförderungsgesetzes die Termingeschäftsfähigkeit kraft Aufklärung gemäß § 53 Abs. 2 BörsG a.F. als "Fremdkörper" im deutschen Rechtssystem angesehen (Begr. RegE 4. FMFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 95). Angesichts dieser Bewertung und der deshalb erfolgten Aufhebung der §§ 53 ff. BörsG a.F. kann der Termin- und Differenzeinwand bereits für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses im April 1997 nicht mehr als Teil des nationalen ordre public angesehen werden.
3. Sollten die weiteren Feststellungen des Berufun gsgerichts die uneingeschränkte Anwendbarkeit des schweizerischen Rechts ergeben, wird das Berufungsgericht Feststellungen zu dessen Inhalt zu treffen und ferner deliktische Ansprüche zu prüfen haben.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen