Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 120/00 Verkündet am:
20. November 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe – 4. Zivilsenat in Freiburg – vom 18. Mai 2000 wird auf Kosten der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klage auch mit dem geänderten Antrag abgewiesen wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin verlegt die Sonntagszeitungen „Bild am Sonntag“ und „Welt am Sonntag“. Die Insolvenzschuldnerin (im folgenden: die Beklagte) gab ab November 1997 eine Sonntagszeitung mit dem Titel „Zeitung zum Sonntag“ heraus, die sich ausschließlich durch Anzeigen finanzierte und mit einer Auflage von 120.000, später 155.000 Exemplaren kostenlos im Raum Freiburg und Umgebung verteilt wurde. Dem äußeren Erscheinungsbild nach handelte es sich um eine Leserzeitung. Sie umfaßte in der Regel 40 Seiten mit redaktionellen Beiträgen zu regionalen und überregionalen Themen, eine umfangreiche Sportberichterstattung sowie einen ausführlichen Veranstaltungskalender.
Die Klägerin hat den kostenlosen Vertrieb der „Zeitung zum Sonntag“ als wettbewerbswidrig beanstandet. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung und auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch genommen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg (OLG Karlsruhe ZUM-RD 2000, 430 = K&R 2000, 401).
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin.
Während des Revisionsverfahrens ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten eröffnet worden. Nachdem der Insolvenzverwalter mitgeteilt hatte, daß der Geschäftsbetrieb eingestellt sei und sämtliche Mitarbeiter gekündigt seien, hat die Klägerin den Unterlassungsantrag in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der beklagte Insolvenzverwalter hat das Verfahren aufgenommen. Er tritt der Erledigungserklärung entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist unbegründet. Sie ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Klage auch mit dem geänderten Antrag abzuweisen ist.
I. In der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung der Klägerin liegt eine in der Revisionsinstanz zulässige Klageänderung. Im Revisionsverfahren kann die Erledigung der Hauptsache einseitig erklärt werden, wenn das Ereignis, durch das sich die Hauptsache erledigt haben soll (hier: Einstellung des Geschäftsbetriebs der Beklagten, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist),
als solches außer Streit steht (vgl. BGHZ 106, 359, 368 m.w.N.). Der geänderte Klageantrag ist auf die Feststellung gerichtet, daß die Klage ursprünglich zulässig und begründet war und daß sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. Dieser Antrag ist unbegründet, weil der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zustand. Mit Recht hat das Berufungsgericht in dem beanstandeten Verhalten der Beklagten keinen Wettbewerbsverstoß gesehen.
II. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Der Vertrieb der „Zeitung zum Sonntag“ begegne nicht schon deswegen rechtlichen Bedenken, weil diese Zeitung ausschließlich durch Anzeigen finanziert sei. Der Umstand, daß die Zeitung unentgeltlich abgegeben werde, sei allenfalls dann wettbewerbsrechtlich zu beanstanden, wenn es der Beklagten allein darum ginge, ihre Zeitung im Markt zu etablieren, um sie dann gegen Entgelt zu vertreiben. Der Umstand, daß die Beklagte ihr Blatt bereits seit 2 ½ Jahren unentgeltlich abgebe, spreche für die Absicht, die Zeitung auf Dauer auf diese Weise zu vertreiben. Der unentgeltliche Vertrieb sei auch unter dem Gesichtspunkt der Wertreklame nicht zu beanstanden. Denn es gehe nicht darum, die Leser zu einem anderen Geschäftsabschluß zu bewegen. Die Beklagte verfolge mit ihrer „Zeitung zum Sonntag“ auch nicht das Ziel, die Klägerin mit ihren Sonntagszeitungen vom Markt zu verdrängen.
Auch unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung könne das Verhalten der Beklagten nicht als wettbewerbswidrig angesehen werden. Denn von dem Blatt der Beklagten gehe keine Existenzgefährdung für die bundesweit vertriebenen Sonntagszeitungen der Klägerin aus. Da die Klägerin ihre Zeitungen bundesweit verbreite, führe ein durch die „Zeitung zum Sonntag“ möglicherweise verursachter Absatzrückgang nur zu einem geringfügigen Rückgang ihrer Erlöse. Allerdings sei der Klägerin zuzugeben, daß von dem Vertriebskonzept
der Beklagten eine nicht unerhebliche Nachahmungsgefahr ausgehe; diese ändere jedoch nichts an der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung. Die mitunter angeführten Qualitätseinbußen bei kostenlos verteilten Zeitungen seien nicht zu beobachten. Auch eine besondere Gefahr der Beeinflussung des redaktionellen Teils durch Anzeigenkunden bestehe nicht. Dem Einwand der Klägerin, die Abhängigkeit des Verlegers von der Kaufentscheidung des Lesers gehöre zu den maßgeblichen Strukturprinzipien der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgten freien Presse , sei entgegenzuhalten, daß die verfassungsrechtlich gesicherte Pressefreiheit der unentgeltlich vertriebenen Zeitung ebenso zugute komme. Dies gelte jedenfalls so lange, als Presseerzeugnisse überall erhältlich seien und damit die Grundversorgung der Öffentlichkeit gewährleistet sei. Dieses Ziel könne bei einer flächendeckenden Verteilung von Gratiszeitungen sogar noch eher verwirklicht sein als durch Kauf- oder Abonnementzeitungen.
III. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Der auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache gerichtete Antrag der Klägerin ist daher unbegründet.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, daß im Streitfall die Voraussetzungen einer wettbewerbswidrigen Wertreklame im Sinne einer unlauteren Kundenbeeinflussung nach § 1 UWG nicht vorliegen.

a) Der Begriff der Wertreklame besagt, daß ein Kaufmann nicht mit Worten, sondern mit Werten Werbung treibt, daß er also etwas verschenkt, sei es eine ungekoppelte Werbegabe, sei es eine Zugabe oder sei es die Ware selbst, für deren entgeltlichen Absatz er damit zugleich wirbt. Eine solche Wertreklame ist nicht stets wettbewerbswidrig, sie kann aber im Einzelfall – etwa unter dem Gesichtspunkt einer Preisverschleierung, eines übertriebenen Anlockens oder eines psychischen Kaufzwangs – ausnahmsweise gegen die Regeln lauteren Wettbewerbs
verstoßen (BGH, Urt. v. 18.9.1997 – I ZR 119/95, GRUR 1998, 475, 476 = WRP 1998, 162 – Erstcoloration; Urt. v. 26.3.1998 – I ZR 231/95, GRUR 1998, 1037, 1038 = WRP 1998, 727 – Schmuck-Set; Urt. v. 28.1.1999 – I ZR 192/96, GRUR 1999, 755, 756 = WRP 1999, 828 – Altkleider-Wertgutscheine; BGHZ 151, 84, 88 ff. – Kopplungsangebot I; BGH, Urt. v. 13.6.2002 – I ZR 71/01, GRUR 2002, 979, 980 ff. = WRP 2002, 1259 – Kopplungsangebot II; Urt. v. 22.5.2003 – I ZR 185/00, GRUR 2003, 804 f. = WRP 2003, 1101 – Foto-Aktion; Urt. v. 22.5.2003 – I ZR 8/01, GRUR 2003, 1057 = WRP 2003, 1428 – Einkaufsgutschein I, jeweils m.w.N.).

b) Im Streitfall kommt eine wettbewerbswidrige Wertreklame von vornherein nicht in Betracht, weil bei einem Zeitungsvertrieb, der auf Dauer darauf eingerichtet ist, die Zeitung ohne Entgelt abzugeben, eine auf den Erwerb einer entgeltlichen Leistung gerichtete unsachliche Beeinflussung des Empfängers ausscheidet (vgl. BGHZ 81, 291, 294 f. – Bäckerfachzeitschrift; OLG Karlsruhe WRP 1996, 118, 119). Ein Zeitungsverleger setzt seine Ware oder Leistung auf zwei verschiedenen Märkten ab, auf dem Lesermarkt und auf dem Anzeigenmarkt. Entscheidet er sich dafür, nur auf dem einen der beiden Märkte ein Entgelt zu verlangen, verursacht das unentgeltliche Angebot auf dem anderen Markt keine unsachliche Beeinflussung der Marktgegenseite, weil diese von vornherein nicht für ein Umsatzgeschäft gewonnen werden soll. Der Vorwurf, er verschenke eine geldwerte journalistische Leistung, kann dem Verleger, der seine Zeitung unentgeltlich abgibt, nicht gemacht werden, solange sie sich – wenn auch nicht in der Anlaufphase, so doch auf längere Sicht – ausschließlich durch Anzeigen finanzieren soll. Denn er läßt sich seine Leistung in diesem Fall bezahlen, wenn auch nicht vom Leser, so doch vom Anzeigenkunden (vgl. Hefermehl in der Anmerkung zur Senatsentscheidung „Bliestal-Spiegel“ GRUR 1985, 881, 883; OLG Karlsruhe WRP 1996, 118, 119 f.). Derartige Finanzierungsmodelle sind auch sonst gang und gäbe, et-
wa bei Internet-Diensten oder beim privaten Rundfunk, ohne daß hierin ein wettbewerbswidriges Verhalten gesehen wird.
2. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch einen Wettbewerbsverstoß der Beklagten unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung nach § 1 UWG verneint.

a) Das Verschenken von Ware kann auch dann wettbewerbswidrig sein, wenn es eine allgemeine Marktbehinderung oder Marktstörung zur Folge hat. Ein solcher Fall ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann gegeben, wenn das Wettbewerbsverhalten allein oder in Verbindung mit zu erwartenden gleichartigen Maßnahmen von Mitbewerbern die ernstliche Gefahr begründet, der auf der unternehmerischen Leistung beruhende Wettbewerb werde in erheblichem Maße eingeschränkt (vgl. BGHZ 114, 82, 84 – Motorboot-Fachzeitschrift; BGH, Urt. v. 29.6.2000 – I ZR 128/98, GRUR 2001, 80, 81 = WRP 2000, 1394 – ad-hocMeldung ; Urt. v. 14.12.2000 – I ZR 147/98, GRUR 2001, 752, 753 = WRP 2001, 688 – Eröffnungswerbung). Damit soll im Interesse der betroffenen Wettbewerber, in dem sich das Interesse der Allgemeinheit am Bestand des Wettbewerbs widerspiegelt , auch in Fällen, in denen eine gezielte Verdrängungsabsicht nicht vorliegt, verhindert werden, daß durch ein systematisches Verschenken von Waren oder durch einen Verkauf unter Einstandspreis der Wettbewerbsbestand gefährdet wird (vgl. BGH, Urt. v. 27.10.1988 – I ZR 29/87, GRUR 1990, 371, 372 = WRP 1989, 468 – Preiskampf).
Eine Marktverhaltenskontrolle läuft in diesem Fall – ähnlich wie bei den die Kontrolle von Marktmacht betreffenden Bestimmungen der §§ 19 und 20 GWB, die den Wettbewerb als Institution zu schützen bestimmt sind – gleichzeitig auf eine Marktstrukturkontrolle hinaus. Dieser Umstand und die damit verbundene parallele Anwendung der Bestimmungen des UWG und des GWB führen dazu, daß auch
bei der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung stets die Zielsetzung des Gesetzes ge- gen Wettbewerbsbeschränkungen berücksichtigt werden muß. Insbesondere ist zu beachten, daß dem lauterkeitsrechtlichen Verbot nicht die Wirkung zukommt, ohnehin bestehende Marktzutrittsschranken zu erhöhen und damit zu einer Marktabschottung beizutragen.

b) Die Revision verweist darauf, daß die Möglichkeiten der massenweisen unentgeltlichen Abgabe von Originalware zum Zwecke der Markterprobung und -einführung von der Rechtsprechung eingeschränkt worden seien (BGHZ 23, 365 – SUWA; 43, 278 – Kleenex). Diesen Entscheidungen sei zu entnehmen, daß der auf Dauer angelegte unentgeltliche Vertrieb von Originalprodukten jedenfalls wegen der dadurch bewirkten Marktstörung unzulässig sei. Dabei berücksichtigt die Revision jedoch nicht hinreichend, daß von einem Verschenken geldwerter Leistungen im Streitfall – wie dargelegt – nicht ausgegangen werden kann, weil sich die Sonntagszeitung der Beklagten allein aus Anzeigen finanzieren sollte.

c) Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß die Gratisverteilung von Anzeigenblättern, die über einen redaktionellen Teil verfügen, unter besonderen Umständen gegen § 1 UWG verstoßen kann (vgl. BGHZ 19, 392, 397 f. – Freiburger Wochenbericht; 51, 236, 238 – Stuttgarter Wochenblatt I; BGH, Urt. v. 22.11.1984 – I ZR 98/82, GRUR 1985, 881, 882 = WRP 1985, 330 – Bliestal-Spiegel ). Ein solcher Verstoß soll insbesondere dann vorliegen, wenn der redaktionelle Teil des Anzeigenblattes geeignet sei, für einen nicht unerheblichen Teil des Publikums eine Tageszeitung zu ersetzen, und wenn die ernstliche Gefahr bestehe, daß deshalb die Tagespresse als Institution in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Bestand bedroht sei (BGH GRUR 1985, 881, 882 – Bliestal-Spiegel, m.w.N.). Dabei hat der Senat jedoch klargestellt, daß auch die ständige Gratisverteilung von Anzeigenblättern und Fachzeitschriften mit einem gewissen Eigenwert des redaktionellen Teils nicht ohne weiteres, sondern nur unter besonderen
Umständen gegen § 1 UWG verstößt (BGHZ 81, 291, 294 – Bäckerfachzeitschrift; BGH GRUR 1985, 881, 882 – Bliestal-Spiegel). Außerdem hat der Senat betont, daß im Geschäftsleben niemand Anspruch auf eine unveränderte Erhaltung seines Kundenkreises hat und daß auch neuartige und vielleicht besonders wirksame Wettbewerbsmaßnahmen nicht schon deshalb als unlauter zu mißbilligen sind, weil sie sich für Mitbewerber wegen ihres Erfolges nachteilig auswirken (BGHZ 51, 236, 242 – Stuttgarter Wochenblatt I; BGH, Urt. v. 12.10.1989 – I ZR 155/87, GRUR 1990, 44, 45 = WRP 1990, 266 – Annoncen-Avis; BGHZ 114, 82, 84 – Motorboot-Fachzeitschrift).

d) Die Klägerin kann nicht beanspruchen, daß der Bestand ihrer Sonntagszeitungen schon aus verfassungsrechtlichen Gründen vor dem Wettbewerb durch die unentgeltlich vertriebene Sonntagszeitung der Beklagten geschützt wird.
aa) Die Garantie der Pressefreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG unterscheidet nicht danach, ob sich eine Zeitung mit redaktionellem Textteil allein durch Anzeigen oder daneben auch dadurch finanziert, daß der Leser für den Erwerb ein Entgelt zahlen muß (vgl. BGHZ 51, 236, 246 f. – Stuttgarter Wochenblatt I). Bei der institutionellen Garantie der Presse durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geht es nicht darum, den Bestand eines Presseorgans gegen den Wettbewerb durch ein anderes Presseorgan zu schützen. Nur wenn der Bestand eines meinungsbildenden Blattes – also einer Zeitung, die „sich redaktionell vor allem mit allgemein interessierenden politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gegenständen“ befaßt und dabei „informierend und kommentierend an der Bildung der öffentlichen Meinung“ mitwirkt (BGH GRUR 1985, 881, 882 – Bliestal-Spiegel) – durch ein Konkurrenzprodukt gefährdet würde, das diese Funktionen nicht wahrnehmen könnte, käme ein Rückgriff auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in Betracht (vgl. OLG Karlsruhe WRP 1996, 118, 120; vgl. auch Hefermehl in der Anmerkung zur Senatsentscheidung „Stuttgarter Wochenblatt II“ GRUR 1971, 477, 479).
bb) Im Streitfall ist nicht ersichtlich, weshalb den von der Klägerin verlegten Sonntagszeitungen gegenüber der Zeitung der Beklagten von Verfassungs wegen eine Vorrangstellung zukommen sollte. Die Bedenken, die die Revision in diesem Zusammenhang generell gegenüber anzeigenfinanzierten Zeitungen äußert, können nicht dazu führen, die eine Form der Zeitung gegenüber der anderen auch im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung auf eine höhere Stufe zu stellen. Die Revision meint, bei der gratis verteilten Zeitung sei auch die gesamte redaktionelle Arbeit anzeigenfinanziert, so daß die Gefahr der Einflußnahme der Werbetreibenden auf die Arbeit, Ausrichtung und personelle Besetzung der Redaktion bestehe. Diese Erwägung liegt nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung (vgl. BGHZ 114, 82, 86 – Motorboot-Fachzeitschrift; ferner Teplitzky, GRUR 1999, 108, 111). Daraus folgt aber nicht, daß der über die Leserschaft (mit-)finanzierten Zeitung von vornherein ein höherer Schutz vor einer Marktstörung zugebilligt werden müßte. Ohne die ebenfalls nicht fernliegende Abhängigkeit der mischfinanzierten Presse von wirtschaftlich bedingten meinungsbildenden Faktoren zu gewichten, schlägt das verfassungsrechtliche Gebot, bei der Wertung redaktioneller Berichterstattung Neutralität zu wahren, auch bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung durch. Entgegen der Ansicht der Revision kann der Klägerin deshalb auch kein präventiver Schutz zugesprochen und das unentgeltliche Verteilen von (Sonntags -)Zeitungen unabhängig vom Vorliegen einer konkreten Gefährdung des Bestands als wettbewerbswidrig angesehen werden. Eine dahingehende Äußerung kann der Senatsentscheidung „Stumme Verkäufer“ (Urt. v. 15.2.1996 – I ZR 1/94, GRUR 1996, 778, 780 = WRP 1996, 889) nicht entnommen werden. In keinem Fall reicht eine abstrakte Gefährdung aus, um das beanstandete Marktverhalten zu verbieten. Im übrigen gelten für die einen wie für die anderen Zeitungen dieselben presse- und lauterkeitsrechtlichen Regeln, mit denen beispielsweise eine redaktionell getarnte Werbung verhindert werden kann.
cc) Nicht weiterführend ist die Parallele, die die Revision zur Rundfunkord- nung ziehen möchte. Sie verweist darauf, daß das mit einer ausschließlichen Werbefinanzierung verbundene Gefährdungspotential für den Rundfunk schon seit längerem bekannt sei; dies habe zur Folge, daß das Bundesverfassungsgericht die ausschließliche Werbefinanzierung als unvereinbar mit der grundgesetzlich geschützten Informationsfreiheit und der Institution eines freien Rundfunks angesehen habe. Die Revision verkennt hierbei, daß in der dualen Rundfunkordnung neben den öffentlichrechtlichen Anstalten auch die ausschließlich werbefinanzierten privaten Rundfunkunternehmen ihren festen Platz haben. Im übrigen kann auch das mit den Abonnementzeitungen am ehesten vergleichbare sogenannte Bezahlfernsehen, das sich durch Abonnenten finanziert, nicht beanspruchen, daß ihm durch werbefinanzierte Fernsehsender kein Wettbewerb erwächst.

e) Auch die weiteren Umstände des Streitfalls, die sämtlich zur Prüfung heranzuziehen sind (vgl. BGHZ 81, 291, 294 – Bäckerfachzeitschrift; Hefermehl, GRUR 1985, 883), rechtfertigen es nicht, der Beklagten den Betrieb einer rein anzeigenfinanzierten Zeitung mit Hilfe des Wettbewerbsrechts zu untersagen.
aa) Der vorgetragene Absatzrückgang bei den Zeitungen der Klägerin deutet entgegen der Ansicht der Revision nicht darauf hin, daß das Verhalten der Beklagten wettbewerbsrechtlich zu beanstanden wäre. Mit dem Absatzrückgang läßt sich die Unlauterkeit des Verhaltens der Beklagten nicht begründen. Es ist nicht Aufgabe des Wettbewerbsrechts, den Bestand bestehender wettbewerblicher Strukturen zu bewahren und wirtschaftlichen Entwicklungen entgegenzusteuern, in denen die bisherigen Marktteilnehmer mit Recht eine Bedrohung ihres Kundenstammes erblicken. Denn es ist gerade Sinn der Wettbewerbsrechtsordnung, dem freien Spiel der Kräfte des Marktes im Rahmen der gesetzten Rechtsordnung Raum zu gewähren (BGH GRUR 1990, 44, 45 – Annoncen-Avis; BGHZ 114, 82, 84 – Motorboot-Fachzeitschrift). Die Klägerin kann daher keine Sicherung ihres
Bestandes – schon gar nicht auf dem vor Eintritt des Wettbewerbers gehaltenen Niveau – beanspruchen.
bb) Eine Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb führt zu keiner anderen Sichtweise. Die Revision stellt in diesem Zusammenhang weniger darauf ab, daß der Bestand der Sonntagszeitungen der Klägerin durch die unentgeltlich vertriebene Zeitung der Beklagten gefährdet werde. Sie verweist vielmehr darauf, daß eine kostenlose Sonntagszeitung den Marktzutritt für weitere Anbieter von Kaufzeitungen versperre. Diese Erwägungen werden indessen den Verhältnissen auf dem Markt(-segment) der Sonntagszeitungen nicht gerecht. Die Revisionserwiderung verweist mit Recht darauf, daß es kaum andere Sonntagszeitungen als die der Klägerin gibt. Es liegt auf der Hand, daß die Marktzutrittsschranken für weitere Kauf- oder Abonnementzeitungen sehr hoch sind. Am Sonntag stehen nur wenige Verkaufsstellen für Zeitungen zur Verfügung, und es begegnet erheblichen Schwierigkeiten, potentielle Leser dazu zu bewegen, am Sonntagmorgen eine solche Verkaufsstelle, etwa einen Zeitungskiosk im Bahnhof, aufzusuchen, um eine neue, bislang noch nicht eingeführte Sonntagszeitung zu erwerben. Abonnenten werden allenfalls die Anbieter eingeführter Tageszeitungen mit einigem Erfolg akquirieren können; darüber hinaus wird ein Wettbewerber, der nicht bereits über die bestehende Vertriebsstruktur für eine Tageszeitung verfügt, kaum in der Lage sein, einen flächendeckenden sonntäglichen Zustelldienst einzurichten. Diese Schwierigkeiten bestehen verstärkt für den Verleger einer lokalen oder regionalen Sonntagszeitung, der mit einer Kauf- oder Abonnementzeitung kaum jemals eine auskömmliche Auflagenhöhe erreichen könnte. Bestünde für ihn nicht die Möglichkeit, die Sonntagszeitung ausschließlich über Anzeigen zu finanzieren und den Lesern unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, wäre ihm der Marktzutritt mit einiger Wahrscheinlichkeit vollständig verschlossen (vgl. Berst, AfP 1999, 425, 429). Diesen aufkeimenden
Wettbewerb mit Hilfe des Lauterkeitsrechts zu verbieten und sich zur Rechtferti- gung auf den Schutz des Wettbewerbs zu berufen, hieße, die Dinge auf den Kopf zu stellen.
IV. Danach ist die Revision der Klägerin mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Klage auch mit dem geänderten Feststellungsantrag abzuweisen ist. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Ullmann RiBGH Prof. Starck ist altersbedingt aus Bornkamm dem richterlichen Dienst ausgeschieden und daher an der Unterschriftsleistung verhindert. Ullmann
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(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 71/01 Verkündet am:
13. Juni 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Kopplungsangebot II
Die Werbung für ein Kopplungsangebot, das aus einem Stromlieferungsvertrag mit
einer Laufzeit von mindestens zwei Jahren und einem Fernsehgerät für 1 DM besteht
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gewährt wird, nicht hinreichend deutlich werden.
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für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Februar 2001 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als die Klägerin verurteilt worden ist, „ein Fernsehgerät unter Preisangabe ... wie angekündigt zu gewähren“.
Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 29. August 2000 auf die Berufung der Klägerin abgeändert.
Die Widerklage wird insoweit abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 90 %, die Beklagte 10 % zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin vertreibt unter anderem Fernseh-, Hifi- und Elektrogeräte. Gemeinsam mit einem zum selben Konzern gehörenden, wie sie in Köln ansässigen Schwesterunternehmen bot die Klägerin unter der Überschrift „Der größte Saftladen“ in einer mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 20. März 2000 verteilten Werbebeilage ein dem Typ nach bezeichnetes tragbares Fernsehgerät der Marke Grundig zum Preis von 1 DM an. Ein bei der blickfangmäßig herausgestellten Preisangabe angebrachter Stern verwies den Leser auf einen kleinen, senkrecht gestellten Kasten. Dort heißt es:
*Preis gilt nur in Verbindung mit dem Abschluß eines Power & More-Stromvertrages mit einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten.
In einem weiteren Kasten finden sich unter der Überschrift „Wir machen Ihnen ein saftiges Angebot“ nähere Angaben zu einem Stromvertrag. Dort heißt es:
Saft von Ares Laufzeit: 24 Monate Grundgebühr: 9,90 DM/Monat Verbrauchsgebühr: 0,27 DM/KWh
Die entsprechende Seite dieser Werbebeilage ist nachstehend verkleinert und in schwarz/weiß wiedergegeben:
Die Beklagte ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Sie hat diese Werbung unter Hinweis auf die Zugabeverordnung, auf das Verbot des übertriebenen Anlockens nach § 1 UWG und auf § 3 UWG als wettbewerbswidrig beanstandet. Im Wege der Widerklage – die von der Klägerin zunächst erhobene negative Feststellungsklage haben die Parteien nach Erhebung der Widerklage übereinstimmend für erledigt erklärt – hat die Beklagte beantragt,
die Klägerin unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung wie ... (oben) wiedergegeben ein Fernsehgerät unter Preisangabe anzukündigen und/oder wie angekündigt zu gewähren.
Ferner hat die Beklagte die Zahlung einer Abmahnkostenpauschale beansprucht.
Das Landgericht hat die Klägerin antragsgemäß verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (OLG Köln GRUR 2001, 853).
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihren Widerklageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die angegriffene Werbung unter dem Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlockens als nach § 1 UWG wettbewerbswidrig angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Von dem Angebot gehe eine hohe Anlockwirkung aus, die jenseits der Gren- ze des wettbewerbsrechtlich Zulässigen liege. Das ergebe sich aus dem niedrigen Preis für das Fernsehgerät, der nicht einmal ein Prozent seines Handelswertes ausmache. Der Verbraucher wisse, daß Fernsehgeräte im Handel zu Preisen in einer Größenordnung von mehreren Hundert Mark abgegeben würden. Es bestehe danach die Gefahr, daß der Kunde von diesem Angebot magisch angezogen den Stromlieferungsvertrag in dem Bestreben abschließe, das angebotene Fernsehgerät praktisch unentgeltlich zu erhalten, ohne zuvor die Konditionen näher zu prüfen und sich mit den Tarifen der Wettbewerber, insbesondere seines bisherigen Stromlieferanten, zu befassen.
Die Kombination eines Fernsehgeräts mit einem Stromlieferungsvertrag stelle auch kein einheitliches Angebot dar. Eine Funktionseinheit zwischen Fernsehgerät und Stromlieferung bestehe nicht, weil der von der Werbung angesprochene Interessent bereits über Strom verfüge, der zur selbstverständlichen Grundausstattung der Haushalte gehöre. Er habe infolgedessen keinen weiteren Bedarf für das gekoppelte Angebot zum Abschluß eines Stromlieferungsvertrages, das im Gegenteil für ihn mit der zusätzlichen Belästigung verbunden sei, es nur nutzen zu können, wenn er das bestehende Dauerschuldverhältnis mit seinem alten Stromlieferanten aufkündige. Im wirtschaftlichen und juristischen Endergebnis sei der mit dem Erwerb des Fernsehgerätes gekoppelte Stromlieferungsvertrag daher keine unabdingbare oder auch nur sinnvolle Ergänzung zum Gerätekauf, sondern eher ein Wermutstropfen, den der Erwerber des Gerätes zu schlucken habe.
Auch die Vorstellung des Verkehrs über die Finanzierung des beworbenen Fernsehgerätes rechtfertige die Annahme nicht, es handele sich um ein einheitliches Geschäft. Der Verbraucher werde nicht ohne weiteres annehmen, daß die Klägerin beziehungsweise der Stromlieferant das Gerät durch entsprechend höher
kalkulierte Tarife für den abzunehmenden Strom finanziere. Denn der Verbraucher wisse, daß der Strommarkt erst vor kurzem liberalisiert worden sei, und werde die Werbung daher als den Versuch des Stromlieferanten ansehen, auf dem bislang monopolisierten Markt Fuß zu fassen. Es liege damit aus Sicht des Verkehrs nahe , daß das Gerät nicht durch die Einnahmen aus der Stromlieferung finanziert werde, sondern die für seine Abgabe zum Preis von nur 1 DM entstehenden Kosten im Rahmen der Bemühungen, Marktanteile zu erschließen, investiert würden.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die beanstandete Werbung der Klägerin im Ergebnis mit Recht als wettbewerbswidrig angesehen. Jedoch geht die Verurteilung insofern zu weit, als der Klägerin nicht nur die beanstandete Werbung, sondern auch entsprechende Vertragsabschlüsse („... Fernsehgeräte ... wie angekündigt zu gewähren“) untersagt worden sind.
1. Im Streitfall stellt sich nicht die Frage, ob die Beklagte den Unterlassungsanspruch in mißbräuchlicher Weise geltend gemacht hat (vgl. BGHZ 144, 165 – Mißbräuchliche Mehrfachverfolgung; BGH, Urt. v. 6.4.2000 – I ZR 114/98, GRUR 2001, 84 = WRP 2000, 1266 – Neu in Bielefeld II; Urt. v. 24.5.2000 – I ZR 222/97, GRUR 2001, 78 = WRP 2000, 1402 – Falsche Herstellerpreisempfehlung ; Urt. v. 20.12.2001 – I ZR 15/98, WRP 2002, 980, 981 – Zeitlich versetzte Mehrfachverfolgung; Urt. v. 20.12.2001 – I ZR 215/98, WRP 2002, 977, 979 – Scanner-Werbung). Zwar hat die Beklagte nicht nur die Klägerin, sondern gleichzeitig auch das ebenfalls für die beanstandete Werbung verantwortliche Kölner Schwesterunternehmen der Klägerin in getrennten Klageverfahren vor dem Landgericht Köln auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie hat damit jedoch im Wege der Widerklage auf die beiden getrennt erhobenen negativen Feststellungsklagen reagiert; für die getrennte Inanspruchnahme bestand somit ein vernünftiger Grund. Da die Parteien hinsichtlich der negativen Feststellungsklage
übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben haben, bedarf es keiner Klärung, ob sich die Erhebung der beiden getrennten negativen Feststellungsklagen als mißbräuchlich darstellt.
2. Der Beklagten steht gegenüber der Klägerin ein Unterlassungsanspruch nach § 1 i.V. mit § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu. Nach Aufhebung der Zugabeverordnung ist es der Klägerin zwar auch nach § 1 UWG nicht mehr verwehrt, die Abgabe von zwei, keine Funktionseinheit bildenden Produkten in der Weise miteinander zu verbinden, daß bei Erwerb des einen Produkts das andere Produkt ohne Berechnung oder unter Berechnung eines nominellen Betrags abgegeben wird. Derartige Angebote sind inzwischen grundsätzlich als zulässig anzusehen. Im Hinblick auf die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung und Irreführung der Verbraucher müssen jedoch bei derartigen Kopplungsangeboten bestimmte Anforderungen erfüllt sein, vor allem um einer Täuschung der Verbraucher über den tatsächlichen Wert des Angebots entgegenzuwirken, aber auch um zu vermeiden, daß durch mangelnde Transparenz die Rationalität der Nachfrageentscheidung auf seiten der Verbraucher über Gebühr zurückgedrängt wird. Die in diesem Zusammenhang an die Preisinformation zu stellenden Anforderungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die beanstandete Werbung stellt sich daher als nach § 1 UWG wettbewerbswidrig dar.

a) Die Beklagte macht im Streitfall im wesentlichen einen in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch geltend. Ob ihr ein solcher Anspruch zusteht, ist auch in der Revisionsinstanz allein nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht zu beantworten (vgl. BGHZ 141, 329, 336 – Tele-Info-CD; BGH, Urt. v. 14.3.2000 – KZR 15/98, WRP 2000, 759, 760 – Zahnersatz aus Manila; Urt. v. 25.10.2001 – I ZR 29/99, WRP 2002, 679, 680 – Vertretung der Anwalts -GmbH). Der rechtlichen Beurteilung ist daher die seit Erlaß des Berufungsurteils durch Aufhebung der Zugabeverordnung veränderte Rechtslage zugrunde
zu legen (Gesetz zur Aufhebung der Zugabeverordnung und zur Anpassung weiterer Rechtsvorschriften v. 23.7.2001, BGBl. I S. 1661).

b) Das Berufungsgericht hat für die Prüfung eines Wettbewerbsverstoßes nach § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlockens maßgeblich darauf abgestellt, daß zwischen Fernsehgerät und Stromlieferung keine Funktionseinheit bestehe und die Kombination sich daher nicht als ein einheitliches Angebot darstelle. Dem ist zwar zuzustimmen, weil der Erwerber eines Fernsehgeräts trotz des damit verbundenen Energiebedarfs in aller Regel nicht auf einen neuen Stromlieferungsvertrag angewiesen ist. Nach Aufhebung der Zugabeverordnung kommt es aber auf diesen Gesichtspunkt und auf die entsprechenden Angriffe der Revision nicht mehr entscheidend an. Auch § 1 UWG steht einer Gewährung von Zugaben grundsätzlich nicht mehr im Wege.
aa) Bis zur Aufhebung der Zugabeverordnung war die Rechtslage dadurch gekennzeichnet, daß das gesetzlich ausdrücklich geregelte Zugabeverbot durch das in der Rechtsprechung zu § 1 UWG entwickelte Verbot des übertriebenen Anlockens, eines Unterfalls der Wertreklame, ergänzt wurde. So hat der Senat in den Entscheidungen, in denen es um die Werbung für ein Mobiltelefon ging, das bei Abschluß eines Netzkartenvertrages ohne oder fast ohne gesondertes Entgelt abgegeben werden sollte, sowohl für die zugaberechtliche Prüfung als auch für die Prüfung nach § 1 UWG maßgeblich darauf abgestellt, daß es sich bei Mobiltelefon und Netzkartenvertrag um ein einheitliches Angebot handelte (vgl. BGHZ 139, 368, 372 f. u. 374 f. – Handy für 0,00 DM; BGH, Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 7/97, GRUR 1999, 261, 263 = WRP 1999, 94 – Handy-Endpreis; Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 147/97, WRP 1999, 517, 518 f.; Urt. v. 6.10.1999 – I ZR 242/97, NJWEWettbR 2000, 232 f. – Handy „fast geschenkt“ für 0,49 DM). Bildete die gewährte Vergünstigung mit der Hauptleistung eine Einheit, so fehlte es nicht nur an einer Zugabe, sondern auch am Einsatz eines unsachlichen Mittels der Kundenbeein-
flussung und damit an einem Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG. Denn die Werbung mit der besonders günstigen Abgabe eines Mobiltelefons stellte sich in diesem Fall als ein legitimer Hinweis auf den günstigen, durch verschiedene Bestandteile geprägten Preis der angebotenen Gesamtleistung dar; die Anlockwirkung , die von einem attraktiven Angebot ausgeht, ist niemals wettbewerbswidrig, sondern gewollte Folge des Leistungswettbewerbs.
bb) Die Aufhebung der Zugabeverordnung beeinflußt auch die Auslegung von § 1 UWG. Im Hinblick auf das gewandelte Verbraucherbild und die Auswirkungen der europäischen Harmonisierung auf das Lauterkeitsrecht hat der Gesetzgeber ein generelles Zugabeverbot nicht mehr für erforderlich gehalten (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Aufhebung der Zugabeverordnung , BT-Drucks. 14/5594, S. 8). Dieser gesetzgeberische Wille muß sich auch darin niederschlagen, was im Rahmen des § 1 UWG als sittenwidrig anzusehen ist; er kann nicht dadurch unterlaufen werden, daß die Sachverhalte, die in der Vergangenheit unter die Zugabeverordnung fielen, unverändert – nunmehr als Wettbewerbsverstöße nach § 1 UWG – verfolgt werden können (vgl. Berlit, WRP 2001, 349, 351; Heermann/Ruess, WRP 2001, 883, 886; Fezer, WRP 2001, 989, 1008; Köhler, GRUR 2001, 1067, 1068 f.; Steinbeck, ZIP 2001, 1741, 1745; zurückhaltender dagegen Cordes, WRP 2001, 867, 869 f.; Berneke, WRP 2001, 615, 617; Dittmer, BB 2001, 1961, 1963; J. B. Nordemann, NJW 2001, 2505, 2510 f.; vgl. ferner die großzügigere Betrachtungsweise in der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte: OLG Celle GRUR 2001, 855; OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 2002, 40; KG NJW-RR 2002, 42; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2002, 168).
Werden dem Verbraucher für den Fall des Erwerbs einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Leistung Vergünstigungen, insbesondere Geschenke, versprochen , liegt darin auch dann nicht ohne weiteres ein übertriebenes Anlocken, wenn Hauptleistung und Geschenk sich aus der Sicht des Verbrauchers nicht als
ein funktionell einheitliches Angebot darstellen. Vielmehr ist es dem Kaufmann grundsätzlich gestattet, verschiedene Angebote miteinander zu verbinden; dies gilt auch dann, wenn ein Teil der auf diese Weise gekoppelten Waren oder Leistungen ohne gesondertes Entgelt abgegeben wird (vgl. Köhler, GRUR 2001, 1067, 1069).

c) Damit ist indessen nicht gesagt, daß derartige Kopplungsangebote uneingeschränkt zulässig wären. Vielmehr tritt an die Stelle eines generellen Verbots , das sich bislang aus der Zugabeverordnung ergab und in ähnlicher Form der Generalklausel des § 1 UWG entnommen wurde, eine Art Mißbrauchskontrolle, die sich nicht allein auf § 3 UWG und § 1 PAngV (dazu BGHZ 139, 368, 375 ff. – Handy für 0,00 DM; BGH GRUR 1999, 261, 264 – Handy-Endpreis), sondern auch unmittelbar auf § 1 UWG stützen kann. Hierbei können die Fälle mißbräuchlicher Kopplungsangebote zu einer einheitlichen Fallgruppe zusammengefaßt werden, die für sämtliche Kopplungsgeschäfte – neben Zugaben sind dies die offenen oder verdeckten Kopplungsangebote (vgl. dazu BGH, Urt. v. 30.11.1995 – I ZR 233/93, GRUR 1996, 363 = WRP 1996, 286 – Saustarke Angebote) sowie die Vorspannangebote (vgl. BGHZ 65, 68 – Vorspannangebot; BGH, Urt. v. 30.6.1976 – I ZR 119/74, GRUR 1976, 637, 638 = WRP 1976, 555 – Rustikale Brettchen; Urt. v. 28.1.1999 – I ZR 192/96, GRUR 1999, 755, 756 f. = WRP 1999, 828 – Altkleider -Wertgutscheine) – Geltung beanspruchen kann.
aa) Die Anforderungen, die das Wettbewerbsrecht an die Zulässigkeit von Kopplungsangeboten stellt, müssen sich an den Gefahren orientieren, die von derartigen Geschäften für die Verbraucher ausgehen. Im Mittelpunkt steht dabei die Gefahr, daß diese über den tatsächlichen Wert des Angebots getäuscht oder doch unzureichend informiert werden (vgl. die Bestimmung des Art. 3 lit. g des schweizerischen UWG, die als Regelbeispiel unlauteren Wettbewerbs vorsieht, daß Kunden durch Zugaben über den tatsächlichen Wert des Angebots getäuscht
werden; dazu Baudenbacher/Glöckner, Lauterkeitsrecht, Art. 3 lit. g UWG Rdn. 73 ff.). Die Homogenität von Wirtschaftsgütern führt dazu, daß sich Angebote leicht vergleichen lassen; sie fördert daher Preisklarheit und Preiswahrheit. Kopplungsangebote können zwar Ausdruck eines gesunden Wettbewerbs sein, durch sie wird aber eine Heterogenität des Angebots gefördert, die nicht nur den Preisvergleich durch den Verbraucher erschwert, sondern darüber hinaus ein gewisses Irreführungs- und Preisverschleierungspotential birgt (vgl. Köhler, GRUR 2001, 1067, 1071; ferner BGH, Urt. v. 17.9.1998 – I ZR 117/96, GRUR 1999, 515, 517 f. = WRP 1999, 424 – Bonusmeilen). Im Interesse der Verbraucher ist daher eine Transparenz des Angebots zu fordern (vgl. auch § 7 Nr. 3 TDG; dazu Fezer, WRP 2001, 989, 1015; Köhler, GRUR 2001, 1067, 1070). Außerdem kann von Kopplungsangeboten – insbesondere wenn ein Teil des Angebots unentgeltlich gewährt werden soll – in Einzelfällen eine so starke Anlockwirkung ausgehen, daß auch bei einem verständigen Verbraucher ausnahmsweise die Rationalität der Nachfrageentscheidung vollständig in den Hintergrund tritt. Zuweilen kann die Gefahr für die Verbraucher – wie häufig bei den an ein Absatzgeschäft gekoppelten Gewinnspielen (BGH, Urt. v. 5.2.1998 – I ZR 151/95, GRUR 1998, 735, 736 = WRP 1998, 724 – Rubbelaktion; Urt. v. 11.4.2002 – I ZR 225/99, Umdr. S. 7 – Gewinnspiel im Radio) – auch in unzureichender Information verbunden mit einer hohen Anlockwirkung liegen.
bb) Das Wettbewerbsrecht muß diesen Gefahren Rechnung tragen.
(1) Weder der Generalklausel des § 1 UWG noch dem Tatbestand des § 3 UWG können indessen absolute Grenzen entnommen werden. Selbst wertvolle Zugaben müssen ein Angebot nicht intransparent machen; sie müssen auch nicht zu einer irrationalen Nachfrageentscheidung führen. Daher können keine festen (relativen) Wertgrenzen bestimmt werden, jenseits deren eine Zugabe stets wettbewerbswidrig ist (vgl. dazu Lange/Spätgens, Rabatte und Zugaben im Wettbe-
werb [2001], Rdn. 439; J. B. Nordemann, NJW 2001, 2505, 2511; Cordes, WRP 2001, 867, 870). Dabei ist – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – auch zu berücksichtigen, daß Zugaben unter bestimmten Bedingungen dazu beitragen können, Außenseitern den Marktzutritt zu erleichtern, wenn – wie es die Klägerin für den liberalisierten Strommarkt geltend macht – das Verbraucherverhalten durch ein gewisses Beharren gekennzeichnet ist und dem Außenseiter erhebliche Zugeständnisse abnötigt.
(2) Die von Köhler (GRUR 2001, 1067, 1071 ff.) für sinnvoll gehaltene Verpflichtung , stets den Wert einer Zugabe anzugeben, kann weder der Generalklausel des § 1 UWG noch dem Irreführungsverbot entnommen werden. Eine solche allgemeine Pflicht zu begründen, wäre dem Gesetzgeber vorbehalten (vgl. den Entwurf der Europäischen Kommission für eine Verordnung über Verkaufsförderung , BR-Drucks. 853/01; dazu Göhre, WRP 2002, 36 ff.; Kretschmer, GRUR 2002, 42 f.; Fezer, WuW 2002, 217). Ungeachtet der spezifischen Pflichten, die sich auch nach geltendem Recht aus der Preisangabenverordnung ergeben, ist eine solche aus §§ 1 und 3 UWG begründete Verpflichtung aber immer dann anzunehmen , wenn die Gefahr besteht, daß die Verbraucher über den Wert des tatsächlichen Angebots, namentlich über den Wert der angebotenen Zusatzleistung, getäuscht oder sonst unzureichend informiert werden. In diesen Fällen fordert das Transparenzgebot eine entsprechende Aufklärung.
(3) Darüber hinaus gilt für Kopplungsangebote generell die Verpflichtung, daß Preise einheitlich zu bewerben sind. Wettbewerbswidrig ist es insbesondere, in der Werbung allein das Versprechen unentgeltlicher Teilleistungen oder den günstigen Preis einer Teilleistung herauszustellen, ohne gleichzeitig in klarer Zuordnung leicht erkennbar und deutlich lesbar auf das Entgelt hinzuweisen, das für den anderen Teil des Kopplungsangebotes verlangt wird (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 2 PAngV). Gegenüber dem herausgestellten Hinweis auf die günstige Teilleistung
dürfen dabei die Angaben, aus denen sich die wirtschaftliche Belastung des Verbrauchers ergibt, nicht vollständig in den Hintergrund treten (vgl. BGHZ 139, 368, 375 ff. – Handy für 0,00 DM; BGH GRUR 1999, 261, 264 – Handy-Endpreis).

d) Die beanstandete Werbung stellt sich danach als ein Fall eines mißbräuchlichen Kopplungsangebots dar, weil die Klägerin die Bedingungen, unter denen sie die Zugabe gewährt, nicht hinreichend deutlich gemacht hat. Während der Preis für das Fernsehgerät blickfangmäßig in der größten Schrifttype gehalten ist, verweist der dort angebrachte Stern auf einen kleinen Kasten rechts neben dem abgebildeten Fernsehgerät. Die in diesem Kasten enthaltene Information ist als einziger Text der Anzeige nicht waagrecht, sondern senkrecht gesetzt, so daß der Leser die Anzeige um 90° drehen muß, um den Inhalt lesen zu können. Hinzu kommt, daß dem Kästchen, auf das der Stern verweist, keine näheren Angaben zu den Bedingungen des abzuschließenden Stromvertrags zu entnehmen sind. Der Leser erfährt lediglich, daß er einen „Power & More-Stromvertrag mit einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten“ abschließen muß, um in den Genuß des Fernsehgerätes zum Preis von 1 DM zu kommen. Lediglich in dem Kasten unter der Abbildung des Fernsehgeräts finden sich weitere Angaben zu den Bedingungen, zu denen ein Stromvertrag abgeschlossen werden kann. Auf diesen in waagrechter und deutlich größerer Schrift gehaltenen Text verweist der Stern bei der Preisangabe jedoch nicht. Gerade für den aufmerksamen Betrachter, der mit Bedacht zur Kenntnis nimmt, daß es einen Kasten mit Sternchenverknüpfung (mit Angabe nur zu einer Mindestlaufzeit) und einen anderen Kasten ohne Sternchenverknüpfung (mit Angaben sowohl zu einer Mindestlaufzeit als auch zu bestimmten Preisbestandteilen ) gibt, bleibt unklar, welche Preisbestandteile für denjenigen Stromlieferungsvertrag gelten sollen, der beim Erwerb des Fernsehgerätes zum Preis von 1 DM abzuschließen ist. Dies läßt die Revision außer acht, wenn sie – in anderem Zusammenhang – ausführt, die gut wahrnehmbar angegebenen, für den
Verbraucher erforderlichen Preisbestandteile seien über einen Sternchenhinweis dem blickfangmäßig herausgestellten Preis für das Fernsehgerät „klar zugeordnet“.
3. Die Verurteilung geht jedoch insofern zu weit, als es der Klägerin untersagt worden ist, die angekündigten Vorteile („Fernsehgerät für 1 DM“) zu gewähren , also Verträge entsprechend der beanstandeten Werbung abzuschließen. Anders als die Zugabeverordnung, die nicht allein die Ankündigung, sondern auch das Gewähren von Zugaben untersagte, käme ein aus § 1 UWG begründetes Verbot des Gewährens von Zugaben nur in Betracht, wenn die für die wettbewerbsrechtliche Bewertung der Werbung maßgeblichen Umstände stets auch bei Abschluß des entsprechenden Kopplungsgeschäfts vorlägen (vgl. BGH GRUR 1999, 261, 264 – Handy-Endpreis; Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 81/98, BGH-Rep 2002, 76 – Für’n Appel und n’Ei). Hiervon kann indessen keine Rede sein; denn das Informationsdefizit , um das es im Streitfall allein geht, kann bei Abschluß des Folgegeschäfts durch eine entsprechende Aufklärung im Verkaufsgespräch beseitigt sein.
4. Da die Beklagte die fragliche Werbung zu Recht beanstandet hat, kann sie auch die Kosten der Abmahnung ersetzt verlangen.
III. Danach ist die Revision der Klägerin im wesentlichen zurückzuweisen. Lediglich insoweit, als die Klägerin verurteilt worden ist, es zu unterlassen, die angekündigten Vorteile zu gewähren, ist das Berufungsurteil aufzuheben. In diesem Punkt ist die Widerklage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg ist an Bornkamm der Unterschriftsleistung infolge Urlaubs verhindert. Erdmann
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 185/00 Verkündet am:
22. Mai 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Foto-Aktion
Zur Frage des wettbewerbswidrigen Anlockens von Kunden durch Bewerbung
und Abgabe von Farbbild-Abzügen in der Größe 9 x 13 cm zum Preis von
0,01 DM einschließlich Entwicklung.
BGH, Urt. v. 22. Mai 2003 - I ZR 185/00 - OLG Nürnberg
LG Regensburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Mai 2003 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof.
Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 27. Juni 2000 aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Regensburg - 2. Kammer für Handelssachen - vom 29. Dezember 1999 abgeändert.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin betreibt in S. den Einzelhandel mit Unterhaltungselektronik und Elektrogeräten. Im Nebensortiment bietet sie auch Uhren, Fotoartikel , optische Geräte sowie Möbel- und Einrichtungsgegenstände an.

In der am 31. August/1. September 1999 erschienenen Ausgabe des "S. Wochenblatts", eines kostenlos verteilten Anzeigenblatts, warb die Klägerin wie nachfolgend wiedergegeben für die Fertigung von Abzügen vom Kleinbild-Farb-Negativ-Film:

Der beklagte Wettbewerbsverband hat diese Werbung als wettbewerbs- widrig beanstandet. Nachdem die Klägerin gegen ihn deswegen negative Feststellungsklage erhoben hatte, hat er die Klägerin widerklagend auf Unterlassung und Zahlung von 290 DM Abmahnkostenpauschale in Anspruch genommen. Im Hinblick darauf haben die Parteien nachfolgend die Klage übereinstimmend für erledigt erklärt.
Das Landgericht hat die Klägerin entsprechend dem Widerklageantrag unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen ,
auf Werbeträgern wie Zeitungsanzeigen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Entwicklung von FarbbildAbzügen in der Größe 9 x 13 inklusive Entwicklung mit der Aussage "0,01 DM je Bild" zu bewerben und/oder im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Farbbild-Abzüge in der Größe 9 x 13 inklusive Entwicklung für 0,01 DM pro Abzug zu verkaufen, sowie weiter verurteilt, an den Beklagten 290 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat den Beklagten als nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zur Erhebung der Widerklage befugt angesehen und seinen Unterlassungsantrag unter dem Gesichtspunkt der unlauteren Wertreklame für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Der angebotene Preis von 1 Pfennig pro Farbbild-Abzug sei unstreitig schon für sich konkurrenzlos günstig. Hinzu komme, daß in ihm auch die Kosten der Erstentwicklung enthalten gewesen seien. Der bei einem einzigen Film bereits mehrere Mark ausmachende Spareffekt vervielfältige sich, wenn mehrere Filme zu entwickeln seien. Eine solche Situation trete gerade nach den Sommerferien vielfach und insbesondere dann auf, wenn das Angebot nicht auf wenige Tage befristet sei. Jeder durchschnittliche Fotoamateur könne ohne weiteres erkennen, daß die Fotoarbeiten nahezu unentgeltlich angeboten würden. Die Kunden in dem räumlich verhältnismäßig eng begrenzten Verbreitungsgebiet des "S. Wochenblatts" würden durch die Werbung einer so starken Anlockwirkung ausgesetzt, daß sie davon abgehalten würden, sich mit dem Angebot der Mitbewerber, die vergleichbare Fotoarbeiten durchführten, überhaupt zu befassen. Der Klägerin sei es mit ihrem völlig aus dem Rahmen fallenden, außergewöhnlich günstigen Angebot darauf angekommen, die Kunden zu veranlassen, zum Zweck der Abgabe belichteter Filme und der Abholung der entwickelten Filme und Farbbild-Abzüge ihren TV-, Hifi- und Elektronikeinzelhandelsmarkt aufzusuchen, um sie dort mit dem übrigen, normal kalkulierten Warenangebot zu konfrontieren. Die Durchführung der beworbenen Aktion sei ebenfalls wettbewerbswidrig.

Der Anspruch auf Zahlung einer Abmahnkostenpauschale sei unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag begründet.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Widerklage.
1. Das Berufungsgericht hat die Prozeßführungsbefugnis des Beklagten zu Recht bejaht (vgl. dazu BGH, Urt. v. 16.1.2003 - I ZR 51/02, GRUR 2003, 454, 455 = WRP 2003, 514 - Sammelmitgliedschaft, m.w.N.). Nähere Ausführungen dazu erübrigen sich, weil die Prozeßführungsbefugnis nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG eine Sachurteilsvoraussetzung ist, bei der die grundsätzlich (prozessual ) vorrangige Prüfung aus Gründen der Verfahrensökonomie unterbleiben kann, wenn die Klage - wie hier - unbegründet ist (BGH, Urt. v. 20.5.1999 - I ZR 31/97, GRUR 1999, 1119, 1120 = WRP 1999, 1159 - RUMMS!, m.w.N.).
2. Das angegriffene Wettbewerbsverhalten ist nicht gemäß § 1 UWG als unlautere Wertreklame zu untersagen. Das Berufungsgericht hat bei seiner abweichenden Beurteilung die Gesamtumstände nicht hinreichend gewürdigt.

a) Die beanstandete Werbemaßnahme ist dem Bereich der Wertreklame zuzurechnen. Das Berufungsgericht hat zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet festgestellt, daß die Anfertigung von Farbbild-Abzügen der Größe 9 x 13 cm zu einem Preis von 0,01 DM einschließlich der Entwicklungskosten eine nahezu unentgeltliche Dienstleistung ist.
Das Berufungsgericht hat ferner nicht verkannt, daß eine Wertreklame nicht schlechthin i.S. des § 1 UWG unlauter ist. Dies gilt auch für eine (fast) unentgeltliche Abgabe von Waren oder Dienstleistungen. Es müssen vielmehr im Einzelfall weitere Umstände hinzutreten, damit die Gewährung der Vergünstigung als wettbewerbswidrig zu beurteilen ist. Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände des jeweiligen Einzelfalles, bei der insbesondere Anlaß und Wert der Zuwendung, die Art des Vertriebs sowie die begleitende Werbung zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urt. v. 26.3.1998 - I ZR 231/95, GRUR 1998, 1037, 1038 = WRP 1998, 727 - Schmuck-Set; Urt. v. 6.6.2002 - I ZR 45/00, GRUR 2002, 1000, 1002 = WRP 2002, 1133 - Testbestellung

).



b) Die angegriffene Werbemaßnahme ist nach den gesamten Umständen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts jedoch nicht als unlauter i.S. des § 1 UWG anzusehen.
aa) Eine mit den guten Sitten im Wettbewerb nicht zu vereinbarende Wertreklame kann anzunehmen sein, wenn die Werbung geeignet ist, den umworbenen Verbraucher dazu zu verleiten, seine Kaufentscheidung statt nach Preiswürdigkeit und Qualität des angebotenen Produkts allein danach zu treffen , ob ihm beim Erwerb besondere zusätzliche Vergünstigungen gewährt werden (vgl. BGHZ 151, 84, 89 - Kopplungsangebot I; BGH GRUR 1998, 1037, 1038 - Schmuck-Set; GRUR 2002, 1000, 1001 f. - Testbestellung). Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor, weil das beworbene Angebot von Fotoarbeiten nicht mit anderen Angeboten gekoppelt ist.
bb) Die von dem Beklagten mit der Widerklage beanstandete Verhal- tensweise ist auch nicht deshalb als unlauter i.S. des § 1 UWG zu beurteilen, weil die Klägerin mit ihrem Angebot die an diesem interessierten Personen dazu veranlaßt, ihre Verkaufsräume zum Abgeben der belichteten Filme und dann nochmals zum Abholen der entwickelten Filme und der gefertigten Farb-Abzüge zu betreten und dabei jeweils ihr weiteres, nicht entsprechend im Preis reduziertes Angebot zur Kenntnis zu nehmen. Eine solche Werbewirkung ist für sich gesehen nicht unlauter.
Eine abweichende Beurteilung ist bei der Anlockung von Kunden mit ungewöhnlich günstigen Angeboten allerdings etwa dann geboten, wenn in dem Angebot eine Irreführung über die Preisbemessung des übrigen Sortiments zu erblicken ist oder wenn ein besonders beworbener Gegenstand nicht vorrätig ist und die durch das Angebot angelockten Kunden dann immerhin ersatzweise andere Waren einkaufen könnten (vgl. BGHZ 52, 302, 305 ff. - Lockvogel; BGH, Urt. v. 9.5.1996 - I ZR 107/94, GRUR 1996, 800, 802 = WRP 1996, 899 - EDVGeräte ; Urt. v. 17.2.2000 - I ZR 254/97, GRUR 2000, 911, 914 = WRP 2000, 1248 - Computerwerbung). Entsprechendes gilt, wenn der Kunde durch eine unentgeltliche oder annähernd unentgeltliche Zuwendung im Geschäftslokal in eine Situation gebracht wird, in der er den Eindruck gewinnen kann, er könne einem an sich nicht beabsichtigten Geschäftsabschluß nicht ausweichen, weil er, wenn er allein die Vergünstigung in Anspruch nehme, die ihm als Kaufinteressenten entgegengebrachte Wertschätzung verlieren würde (vgl. BGH, Urt. v. 4.12.1986 - I ZR 170/84, GRUR 1987, 243, 244 = WRP 1987, 320 - Alles frisch; Urt. v. 29.6.1989 - I ZR 180/87, GRUR 1989, 757 = WRP 1989, 799 - McBacon; Urt. v. 17.2.2000 - I ZR 239/97, GRUR 2000, 820, 821 f. = WRP 2000, 724 - Space Fidelity Peep-Show). Im Streitfall liegen solche Umstände jedoch nicht
vor. Es ist nicht vorgetragen, daß ein Kunde, der die angebotenen Fotoarbeiten in Anspruch nimmt, nach den Umständen im Geschäft der Klägerin in eine Lage versetzt wird, in der er nicht umhin kommt, bei der Abgabe oder Abholung der Fotoarbeiten anstandshalber den Erwerb anderer Produkte aus dem sonstigen, nicht entsprechend im Preis reduzierten Sortiment der Klägerin zu erwägen.
cc) Eine wettbewerbswidrige Behinderung von Mitbewerbern, die Fotoarbeiten anbieten, durch das nahezu unentgeltliche Angebot solcher Leistungen im Sinne einer sog. allgemeinen Marktverstopfung (vgl. dazu BGHZ 114, 82, 84 - Motorboot-Fachzeitschrift; BGH, Urt. v. 27.10.1988 - I ZR 29/87, GRUR 1990, 371, 372 = WRP 1989, 468 - Preiskampf; Urt. v. 29.6.2000 - I ZR 128/98, GRUR 2001, 80, 81 = WRP 2000, 1394 - ad-hoc-Meldung) hat der Beklagte nicht behauptet.

c) Der Beklagte hat auch keine Umstände dargelegt, aus denen sich ergeben könnte, daß der mit der Widerklage geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 33 GWB i.V. mit § 20 Abs. 4 GWB wegen kartellrechtswidriger Behinderung der Wettbewerber begründet ist.
III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Widerklage unter Abänderung des ihr stattgebenden Urteils des Landgerichts abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 91a Abs. 1 ZPO.
v. Ungern-Sternberg Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 8/01 Verkündet am:
22. Mai 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Einkaufsgutschein
In der Werbung mit Einkaufsgutscheinen über 10 DM aus Anlaß des Geburtstags
von Kunden erkennt der Verkehr die Ankündigung eines Preisnachlasses.
Die davon ausgehende Anlockwirkung ist nicht wettbewerbswidrig im Sinne von
BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - I ZR 8/01 - LG Karlsruhe
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 22. Mai 2003 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg,
Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe - Kammer für Handelssachen in Pforzheim - vom 14. Dezember 2000 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte, die ein großes Versandhaus betreibt, verschickte an Personen zu deren Geburtstag Einkaufsgutscheine über jeweils 10 DM.
Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Sie hat die Werbung unter Hinweis auf das Rabattgesetz und das Verbot des übertriebenen Anlockens nach § 1 UWG als wettbewerbswidrig beanstandet.
Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,

a) wie folgt zu werben:
Als kleine Geburtstagsüberraschung legen wir Ihnen einen Einkaufsgutschein über DM 10 bei. Einfach diese Marke auf Ihre nächste Bestellung kleben oder bei telefonischer Bestellung Ihre Vorteils-Nr. angeben - und Sie bezahlen automatisch DM 10 weniger, wobei unmittelbar neben dieser Angabe eine "Gutschein Marke" mit einer "Vorteils-Nr." abgedruckt ist und die Bestellkarte mit dem Hinweis "Auftragswert möglichst über DM 80" versehen ist,

b) entsprechend der vorstehenden Ankündigung zu verfahren, mithin bei der Aufgabe entsprechender Bestellungen einen Betrag in Höhe von 10 DM in Abzug zu bringen.
Weiter hat die Klägerin die Zahlung einer Abmahnkostenpauschale verlangt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Mit der (Sprung-)Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Landgericht hat die Klage wegen eines Verstoßes der angegriffenen Werbung gegen das Verbot des übertriebenen Anlockens für begründet erachtet und dazu ausgeführt:
Die Werbung richte sich in erheblichem Umfang auch an Bezieher mit geringem Einkommen. Diese würden, soweit das umfangreiche Warensortiment der Beklagten mit Artikeln mit niedrigen Preisen betroffen sei, durch die Gratisvergabe der Gutscheine unsachlich beeinflußt. Sie träfen die Kaufentscheidung nicht nach der Attraktivität des Preis-, Qualitäts- und Leistungsangebots der Beklagten, sondern ließen sich von der Vorstellung leiten, das Geldgeschenk von 10 DM zu realisieren. Die Beklagte verzerre durch den Aufwand mit produktfremden Leistungen, der in ihrer Preiskalkulation seinen Niederschlag finden müsse, den Wettbewerb zu Lasten der Qualität des Leistungs- und Warenangebots. Die von der Beklagten angeführte Praxis anderer Versandhäuser bei der Verteilung von Gutscheinen sei mit dem beanstandeten Vorgehen nicht vergleichbar.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage.
1. Die beanstandete Werbung ist nicht unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens nach § 1 UWG unlauter.

a) Bei der Beurteilung des in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruchs der Klägerin ist zu berücksichtigen, daß sich die Rechtslage im Laufe
des Revisionsverfahrens infolge der Aufhebung des Rabattgesetzes geändert hat. Diese Rechtsänderung ist bei der Entscheidung des Revisionsgerichts zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 141, 329, 336 - Tele-Info-CD). Die Rechtslage ist nunmehr allein nach § 1 UWG zu beurteilen.

b) Das Landgericht, das einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG bejaht hat, hat nicht hinreichend berücksichtigt, daß die in Form eines Einkaufsgutscheins über 10 DM gewährte Vergünstigung sich der Sache nach als ein Preisnachlaß beim Wareneinkauf darstellt und der verständige Verbraucher dies erkennt. Die Anlockwirkung, die von einer besonders günstigen Preisgestaltung ausgeht, ist jedoch niemals wettbewerbswidrig, sondern gewollte Folge des Leistungswettbewerbs (vgl. BGH, Urt. v. 13.6.2002 - I ZR 71/01, GRUR 2002, 979, 980 = WRP 2002, 1259 - Kopplungsangebot II). Eine das zulässige Maß übersteigende Werbung kann zwar in eng begrenzten Einzelfällen - insbesondere wenn ein Teil eines Angebots unentgeltlich gewährt werden soll - gegeben sein, sofern von der Vergünstigung eine derart starke Anziehungskraft ausgeht, daß der Kunde davon abgehalten wird, sich mit dem Angebot der Mitbewerber zu befassen. Von einem übertriebenen, die Wettbewerbswidrigkeit begründenden Anlocken kann in diesem Zusammenhang aber nur ausgegangen werden, wenn auch bei einem verständigen Verbraucher ausnahmsweise die Rationalität der Nachfrageentscheidung vollständig in den Hintergrund tritt (vgl. BGH, Urt. v. 6.6.2002 - I ZR 45/00, GRUR 2002, 1000, 1002 = WRP 2002, 1133 - Testbestellung; BGHZ 151, 84, 89 - Kopplungsangebot I; BGH GRUR 2002, 979, 981 - Kopplungsangebot II). Dies gilt auch im Falle der Gewährung einer unmittelbaren oder durch die Überlassung eines Wertgutscheins mittelbaren Geldzuwendung. Beruht die Anlockwirkung, wie dies vorliegend für den Empfänger des Einkaufsgutscheins mit der Ankündigung eines Preisnachlasses von 10 DM auf alle Waren des Angebots der Be-
klagten gegeben ist, allein auf der Preisvergünstigung, berührt dies die Rationalität der Nachfrageentscheidung der angesprochenen Verkehrskreise nicht. Dies gilt unabhängig davon, an welche Verkehrskreise sich das Angebot der Beklagten gerichtet hat. Auf die Annahme des Landgerichts, für Kunden mit geringem Einkommen wie Rentner, in Ausbildung befindliche Personen, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger trete die Möglichkeit, durch den Wertgutschein 10 DM zu sparen, so weit in den Vordergrund, daß sie sich zum Kauf von Gegenständen des täglichen Bedarfs entschlössen, ohne die Angebote der Konkurrenz zu prüfen, kommt es danach nicht an.

c) Die beanstandete Werbung ist auch nicht deshalb wettbewerbswidrig, weil die Beklagte - nach Ansicht der Revisionserwiderung - nicht ausreichend deutlich gemacht hat, unter welchen Bedingungen der Gutschein eingelöst werden kann.
Allerdings ist es wettbewerbswidrig, wenn dem Verbraucher für den Fall des Erwerbs einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Leistung Vergünstigungen versprochen werden und dies in einer Weise geschieht, daß die Kunden über den tatsächlichen Wert des Angebots getäuscht oder doch unzureichend informiert werden (vgl. BGH GRUR 2002, 979, 981 f. - Kopplungsangebot

II).


Ob die Beklagte in dieser Weise wettbewerbswidrig gehandelt hat, kann aber dahinstehen. Ein etwaiger Verstoß ist nicht Gegenstand des Unterlassungsantrags der Klägerin. Diese hat das Charakteristische der Verletzungshandlung nicht in einer Irreführung über den Wert des Angebots, sondern in einem Verstoß gegen das Rabattgesetz und das Verbot übertriebenen Anlokkens gesehen.

2. Da das Verhalten der Beklagten nicht unlauter i.S. von § 1 UWG ist, können auch das Verbot, entsprechend der Werbung zu verfahren, und die Verurteilung zur Zahlung der Abmahnkosten keinen Bestand haben.
III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.
v. Ungern-Sternberg Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 128/98 Verkündet am:
29. Juni 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ad-hoc-Meldung
Zur Frage der unlauteren individuellen Behinderung eines Mitbewerbers und
der wettbewerbswidrigen allgemeinen Marktbehinderung durch kostenlose
Erbringung von geldwerten Dienstleistungen.
BGH, Urteil vom 29. Juni 2000 - I ZR 128/98 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 2. April 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind die einzigen Wettbewerber, die von Unternehmen, Verbänden und Organisationen stammende Presseinformationen mit Hilfe technischer Übertragungsmittel - wie Fax, E-mail, Datex P oder Satellit - an Wirtschaftsinformationsdienste, die Tagespresse, den Rundfunk, das Fernsehen sowie an Presseagenturen verbreiten. Zum einen leiten sie von den Unternehmen redigierte Originaltexte in deren Auftrag an die Medien weiter, wofür die Unternehmen pauschalierte Gebühren zahlen, während diese Leistung für die Medien kostenlos erfolgt. Zum anderen übermitteln sie sogenannte ad-hoc-
Meldungen börsennotierter Aktiengesellschaften an ihre Abnehmer; damit hat es folgende Bewandtnis:
Eine börsennotierte Aktiengesellschaft muß nach § 15 Abs. 1 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes als Emittent von Wertpapieren unverzüglich eine neue Tatsache veröffentlichen, die geeignet ist, den Börsenpreis der Wertpapiere erheblich zu beeinflussen (ad-hoc-Meldung). Diese Veröffentlichung kann nach § 15 Abs. 3 Halbsatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem vorgenommen werden. Die Aktiengesellschaften genügen dieser Verpflichtung, indem sie ihre ad-hocMeldungen der Deutschen Gesellschaft für ad-hoc-Publizität (DGAP) übersenden , die diese ihrerseits zur Weiterverbreitung an die Deutsche Börse AG, Reuters, vwd, Bloomberg, Bridge und Dow Jones Telerate weiterleitet. Die allgemeinen Presseagenturen wie dpa und ap gehören nicht zu den Empfängern dieser Meldungen. Die ad-hoc-Meldungen erreichen durch die Weiterleitung der DGAP zwar die Investoren, nicht aber die allgemeine Öffentlichkeit.
Um die ad-hoc-Meldungen an ihre Abnehmer, also Wirtschaftsinformationsdienste , Tagespresse, Rundfunk, Fernsehen und Presseagenturen - und damit letztlich auch an die allgemeine Öffentlichkeit - weiterleiten zu können, zahlen die Parteien für den Bezug dieser Meldungen monatlich eine Pauschalvergütung von 4000,-- DM an die DGAP und 1000,-- DM an Reuters. Von ihren Abnehmern verlangen die Parteien für die Übermittlung der Meldungen kein Entgelt. Während die Klägerin von den 80 Aktienunternehmen unter ihren etwa 250 Kunden für die Weiterleitung von ad-hoc-Meldungen eine Vergütung fordert und erhält, verbreitet die Beklagte die ad-hoc-Meldungen, ohne von den Aktiengesellschaften hierfür ein Entgelt zu verlangen. Mit dieser kostenlosen Leistung wirbt die Beklagte bei Unternehmen, die bereits zu ihren Auftragge-
bern für die Verbreitung von Originaltexten gehören, und bei Gesellschaften, die sie erst als Kunden gewinnen möchte.
Die Klägerin hält die kostenlose Verbreitung von ad-hoc-Meldungen für rechtswidrig, weil die Beklagte - die eine Enkelgesellschaft der Deutschen Presseagentur (dpa) ist - unter Ausnutzung der Finanzkraft der dpa-Gruppe kostenträchtige Dienstleistungen unentgeltlich abgebe, um sie, die Klägerin, aus dem Markt zu drängen und in ihrer Existenz zu vernichten. Sie behauptet, das Verhalten der Beklagten verursache bei ihr einen Jahresumsatzverlust von 340.000,-- DM.
Die Klägerin hat - soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung - beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, kostenlos ad-hocMeldungen von börsennotierten Aktiengesellschaften über die DGAP an Presseagenturen, Wirtschaftsinformationsdienste und die Medien zu verbreiten.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat in Abrede gestellt, daß sie durch Preisunterbietung einen Verdrängungswettbewerb betreibe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung ist erfolglos geblieben.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, an Presseagenturen , Wirtschaftsinformationsdienste und Medien von der DGAP erhaltene
ad-hoc-Meldungen börsennotierter Aktiengesellschaften zu verbreiten, ohne von diesen Unternehmen ein Entgelt zu verlangen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet, weil die Klägerin nicht hinreichend dargelegt habe, daß das Verhalten, das der Beklagten verboten werden solle, gegen § 1 UWG verstoße. Dazu hat es ausgeführt :
Das begehrte Verbot ergäbe nach dem gesamten Vorbringen der Klägerin nur einen Sinn, wenn es etwa die Fassung hätte, "an Presseagenturen, Wirtschaftsinformationsdienste und Medien von der DGAP erhaltene ad-hocMeldungen börsennotierter Aktiengesellschaften zu verbreiten, ohne von diesen Unternehmen ein Entgelt zu verlangen". Denn daß ad-hoc-Meldungen kostenlos an Nachrichtenkunden weitergeleitet würden, treffe unstreitig auch auf die Klägerin selbst zu; ein derartiges Verbot könne sie schwerlich anstreben. Es gehe nicht darum, daß Empfänger von Nachrichten diese kostenlos erhielten , sondern daß die nach § 15 des Wertpapierhandelsgesetzes zur Veröffentlichung verpflichteten Aktiengesellschaften, in deren Interesse Meldungen weitergegeben und verbreitet würden, nichts bezahlten.
Wenn die Beklagte eine Nachrichtenübermittlung, die für sie mit Kosten verbunden sei, zu Gunsten dieser Unternehmen erbringe, ohne dafür ein Entgelt zu verlangen, so verschenke sie eine Leistung. Das Verschenken von Leistungen sei aber nicht schlechthin wettbewerbswidrig; vielmehr müßten im Ein-
zelfall konkrete Umstände hinzutreten, die die unentgeltliche Leistung unlauter erscheinen ließen. So kämen beispielsweise ein übertriebenes Anlocken, das Ausüben eines psychologischen Kaufzwanges oder eine Behinderung in Betracht. Am Vortrag zu solchen Umständen lasse es die Klägerin jedoch fehlen. Es sei nicht anzunehmen, daß den Unternehmen daran gelegen sei, die Medien und Presseagenturen auch über für den Börsenkurs nachteilige ad-hocMeldungen zu unterrichten. Darüber hinaus lasse sich nicht beurteilen, ob die Unternehmen bereit seien, für die Verbreitung anderer ad-hoc-Meldungen zu bezahlen. Da die Beklagte die Verbreitung der ad-hoc-Meldungen auch Unternehmen anbiete, die nicht ihre Auftraggeber für die Verbreitung von Originaltexten seien, sei ein Unternehmen nicht gehindert, bei seiner Entscheidung, über welche der beiden Parteien es seine Originaltexte verbreiten wolle, Leistungen und Preiswürdigkeit gegeneinander abzuwägen. Schließlich lasse sich zu den Beeinträchtigungen der Klägerin durch das Verhalten der Beklagten nichts sagen, weil die genannte Umsatzeinbuße von 340.000,-- DM unsubstantiiert sei.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die Neufassung des Klageantrages durch die Klägerin in der Revisionsinstanz stellt eine zulässige Klarstellung und - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - keine unzulässige Ä nderung des Klageantrages dar.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß das begehrte Verbot, "kostenlos ad-hoc-Meldungen von börsennotierten Aktiengesellschaften über die DGAP an Presseagenturen, Wirtschaftsinformationsdienste und die Medien
zu verbreiten", nach dem gesamten Vorbringen der Klägerin nur einen Sinn ergäbe, wenn es etwa die Fassung hätte, "an Presseagenturen, Wirtschaftsinformationsdienste und Medien von der DGAP erhaltene ad-hoc-Meldungen börsennotierter Aktiengesellschaften zu verbreiten, ohne von diesen Unternehmen ein Entgelt zu verlangen". Diese Auslegung des Klageantrages durch das Berufungsgericht, die der Senat als Auslegung einer Prozeßerklärung in vollem Umfang nachprüfen kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 7.5.1998 - I ZR 85/96, GRUR 1998, 1041, 1042 = WRP 1998, 1068 - Verkaufsveranstaltung in Aussiedlerwohnheim, m.w.N.), läßt keine Rechtsfehler erkennen.
Dem Wortlaut des in der ursprünglichen Fassung gestellten Klageantrags war nicht eindeutig zu entnehmen, inwieweit der Beklagten die kostenlose Verbreitung von ad-hoc-Meldungen untersagt werden soll. Aus dem Sachvortrag der Klägerin ergibt sich jedoch zweifelsfrei, daß sie das Verbreiten der von der DGAP erhaltenen ad-hoc-Meldungen durch die Beklagte nicht deshalb beanstandet , weil diese - ebenso wie sie selbst - von ihren Abnehmern, also den Presseagenturen, Wirtschaftsinformationsdiensten und Medien, hierfür keine Vergütung fordert, sondern daß sie der Beklagten dieses Verhalten nur insoweit verbieten lassen will, als sie - im Gegensatz zu ihr, der Klägerin - von den börsennotierten Aktiengesellschaften dafür kein Entgelt verlangt.
2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß das Verschenken gewerblicher Leistungen nicht schlechthin, sondern nur dann wettbewerbswidrig ist, wenn im Einzelfall konkrete Umstände hinzutreten, die die Unentgeltlichkeit der Leistung unlauter erscheinen lassen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 114, 82, 84 - Motorboot-Fachzeitschrift, m.w.N.). Es hat dabei nicht verkannt , daß sich die Unlauterkeit im Streitfall unter dem Gesichtspunkt des Be-
hinderungswettbewerbs ergeben kann. Eine unlautere individuelle Behinderung von Mitbewerbern kann vorliegen, wenn eine unentgeltliche Leistung gezielt dazu benutzt wird, bestimmte Mitbewerber vom Markt zu verdrängen, und sie eine konkrete Marktbehinderung zur Folge hat (vgl. BGH, Urt. v. 14.3.1991- I ZR 55/89, GRUR 1991, 616, 617 = WRP 1991, 484 - MotorbootFachzeitschrift , insoweit nicht in BGHZ 114, 82 abgedruckt). Eine wettbewerbswidrige allgemeine Behinderung des Marktes kann gegeben sein, wenn die Gewährung einer kostenlosen Leistung die ernstliche Gefahr begründet, daß der Leistungswettbewerb auf einem bestimmten Markt in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird (vgl. BGHZ 114, 82, 84 - Motorboot-Fachzeitschrift , m.w.N.).
Das Berufungsgericht hat hierzu rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Beklagte eine Leistung verschenkt, indem sie eine Nachrichtenübermittlung, die für sie mit Kosten verbunden ist, zu Gunsten der börsennotierten Aktiengesellschaften erbringt, ohne von ihnen dafür ein Entgelt zu verlangen.

a) Das Berufungsgericht hat nicht konkret geprüft, ob das beanstandete Verhalten der Beklagten zu einer unlauteren individuellen Behinderung der Klägerin oder einer wettbewerbswidrigen allgemeinen Behinderung des Marktes führt, sondern es hat das Vorliegen besonderer Unlauterkeitsumstände generell mit der Erwägung verneint, daß für die Verbreitung von ad-hocMeldungen über Presseinformationsdienste und die sonstigen Medien kein Markt bestehe, da nicht davon ausgegangen werden könne, daß die börsennotierten Aktiengesellschaften ein Interesse daran haben könnten, daß die Presse auch über die für den Börsenkurs nachteiligen ad-hoc-Meldungen unterrichtet werde; soweit es um andere - also für das Unternehmen positive - adhoc -Meldungen gehe, sei nicht erkennbar, ob die Unternehmen bereit seien,
dafür ein Entgelt zu bezahlen. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

b) Die Revision macht zu Recht geltend, daß sich das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft über unstreitiges Vorbringen der Klägerin hinweggesetzt hat. Die Klägerin hat unbestritten vorgetragen, von ihren rund 250 Kunden seien 80 Kunden börsennotierte Aktiengesellschaften. Diese Kunden seien daran interessiert, daß ihre ad-hoc-Meldungen nicht nur die Investoren (Banken) erreichten , sondern insbesondere auch die Medien. Sie bedienten sich deshalb der Klägerin, um ihre ad-hoc-Meldungen, die sie an die DGAP weitergeben, auch bis zu den Medien gelangen zu lassen. Der Verbreitungsservice der Klägerin werde dafür eingesetzt und von den Kunden, den börsennotierten Aktiengesellschaften , auch bezahlt.
Auf der Grundlage dieses Vorbringens ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts davon auszugehen, daß den börsennotierten Aktiengesellschaften daran gelegen ist, die Medien über ad-hoc-Meldungen zu unterrichten , und daß diese bereit sind, für die Verbreitung derartiger Informationen ein Entgelt zu bezahlen. Damit ist der Beurteilung des Berufungsgerichts die tragende Begründung entzogen mit der Folge, daß das angefochtene Urteil keinen Bestand haben kann.
3. Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat nicht möglich, da das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen zu den Voraussetzungen einer unlauteren individuellen Behinderung der Klägerin oder einer wettbewerbswidrigen allgemeinen Marktbehinderung getroffen hat.

a) Eine individuelle Behinderung kommt im Streitfall in Betracht, wenn die Beklagte - wie die Klägerin behauptet - mit der kostenlosen Erbringung der in Rede stehenden Dienstleistung das Ziel verfolgt, die Klägerin unter Ausnutzung der Finanzkraft der dpa-Gruppe aus dem Markt zu verdrängen oder zu vernichten. Das Berufungsgericht hat eine solche Behinderung mit der Begründung verneint, die Klägerin habe zur behaupteten Umsatzeinbuße nicht genügend vorgetragen; insbesondere habe sie nicht dargelegt, in welchem Verhältnis die verbreiteten ad-hoc-Meldungen zu den Originaltexten stehen (BU 7 a.E.). Mit dem Hinweis darauf, die genannte Umsatzeinbuße von 340.000,-- DM sei unsubstantiiert, läßt sich eine individuelle Behinderung indessen nicht verneinen.
Die Klägerin hat in ihrem Schriftsatz vom 30. Januar 1997 vorgetragen, sie verliere durch die kostenlose Verbreitung der ad-hoc-Meldungen seitens der Beklagten jährlich etwa 340.000,-- DM an Umsatz, und dies dahin erläutert, von ihren rund 250 Kunden seien 80 börsennotierte Aktiengesellschaften, bei denen von einem durchschnittlichen Jahresumsatz von 3.000,-- DM je Kunde ausgegangen werden könne, der ihr durch das beanstandete Verhalten der Beklagten verloren gehe. Allerdings beruht der von der Klägerin behauptete Umfang ihres Umsatzverlustes auf einem offensichtlichen Rechenfehler. Denn aus ihrem eigenen Vortrag ergibt sich - worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist - lediglich ein jährlicher Umsatzverlust von 240.000,-- DM. Diese angebliche Umsatzeinbuße bezieht sich - anders als es das Berufungsgericht vermutet hat - nicht auf den gesamten - also sowohl den mit ad-hocMeldungen , als auch den mit Originaltexten erzielten - Umsatz. Bereits der die Erläuterung der Klägerin abschließende Hinweis, wonach sich der durchschnittliche Jahresumsatz von 3.000,-- DM pro Kunde auf ein Abonnement mit zehn Meldungen beziehe, macht hinreichend deutlich, daß die Klägerin in die-
sem Zusammenhang ausschließlich die ad-hoc-Meldungen meint. Es kommt hinzu, daß das gesamte Vorbringen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 30. Januar 1997 ausschließlich das Geschäft mit der Verbreitung von ad-hocMeldungen zum Gegenstand hat.
Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob und in welchem Umfang die Klägerin durch das beanstandete Verhalten der Beklagten bei dem Geschäft mit der Verbreitung von ad-hoc-Meldungen Umsatzeinbußen erlitten hat und inwieweit sich diese auf den Gesamtumsatz der Klägerin (einschließlich des Geschäfts betreffend die Verbreitung der Originaltexte) ausgewirkt haben, sowie ob und in welcher Anzahl die Klägerin aufgrund des Verhaltens der Beklagten Kunden verloren hat. Die Parteien haben Gelegenheit, hierzu im wiedereröffneten Berufungsverfahren noch ergänzend unter Beweisantritt vorzutragen. Soweit das Berufungsgericht Klagevorbringen dazu vermißt, in welchem Verhältnis die verbreiteten ad-hoc-Meldungen bei der Beklagten stehen, wird aus der bislang gegebenen Begründung nicht hinreichend deutlich, inwieweit sich allein daraus zwingende Rückschlüsse darauf ergeben könnten, daß die Beklagte nicht den Zweck verfolgt habe, die Klägerin vom Markt zu verdrängen.

b) Bei der gegenwärtigen Sach- und Rechtslage läßt sich auch nicht ausschließen, daß ein Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt einer wettbewerbswidrigen allgemeinen Marktbehinderung in Betracht kommt. In diesem Zusammenhang kommt es konkret darauf an, ob der Wettbewerb auf dem Markt der Verbreitung von ad-hoc-Meldungen börsennotierter Aktiengesellschaften an die Medien dadurch gefährdet wird, daß die Beklagte den Aktiengesellschaften die kostenlose Verbreitung dieser Meldungen anbietet und gewährt. Das Berufungsgericht hat dies offensichtlich verneinen wollen, wenn es
(BU 7) meint, Aktiengesellschaften könnten sich eher für die Klägerin entscheiden , weil die Beklagte die Kosten für die Verbreitung der ad-hoc-Meldungen über die Preise bei der Verbreitung von Originaltexten wieder hereinholen müßte. Hierbei handelt es sich indes lediglich um eine Vermutung, die nicht ohne weiteres durch die allgemeine Lebenserfahrung nahegelegt wird. Die Revision weist insoweit zutreffend darauf hin, daß es erfahrungswidrig sei anzunehmen , die wirtschaftlich orientierten Aktiengesellschaften würden ihre adhoc -Meldungen nicht kostenlos über die Beklagte, sondern statt dessen oder daneben entgeltlich durch die Klägerin an die Medien und Presseagenturen verbreiten lassen. Damit könnte die Gefahr bestehen, daß das kostenlose Angebot der Beklagten das gleichartige entgeltliche Angebot der Klägerin auf Dauer ersetzt und daß auf diese Weise der Wettbewerb auf dem Markt der Verbreitung von ad-hoc-Meldungen nicht nur gestört, sondern sogar beseitigt wird. Denn eine Monopolisierung des Marktes der Verbreitung von ad-hocMeldungen liegt vor allem deshalb besonders nahe, weil die Parteien die einzigen Wettbewerber auf diesem Markt sind und die Beklagte ihre unentgeltliche Leistung nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft anbietet und gewährt.
4. Der streitgegenständliche Unterlassungsanspruch kann entgegen der Ansicht der Revision auch nicht aus § 35 Abs. 1 GWB i.V. mit § 26 Abs. 4 GWB a.F. (neu: § 33 GWB i.V. mit § 20 Abs. 4 GWB) hergeleitet werden, da es insoweit bereits an hinreichendem Tatsachenvortrag fehlt.
III. Danach war auf die Revision der Klägerin das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Raebel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 147/98 Verkündet am:
14. Dezember 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Eröffnungswerbung
In einer Werbung, mit der die Verbraucher aufgefordert werden, bestimmte Anschaffungen
bis zur bevorstehenden Eröffnung eines neuen Geschäftslokals des
werbenden Unternehmens zurückzustellen, liegt im allgemeinen weder eine pauschale
Herabsetzung ungenannter Mitbewerber noch eine wettbewerbswidrige
Marktstörung.
BGH, Urteil vom 14. Dezember 2000 – I ZR 147/98 – OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 8. Mai 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 21. Oktober 1997 im Umfang der Aufhebung abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist ein Verein zur Förderung gewerblicher Interessen. Die Beklagte betreibt seit der Geschäftseröffnung am 17. April 1997 ein Einzelhandelsgeschäft , in dem sie u.a. Haushaltsgeräte sowie Geräte der Unterhaltungselektronik und Telekommunikation anbietet.
Vor der Eröffnung ließ die Beklagte in der Zeit zwischen dem 1. und dem 9. April 1997 in Kölner Tageszeitungen eine Reihe von Anzeigen veröffentlichen. In einem Teil dieser Anzeigen empfahl der bekannte Kölner Schauspieler Willy Millowitsch dem Leser in rheinischer Mundart, bis zum 17. April bestimmte zum Sortiment der Beklagten gehörende Geräte – Computer, CD-Player, Autoradios, CDs, Mobiltelefone, Fernsehgeräte und Waschmaschinen – nicht zu erwerben (z.B. “Willy säht: Bis 17.4. kein Wäschmaschin kaufe jon.”). Der Name der Beklagten war in diesen Anzeigen nicht genannt; sie wiesen jedoch eine von Unternehmen der MediaMarkt -Gruppe häufig verwendete Farbgestaltung (schwarze Schrift auf rotem Grund) auf:

Andere Anzeigen legten – dieses Mal unter Hinweis auf die Beklagte – Willy Millowitsch die Aufforderung in den Mund, ab 17. April die fraglichen Artikel zu erwerben (z.B. “Willy säht: Ab 17.4. Videokamera kaufe jon.”):

Der Kläger hat diese Werbung unter dem Gesichtspunkt einer pauschalen Herabsetzung als wettbewerbswidrig beanstandet. Da bei den in Rede stehenden Gegenständen der Wettbewerb im wesentlichen über den Preis geführt werde, entnehme der Verkehr der Werbung, daß er ab dem 17. April den beworbenen Gegenstand zu einem Preis erwerben könne, der unter dem der Konkurrenz liege. Der Kläger hat die Beklagte dementsprechend auf Unterlassung und auf Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch genommen .
Das Landgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, in dem fraglichen Werbeverhalten liege eine wettbewerbswidrige Marktstörung. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung der Beklagten im wesentlichen bestätigt, sie jedoch auf eine Veröffentlichung der entsprechenden Anzeigen in Printmedien beschränkt.
Hiergegen wendet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiterverfolgt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die beanstandete Werbung als eine pauschale Herabsetzung der Mitbewerber für wettbewerbswidrig gehalten. Ein entsprechender Unterlassungsanspruch setze voraus, daß die Werbung die Aussage enthalte , die beworbene Ware sei – etwa nach Preis und Qualität – so nur bei dem werbenden Unternehmen und nicht auch bei Mitbewerbern zu erhalten. Diese Voraussetzung liege ersichtlich vor.
Die Anzeigen, in denen von einem Erwerb der fraglichen Geräte vor dem 17. April abgeraten werde, enthielten durchweg die Aussage, das werbende Unternehmen biete die Geräte ab dem genannten Datum zu einem günstigeren Preis als sämtliche in Betracht kommenden Mitbewerber an. Denn das empfohlene Zurückstellen des Kaufentschlusses wegen einer Neueröffnung sei nur dann sinnvoll , wenn die fraglichen Produkte in dem zu eröffnenden Geschäft günstiger zu haben seien als bei der Konkurrenz. Aufgrund des anonymen Charakters der Anzeige werde deutlich, daß sie nicht zur Herausstellung der eigenen Leistung der Beklagten diene; vielmehr werde der Eindruck verstärkt, daß sie sich gezielt gegen die Konkurrenten, und zwar gegen sämtliche Anbieter entsprechender Waren im Kölner Raum richte.
Auch in den Anzeigen, in denen ein Erwerb der fraglichen Geräte ab dem 17. April empfohlen werde, liege eine pauschale Herabsetzung der Mitbewerber. Denn diese Inserate würden vom Verkehr als Folgewerbung erkannt, die das Rätsel über den unbekannten Werbetreibenden auflöse. Die Werbung knüpfe damit unmittelbar an die erste Werbung an, indem sie sage, wo der bislang zurückgestellte Kauf zu tätigen sei.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen – soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist – zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur vollständigen Abweisung der Klage.
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt in der beanstandeten Werbung keine wettbewerbswidrige pauschale Herabsetzung nach § 1 UWG.

a) Im Streitfall ist nicht die gesetzliche Neuregelung über die vergleichende Werbung in § 2 UWG anzuwenden (zur nunmehr in § 2 UWG umgesetzten Richtlinie 97/55/EG vgl. BGHZ 138, 55 – Testpreis-Angebot; BGH, Urt. v. 23.4.1998 – I ZR 2/96, GRUR 1999, 69 = WRP 1998, 1065 – Preisvergleichsliste II; BGHZ 139, 378 – Vergleichen Sie; BGH, Urt. v. 25.3.1999 – I ZR 77/97, GRUR 1999, 1100 = WRP 1999, 1141 – Generika-Werbung). Denn die beanstandete Werbung macht die Mitbewerber oder die von ihnen angebotenen Waren oder Leistungen weder unmittelbar noch mittelbar erkennbar. Um dieses Merkmal zu erfüllen, muß eine Werbung so deutlich gegen einen oder mehrere bestimmte Mitbewerber gerichtet sein, daß sich eine Bezugnahme auf sie für die angesprochenen Verkehrskreise förmlich aufdrängt (vgl. BGH GRUR 1999, 1100, 1101 – Generika-Werbung ; ferner BGH, Urt. v. 5.12.1996 – I ZR 203/94, GRUR 1997, 539, 540 = WRP 1997, 709 – Kfz-Waschanlagen). Je größer der Kreis der in Betracht kommenden Mitbewerber ist, desto geringer wird dabei die Neigung der Leser sein, eine allgemein gehaltene Werbeaussage auf einzelne Mitbewerber zu beziehen, die von ihr allenfalls pauschal erfaßt werden.
Im Hinblick auf die große Zahl von Anbietern entsprechender Leistungen im Kölner Raum kann danach im Streitfall nicht von einer Werbung ausgegangen werden, die die betroffenen Mitbewerber erkennbar macht (§ 2 Abs. 1 UWG).

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die beanstandete Werbung auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer pauschalen Herabsetzung ungenannter Mitbewerber nach § 1 UWG als wettbewerbswidrig angesehen werden.
Für eine solche rechtliche Prüfung ist trotz der neuen Bestimmung des § 2 Abs. 2 Nr. 5 UWG auch weiterhin Raum. Denn die Neuregelung zur vergleichenden Werbung bezieht sich allein auf Werbung, die einen Mitbewerber erkennbar macht. Fehlt es an der Erkennbarkeit, gelten für die Fälle pauschaler Herabsetzung die bisherigen Grundsätze (vgl. BGH GRUR 1999, 1100, 1102 – GenerikaWerbung ; ferner zu diesen Grundsätzen BGH, Urt. v. 2.5.1996 – I ZR 108/94, GRUR 1996, 983, 984 = WRP 1997, 549 – Preistest I; Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 350 ff.). Es kommt mithin darauf an, ob die angegriffene Werbeaussage sich noch in den Grenzen einer sachlich gebotenen Erörterung hält oder bereits eine pauschale Abwertung der fremden Erzeugnisse darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 7.11.1996 – I ZR 183/94, GRUR 1997, 227, 228 = WRP 1997, 182 – Aussehen mit Brille). Letzteres ist nur dann der Fall, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände hinzutreten, die den Vergleich in unangemessener Weise abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen (vgl. BGH GRUR 1999, 1100, 1102 – Generika-Werbung; ferner zur Frage der Herabsetzung bei der vergleichenden Werbung BGHZ 139, 378 ff. – Vergleichen Sie).
Der Ansicht des Berufungsgerichts, daß diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt seien, kann nicht beigetreten werden. Denn weder in der ersten noch in der zweiten Variante kann der beanstandeten Werbung überhaupt eine Aussage über die Mitbewerber der Beklagten oder die von ihnen angebotenen Produkte entnommen werden. Insbesondere enthält sie auch keine verdeckte Behauptung des
Inhalts, daß die Produkte aus den beworbenen Gattungen nach der Geschäftseröffnung bei dem inserierenden Unternehmen günstiger angeboten würden als bei der Konkurrenz. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Verkehr verstehe die Werbeanzeigen in dieser Weise, ist erfahrungswidrig.
Mit einer Werbung, mit der ein Unternehmen die baldige Eröffnung eines neuen Geschäfts ankündigt, verfolgt es – legitimerweise – immer auch das naheliegende Ziel, die Verbraucher dazu zu bewegen, einen bestehenden Anschaffungswunsch noch bis zum Datum der Eröffnung zurückzustellen. Eine Aussage darüber, weshalb sich das Warten auf die Neueröffnung für den Verbraucher lohnen wird, enthält eine solche Werbung nicht. Ein Vorteil mag in den günstigen Preisen, kann aber auch in anderen Punkten – etwa in der großen Auswahl oder in einer kompetenten Beratung – liegen. Selbst wenn ein Unternehmen keinerlei derartige Vorteile aufzuweisen hätte, wäre es ihm unbenommen, auf eine bevorstehende Eröffnung hinzuweisen. Eine pauschale Herabsetzung der Mitbewerber wäre jedenfalls mit einer solchen Werbung für eine Neueröffnung niemals verbunden.
Denkbar ist es allerdings, daß eine konkret auf die Beklagte als Unternehmen der Media-Markt-Gruppe hinweisende Werbung dem Leser den Eindruck einer besonderen Preisgünstigkeit des Sortiments vermittelt, falls – wofür im Streitfall keine Anhaltspunkte bestehen – Unternehmen dieser Gruppe generell für ihre preisgünstigen Angebote bekannt wären. Aber auch dann wäre mit dem Hinweis auf eine bevorstehende Neueröffnung eines Media-Marktes keine pauschale Herabsetzung der Mitbewerber verbunden.
Allerdings gehen die beanstandeten Anzeigen der ersten Serie (“Willy säht: Bis 17.4. kein ... kaufe jon.”) über den Hinweis auf eine bevorstehende Neueröff-
nung hinaus, indem sie ausdrücklich dazu auffordern, entsprechende Anschaffungen bis zum Eröffnungsdatum zurückzustellen. Den Anzeigen kann aber auch damit noch keine pauschal herabsetzende Aussage über andere Anbieter der entsprechenden Waren entnommen werden. Denn sie sprechen nur das aus, was konkludent mit jeder Ankündigung einer bevorstehenden Neueröffnung zum Ausdruck gebracht wird, daß es sich nämlich empfehle, geplante Anschaffungen noch für ein paar Tage zurückzustellen. Nur weil die ausdrückliche Aussage genau dem entspricht, was unausgesprochen mit jeder Eröffnungswerbung gesagt wird, sieht der Verkehr in der beanstandeten Werbung auch einen Hinweis auf eine bevorstehende Neueröffnung.
2. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung können die beanstandeten Anzeigen auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer nach § 1 UWG wettbewerbswidrigen Marktstörung untersagt werden.
Die Revisionserwiderung sieht – dem Landgericht folgend, das sein stattgebendes Urteil auf diesen Gesichtspunkt gestützt hat – in den ersten sieben Anzeigen (z.B. “Willy säht: Bis 17.4. kein Wäschmaschin kaufe jon.”) eine einem Boykottaufruf gleichkommende Aufforderung, die näher bezeichneten Gegenstände in dem angegebenen Zeitraum schlechthin nicht zu kaufen. Würden die Verbraucher – so die Revisionserwiderung – eine solche Aufforderung befolgen, käme der gesamte Einzelhandelsabsatz auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt für die Dauer ihrer Geltung zum Erliegen. Diese Beurteilung vermag der Senat nicht zu teilen.
Eine allgemeine Marktbehinderung oder Marktstörung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegeben, wenn ein für sich genommen nicht unlauteres, aber doch bedenkliches Wettbewerbsverhalten allein oder in Verbindung mit gleichartigen Maßnahmen von Mitbewerbern die ernstliche Gefahr be-
gründet, der Leistungswettbewerb werde in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt (vgl. BGHZ 114, 82, 84 – Motorboot-Fachzeitschrift; BGH, Urt. v. 29.6.2000 – I ZR 128/98, GRUR 2001, 80, 81 = WRP 2000, 1394 – ad-hoc-Meldung ). Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, daß die Werbung im Streitfall eine solche ernstliche Gefahr begründet hätte. Ungeachtet ihres ins Scherzhafte gezogenen Charakters sieht der verständige Durchschnittsverbraucher in der Aufforderung , bis zu einem etwa vierzehn Tage später liegenden Zeitpunkt gewisse Anschaffungen zurückzustellen, keine zu befolgende Anordnung, sondern bestenfalls die Empfehlung, einen bestehenden Bedarf bei einem bestimmten Unternehmen zu decken. Ebensowenig wie eine solche Aufforderung (z.B. “Wenn Sie eine Waschmaschine benötigen, kaufen Sie sie bei uns!”) dazu führt, daß das Geschäft der Mitbewerber zum Erliegen kommt, geht eine derartige Wirkung von der beanstandeten Empfehlung aus.
3. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich die Revisionserwiderung zur Begründung des ausgesprochenen Verbots schließlich noch auf den Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlockens gestützt und die Ansicht vertreten, in der Berufung auf die “Kultpersönlichkeit Willy Millowitsch” liege – jedenfalls in Köln, wo dieser Schauspieler besonders verehrt worden sei – eine unsachliche Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit der Abnehmer. Dem vermag der Senat nicht beizutreten. Unter dem Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlockens kann eine Werbung zu untersagen sein, wenn dem Umworbenen ein Geschenk oder eine sonstige Vergünstigung in Aussicht gestellt und dadurch eine so starke Anziehungskraft auf ihn ausgeübt wird, daß die Rationalität der Nachfrageentscheidung verdrängt wird (BGH, Urt. v. 26.3.1998 – I ZR 231/95, GRUR 1998, 1037, 1038 = WRP 1998, 727 – Schmuck-Set; Urt. v. 26.3.1998 – I ZR 222/95, GRUR 1999, 256, 257 = WRP 1998, 857 – 1.000 DM Umwelt-Bonus). Außerhalb solcher Formen der Wertreklame kann die unsachliche Beeinflussung der Abnehmerent-
scheidung auch in ganz bestimmten anderen Fallkonstellationen – etwa in Fällen des Ausnutzens von Angstvorstellungen der Umworbenen – eine Wettbewerbswidrigkeit begründen. Dagegen läßt sich § 1 UWG kein allgemeines Sachlichkeitsgebot entnehmen. Insbesondere ist es aus wettbewerbsrechtlicher Sicht unbedenklich , wenn sich die Werbenden zur Unterstreichung ihrer Werbeaussage bekannter Persönlichkeiten in der Erwartung bedienen, deren gutes Image werde die Wertschätzung des beworbenen Produkts positiv beeinflussen.
4. Da ein Unterlassungsanspruch des Klägers unter keinem denkbaren Gesichtspunkt besteht, kommt es auf die Frage nicht an, ob die Wiederholungsgefahr im Streitfall durch Unterwerfungserklärungen entfallen war.
III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Auf die Berufung der Beklagten ist die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann Starck Bornkamm
Pokrant Büscher

(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.

(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen;
2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;
3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt;
5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.

(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.

(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.

(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.

(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.

(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen

1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder
2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder
3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
anbietet, es sei denn, dies ist jeweils sachlich gerechtfertigt. Einstandspreis im Sinne des Satzes 2 ist der zwischen dem Unternehmen mit überlegener Marktmacht und seinem Lieferanten vereinbarte Preis für die Beschaffung der Ware oder Leistung, auf den allgemein gewährte und im Zeitpunkt des Angebots bereits mit hinreichender Sicherheit feststehende Bezugsvergünstigungen anteilig angerechnet werden, soweit nicht für bestimmte Waren oder Leistungen ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Das Anbieten von Lebensmitteln unter Einstandspreis ist sachlich gerechtfertigt, wenn es geeignet ist, den Verderb oder die drohende Unverkäuflichkeit der Waren beim Händler durch rechtzeitigen Verkauf zu verhindern sowie in vergleichbar schwerwiegenden Fällen. Werden Lebensmittel an gemeinnützige Einrichtungen zur Verwendung im Rahmen ihrer Aufgaben abgegeben, liegt keine unbillige Behinderung vor.

(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.

(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.

(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)