Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juni 2002 - I ZR 71/01

bei uns veröffentlicht am13.06.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 71/01 Verkündet am:
13. Juni 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Kopplungsangebot II
Die Werbung für ein Kopplungsangebot, das aus einem Stromlieferungsvertrag mit
einer Laufzeit von mindestens zwei Jahren und einem Fernsehgerät für 1 DM besteht
, ist wettbewerbswidrig, wenn die Bedingungen, unter denen die Vergünstigung
gewährt wird, nicht hinreichend deutlich werden.
BGH, Urt. v. 13. Juni 2002 – I ZR 71/01 – OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Februar 2001 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als die Klägerin verurteilt worden ist, „ein Fernsehgerät unter Preisangabe ... wie angekündigt zu gewähren“.
Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 29. August 2000 auf die Berufung der Klägerin abgeändert.
Die Widerklage wird insoweit abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 90 %, die Beklagte 10 % zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin vertreibt unter anderem Fernseh-, Hifi- und Elektrogeräte. Gemeinsam mit einem zum selben Konzern gehörenden, wie sie in Köln ansässigen Schwesterunternehmen bot die Klägerin unter der Überschrift „Der größte Saftladen“ in einer mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 20. März 2000 verteilten Werbebeilage ein dem Typ nach bezeichnetes tragbares Fernsehgerät der Marke Grundig zum Preis von 1 DM an. Ein bei der blickfangmäßig herausgestellten Preisangabe angebrachter Stern verwies den Leser auf einen kleinen, senkrecht gestellten Kasten. Dort heißt es:
*Preis gilt nur in Verbindung mit dem Abschluß eines Power & More-Stromvertrages mit einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten.
In einem weiteren Kasten finden sich unter der Überschrift „Wir machen Ihnen ein saftiges Angebot“ nähere Angaben zu einem Stromvertrag. Dort heißt es:
Saft von Ares Laufzeit: 24 Monate Grundgebühr: 9,90 DM/Monat Verbrauchsgebühr: 0,27 DM/KWh
Die entsprechende Seite dieser Werbebeilage ist nachstehend verkleinert und in schwarz/weiß wiedergegeben:
Die Beklagte ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Sie hat diese Werbung unter Hinweis auf die Zugabeverordnung, auf das Verbot des übertriebenen Anlockens nach § 1 UWG und auf § 3 UWG als wettbewerbswidrig beanstandet. Im Wege der Widerklage – die von der Klägerin zunächst erhobene negative Feststellungsklage haben die Parteien nach Erhebung der Widerklage übereinstimmend für erledigt erklärt – hat die Beklagte beantragt,
die Klägerin unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung wie ... (oben) wiedergegeben ein Fernsehgerät unter Preisangabe anzukündigen und/oder wie angekündigt zu gewähren.
Ferner hat die Beklagte die Zahlung einer Abmahnkostenpauschale beansprucht.
Das Landgericht hat die Klägerin antragsgemäß verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (OLG Köln GRUR 2001, 853).
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihren Widerklageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die angegriffene Werbung unter dem Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlockens als nach § 1 UWG wettbewerbswidrig angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Von dem Angebot gehe eine hohe Anlockwirkung aus, die jenseits der Gren- ze des wettbewerbsrechtlich Zulässigen liege. Das ergebe sich aus dem niedrigen Preis für das Fernsehgerät, der nicht einmal ein Prozent seines Handelswertes ausmache. Der Verbraucher wisse, daß Fernsehgeräte im Handel zu Preisen in einer Größenordnung von mehreren Hundert Mark abgegeben würden. Es bestehe danach die Gefahr, daß der Kunde von diesem Angebot magisch angezogen den Stromlieferungsvertrag in dem Bestreben abschließe, das angebotene Fernsehgerät praktisch unentgeltlich zu erhalten, ohne zuvor die Konditionen näher zu prüfen und sich mit den Tarifen der Wettbewerber, insbesondere seines bisherigen Stromlieferanten, zu befassen.
Die Kombination eines Fernsehgeräts mit einem Stromlieferungsvertrag stelle auch kein einheitliches Angebot dar. Eine Funktionseinheit zwischen Fernsehgerät und Stromlieferung bestehe nicht, weil der von der Werbung angesprochene Interessent bereits über Strom verfüge, der zur selbstverständlichen Grundausstattung der Haushalte gehöre. Er habe infolgedessen keinen weiteren Bedarf für das gekoppelte Angebot zum Abschluß eines Stromlieferungsvertrages, das im Gegenteil für ihn mit der zusätzlichen Belästigung verbunden sei, es nur nutzen zu können, wenn er das bestehende Dauerschuldverhältnis mit seinem alten Stromlieferanten aufkündige. Im wirtschaftlichen und juristischen Endergebnis sei der mit dem Erwerb des Fernsehgerätes gekoppelte Stromlieferungsvertrag daher keine unabdingbare oder auch nur sinnvolle Ergänzung zum Gerätekauf, sondern eher ein Wermutstropfen, den der Erwerber des Gerätes zu schlucken habe.
Auch die Vorstellung des Verkehrs über die Finanzierung des beworbenen Fernsehgerätes rechtfertige die Annahme nicht, es handele sich um ein einheitliches Geschäft. Der Verbraucher werde nicht ohne weiteres annehmen, daß die Klägerin beziehungsweise der Stromlieferant das Gerät durch entsprechend höher
kalkulierte Tarife für den abzunehmenden Strom finanziere. Denn der Verbraucher wisse, daß der Strommarkt erst vor kurzem liberalisiert worden sei, und werde die Werbung daher als den Versuch des Stromlieferanten ansehen, auf dem bislang monopolisierten Markt Fuß zu fassen. Es liege damit aus Sicht des Verkehrs nahe , daß das Gerät nicht durch die Einnahmen aus der Stromlieferung finanziert werde, sondern die für seine Abgabe zum Preis von nur 1 DM entstehenden Kosten im Rahmen der Bemühungen, Marktanteile zu erschließen, investiert würden.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die beanstandete Werbung der Klägerin im Ergebnis mit Recht als wettbewerbswidrig angesehen. Jedoch geht die Verurteilung insofern zu weit, als der Klägerin nicht nur die beanstandete Werbung, sondern auch entsprechende Vertragsabschlüsse („... Fernsehgeräte ... wie angekündigt zu gewähren“) untersagt worden sind.
1. Im Streitfall stellt sich nicht die Frage, ob die Beklagte den Unterlassungsanspruch in mißbräuchlicher Weise geltend gemacht hat (vgl. BGHZ 144, 165 – Mißbräuchliche Mehrfachverfolgung; BGH, Urt. v. 6.4.2000 – I ZR 114/98, GRUR 2001, 84 = WRP 2000, 1266 – Neu in Bielefeld II; Urt. v. 24.5.2000 – I ZR 222/97, GRUR 2001, 78 = WRP 2000, 1402 – Falsche Herstellerpreisempfehlung ; Urt. v. 20.12.2001 – I ZR 15/98, WRP 2002, 980, 981 – Zeitlich versetzte Mehrfachverfolgung; Urt. v. 20.12.2001 – I ZR 215/98, WRP 2002, 977, 979 – Scanner-Werbung). Zwar hat die Beklagte nicht nur die Klägerin, sondern gleichzeitig auch das ebenfalls für die beanstandete Werbung verantwortliche Kölner Schwesterunternehmen der Klägerin in getrennten Klageverfahren vor dem Landgericht Köln auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie hat damit jedoch im Wege der Widerklage auf die beiden getrennt erhobenen negativen Feststellungsklagen reagiert; für die getrennte Inanspruchnahme bestand somit ein vernünftiger Grund. Da die Parteien hinsichtlich der negativen Feststellungsklage
übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben haben, bedarf es keiner Klärung, ob sich die Erhebung der beiden getrennten negativen Feststellungsklagen als mißbräuchlich darstellt.
2. Der Beklagten steht gegenüber der Klägerin ein Unterlassungsanspruch nach § 1 i.V. mit § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu. Nach Aufhebung der Zugabeverordnung ist es der Klägerin zwar auch nach § 1 UWG nicht mehr verwehrt, die Abgabe von zwei, keine Funktionseinheit bildenden Produkten in der Weise miteinander zu verbinden, daß bei Erwerb des einen Produkts das andere Produkt ohne Berechnung oder unter Berechnung eines nominellen Betrags abgegeben wird. Derartige Angebote sind inzwischen grundsätzlich als zulässig anzusehen. Im Hinblick auf die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung und Irreführung der Verbraucher müssen jedoch bei derartigen Kopplungsangeboten bestimmte Anforderungen erfüllt sein, vor allem um einer Täuschung der Verbraucher über den tatsächlichen Wert des Angebots entgegenzuwirken, aber auch um zu vermeiden, daß durch mangelnde Transparenz die Rationalität der Nachfrageentscheidung auf seiten der Verbraucher über Gebühr zurückgedrängt wird. Die in diesem Zusammenhang an die Preisinformation zu stellenden Anforderungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die beanstandete Werbung stellt sich daher als nach § 1 UWG wettbewerbswidrig dar.

a) Die Beklagte macht im Streitfall im wesentlichen einen in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch geltend. Ob ihr ein solcher Anspruch zusteht, ist auch in der Revisionsinstanz allein nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht zu beantworten (vgl. BGHZ 141, 329, 336 – Tele-Info-CD; BGH, Urt. v. 14.3.2000 – KZR 15/98, WRP 2000, 759, 760 – Zahnersatz aus Manila; Urt. v. 25.10.2001 – I ZR 29/99, WRP 2002, 679, 680 – Vertretung der Anwalts -GmbH). Der rechtlichen Beurteilung ist daher die seit Erlaß des Berufungsurteils durch Aufhebung der Zugabeverordnung veränderte Rechtslage zugrunde
zu legen (Gesetz zur Aufhebung der Zugabeverordnung und zur Anpassung weiterer Rechtsvorschriften v. 23.7.2001, BGBl. I S. 1661).

b) Das Berufungsgericht hat für die Prüfung eines Wettbewerbsverstoßes nach § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlockens maßgeblich darauf abgestellt, daß zwischen Fernsehgerät und Stromlieferung keine Funktionseinheit bestehe und die Kombination sich daher nicht als ein einheitliches Angebot darstelle. Dem ist zwar zuzustimmen, weil der Erwerber eines Fernsehgeräts trotz des damit verbundenen Energiebedarfs in aller Regel nicht auf einen neuen Stromlieferungsvertrag angewiesen ist. Nach Aufhebung der Zugabeverordnung kommt es aber auf diesen Gesichtspunkt und auf die entsprechenden Angriffe der Revision nicht mehr entscheidend an. Auch § 1 UWG steht einer Gewährung von Zugaben grundsätzlich nicht mehr im Wege.
aa) Bis zur Aufhebung der Zugabeverordnung war die Rechtslage dadurch gekennzeichnet, daß das gesetzlich ausdrücklich geregelte Zugabeverbot durch das in der Rechtsprechung zu § 1 UWG entwickelte Verbot des übertriebenen Anlockens, eines Unterfalls der Wertreklame, ergänzt wurde. So hat der Senat in den Entscheidungen, in denen es um die Werbung für ein Mobiltelefon ging, das bei Abschluß eines Netzkartenvertrages ohne oder fast ohne gesondertes Entgelt abgegeben werden sollte, sowohl für die zugaberechtliche Prüfung als auch für die Prüfung nach § 1 UWG maßgeblich darauf abgestellt, daß es sich bei Mobiltelefon und Netzkartenvertrag um ein einheitliches Angebot handelte (vgl. BGHZ 139, 368, 372 f. u. 374 f. – Handy für 0,00 DM; BGH, Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 7/97, GRUR 1999, 261, 263 = WRP 1999, 94 – Handy-Endpreis; Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 147/97, WRP 1999, 517, 518 f.; Urt. v. 6.10.1999 – I ZR 242/97, NJWEWettbR 2000, 232 f. – Handy „fast geschenkt“ für 0,49 DM). Bildete die gewährte Vergünstigung mit der Hauptleistung eine Einheit, so fehlte es nicht nur an einer Zugabe, sondern auch am Einsatz eines unsachlichen Mittels der Kundenbeein-
flussung und damit an einem Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG. Denn die Werbung mit der besonders günstigen Abgabe eines Mobiltelefons stellte sich in diesem Fall als ein legitimer Hinweis auf den günstigen, durch verschiedene Bestandteile geprägten Preis der angebotenen Gesamtleistung dar; die Anlockwirkung , die von einem attraktiven Angebot ausgeht, ist niemals wettbewerbswidrig, sondern gewollte Folge des Leistungswettbewerbs.
bb) Die Aufhebung der Zugabeverordnung beeinflußt auch die Auslegung von § 1 UWG. Im Hinblick auf das gewandelte Verbraucherbild und die Auswirkungen der europäischen Harmonisierung auf das Lauterkeitsrecht hat der Gesetzgeber ein generelles Zugabeverbot nicht mehr für erforderlich gehalten (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Aufhebung der Zugabeverordnung , BT-Drucks. 14/5594, S. 8). Dieser gesetzgeberische Wille muß sich auch darin niederschlagen, was im Rahmen des § 1 UWG als sittenwidrig anzusehen ist; er kann nicht dadurch unterlaufen werden, daß die Sachverhalte, die in der Vergangenheit unter die Zugabeverordnung fielen, unverändert – nunmehr als Wettbewerbsverstöße nach § 1 UWG – verfolgt werden können (vgl. Berlit, WRP 2001, 349, 351; Heermann/Ruess, WRP 2001, 883, 886; Fezer, WRP 2001, 989, 1008; Köhler, GRUR 2001, 1067, 1068 f.; Steinbeck, ZIP 2001, 1741, 1745; zurückhaltender dagegen Cordes, WRP 2001, 867, 869 f.; Berneke, WRP 2001, 615, 617; Dittmer, BB 2001, 1961, 1963; J. B. Nordemann, NJW 2001, 2505, 2510 f.; vgl. ferner die großzügigere Betrachtungsweise in der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte: OLG Celle GRUR 2001, 855; OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 2002, 40; KG NJW-RR 2002, 42; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2002, 168).
Werden dem Verbraucher für den Fall des Erwerbs einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Leistung Vergünstigungen, insbesondere Geschenke, versprochen , liegt darin auch dann nicht ohne weiteres ein übertriebenes Anlocken, wenn Hauptleistung und Geschenk sich aus der Sicht des Verbrauchers nicht als
ein funktionell einheitliches Angebot darstellen. Vielmehr ist es dem Kaufmann grundsätzlich gestattet, verschiedene Angebote miteinander zu verbinden; dies gilt auch dann, wenn ein Teil der auf diese Weise gekoppelten Waren oder Leistungen ohne gesondertes Entgelt abgegeben wird (vgl. Köhler, GRUR 2001, 1067, 1069).

c) Damit ist indessen nicht gesagt, daß derartige Kopplungsangebote uneingeschränkt zulässig wären. Vielmehr tritt an die Stelle eines generellen Verbots , das sich bislang aus der Zugabeverordnung ergab und in ähnlicher Form der Generalklausel des § 1 UWG entnommen wurde, eine Art Mißbrauchskontrolle, die sich nicht allein auf § 3 UWG und § 1 PAngV (dazu BGHZ 139, 368, 375 ff. – Handy für 0,00 DM; BGH GRUR 1999, 261, 264 – Handy-Endpreis), sondern auch unmittelbar auf § 1 UWG stützen kann. Hierbei können die Fälle mißbräuchlicher Kopplungsangebote zu einer einheitlichen Fallgruppe zusammengefaßt werden, die für sämtliche Kopplungsgeschäfte – neben Zugaben sind dies die offenen oder verdeckten Kopplungsangebote (vgl. dazu BGH, Urt. v. 30.11.1995 – I ZR 233/93, GRUR 1996, 363 = WRP 1996, 286 – Saustarke Angebote) sowie die Vorspannangebote (vgl. BGHZ 65, 68 – Vorspannangebot; BGH, Urt. v. 30.6.1976 – I ZR 119/74, GRUR 1976, 637, 638 = WRP 1976, 555 – Rustikale Brettchen; Urt. v. 28.1.1999 – I ZR 192/96, GRUR 1999, 755, 756 f. = WRP 1999, 828 – Altkleider -Wertgutscheine) – Geltung beanspruchen kann.
aa) Die Anforderungen, die das Wettbewerbsrecht an die Zulässigkeit von Kopplungsangeboten stellt, müssen sich an den Gefahren orientieren, die von derartigen Geschäften für die Verbraucher ausgehen. Im Mittelpunkt steht dabei die Gefahr, daß diese über den tatsächlichen Wert des Angebots getäuscht oder doch unzureichend informiert werden (vgl. die Bestimmung des Art. 3 lit. g des schweizerischen UWG, die als Regelbeispiel unlauteren Wettbewerbs vorsieht, daß Kunden durch Zugaben über den tatsächlichen Wert des Angebots getäuscht
werden; dazu Baudenbacher/Glöckner, Lauterkeitsrecht, Art. 3 lit. g UWG Rdn. 73 ff.). Die Homogenität von Wirtschaftsgütern führt dazu, daß sich Angebote leicht vergleichen lassen; sie fördert daher Preisklarheit und Preiswahrheit. Kopplungsangebote können zwar Ausdruck eines gesunden Wettbewerbs sein, durch sie wird aber eine Heterogenität des Angebots gefördert, die nicht nur den Preisvergleich durch den Verbraucher erschwert, sondern darüber hinaus ein gewisses Irreführungs- und Preisverschleierungspotential birgt (vgl. Köhler, GRUR 2001, 1067, 1071; ferner BGH, Urt. v. 17.9.1998 – I ZR 117/96, GRUR 1999, 515, 517 f. = WRP 1999, 424 – Bonusmeilen). Im Interesse der Verbraucher ist daher eine Transparenz des Angebots zu fordern (vgl. auch § 7 Nr. 3 TDG; dazu Fezer, WRP 2001, 989, 1015; Köhler, GRUR 2001, 1067, 1070). Außerdem kann von Kopplungsangeboten – insbesondere wenn ein Teil des Angebots unentgeltlich gewährt werden soll – in Einzelfällen eine so starke Anlockwirkung ausgehen, daß auch bei einem verständigen Verbraucher ausnahmsweise die Rationalität der Nachfrageentscheidung vollständig in den Hintergrund tritt. Zuweilen kann die Gefahr für die Verbraucher – wie häufig bei den an ein Absatzgeschäft gekoppelten Gewinnspielen (BGH, Urt. v. 5.2.1998 – I ZR 151/95, GRUR 1998, 735, 736 = WRP 1998, 724 – Rubbelaktion; Urt. v. 11.4.2002 – I ZR 225/99, Umdr. S. 7 – Gewinnspiel im Radio) – auch in unzureichender Information verbunden mit einer hohen Anlockwirkung liegen.
bb) Das Wettbewerbsrecht muß diesen Gefahren Rechnung tragen.
(1) Weder der Generalklausel des § 1 UWG noch dem Tatbestand des § 3 UWG können indessen absolute Grenzen entnommen werden. Selbst wertvolle Zugaben müssen ein Angebot nicht intransparent machen; sie müssen auch nicht zu einer irrationalen Nachfrageentscheidung führen. Daher können keine festen (relativen) Wertgrenzen bestimmt werden, jenseits deren eine Zugabe stets wettbewerbswidrig ist (vgl. dazu Lange/Spätgens, Rabatte und Zugaben im Wettbe-
werb [2001], Rdn. 439; J. B. Nordemann, NJW 2001, 2505, 2511; Cordes, WRP 2001, 867, 870). Dabei ist – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – auch zu berücksichtigen, daß Zugaben unter bestimmten Bedingungen dazu beitragen können, Außenseitern den Marktzutritt zu erleichtern, wenn – wie es die Klägerin für den liberalisierten Strommarkt geltend macht – das Verbraucherverhalten durch ein gewisses Beharren gekennzeichnet ist und dem Außenseiter erhebliche Zugeständnisse abnötigt.
(2) Die von Köhler (GRUR 2001, 1067, 1071 ff.) für sinnvoll gehaltene Verpflichtung , stets den Wert einer Zugabe anzugeben, kann weder der Generalklausel des § 1 UWG noch dem Irreführungsverbot entnommen werden. Eine solche allgemeine Pflicht zu begründen, wäre dem Gesetzgeber vorbehalten (vgl. den Entwurf der Europäischen Kommission für eine Verordnung über Verkaufsförderung , BR-Drucks. 853/01; dazu Göhre, WRP 2002, 36 ff.; Kretschmer, GRUR 2002, 42 f.; Fezer, WuW 2002, 217). Ungeachtet der spezifischen Pflichten, die sich auch nach geltendem Recht aus der Preisangabenverordnung ergeben, ist eine solche aus §§ 1 und 3 UWG begründete Verpflichtung aber immer dann anzunehmen , wenn die Gefahr besteht, daß die Verbraucher über den Wert des tatsächlichen Angebots, namentlich über den Wert der angebotenen Zusatzleistung, getäuscht oder sonst unzureichend informiert werden. In diesen Fällen fordert das Transparenzgebot eine entsprechende Aufklärung.
(3) Darüber hinaus gilt für Kopplungsangebote generell die Verpflichtung, daß Preise einheitlich zu bewerben sind. Wettbewerbswidrig ist es insbesondere, in der Werbung allein das Versprechen unentgeltlicher Teilleistungen oder den günstigen Preis einer Teilleistung herauszustellen, ohne gleichzeitig in klarer Zuordnung leicht erkennbar und deutlich lesbar auf das Entgelt hinzuweisen, das für den anderen Teil des Kopplungsangebotes verlangt wird (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 2 PAngV). Gegenüber dem herausgestellten Hinweis auf die günstige Teilleistung
dürfen dabei die Angaben, aus denen sich die wirtschaftliche Belastung des Verbrauchers ergibt, nicht vollständig in den Hintergrund treten (vgl. BGHZ 139, 368, 375 ff. – Handy für 0,00 DM; BGH GRUR 1999, 261, 264 – Handy-Endpreis).

d) Die beanstandete Werbung stellt sich danach als ein Fall eines mißbräuchlichen Kopplungsangebots dar, weil die Klägerin die Bedingungen, unter denen sie die Zugabe gewährt, nicht hinreichend deutlich gemacht hat. Während der Preis für das Fernsehgerät blickfangmäßig in der größten Schrifttype gehalten ist, verweist der dort angebrachte Stern auf einen kleinen Kasten rechts neben dem abgebildeten Fernsehgerät. Die in diesem Kasten enthaltene Information ist als einziger Text der Anzeige nicht waagrecht, sondern senkrecht gesetzt, so daß der Leser die Anzeige um 90° drehen muß, um den Inhalt lesen zu können. Hinzu kommt, daß dem Kästchen, auf das der Stern verweist, keine näheren Angaben zu den Bedingungen des abzuschließenden Stromvertrags zu entnehmen sind. Der Leser erfährt lediglich, daß er einen „Power & More-Stromvertrag mit einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten“ abschließen muß, um in den Genuß des Fernsehgerätes zum Preis von 1 DM zu kommen. Lediglich in dem Kasten unter der Abbildung des Fernsehgeräts finden sich weitere Angaben zu den Bedingungen, zu denen ein Stromvertrag abgeschlossen werden kann. Auf diesen in waagrechter und deutlich größerer Schrift gehaltenen Text verweist der Stern bei der Preisangabe jedoch nicht. Gerade für den aufmerksamen Betrachter, der mit Bedacht zur Kenntnis nimmt, daß es einen Kasten mit Sternchenverknüpfung (mit Angabe nur zu einer Mindestlaufzeit) und einen anderen Kasten ohne Sternchenverknüpfung (mit Angaben sowohl zu einer Mindestlaufzeit als auch zu bestimmten Preisbestandteilen ) gibt, bleibt unklar, welche Preisbestandteile für denjenigen Stromlieferungsvertrag gelten sollen, der beim Erwerb des Fernsehgerätes zum Preis von 1 DM abzuschließen ist. Dies läßt die Revision außer acht, wenn sie – in anderem Zusammenhang – ausführt, die gut wahrnehmbar angegebenen, für den
Verbraucher erforderlichen Preisbestandteile seien über einen Sternchenhinweis dem blickfangmäßig herausgestellten Preis für das Fernsehgerät „klar zugeordnet“.
3. Die Verurteilung geht jedoch insofern zu weit, als es der Klägerin untersagt worden ist, die angekündigten Vorteile („Fernsehgerät für 1 DM“) zu gewähren , also Verträge entsprechend der beanstandeten Werbung abzuschließen. Anders als die Zugabeverordnung, die nicht allein die Ankündigung, sondern auch das Gewähren von Zugaben untersagte, käme ein aus § 1 UWG begründetes Verbot des Gewährens von Zugaben nur in Betracht, wenn die für die wettbewerbsrechtliche Bewertung der Werbung maßgeblichen Umstände stets auch bei Abschluß des entsprechenden Kopplungsgeschäfts vorlägen (vgl. BGH GRUR 1999, 261, 264 – Handy-Endpreis; Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 81/98, BGH-Rep 2002, 76 – Für’n Appel und n’Ei). Hiervon kann indessen keine Rede sein; denn das Informationsdefizit , um das es im Streitfall allein geht, kann bei Abschluß des Folgegeschäfts durch eine entsprechende Aufklärung im Verkaufsgespräch beseitigt sein.
4. Da die Beklagte die fragliche Werbung zu Recht beanstandet hat, kann sie auch die Kosten der Abmahnung ersetzt verlangen.
III. Danach ist die Revision der Klägerin im wesentlichen zurückzuweisen. Lediglich insoweit, als die Klägerin verurteilt worden ist, es zu unterlassen, die angekündigten Vorteile zu gewähren, ist das Berufungsurteil aufzuheben. In diesem Punkt ist die Widerklage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg ist an Bornkamm der Unterschriftsleistung infolge Urlaubs verhindert. Erdmann
Büscher Schaffert

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juni 2002 - I ZR 71/01

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juni 2002 - I ZR 71/01

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juni 2002 - I ZR 71/01 zitiert 9 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 3 Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen


(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig. (2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtscha

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 1 Zweck des Gesetzes; Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. (2) Vorschri

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 13 Abmahnung; Unterlassungsverpflichtung; Haftung


(1) Die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten sollen den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehr

Preisangabenverordnung - PAngV 2022 | § 1 Anwendungsbereich; Grundsatz


(1) Diese Verordnung regelt die Angabe von Preisen für Waren oder Leistungen von Unternehmern gegenüber Verbrauchern. (2) Diese Verordnung gilt nicht für 1. Leistungen von Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts, soweit es sich nicht um Lei

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juni 2002 - I ZR 71/01 zitiert oder wird zitiert von 25 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juni 2002 - I ZR 71/01 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2002 - I ZR 225/99

bei uns veröffentlicht am 11.04.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 225/99 Verkündet am: 11. April 2002 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Juni 2001 - I ZR 81/98

bei uns veröffentlicht am 07.06.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 81/98 Verkündet am: 7. Juni 2001 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat au

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Dez. 2001 - I ZR 15/98

bei uns veröffentlicht am 20.12.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 15/98 Verkündet am: 20. Dezember 2001 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Dez. 2001 - I ZR 215/98

bei uns veröffentlicht am 20.12.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 215/98 Verkündet am: 20. Dezember 2001 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja S

Bundesgerichtshof Urteil, 14. März 2000 - KZR 15/98

bei uns veröffentlicht am 14.03.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL KZR 15/98 Verkündet am: 14. März 2000 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ---------

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Apr. 2000 - I ZR 114/98

bei uns veröffentlicht am 06.04.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 114/98 Verkündet am: 6. April 2000 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ____ja

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Mai 2000 - I ZR 222/97

bei uns veröffentlicht am 24.05.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 222/97 Verkündet am: 24. Mai 2000 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Falsch
18 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juni 2002 - I ZR 71/01.

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Juni 2004 - I ZR 187/02

bei uns veröffentlicht am 09.06.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 187/02 Verkündet am: 9. Juni 2004 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Nov. 2003 - KZR 38/02

bei uns veröffentlicht am 04.11.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL KZR 38/02 Verkündet am: 4. November 2003 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Stro

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Nov. 2003 - KZR 16/02

bei uns veröffentlicht am 04.11.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL KZR 16/02 Verkündet am: 4. November 2003 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Strom

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Feb. 2006 - KZR 39/03

bei uns veröffentlicht am 07.02.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL KZR 39/03 Verkündet am: 7. Februar 2006 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf di

Referenzen

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 114/98 Verkündet am:
6. April 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ____ja
Neu in Bielefeld II
Nutzt der Gläubiger eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs die
Möglichkeiten nicht, die Kosten der Rechtsverfolgung durch Streitgenossenschaften
auf der Aktiv- oder Passivseite niedrig zu halten oder erhebt er
Hauptsacheklage, ohne abzuwarten, ob die inhaltsgleiche einstweilige Verfügung
als endgültige Regelung anerkannt wird, deutet dies auf eine mißbräuchliche
Geltendmachung des Anspruchs hin.
In der Werbung für eine Geschäftseröffnung, bei der Computer und Computerzubehör
zu Sonderpreisen "direkt ab Lkw" verkauft werden, liegt die Ankündigung
einer unzulässigen Sonderveranstaltung.
Zur Frage einer irreführenden Werbung, wenn besonders herausgestellten
Preisen durchgestrichene "Normalpreise" gegenübergestellt werden.
BGH, Urteil vom 6. April 2000 – I ZR 114/98 – OLG Hamm
LG Bielefeld
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. April 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die
Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 19. März 1998 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und im Umfang der nachfolgenden Abänderung aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der II. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld vom 6. Januar 1998 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Ankündigung des Verkaufs von Computerartikeln "direkt ab LKW" – entsprechend der nachstehend im Tatbestand dieses Urteils abgebildeten Werbung – und/oder durch die ankündigungsgemäße Durchführung entstanden ist oder noch entsteht. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen, wo, wann und wie oft sie seit dem 17. August 1997 in der bezeichneten Weise geworben hat, wobei die Auskunft nach Werbeträgern, Auflage der Werbeträger und Erscheinungsdatum aufzuschlüsseln ist. Die Beklagte wird weiter verurteilt, der Klägerin Auskunft über die im Rahmen der beschriebenen Verkaufsveranstaltung getätigten Verkäufe zu erteilen, aufgeschlüsselt nach Verkaufstag und Artikel. Im übrigen wird die Klage – hinsichtlich des Unterlassungsantrags als unzulässig – abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 9/10, die Beklagte 1/10 zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist ein der Media-Markt/Saturn-Gruppe angehörendes Einzelhandelsunternehmen. Beide Parteien vertreiben in Bielefeld Computer und Computerzubehör an Endverbraucher.
Am 17. August 1997 verteilte die Beklagte im Zusammenhang mit ihrem Einzug in ein neu errichtetes Geschäftshaus Handzettel an Bielefelder Haushalte, auf denen sie unter der Überschrift
"Neu in Bielefeld"
mit dem Hinweis
"Verkauf direkt ab LKW – Stück für Stück!"
für Computer und Zubehör warb. Einem Teil ihrer sogenannten "pc. Spezialist Preise" stellte sie einen durchgestrichenen "Normalpreis" gegenüber. Der fragliche Handzettel ist nachstehend (verkleinert) wiedergegeben:

Die Klägerin hat diese Werbung als wettbewerbswidrig beanstandet und die Beklagte auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch genommen sowie die Feststellung der Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz begehrt. Sie hat beantragt,
I. die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verkäufe von Computerartikeln "direkt ab Lkw" anzukündigen und/oder ankündigungsgemäß durchzuführen und/oder dem Eigenpreis einen gestrichenen Normalpreis gegenüberzustellen, wie dies in der (vorstehend wiedergegebenen) Eröffnungswerbung erfolgt ist, II. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer I genannten Handlungen entstanden ist und noch entsteht, III. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen, wo, wann und wie oft sie seit dem 17. August 1997 in der unter Ziffer I beanstandeten Weise geworben hat, wobei die Auskunft nach Werbemedium, Werbeträgern, Auflage der Werbeträger bzw. Hörerreichweite des Werbemediums und Erscheinungs- bzw. Sendedatum aufzuschlüsseln ist, sowie der Klägerin Auskunft über die im Rahmen der Verkaufsveranstaltung gemäß Ziffer I getätigten Verkäufe zu erteilen, aufgeschlüsselt nach Verkaufstag, Verkaufspreis und Artikel.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klage sei wegen Mißbrauchs der Klagebefugnis unzulässig, weil bereits die zum selben Konzern wie die Klägerin gehörende Saturn Elektro-Handelsgesellschaft mbH Bielefeld sie wegen derselben Handlung gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen habe. Im übrigen sei die angegriffene Werbung wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat überwiegend Erfolg. Sie führt hinsichtlich des Unterlassungsantrags zur Abweisung der Klage. Soweit sich Feststellung und Auskunftserteilung auf die beanstandete Preisgegenüberstellung beziehen, ist die Klage ebenfalls abzuweisen. Soweit es um die Ankündigung des Verkaufs "direkt ab Lkw" geht, hat die Revision dagegen nur hinsichtlich des Umfangs der zu erteilenden Auskunft Erfolg.
I. Zum Unterlassungsantrag:
Die Klage ist mit dem Unterlassungsantrag als unzulässig abzuweisen, weil der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs der Einwand der mißbräuchlichen Rechtsverfolgung entgegensteht (§ 13 Abs. 5 UWG).
1. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen eines Mißbrauchs der Klagebefugnis verneint, weil es sich bei den die Beklagte angreifenden Unternehmen um rechtlich selbständige Gesellschaften am Ort handele, die durch die beanstandete Werbemaßnahme jeweils selbst betroffen seien, und nicht ersichtlich sei, daß gerade die konzernmäßige Verbundenheit zu einem parallelen Vorgehen gegen die Beklagte geführt habe, ohne daß die beiden angreifenden Unterlas-
sungsgläubiger jeweils eigene wettbewerbliche Interessen hätten verfolgen wollen. Dieser Beurteilung kann nicht beigetreten werden.
2. Die Klägerin ist unabhängig davon, ob sie ihren Anspruch auf § 13 Abs. 2 Nr. 1, § 3 UWG oder als betroffene Mitbewerberin unmittelbar auf § 3 UWG stützt, Adressatin der Mißbrauchsregelung in § 13 Abs. 5 UWG. Nach dieser Bestimmung kann ein Unterlassungsanspruch nicht gerichtlich durchgesetzt werden, wenn die Geltendmachung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände mißbräuchlich wäre. Zwar stand bei der Einführung dieser Norm im Jahre 1986 die Bekämpfung der Mißbräuche sogenannter Abmahnvereine im Vordergrund. Die in das Gesetz aufgenommene Mißbrauchsregelung beschränkt sich aber nicht auf diese Mißbrauchsfälle, sondern verwehrt jedem Unterlassungsgläubiger im Falle des Mißbrauchs die Geltendmachung seines Anspruchs (vgl. Senatsurteil vom selben Tag – I ZR 76/98, Umdruck S. 6 ff. – Mißbräuchliche Mehrfachverfolgung, zum Abdruck in BGHZ bestimmt).
3. Gemäß § 13 Abs. 5 UWG ist die Verfolgung eines Unterlassungsanspruchs unzulässig, wenn die Geltendmachung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände mißbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Danach setzt die Annahme eines Rechtsmißbrauchs – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – nicht voraus, daß die Rechtsverfolgung ohne jedwede wettbewerbsrechtlichen Interessen betrieben werde. Zur Bejahung des Mißbrauchstatbestandes ist vielmehr erforderlich, aber auch ausreichend, daß überwiegend sachfremde Ziele – wie das Interesse, Gebühren zu erzielen oder den Gegner mit erheblichen Gebühren zu belasten oder generell zu schädigen – das die Verfahrenseinleitung beherrschende Motiv bilden (vgl. Hefermehl, WRP 1987, 281, 284 f.; Scholz,
WRP 1987, 433, 436). Ein Fehlen oder vollständiges Zurücktreten wettbewerbsrechtlicher Absichten hinter den vom Gesetzgeber mißbilligten Zielen ist demgegenüber nicht zu verlangen (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 13 Rdn. 56; Borck, GRUR 1990, 249, 251).
4. Allerdings ist die Verfolgung desselben Wettbewerbsverstoßes durch mehrere Unterlassungsgläubiger für sich genommen nicht zu beanstanden. Mit der weiten Fassung der Anspruchsberechtigung nimmt es das Gesetz hin, daß ein Wettbewerbsverstoß von mehreren Gläubigern klageweise verfolgt werden kann. Das prozessuale Vorgehen des einen schließt das des anderen grundsätzlich nicht aus (vgl. BGHZ 115, 105, 115 f. – Anwaltswerbung; BGH, Urt. v. 16.12.1993 – I ZR 277/91, GRUR 1994, 307, 308 = WRP 1994, 256 – Mozzarella I; OLG Hamburg GRUR 1995, 822; Großkomm.UWG/Erdmann, § 13 Rdn. 25, 138). Für die Annahme eines Rechtsmißbrauchs bedarf es daher des Hinzutretens besonderer Umstände.
Wie der Senat in der Entscheidung "Mißbräuchliche Mehrfachverfolgung" (Urt. v. 6.4.2000 – I ZR 76/98, Umdruck S. 8 ff.) im einzelnen dargelegt hat, erfordert die Annahme eines Rechtsmißbrauchs nach § 13 Abs. 5 UWG eine sorgfältige Prüfung und Abwägung der maßgeblichen Einzelumstände. Danach kann sich eine Mehrfachverfolgung desselben Wettbewerbsverstoßes insbesondere dann als mißbräuchlich erweisen, wenn sie auf einem abgestimmten Vorgehen der Unterlassungsgläubiger beruht und wenn – ohne daß hierfür ein vernünftiger Grund ersichtlich wäre – die Vervielfachung des mit der Rechtsverteidigung verbundenen Kostenrisikos sowie die Bindung personeller und finanzieller Kräfte eine unangemessene Belastung des Anspruchsgegners zur Folge hat. Anhaltspunkte für ein solches mißbräuchliches Verhalten können grundsätzlich verschiedene prozessuale Situationen bieten: So kann es sich als mißbräuchlich erwei-
sen, daß der Unterlassungsgläubiger, ohne hierzu – etwa mit Blick auf den drohenden , auf andere Weise nicht zu verhindernden Eintritt der Verjährung – genötigt zu sein, neben dem Verfahren der einstweiligen Verfügung gleichzeitig ein Hauptsacheverfahren anstrengt, ohne abzuwarten, ob die beantragte Verfügung erlassen wird und der Schuldner dies in einer Abschlußerklärung als endgültige Regelung akzeptiert. Ferner kann ein Mißbrauch naheliegen, wenn konzernmäßig verbundene Unternehmen, die von demselben Rechtsanwalt – sei es als Prozeßbevollmächtigtem oder als Verkehrsanwalt – vertreten werden, nicht gemeinsam als Streitgenossen klagen, sondern getrennte Verfügungs- oder Klageverfahren anstrengen oder wenn mehrere Unterlassungsschuldner nicht in einem Verfahren, sondern jeweils gesondert in Anspruch genommen werden, obwohl eine subjektive Klagehäufung auf der Aktiv- oder Passivseite für den Kläger oder Antragsteller mit keinerlei Nachteilen – etwa bei der Wahl des Gerichtsstandes – verbunden wäre. Schließlich ist in Fällen, in denen das prozessuale Vorgehen verschiedener Konzernunternehmen gegen Wettbewerbsverstöße zentral gesteuert wird, zu fragen , ob es nicht ausgereicht hätte, daß eines der Konzernunternehmen einen Titel erstritten hätte, aus dem bei Zuwiderhandlungen bundesweit auch im Interesse anderer zum Konzern gehörender Unterlassungsgläubiger vollstreckt werden könnte, oder ob – wenn schon für jedes Konzernunternehmen ein eigener Titel für notwendig gehalten wurde – nicht ein streitgenössisches Vorgehen zumutbar gewesen wäre.
In den beschriebenen Fällen kann das prozessuale Vorgehen – je nach den Umständen des Einzelfalls – den Schluß rechtfertigen, daß der klagende Gläubiger neben dem Interesse an einer Untersagung des Wettbewerbsverstoßes die Absicht verfolgt, den Schuldner durch eine – der Sache nach unnötige – Belastung mit Kosten und Gebühren zu schädigen und ihn dadurch im Wettbewerb zu behindern.
5. Im Hinblick auf diese Grundsätze besteht im Streitfall an der Mißbräuchlichkeit des Vorgehens der Klägerin kein Zweifel.
Die Klägerin sowie die zum selben Konzern gehörende und vom selben (Verkehrs-)Anwalt vertretene Saturn Elektro-Handelsgesellschaft mbH Bielefeld haben jeweils getrennt, aber innerhalb von wenigen Tagen gegen die Beklagte und gegen ihre Franchisegeberin (Parallelverfahren I ZR 67/98) Verfügungs- und Hauptsacheverfahren eingeleitet, wobei mit der Geltendmachung des Unterlassungsantrags im Hauptsacheverfahren eine mögliche Abschlußerklärung nicht abgewartet wurde. Statt auf diese Weise sieben (GA 43) oder acht (GA 123) Verfahren anzustrengen, wäre es der Klägerin und ihrer Schwestergesellschaft ohne Verkürzung der eigenen Rechte möglich gewesen, gemeinsam sowohl gegen die Beklagte des vorliegenden Verfahrens als auch gegen die im Parallelverfahren (I ZR 67/98) beklagte Franchisegeberin vorzugehen, und zwar zunächst im Wege der einstweiligen Verfügung, um die Hauptsacheklage erst dann zu erheben , wenn sich herausgestellt hätte, daß die erlassene Verfügung nicht als endgültige Regelung akzeptiert wird. Durch eine Streitgenossenschaft auf der Aktiv - wie auf der Passivseite hätte die Klägerin dasselbe Rechtsschutzziel mit einem oder allenfalls – wenn sich eine Hauptsacheklage als notwendig erwiesen hätte – zwei Verfahren erreichen können. Demgegenüber erscheint das beschriebene Vorgehen ungewöhnlich rücksichtslos. Die Klägerin hat auch keine überzeugenden Gründe zu nennen vermocht, weswegen sie und ihr Schwesterunternehmen gegen die Beklagte und ihre Franchisegeberin auf eine derart kostenträchtige , schonungslose Weise vorgegangen sind. Damit sind die Voraussetzungen eines mißbräuchlichen Vorgehens nach § 13 Abs. 5 UWG gegeben.
II. Zu den Auskunfts- und Schadensersatzanträgen hinsichtlich der Werbung für den Verkauf "direkt ab Lkw":
1. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, in der beanstandeten Werbung liege ein Verstoß gegen das Verbot der Ankündigung von Sonderveranstaltungen (§ 7 Abs. 1 UWG).

a) Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, nach dem gesamten Erscheinungsbild erwecke die Werbung beim Publikum den Eindruck einer außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs liegenden Verkaufsaktion. Die Handzettel vermittelten dem angesprochenen Verkehr die Vorstellung, daß der angekündigte Verkauf ab Lkw sämtliche im Prospekt aufgeführten – preislich besonders attraktiven – Waren erfasse. Es werde gewissermaßen eine Jahrmarktstimmung erzeugt, die für den regelmäßigen Geschäftsverkehr, besonders in der Computerbranche, nicht als typisch angesehen werden könne.

b) Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, die Werbeankündigung erwecke nach ihrem gesamten Erscheinungsbild beim Publikum den Eindruck einer Verkaufsaktion außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs der – eher beratungsintensiven – Computerbranche. Es hat rechtsfehlerfrei festgestellt , die Werbung für einen Verkauf von Computerartikeln "direkt ab Lkw" schaffe einen besonderen Kaufanreiz, weil sie die Vorstellung einer einmaligen und zeitlich begrenzten – jahrmarktähnlichen – Gelegenheit zur Beschaffung preislich besonders attraktiver Waren vermittle (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1978 – I ZR 5/77, GRUR 1979, 402, 404 = WRP 1979, 357 – Direkt ab LKW). Entgegen
der Auffassung der Revision läßt sich eine Sonderveranstaltung gemäß § 7 Abs. 1 UWG auch nicht mit der Erwägung verneinen, es handele sich um eine Eröffnungswerbung, bei der das Publikum nicht eine Herabsetzung des gesamten Sortiments, sondern nur einzelne Sonderangebote (§ 7 Abs. 2 UWG) erwarte. Die Grenze zur verbotenen Sonderveranstaltung wird – ebenso wie bei der Werbung mit dem Firmenjubiläum (vgl. BGH, Urt. v. 14.11.1996 – I ZR 164/94, GRUR 1997, 476, 477 = WRP 1997, 439 – Geburtstagswerbung II; Urt. v. 10.7.1997 – I ZR 62/95, GRUR 1998, 483 = WRP 1998, 296 – Der M.-Markt packt aus; Urt. v. 25.6.1998 – I ZR 75/96, GRUR 1998, 1046 = WRP 1998, 982 – Geburtstagswerbung III) – dann überschritten, wenn der Eindruck entsteht, die Herabsetzung der Preise erfolge aufgrund des besonderen Anlasses – hier der Geschäftseröffnung. Von einer solchen Verknüpfung von besonderem Anlaß und herabgesetzten Preisen ist das Berufungsgericht im Streitfall zu Recht ausgegangen. Die in der Werbung angegebene Größe der Verkaufsfläche von 1.000 qm sowie die zeichnerisch dargestellte Vielzahl von Menschen, die sich lebhaft an der Verkaufsaktion ab Lkw beteiligen, bekräftigen nur den Eindruck einer außergewöhnlichen, nicht regelmäßig wiederkehrenden und große Teile des Sortiments erfassenden Verkaufsveranstaltung aus Anlaß der Geschäftseröffnung.
2. Keine rechtlichen Bedenken bestehen gegen die Bejahung des Verschuldens der Beklagten sowie gegen die Annahme des Berufungsgerichts, aufgrund der starken Anlockwirkung und mit Blick auf das zwischen den Parteien bestehende konkrete Wettbewerbsverhältnis sei es hinreichend wahrscheinlich, daß die beanstandete Werbung bei der Klägerin zu einem Schaden geführt habe. Zwar reicht für die Feststellung einer Schadensersatzpflicht die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht aus (BGHZ 130, 205, 220 f. – Feuer, Eis & Dynamit I; Teplitzky aaO Kap. 52, Rdn. 29 m.w.N.). Doch ist es im Streitfall nicht zu bean-
standen, daß das Berufungsgericht die erforderliche Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bejaht hat. Denn die Ankündigung einer unzulässigen Sonderveranstaltung zieht üblicherweise einen nicht unerheblichen Teil der vorhandenen Kaufkraft auf sich und ist daher für die Wettbewerber im allgemeinen spürbar, so daß das Berufungsgericht auch ohne weiteren Vortrag der Klägerin davon ausgehen konnte, daß die beanstandete Ankündigung den Warenabsatz im Geschäft der Klägerin negativ beeinflußt hat.
3. Dagegen kann die Verurteilung zur Auskunftserteilung nicht in vollem Umfang bestätigt werden. Denn im Rahmen des wettbewerbsrechtlichen Auskunftsanspruchs besteht grundsätzlich keine Verpflichtung zur Angabe der für die Bezifferung des Schadensersatzanspruchs nicht erforderlichen Verkaufspreise (vgl. BGH, Urt. v. 7.12.1979 – I ZR 157/77, GRUR 1980, 227, 233 – Monumenta Germaniae Historica). Aus dem Vortrag der Klägerin lassen sich keine konkreten Anhaltspunkte dafür gewinnen, daß im Streitfall ausnahmsweise die Mitteilung der Verkaufspreise für die Ermittlung der Höhe eines der Klägerin entstandenen Schadens erforderlich oder jedenfalls zur Kontrolle der sonstigen Informationen sinnvoll und nützlich wäre (vgl. BGH, Urt. v. 13.2.1976 – I ZR 1/75, GRUR 1978, 52, 53 = WRP 1976, 306 – Fernschreibverzeichnisse; Teplitzky aaO Kap. 38 Rdn. 19). Ferner steht der Klägerin auch kein Auskunftsanspruch in bezug auf andere Werbemedien sowie – im Zusammenhang damit – in bezug auf "Hörerreichweiten" und "Sendedaten" zu. Denn das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, daß die angegriffene Werbung in anderen als in Printmedien verbreitet worden wäre. Auch dem Vortrag der Klägerin läßt sich insoweit nichts entnehmen.
III. Zu den Auskunfts- und Schadensersatzanträgen hinsichtlich der beanstandeten Preisgegenüberstellung:
Mit Erfolg wendet sich die Revision schließlich gegen die Feststellung einer Schadensersatzpflicht und gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung hinsichtlich der Werbung mit einem "pc. Spezialist Preis", dem ein durchgestrichener , aber weiterhin leserlicher "Normalpreis" gegenübergestellt wird.
1. Das Berufungsgericht hat die in Rede stehende Preisgegenüberstellung als irreführend i.S. von § 3 UWG angesehen. Für den Verbraucher sei nicht ersichtlich , daß mit "Normalpreis" der frühere Preis gemeint sei, den die Beklagte in ihrem ehemaligen Ladenlokal verlangt habe. Vielmehr deute der Begriff des Normalpreises auf einen allgemein gültigen Marktpreis hin oder auf den Preis, den der Werbende nach Beendigung der Eröffnungsphase verlangen werde. Diese möglichen Preisvorstellungen des Verbrauchers würden durch die angegriffene Preisgegenüberstellung enttäuscht.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. Mit Recht rügt die Revision die Annahme des Berufungsgerichts als erfahrungswidrig, der Verkehr verstehe unter dem in der Werbung angeführten Normalpreis einen "allgemein gültigen Marktpreis". Die Erwägung, daß der Verkehr in der durch starken Preiswettbewerb gekennzeichneten Computerbranche einen Vergleich mit "allgemein gültigen Marktpreisen" für möglich hält, erscheint fernliegend. Die naheliegende Annahme ist vielmehr, daß der durchgestrichene Preis derjenige ist, den die Beklagte sonst, also vor oder nach der besonderen Verkaufsveranstaltung aus Anlaß der Neueröffnung, verlangt. In diesem (zutreffenden) Sinne hat das Berufungsgericht selbst den Ausdruck "Normalpreis" in einer Hilfserwägung verstan-
den. Dann fehlt es aber an einer Irreführung; denn es ist nicht dargetan, daß eine so verstandene Angabe unzutreffend wäre.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Raebel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 222/97 Verkündet am:
24. Mai 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Falsche Herstellerpreisempfehlung

a) Die Angabe einer zu hohen Herstellerpreisempfehlung in einer Werbeanzeige
stellt eine irreführende Werbung dar, auch wenn es sich um einen kleingedruckten
Hinweis handelt und aus anderen in der Anzeige mitgeteilten Umständen
(hier: Preisangabe und Herausstellung der Preisdifferenz) auf die Unrichtigkeit
der Preisempfehlung geschlossen werden kann.

b) Für die Feststellung der Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz genügt
es, wenn der Eintritt des Schadens wahrscheinlich, d.h. mit einiger Sicherheit
zu erwarten ist. Liegt jedoch ein kalkulierbarer Schaden aufgrund einer
eher geringfügigen Irreführung fern, muß der Kläger Näheres zu dem behaupteten
Schaden vortragen, indem er beispielsweise darlegt, in welchem
Umfang die Parteien dieselben Kunden ansprechen und wie sich Werbeaktionen
des in Rede stehenden Wettbewerbers üblicherweise auf seine Umsätze
auswirken.
BGH, Urteil vom 24. Mai 2000 - I ZR 222/97 - OLG Hamm
LG Hagen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 27. Mai 1997 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als die Klage mit dem Unterlassungsantrag abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien betreiben Einzelhandelsmärkte für Elektroartikel, die Klägerin mit Sitz in Lüdenscheid, die Beklagte mit Sitz in Hagen-Hohenlimburg. Sie stehen miteinander im Wettbewerb. Beide betreiben – u.a. in großformatigen Zeitungsbeilagen – intensiv Werbung für die von ihnen angebotenen Produkte.
Am 12. Dezember 1995 warb die Beklagte in einer – nachstehend auszugsweise wiedergegebenen – Werbebeilage zu den Tageszeitungen "Lüdenscheider Nachrichten" und "Westfälische Rundschau" für eine Hifi-Anlage von Sony zum Preis von 444 DM mit dem hervorgehobenen Hinweis "Preisdifferenz 155.-". Am unteren Rand der Anzeige findet sich der weitere Hinweis: "unverbindliche Preisempfehlungen des Herstellers 699.-". Tatsächlich hatte der Hersteller damals einen Endverkaufspreis von 599 DM empfohlen.

Die Klägerin hat diese Werbung als irreführend beanstandet und die Beklagte auf Unterlassung, Feststellung der Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz und Auskunftserteilung in Anspruch genommen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hält das Vorgehen der Klägerin für rechtsmißbräuchlich. Die Klägerin und ihre ebenfalls zum Saturn /Media-Markt-Konzern gehörenden Schwesterunternehmen in Dortmund und Iserlohn gingen regelmäßig in konzertierten Aktionen gegen die Beklagte und ihre
Schwestergesellschaft in Arnsberg vor, die auf dieselbe Weise wie sie werbe. Wegen der hier beanstandeten Werbung seien gegen sie und ihre Schwestergesellschaft mindestens vier einstweilige Verfügungen beantragt und fünf Klagen erhoben worden.
Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben; es hat lediglich die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung und die Verurteilung zur Auskunftserteilung auf die konkrete Verletzungsform beschränkt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihre Klageanträge in dem vom Landgericht zugesprochenen Umfang weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die beanstandete Werbung unrichtig und damit im Sinne von § 3 UWG irreführend sei. Gleichwohl stehe der Klägerin kein Unterlassungsanspruch zu, weil die Werbung nicht geeignet sei, den Wettbewerb auf dem hier in Rede stehenden Markt wesentlich zu beeinflussen (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG). Der Streitfall zeichne sich dadurch aus, daß sowohl die Preisangabe als auch die Angabe über die Preisersparnis im Verhältnis zur Herstellerpreisempfehlung zutreffend seien. Lediglich der empfohlene Preis sei falsch angegeben. Es könnten daher nur die Kunden irregeführt werden, die den empfohlenen Preis für richtig, die angegebene Preisdifferenz dagegen für zu
niedrig hielten. Die verbleibende Gefahr der Irreführung sei derart gering, daß sie keine nennenswerten Auswirkungen auf die Kaufentscheidung der Kunden habe.
Auch wenn der Klägerin aus diesen Gründen kein Unterlassungsanspruch zustehe, könne ihr doch grundsätzlich ein Schaden entstanden sein, den ihr die Beklagte zu ersetzen habe. Die Klägerin habe es jedoch versäumt, detailliert darzulegen , in welcher Hinsicht sie trotz des minimalen Irreführungspotentials der in Rede stehenden Werbung geschädigt sei. Daher seien auch ein Schadensersatzanspruch sowie ein der Geltendmachung eines solchen Anspruchs dienender Auskunftsanspruch zu verneinen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben teilweise Erfolg. Sie führen hinsichtlich des Unterlassungsantrags zur Aufhebung und Zurückverweisung. Im übrigen ist die Revision nicht begründet.
1. Zum Unterlassungsantrag:

a) Die Revision rügt mit Erfolg, daß das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin aus § 3 UWG als unmittelbar betroffene Wettbewerberin nicht geprüft hat, sondern offenbar davon ausgegangen ist, die Sachbefugnis der Klägerin könne sich nur aus § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG ergeben. Den getroffenen Feststellungen sowie dem unstreitigen Parteivorbringen läßt sich indessen entnehmen, daß die Parteien auf dem relevanten räumlichen und sachlichen Markt im Wettbewerb zueinander stehen. Was den sachlichen Markt angeht, ergibt sich dies bereits daraus, daß die Parteien Waren gleicher Art anbieten. Hinsichtlich des räumlichen Marktes entspricht es der Lebenserfahrung, daß der Einzugsbereich von am Stadtrand angesiedelten Verbrauchermärkten der hier in Rede stehenden Art deutlich über die jeweiligen Stadtgrenzen hinausreicht. Im Hinblick auf die räumli-
che Nähe der beiden Standorte ist daher davon auszugehen, daß sich die Einzugsbereiche der beiden Märkte in Hagen-Hohenlimburg und Lüdenscheid jedenfalls teilweise überdecken. Diese Annahme wird dadurch bekräftigt, daß die im Streitfall beanstandete Anzeige, mit der die Beklagte und ihre Schwestergesellschaft für ihre Verkaufsstätten in Hagen-Hohenlimburg und Arnsberg werben, u.a. auch in den "Lüdenscheider Nachrichten" erschienen ist.
Ist die Klägerin somit eine konkrete Wettbewerberin der Beklagten, ergibt sich ihre Sachbefugnis unmittelbar aus der verletzten Norm, ohne daß es eines Rückgriffs auf § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG bedürfte. Als unmittelbar betroffener Mitbewerber ist grundsätzlich derjenige anzusehen, der zu dem Verletzer (oder dem von diesem Geförderten) in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Mit diesem im Gesetz nicht ausdrücklich genannten Erfordernis wird das u.a. in den §§ 1 und 3 UWG vorausgesetzte Tatbestandsmerkmal des Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs im Blick auf die Klagebefugnis umschrieben. An diesem schon bisher in der Rechtsprechung vertretenen Verständnis hat sich durch die UWGNovelle 1994 – wie der Senat in mehreren nach dem Erlaß des Berufungsurteils ergangenen Entscheidungen klargestellt hat – nichts geändert (vgl. BGH, Urt. v. 5.3.1998 – I ZR 229/95, GRUR 1998, 1039, 1040 = WRP 1998, 973 – Fotovergrößerungen ; Urt. v. 23.4.1998 – I ZR 2/96, GRUR 1999, 69, 70 = WRP 1998, 1065 – Preisvergleichsliste II; Urt. v. 22.4.1999 – I ZR 159/96, GRUR 1999, 1007 = WRP 1999, 915 – Vitalkost).

b) Die Abweisung der Klage mit dem Unterlassungsantrag erweist sich nicht aus anderen Gründen als zutreffend (§ 563 ZPO). Mit Recht sind Landgericht und Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die beanstandete Werbung nach § 3 UWG irreführend ist.
Die Beklagte hat eingeräumt, daß die in der beanstandeten Werbung angegebene Herstellerpreisempfehlung unrichtig, d.h. um 100 DM zu hoch, war. Die Revisionserwiderung stellt jedoch darauf ab, daß gerade der flüchtige Verbraucher den – gegenüber den anderen Angaben zurücktretenden – Vermerk über die Herstellerpreisempfehlung gar nicht bemerke und sich allein an dem zutreffend wiedergegebenen Preis von 444 DM und an der ebenfalls richtigen Preisdifferenz von 155 DM orientiere. Hierauf kommt es indessen nicht entscheidend an. Die Beklagte hat den fraglichen Hinweis in die Anzeige aufgenommen, um den von ihr geforderten Preis als besonders günstig darzustellen und dem Interessenten den Eindruck zu vermitteln, daß ihm mit dem angebotenen Gerät ein besonders günstiges Angebot unterbreitet wird. Sie hat sich von dieser Angabe einen Vorteil versprochen; hieran muß sie sich festhalten lassen. Für eine falsche Angabe zu einer solchen leicht nachprüfbaren, objektiven Tatsache gibt es keinen vernünftigen Grund. Sie mag auf einem Versehen beruhen und in Ausnahmefällen sogar vom Werbenden nicht verschuldet sein. Zu rechtfertigen ist sie dagegen nicht. Hierbei kommt es nicht maßgeblich darauf an, daß einerseits der flüchtige Verkehr – wie die Revisionserwiderung einwendet – diese Angabe überhaupt nicht wahrnimmt und daß andererseits besonders aufmerksame Leser die Widersprüchlichkeit der Preisangaben erkennen mögen. Denn es verbleibt ein nicht zu vernachlässigender Teil des Verkehrs, der die fragliche Angabe zur Kenntnis nimmt und – ohne die Unstimmigkeit zur angegebenen Preisdifferenz zu bemerken – davon ausgeht, daß das angebotene Gerät üblicherweise fast 700 DM kostet. Im Streitfall deutet zwar nichts darauf hin, daß die Beklagte absichtlich eine falsche Preisangabe in ihre Anzeige aufgenommen hat. Das Irreführungsverbot muß aber in der Lage sein, auch die durch nichts zu rechtfertigende, dreiste Lüge zu erfassen, selbst wenn sie sich im äußeren Erscheinungsbild von der irrtümlichen Falschangabe nicht unterscheidet.
Die Fehlvorstellung, der ein maßgeblicher Teil der Verbraucher unterliegt, ist für die Kaufentscheidung relevant. Dies bedarf im Hinblick auf die Bedeutung des Preises als Wettbewerbsparameter im Streitfall, in dem die Herstellerpreisempfehlung in Wirklichkeit um 100 DM niedriger ist als in der Anzeige angegeben, keiner weiteren Erörterung.

c) Der Senat ist nicht in der Lage, der Klage mit dem Unterlassungsantrag stattzugeben; denn die Sache ist noch nicht zur Entscheidung reif (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
Mit Recht weist die Revisionserwiderung darauf hin, daß sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht sich bislang nicht mit dem von der Beklagten erhobenen Einwand des Rechtsmißbrauchs auseinandergesetzt haben. Der Senat hat am 6. April 2000 in mehreren Verfahren, in denen andere Gesellschaften aus dem Saturn/Media-Markt-Konzern als Kläger aufgetreten waren, entschieden , daß die Klagebefugnis, die im Interesse einer effizienten Verfolgung von Wettbewerbsverstößen einer Vielzahl von Anspruchsberechtigten zusteht, nicht zur Verfolgung sachfremder Ziele, insbesondere nicht dazu mißbraucht werden darf, den Gegner durch möglichst hohe Prozeßkosten zu belasten. Anhaltspunkte für eine mißbräuchliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs können sich danach aus verschiedenen prozessualen Situationen ergeben: So stellt es einen Hinweis auf ein mißbräuchliches Vorgehen dar, wenn ein Anspruchsberechtigter ohne Not neben dem Verfahren der einstweiligen Verfügung gleichzeitig ein Hauptsacheverfahren anstrengt, ohne abzuwarten, ob die beantragte Verfügung erlassen wird und der Gegner diese als endgültige Regelung akzeptiert. Ein Mißbrauch kann ferner naheliegen, wenn konzernmäßig verbundene Unternehmen, die von demselben Rechtsanwalt vertreten werden, nicht gemeinsam klagen, sondern ohne vernünftigen Grund getrennte Verfahren anstren-
gen oder wenn mehrere für einen Verstoß verantwortliche Personen oder Gesellschaften jeweils gesondert in Anspruch genommen werden mit der Folge, daß sich die von der unterliegenden Partei zu tragenden Kosten nahezu verdoppeln (BGH, Urt. v. 6.4.2000 – I ZR 76/98, Umdruck S. 9 f. – Mißbräuchliche Mehrfachverfolgung, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; Urt. v. 6.4.2000 – I ZR 67/98, Umdruck S. 7 f. – Neu in Bielefeld I; Urt. v. 6.4.2000 – I ZR 114/98, Umdruck S. 8 f. – Neu in Bielefeld II).
Im Streitfall hat die Beklagte im einzelnen vorgetragen, daß sie und ihre mit ihr gemeinsam werbende Schwestergesellschaft in Arnsberg wegen der hier in Rede stehenden Werbung mehrfach in Anspruch genommen worden seien, und zwar nach von drei verschiedenen Konzernunternehmen ausgesprochenen zeitgleichen Abmahnungen durch mehrere Verfügungs- und mehrere Hauptsacheverfahren. Ob im Streitfall ein rechtsmißbräuchliches Verhalten i.S. von § 13 Abs. 5 UWG anzunehmen ist, kann aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen nicht beantwortet werden. So ist offen, ob die Klägerin des vorliegenden Verfahrens parallel zur Hauptsacheklage eine einstweilige Verfügung beantragt und ob sie gegebenenfalls – wie sie geltend macht – mit der Hauptsacheklage gewartet hat, bis deutlich war, daß die Beklagte die einstweilige Verfügung nicht als endgültige Regelung akzeptieren würde. Auch im übrigen wird die Klägerin im wiedereröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit haben, Gründe dafür anzuführen , weshalb sie und ihre Schwestergesellschaften in der von der Beklagten beschriebenen Weise vorgegangen sind.
Da der Rechtsmißbrauch nach § 13 Abs. 5 UWG zur Unzulässigkeit der Klage führt (vgl. BGH, Urt. v. 10.12.1998 – I ZR 141/96, GRUR 1999, 509, 510 = WRP 1999, 421 – Vorratslücken, m.w.N.), sind seine Voraussetzungen auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen. Die noch offenen tatsächlichen
Fragen werden jedoch zweckmäßigerweise (vgl. BGH, Urt. v. 19.5.1988 – I ZR 52/86, GRUR 1988, 918, 919 = WRP 1988, 662 – Wettbewerbsverein III; Urt. v. 30.4.1997 – I ZR 30/95, GRUR 1997, 934 = WRP 1997, 1179 – 50 % Sonder -AfA, m.w.N.) vom Berufungsgericht geklärt, an das die Sache insoweit zurückzuverweisen ist.
2. Zu den Schadensersatz- und Auskunftsanträgen:
Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht Schadensersatz- und Auskunftsansprüche der Klägerin verneint hat.
Für die Feststellung einer Schadensersatzpflicht fehlt es vorliegend an der erforderlichen Wahrscheinlichkeit eines Schadens. Grundsätzlich werden zwar in der Rechtsprechung insoweit keine hohen Anforderungen gestellt; es genügt, daß nach der Lebenserfahrung der Eintritt des Schadens in der Zukunft mit einiger Sicherheit zu erwarten ist (BGH, Urt. v. 19.11.1971 – I ZR 72/70, GRUR 1972, 180, 183 = WRP 1972, 309 – Chéri), ohne daß es hierfür einer hohen Wahrscheinlichkeit bedarf (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.1984 – I ZR 88/82, GRUR 1984, 741, 742 – PATENTED; Urt. v. 20.6.1991 – I ZR 277/89, GRUR 1992, 61, 63 = WRP 1991, 654 – Preisvergleichsliste I; BGHZ 130, 205, 220 f. – Feuer, Eis & Dynamit I). Das entbindet die Klägerin jedoch nicht von jeglicher Darlegung. Der Hinweis auf das Weihnachtsgeschäft, in dem ein Drittel der Jahresumsätze erzielt werde, genügt nicht. Vielmehr hätte es des Vortrags dazu bedurft, in welchem Umfang die Parteien dieselben Kunden ansprechen und in welcher Weise sich Werbeaktionen der Beklagten üblicherweise auf ihre Umsätze auswirken. Unabhängig davon, daß jede irreführende Angabe eines Wettbewerbers die Konkurrenten benachteiligt, ist bei dem hier in Rede stehenden Wettbewerbsverstoß ein kalkulierbarer Schaden von vornherein so fernliegend, daß es der näheren Darlegung der Umstände
bedurft hätte, die gleichwohl einen Schadenseintritt als wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. BGH, Urt. v. 6.4.2000 – I ZR 114/98, Umdruck S. 13 – Neu in Bielefeld II; Urt. v. 29.6.2000 – I ZR 29/98, Umdruck S. 20 f. – Filialleiterfehler).
Steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch nicht zu, entfällt auch der Anspruch auf Auskunftserteilung.
III. Danach ist die Revision zurückzuweisen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage mit den auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und auf Auskunftserteilung gerichteten Anträgen wendet. Hinsichtlich des Unterlassungsantrags ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision zu übertragen ist.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant RiBGH Raebel ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhindert. Erdmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 15/98 Verkündet am:
20. Dezember 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zeitlich versetzte Mehrfachverfolgung

a) In Fällen der mangelnden Vorratshaltung, in denen es zum einen um eine
überregional verbreitete Werbung und zum anderen um den Warenvorrat in einer
bestimmten Filiale geht, ist es nicht mißbräuchlich, wenn verschiedene zum
selben Konzern gehörende Mitbewerber den Werbenden in verschiedenen
Verfahren jeweils an dem Ort in Anspruch nehmen, an dem der mangelnde
Warenvorrat besteht.

b) Nehmen zwei vom selben Rechtsanwalt vertretene Konzernunternehmen einen
Mitbewerber wegen desselben Wettbewerbsverstoßes zeitlich versetzt
beim selben Gericht auf Unterlassung in Anspruch, kann nicht für die erste,
wohl aber für die zweite Klage von einer mißbräuchlichen Geltendmachung
ausgegangen werden, wenn sich der Kläger des zweiten Verfahrens dem ersten
Verfahren noch ohne weiteres hätte anschließen können. Dies ist in einem
frühen Verfahrensstadium, in dem der Gegner gerade erst seine Verteidigungsbereitschaft
angezeigt hat, der Fall.
BGH, Urt. v. 20. Dezember 2001 - I ZR 15/98 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 18. November 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung bestätigt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth, 3. Zivilkammer, vom 26. März 1997 weiter dahin abgeändert, daû die Klage insoweit als unzulässig abgewiesen wird. Die Kosten des ersten Rechtszuges hat die Klägerin zu 17/20, die Beklagte zu 3/20 zu tragen. Von den Kosten des zweiten Rechtszuges werden der Klägerin 5/6, der Beklagten 1/6 auferlegt. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu 9/10, die Beklagte zu 1/10 zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Beide Parteien betreiben den Einzelhandel mit Computern und Computerzubehör.
Die Klägerin hat ihren Sitz in Nürnberg; sie gehört zur Media-Markt/SaturnGruppe. Die Beklagte ist ein bundesweit tätiges Unternehmen, das in zahlreichen Städten – so auch in Nürnberg – Filialen unterhält.
Am 22. März 1996 warb die Beklagte mit einer Werbebeilage zu den “Nürnberger Nachrichten” und zur “Nürnberger Zeitung” mit dem Hinweis “AB HEUTE 10 UHR!” für ein Computergerät mit einer Taktfrequenz von 133 MHz zum Preis von 2.333 DM und für ein weiteres Computergerät mit einer Taktfrequenz von 75 oder 100 MHz zum Preis von 1.990 DM bzw. 2.090 DM. In der Fuûzeile befand sich jeweils folgender Hinweis:
“Aufgrund der Vielzahl der Waren ist nicht immer alles sofort verfügbar, wir bestellen sofort für Sie”
Die Klägerin hat diese Werbung als irreführend beanstandet. Sie hat behauptet , die beworbenen Computer hätten am Tag des Erscheinens der Werbung im Geschäftslokal der Beklagten in der Färberstraûe in Nürnberg nicht zur sofortigen Mitnahme zur Verfügung gestanden. Hierdurch sei der Verkehr in der Erwartung enttäuscht worden, er könne die herausgestellt beworbenen Computer sogleich mitnehmen.
Die Klägerin hat – soweit nach Nichtannahme eines Teils der Revision noch von Bedeutung – beantragt,
es der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Computergeräte hervorgehoben zu bewerben, soweit diese am Tag des Erscheinens der Werbung nicht zur sofortigen Mitnahme vorrätig sind.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat sich auf eine miûbräuchliche Rechtsverfolgung berufen und hierzu vorgetragen, die Klägerin und ihre ebenfalls zum Media-Markt/Saturn-Konzern gehörenden Schwesterunternehmen gingen entsprechend einer Konzernstrategie in einer Vielzahl von Verfahren mit den gleichen Anträgen und vertreten durch denselben Rechtsanwalt gegen die Beklagte vor. Im übrigen sei der erhobene Vorwurf auch in der Sache unbegründet; die beanstandete Werbung sei nicht irreführend.
Das Landgericht hat der Klage mit dem Unterlassungsantrag stattgegeben. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil insoweit bestätigt.
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Akten zu der am 5. April 2001 nicht zur Entscheidung angenommenen Revisionssache I ZR 13/98 (OLG Nürnberg 3 U 1469/97 = LG Nürnberg-Fürth 3 O 4058/96) waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Unterlassungsklage für zulässig und begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Der von der Beklagten erhobene Miûbrauchseinwand greife im Streitfall nicht durch. Zwar stimmten die einzelnen Konzernunternehmen des MediaMarkt /Saturn-Konzerns ihr Verhalten gegenüber Mitbewerbern ab und koordinierten es über eine Anwaltskanzlei. So seien auch im vorliegenden Fall neben der Klägerin noch andere Konzernunternehmen wegen der beanstandeten Werbung gegen die Beklagte vorgegangen. Die Irreführung über den Warenvorrat zeichne sich aber durch einen zweigliedrigen Tatbestand aus, der einerseits eine entsprechende Werbung und andererseits eine bestimmte Situation in einer der Filialen der Beklagten voraussetze. Dieselbe Werbeaussage könne daher bezogen auf bestimmte Filialen der Beklagten wahr und bezogen auf andere irreführend sein. Es sei ungewiû, ob ein anderes Konzernunternehmen, das ein Verbot der beanstandeten Werbung erwirkt habe, bereit sei, einen Verstoû auûerhalb seines eigenen Geschäftsbereichs als Zuwiderhandlung gegen den Titel zu verfolgen. Der Klägerin sei daher ein Interesse an einem eigenem Unterlassungstitel nicht abzusprechen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Annahme der Revision zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage als unzulässig. Der Einwand des Rechtsmiûbrauchs greift im Streitfall durch.
1. Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, daû darin ein Indiz für ein rechtsmiûbräuchliches Vorgehen liegen kann, daû mehrere Konzernunternehmen, die ihr prozessuales Vorgehen gegen Mitbewerber untereinander abstimmen und über denselben Rechtsanwalt koordinieren, jeweils getrennt voneinander parallele Unterlassungsklagen wegen ein und desselben Wettbewerbsverstoûes erheben (vgl. BGHZ 144, 165, 171 ± Miûbräuchliche Mehrfachverfolgung; BGH, Urt. v. 6.4.2000 ± I ZR 67/98, GRUR 2001, 82, 83 =
WRP 2000, 1263 ± Neu in Bielefeld I; Urt. v. 6.4.2000 ± I ZR 114/98, GRUR 2001, 84 = WRP 2000, 1266 ± Neu in Bielefeld II; Urt. v. 24.5.2000 ± I ZR 222/97, GRUR 2001, 78, 79 = WRP 2000, 1402 ± Falsche Herstellerpreisempfehlung). Wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, werden durch eine Abstimmung des prozessualen Vorgehens von Konzernunternehmen und durch eine zentrale Koordinierung der Rechtsverfolgung gesteigerte Rücksichtnahmepflichten ausgelöst. Bedienen sich Konzernunternehmen ± wie dies nach den unbeanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts im Streitfall geschieht ± eines Rechtsanwalts, der die Verfolgung von Wettbewerbsverstöûen auf der Grundlage der bei ihm zusammenflieûenden Informationen koordiniert, so obliegt es grundsätzlich den Konzernunternehmen, die daraus erwachsenden Möglichkeiten zu einer ± den Gegner weniger belastenden ± Verfahrenskonzentration zu nutzen und ihr Vorgehen für den Beklagten schonender zu gestalten. Auch Konzernunternehmen, die in verschiedenen Städten ansässig sind, sind danach in der Regel gehalten, unnötige Parallelprozesse zu verhindern, indem sie sich beispielsweise darauf verständigen , nur durch ein Konzernunternehmen vorzugehen, die Muttergesellschaft zur Klage als Prozeûstandschafterin zu ermächtigen oder ± wenn jedes Konzernunternehmen einen eigenen Titel erwirken möchte ± gemeinsam am Sitz des Beklagten zu klagen.
2. Dem Berufungsgericht ist auch insoweit zuzustimmen, als der Streitfall Besonderheiten aufweist, die ein getrenntes Vorgehen mehrerer Konzernunternehmen an verschiedenen Orten als gerechtfertigt erscheinen lassen können. Denn immer dann, wenn die Klägerin und ihre Konzernschwestern eine Werbung wegen mangelnder Verfügbarkeit der beworbenen Waren als irreführend beanstanden und einen unzureichenden Warenvorrat in verschiedenen Filialen der Beklagten behaupten, geht es ± anders als in den Sachverhalten, die den Senatsentscheidungen vom 6. April 2000 zugrunde lagen ± nicht um die Verfolgung
desselben (identischen) Wettbewerbsverstoûes, sondern lediglich um gleichartige , ähnliche Verstöûe.
Ob die Mehrfachverfolgung gleichartiger oder ähnlich gelagerter Wettbewerbsverstöûe nach denselben Maûstäben zu beurteilen ist wie ein gleichzeitiges oder sukzessives Vorgehen mehrerer Kläger gegen ein und denselben Verstoû, hat der Senat bislang offengelassen (vgl. BGHZ 144, 165, 176 ± Miûbräuchliche Mehrfachverfolgung). Die Frage bedarf auch im Streitfall keiner abschlieûenden Klärung. Jedenfalls kann für die Fälle der hier in Rede stehenden Art, die sich durch einen zweigliedrigen Streitgegenstand (Zeitungswerbung, tatsächliche Vorratsmenge in der jeweiligen Filiale) auszeichnen, nicht von einem miûbräuchlichen Vorgehen ausgegangen werden, wenn verschiedene Konzernunternehmen das werbende Unternehmen an verschiedenen Standorten in Anspruch nehmen, ohne ihr prozessuales Vorgehen zu bündeln.
Bei dieser Fallkonstellation hat grundsätzlich jedes Konzernunternehmen ein berechtigtes Interesse daran, den Wettbewerber jeweils an dem Ort, an dem dieser eine Filiale mit unzureichendem Warenvorrat betreibt, in Anspruch zu nehmen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, liegt dies darin begründet , daû sich derartige Wettbewerbsverstöûe ± auch wenn ihnen eine überregional verbreitete Werbung zugrunde liegt ± nicht einheitlich feststellen lassen. Denn die Annahme einer Irreführung über den Warenvorrat setzt eine doppelte Prüfung voraus: Zum einen sind die durch die Werbung ausgelösten Verkehrserwartungen , zum anderen die tatsächlichen Verhältnisse in einer bestimmten Filiale festzustellen. Dieselbe überregional verbreitete Werbeaussage kann daher hinsichtlich bestimmter Filialen zutreffend und hinsichtlich anderer irreführend sein. Deshalb sind derartige Fälle für ein gebündeltes Vorgehen ± etwa am Gerichtsstand des Beklagten ± in aller Regel nicht geeignet, weil für alle Klagen be-
deutsame Tatsachenfeststellungen nur hinsichtlich der einheitlich zugrundezulegenden Werbung, nicht aber hinsichtlich der Verhältnisse in der jeweiligen Filiale getroffen werden können. Wird in einem solchen Fall der Prozeû nicht am Ort der jeweiligen Filiale geführt, würde die Aufklärung des Sachverhalts unter Umständen dadurch erschwert, daû Zeugen oder Wissensvertreter (§ 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO) anreisen müûten. In Fällen dieser Art ist damit ein vernünftiger Grund für ein getrenntes Vorgehen gegeben, der den Vorwurf des miûbräuchlichen Verhaltens im allgemeinen ausschlieût (BGHZ 144, 165, 170 ± Miûbräuchliche Mehrfachverfolgung

).


3. Auf die Besonderheiten, die in Fällen unzureichender Vorratshaltung häufig ein getrenntes Vorgehen als gerechtfertigt erscheinen lassen, kann sich indessen die Klägerin nicht berufen, weil es im Streitfall um die Verfolgung ein und desselben Verstoûes durch mehrere Konzernunternehmen geht. Im vorliegenden Verfahren geht der Vorwurf der Klägerin dahin, daû die Beklagte am 22. März 1996 in ihrer Filiale in der Färberstraûe in Nürnberg einen unzureichenden Warenvorrat vorgehalten habe. Genau dieser Vorwurf ist in einem getrennten Verfahren von einer Konzernschwester der Klägerin, der Saturn Electro Handelsgesellschaft mbH Nürnberg (im folgenden Saturn Nürnberg), erhoben worden. Diesem Umstand hat das Berufungsgericht nicht die erforderliche Beachtung geschenkt.
Da die Frage des Rechtsmiûbrauchs die Zulässigkeit der Klage betrifft (vgl. BGH, Urt. v. 10.12.1998 ± I ZR 141/96, GRUR 1999, 509, 510 = WRP 1999, 421 ± Vorratslücken; BGH GRUR 2001, 78, 79 ± Falsche Herstellerpreisempfehlung), kann der Senat die in diesem Zusammenhang erforderlichen Feststellungen selbst treffen. Dies ist im Streitfall auch zweckmäûig, weil es für die Beurteilung des Miûbrauchseinwands nur noch der Klärung einiger weniger den zeitlichen
Zusammenhang der beiden Klagen betreffender Daten bedarf, die sich dem Inhalt der zu Informationszwecken herangezogenen Parallelakten (I ZR 13/98) unschwer entnehmen lassen, und sich hierdurch eine Zurückverweisung zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht erübrigt.
Anders als in den Fällen, die den Senatsentscheidungen vom 6. April 2000 zugrunde lagen, sind hier die Klagen allerdings nicht zeitgleich, sondern zeitversetzt erhoben worden. Während Saturn Nürnberg die Klage in der Parallelsache am 29. April 1996 eingereicht hat, ist die vorliegende Klage erst am 20. Mai 1996 bei Gericht eingegangen. Angesichts der zwischen der Klageeinreichung in beiden Verfahren liegenden Zeitspanne von drei Wochen kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daû dem das prozessuale Vorgehen der Konzernunternehmen koordinierenden Rechtsanwalt St. zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage am 29. April 1996 bereits der Klageauftrag der Klägerin vorlag. Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, daû die beiden Klagen der Nürnberger Konzernunternehmen von vornherein hätten gemeinsam eingereicht werden können. Aus diesem Grunde konnte die Beklagte in dem Parallelverfahren mit dem Vorwurf des Rechtsmiûbrauchs nicht durchdringen (vgl. Nichtannahmebeschluû v. 5.4.2001 im Verfahren I ZR 13/98).
Im Hinblick auf die bereits anhängige Klage eines ebenfalls in Nürnberg ansässigen Konzernunternehmens stellte sich allerdings für die Klägerin die Frage, ob es überhaupt noch einer Klageerhebung durch sie bedurfte. Denn die Klägerin konnte sich im Hinblick auf die Koordinierung des Vorgehens darauf verlassen, daû die Konzernschwester Saturn Nürnberg den zu erstreitenden Unterlassungstitel auch durchsetzen würde, so daû für einen zweiten von der Klägerin zu erwirkenden Titel an sich keinerlei Notwendigkeit bestand. Wollte indessen die Klägerin auf einen eigenen Titel nicht verzichten, dann hätte dies auf kostengün-
stige Weise durch eine Klageerweiterung erreicht werden können. Nachdem der Beklagten die Klage der Konzernschwester Saturn Nürnberg im Parallelverfahren gerade erst zugestellt und ihre Verteidigungsanzeige gerade erst eingegangen war, brauchte die Klägerin auch nicht zu befürchten, daû die Klageerweiterung nicht als sachdienlich zugelassen worden wäre. Dies gilt um so mehr, als vor dem Landgericht ± worauf die Revision mit Recht hinweist ± ohnehin eine gemeinsame Beweisaufnahme durch Vernehmung der in beiden Verfahren gleichermaûen benannten Testkäufer als Zeugen stattgefunden hat. Daû die Klägerin ± ohne daû hierfür ein vernünftiger Grund ersichtlich wäre ± statt dessen in einem zweiten Hauptsacheverfahren vorgegangen ist, läût den Schluû auf ein miûbräuchliches Verhalten zu.
III. Das angefochtene Urteil ist danach insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung bestätigt hat. In diesem Umfang ist die Klage als unzulässig abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1 und § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 215/98 Verkündet am:
20. Dezember 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Scanner-Werbung

a) § 3 UWG schützt auch den flüchtigen Verbraucher, wenn es sich um eine
Werbung handelt, die der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige
Verbraucher üblicherweise mit diesem Grad der Aufmerksamkeit
wahrnimmt.

b) Eine Werbebehauptung, die in einem zentralen Punkt objektiv unrichtig ist
(hier: Abbildung eines ohne weiteres erkennbaren, zweieinhalb mal so teuren
Scanners des Marktführers statt des angebotenen Geräts), ist als irreführend
zu beanstanden, auch wenn ein erheblicher Teil des Verkehrs nicht getäuscht
wird, weil er mangels Marktkenntnis die Geräte nicht unterscheiden kann oder
wegen besonders guter Marktkenntnis die Unrichtigkeit sofort erkennt.

c) Zur mißbräuchlichen Geltendmachung des wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs.
BGH, Urt. v. 20. Dezember 2001 - I ZR 215/98 - OLG München
LG Passau
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. Juni 1998 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht Passau vom 20. November 1997 wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Feststellung der Schadensersatzpflicht und die Verurteilung zur Auskunftserteilung wendet.
Im übrigen wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Beide Parteien betreiben den Einzelhandel mit Computern und Computerzubehör. Die Klägerin hat ihren Sitz in Passau; sie gehört zur Media-Markt/Saturn-
Gruppe. Die Beklagte ist ein bundesweit tätiges Unternehmen, das in zahlreichen Orten, darunter auch in Passau, Filialen unterhält.
Im Februar 1997 warb die Beklagte in einer – nachstehend im Ausschnitt wiedergegebenen – Beilage zur örtlichen Tagespresse für einen Flachbettscanner der Marke Mustek zum Preis von 399 DM:

Die Abbildung zeigt nicht den beworbenen Mustek-Scanner, sondern einen Flachbettscanner der Marke Hewlett Packard. Der abgebildete Scanner von Hewlett Packard kostete zum Zeitpunkt des Erscheinens der Werbung im Einzelhandel rund 1.000 DM.
Die Klägerin hat diese Werbung als irreführend beanstandet. Sie hat geltend gemacht, die Beklagte erwecke mit der Abbildung eines höherwertigen Scanners beim angesprochenen Verkehr den Eindruck eines Leistungsangebots, das dem tatsächlichen Angebot nicht entspreche. Der Verkehr gehe aufgrund der Werbung
davon aus, einen Scanner von Hewlett Packard zum Preis von 399 DM erwerben zu können.
Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch genommen und beantragt, ihre Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz festzustellen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat eine mißbräuchliche Rechtsverfolgung der Klägerin eingewandt. Hierzu hat sie vorgetragen, die Klägerin und ihre ebenfalls zum Media-Markt/Saturn-Konzern gehörenden Schwesterunternehmen gingen in einer Vielzahl von Verfügungs- und Klageverfahren mit den gleichen Anträgen und vertreten durch denselben Rechtsanwalt gegen die Beklagte vor. Ziel der Klägerin und ihrer konzerngesteuerten Schwestergesellschaften sei es, Mitbewerber durch die Vielzahl von Prozessen zu behindern und dabei Wettbewerbsverstöße zu provozieren.
Eine Irreführung hat die Beklagte in Abrede gestellt. Sie hat vorgetragen, der abgebildete Scanner sei nicht als ein bestimmtes Fabrikat identifizierbar, so daß der interessierte Kunde das Auseinanderfallen von Text und Abbildung gar nicht erkenne.
Das Landgericht hat
1. es der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Wirtschaftsraum Passau in der Werbung für Computerartikel bei Illustrationen zum Werbetext höherwertige Geräte abzubilden; 2. festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser seit dem 20. Februar 1997 durch
die unter Ziffer 1 beschriebene Wettbewerbshandlung entstanden ist oder künftig noch entsteht; 3. die Beklagte verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wo, wann und wie oft sie seit dem 20. Februar 1997 bis zum 30. Oktober 1997 in der unter Ziffer 1 beanstandeten Form geworben hat, wobei die Auskunft nach Werbeträgern, Auflage der Werbeträger und Kalendervierteljahren aufzuschlüsseln ist.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


l. Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der (Unterlassungs-)Klage unterstellt und die Anträge auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung als unbegründet abgewiesen. Hierzu hat es ausgeführt:
Eine Irreführung darüber, daû der abgebildete Scanner von Hewlett Packard statt für annähernd 1.000 DM für 399 DM erworben werden könne, setze voraus, daû die angesprochenen Verkehrskreise mit dem optischen Erscheinungsbild des Scanners von Hewlett Packard so weitgehend vertraut seien, daû sie den Scanner aus der Abbildung ohne Vergleichsmöglichkeit unschwer als solchen identifizierten. Ohne eine genauere Sachkunde sei ein Betrachter aber nicht in der Lage, das Fabrikat des Geräts oder den Preisunterschied zu dem beworbenen Scanner
von Mustek zu erkennen. Angesichts der vergleichsweise geringen Unterschiede im Design sowie des kaum wahrnehmbaren Firmen-Logos sei kein relevanter Teil der angesprochenen Verkehrskreise in der Lage zu erkennen, daû der abgebildete Scanner nicht zum Text passe und es sich um ein Gerät handele, das einer höheren Preiskategorie angehöre. Auch fachkundige Interessenten würden nicht irregeführt, da diese in Anbetracht des Preises und der herausgehobenen Bezeichnung “Mustek Flachbettscanner Color” nicht erwarteten, den abgebildeten Scanner der Marke Hewlett Packard zum Preis von 399 DM erwerben zu können.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie teilweise ± hinsichtlich des Unterlassungsantrags ± zur Zurückverweisung und teilweise ± hinsichtlich der Feststellungs- und Auskunftsanträge ± zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
1. Mit Erfolg rügt die Revision, daû das Berufungsgericht im Streitfall eine irreführende Werbung nach § 3 UWG verneint hat.

a) Die Annahme des Berufungsgerichts, durch die bildliche Wiedergabe eines erheblich teureren Scanners werde kein relevanter Teil des Verkehrs irregeführt , widerspricht der Lebenserfahrung. Es hätte sich, zumal seine Mitglieder nicht über genauere Sachkenntnisse verfügen, nicht über die ausführlichen, ersichtlich von einer interessierten und aufgeschlossenen Haltung gegenüber technischen Geräten der vorliegenden Art getragenen Feststellungen des Landgerichts hinwegsetzen dürfen.
Das Berufungsgericht hat zwar eingeräumt, der fragliche Werbeprospekt richte sich vor allem an Verbraucher, die mit Computerartikeln vertraut seien und
über ein gewisses Fachwissen verfügten, hat aber letztlich doch rechtsfehlerhaft auf den Teil des Verkehrs abgestellt, der ± wie die Mitglieder des Senats des Berufungsgerichts ± über keine näheren Marktkenntnisse verfügt und daher nicht in der Lage ist, den abgebildeten Scanner, bei dem es sich um das zweieinhalbmal so teure Modell des Marktführers Hewlett Packard handelt, wiederzuerkennen. Es hat dem den besonders vertrauten Betrachter gegenübergestellt, der den Widerspruch zwar sofort erkennt, aus dem Preis von 399 DM aber ohne weiteres schlieût, daû sich das Angebot nur auf den preisgünstigen Mustek-Scanner beziehen könne.
Das Berufungsgericht hat dabei erfahrungswidrig den für die Werbung der Beklagten besonders wichtigen Teil des Verkehrs auûer acht gelassen, der ± ohne Fachmann zu sein ± schon einmal einen Scanner erworben hat oder sich mit dem Gedanken eines solchen Erwerbs trägt und deswegen den verschiedenen auf dem Markt befindlichen Geräten mit genauerem Blick begegnet. Diese Verkehrskreise werden das in der beanstandeten Werbung der Beklagten abgebildete hochpreisige Gerät wiedererkennen, zumal es über charakteristische Gestaltungsmerkmale verfügt. Hervorzuheben sind in dieser Hinsicht die lamellenförmig ausgebildeten Seitenwangen, wobei diese Lamellen an der Vorderseite ± um die Bedienung des Deckels zu erleichtern ± in einer konkav geschwungenen Einbuchtung zurücktreten, sowie die groûen runden, deutlich sichtbaren Standfüûe. Diese Merkmale lassen sich nicht zuletzt der Gegenüberstellung der beiden Geräte entnehmen, auf die sich das Berufungsgericht für seine gegenteilige Annahme ausdrücklich beruft.
Bei Verbrauchern, die das abgebildete Gerät wiedererkennen, liegt auch die Gefahr einer Irreführung nahe. Zwar wird ein Teil dieser Verbraucher die Widersprüchlichkeit der Werbeangaben erkennen und annehmen, daû ein anderes als
das angebotene Gerät abgebildet ist. Andere Verbraucher werden jedoch mit den Marken nicht vertraut sein und meinen, das häufig anzutreffende Gerät des Marktführers sei hier zum Preis von 399 DM zu haben. Wieder andere Verbraucher mögen mit der Werbung die Vorstellung verbinden, unter der Marke Mustek werde ein baugleiches Modell wie das des Marktführers Hewlett Packard angeboten. Schlieûlich wird auch der Teil der Verbraucher irregeführt, der an die flüchtige Betrachtung der ± objektiv falschen ± Werbung die Assoziation besonders günstiger Preise knüpft. Wie der Senat bereits entschieden hat, schützt § 3 UWG auch den flüchtigen Verbraucher, wenn es sich ± wie bei dem hier in Rede stehenden Werbeprospekt ± um eine Werbung handelt, die der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher mit diesem Grad der Aufmerksamkeit wahrnimmt (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 ± l ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 ± Orient-Teppichmuster; Urt. v. 19.4.2001 ± I ZR 46/99, GRUR 2002, 81, 83 = WRP 2002, 81 ± Anwalts- und Steuerkanzlei; Urt. v. 7.6.2001 ± I ZR 81/98, BGH-Rep. 2002, 76, 77 f. ± Für’n Appel und n’Ei).
Wird auf der einen Seite im Rahmen des § 3 UWG ± wie es geboten ist ± das Bild eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers zugrunde gelegt, muû auf der anderen Seite doch gewährleistet sein, daû das Irreführungsverbot seine ureigenste Aufgabe zu erfüllen imstande ist, den Einsatz der Unwahrheit in der Werbung zu verhindern. Im Streitfall hat die Beklagte die Abbildung eines Scanners in die Anzeige aufgenommen, um den Eindruck zu vermitteln, das abgebildete Gerät könne zu dem angegebenen Preis von 399 DM erworben werden. Sie hat sich von dieser Angabe einen Vorteil versprochen ; hieran muû sie sich festhalten lassen. Ein vernünftiger Grund, weswegen der Beklagten die Werbung mit einer eindeutig falschen Angabe gestattet werden sollte, ist nicht ersichtlich. Auch wenn die Verwendung der falschen Abbildung in ihrer Werbung für den Mustek-Scanner auf einem Versehen beruhen
würde ± wofür im Streitfall nichts ersichtlich ist ±, läût sich ein derartiger Fall in der Praxis nicht von dem gezielten Einsatz der Unwahrheit in der Werbung unterscheiden. Das Irreführungsverbot muû in der Lage sein, auch die durch nichts zu rechtfertigende dreiste Lüge zu erfassen, selbst wenn sie sich im äuûeren Erscheinungsbild von der irrtümlichen Falschangabe nicht unterscheidet (vgl. BGH, Urt. v. 24.5.2000 ± I ZR 222/97, GRUR 2001, 78, 79 = WRP 2000, 1402 ± Falsche Herstellerpreisempfehlung).

b) Die Fehlvorstellung, der ein maûgeblicher Teil der Verbraucher unterliegt , ist wettbewerbsrechtlich relevant. Der niedrige Preis, der angeblich für das abgebildete Gerät gilt, kann die Kaufentscheidung der Verbraucher beeinflussen. Die vermeintliche Günstigkeit des Angebots fordert zu einer näheren Befassung mit dem Angebot der Beklagten heraus und ist geeignet, auch Interessenten, die das Angebot der Beklagten ohne eine Abbildung des höherwertigen Scanners der Marke Hewlett Packard nicht besonders beachtet hätten, in ihr Geschäftslokal zu locken.
2. Hinsichtlich des Unterlassungsantrags ist der Senat auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht zu einer abschlieûenden Entscheidung in der Lage. Mit Recht weist die Revisionserwiderung darauf hin, daû sich das Berufungsgericht bislang nicht hinreichend mit dem von der Beklagten erhobenen Einwand des Rechtsmiûbrauchs auseinandergesetzt habe.

a) Der Bundesgerichtshof hat nach Verkündung des angefochtenen Urteils in mehreren Verfahren, in denen andere Gesellschaften aus dem MediaMarkt /Saturn-Konzern als Klägerinnen aufgetreten waren, betont, daû die Klagebefugnis , die im Interesse einer effizienten Rechtsverfolgung einer Vielzahl von
Anspruchsberechtigten zusteht, nicht zur Verfolgung sachfremder Ziele und insbesondere nicht dazu miûbraucht werden darf, den Gegner durch möglichst hohe Prozeûkosten zu belasten. Anhaltspunkte für eine nach § 13 Abs. 5 UWG miûbräuchliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs können sich aus verschiedenen prozessualen Situationen ergeben: So ist ein Hinweis auf ein miûbräuchliches Vorgehen darin zu sehen, daû ein Anspruchsberechtigter ohne Not neben dem Verfahren der einstweiligen Verfügung gleichzeitig ein Hauptsacheverfahren anstrengt, ohne abzuwarten, ob die beantragte Verfügung erlassen und vom Gegner als endgültige Regelung akzeptiert wird. Ein Miûbrauch kann ferner naheliegen, wenn konzernmäûig verbundene Unternehmen, die von demselben Rechtsanwalt vertreten werden, die naheliegende Möglichkeit eines streitgenössischen Vorgehens nicht nutzen, sondern ohne vernünftigen Grund getrennte Verfahren anstrengen oder wenn mehrere für einen Verstoû verantwortliche Personen oder Gesellschaften jeweils gesondert in Anspruch genommen werden mit der Folge, daû sich die von der unterliegenden Partei zu tragenden Kosten nahezu verdoppeln (BGHZ 144, 165, 171 ± Miûbräuchliche Mehrfachverfolgung; BGH, Urt. v. 6.4.2000 ± I ZR 67/98, GRUR 2001, 82, 83 = WRP 2000, 1263 ± Neu in Bielefeld I; Urt. v. 6.4.2000 ± I ZR 114/98, GRUR 2001, 84 = WRP 2000, 1266 ± Neu in Bielefeld II; GRUR 2001, 78, 79 ± Falsche Herstellerpreisempfehlung).
Werden mehrere Konzernunternehmen nicht nur zufällig von demselben Rechtsanwalt vertreten, sondern übernimmt dieser nach entsprechender Weisung der Konzernmutter auf der Grundlage der bei ihm zusammenflieûenden Informationen auch die zentrale Koordinierung der Rechtsverfolgungsmaûnahmen, müssen die sich aus der zentralen Steuerung ergebenden Koordinierungsmöglichkeiten auch mit dem Ziel eines für den Gegner schonenderen Vorgehens ausgeschöpft werden. Ein miûbräuchliches Verhalten ist in einem solchen Fall nicht erst dann zu bejahen, wenn sich aufdrängende Möglichkeiten eines schonenderen
Vorgehens nicht genutzt werden ± etwa weil zwei Konzernunternehmen beim selben Gericht zur gleichen Zeit wegen desselben Verstoûes in getrennten Verfahren vorgehen. Vielmehr müssen im Falle einer koordinierten Rechtsverfolgung auch weitergehende Koordinierungsmöglichkeiten genutzt werden. So sind unter dieser Voraussetzung Konzernunternehmen, die in verschiedenen Städten ansässig sind, gehalten, unnötige Parallelprozesse dadurch zu verhindern, daû sie sich beispielsweise auf ein gemeinsames Vorgehen am Sitz des Beklagten verständigen oder die Muttergesellschaft zur Klage als Prozeûstandschafterin ermächtigen.
Unabhängig davon kann sich ein Miûbrauch bereits aus der gleichzeitigen Abmahnung eines Schuldners durch mehrere Konzernunternehmen ergeben. Denn der Tatbestand des § 13 Abs. 5 UWG bezieht sich nicht nur auf den Miûbrauch durch die gerichtliche, sondern auch auf den Miûbrauch durch die auûergerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs. Ist bereits die auûergerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs rechtsmiûbräuchlich, kann der fragliche Anspruch auch gerichtlich nicht mehr geltend gemacht werden.

b) Im Streitfall verweist die Revisionserwiderung auf den Vortrag der Beklagten , dem zufolge die Klägerin und ihre an verschiedenen Orten ansässigen Schwestergesellschaften die Beklagte wegen der hier in Rede stehenden Werbung nach zeitgleichen Abmahnungen in insgesamt acht Fällen isoliert und in vierzehn weiteren Fällen im Zusammenhang mit der Verfolgung einer anderen Werbemaûnahme gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen hätten. Entsprechende Feststellungen hierzu sowie zu einer möglichen zentralen Koordinierung der Rechtsverfolgung auf seiten der Klägerin sind aber bislang nicht getroffen.
Der Einwand des Rechtsmiûbrauchs betrifft die Zulässigkeit der Unterlassungsklage (BGH, Urt. v. 10.12.1998 ± I ZR 141/96, GRUR 1999, 509 = WRP 1999, 421 ± Vorratslücken). Seine Voraussetzungen sind daher auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen. Im Streitfall sind die noch offenen tatsächlichen Fragen jedoch zweckmäûigerweise vom Berufungsgericht zu klären (vgl. BGH GRUR 2001, 78, 79 ± Falsche Herstellerpreisempfehlung).
3. Hinsichtlich der Schadensersatz- und Auskunftsanträge führt die Revision zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

a) Die für die Feststellung einer Schadensersatzpflicht erforderliche Wahrscheinlichkeit eines Schadens hat das Landgericht ohne Rechtsfehler bejaht. Hierfür ist erforderlich, aber auch ausreichend, daû nach der Lebenserfahrung ein Schaden mit einiger Sicherheit zu erwarten ist (vgl. BGH GRUR 2001, 78, 79 ± Falsche Herstellerpreisempfehlung; BGH, Urt. v. 29.6.2000 ± l ZR 29/98, GRUR 2000, 907, 911 = WRP 2000, 1258 ± Filialleiterfehler). Dies kann in Fällen der Irreführung zwar nicht generell angenommen werden. Im Streitfall geht jedoch von der beanstandeten Werbung eine starke Anlockwirkung aus. Sie bezieht ihre Anziehungskraft daraus, daû ein hochwertiges Gerät scheinbar zu einem ungewöhnlich niedrigen, aus der Sicht der irregeführten Verbraucher nicht wiederkehrenden Preis angeboten wird. Unter diesen Umständen sind Auswirkungen auf die Absatzgeschäfte der Klägerin als hinreichend wahrscheinlich anzusehen (vgl. für den Fall einer unzulässigen Sonderveranstaltung BGH GRUR 2001, 84, 85 ± Neu in Bielefeld II).

b) Das Auskunftsbegehren ist als Hilfsanspruch zur Vorbereitung der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach §§ 3, 13 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1 UWG gerechtfertigt.
III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Klägerin aufzuheben. Die gegen das Urteil des Landgerichts gerichtete Berufung ist zurückzuweisen , soweit sie sich gegen die Feststellung der Schadensersatzpflicht und gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung wendet. Hinsichtlich des Unterlassungsantrags ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision zu übertragen ist.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

(1) Die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten sollen den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen.

(2) In der Abmahnung muss klar und verständlich angegeben werden:

1.
Name oder Firma des Abmahnenden sowie im Fall einer Vertretung zusätzlich Name oder Firma des Vertreters,
2.
die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung nach § 8 Absatz 3,
3.
ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch geltend gemacht wird und wie sich dieser berechnet,
4.
die Rechtsverletzung unter Angabe der tatsächlichen Umstände,
5.
in den Fällen des Absatzes 4, dass der Anspruch auf Aufwendungsersatz ausgeschlossen ist.

(3) Soweit die Abmahnung berechtigt ist und den Anforderungen des Absatzes 2 entspricht, kann der Abmahnende vom Abgemahnten Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen.

(4) Der Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nach Absatz 3 ist für Anspruchsberechtigte nach § 8 Absatz 3 Nummer 1 ausgeschlossen bei

1.
im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten oder
2.
sonstigen Verstößen gegen die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) und das Bundesdatenschutzgesetz durch Unternehmen sowie gewerblich tätige Vereine, sofern sie in der Regel weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen.

(5) Soweit die Abmahnung unberechtigt ist oder nicht den Anforderungen des Absatzes 2 entspricht oder soweit entgegen Absatz 4 ein Anspruch auf Aufwendungsersatz geltend gemacht wird, hat der Abgemahnte gegen den Abmahnenden einen Anspruch auf Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen. Der Anspruch nach Satz 1 ist beschränkt auf die Höhe des Aufwendungsersatzanspruchs, die der Abmahnende geltend macht. Bei einer unberechtigten Abmahnung ist der Anspruch nach Satz 1 ausgeschlossen, wenn die fehlende Berechtigung der Abmahnung für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar war. Weitergehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 15/98 Verkündet am:
14. März 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
------------------------------------
Zahnersatz aus Manila
GWB §§ 14, 20 Abs. 1; SGB V § 30 Abs. 1 (F: 1.1.2000)

a) Im Rahmen der Frage der Normadressateneigenschaft kommt als Nachfrager
in erster Linie das Unternehmen in Betracht, das die Auswahl zwischen
mehreren Anbietern trifft.

b) In der Empfehlung eines Verbandes von – zur Sachleistung gegenüber
dem Versicherten verpflichteten – Ersatzkassen, verstärkt bestimmte
zahntechnische Betriebe zu beauftragen, die den Zahnersatz kostengünstig
aus dem Ausland beziehen, liegt keine unbillige Behinderung der inländischen
zahntechnischen Betriebe.

c) Eine zur Sachleistung verpflichtete Krankenkasse verstößt nicht dadurch
gegen das Preisbindungsverbot, daß sie mit Leistungserbringern, bei denen
die Versicherten eine bestimmte Leistung nachfragen, Rahmenvereinbarungen
trifft, nach denen die Leistungserbringer einen bestimmten Abschlag
von den möglichen Höchstpreisen zu gewähren haben.
BGH, Urteil vom 14. März 2000 – KZR 15/98 – OLG München
LG Nürnberg-Fürth
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. März 2000 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofes Geiß
und die Richter Dr. Melullis, Prof. Dr. Goette, Ball und Prof. Dr. Bornkamm

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. April 1998 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg -Fürth, 4. Kammer für Handelssachen, vom 14. November 1997 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist die Innung des Zahntechniker-Handwerks N. . Ihr gehören über 400 zahntechnische Betriebe als ordentliche Mitglieder an. Zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört es, die gemeinsamen gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern. Der Beklagte ist ein Spitzenverband von Ersatzkassen
im Sinne des SGB V; ca. 34,5 % aller Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen sind bei seinen Mitgliedern versichert.
Am 5. November 1996 strahlte die ARD in der Sendung "Plus-Minus" einen Beitrag über den Bezug von Zahnersatz aus Manila aus. Entsprechend einer Absprache mit dem Beklagten wurde in der Sendung darauf hingewiesen, daß die Zuschauer beim Beklagten eine Liste mit Anschriften von zahntechnischen Betrieben erhalten könnten, die Zahnersatz aus dem Ausland anböten. Auf Anforderung wurde den Zuschauern eine entsprechende Liste mit dreizehn Betrieben übersandt.
Die Klägerin hat dieses Verhalten als kartell- und wettbewerbswidrig beanstandet. Sie hat die Auffassung vertreten, der beklagte Verband sei Normadressat des § 20 Abs. 2 GWB, da sein Verhalten in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Angebots- und Nachfrageverhalten seiner Mitglieder stehe, für die er (Rahmen -)Verträge mit Leistungserbringern schließe. Auf dem Markt für zahntechnische Leistungen, der zu 90 % auf den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung entfalle, nähmen die Mitglieder des Beklagten eine überragende Stellung ein. Die Mitglieder der Klägerin seien von den im beklagten Verband organisierten Ersatzkassen abhängig, da ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf andere Nachfrager auszuweichen, nicht bestünden. Mit der beanstandeten Liste gebe der Beklagte eine konkludente Empfehlung und betreibe eine konkrete Nachfragelenkung. Darin liege eine unbillige Behinderung der Mitglieder der Klägerin, weil der Beklagte in das Verhältnis des Zahnarztes zu seinem Patienten eindringe und auf diese Weise den Marktzutritt anderer zahntechnischer Betriebe erschwere. Darüber hinaus verstoße der Beklagte durch die mißbräuchliche Ausnutzung seiner Autorität als Spitzenverband der Ersatzkassen gegen § 1 UWG.
Die Klägerin hat den Beklagten wegen des beanstandeten Verhaltens auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, nachdem es vorab den Rechtsweg zu den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit durch Beschluß für zulässig erklärt hatte. Das Berufungsgericht hat der Klage dagegen stattgegeben (OLG München OLG-Rp 1998, 237).
Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin aus § 35 Abs. 3, § 26 Abs. 2 Satz 1 GWB a.F. (jetzt: § 32 Satz 2, § 20 Abs. 1 GWB) bejaht und hierzu ausgeführt:
Ob das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen habe, könne offenbleiben , weil sich durch die Einführung von Festzuschüssen für Zahnersatz anstelle der prozentual anteiligen Kostenerstattung die Rechtslage in einem wesentlichen Punkt geändert habe. Der Beklagte sei Normadressat des Diskriminierungs- und Behinderungsverbots. Er stelle als Spitzenverband der Ersatzkassen eine Vereinigung von Unternehmen dar, die zusammengenommen über eine überragende Marktstellung bei der Nachfrage nach zahnprothetischer Versorgung verfügten; zumindest komme der im Beklagten zusammengefaßten Gruppe eine relative Marktmacht nach § 26 Abs. 2 Satz 2 GWB a.F. (jetzt: § 20 Abs. 2 GWB) zu.
Nachfrager im kartellrechtlichen Sinne sei nicht nur derjenige, der unmittelbar Rechtsgeschäfte zur eigenen Bedarfsdeckung abschließe, sondern auch der, der – wie die Mitglieder des Beklagten – als Nachfragedisponent auf die Preisgestaltung in seinem Sinne Einfluß nehme. Bei der gegebenen Konstellation sei der Beklagte als mittelbarer Nachfrager anzusehen, weil er als Spitzenverband die faktische Macht habe, die Versicherten und damit indirekt die Zahnärzte als unmittelbare Nachfrager bei der Inanspruchnahme von Kassenleistungen zu beeinflussen. Da der Beklagte Verträge mit Dental-Importhandelsgesellschaften abgeschlossen habe, fehle es auch nicht an einer Berührung der Parteien auf einem gemeinsamen Markt.
Jedenfalls nach der Anfang 1998 in Kraft getretenen gesetzlichen Neuregelung , nach der nur noch ein Festzuschuß zu den Kosten des Zahnersatzes gewährt werde, stelle die Empfehlung der in der Liste aufgeführten Betriebe eine unbillige Behinderung und eine Diskriminierung der Mitglieder der Klägerin dar. Infolge der Neuregelung sei von den Zahnersatzkosten stets derselbe Festbetrag zu erstatten, so daß sich der Beklagte nicht mehr auf ein eigenes wirtschaftliches Interesse seiner Mitglieder an einem kostengünstigen Bezug von Zahnersatzleistungen aus dem Ausland berufen könne. Die vom Beklagten geäußerte Befürchtung , die Patienten würden – wenn nicht über günstige Bezugsmöglichkeiten aufgeklärt – zur Vermeidung der hohen Aufwendungen für Zahnersatzleistungen vermehrt zahnärztliche Leistungen in Anspruch nehmen, um dann doch auf die unvermeidlichen Zahnersatzmaßnahmen zurückzugreifen, erscheine fernliegend. Andererseits beeinträchtige das Verhalten des Beklagten die Mitglieder der Klägerin spürbar; denn die Empfehlung bezwecke, daß sich Zahnärzte und Versicherte dazu bewegen ließen, anstelle inländischer Zahnlabors aus Kostengründen Unternehmen zu beauftragen, die den Zahnersatz im Ausland herstellen ließen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des klageabweisenden landgerichtlichen Urteils.
1. Die in erster Instanz umstrittene Frage, ob die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit für die vorliegende Klage zuständig sind, stellt sich im Streitfall nicht mehr. Denn das Landgericht hat den beschrittenen Rechtsweg in einem vorab gefaßten Beschluß für zulässig erklärt (§ 17a Abs. 3 GVG). Diese Entscheidung ist nicht angefochten worden. Damit ist den Gerichten, die über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache befinden, die Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs verwehrt (§ 17a Abs. 5 GVG).
2. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch aus § 33 Satz 1 und 2, § 20 GWB auf Unterlassung des beanstandeten Verhaltens zu.

a) Die Klagebefugnis der Klägerin ergibt sich aus § 33 Satz 2 GWB. Danach kann der Unterlassungsanspruch nach § 33 Satz 1 GWB nicht nur von den Betroffenen, sondern auch von rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen geltend gemacht werden. Hierzu zählen auch die öffentlichrechtlich verfaßten Berufsorganisationen. Hinsichtlich der Verbandsklagebefugnis knüpft § 33 Satz 2 GWB an § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG an. Dort ist anerkannt, daß – trotz der ausdrücklichen Hervorhebung der Industrie- und Handelskammern und der Handwerkskammern in § 13 Abs. 2 Nr. 4 UWG – zu den k lagebefugten Verbänden nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG auch die (sonstigen) öffentlich-rechtlich verfaßten Berufsorganisationen zählen (vgl. nur BGH, Urt. v. 2.4.1998 – I ZR 4/96, GRUR 1998, 835 = WRP 1998, 729 – Zweigstellenverbot).

b) Unter Geltung der am 3. Januar 1998 in Kraft getretenen Festzuschußregelung des § 30 Abs. 1 SGB V (in der Fassung des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes vom 23.6.1997 [BGBl. I S. 1520]), die inzwischen allerdings durch eine weitere Neuregelung ersetzt worden ist (dazu sogleich unter c), kam entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Normadressateneigenschaft des Beklagten nicht in Betracht. Abzustellen ist auf den Markt für Zahnersatzleistungen, auf dem die Mitglieder der Klägerin ihre Leistungen anbieten und auf dem sie sich durch das beanstandete Verhalten des Beklagten beeinträchtigt sehen. Auf diesem Markt traten – jedenfalls unter Geltung der Festzuschußregelung des § 30 Abs. 1 SGB V i.d.F. des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes – weder der Beklagte noch die in ihm organisierten Ersatzkassen als Nachfrager auf. Denn die Leistungen der zahntechnischen Betriebe wurden von Zahnärzten oder Patienten, nicht aber von den gesetzlichen Krankenversicherungen nachgefragt, die insofern keine Sachleistungen erbrachten. Sie traten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht als Nachfragedisponenten auf, die für den eigentlichen Nachfrager die Nachfrageentscheidung treffen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 27.4.1999 – KZR 54/97, WuW/E DE-R 303, 305 – "Sitzender Krankentransport"). Gerade der Umstand, daß der Beklagte durch die beanstandeten Empfehlungen auf die Nachfrageentscheidung der Zahnärzte und Patienten Einfluß ausüben möchte, zeigt, daß die in ihm organisierten Ersatzkassen nicht selbst als Nachfrager auf diesem Markt tätig sind.

c) Allerdings ist die 1998 eingeführte Festzuschußregelung inzwischen wieder abgeschafft worden. Seit dem 1. Januar 1999 sind die Leistungen der Krankenkassen im Rahmen der medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz erneut als Sachleistungen ausgestaltet, an denen sich die Versicherten lediglich mit einem prozentualen Anteil beteiligen müssen (§ 30 Abs. 1 und 2 SGB V in der Fassung des GKV-Solidaritätsstärkungsgesetzes vom 19.12.1998
[BGBl. I S. 3853]; vgl. auch die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks. 14/24, S. 16; Krasney, NJW 1999, 1745, 1746). Für die rechtliche Beurteilung des in die Zukunft gerichteten Unterlassungsantrags ist diese erst im Laufe des Revisionsverfahrens in Kraft getretene Rechtsänderung zu berücksichtigen. Denn Maßstab für die rechtliche Beurteilung im Revisionsverfahren ist das im Zeitpunkt der Entscheidung geltende Recht (vgl. BGHZ 9, 101; 36, 348; 55, 188, 191; 60, 68, 71 f.; BGH, Urt. v. 5.4.1995 – I ZR 67/93, GRUR 1995, 518, 519 = WRP 1995, 608 – Versäumte Klagenhäufung; Urt. v. 6.5.1999 – I ZR 199/96, GRUR 1999, 923, 925 = WRP 1999, 831 – Tele-Info-CD, zur Veröffentlichung in BGHZ 141, 329 bestimmt).
Auch unter der Geltung des Sachleistungsprinzips kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß der Beklagte oder seine Mitglieder als Nachfrager zahntechnischer Leistungen und damit auf dem Markt auftreten, auf dem die Mitglieder der Klägerin ihre Leistungen anbieten. Denn im Rahmen des Sachleistungsprinzips gewähren die Krankenkassen den Versicherten die "medizinisch notwendige Versorgung mit Zahnersatz (zahnärztliche Behandlung und zahntechnische Leistungen)" (§ 30 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die zahntechnischen Leistungen werden danach nicht unmittelbar von den z ahntechnischen Betrieben, sondern als Teil der umfassenden zahnärztlichen Versorgung mit Zahnersatz von den Vertragszahnärzten erbracht (vgl. auch Ullmann, MedR 1996, 341), die daher auch in erster Linie als Nachfrager dieser Leistungen in Betracht kommen. Ob daneben die Patienten und die Krankenkassen – also diejenigen, die die wirtschaftlichen Folgen der Nachfrageentscheidung tragen müssen – als Nachfrager von zahntechnischen Leistungen und damit als Normadressaten des § 20 Abs. 1 oder 2 GWB anzusehen sind, ist jedenfalls für die Krankenkassen wegen des den Versicherten grundsätzlich eingeräumten Wahlrechts nicht selbstverständlich. Denn für die Stellung als Nachfrager ist entscheidend, wer die Auswahl zwischen
mehreren Leistungserbringern zu treffen hat (BGH WuW/E DE-R 303, 304 f. – "Sitzender Krankentransport").
Die Frage bedarf jedoch im Streitfall keiner abschließenden Entscheidung. Da die Krankenkassen die zahntechnischen Leistungen als Sachleistung mittelbar gewähren und jedenfalls bezahlen müssen, ist ihr legitimes Interesse nicht zu leugnen, Zahnärzte und Patienten durch Empfehlungen auf kostengünstige Bezugsmöglichkeiten hinzuweisen und darauf zu hoffen, daß ihre Ratschläge zumindest von den Patienten, die einen Anteil der Kosten zu tragen haben (§ 30 Abs. 2 Satz 1 SGB V), aufgegriffen werden; dies wird auch von der Revisionserwiderung nicht anders gesehen. Hinzu tritt die ausdrückliche gesetzliche Regelung in § 88 Abs. 2 Satz 3 SGB V, der zufolge die Krankenkassen die Versicherten sowie die Zahnärzte über preisgünstige Versorgungsmöglichkeiten informieren können.
Damit wäre eine mögliche Behinderung – selbst wenn die sonstigen Tatbestandsmerkmale des § 20 Abs. 1 oder 2 GWB vorlägen – in keinem Fall unbillig; eine denkbare unterschiedliche Behandlung wäre sachlich gerechtfertigt.
3. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).

a) Die Revisionserwiderung möchte die Verurteilung auf § 20 Abs. 4 GWB stützen. Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus §§ 33, 20 Abs. 4 GWB kommt jedoch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht.
Auch die Revisionserwiderung verkennt nicht, daß die Bestimmung des § 20 Abs. 4 GWB Behinderungen zwischen Wettbewerbern – also im Horizontalver-
hältnis – betrifft (vgl. Bechtold, GWB, 2. Aufl., § 20 Rdn. 59; v. Gamm, Kartellrecht , 2. Aufl., § 26 GWB Rdn. 66; Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 2. Aufl., § 26 Rdn. 358) und der beklagte Verband oder seine Mitglieder auf keinen Fall als Normadressaten dieses Verbots in Betracht kommen. Die Revisionserwiderung möchte daher auch nicht auf den Beklagten als Normadressaten des § 20 Abs. 4 GWB, sondern darauf abstellen, daß der Beklagte Mittäter eines von den empfohlenen Betrieben begangenen Kartellverstoßes nach § 20 Abs. 4 GWB sei. Ein solcher Verstoß der vom Beklagten empfohlenen Betriebe liegt jedoch im Streitfall fern.
Zunächst läßt sich den getroffenen Feststellungen, aber auch dem Parteivorbringen nichts dafür entnehmen, daß die empfohlenen Betriebe über eine – im Verhältnis zu den Mitgliedern der Klägerin – überlegene Marktmacht verfügen. Die Revisionserwiderung möchte auf die Überlegenheit dieser Unternehmen allein aus der Unterstützung durch den Beklagten schließen. Sie verkennt dabei, daß eine Haftung als Mittäter oder auch als Störer einen Verstoß auf seiten des Normadressaten voraussetzt; die Merkmale dieses Verstoßes müssen dabei unabhängig von der fraglichen Beteiligung vorliegen.
Ferner ist nicht erkennbar, worin eine unbillige Behinderung der Mitglieder der Klägerin durch die empfohlenen Betriebe liegen soll. Die Revisionserwiderung möchte diese Behinderung darin sehen, daß die empfohlenen Unternehmen zahntechnische Leistungen unter den mit der Klägerin und anderen Innungen vereinbarten Höchstpreisen anbieten. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

b) Der Klägerin steht auch kein Anspruch gegen den Beklagten aus §§ 33, 21 Abs. 1 GWB zu.
Eine Aufforderung zu einer Bezugssperre ist in dem Versuch zu sehen, ein anderes Unternehmen dahin zu beeinflussen, daß es Lieferbeziehungen zu bestimmten Unternehmen nicht eingeht oder nicht aufrechterhält (BGH, Urt. v. 22.7.1999 – KZR 13/97, WuW/E DE-R 352, 354 – Kartenlesegerät, m.w.N.). In der beanstandeten Empfehlung des Beklagten liegt keine solche Aufforderung, da sie sich nicht gegen andere Anbieter zahntechnischer Leistungen richtet, sondern nur die Vorzüge des Angebots der empfohlenen Betriebe herausstellt. Der Nachweis günstigerer Bezugsmöglichkeiten kann zwar als Aufforderung zu einer Bezugssperre zu werten sein. Dies setzt aber voraus, daß die gegen das zu sperrende Unternehmen gerichtete Zielrichtung dieser Erklärung für den Adressaten erkennbar bleibt (vgl. BGH WuW/E DE-R 352, 354 – Kartenlesegerät, m.w.N.). Wird lediglich auf das günstige Angebot bestimmter Betriebe hingewiesen, liegt darin noch kein Boykott. Unabhängig davon stellt die Empfehlung bestimmter Betriebe in der hier in Rede stehenden Form keine unbillige Beeinträchtigung der benachteiligten Anbieter dar. Insofern kann auf die Ausführungen zu § 20 GWB verwiesen werden (oben unter II.2.c).

c) Schließlich läßt sich der Anspruch der Klägerin auch nicht aus § 13 Abs. 2 Nr. 2, § 1 UWG herleiten.
aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt ein solcher Anspruch nicht unter dem Gesichtspunkt einer mißbräuchlichen Ausnutzung einer hoheitlichen Machtstellung in Betracht. Denn es ist das legitime Interesse des Beklagten und der in ihm organisierten Ersatzkassen, die Kosten für zahntechnische Leistungen, von denen diese Kassen einen erheblichen Anteil tragen müssen, möglichst niedrig zu halten. Eine Empfehlung zugunsten preisgünstiger Anbieter ist unter diesen Umständen nicht mißbräuchlich.
bb) In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat das Bundeskartellamt einen Verstoß des Beklagten gegen § 1 UWG auch noch aus einem anderen Gesichtspunkt für möglich gehalten: Wenn lediglich die Versicherten oder ihre Zahnärzte , nicht dagegen die im Beklagten organisierten Ersatzkassen als Nachfrager zahntechnischer Leistungen anzusehen seien, dann seien die Preisvereinbarungen , die der Beklagte mit den auf der Liste aufgeführten Betrieben geschlossen habe, möglicherweise unter Verstoß gegen das Preisbindungsverbot (§ 14 GWB) zustande gekommen (vgl. Emmerich, Anm. zu BGH LM § 21 GWB Nr. 8 – "Sitzender Krankentransport"; ferner zu der entsprechenden Problematik bei der Beurteilung der Regulierungsabkommen der Kfz-Haftpflichtversicherer mit den Autovermietungen Köhler, NJW 1995, 2019, 2020) mit der Folge, daß die vom Beklagten ausgesprochene Empfehlung nach § 1 UWG wettbewerbswidrig sei. Dem kann nicht beigetreten werden.
Daß der Beklagte mit den auf der Liste aufgeführten Unternehmen bestimmte Preise für zahntechnische Leistungen vereinbart hat, hat das Berufungsgericht zwar nicht festgestellt, läßt sich aber dem unstreitigen Parteivorbringen entnehmen. Diese Preisvereinbarungen verstoßen indessen nicht gegen das Preisbindungsverbot des § 14 GWB. Denn auch wenn die Mitglieder des Beklagten nicht selbst als Nachfrager der zahntechnischen Leistungen anzusehen wären , tragen sie doch das wirtschaftliche Risiko der Auswahlentscheidung, die der einzelne Patient oder Zahnarzt trifft. Sie müssen die nachgefragte Leistung der Zahntechniker – ungeachtet der prozentualen Beteiligung der Versicherten – bezahlen. Je höher der Preis ist, den der Zahntechniker im Rahmen der bestehenden Höchstpreisregelung für seine Leistung in Rechnung stellt, desto höher ist auch die Belastung der Mitglieder des Beklagten. Mit der Auftragsvergabe verhält es sich insofern ähnlich wie mit dem Handelsvertreter- oder Kommissionsgeschäft , bei dem der Handelsvertreter oder der Kommissionär jedenfalls für fremde
Rechnung handelt (dazu BGHZ 97, 317, 321 ff. – EH-Partner-Vertrag). Ebenso wie der Geschäftsherr in jenen Fällen auf das vom Handelsvertreter oder Kommissionär abzuschließende Geschäft Einfluß nehmen darf, indem er dem Handelsvertreter oder Kommissionär Weisungen hinsichtlich der Preisgestaltung erteilt oder indem er mit den in Frage kommenden Vertragspartnern Rahmenvereinbarungen trifft, dürfen die Ersatzkassen, die im Rahmen des Sachleistungsprinzips das wirtschaftliche Risiko des abzuschließenden Geschäfts zu tragen haben, oder der Verband, in dem sie zusammengeschlossen sind, mit der Marktgegenseite Rahmenvereinbarungen über die Höhe der zu zahlenden Vergütung treffen, ohne daß darin ein Verstoß gegen das Preisbindungsverbot zu sehen wäre (vgl. zur Maßgeblichkeit des Risikos bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs des § 14 GWB auch BGHZ 140, 342, 351 f. – Preisbindung durch Franchisegeber

).


4. Da das Verhalten des Beklagten weder kartellrechtlich noch lauterkeitsrechtlich zu beanstanden ist, bedarf die an sich vorrangige, aber weder von der Revision noch von der Revisionserwiderung angesprochene Frage keiner Entscheidung , ob das in Rede stehende Verhalten nach der am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Regelung des § 69 SGB V (in der Fassung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999 [BGBl. I S. 2626]) überhaupt noch in den Anwendungsbereich des GWB und des UWG fällt. Nach dieser Bestimmung sind die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Leistungserbringern und ihren Verbänden abschließend in den §§ 63, 64, 69 bis 140h SGB V, im Krankenhausfinanzierungsgesetz sowie in den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Insbesondere kann offenbleiben, ob die in der Begründung des Gesetzentwurfs zum Ausdruck gebrachte Auffassung (BTDrucks. 14/1245, S. 68) Eingang in die gesetzliche Regelung gefunden hat, daß die Krankenkassen und ihre Verbände, die in diesen Rechtsbeziehungen ihren
öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag erfüllen, "deshalb nicht als Unternehmen im Sinne des Privatrechts, einschließlich des Wettbewerbs- und Kartellrechts , (handeln)" (zweifelnd insofern Neumann, WuW 1999, 961, 963 f.).
III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision des Beklagten aufzuheben. Die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende landgerichtliche Urteil ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.

Geiß Melullis Goette
Ball Bornkamm

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Diese Verordnung regelt die Angabe von Preisen für Waren oder Leistungen von Unternehmern gegenüber Verbrauchern.

(2) Diese Verordnung gilt nicht für

1.
Leistungen von Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts, soweit es sich nicht um Leistungen handelt, für die Benutzungsgebühren oder privatrechtliche Entgelte zu entrichten sind;
2.
Waren und Leistungen, soweit für sie auf Grund von Rechtsvorschriften eine Werbung untersagt ist;
3.
mündliche Angebote, die ohne Angabe von Preisen abgegeben werden;
4.
Warenangebote bei Versteigerungen.

(3) Wer zu Angaben nach dieser Verordnung verpflichtet ist, hat diese

1.
dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sowie
2.
leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen.
Angaben über Preise müssen der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen.

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 225/99 Verkündet am:
11. April 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Gewinnspiel im Radio
Gehört ein Gewinnspiel zum Inhalt des Hörfunkprogramms und ist es als Programmbestandteil
Teil der Leistung des Rundfunksenders, so ist das Gewinnspiel
grundsätzlich nicht geeignet, von einer sachlichen Prüfung des Leistungsangebots
des Senders abzulenken und einen Verstoß gegen die guten Sitten
im Wettbewerb i.S. von § 1 UWG wegen übertriebenen Anlockens der Hörer zu
begründen.
BGH, Urteil vom 11. April 2002 - I ZR 225/99 - Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 6. Juli 1999 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Kammer für Handelssachen 102 des Landgerichts Berlin vom 6. Januar 1998 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte betreibt in B. den privaten Radiosender 9..
Ende Januar/Anfang Februar 1997 warb die Beklagte durch eine Postkartenaktion und durch eine Werbeanzeige für ein Gewinnspiel, das sie in ihrem
Rundfunkprogramm veranstaltete. Sie versprach demjenigen Zuhörer ihrer Radiosendung einen Gewinn von 1.000 DM, der sich als zehnter Anrufer bei ihr meldete, nachdem ein zuvor bekanntgegebenes Musikstück im Rundfunkprogramm gesendet worden war. Wurden zwei vorher bestimmte Musikstücke gespielt , lobte die Beklagte an den zehnten Anrufer einen Gewinn von 100.000 DM aus. Dieser Betrag erhöhte sich auf 200.000 DM, wenn der Anrufer Mitglied im "9.-Gewinnclub" der Beklagten war. Um diese Mitgliedschaft zu erwerben, mußten die Zuhörer ihre Adresse der Beklagten bekanntgeben.
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, hat geltend gemacht, die Hörer würden von der Beklagten in übertriebener Weise angelockt. Sie verspreche als spektakulär empfundene Gewinne und verbinde dies mit dem Zwang, ihre Rundfunksendungen über längere Zeit zu empfangen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwekken des Wettbewerbs die Teilnahme an einem Gewinnspiel davon abhängig zu machen, daß das Publikum nach dem Erklingen von ein und/oder zwei Musikstücken, die in zeitlich für das Publikum nicht vorauszusehenden Abständen gespielt werden, bei der Beklagten anrufen muß, um einen ausgelobten Gewinn in Höhe von bis zu 200.000 DM zu erlangen.
Außerdem hat die Klägerin die Kosten eines Abmahn- und eines Abschlußschreibens verlangt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat ausgeführt, die Verbindung des Gewinnspiels mit der Notwendigkeit, ihr Radioprogramm zu hören, sei üblich und wettbewerbsrechtlich zulässig.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäû verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben (KG ZUM-RD 2000, 23 = AfP 2000, 281).
Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der Klage bejaht und das Gewinnspiel der Beklagten als wettbewerbswidrig i.S. des § 1 UWG angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Unterlassungsantrag sei bestimmt i.S. des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Gegenstand des Unterlassungsbegehrens der Klägerin sei die konkrete Verletzungsform verbunden mit einer gewissen Verallgemeinerung.
Der Unterlassungsanspruch ergebe sich aus § 1 UWG. Gewinnspiele seien auch im Fall einer Gratisverlosung grundsätzlich zulässig. Erst das Hinzutreten besonderer Umstände begründe die Unlauterkeit der Veranstaltung. Die Unlauterkeit folge bei dem Gewinnspiel der Beklagten aus einem übertriebenen Anlocken der Rundfunkhörer durch die Verbindung der als spektakulär empfundenen Gewinne bis zu 200.000 DM mit der Notwendigkeit, eine be-
stimmte Musiksendung der Beklagten über längere Zeit zu verfolgen, um an dem Gewinnspiel teilzunehmen. Dadurch veranlasse die Beklagte die Hörer, über längere Zeit ihr Produkt, die Radiosendung, zu beziehen, ohne daû sie die Hörer durch ein den Merkmalen des Leistungswettbewerbs entsprechendes Programm überzeugt haben müsse. Ohne Bedeutung sei, daû den Hörern keine wirtschaftliche Entschlieûung abverlangt werde. Aus der Sicht der Wettbewerber handele es sich bei dem Empfang der Radiosendung der Beklagten um ein dem Kauf einer Ware vergleichbares Verhalten, das zu einer Steigerung der Hörerquote und damit zu höheren Werbeeinnahmen zugunsten eines Konkurrenten und zu Lasten der anderen führe.
Der Zahlungsanspruch folge aus §§ 683, 677, 670, 284, 288 BGB.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.
1. Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht angenommen, daû der Unterlassungsantrag hinreichend bestimmt ist. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefaût sein, daû der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 9.11.2000 - I ZR 167/98, GRUR 2001, 529, 531 = WRP 2001, 531 - Herz-Kreislauf-Studie; Urt. v. 12.7.2001 - I ZR 40/99, GRUR 2002, 86, 88 =
WRP 2001, 1294 - Laubhefter; Urt. v. 12.7.2001 - I ZR 261/98, GRUR 2002, 77, 78 = WRP 2002, 85 - Rechenzentrum).
Durchgreifende Bedenken gegen die Bestimmtheit des Klageantrags bestehen danach nicht. Die charakteristischen Merkmale des Gewinnspiels, gegen das sich die Klägerin wendet, sind in dem Unterlassungsantrag konkret beschrieben. Dies gilt auch für die Höhe der von dem Antrag erfaûten Gewinne, die mit "bis zu 200.000,-- DM" eindeutig bestimmt sind. Dagegen stellt sich im Rahmen der Beurteilung der Bestimmtheit des Klageantrags nicht die von der Revision aufgeworfene Frage nach der Konkretisierung der Gewinnhöhe, die bei dem von der Beklagten ausgestrahlten Gewinnspiel wettbewerbsrechtlich unbedenklich ist. Denn es ist keine Frage der Bestimmtheit des Klageantrags und damit der Zulässigkeit der Klage, sondern ihrer Begründetheit, wenn der Klageantrag durch eine zu weitgehende Verallgemeinerung wettbewerbsrechtlich unbedenkliche Verhaltensweisen einbezieht (vgl. BGH, Urt. v. 15.9.1999 - I ZR 131/97, GRUR 2000, 436, 437 = WRP 2000, 383 - Ehemalige Herstellerpreisempfehlung ; Urt. v. 16.11.2000 - I ZR 186/98, GRUR 2001, 446, 447 = WRP 2001, 392 - 1-Pfennig-Farbbild, jeweils m.w.N.; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., § 51 Rdn. 13; Pastor/ Ahrens/Jestaedt, Der Wettbewerbsprozeû, 4. Aufl., Kap. 27 Rdn. 19).
2. Die Beklagte verstöût entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts mit dem angegriffenen Gewinnspiel jedoch nicht gegen § 1 UWG.
Allerdings kommt, anders als die Revision meint, in dem Unterlassungsantrag das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck. Dieses liegt bei dem von der Beklagten betriebenen Gewinnspiel in der angeführten Gewinnsumme mit einem Höchstgewinn von 200.000,-- DM verbunden
mit der Notwendigkeit für den Hörer, dem Radioprogramm für einen nicht vorauszusehenden Zeitraum folgen zu müssen, um an dem Gewinnspiel teilzunehmen , was nach Ansicht der Klägerin wegen der damit verbundenen Anlockwirkung die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit begründen soll. Dagegen brauchte die Klägerin keine Grenze der Gewinnhöhe anzugeben, bis zu der die Durchführung eines entsprechenden Gewinnspiels als wettbewerbsrechtlich unbedenklich anzusehen wäre.
Der Klägerin steht der Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG jedoch nicht zu. In der Senatsrechtsprechung ist anerkannt, daû zu Zwecken des Wettbewerbs veranstaltete Gewinnverlosungen grundsätzlich nicht gegen § 1 UWG verstoûen und im allgemeinen zulässig sind (BGH, Urt. v. 5.2.1998 - I ZR 151/95, GRUR 1998, 735, 736 = WRP 1998, 724 - Rubbelaktion; Urt. v. 17.2.2000 - I ZR 239/97, GRUR 2000, 820, 821 = WRP 2000, 724 - Space Fidelity Peep-Show; vgl. hierzu auch: Groûkomm.UWG/Schünemann, § 1 Rdn. C 154; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 1 Rdn. 167; Köhler/ Piper, UWG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 232). Nur wenn besondere Umstände vorliegen, die den Vorwurf der Sittenwidrigkeit begründen, können sie als wettbewerbswidrig gemäû § 1 UWG untersagt werden. Besondere Umstände, die die Annahme der Sittenwidrigkeit rechtfertigen, können in der Kopplung des Warenabsatzes mit der Teilnahme an dem Gewinnspiel, in einem psychischen Kaufzwang , in einer Irreführung des Publikums über die Gewinnchancen oder in einem übertriebenen Anlocken bestehen (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.1989 - I ZR 180/87, GRUR 1989, 757 = WRP 1989, 799 - McBacon; Urt. v. 9.11.1995 - I ZR 212/93, GRUR 1996, 290, 291 = WRP 1996, 199 - Wegfall der Wiederholungsgefahr ; BGH GRUR 2000, 820, 821 - Space Fidelity Peep-Show).
Das Berufungsgericht hat die den Vorwurf der Unlauterkeit begründenden Umstände in einem übertriebenen Anlocken der Rundfunkhörer gesehen. Diese Anlockwirkung hat es aus der Verbindung der als spektakulär empfundenen Gewinne mit der Notwendigkeit abgeleitet, die Rundfunksendung der Beklagten über längere Zeit zu verfolgen, um an dem Gewinnspiel teilzunehmen. Hierdurch wird nach Auffassung des Berufungsgerichts die Wahl des Radiosenders durch die Hörer spürbar beeinfluût, was aus Sicht der Wettbewerber ein mit dem Kauf einer Ware vergleichbares Verhalten sei. Dem kann nicht zugestimmt werden.
Wegen der grundsätzlichen wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit der Werbung mit einem Gewinnspiel reicht die hiermit einhergehende Anlockwirkung regelmäûig nicht aus, um die Voraussetzungen des § 1 UWG zu begründen. Erst wenn der Anlockeffekt so stark ist, daû das Publikum von einer sachgerechten Prüfung des Waren- oder Dienstleistungsangebots abgelenkt und seine Entschlieûung nicht mehr von sachlichen Überlegungen, sondern maûgeblich von der Erwägung bestimmt wird, den in Aussicht gestellten Gewinn zu erlangen, kann die Werbung mit einem Gewinnspiel unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens sittenwidrig sein (BGH GRUR 1998, 735, 736 - Rubbelaktion; GRUR 2000, 820, 821 - Space Fidelity Peep-Show).
Das angegriffene Gewinnspiel ist Teil des Unterhaltungsprogramms der Beklagten. In die Beurteilung, ob das Wettbewerbsverhalten der Beklagten sittenwidrig ist, ist daher auch einzubeziehen, daû Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG die Rundfunkfreiheit gewährleistet, die der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung dient. Die sich aus allgemeinen Gesetzen ergebenden Grenzen des Grundrechts der Freiheit der Berichterstattung durch Presse und Rundfunk müssen im Licht dieses Grundrechts gesehen werden. Die allgemeinen Geset-
ze sind daher aus der Erkenntnis der Bedeutung dieses Grundrechts auszulegen und so in ihrer dieses Grundrecht beschränkenden Wirkung selbst wieder einzuschränken (vgl. BVerfGE 71, 206, 214).
Zu Recht macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe bei seiner Beurteilung nicht hinreichend beachtet, daû das Gewinnspiel der Beklagten nicht von der abzusetzenden Ware oder Dienstleistung verschieden, sondern Bestandteil des Unterhaltungsprogramms der Beklagten ist. Gehört das Gewinnspiel aber zum Inhalt des Hörfunkprogramms und ist es als Programmbestandteil Teil der Leistung der Beklagten, so geht es nicht um die Ablenkung vom Leistungsangebot der Beklagten durch ein daneben veranstaltetes Gewinnspiel. Das Gewinnspiel bestimmt die Attraktivität des Programms der Beklagten mit und ist daher Bestandteil des Leistungswettbewerbs selbst. Zwar können auch in einem solchen Fall Umstände vorliegen, die die Unlauterkeit begründen, wie sie etwa bei einer Irreführung über die Gewinnchancen, in einer verschleierten Kopplung mit dem Warenabsatz oder in der Behinderung kleinerer Mitbewerber liegen (vgl. BGH GRUR 2000, 820, 821 - Space Fidelity PeepShow ). Derartige Umstände hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt, und sie sind von den Parteien auch nicht geltend gemacht worden.
Ein Verstoû gegen die guten Sitten im Wettbewerb kann entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht damit begründet werden, daû die Hörer unter Umständen die Musiksendung der Beklagten über längere Zeit verfolgen müssen, um an dem Gewinnspiel teilzunehmen. Wirtschaftliche Belange der Hörer werden dadurch nicht berührt. Die allgemeine Entschlieûungsfreiheit der Zuhörer, sich für die Sendung der Beklagten oder Programme eines anderen Senders zu entscheiden, fällt nicht in den Schutzbereich des § 1 UWG, sondern nur die unlautere Beeinträchtigung der Willensentscheidung. Auf eine mit einer
(auch längeren) Inanspruchnahme des Leistungsangebots der Beklagten möglicherweise einhergehende Verringerung der Hörerzahl bei anderen Sendern kommt es dagegen unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens nicht entscheidend an. Eine mit dem Gewinnspiel der Beklagten einhergehende Verringerung der Zuhörerschaft anderer Rundfunksender kann allein eine wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit nicht begründen.
Verstöût mithin das Verhalten der Beklagten nicht gegen § 1 UWG, kann die Klägerin auch die Kosten der Abmahnung und des Abschluûschreibens nicht ersetzt verlangen.
III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben, auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Diese Verordnung regelt die Angabe von Preisen für Waren oder Leistungen von Unternehmern gegenüber Verbrauchern.

(2) Diese Verordnung gilt nicht für

1.
Leistungen von Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts, soweit es sich nicht um Leistungen handelt, für die Benutzungsgebühren oder privatrechtliche Entgelte zu entrichten sind;
2.
Waren und Leistungen, soweit für sie auf Grund von Rechtsvorschriften eine Werbung untersagt ist;
3.
mündliche Angebote, die ohne Angabe von Preisen abgegeben werden;
4.
Warenangebote bei Versteigerungen.

(3) Wer zu Angaben nach dieser Verordnung verpflichtet ist, hat diese

1.
dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sowie
2.
leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen.
Angaben über Preise müssen der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen.

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 81/98 Verkündet am:
7. Juni 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts vom 25. März 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Beide Parteien betreiben den Einzelhandel mit Geräten der Telekommunikation in Verbindung mit dem gleichzeitigen Abschluß von Netzkartenverträgen.
Die Beklagte warb im Oktober 1995 in der “Thüringer Allgemeinen” für den Erwerb eines Mobiltelefons der Marke Bosch mit den Worten “Für’n Apfel und n’Ei”. Im linken unteren Drittel der Anzeige wird in einem eingerahmten Text – eingeleitet durch ein Sternchen – darauf hingewiesen, daß “dieser Preis” nur in Verbindung mit dem Abschluß eines Netzkartenvertrages gilt.
Die Klägerin hat in dieser Werbung einen Verstoû gegen die Zugabeverordnung sowie gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlokkens erblickt und sie als wettbewerbswidrig beanstandet. Ferner hat sie geltend gemacht, die Werbung verstoûe auch gegen das Irreführungsverbot (§ 3 UWG).
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen , es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes im Zusammenhang mit der Freischaltung einer Telefonnetzkarte ein TelefonHandy (Funktelefon) ªfür'n Apfel und n'Eiº anzukündigen, anzubieten oder zu gewähren, wie dies aus der als Anlage K 1 vorgelegten Werbung ersichtlich ist.
Das Landgericht hat die Beklagte durch Versäumnisurteil antragsgemäû verurteilt und das Versäumnisurteil auf den Einspruch der Beklagten aufrechterhalten.
Das Berufungsgericht hat die Verurteilung unter Neufassung des Urteilstenors mit der Maûgabe bestätigt, daû die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Beklagten zu vollstrecken ist.
Mit der (zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt , erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, in der beanstandeten Werbung liege die Ankündigung einer nach § 1 Abs. 1 ZugabeVO unzulässigen Zugabe sowie ein nach § 1 UWG wettbewerbswidriges übertriebenes Anlocken hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Wie der Senat in mehreren nach Erlaû des Berufungsurteils ergangenen Entscheidungen vom 8. Oktober 1998 ausgeführt hat, stellt sich die Werbung mit der an den Abschluû eines Netzkartenvertrages gekoppelten, unentgeltlichen oder besonders günstigen Abgabe eines Mobiltelefons als ein legitimer Hinweis auf den günstigen, durch verschiedene Bestandteile geprägten Preis einer einheitlichen , nicht in Haupt- und Nebenleistung (Zugabe) aufzuspaltenden Gesamtleistung dar, durch den die eigene Leistungsfähigkeit hervorgehoben wird (BGHZ 139, 368, 374 f. ± Handy für 0,00 DM; BGH, Urt. v. 8.10.1998 ± I ZR 7/97, GRUR 1999, 261, 263 = WRP 1999, 94 ± Handy-Endpreis; Urt. v. 8.10.1998 ± I ZR 147/97, WRP 1999, 517, 518 m.w.N.). Die damit verbundene Anlockwirkung ist nicht wettbewerbswidrig, sondern liegt als gewollte Folge in der Natur des Leistungswettbewerbs (vgl. BGH, Urt. v. 28.4.1994 ± I ZR 68/92, GRUR 1994, 743, 744 = WRP 1994, 610 ± Zinsgünstige Kfz-Finanzierung durch Herstellerbank; Urt. v. 25.9.1997 ± I ZR 84/95, GRUR 1998, 500, 501 = WRP 1998, 388 ± Skibindungsmontage ). Nach den Senatsentscheidungen vom 8. Oktober 1998 tritt dem auch die Revisionserwiderung nicht mehr entgegen.
2. Das Berufungsgericht hat ± aus seiner Sicht folgerichtig ± ungeprüft gelassen , ob die beanstandete Werbung hinsichtlich der Darstellung der Preise für die Leistungen aus dem Netzkartenvertrag gegen das Irreführungsverbot oder gegen die Gebote der Preisangabenverordnung verstöût. Hierzu besteht nunmehr Veranlassung.

a) Gegenstand des Unterlassungsantrages ist (allein) die konkrete Verletzungsform , auf die der Antrag ungeachtet der in ihm enthaltenen abstrakten Beschreibung der angegriffenen Wettbewerbshandlung durch den Hinweis º... wie dies aus der als Anlage K 1 vorgelegten Werbung ersichtlich istº Bezug nimmt (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 7.6.2001 ± I ZR 115/99, WRP 2001, 1182, 1183 ± Jubiläumsschnäppchen ). Die Klägerin hat diese Werbung bereits in der Klageschrift und erneut in der Berufungserwiderung vom 26. November 1997 als irreführend beanstandet. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das bei den Bedingungen des Kartenvertrages angebrachte Sternchen finde an keiner anderen Stelle der Werbung eine Entsprechung. Darin liegt die Behauptung, der angesprochene Verkehr werde über die im Zusammenhang mit dem Netzkartenvertrag auf ihn zukommenden Kosten im Unklaren gelassen. Nachdem die auf § 1 UWG und auf § 1 Abs. 1 ZugabeVO gestützte Verurteilung keinen Bestand hat, ist dem nun nachzugehen.

b) Dem Senat ist allerdings eine eigene Sachentscheidung verwehrt. Denn das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zur Gestaltung der Anzeige getroffen , die eine entsprechende rechtliche Beurteilung erlauben würden.
aa) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung genügt hierfür nicht die Feststellung, das die eingerahmten Hinweise zum Netzkartenvertrag einleitende Sternchen finde in der Werbeanzeige keine Entsprechung. Denn unter den vorliegenden Umständen läût sich daraus noch nicht ableiten, für den Leser bleibe
unklar, daû die Abgabe des Mobiltelefons ªFür'n Apfel und n'Eiº vom Abschluû eines mit Folgekosten verbundenen Netzkartenvertrages abhänge. Davon ist auch das Berufungsgericht nicht ausgegangen. Es hat vielmehr angenommen, die Beklagte stelle in ihrer Werbung den Zusammenhang zwischen der günstigen Abgabe des Mobiltelefons und dem Netzkartenvertrag besonders heraus. Ob und inwieweit der Leser über die konkreten Bedingungen des Kartenvertrages im Unklaren gelassen werde, hat das Berufungsgericht nicht näher untersucht. Es hat lediglich ± allerdings auf der Grundlage der in den Akten befindlichen verkleinerten, schlecht leserlichen Kopie ± angenommen, die Verknüpfung der Worte ªAm Netz dabeiº und ªFür'n Apfel und n'Eiº vermittle dem flüchtigen Betrachter den Eindruck , auch der Netzkartenvertrag sei besonders günstig. Damit hat es jedoch ± abgesehen davon, daû nicht ohne weiteres auf den flüchtigen Betrachter, sondern auf den durchschnittlich informierten, verständigen Verbraucher, der sich der Anzeige mit situationsadäquater Aufmerksamkeit zuwendet, abzustellen ist (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 ± I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 ± Orient-Teppichmuster) ± den Sachverhalt nicht hinreichend ausgeschöpft. Denn die Behauptung der Klägerin, wonach der Leser über die Bedingungen des angekoppelten Kartenvertrages im Unklaren gelassen werde, bedarf unabhängig davon , ob auf den eingerahmten Text durch ein weiteres Sternchen Bezug genommen wird, einer vollständigen Würdigung der angegriffenen Werbeanzeige.
bb) Dies geht entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht über den zur Entscheidung gestellten Streitgegenstand hinaus. Bei einer auf Irreführung gestützten Klage setzt sich der maûgebliche Lebenssachverhalt aus der beanstandeten Werbemaûnahme und der nach Behauptung der Klägerin dadurch erzeugten Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise zusammen (BGH, Urt. v. 8.6.2000 ± I ZR 269/97, GRUR 2001, 181, 182 = WRP 2001, 28 ± dentalästhetika). Ungeachtet des Umstandes, daû die Klägerin die Behauptung
einer unzureichenden Aufklärung über die Folgekosten allein auf das Fehlen eines Sternchens zur Verweisung auf die in dem eingerahmten Text dargestellten Bedingungen des Netzkartenvertrages gestützt hat, ist die Frage einer ausreichenden Verdeutlichung der Bedingungen des Netzkartenvertrages unter den hier vorliegenden Gegebenheiten insgesamt Gegenstand des Rechtsstreits. Denn die Zuordnung der weiteren Kostenbestandteile zu dem günstigen Preis des Mobiltelefons , die Lesbarkeit derselben sowie die Vollständigkeit ihrer Darstellung sind Elemente, die nur im Gesamtzusammenhang gewürdigt werden können und entweder zusammen eine vollständige und zutreffende Aufklärung oder eine Irreführung des Lesers über die Folgekosten bewirken. Die Feststellung, es fehle an einem weiteren Sternchen, das auf die eingerahmten Bedingungen des Netzkartenvertrages verweise, rechtfertigt dagegen für sich genommen noch nicht die Annahme , die angegriffene Werbung sei hinsichtlich der Folgekosten des Netzzugangs irreführend. Auch dem unstreitigen Parteivorbringen läût sich nicht entnehmen , ob die beanstandete Werbung vollständig über die mit dem Abschluû des Netzkartenvertrages verbundenen Kosten aufklärt.

c) Nach der Senatsrechtsprechung ist die Werbung mit einem Mobiltelefon, das nichts oder fast nichts kosten soll, irreführend und verstöût gegen die Preisangabenverordnung , wenn die für den Verbraucher mit Abschluû des Netzkartenvertrags verbundenen Kosten nicht deutlich kenntlich gemacht werden. Dies bedeutet , daû die Angaben über die Kosten des Netzzugangs räumlich eindeutig dem blickfangmäûig herausgestellten Preis für das Mobiltelefon zugeordnet sowie gut lesbar und grundsätzlich vollständig sein müssen (BGHZ 139, 368, 375 ff. ± Handy für 0,00 DM; BGH GRUR 1999, 261, 264 ± Handy-Endpreis; BGH, Urt. v. 8.10.1998 ± I ZR 94/97, WRP 1999, 509, 512 m.w.N.). Bei den Akten befindet sich aber, wie oben ausgeführt, lediglich eine verkleinerte, schlecht leserliche Kopie der angegriffenen Werbung. Anhand dieser Kopie läût sich nicht abschlie-
ûend beurteilen, ob in der Werbung mit einer ± den vom Senat hierzu aufgestellten Grundsätzen entsprechenden ± ausreichenden Deutlichkeit auf die Bedingungen des gleichzeitig abzuschlieûenden Netzkartenvertrages hingewiesen wird. Sie ist daher als Grundlage für anhand des unstreitigen Parteivorbringens nachzuholende Feststellungen ungeeignet (vgl. BGH, Urt. v. 28.11.1996 ± I ZR 197/94, GRUR 1997, 767, 769 = WRP 1997, 735 ± Brillenpreise II). Das erst im Revisionsverfahren vorgelegte Original der Werbeanzeige muû bei der rechtlichen Beurteilung auûer Betracht bleiben (§ 561 Abs. 1 ZPO).

d) Im wiedereröffneten Berufungsrechtszug wird die Klägerin auch Gelegenheit haben, ihren Klageantrag zu überprüfen und gegebenenfalls klarzustellen. Hierzu besteht insofern Veranlassung, als sie bislang zur Einbeziehung der konkret beanstandeten Werbung in ihrem Unterlassungsantrag nur auf eine als ªAnlage K 1º vorgelegte verkleinerte und zum Teil unleserliche Kopie Bezug genommen hat, die in dieser Form ± unstreitig ± nicht verbreitet worden ist. Soweit es für die rechtliche Beurteilung unter dem Blickwinkel einer Irreführung nunmehr auf die in der Kopie nicht leserlichen Teile der Werbung ankommt, bestehen darüber hinaus Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des Klageantrags (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; vgl. BGH GRUR 1997, 767, 769 ± Brillenpreise II). Schlieûlich ist darauf hinzuweisen, daû ein Verstoû gegen das Irreführungsverbot das Verbot der Gewährung der in der Werbung angekündigten Vorteile nicht ohne weiteres rechtfertigen könnte (vgl. BGH GRUR 1999, 261, 264 ± Handy-Endpreis, m.w.N.).

3. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Büscher

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)