Bundesgerichtshof Urteil, 06. März 2019 - 5 StR 593/18
published on 06/03/2019 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 06. März 2019 - 5 StR 593/18
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Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 593/18
vom
6. März 2019
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:060319U5STR593.18.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6. März 2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer,
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Köhler
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 26. Juli 2018 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
- Von Rechts wegen -
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
- Von Rechts wegen -
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (besonders) schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen räuberischer Erpressung, Diebstahls mit Waffen in drei Fällen, Diebstahls in drei Fällen sowie (unerlaubten) Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten bleibt erfolglos, da die Überprüfung des Urteils keinen ihn benachteiligenden Rechtsfehler aufgedeckt hat. Der Erörterung bedarf allein, ob sich der Angeklagte in den Fällen 3 und 4 jeweils eines vollendeten Diebstahls schuldig gemacht hat.
- 2
- 1. Nach den landgerichtlichen Feststellungen nahm der Angeklagte im Fall 3 in einem Rewe-Markt vier Flaschen Jägermeister und zwei Flaschen Bacardi aus den Warenträgern, legte sie zunächst in einen Einkaufskorb und dann in eine von ihm mitgeführte Sporttasche, um sie ohne Bezahlung für sich zu behalten. Im Fall 4 entnahm der Angeklagte in einem Kaufland-Markt fünf Flaschen Jägermeister den Auslagen, steckte sie in einen mitgeführten Rucksack und ging in Richtung Ausgang, um auch diese Waren unbezahlt für sich zu verwenden.
- 3
- 2. Das Landgericht hat beide Taten zutreffend als vollendet angesehen. Hierfür ist erforderlich, dass der Täter hinsichtlich der zuzueignenden Sache fremden Gewahrsam gebrochen und neuen begründet hat (vgl. BGH, Urteile vom 27. August 1986 – 3 StR 264/86, NStZ 1987, 71, und vom 18. Februar
2010
– 3 StR 556/09, NStZ 2011, 158, 159). Für die Frage des Wechsels der tatsäch- lichen Sachherrschaft ist entscheidend, dass der Täter diese derart erlangt, dass er sie ohne Behinderung durch den alten Gewahrsamsinhaber ausüben kann und dieser über die Sache nicht mehr verfügen kann, ohne seinerseits die Verfügungsgewalt des Täters zu brechen. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach ständiger Rechtsprechung nach den Anschauungen des täglichen Lebens (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1961 – 2 StR 289/61, BGHSt 16, 271, 273; Urteil vom 26. Juni 2008 – 3 StR 182/08, NStZ 2008, 624).- 4
- Danach macht es einen entscheidenden Unterschied, ob es sich bei dem Diebesgut um umfangreiche, namentlich schwere Sachen handelt, deren Abtransport mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, oder ob es nur um kleine, leicht transportable Gegenstände geht. Bei unauffälligen, leicht beweglichen Sachen, wie etwa bei Geldscheinen sowie Geld- und Schmuckstücken, lässt die Verkehrsauffassung für die vollendete Wegnahme schon ein Ergreifen und Festhalten der Sache genügen. Steckt der Täter einen Gegenstand in Zueignungsabsicht in seine Kleidung, so schließt er allein durch diesen tatsächli- chen Vorgang die Sachherrschaft des Bestohlenen aus und begründet eigenen ausschließlichen Gewahrsam. Die Verkehrsauffassung weist daher im Regelfall einer Person, die einen Gegenstand in der Tasche ihrer Kleidung trägt, die ausschließliche Sachherrschaft zu, und zwar auch dann, wenn er sich noch im Gewahrsamsbereich des Berechtigten befindet (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1961 – 2 StR 289/61, BGHSt 16, 271, 274; Urteile vom 18. Februar 2010 – 3 StR 556/09, NStZ 2011, 158, 159, und vom 27. März 2013 – 2 StR 115/12, NStZ 2014, 40, 41; ebenso bereits RG, Urteil vom 18. Dezember 1917 – V 678/17, RGSt 52, 75, 76).
- 5
- Für ohne Weiteres transportable, handliche und leicht bewegliche Sachen kann jedenfalls dann nichts anders gelten, wenn der Täter sie in einem Geschäft – wie hier – in Zueignungsabsicht in eine von ihm mitgeführte Hand-, Einkaufs-, Akten- oder ähnliche Tasche steckt; hierdurch bringt er sie in ebensolcher Weise in seinen ausschließlichen Herrschaftsbereich wie beim Einstecken in seine Kleidung (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1961 – 2 StR 289/61, BGHSt 16, 271, 274 f.; ebenso für ein in der Wohnung des Besitzers nebst Ladekabeln in einen Jute-Beutel gestecktes Notebook BGH, Beschluss vom 16. September 2014 – 3 StR 373/14, NStZ 2015, 276). Ob er hierbei die Aussicht hat, denGewahr- sam längere Zeit aufrechtzuerhalten, ist für die Frage, ob die Wegnahme vollendet ist, ohne Belang (RG, aaO), denn die Tatvollendung setzt keinen gesicherten Gewahrsam voraus (BGH, Urteile vom 26. Juni 2008 – 3 StR 182/08, NStZ 2008, 624, und vom 18. Februar 2010 – 3 StR 556/09, NStZ 2011, 158, 159).
- 6
- Hieran gemessen hatte der Angeklagte in beiden Fällen eigenen Gewahrsam begründet, nachdem er die Flaschen in eine Sporttasche bzw. einen Rucksack gesteckt hatte. Denn das Einstecken diente zugleich dem Verbergen vor möglichen Beobachtern (vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2016 – 5StR 512/16). Beide Behältnisse waren geeignet, einen unproblematischen Abtransport der Beute zu ermöglichen und zudem den Berechtigten von einem ungehinderten Zugriff auf seine Ware auszuschließen; dieser hätte seinerseits in die Herrschaftsgewalt des Angeklagten eingreifen müssen, um wieder über die Flaschen verfügen zu können. Ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn der Angeklagte die Flaschen in zwei Tüten gepackt und zudem eine weitere mit Waren gefüllte Tüte mit sich geführt hätte, um den Anschein eines regulären Einkaufs zu erwecken (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juni 2013 – 2 StR 145/13, NStZ-RR 2013, 276; zu 32 500-g-Packungen Kaffee in vier Plastiktütensiehe auch BGH, Beschluss vom 4. Mai 1984 – 2 StR 133/84, StV 1984, 376), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn eine solche Konstellation liegt nicht vor. Maßgeblich sind stets die Umstände des Einzelfalls (so schon RG, aaO).
König Köhler
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