Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juni 2013 - 2 StR 145/13

published on 18/06/2013 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juni 2013 - 2 StR 145/13
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 145/13
vom
18. Juni 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schweren räuberischen Diebstahls u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 18. Juni 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 4. Dezember 2012 1. im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall II.5 der Urteilsgründe des versuchten Diebstahls schuldig ist, 2. im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II.5 der Urteilsgründe und im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben ; jedoch bleiben die getroffenen Feststellungen aufrechterhalten. II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. III. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren räuberischen Diebstahls, räuberischen Diebstahls, Diebstahls in vier Fällen und Nötigung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat nur in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts zu Fall II.5 der Urteilsgründe suchte der Angeklagte am 9. Juni 2012 einen Edeka-Markt in A. auf, entnahm in den Geschäftsräumen sechs Flaschen Whiskey aus der Auslage und steckte diese in zwei mitgebrachte Tüten. Er führte auch eine weitere Tüte mit, die er mit Waren füllte, um beim Passieren der Kasse den Anschein eines regulären Einkaufs zu erwecken, wollte aber ohne weiteres das Ladenlokal auch mit dem Whiskey verlassen. Daran wurde er vom Zeugen B. gehindert, der den Vorgang bemerkt hatte. Der Angeklagte stellte die Tüten daher vor der Obstabteilung ab und versuchte ohne die Beute zu fliehen.
3
In dieser Handlung hat das Landgericht zu Unrecht einen vollendeten Diebstahl gesehen. Die Wegnahme im Sinne des § 242 Abs. 1 StGB ist erst dann vollendet, wenn der Täter die Herrschaft über die Sache derart erlangt hat, dass er sie unbehindert durch den bisherigen Gewahrsamsinhaber ausüben und dieser seinerseits über die Sache nicht mehr verfügen kann. Im Selbstbedienungsladen liegt eine vollendete Wegnahme durch einen Täter, der die Kassenzone mit der Ware noch nicht passiert hat, insbesondere vor, wenn der Täter Sachen geringen Umfangs einsteckt oder sie sonst verbirgt (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1986 – 4 StR 199/86, BGHR StGB § 242 Wegnahme 1). Dies war aber hier, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 17. April 2013 zutreffend ausgeführt hat, nicht geschehen. Das Wegtragen der umfangreicheren Beute in zwei Tüten begründete innerhalb der Gewahrsamssphäre des Ladeninhabers noch keine Gewahrsamsenklave.
4
Der Senat ändert daher den Schuldspruch in versuchten Diebstahl ab. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
5
Die Änderung des Schuldspruchs nötigt zur Aufhebung der Einzelstrafe und der Gesamtfreiheitsstrafe. Da nur eine fehlerhafte Wertung vorliegt, können jedoch die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen aufrecht erhalten bleiben.
Becker Fischer Berger Krehl Eschelbach
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(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.
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Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen die Entlassungsverfügung vom 18. April 2017 wird angeordnet. II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 8.952,42 
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Annotations

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.