Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Nov. 2019 - 1 StR 386/19

bei uns veröffentlicht am13.11.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 386/19
vom
13. November 2019
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:131119B1STR386.19.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 13. November 2019 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 30. April 2019 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter räuberischer Erpressung und besonders schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Zudem hat es festgestellt, dass das hinzuverbundene und die Erpressungstat betreffende Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert worden ist. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in vollem Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Die Firma „p. “ betrieb eine Werbeplattform im Internet, auf der Kunden Werbung buchen konnten. Der an dem Unternehmen auch selbst beteiligte Zeuge M. erläuterte im Sommer 2016 dem Angeklagten, dass mit diesem Geschäftsmodell überdurchschnittlich hohe Renditen erzielt werden würden und es zu „99,9 Prozent sicher“ sei. Der Verlust einer Investition drohe lediglich, wenn „sich der Vorstand in Luft auflöse“. DerAngeklagte erwarb da- raufhin „p. “-Anteile,für die er 3.500 Euro bezahlte. Das Geld stammte von seinem Vater, der eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes durch Enthaupten einer Tante des Angeklagten verbüßt und der die Investition genehmig- te. Die Firma „p. “ finanzierte sich nahezu ausschließlich durch die Einlagen der angeworbenen Investoren, aus denen auch die Provisionen anwerbender Anteilsinhaber wie dem Zeugen M. bezahlt wurden.
4
Dem Angeklagten wurde im Jahr 2017 bewusst, dass er keine lukrativen Renditen erzielen würde und auch die investierten 3.500 Euro nicht mehr an ihn zurückfließen würden. Er entschloss sich daher, den Zeugen M. zur „Rückzahlung“ durch Androhung körperlicher Repressalien zu bewegen. Hierbei ging der Angeklagte – wegen der nicht aufklärbaren Rolle des Zeugen in dem „Schneeballsystem“ oder einer etwaigen Eigenhaftung des Zeugen als Han- delsvertreter womöglich irrig – davon aus, keinen rechtlich begründbaren Anspruch gegen ihn zu haben. Am 8. April 2017 forderte der Angeklagte den Zeugen M. auf, an ihn 3.500 Euro zu zahlen. Für den Fall der Nichtzahlung drohte der Angeklagte damit, er werde seinem Vater, um dessen Tötungsdelikt der Zeuge wusste, die Adresse des Zeugen mitteilen. Sein Vater werde Leute schicken , die dem Zeugen den Kopf abschlagen oder ihn zumindest ins Krankenhaus bringen. Der Zeuge M. nahm die Drohung ernst und wandte sich an die Polizei, woraufhin der Angeklagte sein Vorhaben als gescheitert ansah.
5
Das Landgericht hat in diesem Geschehen eine versuchte räuberische Erpressung gesehen (Fall II.1. der Urteilsgründe).
6
2. Am 13. Mai 2018 gegen 3.25 Uhr betraten der Angeklagte, dessen maximale Blutalkoholkonzentration 1,5 Promille betrug, und ein unbekannter Mittäter ein Hotel in W. durch einen unverschlossenen Nebeneingang, um – wie zuvor verabredet – gemeinsam mehrere Flaschen mit hochprozentigen Spirituosen zu entwenden. Der Angeklagte nahm zu diesem Zweck in der Hotelbar eine Flasche Whiskey mit 0,7 Liter Inhalt an sich und wollte sich wieder entfernen. Der als Nachtportier eingesetzte Zeuge Q. war durch ein Geräusch aus der Hotelbar aufmerksam geworden und stellte – während der Mittäter mit zwei Flaschen Alkohol aus dem Hotel flüchten konnte – dem Angeklagten nach, der die Whiskey-Flasche in der Hand trug. Am Ende des Speisesaals holte er ihn ein. Der Angeklagte wandte sich um und sagte zu dem Zeugen, er solle sich „verpissen“. Der Zeuge erwiderte: „Ihr könnt doch hier nicht klauen.“ Der Angeklagte fürchtete, der Hotelangestellte werde versuchen, ihm den erlangten Gewahrsam an der Flasche wieder zu entziehen.
7
Der Angeklagte fasste nunmehr den Entschluss, sich gewaltsam gegen den Zeugen Q. zur Wehr zu setzen, um sich einerseits im Besitz der erbeuteten Flasche zu erhalten und um andererseits die Flucht fortsetzen zu können. Zu diesen Zwecken stieß der Angeklagte, der die Whiskey-Flasche an ihrem Hals in einer Hand hielt, dem Zeugen den Flaschenboden mehrfach gegen Kopf und Körper. Zudem versetzte er ihm mehrere Faustschläge. Um die Flasche nicht zu zerstören, in deren Besitz er sich halten wollte, führte der Angeklagte lediglich mit mittlerer Wucht Stoßbewegungen mit dem „ganzen Flaschenboden“ gegen den Zeugen aus. Der Zeuge trug durch die Stöße und Schläge di- verse Prellungen am Kopf, an einem Unterarm und am Schlüsselbein davon. Als es ihm zur Verteidigung gelang, einen Stuhl zu greifen und damit nach dem Angeklagten zu schlagen, riss dieser zur Abwehr seine Hand, in der er die Flache trug, reflexhaft nach oben. Der Stuhl schlug daraufhin gegen die Flasche, die zerbrach. An ihren Scherben zog sich der Angeklagte Schnittverletzungen an den Fingern zu. Der Zeuge nutzte diesen Moment, um sich zurückzuziehen und einen Notruf abzusetzen, während der Angeklagte vom Tatort flüchtete.
8
Das Landgericht hat den Angeklagten in diesem Fall des besonders schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen (Fall II.2. der Urteilsgründe).

II.


9
Das Urteil hält sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Beweiswürdigung des Landgerichts weist Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten auf.
10
1. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts, das sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden hat. Das Revisionsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatgerichts mit Rechtsfehlern behaftet ist, weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht übereinstimmt oder sich so weit von einer Tatsachengrundlage entfernt, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen letztlich als reine Vermutung erweisen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 4. September 2014 – 1 StR 389/14 Rn. 14 mwN).
11
2. Vor diesem Hintergrund ist die Beweiswürdigung des Landgerichts bei beiden Taten zumindest lückenhaft.
12
a) Im Fall II.1. der Urteilsgründe ist die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe sich unrechtmäßig im Sinne von § 253 Abs. 1 StGB zu bereichern beabsichtigt, nicht ausreichend belegt. Eine unrechtmäßige Bereicherung strebt der Täter nicht an, wenn er sich einen Anspruch auf die erstrebte Leistung gegen das Opfer zumisst, der von der Rechtsordnung anerkannt wird und den er demgemäß mit gerichtlicher Hilfe in einem Zivilprozess durchsetzen könnte. Hierbei ist allein die Vorstellung des Täters über die materielle Rechtslage , nicht aber seine Einschätzung der Beweislage maßgebend (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 7. August 2003 – 3 StR 137/03, BGHSt 48, 322, 328 f.). Insoweit kranken die Ausführungen des Landgerichts bereits grundlegend daran, dass es die Rechtslage – auch nach dem vom Generalbundesanwalt erwähnten Vermögensanlagegesetz – nicht geklärt hat, obgleich diese von indizieller Bedeutung für das Vorstellungsbild des Angeklagten über eine Forderung gegen den Zeugen M. ist. Die Strafkammer geht vielmehr von einem etwaigen sog. umgekehrten Tatbestandsirrtum (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2007 – 3 StR 274/07 Rn. 2 mwN, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 15) des nicht geständigen Angeklagten aus, was indes im Rahmen der Beweiswürdigung näherer Begründung bedurft hätte.
13
Ohnehin lässt das Urteil nicht erkennen, dass das Landgericht alle Umstände , die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Insbesondere hätte sich die Strafkammer nicht darauf beschränken dürfen auszuschließen, dass der Angeklagte sich von dem Zeugen M. betrogen fühlte. Schon die Einlassung des Angeklagten (UA S. 16) gebot die weitergehende Erörterung, ob er sich als Ergebnis laienhafter Bewertung der Umstände nicht eine von der Rechtsordnung anerkannte Garantie- oder Beraterhaftung des Zeugen M. vorstellte. Hierzu drängte zugleich die von der Strafkammer als zentrales Beweismittel herangezogene WhatsApp-Kommunikationvom 9. April 2017 zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen. Denn auch dort warf er diesem vor, „es mir garantiert“ sowie ihm „geraten“ zu haben, die Inves- tition zu tätigen (UA S. 20/21).
14
Dass der Angeklagte gleichwohl eine aus seiner Sicht unberechtigte Geldforderung gegen den Zeugen erhob, ist damit ein unzureichend begründeter Schluss des Landgerichts. In der Folge hat es sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt , ob der Angeklagte – was für die subjektive Tatseite genügen würde (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2012 – 2 StR 547/11 Rn. 10 mwN) – die Unrechtmäßigkeit des erstrebten Vermögensvorteils zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat.
15
b) Ebenso wenig genügt im Fall II.2. der Urteilsgründe die knappe Beweiswürdigung des Landgerichts zur Besitzerhaltungsabsicht des Angeklagten nach § 252 StGB den rechtlichen Anforderungen. Der Täter muss zum Ziel haben , sich durch die Gewaltanwendung oder Drohung im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten. Diese Absicht muss nicht der einzige Beweggrund für die Gewaltanwendung oder den Einsatz des Nötigungsmittels sein (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2005 – 4 StR 170/05 Rn. 13 mwN). Eine bloße Fluchtabsicht reicht jedoch nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 4. September 2014 – 1 StR 389/14 Rn. 11 mwN).
16
Das Landgericht hat eine alleinige Motivation des Angeklagten, durch die Gewaltanwendung seine Flucht zu ermöglichen, nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen. Das maßgebende Indiz für seine zugleich bestehende Besitzerhaltungsabsicht hat es darin gesehen, dass der Angeklagte die Flasche in bewusst „schonender“ Weise eingesetzt hat. Es hat sich hierbei jedoch nicht mit nahe- liegenden anderen Gründen für ein derartiges Vorgehen befasst, obwohl sein Beweisergebnis auch nicht durch eine Flucht des Täters unter Mitnahme der Beute (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 4. September 2014 – 1 StR 389/14 Rn. 12) gestützt wird. Insoweit weist die Revision zu Recht darauf hin, dass wuchtige Schläge mit der – hierdurch womöglich zerberstenden – Flasche zu weitaus gravierenderen Verletzungen des Zeugen hätten führen können, die der Angeklagte womöglich vermeiden wollte. Dies kommt hier nicht zuletzt deshalb ernsthaft in Betracht, weil er sich zugleich selbst einer größeren Verletzungsgefahr ausgesetzt hätte.
17
Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung hätte das Landgericht – über den von ihm in den Blick genommenen geringen Wert der Beute hinaus – zudem bedenken müssen, dass der Angeklagte aufgrund seiner u.a. durch einen besonders schweren Raub bedingten Hafterfahrung mit einer spürbaren Bestrafung zu rechnen hatte. Denn infolge dieses Umstands liegt es nicht fern, dass die Absicht des Täters, seine Identifizierung zu verhindern, nicht nur der vorherrschende, sondern möglicherweise sogar der alleinige Beweggrund der Gewaltanwendung ist (vgl. KG, Beschluss vom 1. Juli 2016 – 121 Ss 100/16 Rn. 3; OLG Koblenz, Beschluss vom 13. Juli 2006 – 1 Ss 151/06 Rn. 19 mwN).

III.


18
1. Die aufgezeigten Rechtsfehler führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, im Fall II.2. der Urteilsgründe auch hinsichtlich der an sich rechtsfehlerfrei festgestellten tateinheitlich verwirklichten gefährlichen Körperverletzung (vgl. BGH, Beschluss vom 25. August 2016 – 2 StR 559/15 Rn. 17). Der Senat hebt die gesamten Feststellungen wegen der engen Verknüpfung zwischen innerem und äußerem Tatgeschehen auf, um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen (§ 353 Abs. 2 StPO).
19
2. Im neuen Rechtsgang wird bei dem bisherigen Fall II.2. der Urteilsgründe unter Berücksichtigung der Gesamtumstände zu erörtern sein, ob die Wegnahme der Whiskey-Flasche in den Räumlichkeiten des Hotels und damit im Gewahrsamsbereich des Berechtigten bereits vollendet war (vgl. zu den Grundsätzen BGH, Urteil vom 6. März 2019 – 5 StR 593/18 Rn. 3 ff.; SSWStGB /Kudlich, 4. Aufl., § 242 Rn. 34 mwN). Ein für die Strafbarkeit des Angeklagten nach § 252 StGB erforderlicher vollendeter Diebstahl (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2010 – 3 StR 180/10 Rn. 4) wäre schon aufgrund der von seinem Mittäter entwendeten Spirituosen zu bejahen (§ 25 Abs. 2 StGB). Es ist aber bisher nichts dafür ersichtlich, dass der Angeklagte die Gewalt (auch) deshalb angewendet haben könnte, um sich oder seinen Mittäter in dem Besitz der von diesem eigenhändig gestohlenen Flaschen zu erhalten (vgl. hierzu allgemein BGH, Beschluss vom 16. September 2014 – 3 StR 373/14 Rn. 5 mwN).
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Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


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Strafgesetzbuch - StGB | § 25 Täterschaft


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Strafgesetzbuch - StGB | § 253 Erpressung


(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten

Strafgesetzbuch - StGB | § 252 Räuberischer Diebstahl


Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

14
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters, der sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden hat (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 2014 - 1 StR 649/13; Urteil vom 1. Oktober 2013 - 1 StR 403/13 jew. mwN). Das Revisionsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht übereinstimmt oder sich soweit von einer Tatsachengrundlage entfernt, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen letztlich als reine Vermutung erweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, jew. aaO mwN).

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.

2
Die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchter räuberischer Erpressung hält rechtlicher Prüfung stand. Dem Schuldspruch steht insbesondere nicht entgegen, dass das Landgericht nicht zu klären vermochte, ob dem Angeklagten tatsächlich noch ein Anspruch auf Rückerstattung eines Teils der angezahlten 6.500 € gegen die Firma I. - diese repräsentiert durch ihren Geschäftsführer W. - zustand; denn da der Angeklagte nach den Feststellungen die Vorstellung hatte, keinen eigenen Anspruch gegen den von ihm bedrohten W. (die Firma I. ), sondern allenfalls gegen O. zu haben, handelte er subjektiv mit der in § 253 Abs. 1 StGB vorausgesetzten Absicht, sich zu Unrecht zu bereichern. Dass seine Beurteilung der zivilrechtlichen Beziehungen zwischen den bei der Überlassung des Maserati beteiligten Personen der tat- sächlichen Rechtslage nicht gerecht wurde und aus juristischer Sicht unverständlich erscheinen mag, ändert hieran nichts. Sollte dem Angeklagten entgegen seiner Ansicht ein teilweiser Rückzahlungsanspruch gegen die Firma I. in der von ihm verlangten Höhe zugestanden haben, hätte bei ihm lediglich ein sog. umgekehrter Tatbestandsirrtum vorgelegen, der die Strafbarkeit wegen - untauglichen - Erpressungsversuchs unberührt ließ (vgl. zu § 263 StGB - BGHSt 42, 268, 272 f.; BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 7 a E; s. Günther in SK-StGB - Stand April 1998 - § 253 Rdn. 25).

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.

10
a) Die Erwägungen, mit denen das Landgericht einen Erpressungsvorsatz der Angeklagten verneint hat, sind nicht frei von Rechtsfehlern. Die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils ist ein normatives Tatbestandsmerkmal des § 253 StGB, auf das sich der - zumindest bedingte - Vorsatz des Täters erstrecken muss. Stellt dieser sich für die erstrebte Bereicherung eine in Wirklichkeit nicht bestehende Anspruchsgrundlage vor, so handelt er in einem Tatbestandsirrtum i.S.v. § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB (st. Rspr., vgl. BGHSt 48, 322, 328). Jedoch genügt es für den Erpressungsvorsatz, wenn der Täter es für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, dass die Forderung nicht oder nicht im Umfang des Nötigungsziels besteht oder aber von der Rechtsordnung nicht geschützt ist. Nur wenn der Täter klare Vorstellungen über Grund und Höhe des geltend gemachten Anspruchs hat, fehlt es ihm an dem Bewusstsein einer rechtswidrigen Bereicherung (BGH NStZ-RR 1999, 6; StV 2000, 79, 80).

Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 170/05
vom
12. Juli 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu Nr. 1. Diebstahls mit Waffen u. a.
zu Nr. 2. Anstiftung zum Diebstahl mit Waffen u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 12. Juli 2005 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 16. Dezember 2004 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, Nötigung, gefährlicher Körperverletzung und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis für immer angeordnet. Den Angeklagten F. hat es wegen Anstiftung zum Diebstahl mit Waffen und zur vorsätzlichen Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
Die jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten haben Erfolg.

I.


Nach den Feststellungen hatten der Angeklagte M. , der "seit vielen Jahren unter einer schweren Alkoholabhängigkeit" leidet, und der Angeklagte F. in der vorangegangenen Nacht und am Vormittag des Tattages in erheblichem Umfang Alkohol getrunken. Dabei hatte der Angeklagte M. zum Öffnen der Bierflaschen den Flaschenöffner an dem von ihm stets in einer Tasche seiner Kleidung mitgeführten Taschenmesser (Klingenlänge etwa 4,5 cm) verwendet. Als die Angeklagten an einem vorübergehend am Fahrbahnrand abgestellten Klein-Lkw vorbeigingen, bemerkte der Angeklagte F. , dass in dem nicht verschlossenen Fahrzeug der Zündschlüssel steckte. Er hatte spontan die Idee, mit dem Fahrzeug auf schnelle und bequeme Weise von W. nach D. zurückgelangen zu können, traute sich jedoch nicht, das Fahrzeug selbst zu entwenden. Er wies den Angeklagten M. , um diesen zur Entwendung des Fahrzeugs zu veranlassen, auf den steckenden Zündschlüssel hin. Um dem Angeklagten F. zu beweisen, dass er im Gegensatz zu diesem "über die nötige Courage verfügte", ging der Angeklagte M. , der keine Fahrerlaubnis hat, zu dem Lkw zurück, stieg ein und fuhr geradeaus davon. Dabei war ihm bewusst, dass er aufgrund seiner erheblichen Alkoholisierung - seine Blutalkoholkonzentration betrug drei Stunden und zehn Minuten nach der Tat noch 2,82 ‰ - nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen. Nach einer Fahrtstrecke von etwa 60 bis 70 Metern hielt der Angeklagte M. das Fahrzeug am Beginn einer lang gezogenen Linkskurve an, um den Angeklagten F. zusteigen zu lassen. Dem Zeugen G. , der die Ent-
wendung seines Fahrzeugs bemerkt hatte, gelang es, den Lkw einzuholen. Er stellte sich vor den Lkw und legte beide Hände auf die Motorhaube des Fahrzeugs , um eine Weiterfahrt zu unterbinden. Der Angeklagte M. gab zunächst kurz und kräftig Gas, um dem Zeugen Angst einzuflössen und ihn zu veranlassen, den Weg freizugeben. Als der Zeuge darauf nicht reagierte, fuhr der Angeklagte M. mit heulendem Motor ruckartig und zügig an. Er wollte den Zeugen G. "zwar nicht gezielt anfahren", rechnete aber damit, dass dieser von der Vorderfront des Lkw erfasst werden könnte, und nahm dies "jedenfalls billigend in Kauf". Der Zeuge G. , der versuchte auszuweichen, wurde vom Lkw erfasst, zur Seite weggeschleudert und erlitt in Folge des Sturzes Prellungen und Schürfwunden. Der Angeklagte M. setzte seine Fahrt fort, weil er sich "fluchtartig vom Ort des Geschehens entfernen wollte“. Nach einer Fahrtstrecke von 150 bis 200 Metern stellte er den Lkw mit laufendem Motor auf einer Garagenzufahrt eines Grundstücks ab, weil die Angeklagten nach Entdeckung des Diebstahls und wegen des Unfalls mit der umgehenden Einleitung einer Fahndung rechneten und die Fortsetzung der Flucht mit dem Lkw deshalb für zu riskant hielten.

II.


Das Urteil hat insgesamt keinen Bestand.
1. Die Verurteilung des Angeklagten M. begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, soweit es die Schuldsprüche wegen Diebstahls mit Waffen und vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und die Beurteilung der Konkurrenzen betrifft.

a) Dass der Angeklagte M. bei dem Diebstahl des Lkw den Qualifikationstatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB verwirklicht hat, ist durch bisherige Feststellungen nicht belegt.
Allerdings steht die Annahme des Landgerichts, dass ein Taschenmesser ein sonstiges gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Vorschrift ist, im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach sind Messer, sofern sie nicht schon dem Waffenbegriff unterfallen, generell als "gefährliche Werkzeuge" einzustufen (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 265 m.w.N.). Ob dies grundsätzlich ungeachtet der Größe und der eigentlichen Bestimmung als Gebrauchsgegenstand eines solchen Messers auch für Taschenmesser in der Art von Schweizer Offiziersmessern gilt (vgl. BGHSt 43, 266, 268 zu § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG; vgl. auch BayObLGSt 2000, 38, 39; OLG Schleswig NStZ 2004, 212, 214) oder ob es im Hinblick darauf, dass sich das Mitsichführen eines solchen Taschenmessers als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens als sozialadäquates Verhalten darstellt, einer einschränkenden Auslegung des Begriffs des gefährlichen Werkzeuges im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB bedarf (vgl. OLG Braunschweig NJW 2002, 1735; OLG Frankfurt StV 2002, 145; für (kleinere) Taschenmesser ausdrücklich offen gelassen in BGH StV 2002, 191, NStZ-RR 2003, 12; zu den hierzu vertretenen Lösungsansätzen vgl. Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 244 Rdn. 8 ff.), braucht der Senat hier nicht zu entscheiden. Jedenfalls ist nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte M. das Messer im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB bei sich geführt hat.
Zwar hat das Landgericht festgestellt, dass sich die Angeklagten bei der Tatausführung dessen bewusst waren, dass der Angeklagte M. sein Ta-
schenmesser in einer Tasche seiner Kleidung bei sich hatte. Hierzu hätte es aber näherer Ausführungen bedurft, denn das Tatbestandsmerkmal des "Beisichführens" ist nur dann erfüllt, wenn der Täter das gefährliche Werkzeug bei der Tatausführung "bewusst gebrauchsbereit" bei sich hatte (vgl. BGH NStZRR 2003, 12, 13 m.w.N.). Ein entsprechendes Bewusstsein liegt aber beim Beisichführen eines Taschenmessers mit einer Klingenlänge von nur 4, 5 cm namentlich dann, wenn ein solches Messer – wie hier festgestellt – vor der spontan begangenen Tat „ständig“ (nur) zum Öffnen von Bierflaschen benutzt wurde, nicht auf der Hand (vgl. BGH aaO m.w.N.). Hinsichtlich der subjektiven Tatseite hätte es zudem einer Auseinandersetzung damit bedurft, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten M. alkoholbedingt erheblich vermindert war.

b) Auch die Annahme einer vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Feststellungen ergeben nämlich nicht, dass die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Angeklagten M. ursächlich für die Gefährdung des Tatopfers im Sinne des § 315 c Abs. 1 Nr. 1 a StGB war. Vielmehr hat der Angeklagte den Lkw bewusst und gezielt eingesetzt , um den Zeugen G. zu veranlassen, ihm den Weg freizugeben und dabei mögliche Verletzungen des Zeugen billigend in Kauf genommen. Bei einer solchen Sachlage scheidet die Annahme einer Straßenverkehrsgefährdung neben dem hier vorliegenden vorsätzlichen Eingriff in den Straßenverkehr nach § 315 b StGB aus (vgl. BGHR StGB § 315 c Konkurrenzen 1). Soweit es die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Angeklagten M. betrifft, ist deshalb nur eine vorsätzliche Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 Abs. 1 StGB gegeben.

c) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet auch die Annahme zweier rechtlich selbstständiger Taten des Angeklagten M. . Das Landgericht hat zwar, was den Angeklagten nicht beschwert, eine Strafbarkeit wegen schweren räuberischen Diebstahls gemäß § 252 i.V.m. §§ 249, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verneint, weil zu Gunsten des Angeklagten M. davon auszugehen sei, dass er die Fahrt mit dem Lkw allein in dem Bestreben fortsetzte, sich durch rasche Flucht einer Identifizierung als Fahrzeugdieb und sofortigen oder späteren Ergreifung zu entziehen. Wird aber eine solche Absicht lediglich nach dem Zweifelsgrundsatz verneint, ist bei der Beurteilung der Konkurrenzen in erneuter Anwendung des Zweifelsgrundsatzes von einer solchen Absicht auszugehen und Tateinheit zwischen allen bis zur Beendigung des Diebstahls verletzten Strafgesetzen anzunehmen (vgl. BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 1), weil Handlungen, die nach der rechtlichen Vollendung eines Diebstahls, aber vor seiner tatsächlichen Beendigung vorgenommen werden und zugleich weitere Strafgesetze verletzen, Tateinheit begründen, wenn sie (auch) der von § 252 Abs. 1 StGB vorausgesetzten Absicht dienen (vgl. BGH StraFo 1999, 100, 101 m.w.N.).
2. Die Verurteilung des Angeklagten F. begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken nur, soweit ihn das Landgericht der Anstiftung zum Diebstahl mit Waffen schuldig gesprochen hat, weil aus den oben genannten Gründen nicht rechtsfehlerfrei festgestellt ist, dass dieser den Angeklagten M. dazu bestimmen wollte, das Taschenmesser bei dem Diebstahl im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB bei sich zu führen. Im übrigen ist die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe den Angeklagten M. zum Diebstahl und zur vorsätzlichen Trunkenheit im Verkehr angestiftet, entgegen der Auffassung der Revision rechtlich nicht zu beanstanden.

3. Die aufgezeigten Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Urteils. Zur Vermeidung von Widersprüchen werden auch die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufgehoben.
4. Der neue Tatrichter wird bei der erneuten Prüfung einer Strafbarkeit des AngeklagtenM. wegen eines tateinheitlich begangenen (schweren) räuberischen Diebstahls zu beachten haben, dass die gemäß § 252 Abs. 1 StGB erforderliche Absicht, sich den Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, nicht der einzige Beweggrund des Täters für die Gewaltanwendung oder den Einsatz des Nötigungsmittels sein muss, sondern dass tatbestandsmäßig im Sinne der genannten Vorschrift auch handelt, wer sich der Strafverfolgung entziehen, gleichzeitig aber auch das Diebesgut verteidigen will (vgl. BGH NStZ 2000, 530, 531 m.w.N.). Dies kann insbesondere dann nahe liegen, wenn aus der Sicht des Täters – wie hier - das entwendete Fahrzeug zunächst weiterhin benötigt wird, um sich einen Vorsprung zu verschaffen.
Im Hinblick darauf, dass der Angeklagte M. nach den bisherigen Feststellungen "seit vielen Jahren unter einer schweren Alkoholabhängigkeit" leidet , wird bei der Prüfung einer Versagung der Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zu beachten sein, dass sie dann nicht in Betracht
kommt, wenn der Täter aufgrund eines unwiderstehlichen oder ihn weitgehend beherrschenden Hanges trinkt (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 33, 35).
Maatz Kuckein Athing
Solin-Stojanovi? RiBGH Dr. Ernemann ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Maatz
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Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters, der sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden hat (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 2014 - 1 StR 649/13; Urteil vom 1. Oktober 2013 - 1 StR 403/13 jew. mwN). Das Revisionsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht übereinstimmt oder sich soweit von einer Tatsachengrundlage entfernt, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen letztlich als reine Vermutung erweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, jew. aaO mwN).
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c) Die aufgezeigten Rechtsfehler führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, auch hinsichtlich der an sich rechtsfehlerfrei festgestellten tateinheitlich verwirklichten gefährlichen Körperverletzung. Die Sache bedarf insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. Fischer Krehl Eschelbach Ott Bartel

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

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2. Das Landgericht hat beide Taten zutreffend als vollendet angesehen. Hierfür ist erforderlich, dass der Täter hinsichtlich der zuzueignenden Sache fremden Gewahrsam gebrochen und neuen begründet hat (vgl. BGH, Urteile vom 27. August 1986 – 3 StR 264/86, NStZ 1987, 71, und vom 18. Februar

Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.

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b) Räuberischer Diebstahl setzt nach § 252 StGB als Vortat eine von Zueignungsabsicht getragene vollendete Wegnahme - den Bruch fremden und die Begründung neuen eigenen Gewahrsams - voraus (Fischer, StGB, 57. Aufl., § 252 Rn. 3 f.). Dies hat das Landgericht nicht verkannt. Es ist indes der Auf- fassung, dass der Angeklagte, als er dem Zeugen das Mobiltelefon aus der Hand genommen habe, dessen Gewahrsam nur gelockert habe; gebrochen habe er ihn erst, als er dieses, nunmehr in Zueignungsabsicht, eingesteckt und sich damit entfernt habe. Dem kann sich der Senat nicht anschließen. Der Täter bricht fremden und begründet neuen eigenen Gewahrsam dann, wenn er unter Ausschluss des Berechtigten die tatsächliche Sachherrschaft erlangt. Bei handlichen und leicht zu bewegenden Gegenständen genügt hierfür ein bloßes Ergreifen und Festhalten jedenfalls dann, wenn der Berechtigte seine ungehinderte Verfügungsgewalt nur noch gegen den Willen des Täters und unter Anwendung von körperlicher Gewalt wiederherstellen könnte (BGH NStZ 2008, 624, 625 mwN). Nach diesen Maßstäben war die Wegnahme bereits vollendet, als der Angeklagte dem Zeugen das Mobiltelefon aus der Hand nahm, denn um die ungehinderte eigene Verfügungsgewalt wiederzuerlangen hätte der Zeuge es ihm gegen dessen Widerstand entwinden müssen. Der Wille des Angeklagten, den Zugriff des Zeugen hierauf auszuschließen, ergibt sich schon daraus, dass ihm der Sachentzug als Mittel zur Durchsetzung seiner unberechtigten Geldforderung dienen sollte.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

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b) Indes kann nach allgemeiner Ansicht - bei Unterschieden im Einzelnen (umfassend Weigend, GA 2007, 274) - Täter des § 252 StGB nicht derjenige sein, der weder selbst im Besitz der entwendeten Sache ist (vgl. zum Gehilfen BGH, Urteil vom 8. Juli 1954 - 4 StR 350/54, BGHSt 6, 248, 250; hiergegen LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 252 Rn. 14 ff.), noch am Diebstahl mittäterschaftlich beteiligt war. Dies folgt aus der von § 252 StGB verlangten Besitzerhaltungsabsicht. Der Angeklagte erfüllte indes keine der die Täterschaft begründenden Voraussetzungen. Besitz am Notebook hatte die Nichtrevidentin. Dieser kann dem Angeklagten nicht gemäß § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden. Denn die Annahme des Landgerichts von Mittäterschaft bei Begehung des Diebstahls wird von den Feststellungen nicht getragen. Die Einfügung der Drittzueignungsabsicht durch das 6. Strafrechtsreformgesetz vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 164) hat zwar den Anwendungsbereich der Mittäterschaft aus- gedehnt, die allgemeinen Abgrenzungskriterien zwischen Täterschaft und Teilnahme in diesem Bereich jedoch nicht außer Kraft gesetzt. Voraussetzung ist weiterhin die gemeinsame Beherrschung des Tatgeschehens aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlusses (Weigend aaO, 281). Nach den Feststellungen fehlte es jedoch an jeglichem Einfluss des Angeklagten auf das Geschehen der Wegnahme: diese war eine Idee der Nichtrevidentin, die allein handelte und die allein Nutzen aus der Tat ziehen sollte. Auch der festgestellte, allerdings nicht weiter erläuterte gemeinsame Tatentschluss vermag vor diesem Hintergrund Mittäterschaft nicht zu begründen.