Bundesgerichtshof Urteil, 15. Aug. 2018 - 5 StR 160/18
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 15. August 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer
Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Berger, Prof. Dr. Mosbacher, Köhler als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt S. , Rechtsanwalt A. als Verteidiger,
Rechtsanwalt B. als Nebenklägervertreter,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen -
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit
- 1
- unerlaubtem Besitz und mit Führen einer Schusswaffe zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Rüge der Verletzung von § 261 StPO Erfolg.
- 2
- in seiner Beweiswürdigung davon ausgegangen ist, der Angeklagte habe in der Hauptverhandlung keine Angaben gemacht (UA S. 17, 19), obwohl er sich am fünften Hauptverhandlungstag vom 8. September 2017 und am sechsten Hauptverhandlungstag vom 19. September 2017 während der Vernehmungen der Zeuginnen M. und E. jeweils „spontan zur Sache äußerte“. Eine diesbezügliche Einlassung zur Sache ist durch die entsprechenden Formulierungen im Hauptverhandlungsprotokoll, das keine Berichtigung erfahren hat, im Sinne des § 274 StPO bewiesen.
- 3
- genügt dem Erfordernis des vollständigen Tatsachenvortrags im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.
- 5
- 3. Die Rüge ist auch begründet. Zu der Tatsache, dass sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung vom 8. September 2017 und vom 19. September 2017 zur Sache eingelassen hat, stehen die Urteilsgründe in Widerspruch. Die Nichtberücksichtigung der nach dem Protokoll bewiesenen Einlassung des Angeklagten verstößt gegen § 261 StPO (vgl. LR/Sander, StPO 26. Aufl., § 261 Rn. 176).
- 6
- Der Senat kann trotz der im Übrigen sorgfältigen und umfassenden Beweiswürdigung nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Verstoß gegen § 261 StPO beruht. Wegen des Verbots, den Inhalt der Hauptverhandlung zu rekonstruieren, ist der Inhalt der Einlassung des Angeklagten über deren Wiedergabe im Urteil hinaus der revisionsgerichtlichen Prüfung nicht zugänglich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. August 2007 – 2 StR 204/07, StV 2008, 235, 236; vom 27. März 2008 – 3 StR 6/08, BGHSt 52, 175, 180; vom 9. Dezember 2008 – 3 StR 516/08, aaO; vom 22. Juni 2017 – 1 StR 242/17, BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 52; vom 27. September 2017 – 4 StR 142/17, aaO). Dem Senat ist es mithin verwehrt, Überlegungen darüber anzustellen, inwieweit es sich bei den Spontaneinlassungen lediglich um eine bloße Unmutsäußerung des Angeklagten, wie sie die Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft für die Hauptverhandlung vom 19. September 2017 mitteilt, oder um Zwischenrufe gehandelt haben könnte, mit denen Aussagen von Zeuginnen gewertet wurden, die – nach den Urteilsgründen naheliegend – keine Angaben zum konkreten Tatvorwurf gemacht haben.
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Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
Die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen den diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt des Protokolls ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Besitzes halbautomatischer Kurzwaffen in Tateinheit mit Besitz von Munition zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und zu seinen Lasten 2.505 € für verfallen erklärt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts und auf Verfahrensbeanstandungen gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Näherer Erörterung bedürfen ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts lediglich die nachfolgenden Verfahrensrügen:
- 2
- 1. Die Rüge, das Landgericht habe bei seiner Entscheidung die Aussage eines Zeugen in der Hauptverhandlung nicht berücksichtigt und dadurch gegen § 261 StPO verstoßen, ist unbegründet.
- 3
- a) Der Rüge liegt zugrunde:
- 4
- Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten im Wesentlichen auf die Aussage des zwischenzeitlich verstorbenen Zeugen T. im Ermittlungsverfahren gestützt. Dieser hatte dort unter anderem bekundet , der Angeklagte habe ihn zuhause aufgesucht, um ihn zur Mitwirkung an dem Drogengeschäft zu gewinnen. Bestätigt gesehen hat das Landgericht diese Aussage unter anderem dadurch, dass der Zeuge C. T., Sohn des Zeugen T., bei einer Lichtbildvorlage im Ermittlungsverfahren erklärt hatte, den Angeklagten als den seinerzeitigen Besucher wiederzuerkennen. Im Übrigen teilt das Urteil mit, der Zeuge C. T. habe in der Hauptverhandlung von seinem Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO Gebrauch gemacht. Demgegenüber ist im Hauptverhandlungsprotokoll festgehalten, dass der Zeuge C.T. nach Belehrung zunächst zur Sache ausgesagt und dann erklärt hat, keine weiteren Angaben zur Sache machen zu wollen.
- 5
- b) Bei dieser Sachlage steht einem Erfolg der Rüge das Verbot einer Rekonstruktion der tatrichterlichen Beweisaufnahme entgegen, denn ohne eigene Ermittlungen zum Inhalt einer Aussage des Zeugen C. T. in der Hauptverhandlung wäre das Revisionsgericht außer Stande, die für die Begründetheit des Rechtsmittels maßgebliche Frage zu beurteilen, ob sich der Zeuge in Widerspruch zu seinen Angaben im Ermittlungsverfahren setzte oder ob er sonst neue Umstände bekundete, zu deren Erörterung sich das Landgericht bei der Würdigung der Beweise hätte gedrängt sehen müssen. Nicht allein schon die fehlende Erwähnung der Aussage eines laut Protokoll in der Hauptverhandlung gehörten Zeugen begründet die Inbegriffsrüge (vgl. nur BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 224/09, NJW 2010, 882, 883); die hinzutretende protokollwidrige Darlegung, der Zeuge habe von § 55 StPO Gebrauch gemacht, vermag hieran nichts zu ändern. Dies unterscheidet die vorliegende Fallgestal- tung, anders als die Revision meint, auch wesentlich von der vom Bundesgerichtshof bereits entschiedenen, dass ein Angeklagter sich entgegen den Urteilsgründen laut Protokoll doch zur Sache eingelassen hatte (BGH, Beschluss vom 10. August 2007 - 2 StR 204/07, StV 2008, 235). Auf den Inhalt kam es dort von vornherein nicht an, denn die Einlassung des Angeklagten hat der Tatrichter stets mitzuteilen; sie bestimmt Umfang und Inhalt der Darlegungen im Übrigen (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 267 Rn. 12 mwN).
- 6
- c) Der Rüge verhilft es auch nicht zum Erfolg, dass das Landgericht in den Gründen eines in der Hauptverhandlung ergangenen Haftfortdauerbeschlusses ausgeführt hat, das Wiedererkennen des Angeklagten durch den Zeugen C. T. bei der Lichtbildvorlage im Ermittlungsverfahren sei mit dessen Spontanäußerung in der Hauptverhandlung, den anwesenden Angeklagten nicht zu kennen, zunächst nicht in Einklang zu bringen. Die Gründe dieses Beschlusses entfalten in Bezug auf eine Aussage des Zeugen C. T. zur Sache keine Beweiskraft. Der Senat hält daran fest, dass der Inhalt einer Zeugenaussage in der Hauptverhandlung , soweit er nicht in der Urteilsurkunde wiedergegeben ist, nur durch ein Wortprotokoll nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO bewiesen werden kann (hierzu BGH, Urteil vom 3. Juli 1991 - 2 StR 45/91, BGHSt 38, 14, 16).
- 7
- 2. Die Rüge, die in der Hauptverhandlung am 28. Mai 2014 als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tätig gewordenen Justizangestellten S. und H. seien nicht im Sinne von § 153 Abs. 5 Satz 1 GVG mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe betraut gewesen, weshalb die Hauptverhandlung nicht in ununterbrochener Gegenwart eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle stattgefunden habe (§ 226 Abs. 1, § 338 Nr. 5 StPO), erweist sich als unzulässig.
- 8
- a) Allerdings belegen die vom Beschwerdeführer mitgeteilten Auskünfte des Präsidenten des Landgerichts Hannover vom 20. und vom 29. August 2014, dass die in § 9 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnungsvorschriften Niedersachsen (GOV-Nds; AV des Niedersächsischen Ministers der Justiz vom 6. Dezember 2004 [Nds. Rpfl. 2005, 15] und vom 23. Januar 2013 [Nds. Rpfl. 2013, 70]) für den Einsatz eines Angestellten als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle geforderte schriftliche Entscheidung der Geschäftsleitung bei beiden genannten Justizangestellten fehlte, soweit die Protokollführung in Strafsachen betroffen ist. Die im Wesentlichen gleichlautenden schriftlichen Verfügungen vom 22. Februar 1993 bzw. vom 27. Juli 1995 beschränken sich - was mit § 153 Abs. 5 Satz 1 GVG in Einklang steht (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 153 Rn. 22; aA LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 153 GVG Rn. 8) - auf die Übertragung der Befugnisse zur Erteilung von Ausfertigungen und beglaubigten Abschriften sowie zur Ausführung von Benachrichtigungen, Zustellungen und Ladungen. Wie in der Begründungsschrift dargelegt, ergeben sich auch weder aus den Auskünften des Präsidenten des Landgerichts Hannover noch sonst Anhaltspunkte für eine mündliche richterliche Eilmaßnahme nach § 9 Abs. 1 Satz 3 GOV-Nds.
- 9
- b) Indes verhält sich die Begründungsschrift nicht zu einer möglichen formlosen Entscheidung der Geschäftsleitung des Landgerichts Hannover, die Justizangestellten S. und H. mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle auch in der Hauptverhandlung in Strafsachen zu betrauen.
- 10
- aa) Nach § 153 Abs. 5 Satz 1 GVG können der Bund und die Länder bestimmen , dass mit Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle auch eine Person betraut werden kann, welche die in den Absätzen 2 oder 3 beschriebenen Voraussetzungen nicht erfüllt, aber in dem ihr zu übertragenden Aufgabengebiet einen Wissens- und Leistungsstand aufweist, der dem durch eine Ausbildung nach Absatz 2 vermittelten Stand gleichwertig ist. Zwar ist der Erwerb der Eigenschaft eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle danach - ebenso wie nach Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 - an die konkrete Betrauung der Person mit entsprechenden Aufgaben geknüpft. Eine besondere Form hierfür sieht § 153 GVG aber in keinem dieser Fälle vor; die Betrauung kann vielmehr stets auch formlos geschehen, insbesondere mündlich ausgesprochen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 -1 StR 24/10, BGHR GVG § 153 Abs. 5 Betrauung 1, Rn. 8; Kissel/Mayer aaO Rn. 19; KK-Mayer, StPO, 7. Aufl., § 153 GVG Rn. 6; Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 22. Aufl., § 153 GVG Rn. 19, 21; jeweils mwN). Auch auf der Grundlage eines formlosen, auf die Übertragung eines entsprechenden Aufgabenkreises gerichteten Willensakts der Gerichts- oder Justizverwaltung erwirbt die Person deshalb (insoweit) uneingeschränkt die Eigenschaft eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. Dass § 9 Abs. 1 Satz 2 GOV-Nds demgegenüber auf eine Einengung des Begriffs der Betrauung im Sinne von § 153 GVG abzielt und die Forderung nach Schriftlichkeit nicht lediglich als Ordnungsvorschrift zur Herstellung von Rechtsklarheit , sondern als konstitutives Element wirksamer Bestellung begreift, wird schon nicht ersichtlich. Im Übrigen könnte Landesrecht oder - wie hier - eine Verwaltungsvorschrift Tatbestandsmerkmale des § 153 GVG inhaltlich ohnehin nicht modifizieren. Die Öffnungsklausel des § 153 Abs. 5 Satz 1 GVG stellt es lediglich frei, eine Rechtsgrundlage für die Betrauung anderer als der in Absätzen 2 und 3 genannten Personen zu schaffen (vgl. Kissel/Mayer aaO Rn. 22).
- 11
- bb) Da hiernach eine dem Tätigwerden vorangegangene (BGH aaO, Rn. 6) formlose Entscheidung der Geschäftsleitung des Landgerichts Hannover, die Justizangestellten S. und H. mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle auch in der Hauptverhandlung in Strafsachen zu betrauen, der Rüge den Boden entzöge, wäre der Beschwerdeführer gehalten gewesen, hierzu vorzutragen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Dies überspannt nicht die Anforderungen an den Revisionsvortrag. Der Beschwerdeführer hätte auch zu dieser Frage ohne Weiteres noch eine Erklärung des Präsidenten des Landgerichts Hannover einholen können. Nahe gelegen hätte dies schon deshalb, weil bereits die mitgeteilte erste Auskunft vom 20. August 2014 zur Annahme einer formlosen Beauftragung geradezu drängte. Danach waren beide Justizangestellte einer Service-Einheit zugewiesen, in der die Mitübernahme der Protokollführung jedenfalls wünschenswert ist (Anlage 1 zu den GOV-Nds). Beide wurden zudem schon in der Vergangenheit regelmäßig als Protokollführerinnen in Hauptverhandlungen tätig; die erforderliche Qualifikation hat die Verwaltung nach eigener Aussage "durch umfassende Einarbeitung durch Beamte sichergestellt".
BUNDESGERICHTSHOF
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 27. September 2017 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten „wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in zwei Fällen, Betruges in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Anstiftung zum Missbrauch von Wegstreckenzählern, wegen Anstiftung zum Missbrauch von Wegstreckenzählern sowie wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit versuchtem Betrug“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
- 2
- Das Rechtsmittel hat mit der Verfahrensrüge der Verletzung von § 261 StPO Erfolg. Die weiteren Verfahrensrügen sowie die Sachrüge bedürfen daher keiner näheren Erörterung.
- 3
- Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Landgericht in seiner Be- weiswürdigung davon ausgegangen ist, der Angeklagte habe sich „zur Sache nicht eingelassen“, obwohl er sich, was durch dasHauptverhandlungsprotokoll bewiesen ist, am 10. Hauptverhandlungstag zur Sache eingelassen hat.
- 4
- 1. Die Rüge ist zulässig erhoben.
- 5
- Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts gehört der Inhalt der Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung nicht zu den den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und musste deshalb in der Revisionsrechtfertigung auch nicht vorgetragen werden. Den Inhalt der Sacheinlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung festzustellen – in welcher Form auch immer diese erfolgt ist – ist Sache des Tatrichters, der dafür bestimmte Ort sind die Urteilsgründe (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Dezember 2008 – 3 StR 516/08, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Einlassung 1; vom 10. Dezember 2014 – 3 StR 489/14, NStZ 2015, 473).
- 6
- 2. Die Rüge hat auch in der Sache Erfolg.
- 7
- a) Angesichts der durch das Hauptverhandlungsprotokoll bewiesenen Tatsache (§ 274 StPO), dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung vom 15. Dezember 2016 „weiter zur Sache“ aussagte, sind die Urteilsgründe lückenhaft. Sie ermöglichen dem Senat nicht die Nachprüfung, ob der Tatrichter bei der Urteilsfindung alles verwertet hat, was Gegenstand der Hauptverhandlung war. Vielmehr ist zu besorgen, dass das Landgericht bei der Beweiswürdigung die Einlassung des Angeklagten nicht mit berücksichtigt hat und seiner Überzeugungsbildung deshalb eine tragfähige Grundlage fehlt (vgl. BGH, Be- schlüsse vom 10. August 2007 – 2 StR 204/07, StV 2008, 235; vom 22. Juni 2017 – 1 StR 242/17).
- 8
- b) Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Verstoß gegen § 261 StPO beruht. Der Inhalt der Einlassung des Angeklagten ist wegen des Verbots, den Inhalt der Hauptverhandlung zu rekonstruieren, der revisionsgerichtlichen Prüfung nicht zugänglich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. August 2003 – 3 StR 17/03, BGHR StPO § 243 Abs. 4 Äußerung 8; vom 27. März 2008 – 3 StR 6/08, BGHSt 52, 175, 180; vom 9. Dezember 2008 – 3 StR 516/08, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Einlassung 1; im Ergebnis ebenso BGH, Beschluss vom 22. Juni 2017 – 1 StR 242/17).
Bender Quentin
Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
BUNDESGERICHTSHOF
Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 27. September 2017 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten „wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in zwei Fällen, Betruges in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Anstiftung zum Missbrauch von Wegstreckenzählern, wegen Anstiftung zum Missbrauch von Wegstreckenzählern sowie wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit versuchtem Betrug“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
- 2
- Das Rechtsmittel hat mit der Verfahrensrüge der Verletzung von § 261 StPO Erfolg. Die weiteren Verfahrensrügen sowie die Sachrüge bedürfen daher keiner näheren Erörterung.
- 3
- Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Landgericht in seiner Be- weiswürdigung davon ausgegangen ist, der Angeklagte habe sich „zur Sache nicht eingelassen“, obwohl er sich, was durch dasHauptverhandlungsprotokoll bewiesen ist, am 10. Hauptverhandlungstag zur Sache eingelassen hat.
- 4
- 1. Die Rüge ist zulässig erhoben.
- 5
- Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts gehört der Inhalt der Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung nicht zu den den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und musste deshalb in der Revisionsrechtfertigung auch nicht vorgetragen werden. Den Inhalt der Sacheinlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung festzustellen – in welcher Form auch immer diese erfolgt ist – ist Sache des Tatrichters, der dafür bestimmte Ort sind die Urteilsgründe (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Dezember 2008 – 3 StR 516/08, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Einlassung 1; vom 10. Dezember 2014 – 3 StR 489/14, NStZ 2015, 473).
- 6
- 2. Die Rüge hat auch in der Sache Erfolg.
- 7
- a) Angesichts der durch das Hauptverhandlungsprotokoll bewiesenen Tatsache (§ 274 StPO), dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung vom 15. Dezember 2016 „weiter zur Sache“ aussagte, sind die Urteilsgründe lückenhaft. Sie ermöglichen dem Senat nicht die Nachprüfung, ob der Tatrichter bei der Urteilsfindung alles verwertet hat, was Gegenstand der Hauptverhandlung war. Vielmehr ist zu besorgen, dass das Landgericht bei der Beweiswürdigung die Einlassung des Angeklagten nicht mit berücksichtigt hat und seiner Überzeugungsbildung deshalb eine tragfähige Grundlage fehlt (vgl. BGH, Be- schlüsse vom 10. August 2007 – 2 StR 204/07, StV 2008, 235; vom 22. Juni 2017 – 1 StR 242/17).
- 8
- b) Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Verstoß gegen § 261 StPO beruht. Der Inhalt der Einlassung des Angeklagten ist wegen des Verbots, den Inhalt der Hauptverhandlung zu rekonstruieren, der revisionsgerichtlichen Prüfung nicht zugänglich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. August 2003 – 3 StR 17/03, BGHR StPO § 243 Abs. 4 Äußerung 8; vom 27. März 2008 – 3 StR 6/08, BGHSt 52, 175, 180; vom 9. Dezember 2008 – 3 StR 516/08, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Einlassung 1; im Ergebnis ebenso BGH, Beschluss vom 22. Juni 2017 – 1 StR 242/17).
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