Bundesgerichtshof Urteil, 28. Feb. 2013 - 4 StR 537/12

bei uns veröffentlicht am28.02.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 537/12
vom
28. Februar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. Februar
2013, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als Vorsitzender,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Bender,
Dr. Quentin,
Reiter
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
der Angeklagte in Person,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 2. August 2012 im Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vierzehn Fällen unter Einbeziehung der Strafen aus den Strafbefehlen des Amtsgerichts Gardelegen vom 5. Juli 2011 und des Amtsgerichts Haldensleben vom 15. Dezember 2012 [richtig: 2011] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Dem Verfahren lag eine Verständigung zugrunde. Dem Angeklagten war für den Fall eines Geständnisses eine Gesamtstrafe zwischen drei Jahren und drei Jahren und sechs Monaten zugesichert worden. Mit ihrer zum Nachteil des Angeklagten eingelegten, auf den Gesamtstrafenausspruch beschränkten und mit der Sachrüge begründeten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Gesamtstrafenbildung. Das Landgericht habe übersehen, dass die Verurteilung vom 5. Juli 2011 Zäsurwirkung entfaltet habe, so dass zwei Gesamtfreiheitsstrafen hätten gebildet werden müssen. Die Revision hat Erfolg.
2
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den Strafausspruch beschränkt ; die weiter gehende Beschränkung auf den Gesamtstrafenausspruch ist hingegen nicht wirksam.
3
a) Die Feststellungen zum Schuldspruch in den Fällen 1 – 11 der Urteilsgründe stehen einer Beschränkung auf den Strafausspruch nicht entgegen.
4
Nach den Feststellungen unter II. 1. – 11. des angefochtenen Urteils fuhr der Angeklagte von Anfang Januar 2011 bis 27. Mai 2011 und wieder ab Mitte Juli 2011 bis Anfang August 2011 gemeinsam mit gesondert Verfolgten in mindestens elf Fällen nach E. in den N. , kaufte dort pro Fahrt jeweils mindestens 1 kg Marihuana und führte dieses anschließend zum gewinnbringenden Weiterverkauf nach Deutschland ein. Zwar könnte nach diesen Feststellungen unklar sein, wie viele Taten vor dem 5. Juli 2011 und wie viele danach stattfanden. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt sich jedoch entnehmen, dass die Taten zweimal im Monat stattfanden. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Taten 10, 11 und 12 (1 Tat Mai, 2 Taten Juni ) in der Hauptverhandlung gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt wurden, erschließt sich hinreichend deutlich, dass der Verurteilung jeweils zwei Taten in den Monaten Januar 2011 bis April 2011, eine Tat im Mai 2011 und zwei Taten von Mitte Juli bis Anfang August 2011 zugrunde liegen.
5
b) Eine Beschränkung der Revision auf die Anfechtung der Gesamtstrafe ist zwar prinzipiell möglich (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2012 – 2 StR 16/12 mwN.), sie ist hier aber nicht wirksam.
6
§ 54 Abs. 1 Satz 3 StGB enthält eigene, über § 46 StGB hinausgehende Bewertungsgrundsätze, so dass die Gesamtstrafenbildung grundsätzlich einen gesonderten Strafzumessungsvorgang erfordert (Rissing-van Saan in LK, 12. Aufl., § 54 Rn. 10 mwN). Innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs ist die Gesamtstrafenbildung als Beschwerdepunkt von dem nicht angegriffenen Teil des Strafausspruchs hinsichtlich der Einzelstrafen einer getrennten und umfassenden Überprüfung und Beurteilung durch das Revisionsgericht und den neuen Tatrichter jedenfalls dann zugänglich, wenn bei der Bildung der Gesamtstrafe nicht zur Vermeidung von Wiederholungen (vgl. Rissing-van Saan aaO Rn. 13 mwN) auf die zur Festsetzung der Einzelstrafen niedergelegten Erwägungen Bezug genommen wird (BGH, Urteil vom 8. September 1999 – 3 StR 285/99, NStZ-RR 2000, 13). Eine solche Bezugnahme liegt hier vor, denn die Straf- kammer hat die Gesamtstrafe „unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände“ verhängt.
7
Hinzu tritt hier noch ein weiterer Gesichtspunkt. Die Strafkammer hat die Einzelstrafen ausdrücklich unter Berücksichtigung der in der Hauptverhandlung getroffenen Vereinbarung mit dem Angeklagten über die Höhe der Gesamtstrafe bemessen. Da somit die Verständigung für den gesamten Strafausspruch eine erhebliche Rolle gespielt hat und damit eine Wechselwirkung zwischen den Einzelstrafen und der Gesamtstrafe gegeben ist, ist der gesamte Strafausspruch angegriffen.
8
2. Das Rechtsmittel ist begründet und führt zur Aufhebung des Strafausspruchs insgesamt.
9
a) Das Landgericht hat, was es erst bei der Urteilsabfassung erkannt hat (UA 13 f.), den zäsurbildenden Strafbefehl des Amtsgerichts Gardelegen vom 5. Juli 2011 nicht beachtet. Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2, § 55 StGB hätte die Strafkammer aus den neun Einzelstrafen für die vor dem 5. Juli 2011 beende- ten Taten unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Gardelegen von diesem Tage eine Gesamtfreiheitsstrafe und wegen der fünf restlichen Einzelstrafen für die nach dem 5. Juli 2011 begangenen Taten unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Haldensleben eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe bilden müssen. Dies hätte zwangsläufig zur Verhängung zweier Gesamtfreiheitsstrafen von einmal mindestens einem Jahr und sieben Monaten (Einsatzstrafe ein Jahr sechs Monate) und von mindestens zwei Jahren und vier Monaten (Einsatzstrafe zwei Jahre drei Monate) geführt und für den Angeklagten ein Gesamtstrafübel von zumindest drei Jahren elf Monaten bedeutet. Dieser den Angeklagten begünstigende Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs.
10
b) Der Fehler bei der Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe führt auch zur Aufhebung der Einzelstrafen. Die Strafkammer hat bei der Bemessung der Einzelstrafen ausdrücklich auch die Verständigung mit dem Angeklagten berücksichtigt (UA S. 13). Es liegt deshalb nahe, dass sie, wenn sie ihren Fehler bemerkt hätte, niedrigere Einzelstrafen verhängt hätte, um ein Gesamtstrafübel innerhalb des zugesagten Strafrahmens zu erreichen. Anderenfalls hätte die Strafkammer nach Aufdeckung ihres Irrtums den Angeklagten darauf hinweisen müssen, damit dieser sich im Rahmen der weiteren Hauptverhandlung unter Berücksichtigung der nicht mehr einhaltbaren Zusage umfassend sachgerecht verteidigen konnte (§ 257 c Abs. 4 und 5 StPO).
11
c) Die Feststellungen sind von dem Fehler nicht betroffen und können bestehen bleiben. Der neue Tatrichter kann ergänzende, den rechtskräftigen Feststellungen nicht widersprechende Feststellungen treffen.
12
3. Eine Bindungswirkung an die im Rahmen der Verständigung zugesagte Strafobergrenze besteht nach Aufhebung und Zurückverweisung durch das Revisionsgericht nicht mehr (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Februar 2010 – 5 StR 38/10, StV 2010, 470, und vom 1. März 2011 – 1 StR 52/11, StV 2011, 337; HK-StPO-Temming, 5. Aufl., § 257c Rn. 31; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 257c Rn. 25).
Mutzbauer Roggenbuck Bender
Quentin Reiter

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(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 16/12
vom
28. März 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. März
2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
und die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
Dr. Berger,
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 5. Oktober 2011 wird verworfen.
2. Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die durch das Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts beschloss der Angeklagte im Jahre 2010, mit dem Verkauf von Betäubungsmitteln Geld zu verdienen. Dazu besorgte er von einem Unbekannten aus Halle Marihuana, Haschisch und "schwarzen Afghanen" und veräußerte diese Betäubungsmittel gewinnbringend an den bereits Verurteilten N. . Der Verkauf erfolgte zunächst vollständig auf Kommissionsbasis, später leistete der Erwerber N. eine Anzahlung auf das jeweilige Geschäft.
3
Zwischen Januar und Juli 2010 kam es zu insgesamt 17 Verkäufen, wobei das Landgericht jeweils von mittlerer Qualität des Rauschgifts ausgegangen ist und einen THC-Wirkstoffgehalt von 5 % (Haschisch) bzw. 10 % (Marihuana, "schwarzer Afghane") zugrunde gelegt hat. In sieben Fällen veräußerte der Angeklagte jeweils 1 Kilogramm Haschisch (Fälle 1-3, 5-6, 11-12), in sechs Fällen zusätzlich jeweils Marihuana in Mengen von 50 Gramm (Fälle 14-15), 150 Gramm (Fälle 8-9, 17) bzw. 500 Gramm (Fall 13, darüber hinaus 100 Gramm "schwarzer Afghane"). Bei vier weiteren Geschäften ging es um Verkaufsmengen von 500 Gramm Haschisch (Fall 16), wobei zusätzlich 50 Gramm Marihuana (Fall 4), 150 Gramm "schwarzer Afghane" (Fall 7) bzw. 500 Gramm Marihuana (Fall 10) veräußert wurden.
4
Ende Juli 2010 kam es zum letzten Verkauf von 1 Kilogramm Haschisch und zusätzlich 50 Gramm Marihuana, wobei das Haschisch einen Wirkstoffgehalt zwischen 0,26 und 0,40 % und das Marihuana einen solchen von 18,58 % aufwies (Fall 18). Das Rauschgift konnte in der Wohnung des Erwerbers N. vollständig sichergestellt werden, nachdem es im Zuge eines anderen Ermittlungsverfahrens zu einer Wohnungsdurchsuchung gekommen war.
5
2. Die Strafkammer hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 18 Fällen verurteilt und ist bei der Strafzumessung jeweils vom Strafrahmen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ausgegangen. Es hat Einzelstrafen von einem Jahr und vier Monaten festgesetzt (Fälle 1-15, 17), wobei es die Fälle des Handeltreibens mit einem Kilogramm Haschisch diejenigen mit lediglich 500 Gramm gleichgestellt hat, da in diesen Fällen zusätzlich auch andere Drogen gehandelt worden seien. In den Fällen 16 und 18 (im Urteil versehentlich als Fall 17 bezeichnet) beließ es das Landgericht bei der Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe, weil diese angesichts der geringeren Menge an Betäubungsmitteln (und im Fall 18 zusätzlich , weil diese sichergestellt worden seien) ausreichend sei.

II.


6
Der Revision der Staatsanwaltschaft bleibt der Erfolg versagt.
7
1. Das Rechtsmittel, das die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 16. November 2011 begründet hat, ist wirksam auf die Anfechtung des Gesamtstrafenausspruchs beschränkt worden. Zwar wird umfassend die Aufhebung des Urteils im "Rechtsfolgenausspruch" beantragt, doch enthält die insgesamt dürftige Revisionsbegründung keinerlei Hinweis darauf, dass und aus welchem Grund die Festsetzung der Einzelstrafen als rechtsfehlerhaft angesehen wird. Sie beschränkt sich in ihren rechtlichen Ausführungen auf den einzigen Satz, dass "unter Beachtung der verhängten Einsatzstrafen eine Freiheitsstrafe von lediglich zwei Jahren und sechs Monaten" unvertretbar sei. Damit gibt sie deutlich zu erkennen, dass sie sich allein gegen das als zu gering empfundene Gesamtstrafübel wendet. Eine Revisionsbeschränkung auf den Gesamtstrafenausspruch ist im Übrigen grundsätzlich nicht zu beanstanden (BGH NStZ-RR 2000, 13), wobei mögliche Fehler bei der Bemessung von Einzelstrafen der Beschränkung nicht entgegenstehen (BGHR StPO § 318 Strafausspruch 2).
8
2. Der Gesamtstrafenausspruch hält revisionsrechtlicher Prüfung stand. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, der dabei auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Täterpersönlichkeit gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, zu bewerten und gegeneinander abzuwägen hat. Das Revisionsgericht kann nur dann eingreifen, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn die Bemessung der Strafe gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein; eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen. Diese Grundsätze gelten auch für die Bildung der Gesamtstrafe (BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 11).
9
Durchgreifende Rechtsfehler sind danach hinsichtlich der Gesamtstrafenbildung nicht erkennbar. Ausgehend von einer Einsatzstrafe von einem Jahr und vier Monaten löst sich die freilich milde Gesamtstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten noch nicht von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, mögen auch in ähnlichen Fällen höhere Gesamtfreiheitsstrafen verhängt worden sein. Die an sich nicht unbedenkliche Berücksichtigung der Verbüßung von Untersuchungshaft hat sich angesichts der übrigen für den Angeklagten sprechenden Umstände, sein junges Alter, das Fehlen von Hafterfahrungen und seine Ausbildungssituation, nicht entscheidend zu seinen Gunsten ausgewirkt.
Ernemann Fischer Berger Krehl Eschelbach

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

5 StR 38/10

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 24. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Februar 2010

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 21. September 2009 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitsichführen einer Schusswaffe zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und sichergestellte Betäubungsmittel eingezogen. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
2
1. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
3
Der 21 Jahre alte Angeklagte konsumierte vor seiner Verhaftung am 22. Juli 2009 vier bis fünf Gramm Marihuana am Tag und zusätzlich an Wochenenden gelegentlich Kokain und Ecstasy. Am 28. Mai 2009 besaß der Angeklagte 166 g Cannabiskraut mit 25 g THC-Anteil sowie nahezu 11 g mit einem Wirkstoffanteil in Höhe von 15 % und ferner zwei Schreckschusspistolen nebst geladenen Magazinen. Der Angeklagte verwahrte 90 g Cannabiskraut für den Zeugen Sch. . Aus der größeren, nicht näher festgestellten, gemeinsam mit Sch. gekauften Menge „gab (der Angeklagte) weitere Teilmengen in seinem Wohnzimmer an die Zeuginnen K. und G. gegen Bezahlung ab“ (UA S. 6). Hierzu hat das Landgericht die Aussage der Zeuginnen referiert. Die Zeugin K. habe bekundet, einmal direkt vom Angeklagten erworben und für das Cannabiskraut zehn Euro bezahlt zu haben. Die Zeugin G. habe ausgesagt, sie hätte ungefähr zwei bis drei Monate lang vom Angeklagten sowohl Cannabiskraut als auch Kokain und LSD bekommen und dafür ertrogene Mobiltelefone und einen Laptop übergeben.
4
2. Hierdurch ist der Schuldspruch des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht bewiesen.
5
Das Landgericht hat in seine Feststellungen zu Recht nicht den von der Zeugin G. bekundeten Ankauf von Kokain und LSD einbezogen. Diese Vorgänge waren von der Anklageschrift nicht erfasst.
6
Die Feststellungen belegen das – schlüssig angeklagte – unerlaubte Handeltreiben mit den sichergestellten 177 g Cannabiskraut nicht.
7
Die dem Zeugen Sch. zugeordneten 90 g scheiden aus. Das Landgericht hat nicht beweiswürdigend erwogen, dass insoweit für den Angeklagten ein mittäterschaftliches Handeltreiben gegeben sei. Aber auch für die restlichen 87 g fehlt es an einer beweiswürdigend fundierten Feststellung, dass der Angeklagte diese Menge für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt hatte. Das „nach einer Verständigung zwischen den Verfahrensbeteiligten vollumfängliche Geständnis“ (UA S. 8) des Angeklagten bezieht sich lediglich auf den Erwerb von Cannabiskraut (UA S. 8). Eine ergänzende Bezugnahme auf den Anklagesatz ist dem Hinweis, dass der Angeklagte den Anklagevorwurf eingeräumt habe (UA S. 8), nicht zu entnehmen. Die Voraussetzungen des § 267 Abs. 4 Satz 1 StPO für eine Ermächtigung zur Bezugnahme liegen nicht vor (vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 267 Rdn. 2 und 8).
8
Hinsichtlich der Verkäufe von Cannabiskraut an die Zeuginnen K. und G. hat es das Landgericht unterlassen, die Tatzeiten und die Handelsmengen festzulegen. Zudem hat es die gebotene Eigennützigkeit (vgl. BGHSt – GS – 50, 252, 256) nicht beweiswürdigend belegt. Der Angeklagte hat gewinnbringende Verkäufe nicht eingeräumt. Solche anzunehmen, lag zwar im Blick auf den erheblichen Finanzbedarf des Angeklagten für den eigenen Drogenkonsum nahe. Sie traten indes im Zusammenhang mit dem festgestellten Verdienst des Angeklagten noch nicht in einem solchen Ausmaß zutage, dass jede – notwendigerweise über das Geständnis hinausgehende – beweiswürdigende Erwägung entbehrlich gewesen wäre.
9
3. Die Sache bedarf demnach neuer Aufklärung und Bewertung.
10
Dabei wird das – die Anklage freilich nicht erschöpfende – Geständnis des Angeklagten nicht dem Verwertungsverbot des § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO unterliegen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor. Bei Einhaltung der auch vom Angeklagten im Rahmen der Verständigung akzeptierten Strafobergrenze führt das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) zu deren Perpetuierung im weiteren Verfahren. Zudem ist bei dem hier zu Lasten des Angeklagten vom Tatgericht unzutreffend bewerteten Geständnis nach Korrektur des Wertungsfehlers durch das Revisionsgericht zugunsten des Angeklagten die „Vertragsgrundlage“ für das Geständnis nicht entfallen (vgl. Meyer-Goßner aaO § 257c Rdn. 28).
11
Schon die weitergehenden, vom Landgericht bisher nicht präzisierten Angaben der Zeuginnen K. und G. könnten die Annahme eines nicht unwesentlichen Rauschgifthandels des Angeklagten nahelegen, aus dem sich indiziell der Anklagevorwurf erhärten könnte (vgl. BGH wistra 2002,

430).


12
Zur gegebenenfalls erforderlichen Bewertung des Verhältnisses der Handels- zur Eigenverbrauchsmenge verweist der Senat auf BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 5.
Basdorf Brause Schaal König Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 52/11
vom
1. März 2011
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
________________________
Allein die unzulässige Verständigung über den Schuldspruch führt nicht zu einem
Verbot, das auf Grund der Verständigung abgegebene Geständnis des
Angeklagten zu verwerten.
BGH, Beschluss vom 1. März 2011 - 1 StR 52/11 - LG Nürnberg-Fürth
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. März 2011 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15. November 2010 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Der Senat merkt an: Der Angeklagte wurde u.a. wegen fünf Fällen des Wohnungseinbruchdiebstahls (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB) verurteilt, die er mit weiteren Personen begangen hat. Schweren Bandendiebstahl (§ 244a StGB) hat die Strafkammer nicht erörtert.
In den Urteilsgründen wird gemäß § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO angegeben, dass dem Urteil eine Verständigung (§ 257c StPO) vorausgegangen ist. Dem Urteil (insbesondere UA S. 25) ist weiter zu entnehmen, dass die Verständigung sich auch darauf erstreckte, dass die Taten abweichend von der Anklageschrift nicht bandenmäßig begangen worden seien (im Hauptverhandlungsprotokoll heißt es u.a.: "Bei dem Geständnis des Angeklagten P. brauchen keine Merkmale enthalten sein, die für ein bandenmäßiges Vorgehen sprechen").
Der Senat sieht daher Anlass darauf hinzuweisen, dass der Schuldspruch nicht Gegenstand einer Verständigung sein darf (§ 257c Abs. 2 Satz 3 StPO) und dass auch die Staatsanwaltschaft darauf hinzuwirken hat, dass das Gesetz be- achtet wird (vgl. RiStBV Nr. 127 Abs. 1 Satz 1). Schwerer Bandendiebstahl ist eine Qualifikation und betrifft daher den Schuldspruch. Eine Verständigung darüber , dass keine bandenmäßige Begehung vorliegt, ist in diesem Fall, in dem es nicht nur um eine strafzumessungsrelevante Feststellung geht, unzulässig (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 28. September 2010 - 3 StR 359/10 Rn.

8).


Gleichwohl ist die Beweiswürdigung im vorliegenden Fall rechtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer hat keine Verfahrensrüge erhoben. Er hat weder eine Verletzung des § 257c Abs. 2 Satz 3 StPO beanstandet, noch ein Verwertungsverbot gemäß § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO geltend gemacht. Auch wenn in den Urteilsgründen, ohne dass dies erforderlich wäre (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2010 - 1 StR 359/10 Rn. 8; BGH, Beschluss vom 19. August 2010 - 3 StR 226/10 Rn. 16) Einzelheiten der Verständigung mitgeteilt werden, bedarf es zur Beanstandung der Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 257c StPO der Erhebung einer formgerechten (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) Verfahrensrüge (vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. Januar 2010 - 3 StR 528/09). Der Umstand, dass das Revisionsgericht im Rahmen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO bei zugleich erhobener umfassender Sachrüge den Urteilsinhalt ergänzend berücksichtigen kann (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 189/99; BGHSt 45, 203, 204 f.), befreit nicht von der Anbringung einer Verfahrensrüge. Da eine solche nicht erhoben ist, ist die Beweiswürdigung schon deshalb nicht auf eine Verletzung des Verwertungsverbots des Geständnisses zu überprüfen.
Hinzu kommt, dass ohnehin kein Verwertungsverbot gemäß § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO vorliegt. Bei einer, wenn auch fehlerhaften, Verständigung, besteht ein Verwertungsverbot nach dem Gesetz nur "in diesen Fällen", d.h. in den in
§ 257c Abs. 4 Sätze 1 und 2 StPO aufgeführten Fällen. Gemeint sind Konstellationen , in denen sich das Gericht von der Verständigung lösen will. Wenn die "Vertragsgrundlage" für das Geständnis entfallen ist, erfordert das Gebot der Verfahrensfairness, dass auch dieses keinen Bestand mehr hat. Bindung des Gerichts und Geständnis des Angeklagten stehen in einer Wechselbeziehung, die das Gericht nicht folgenlos einseitig auflösen kann (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., Rn. 28 zu § 257c StPO).
Im vorliegenden Fall hat sich das Gericht aber nicht einseitig von der Verständigung gelöst, sondern diese in vollem Umfang eingehalten, weshalb der Revisionsführer auch keine derartige Rüge erhoben hat. Ein Verwertungsverbot - diese Wirkung knüpft das Gesetz allein an das Scheitern der Verständigung (vgl. BGH, Beschluss vom 19. August 2010 - 3 StR 226/10 Rn. 7) - besteht daher nicht.
Auch im Übrigen weist die Beweiswürdigung keinen Rechtsfehler auf. Das vom Verteidiger vor dem Tatgericht vorgetragene "schlanke" Geständnis, wozu der Angeklagte erklärte, "dass er die Erklärung seines Verteidigers als seine eigene Einlassung verstanden wissen wolle" (UA S. 25), ist jedenfalls insoweit rechtsfehlerfrei als glaubhaft angesehen worden, als der Angeklagte die Begehung der Taten zugegeben hat. Das Landgericht hat eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt und sich von der Richtigkeit des Geständnisses insoweit überzeugt und dies ohne Rechtsfehler begründet. Dass der Angeklagte nicht wegen schweren Bandendiebstahls verurteilt wurde, beschwert ihn genauso wenig wie die in Anbetracht der Gesamtumstände milde Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Das Landgericht erwähnt zu dieser Gesamtfreiheitsstrafe in den Urteilsgründen u.a. (UA S. 39), dass "im Rahmen der Verständigung Einigkeit darüber bestand, dass für den Fall, dass der Angeklagte geständig ist, eine
Freiheitsstrafe von nicht mehr als drei Jahren zu verhängen wäre" (im Hauptverhandlungsprotokoll heißt es: "gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe zu verhängen sein wird, die drei Jahre nicht übersteigt"). Eine Mindeststrafe wird nicht genannt. Der Senat neigt zu der Auffassung, dass bei Mitteilung eines möglichen Verfahrensergebnisses (§ 257c Abs. 3 Satz 2 StPO) stets ein Strafrahmen , also Strafober- und Strafuntergrenze anzugeben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2010 - 1 StR 359/10 Rn. 6 mwN). Es ist jedoch nicht ersichtlich , wie sich hier ein (etwaiger und auch nicht gerügter) Verfahrensfehler zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben könnte. Insbesondere hat der Senat nicht die Besorgnis, wegen der nicht genannten Strafuntergrenze könne sich die Strafkammer auf eine nicht zulässige "Punktstrafe" festgelegt haben (vgl. Senatsbeschluss aaO).
Die Strafkammer hat im Übrigen sowohl die Einzelstrafen als auch die Gesamtstrafe ausführlich und rechtsfehlerfrei begründet. Bedenken, die Strafzumessungserwägungen seien nicht ernst gemeint, sondern sollten lediglich die bereits feststehende Strafe begründen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 28. September 2010 - 3 StR 359/10 Rn. 10), hat der Senat nicht. Über die Einzelstrafen
wurde sich nicht verständigt und bezüglich der Gesamtstrafe ist nach der Formulierung "nicht mehr als" nicht davon auszugehen, dass sich die Strafkammer auf eine nicht zulässige "Punktstrafe" (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 - 1 StR 345/10) festgelegt hat.
Nack Rothfuß Elf Jäger Sander