Bundesgerichtshof Urteil, 10. Nov. 2011 - 4 StR 354/11

bei uns veröffentlicht am10.11.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 354/11
vom
10. November 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. November
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 3. Februar 2011 im Ausspruch über die Anordnung der Sicherungsverwahrung mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten und die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorgenannte Urteil werden verworfen.
3. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Sachbeschädigung in vier Fällen (Fälle III. 1. der Urteilsgründe), gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen (Fälle III. 2. und 4.), vorsätzlicher Körperverletzung (Fall III. 3.), fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (Fälle III. 5.) sowie wegen Sachbeschädigung in Tateinheit mit versuchter Körperverletzung, Sachbeschädigung, versuchter Körperverletzung, versuchter Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Bedrohung in zwei tateinheitlichen Fällen (Fälle III. 6.) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Es hat ferner eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis und die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Gegen dieses Urteil wenden sich die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft jeweils mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Während die Revision des Angeklagten den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg hinsichtlich des Maßregelausspruchs erzielt, bleibt die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft ohne Erfolg.

I.


2
1. Dem angefochtenen Urteil liegen u. a. folgende Taten zugrunde: Am 18. Juni 2010 schlug ein Daniel M. in einem Bus in Geretsried dem Geschädigten Kai G. ins Gesicht, da dieser ihn bei der Polizei belastet hatte. Der dabeistehende, alkoholisierte Angeklagte schlug unmittelbar darauf dem G. auch ein- oder zweimal ins Gesicht (Fall III. 2., Einzelstrafe neun Monate). Am 7. August 2010 schlug der Angeklagte ohne jeden Anlass dem zufällig vorbeigehenden Peter Gl. mehrfach mit der Faust ins Gesicht , wodurch dieser einen Nasenbeinbruch erlitt. Er attackierte ihn dann weiter gemeinsam mit seinem Halbbruder Ivan P. mit Schlägen und auch gegen den Kopf gerichteten Tritten, bis ein Zeuge dazwischentrat, der ebenfalls noch einen Schlag ins Gesicht erhielt (Fall III. 4., Einzelstrafe drei Jahre). Am 11. September 2010 hatte der Angeklagte eine Auseinandersetzung mit seiner Freundin Veronika Me. . Er warf das Mobilteil ihres Telefons gegen die Wand und versuchte, sie ins Gesicht zu schlagen, was sie abwehren konnte. Als sich Veronika Me. im Badezimmer einschloss, trat der Angeklagte ein Loch in die Tür. Als kurz darauf Andrej Me. seiner Tochter zu Hilfe eilte, ging der Angeklagte mit der Faust auf ihn los und wollte ihn schlagen. Andrej Me. konnte ihn wegschubsen und gemeinsam mit einem Bekannten zu Boden bringen. Nach dem Eintreffen der Polizei wehrte sich der Angeklagte gegen die Fesselung und trat nach den Beamten und Andrej Me. , ohne sie zu treffen. Beim Abführen drohte er Veronika und Andrej Me. , sie mit seinen Freunden umzubringen (Fälle III. 6.). Das Landgericht hat für die Sachbeschädigung des Telefons und die versuchte Körperverletzung zu Lasten von Veronika Me. jeweils sieben Monate Freiheitsstrafe verhängt, für die Sachbeschädigung der Badezimmertür, die versuchte Körperverletzung zum Nachteil von AndrejMe. und die Bedrohung jeweils sechs Monate Freiheitsstrafe und für den Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit versuchter Körperverletzung zu Lasten der Beamten und des Andrej Me. eine Freiheitsstrafe von acht Monaten.
3
2. Der Angeklagte ist vielfach vorbestraft, insbesondere auch mit Körperverletzungsdelikten in Erscheinung getreten. Das Landgericht hat hierzu u. a. Folgendes festgestellt: Am 8. Februar 2002 verhängte das Amtsgericht Wolfratshausen gegen ihn eine Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten u. a. wegen gefährlicher Körperverletzung in vier Fällen und vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen. Der Angeklagte hatte am 25. November 2000 zusammen mit seinem Bruder Valeri S. eine Gruppe von drei Jugendlichen angegriffen und sie mit voller Wucht mit der Hand oder mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Während es zwei Jugendlichen gelang, zu flüchten, ging der dritte bei der Verfolgung zu Boden und wurde vom Angeklagten und Valeri S. mehrfach bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen und getreten. Am 16. März 2001 hatte der Angeklagte einen Jugendlichen mit dem beschuhten Fuß gegen den Oberschenkel getreten, so dass der zu Boden ging. Daraufhin trat ihm der Angeklagte ins Gesicht. Am 24. September 2001 war der Angeklagte einem Bekannten begegnet und hatte ihn nach kurzer Unterhaltung unvermittelt mit der Faust wuchtig ins Gesicht geschlagen. Am 30. September 2001 hatte er auf dem Bahnhof einen Mann nach einem kurzen Gespräch unvermittelt gegen den Kopf gestoßen, so dass dieser auf die Gleise fiel. Als der Geschädigte aufstehen wollte, trat ihm der Angeklagte gegen den Kopf, so dass er erneut rücklings auf die Gleise fiel. Am 7. Oktober 2001 griffen der Angeklagte und Valeri S. einen Passanten auf der Straße unvermittelt an, indem Valeri S. wuchtig seinen Kopf in dessen Gesicht stieß. Beide rissen den Geschädigten zu Boden und schlugen und traten auf ihn ein. Als sich der Geschädigte aufrichten wollte, trat ihm Valeri S. mit voller Wucht gegen das linke Auge. Der Geschädigte blieb daraufhin benommen liegen. Als ihm vier Personen zu Hilfe kamen, wurden sie vom Angeklagten und seinem Bruder attackiert, mit Fäusten geschlagen und getreten. Zwei der Personen wurden zu Boden gerissen und mit Faustschlägen und Fußtritten traktiert. Die vier konnten schließlich in ein Bowlingbahngebäude fliehen. Der zunächst angegriffene Geschädigte erlitt schwere Gesichtsverletzungen, u. a. eine Orbitabodenfraktur und eine Lidlazeration links mit möglicherweise bleibenden Schäden am linken Auge.
4
Am 2. Mai 2006 wurde der Angeklagte vom Amtsgericht Wolfratshausen wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und wegen Körperverletzung unter Einbeziehung der Strafen aus einer früheren Entscheidung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Der Angeklagte hatte am 14. Mai 2005 auf dem Parkplatz vor einem Jugendzentrum ohne jeden Anlass dem dort stehenden Musiker F. einen Faustschlag ins Gesicht versetzt. Sodann schlug er gemeinsam mit einem Mittäter auf F. ein. Als dieser zu fliehen versuchte, folgten ihm die beiden und traten auf ihn ein. Als ein weiterer Musiker, K. , dem Geschädigten zu Hilfe kommen wollte, versetzte ihm Valeri S. einen Faustschlag ins Gesicht, so dass er zu Boden stürzte. Alle drei schlugen und traten nun auf K. ein. Einem Zeugen, der zu Hilfe eilte, versetzte der Angeklagte einen Faustschlag aufs Kinn und einen Fußtritt gegen die Schulter. Wegen der gefährlichen Körperverletzungen zum Nachteil von F. und K. verhängte das Amtsgericht jeweils Einzelstrafen von einem Jahr und neun Monaten, für die Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen eine Einzelstrafe von einem Jahr.
5
Der Angeklagte befand sich vom 21. oder 22. Dezember 2001 bis zum 6. April 2004 und vom 22. Oktober 2005 bis zum 25. März 2010 in Haft.
6
3. Das sachverständig beratene Landgericht hat bei dem Angeklagten in allen Fällen eine Verminderung der Schuldfähigkeit nach § 21 StGB aufgrund der zu den jeweiligen Tatzeiten bestehenden Alkoholisierung und dessen dissozialer Persönlichkeitsstörung ausgeschlossen. Von der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB hat es mangels Erfolgsaussicht abgesehen. Die Strafkammer hat einen Hang zur Begehung von Straftaten bejaht und die Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 2 StGB n.F. angeordnet. Dass der Angeklagte aus geringem Anlass, teilweise auch ohne jeden äußeren Anlass erhebliche Körperverletzungsdelikte begehe, begründe eine besondere Gefährlichkeit für die Allgemeinheit. Die Taten seien nach der Einschätzung der Sachverständigen aus der Persönlichkeit des Angeklagten abzuleiten. Die Persönlichkeitsstörung sei nicht therapierbar, möglicherweise komme es im Alter von etwa Mitte 40 zu einer Verhaltensänderung. Die Art der Taten sei erheblich, die Opfer seien schwer geschädigt worden. Der Geschädigte Gl. habe einen Nasenbeinbruch erlitten; bei einem wehrlosen Opfer hätten die Tritte gegen den Kopf schwere bis lebensgefährliche Verletzungen hervorrufen können. Es bestehe eine hohe Wiederholungsgefahr für die Begehung vergleichbarer Delikte. Anhaltspunkte für eine positive Änderung der Persönlichkeit des Angeklagten während der Verbüßung der Strafhaft gebe es nicht.

II.


7
1. Die Revision des Angeklagten bleibt zum Schuld- und zum Strafausspruch sowie hinsichtlich der Anordnung einer Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis ohne Erfolg. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils hat insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
8
2. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung hält unter Berücksichtigung der Maßgaben der durch das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 4. Mai 2011 (NJW 2011, 1931 ff.) erlassenen Weitergeltungsanordnung zu § 66 Abs. 2 StGB sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand.
9
Zwar hat die Strafkammer nach dem zum Zeitpunkt ihres Urteils maßgeblichen Rechtszustand im Ergebnis fehlerfrei auf Sicherungsverwahrung erkannt. Die formellen Voraussetzungen sind auch nach § 66 Abs. 2 StGB a.F., demgegenüber das neue Recht nicht milder ist (vgl. Art. 316e Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 EGStGB), erfüllt. Der Angeklagte ist viermal wegen Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit zu Freiheitsstrafen zwischen einem Jahr und drei Jahren verurteilt worden, und zwar durch drei Einzelstrafen im Urteil des Amtsgerichts Wolfratshausen vom 2. Mai 2006 und durch die jetzt im Fall III. 4. verhängte Einzelstrafe von drei Jahren. Nachvollziehbar hat das Landgericht auch einen Hang des Angeklagten zur Begehung schwerer Straftaten sowie seine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit bejaht.
10
Die Urteilsgründe genügen indes nicht den Anforderungen der vom Bundesverfassungsgericht nunmehr geforderten strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung. Danach muss in der Regel eine Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten sein (BVerfG aaO Rn. 172). Hierin liegt eine Einschränkung gegenüber den Taten, die nach bisher geltendem Recht Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 4. August 2011 – 3 StR 175/11 Rn. 19). Nicht alle „erheblichen Straftaten“, durch welche die Opfer „seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden“ (§ 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB n.F.), sind auch „schwere Gewalt- oder Sexual- straftaten“ im Sinne der Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts zur Weiter- geltung von § 66 StGB. Das Landgericht hat entsprechend der zum Urteilszeitpunkt geltenden Rechtslage die Erheblichkeit der vom Angeklagten begangenen und zu erwartenden Straftaten bejaht. Es hat dabei ausdrücklich die Verletzungshandlung gegenüber dem Geschädigten Gl. als jedenfalls im Bereich der mittleren Kriminalität liegend (UA S. 34) bewertet und festgestellt, dass gleichartige Taten jederzeit zu erwarten seien. Hinsichtlich der Schläge in das Gesicht des Geschädigten G. ist es hingegen davon ausgegangen, dass die Verletzungshandlung und die Verletzungsfolgen geringfügig waren (UA S. 30). Diese Ausführungen lassen nicht mit der notwendigen Klarheit erkennen , dass das Landgericht die erforderliche Gefahrprognose auch für schwere Gewaltdelikte im Sinne der Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts gestellt hat.

III.


11
1. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den Strafausspruch beschränkt. Zwar hat die Staatsanwalt- schaft die Aufhebung des Urteils im Rechtsfolgenausspruch beantragt, dies steht jedoch mit dem übrigen Inhalt der insoweit maßgeblichen Revisionsbegründungsschrift , die sich nur gegen die Strafzumessung richtet, nicht im Einklang.
12
2. Die vom Landgericht vorgenommene Bestimmung der Strafrahmen sowie die Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe sind nach Maßgabe der insoweit eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungskompetenz nicht zu beanstanden.
13
a) Soweit die Revisionsführerin der Ansicht ist, dass das Landgericht im Fall III. 2. zu Unrecht vom Vorliegen eines minder schweren Falles der gefährlichen Körperverletzung ausgegangen ist, zeigt die Revisionsbegründung keinen Rechtsfehler auf.
14
Entscheidend für das Vorliegen eines minder schweren Falles ist, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem so erheblichen Maße abweicht, dass die Anwendung dieses Strafrahmens geboten erscheint. Für die Prüfung dieser Frage ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig , ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Die Erschwernis- und Milderungsgründe auf diese Weise nach pflichtgemäßem Ermessen gegeneinander abzuwägen, ist Sache des Tatrichters. Seine Wertung ist vom Revisionsgericht nur begrenzt nachprüfbar. Weist sie keinen Rechtsfehler auf, ist sie deshalb auch dann hinzunehmen, wenn eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre oder vielleicht sogar näher gelegen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 8. April 2010 – 4 StR 53/10 Rn. 8 mwN).
15
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die Annahme eines minder schweren Falles der gefährlichen Körperverletzung im Fall III. 2. der Urteilsgründe nicht zu beanstanden. Insbesondere lassen die Urteilsgründe nicht besorgen, dass das Landgericht bei seiner Abwägung die vielfachen einschlägigen Vorstrafen , die im Einzelnen dargestellt sind, und die Rückfallgeschwindigkeit des Angeklagten außer Betracht gelassen haben könnte. Dass der Angeklagte selbst in diesem Fall aus besonders verwerflichen Rachemotiven heraus handelte , ist nicht festgestellt. Die Revisionsbegründung führt dementsprechend auch aus, dass sich der Vorfall für den Angeklagten als Gelegenheit dargestellt habe, seiner Neigung entsprechend eine ihm vor dem Vorfall völlig unbekannte Person anzugreifen und zu verletzen.
16
b) Auch die Beanstandungen der Revisionsführerin gegen die Milderung der Strafrahmen in den Fällen der versuchten Körperverletzung im Tatkomplex III. 6. greifen letztlich nicht durch.
17
Die Frage einer Verschiebung des Strafrahmens wegen Versuchs ist auf Grund einer Gesamtschau der Tatumstände im weitesten Sinne sowie der Persönlichkeit des Täters zu entscheiden. Dabei kommt besonderes Gewicht den wesentlich versuchsbezogenen Umständen zu, nämlich Nähe der Tatvollendung , Gefährlichkeit des Versuchs und aufgewandte kriminelle Energie, weil sie die wichtigsten Kriterien für die Einstufung des Handlungs- und Erfolgsunwerts einer nur versuchten Tat liefern (BGH, Urteil vom 15. Februar 1995 – 2 StR 482/94, NStZ 1995, 285 mwN). Der Beschwerdeführerin ist zuzugeben, dass das Landgericht die vorgenommene Strafrahmenverschiebung nicht ausdrück- lich begründet hat. Ersichtlich hat es jedoch den vorstehend dargelegten Grundsätzen bei der von ihm getroffenen Ermessensentscheidung Rechnung getragen. Nach den Feststellungen zu den versuchten Körperverletzungsdelikten im Tatkomplex III. 6. drängt sich eine Versagung der Strafmilderung nicht auf.
Ernemann Roggenbuck Cierniak
Franke Quentin

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Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

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Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Die Vorschriften über die Sicherungsverwahrung in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) sind nur anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll, nach dem 31. Dezember 2010 begangen worden ist. In allen anderen Fällen ist das bisherige Recht anzuwenden, soweit in den Absätzen 2 und 3 sowie in Artikel 316f Absatz 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Sind die Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung nach § 66 des Strafgesetzbuches angeordnet werden soll, vor dem 1. Januar 2011 begangen worden und ist der Täter deswegen noch nicht rechtskräftig verurteilt worden, so ist § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung anzuwenden, wenn diese gegenüber dem bisherigen Recht das mildere Gesetz ist.

(3) Eine nach § 66 des Strafgesetzbuches vor dem 1. Januar 2011 rechtskräftig angeordnete Sicherungsverwahrung erklärt das Gericht für erledigt, wenn die Anordnung ausschließlich auf Taten beruht, die nach § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung nicht mehr Grundlage für eine solche Anordnung sein können. Das Gericht kann, soweit dies zur Durchführung von Entlassungsvorbereitungen geboten ist, als Zeitpunkt der Erledigung spätestens den 1. Juli 2011 festlegen. Zuständig für die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 2 ist das nach den §§ 454, 462a Absatz 1 der Strafprozessordnung zuständige Gericht. Für das Verfahren ist § 454 Absatz 1, 3 und 4 der Strafprozessordnung entsprechend anzuwenden; die Vollstreckungsbehörde übersendet die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichtes, die diese umgehend dem Gericht zur Entscheidung übergibt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug tritt Führungsaufsicht ein.

(4) § 1 des Therapieunterbringungsgesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300, 2305) ist unter den dortigen sonstigen Voraussetzungen auch dann anzuwenden, wenn der Betroffene noch nicht in Sicherungsverwahrung untergebracht, gegen ihn aber bereits Sicherungsverwahrung im ersten Rechtszug angeordnet war und aufgrund einer vor dem 4. Mai 2011 ergangenen Revisionsentscheidung festgestellt wurde, dass die Sicherungsverwahrung ausschließlich deshalb nicht rechtskräftig angeordnet werden konnte, weil ein zu berücksichtigendes Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung dem entgegenstand, ohne dass es dabei auf den Grad der Gefährlichkeit des Betroffenen für die Allgemeinheit angekommen wäre.

19
(1) Hinsichtlich der Erheblichkeit weiterer Straftaten kommen regelmäßig nur "schwere Gewalt- oder Sexualstraftaten" in Betracht. Hierin liegt, ansonsten wäre die genannte Maßgabe ohne Inhalt, eine Einschränkung gegenüber den Taten, die nach bisher geltendem Recht Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung darstellen. Dies gilt sowohl für die Straftatenkataloge als auch für die Beschreibung der Taten, auf die sich der Hang beziehen muss. Nicht alle "erheblichen Straftaten", durch welche die Opfer "seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden" (vgl. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB aF bzw. § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB), sind auch "schwere Gewalt- oder Sexualstraftaten" im Sinne der Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts zur Weitergeltung von § 66 StGB.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

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a) Entscheidend für das Vorliegen eines minder schweren Falles ist, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem so erheblichen Maße abweicht, dass die Anwendung dieses Strafrahmens geboten erscheint. Für die Prüfung dieser Frage ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig , ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nach- folgen (st. Rspr.; vgl. nur die Nachweise bei Fischer StGB 56. Aufl. § 46 Rdn. 85). Die Erschwernis- und Milderungsgründe auf diese Weise nach pflichtgemäßem Ermessen gegeneinander abzuwägen, ist Sache des Tatrichters. Seine Wertung ist vom Revisionsgericht nur begrenzt nachprüfbar. Weist sie keinen Rechtsfehler auf, ist sie deshalb auch dann hinzunehmen, wenn eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre oder vielleicht sogar näher gelegen hätte (vgl. Senat, Urt. vom 6. November 2003 - 4 StR 296/03, NStZ-RR 2004, 80 und vom 7. Dezember 2006 - 4 StR 355/06).