Bundesgerichtshof Urteil, 31. Juli 2013 - 2 StR 220/13

bei uns veröffentlicht am31.07.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 220/13
vom
31. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Verbreitung kinderpornografischer Schriften u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 31. Juli 2013,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Prof. Dr. Schmitt,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
und der Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Limburg vom 6. August 2012 wird verworfen. Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) von den Vorwürfen der Verbreitung pornographischer Schriften in acht Fällen, in einem Fall tateinheitlich begangen mit Verbreitung kinderpornographischer Schriften, in einem weiteren Fall mit Verbreitung kinderpornographischer Schriften und Verbreitung tierpornographischer Schriften sowie des Besitzes kinderpornographischer Schriften freigesprochen. Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB hat das Landgericht abgelehnt.
2
Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer zuungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt und auf die umfassende Aufhebung des Urteils gerichtet ist. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
3
1. Nach den Feststellungen installierte der nicht vorbestrafte Angeklagte auf seinem Rechner ein Tauschbörsenprogramm, das es jedem Nutzer ermöglichte , Dateien von Festplatten anderer Nutzer herunterzuladen. In Kenntnis der Funktionsweise der Tauschbörse lud der Angeklagte in einer Vielzahl von Fällen pornographische und kinderpornographische Bilddateien auf seinen Computer und stellte sie seinerseits auch anderen Nutzern zur Verfügung.
4
Der Angeklagte leidet an einer paranoiden Schizophrenie und damit einer krankhaften seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB. Die sachverständig beratene Kammer hat zu Gunsten des Angeklagten angenommen, dass hierdurch bei noch vorhandener Einsichtsfähigkeit seine Steuerungsfähigkeit aufgehoben war. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB hat das Landgericht allerdings abgelehnt. Zwar seien infolge seines Zustandes auch in Zukunft weitere erhebliche Straftaten zu erwarten, jedoch fehle es an der Verhältnismäßigkeit der Unterbringung.
5
2. Diese Bewertung hält rechtlicher Nachprüfung stand.
6
a) Das Landgericht hat das Vorliegen eines Zustandes im Sinne von § 21 StGB als Voraussetzung für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ohne Rechtsfehler angenommen. Insbesondere ist entgegen der Auffassung des Generalbundesanwaltes der erforderliche spezifische Zusammenhang zwischen der einem Merkmal der §§ 20, 21 StGB unterfallenden Erkrankung des Angeklagten und den von ihm begangenen Taten hinreichend dargelegt. Die Sachverständige, auf die die Strafkammer zur Begründung Bezug nimmt, hat dazu ausgeführt, dass die schizophrene Erkrankung des Angeklagten bezogen auf die ihm zur Last gelegten Taten auf seine Steuerungsfähigkeit einen erheblichen Einfluss habe. Der Angeklagte könne nur erheblich vermin- dert dem Tatanreiz, sich das Bildmaterial im Internet anzusehen bzw. sich dieses herunterzuladen, widerstehen. Dies sei positiv festzustellen. Es sei sogar nicht auszuschließen, dass der Angeklagte im Vergleich mit einem Durchschnittsmenschen bei der Begehung der Tat auch bei Anspannung aller Willenskräfte endgültig nicht mehr in der Lage gewesen sei, der – noch vorhandenen – Unrechtseinsicht zu folgen. Seine Möglichkeiten, dem Tatanreiz zu widerstehen , seien angesichts der leichten Zugänglichkeit des Bildmaterials im anonymen Internet "kaum vorhanden … wahrscheinlich sogar nicht vorhanden."
7
Aus diesen Darlegungen ergibt sich – wie für § 63 StGB erforderlich (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 63 Rn. 5 mN) – eine sicher erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten. Auch wird ausreichend deutlich, wie sich die Erkrankung des Angeklagten in den jeweiligen Tatsituationen auf seine Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat und warum seine Taten auf den festgestellten psychischen Zustand zurückzuführen sind (zu diesem Erfordernis Senat NStZRR 2011, 241, 242; 2012, 306, 307). Dabei hat das Landgericht auch bedacht, dass die Erkrankung des Angeklagten ohne ausgeprägte oder akute psychotische Symptome verlaufen ist (UA 16).
8
b) Die Ablehnung der Unterbringung des Angeklagten nach § 63 StGB ist rechtsfehlerfrei begründet. Das Landgericht ist im Ausgangspunkt zu Recht davon ausgegangen, dass von dem Angeklagten künftig erhebliche Taten im Sinne der Vorschrift zu erwarten sind, weil der Besitz und die Verbreitung von Kinderpornographie dem mittleren Bereich der Kriminalität zuzuordnen ist.
9
Dass es gleichwohl die Verhältnismäßigkeit der Unterbringung verneint hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist mit Verfassungsrang ausgestattet. In § 62 StGB hat ihn der Gesetzgeber ausdrücklich nochmals einfachgesetzlich geregelt, um seine Bedeutung bei der Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung hervorzuheben (vgl. BT-Drucks. V/4094 S. 17). Er beherrscht auch die Anordnung und Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und gebietet , dass die Freiheit der Person nur beschränkt werden darf, soweit dies im öffentlichen Interesse unerlässlich ist (BVerfG, Beschluss vom 5. Juli 2013 – 2 BvR 789/13). Die Unterbringung darf nicht angeordnet werden, wenn die wegen ihrer unbestimmten Dauer sehr belastende Maßnahme außer Verhältnis zu der Bedeutung der begangenen und zu erwartenden Taten stehen würde (BGH, Beschluss vom 26. Juni 2007 – 5 StR 215/07, NStZ-RR 2007, 300, 301). Bei der gebotenen Abwägung zwischen den Sicherungsbelangen der Allgemeinheit und dem Freiheitsanspruch des Betroffenen ist auf die Besonderheiten des Falles einzugehen (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Oktober 1985 – 2 BvR 1150/80 u.a., BVerfGE 70, 297, 313). Zu erwägen sind nicht nur der Zustand des Beschuldigten und die von ihm ausgehende Gefahr, sondern auch sein früheres Verhalten, seine aktuellen Lebensumstände, die ihn konkret treffenden Wirkungen einer Unterbringung nach § 63 StGB sowie die Möglichkeiten, ggf. durch andere Maßnahmen auf ihn einzuwirken.
10
Die nach diesen Maßstäben vorzunehmende Abwägung durch das Landgericht lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Das Landgericht hat – wie bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung geboten – die von dem Angeklagten drohenden Straftaten, die konkreten Auswirkungen der Unterbringung, seine Persönlichkeit sowie seine Lebensumstände in Beziehung gesetzt. Es hat dabei insbesondere erwogen, dass eine psychiatrische stationäre Behandlung zu keiner Verbesserung seines derzeitigen – ärztlich ambulant erschöpfend behandelten – Zustandes führen könnte. Deshalb würde die Unterbringung nach § 63 StGB für ihn bedeuten, dass er für einen unbefristeten Zeitraum in einem psychiatrischen Krankenhaus seiner Freiheit entzogen wäre. Hierdurch wäre das in Freiheit geordnete Leben des psychisch erkrankten Angeklagten, der sich der zivilrechtlichen Betreuung unterstellt und sich als absprachefähig erwiesen hat, zerstört.
11
Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwaltes hat das Landgericht dabei auch den Schutzzweck des Verbreitens kinderpornographischer Schriften gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB nicht verkannt. Dies liegt bereits deshalb fern, weil das Landgericht bei der Erörterung der Erheblichkeit der von dem Angeklagten zu erwartenden Taten ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass jeder, der Kinderpornographie besitzt und diese verbreitet, für Nachfrage sorgt und damit mittelbar den sexuellen Missbrauch von Kindern fördert. Soweit die Strafkammer im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung darauf hinweist, dass der Angeklagte durch die von ihm verwirklichten Straftatbestände den sexuellen Missbrauch von Kindern nicht unmittelbar gefördert hat, weil er weder aktiv auf die Fertigung von Bildern hingewirkt, noch unmittelbaren Kontakt zu Anderen aufgenommen habe, und eine Steigerung seiner Handlungen nicht zu erwarten sei, liegt hierin auch kein Widerspruch. Vielmehr geht es dem Landgericht insoweit ersichtlich darum, die der Allgemeinheit durch derartige Straftaten generell drohende Gefahr einer konkreten, auf die Person des Angeklagten und seine Lebensumstände bezogenen Betrachtung zu unterziehen. Dies ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht nur rechtlich zulässig , sondern geboten.
12
Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht auch dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollstreckung einer Unterbringung zur Bewährung (§ 67b StGB) nicht vorliegen, weil die im Falle des Angeklagten allein in Betracht kommende Weisung, in einer Wohngruppe zu leben, aufgrund seiner Erkrankung ungeeignet ist, künftig entsprechenden Straftaten entgegenzuwirken. Allerdings kann der Versuch erfolgversprechend sein, die von dem Angeklagten ausgehende Gefahr durch andere im Urteil erörterte Maßnahmen, insbesondere durch Leitung seines Betreuers, abzuwenden.
Fischer Appl Schmitt Ott Zeng

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Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Eine Maßregel der Besserung und Sicherung darf nicht angeordnet werden, wenn sie zur Bedeutung der vom Täter begangenen und zu erwartenden Taten sowie zu dem Grad der von ihm ausgehenden Gefahr außer Verhältnis steht.

5 StR 215/07

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 26. Juni 2007
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juni 2007

beschlossen:
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 14. November 2006 nach § 349 Abs. 4 StPO im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Ausgenommen sind die Feststellungen zur rechtswidrigen Tat; insoweit wird die weitergehende Revision nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die jetzt 29-jährige Angeklagte vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung und des Hausfriedensbruchs wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen und ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die gegen den Maßregelausspruch gerichtete Revision der Angeklagten hat mit der Sachrüge, wie aus dem Tenor ersichtlich, weitgehend Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen hielt sich die Angeklagte am 14. Juni 2004 am Backstand auf dem Bürgersteig vor einem Spar-Markt auf, obwohl ihr drei Monate zuvor ein Hausverbot für diese Filiale einschließlich der Stehtische vor dem Backstand erteilt worden war. Sie bedrängte die dort anwe- senden Kunden, ihr Geld oder Alkohol zu schenken. Da sie wiederholte Aufforderungen , sich zu entfernen, nicht befolgte, wurde schließlich die Polizei eingeschaltet, die sie des Backstands verwies. Gleichwohl kehrte die Angeklagte zurück und setzte ihr störendes Verhalten fort. Sie wurde deshalb wiederholt von einer Mitarbeiterin des Spar-Marktes, der Zeugin K. , aufgefordert , den Backstand zu verlassen. Diesen Aufforderungen kam die Angeklagte jeweils nur kurzfristig nach, um sodann erneut an den Stehtischen zu betteln. Die Zeugin ergriff nunmehr einen Eimer und begoss die Angeklagte mit Wasser. Daraufhin schlug die Angeklagte eine mitgeführte gefüllte Bierflasche gegen den Hinterkopf der Zeugin. Diese erlitt ein Schädelhirntrauma und eine blutende Platzwunde am Hinterkopf; sie war sechs Monate arbeitsunfähig krank.
3
Die Angeklagte war zuvor im Jahre 2003 wegen Vollrauschs und im Januar 2004 unter anderem wegen Körperverletzung jeweils zu Geldstrafen verurteilt worden. Bei der im Januar 2004 abgeurteilten Tat ging es um mehrere Faustschläge, welche die Angeklagte einer Passantin in das Gesicht versetzt hatte. Das Verfahren wegen einer im Januar 2005 begangenen Tat hat die Staatsanwaltschaft im Hinblick auf die vorliegende Sache vorläufig eingestellt. Dem lag zugrunde, dass die Angeklagte anlässlich einer vorläufigen Festnahme eine Polizeibeamtin in der Weise misshandelte, dass sie mehrfach heftig an deren Haaren zog, bis die Frau zu Boden fiel. In dem anschließenden Handgemenge erlitt die Beamtin Verletzungen im Gesicht, an der Schulter und an den Knien.
4
2. Die sachverständig beratene Strafkammer hat sich rechtsfehlerfrei die Überzeugung verschafft, dass die Angeklagte an einer chronischen paranoid -halluzinatorischen Psychose leidet und die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen hat. Aufgrund ihres Zustands sei zu befürchten, dass sie unter dem Einfluss eines weiteren Schubs ihrer seelischen Erkrankung erneut eine aggressive Handlung begehe und deshalb für die Allgemeinheit gefährlich sei.
5
3. Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
6
Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus beschwert die hiervon Betroffenen außerordentlich. Sie darf deshalb nur angeordnet werden, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge seines Zustands erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind (BGHR StGB § 63 Schuldunfähigkeit 1). Es muss wahrscheinlich sein, dass der Rechtsfrieden durch neue Taten schwer gestört wird (BGHSt 27, 246, 248; BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 25). Die Unterbringung darf nicht angeordnet werden, wenn – im Blick auf § 62 StGB – die wegen ihrer unbestimmten Dauer sehr belastende Maßnahme außer Verhältnis zu der Bedeutung der begangenen und zu erwartenden Taten stehen würde. Darüber hinaus kommt die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nur dann in Betracht, wenn weniger einschneidende Maßnahmen keinen ausreichenden zuverlässigen Schutz vor der Gefährlichkeit des Täters bieten. Dies ergibt sich aus dem – im gesamten Maßregelrecht geltenden und aus dem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt des Übermaßverbots abgeleiteten – Subsidiaritätsprinzip (vgl. Hanack in LK 11. Aufl. vor § 61 Rdn. 58 ff., § 63 Rdn. 82 ff.).
7
Dass die hier vorliegende Körperverletzung erheblich ist, steht außer Frage, wobei allerdings zu bedenken ist, dass diese etwa zweieinhalb Jahre vor der Aburteilung begangene Tat eine Reaktion auf einen überraschenden und zumindest aus Sicht der Angeklagten unberechtigten Angriff war. Die vor und nach der Anlasstat bis Anfang 2005 begangenen rechtswidrigen Handlungen bewegen sich dagegen eher im unteren bis mittleren Bereich der denkbaren Begehungsformen. Im Rahmen der Prognoseprüfung hätte weiter berücksichtigt werden müssen, dass sich die Angeklagte trotz des seit 2001 andauernden Krankheitsprozesses immer wieder für längere Zeiten beanstandungsfrei gehalten hat. Für die Frage der Prognose ist insoweit auch von Bedeutung, in welchen Rahmenbedingungen die Angeklagte in diesen straf- freien Zeiten lebte. Namentlich im Blick auf den Grundsatz der Subsidiarität hätte sich die Strafkammer auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die Gefährlichkeit der Beschuldigten durch andere Maßnahmen vertretbar abgemildert werden kann. Hier wäre die Möglichkeit zu erörtern gewesen, ob in einer anderweitigen Einbindung der Beschwerdeführerin, insbesondere der Begründung eines Betreuungsverhältnisses nach §§ 1896 ff. BGB, eine Chance liegt, die Gefährlichkeit erheblich zu verringern.
8
Die Frage der Unterbringung bedarf deshalb der nochmaligen Prüfung und Entscheidung. Dabei wird insbesondere auch zu beachten sein, wie sich die Angeklagte in der einstweiligen Unterbringung bisher verhalten hat. Sollte der neue Tatrichter wiederum die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anordnen, wird er auch prüfen müssen, ob die Vollstreckung der Unterbringung nach § 67b StGB zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
Basdorf Gerhardt Raum Schaal Jäger

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:
a)
sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind),
b)
die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder
c)
die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes,
2.
es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,
3.
einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder
4.
einen kinderpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.
Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt der Inhalt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nummer 1 strafbar.

(5) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der rechtmäßigen Erfüllung von Folgendem dienen:

1.
staatlichen Aufgaben,
2.
Aufgaben, die sich aus Vereinbarungen mit einer zuständigen staatlichen Stelle ergeben, oder
3.
dienstlichen oder beruflichen Pflichten.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 und Satz 2 gilt nicht für dienstliche Handlungen im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, wenn

1.
die Handlung sich auf einen kinderpornographischen Inhalt bezieht, der kein tatsächliches Geschehen wiedergibt und auch nicht unter Verwendung einer Bildaufnahme eines Kindes oder Jugendlichen hergestellt worden ist, und
2.
die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(7) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder Absatz 3 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.

(1) Ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt an, so setzt es zugleich deren Vollstreckung zur Bewährung aus, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel auch dadurch erreicht werden kann. Die Aussetzung unterbleibt, wenn der Täter noch Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, die gleichzeitig mit der Maßregel verhängt und nicht zur Bewährung ausgesetzt wird.

(2) Mit der Aussetzung tritt Führungsaufsicht ein.