Bundesgerichtshof Urteil, 10. Jan. 2018 - 2 StR 200/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:100118U2STR200.17.0
10.01.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 200/17
vom
10. Januar 2018
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:100118U2STR200.17.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Januar 2018, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl als Vorsitzender,
die Richterinnen am Bundesgerichtshof Dr. Bartel, Wimmer, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Grube, Schmidt,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten,
Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 19. Dezember 2016
a) in den Fällen 1, 3 und 4 der Urteilsgründe im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des besonders schweren Raubes in zwei Fällen sowie des Diebstahls mit Waffen schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen 1, 3 und 4 sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe und die Bestimmung des Vorwegvollzugs aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten „wegen schweren Raubes in 2 Fällen sowie wegen gefährlicher Körperverletzung und Diebstahls“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt; darüber hinaus hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) so- wie den Vorwegvollzug von neun Monaten der Gesamtfreiheitsstrafe angeordnet.
2
Dagegen richtet sich die zuungunsten des Angeklagten eingelegte und auf sachlich-rechtliche Einwendungen gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

3
Das Landgericht hat, soweit für die Entscheidung bedeutsam, folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. a) Der Angeklagte entschloss sich am Abend des 9. Januar 2015, am folgenden Morgen eine Spielhalle in K. zu überfallen; er plante, gegen anwesende Angestellte erforderlichenfalls körperliche Gewalt einzusetzen oder Drohungen auszusprechen, um die in der Spielhalle aufgestellten Spielautomaten aufbrechen und das darin befindliche Bargeld entwenden zu können. Als Tatwerkzeuge wollte er ein Messer und ein Brecheisen verwenden. Er stellte sein Fahrzeug, in dem er die Tatwerkzeuge – ein „handelsübliches“ Messer mit einer Klingenlänge von rund zehn bis zwölf Zentimetern sowie ein rund 50 Zentimeter langes Brecheisen aus Metall – deponiert hatte, in der Nähe der Spielhalle ab; anschließend verbrachte er die Nacht in verschiedenen Bars in der Innenstadt von K. und konsumierte Alkohol und Rauschgift.
5
Am Morgen des 10. Januar 2015 begab er sich zu seinem Fahrzeug, nahm Messer und Brecheisen an sich und betrat die Spielhalle. Nachdem er sich zunächst unter einem Vorwand einen Überblick verschafft und wieder entfernt hatte, kehrte er kurze Zeit später zurück, bestellte bei der Spielhallenaufsicht , der Zeugin Kr. , eine Tasse Kaffee und begab sich in den hin- teren Teil der Spielhalle. Als die Zeugin ihm den Kaffee dorthin brachte und sich von ihm abwandte, hielt ihr der Angeklagte in Umsetzung seines Tatentschlus- ses „mit leichtem Druck“ und mit den Worten „keine Bewegung, dies ist ein Überfall“ das Brecheisen in den Rücken, um jeden Widerstand zu unterbinden, die Geschädigte einzuschüchtern und den ungehinderten Aufbruch der Spielautomaten sowie die Wegnahme des Bargelds zu ermöglichen. Sodann führte er die Geschädigte, die verspürte, dass ihr ein Gegenstand in den Rücken gedrückt werde, jedoch nicht erkannte, dass es sich dabei um ein Brecheisen handelte, in eine Ecke der Spielhalle, zwang sie, sich niederzuknien und forder- te sie auf, ruhig zu sein, dann werde er „gar nichts“ machen. Er begab sich zu den Spielautomaten, brach mithilfe des Brecheisens insgesamt vier Spielautomaten auf, entnahm das darin befindliche Bargeld und floh mit der Tatbeute – rund 1.275 EUR – vom Tatort. Die Geschädigte litt infolge des Überfalls meh- rere Wochen unter Angstzuständen und Schlafstörungen (Fall 1 der Urteilsgründe

).

6
b) Am Abend des 23. Mai 2015 entschloss sich der Angeklagte erneut, eine Spielhalle in K. zu überfallen und dabei ebenso wie im Fall 1 der Urteilsgründe vorzugehen. Er parkte sein Fahrzeug in der Nähe der Spielhalle, besuchte in der Nacht verschiedene Bars, konsumierte Alkohol und Kokain, begab sich am Morgen des 24. Mai 2015 zu seinem Fahrzeug, nahm das im Fahrzeug deponierte Brecheisen an sich und betrat die Spielhalle, um sein Vorhaben umzusetzen. Dort begab er sich zunächst auf die Toilette, konsumierte ein Gramm Kokain nasal, kehrte in die Spielhalle zurück und näherte sich der ZeuginP. , die gerade im Begriff war, einen der Spielautomaten mit Münzgeld zu befüllen. Der Angeklagte trat von hinten an sie heran, packte sie mit einer Hand vorne am Hals und hielt ihr „mit leichtem Druck mit der anderen Hand das mit- geführte Brecheisen in den Rücken“. Dabei forderte er die Geschädigte, die spürte, dass ihr ein Gegenstand in den Rücken gedrückt wurde, jedoch nicht erkannte, dass es sich dabei um ein Brecheisen handelte, auf, ruhig zu bleiben und „drohte ihr andernfalls für sie nachteilhafte Konsequenzen an“. Der Ange- klagte wollte durch den Einsatz dieser Drohungen etwaigen Widerstand der Geschädigten überwinden und sie einschüchtern, um den Aufbruch der Automaten und die Wegnahme des Bargelds zu ermöglichen. Er führte die Zeugin sodann in eine Ecke der Spielhalle, forderte sie auf, dort zu bleiben, brach mit dem Brecheisen einen Spielautomaten auf und entnahm das darin befindliche Bargeld. Dabei nahm die Zeugin, die den Angeklagten beobachtete, das Brecheisen wahr. Der Angeklagte wandte sich einem weiteren Spielautomaten zu, den er mit Hilfe des Brecheisens ebenfalls aufbrach und entnahm das darin befindliche Münzgeld. Anschließend floh er unter Mitnahme des Bargelds in Höhe von rund 2.000 EUR (Fall 3 der Urteilsgründe).
7
c) Am Abend des 21. August 2015 entschloss sich der Angeklagte erneut zum Überfall auf eine Spielhalle in K. . Wie in den vorangegangenenFällen parkte er sein Fahrzeug, in welchem er das Brecheisen deponiert hatte, in der Nähe der Spielhalle. Nachdem er die Nacht in verschiedenen Bars inK. verbracht und erneut Alkohol und Rauschgift konsumiert hatte, begab er sich am folgenden Morgen, dem 22. August 2015, zu seinem Fahrzeug, nahm das Brecheisen an sich und begab sich in die Spielhalle. Nachdem ihm die dort als Aufsichtsperson tätige Angestellte, die Zeugin S. , Wechselgeld ausgehändigt hatte, begab er sich alleine in die obere Etage der Spielhalle, brach mit dem mitgeführten Brecheisen zwei Spielautomaten auf, nahm das darin befindliche Bargeld in Höhe von 251 EUR an sich und floh (Fall 4 der Urteilsgründe).
8
2. Das Landgericht hat in den Fällen 1 und 3 der Urteilsgründe angenommen , dass der Angeklagte den Tatbestand des schweren, nicht jedoch den Tatbestand des besonders schweren Raubes im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwirklicht habe. Er habe das Brecheisen nicht im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwendet. Ein Verwenden durch Drohung scheide aus, weil die beiden Tatopfer das Brecheisen nicht als solches zu identifizieren vermochten ; sie hätten nur wahrgenommen, dass der Täter ihnen „irgendeinen Gegenstand“ gegen den Rücken gehalten habe. Darüber hinaus habe der Angeklagte das Brecheisen auch nicht konkret gefährlich verwendet, weil er damit nur leichten Druck ausgeübt habe, ohne den Opfern hierdurch Schmerzen zuzufügen. Im Fall 4 der Anklage ist das Landgericht ohne nähere Begründung von einem besonders schweren Fall des Diebstahls (§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB) und nicht von einem Diebstahl mit Waffen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1, Buchst. a, Var. 2) StGB ausgegangen.

II.

9
Die zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft ist auf die Schuldsprüche in den Fällen 1, 3 und 4 der Urteilsgründe beschränkt.
10
Die Beschwerdeführerin hat die Revision auf die „allgemein erhobene Sachrüge“ gestützt und in der Revisionsbegründungsschrift einen unbeschränk- ten Aufhebungsantrag gestellt. Die Begründung des Rechtsmittels ist jedoch ausschließlich auf die als rechtsfehlerhaft beanstandete rechtliche Würdigung des Lebenssachverhalts in den Fällen 1, 3 und 4 bezogen. Anhaltspunkte dafür, dass auch der Schuld- und Strafausspruch im Fall 2 der Urteilsgründe sowie die Maßregelanordnung von dem Revisionsangriff umfasst sein sollen, sind der Begründung des Rechtsmittels nicht zu entnehmen.
11
Widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung , so ist unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV das Angriffsziel im Wege der Auslegung zu ermitteln (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 26. April 2017 – 2 StR 47/17, NStZ-RR 2017, 201; BGH, Urteile vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; vom 22. Februar 2017 – 5 StR 545/16 und vom 6. Juli 2017 – 4 StR 415/16, StRR 2017, Nr. 8, 18). Die sonach gebotene Auslegung der Revisionsbegründung führt zur Annahme eines auf die Fälle 1, 3 und 4 der Urteilsgründe beschränkten Rechtsmittels.

III.

12
Die beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
13
1. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte in den Fällen 1 und 3 der Urteilsgründe den Tatbestand des besonders schweren Raubes im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB verwirklicht.
14
a) Das Tatbestandsmerkmal des Verwendens im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB umfasst jeden zweckgerichteten Gebrauch eines objektiv gefährlichen Tatmittels. Nach der Konzeption der Raubdelikte bezieht sich das Verwenden auf den Einsatz des Nötigungsmittels bezogen auf den Grundtatbestand des Raubes; es liegt sonach vor, wenn der Täter eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug gerade als Mittel entweder der Ausübung von Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gebraucht, um die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache zu ermöglichen (BGH, Urteile vom 18. Februar 2010 – 3 StR 556/09, NStZ 2011, 158 und vom 8. Mai 2008 – 3 StR 102/08, NStZ 2008, 687). Das Tatopfer muss das Nötigungsmittel und die Androhung seines Einsatzes wahrnehmen (BGH, Urteile vom 18. Februar 2010 – 3 StR 556/09, aaO und vom 8. Mai 2008 – 3 StR 102/08, aaO; Beschluss vom 17. Juni 1998 – 1 StR 270/98, NStZ-RR 1999, 7); denn eine Drohung ist das ausdrückliche oder schlüssige In-Aussicht-Stellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1961 – 1 StR 288/61, BGHSt 16, 386, 387). Eine Drohung erfordert daher, dass der Bedrohte Kenntnis von der Drohung erlangt und dadurch in eine Zwangslage versetzt wird (Senat, Beschluss vom 1. September 2004 – 2 StR 313/04, NStZ 2005, 41, 42). Nimmt das Tatopfer die Drohung des Täters mit einer Waffe oder einem gefährlichen Werkzeug nicht wahr, so wird es nicht in die von § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB vorausgesetzte qualifizierte Zwangslage versetzt und es fehlt an einem vollendeten Verwenden des Drohmittels (vgl. Senat, Beschluss vom 1. September 2004 – 2 StR 313/04, aaO; BGH, Beschluss vom 8. November 2011 – 3 StR 316/11, NStZ 2012, 389; Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 4 StR 351/14, NStZ-RR 2015, 13; Beschluss vom 12. Juli 2016 – 3 StR 157/16, NStZ 2017, 26).
15
b) Gemessen hieran hat der Angeklagte das Brecheisen im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB verwendet. Indem der Angeklagte beiden Tatopfern das Brecheisen „mit leichtem Druck in den Rücken hielt“, sich ihrer dadurch bemächtigte und sie zugleich aufforderte, seinen Anweisungen zur Vermeidung nachteiliger Konsequenzen Folge zu leisten, verwendete der Angeklagte bei der Tat ein gefährliches Werkzeug.
16
Der Annahme vollendeten Verwendens steht nicht entgegen, dass die Tatopfer das vom Angeklagten bewusst verdeckt in ihrem Rücken eingesetzte Werkzeug nur taktil und nicht visuell wahrnahmen und deshalb nicht erkannten, dass es sich dabei um ein Brecheisen handelte. Anders als in anderen von den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs entschiedenen Fallkonstellationen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Januar 2007 – 4 StR 394/06, NStZ 2007, 332 mit Anm. Kudlich JR 2007, 381; Beschluss vom 6. September 2007 – 4 StR 227/07, StraFo 2008, 85; Beschluss vom 5. Juni 2007 – 4 StR 184/07, StRR 2007, 163; Beschluss vom 8. Juli 2008 – 3 StR 229/08, NStZ-RR 2008, 342 und Urteil vom 15. August 2007 – 5 StR 216/07, NStZ-RR 2007, 375) steht vorliegend aus Sicht eines objektiven Betrachters fest, dass es sich bei dem vom Angeklagten als Drohmittel verwendeten rund 50 Zentimeter langen Brecheisen aus Metall – ebenso wie bei einem Holzknüppel (Senat, Beschluss vom 4. September 1998 – 2 StR 390/98, NStZ-RR 1999, 15), einem Besenstiel (BGH, Beschluss vom 20. Mai 1999 – 4 StR 168/99, NStZ-RR 1999, 355), einem Schraubendreher (BGH, Urteil vom 18. Februar 2010 – 3 StR 556/09, NStZ 2011, 158) oder einem abgesägten Metallstück in Form eines Winkeleisens (Senat, Beschluss vom 21. November 2001 – 2 StR 400/01, NStZ-RR 2002, 108, 109) – um einen objektiv gefährlichen Gegenstand handelt, weil es im Falle seines Einsatzes als Schlag- oder Stichwerkzeug (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2014 – 1 StR 24/14, juris) geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Es genügt, wenn das Tatopfer – wie in den zugrunde liegenden Fällen – den Gegenstand als Drohungsmittel wahrnimmt, zutreffend davon ausgeht, dass von ihm im Falle eines Einsatzes eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben ausgeht, und es sich so in die von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB vorausgesetzte qualifizierte Zwangslage versetzt sieht.
17
Vor diesem Hintergrund ist es unschädlich, dass die Tatopfer den verwendeten Gegenstand zwar wahrnahmen, jedoch nicht als Brecheisen zu identifizieren vermochten. Anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Senats vom 1. September 2004 – 2 StR 313/04, NStZ 2005, 41, auf die sich das Landgericht für seine abweichende Rechtsauffassung beruft. In der dort entschiedenen Fallkonstellation hatte das Tatopfer den vom Täter als Drohmittel eingesetzten Schraubenzieher überhaupt nicht bemerkt. Dann aber fehlt es – anders als in der hier vorliegenden Fallkonstellation – daran, dass das Tatop- fer Kenntnis von der Drohung erlangt. Der Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist sonach tragfähig belegt.
18
c) Der Senat ändert die Schuldsprüche in den Fällen 1 und 3 entsprechend ab; § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
19
Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der Strafaussprüche. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass die Strafaussprüche auf dem Rechtsfehler beruhen. Zwar hat das Landgericht in beiden Fällen minder schwere Fälle des schweren Raubes im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB angenommen. Ungeachtet des Umstands, dass für minder schwere Fälle des Absatzes 1 und des Absatzes 2 des § 250 StGB derselbe, von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe reichende Strafrahmen gilt, stellt die unter § 250 Abs. 2 StGB fallende Tat nach der in dem erhöhten Mindestmaß von fünf Jahren Freiheitsstrafe zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Vorbewertung im Vergleich zu Taten nach Absatz 1 der Vorschrift mit einem Mindestmaß von drei Jahren Freiheitsstrafe grundsätzlich das schwerer wiegende Delikt dar (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2017 – 4 StR 208/17). Dieser Gesichtspunkt kann bei der Gewichtung des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat sowohl bei der Prüfung des minder schweren Falles als auch bei der Strafzumessung im engeren Sinne Bedeutung erlangen, auch wenn der Tatrichter die Strafe dem einheitlichen Strafrahmen für minder schwere Fälle des Absatzes 3 entnimmt. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das Landgericht, wenn es von der Verwirklichung des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ausgegangen wäre, auf eine höhere Strafe erkannt hätte (vgl. für den umgekehrten Fall BGH, Beschluss vom 7. Januar 1999 – 4 StR 686/98, NStZ-RR 2000, 43). Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da diese von dem Rechtsfehler nicht berührt sind.
20
2. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte im Fall 4 der Urteilsgründe den Tatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 1, Buchst. a StGB verwirklicht; denn der Angeklagte hat das Brecheisen, bei dem es sich um ein gefährliches Werk- zeug im Sinne der genannten Vorschrift handelt, bei der Tat bei sich geführt; dass er es außerdem als Drohmittel einsetzt, ist für die Verwirklichung des Qualifikationstatbestands des § 244 Abs. 1 Nr. 1, Buchst. a StGB nicht erforderlich. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil auszuschließen ist, dass der in vollem Umfang geständige Angeklagte sich anders als geschehen verteidigt hätte. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der neu zur Entscheidung berufene Tatrichter wird Gelegenheit haben zu prüfen, ob der Angeklagte gewerbsmäßig handelte.
21
3. Die Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen 1, 3 und 4 der Urteilsgründe führt zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.
22
Die Maßregelanordnung bleibt hiervon unberührt. Sie entzieht jedoch dem rechtsfehlerfreien Ausspruch zum teilweisen Vorwegvollzug der Strafe (§ 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB) die Grundlage (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2017 – 3 StR 475/16, juris; Beschluss vom 9. Dezember 2014 – 5 StR 538/14, juris Rn. 4).
23
Die Feststellungen können insgesamt bestehen bleiben, da sie von den Rechtsfehlern nicht betroffen sind. Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, den Ausspruch über die Anrechnung der im Königreich Belgien erlittenen Auslieferungshaft (vgl. UA S. 5) in den Urteilstenor aufzunehmen und einen An- rechnungsmaßstab zu bestimmen (zur Notwendigkeit der Aufnahme in den Urteilstenor vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. Juli 2014 – 1 StR 247/14, BGHR StGB § 51 Abs. 4 Anrechnung 7 mwN).
Krehl Bartel Wimmer Grube Schmidt

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Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juli 2016 - 3 StR 157/16

bei uns veröffentlicht am 12.07.2016

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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Juli 2014 - 1 StR 247/14

bei uns veröffentlicht am 10.07.2014

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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juni 2014 - 2 StR 90/14

bei uns veröffentlicht am 11.06.2014

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Bundesgerichtshof Urteil, 29. März 2018 - 4 StR 568/17

bei uns veröffentlicht am 29.03.2018

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Referenzen

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 47/17
vom
26. April 2017
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
ECLI:DE:BGH:2017:260417U2STR47.17.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. April 2017, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl als Vorsitzender,
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl, Dr. Eschelbach, Zeng, Dr. Grube,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
der Angeklagte in Person,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 4. August 2016 wird verworfen. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die dagegen gerichtete auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft, die beanstandet, das Landgericht habe zu Unrecht einen minder schweren Fall angenommen und die Strafe rechtsfehlerhaft zur Bewährung ausgesetzt, hat keinen Erfolg.

I.

2
Nach den Feststellungen überfiel der Angeklagte am 10. März 2015 kurz vor 20.00 Uhr aufgrund eines spontanen Entschlusses maskiert mit einer Sturmhaube unter Verwendung einer ungeladenen Soft-Air-Pistole eine ihm bis dahin unbekannte Tankstelle. Zum Zeitpunkt des Überfalls befanden sich eine Kassiererin und der Betreiber der Tankstelle in dem Verkaufsraum. Eingeschüchtert von der Drohung mit der von ihr für echt gehaltenen Scheinwaffe händigte die Kassiererin dem Angeklagten 200 bis 300 Euro "Wechselgeld" aus. Mehr Geld befand sich nicht in der Kasse, weil der Betreiber kurz zuvor die Tageseinnahmen in den Tresor verbracht hatte. Die Geschädigten haben keine psychischen Schäden davon getragen.

II.

3
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
4
1. Das Rechtsmittel ist wirksam auf den Strafausspruch beschränkt.
5
Die Beschwerdeführerin hat zwar einen unbeschränkten Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils gestellt. Jedoch hält sie das Urteil nur deshalb für fehlerhaft, weil das Landgericht den Angeklagten unter Anwendung des Strafrahmens des § 250 Abs. 3 StGB zu einer zu niedrigen Freiheitsstrafe verurteilt und diese rechtsfehlerhaft zur Bewährung ausgesetzt habe.
6
Widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung , ist unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV das Angriffsziel durch Auslegung zu ermitteln (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 11. Juni 2014 - 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; zuletzt BGH, Urteil vom 22. Februar 2017 - 5 StR 545/16). Nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung hat die Beschwerdeführerin deutlich zu erkennen gegeben, dass sie sich allein gegen den Strafausspruch wendet und mit ihrem Rechtsmittel nicht den Schuldspruch angreifen will.
7
2. Die Annahme eines minder schweren Falls der schweren räuberischen Erpressung gemäß § 250 Abs. 3 StGB hält rechtlicher Überprüfung stand.
8
a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich , wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 17. September 1980 - 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320; vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, Rn. 17, BGHSt 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016 - 1 StR 414/15, Rn. 12, NStZ-RR 2016, 107, 108; jeweils mwN). Nur in diesem Rahmen kann eine "Verletzung des Gesetzes" (§ 337 Abs. 1 StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. nur BGH GS, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; BGH, Urteile vom 12. Januar 2005 - 5 StR 301/04, wistra 2005, 144; vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, Rn. 17, BGHSt 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016 - 1 StR 414/15, Rn. 12, NStZ-RR 2016, 107, 108). Diese Maßstäbe gelten auch für die dem Tatrichter obliegende Prüfung, ob ein minder schwerer Fall im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB vorliegt. Bei der dabei gebotenen Gesamtwürdigung obliegt es dem pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters, welches Gewicht er den einzelnen Milderungsgründen im Verhältnis zu den Erschwerungsgründen beimisst; seine Wertung ist vom Revisionsgericht nur begrenzt nachprüfbar (vgl. Senat, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 2 StR 338/16).
9
b) Hieran gemessen hat die Annahme eines minder schweren Falls der schweren räuberischen Erpressung Bestand.
10
Weder fehlt es an der gebotenen Gesamtwürdigung der für die Wertung der Tat und des Täters wesentlichen Umstände, noch bestehen gegen die einzelnen vom Landgericht zugunsten des Angeklagten in seine Gesamtwürdigung eingestellten Gesichtspunkte durchgreifende rechtliche Bedenken. So hat es rechtsfehlerfrei zugunsten des Angeklagten bedacht, dass dieser sich geständig eingelassen, sich in der Hauptverhandlung bei den Geschädigten entschuldigt und seine Tat bereut hat, dass die Tat nicht langfristig geplant und die Beute mit maximal 300 Euro eher gering war.
11
Dagegen abgewogen hat die Strafkammer die strafrechtlichen Vorbelastungen des Angeklagten - Einstellungen, Weisungen und Auflagen nach dem JGG sowie eine zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten wegen "gemeinschaftlicher Brandstiftung" - sowie den Umstand, dass der Angeklagte die verfahrensgegenständliche Tat unter laufender Bewährung begangen habe. Relativiert werde das Gewicht der strafrechtlichen Vorbelastungen dadurch, dass es sich um nicht einschlägige, schon länger zurückliegende jugendtümliche Verfehlungen handele.
12
Hiergegen ist von Rechts wegen nichts zu erinnern. Der Senat besorgt nicht, dass das Landgericht aus dem Blick verloren haben könnte, dass sich der Angeklagte von dem Überfall eine höhere Beute erhofft hatte. Im Übrigen ist dem Generalbundesanwalt zwar zuzugeben, dass die Strafkammer die genauen Tatumstände der letzten Verurteilung durch das Amtsgericht Mühlhausen vom 3. Januar 2013 wegen "gemeinschaftlicher Brandstiftung" nicht mitteilt, so dass der Schluss auf jugendtümliche Verfehlungen nicht im Einzelnen belegt ist. Allerdings ergibt sich aus den Urteilsgründen, dass Tatzeit bereits der 4. Januar 2010 war und auf den damals 18 Jahre alten Angeklagten noch Jugendstrafrecht angewandt worden ist. Unter diesen Umständen schließt der Senat aus, dass sich das Versäumnis der Strafkammer durchgreifend zugunsten des Angeklagten ausgewirkt hat, zumal die zweijährige Bewährungszeit aus diesem jugendrichterlichen Urteil vom 3. Januar 2013 bei Tatbegehung in dieser Sache am 10. März 2015 - nach den allein maßgeblichen Feststellungen des angefochtenen Urteils - bereits abgelaufen war, so dass ihm nicht zur Last gelegt werden kann, er habe die Tat während laufender Bewährung begangen.
13
3. Das Urteil ist im Strafausspruch auch nicht gemäß § 301 StPO zu Gunsten des Angeklagten aufzuheben. Dass die Strafkammer - hätte sie ein Bewährungsversagen nicht angenommen - eine noch niedrigere Strafe verhängt hätte, schließt der Senat aus.
14
4. Die Bewährungsentscheidung lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen.
15
a) Auch die Bewährungsentscheidung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Gelangt dieses auf Grund der Besonderheiten des Falles zu der Überzeugung , dass die Strafaussetzung trotz des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat nicht als unangebracht erscheint und nicht den allgemeinen vom Strafrecht geschützten Interessen zuwider läuft, so ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich auch dann hinzunehmen, wenn eine gegenteilige Würdigung möglich gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2016 - 1 StR 414/15, NStZ-RR 2016, 107, 108).
16
b) Das Landgericht hat dem Angeklagten, der über gefestigte soziale Beziehungen verfügt, eine günstige Sozialprognose gestellt und dabei besondere Umstände in der Tat und in seiner Persönlichkeit festgestellt. So ist der Angeklagte bemüht, den im Jahre 2010 durch seine Brandstiftung verursachten Schaden von über 50.000 Euro durch erhöhte Arbeitsanstrengungen wieder gutzumachen. Zudem setzt er sich intensiv mit der verfahrensgegenständlichen Straftat auseinander. Soweit die Revision beanstandet, die Strafkammer habe das Bewährungsversagen des Angeklagten unberücksichtigt gelassen, übersieht sie auch hier, dass die zweijährige Bewährungszeit aus dem jugendrichterlichen Urteil des Amtsgerichts Mühlhausen nach den für den Senat allein maßgeblichen Urteilsfeststellungen bei Tatbegehung in dieser Sache bereits abgelaufen war. Ungeachtet eines möglicherweise noch ausstehenden Beschlusses über den Erlass der Strafe ist der Angeklagte damit kein "Bewährungsversager" (vgl. Senatsurteil vom 28. September 2011 - 2 StR 93/11; BGH, Beschluss vom 3. September 1991 - 4 StR 346/91). Appl Krehl Eschelbach Zeng Grube

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 90/14
vom
11. Juni 2014
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubs u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Juni 2014,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
der Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5. Dezember 2013 wird als unbegründet verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels sowie die insoweit notwendigen Auslagen des Angeklagten hat die Staatskasse zu tragen. Die Nebenklägerin trägt ihre Auslagen selbst.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubs zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete , zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts planten der Angeklagte und der gesondert Verfolgte B. einen Einbruch in ein Wohnhaus in Kronberg. Sie hatten den Tatort zuvor ausgekundschaftet und unter anderem auch in Erfahrung gebracht, dass die Bewohner tagsüber nicht zu Hause sein sollten. In Umsetzung ihres Tatplans begaben sie sich am 7. Juni 2013 gegen 14.15 Uhr zum Tatort. Sie führten eine Tasche mit Wechselkleidung mit sich; darüber hinaus zwei Strumpfmasken wegen der vor Ort vorhandenen Überwachungskameras sowie eine Rolle Klebeband, um ein Fenster vor dem Einschlagen abkleben zu können. Da sie sicher gehen wollten, dass tatsächlich niemand zu Hause war, klingelte der gesondert Verfolgte B. während sich der Angeklagte vor der Haustür postierte. Es öffnete die Zeugin St. , woraufhin der Angeklagte und B. ihren Tatplan spontan dahin erweiterten, nunmehr unter Überwältigung der Zeugin St. in das Haus einzudringen und nach Wertgegenständen Ausschau zu halten.
3
Der Angeklagte drängte die Zeugin sogleich ins Haus, fesselte sie mit einem im Flur entdeckten Strickschal an Händen und Beinen und warf ihr eine Wolldecke über den Kopf. Sodann begannen beide Täter das Haus nach Wertgegenständen zu durchsuchen. Die aufgefundene Beute (Schmuck und Bargeld ) verstauten sie in einer am Tatort aufgefundenen Sporttasche. Währenddessen rief die unter Atemnot leidende Zeugin um Hilfe und bat um Wasser. Der Angeklagte reichte ihr eine Tasse Kaffee, die die Zeugin mit ihrer aus der Fesselung befreiten rechten Hand ergriff und gegen eine Fensterscheibe warf. Sie rief nun laut um Hilfe. Der Angeklagte und der hinzukommende B. fesselten die Hände der Zeugin mit am Tatort aufgefundenen Kabelbindern fest auf ihren Rücken und verklebten ihr den Mund mit dem mitgeführten Klebeband. Anschließend setzten beide Täter die Durchsuchung fort und entdeckten weiteres Bargeld, das sie an sich nahmen. Als es an der Haustür klingelte, trugen die Täter die gefesselte Zeugin in den Keller und flüchteten aus dem Haus. Unterwegs entledigten sie sich sowohl der Tasche mit Wechselkleidung als auch der Tasche mit der Beute. Der Angeklagte konnte gegen 17.00 Uhr hinter einer naheliegenden Kleingartenanlage festgenommen werden. Beide Taschen wurden alsbald aufgefunden.
4
Die Zeugin erlitt infolge der strammen Fesselung starke Hämatome und Druckstellen an den Handgelenken. Eine traumatische Affektion verschiedener Nerven riefen Taubheitsgefühle in der rechten Hand und am linken Daumen hervor, die bis heute anhalten.
5
2. Die Kammer hat die Tat wegen der strammen Fesselung der Zeugin als „schweren Raub“ gemäߧ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB gewertet und unter Annahme eines minder schweren Falls gemäß § 250 Abs. 3 StGB eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verhängt.

II.


6
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist rechtswirksam auf den Strafausspruch beschränkt.
7
1. Zwar hat die Staatsanwaltschaft eingangs ihrer Revisionsbegründungsschrift keine Beschränkung erklärt und am Ende ihrer Ausführungen die (uneingeschränkte) Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen und Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer zur erneuten Verhandlung und Entscheidung beantragt. Mit diesem den Schuld- und Strafausspruch umfassenden Revisionsantrag steht jedoch der übrige Inhalt der Revisionsbegründungsschrift nicht in Einklang. Daraus ergibt sich, dass die Revisionsführerin das Urteil deshalb für fehlerhaft hält, weil das Landgericht der Bemessung der Freiheitsstrafe zu Unrecht den Strafrahmen des minder schweren Falls nach § 250 Abs. 3 StGB zugrunde gelegt und die Freiheitsstrafe daher unangemessen milde bemessen habe. Somit widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung. In einem solchen Fall ist nach ständiger Rechtsprechung das Angriffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 1989 - 3 StR 453/88, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3; Urteil vom 25. November 2003 - 1 StR 182/03, NStZ-RR 2004, 118; Löwe/Rosenberg-Franke, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 10).
8
Nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung ist allein der Strafausspruch angefochten und der Schuldspruch vom Rechtsmittelangriff ausgenommen. Allein der Umstand, dass die Revisionsführerin nach Erhebung der allgemeinen Sachrüge einleitend ausgeführt hat, das Landgericht habe die Tat „insbesondere“ rechtsfehlerhaft als minder schweren Fall gewertet, zeigt mangels eines Hinweises auf einen weiteren Rechtsfehler des Urteils kein weitergehendes Angriffsziel der Revision auf. Unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV versteht der Senat daher das gesamte Revisionsvorbringen dahin, dass die Staatsanwaltschaft den Schuldspruch nicht angreifen will (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 - 4 StR 296/12 mwN).
9
2. Die Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch ist auch rechtswirksam.
10
Voraussetzung für eine wirksame Beschränkung der Revision ist, dass sie sich auf Beschwerdepunkte bezieht, die nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angegriffenen Teil rechtlich und tatsächlich selbständig beurteilt werden können, ohne eine Prüfung der Entscheidung im Übrigen erforderlich zu machen (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 29. Februar 1956 - 2 StR 25/56, BGHSt 10, 100, 101; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 318 Rn. 6 mwN). Eine Beschränkung ist aber auch dann unwirksam, wenn die Gefahr besteht, dass die nach dem Teilrechtsmittel (stufenweise) entstehende Gesamtentscheidung nicht frei von inneren Widersprüchen bleiben kann (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1980 - 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359, 366; Beschluss vom 15. Mai 2001 - 4 StR 306/00, BGHSt 47, 32, 35 und 38).
11
Die Beschränkung des Rechtsmittels ist nach diesen Grundsätzen wirksam.
12
Es liegen keine Umstände vor, aus denen sich ausnahmsweise eine untrennbare Verknüpfung der Erörterungen zur Schuld- und Straffrage ergibt, was insbesondere dann der Fall wäre, wenn vom Landgericht strafmildernd gewertete und deshalb von der Revision angegriffene Umstände tatsächlich (auch) den Schuldspruch beträfen. Mit ihrer Revision rügt die Staatsanwaltschaft - neben zahlreichen anderen Einwendungen gegen die Vollständigkeit und Gewichtung einzelner Strafzumessungserwägungen - zwar auch eine rechtfehlerhafte Beweiswürdigung im Hinblick auf den von der Strafkammer als strafmildernd gewerteten Umstand, dass die Tatplanerweiterung des Angeklagten und seines Mittäters auf einem spontanen und erst vor Ort gefassten Entschluss beruhte. Die Feststellungen, dass es sich insoweit um eine Spontantat handelte, sind jedoch nicht tatbestandsrelevant. Der Tatvorsatz liegt unabhängig davon vor, wann der Tatentschluss gefasst wurde und zu welchem Zeitpunkt er in welchem Maße vor dem Eindringen der Täter in das Haus konkretisiert war, weshalb der Schuldspruch von dem Revisionsangriff in jedem Fall unberührt bliebe.
13
Bei einer Teilaufhebung wäre hier auch nicht zu befürchten, dass die stufenweise entstehende Gesamtentscheidung unter inneren Widersprüchen litte. Veränderte Feststellungen zum Zeitpunkt des konkreten Tatentschlusses des Angeklagten würden die Gesamtentscheidung lediglich modifizieren und nicht widersprüchlich erscheinen lassen.

III.


14
Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
15
1. Die den strafzumessungsrelevanten Feststellungen der Strafkammer zugrunde liegende Beweiswürdigung ist unter Berücksichtigung des revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs frei von Rechtsfehlern.
16
Dies gilt auch im Hinblick auf die Feststellung des Landgerichts, dass der Angeklagte und sein Mittäter zunächst nur einen Einbruchdiebstahl geplant und ihren Tatentschluss erst vor Ort auf die Ausführung eines Raubes erweitert haben, denn das Gericht hat sich auch insoweit seine Überzeugung auf einer ausreichenden objektiven Beweisgrundlage gebildet.
17
Zwar war es zur Überprüfung der Anwesenheit eines Hausbewohners nicht erforderlich, dass sich der Angeklagte beim Klingeln unmittelbar vor der Haustür postierte. Dieses Vorgehen ist aber nicht als derart ungewöhnlich risikoreich zu werten, dass es als gewichtiges Indiz für einen von vornherein geplanten Raub hätte gewertet werden müssen. Denn auch dann, wenn ein Täter nur einen Einbruch plant, kann er auf das unerwartete Öffnen der Tür durch einen Hausbewohner noch mit der unverdächtig erscheinenden Nachfrage nach einer angeblich dort wohnhaften Person reagieren. Für einen zunächst nur geplanten Einbruchdiebstahl sprach ohne Weiteres, dass der Angeklagte und sein Mittäter ausschließlich für einen Einbruch nützliche Gegenstände mit sich führten und demgegenüber keine Vorsorge für die Fesselung bzw. Ruhigstellung eines anwesenden Hausbewohners getroffen hatten. Zur Fesselung der Zeugin St. wurde ein vor Ort aufgefundener Schal verwendet. Nachdem sich diese Fesselung bereits nach kurzer Zeit als unzureichend erwiesen hatte, mussten der Angeklagte und sein Mittäter zunächst nach anderen Mitteln zur Fesselung suchen. Auch auf die Idee, das mitgeführte Klebeband zur Fesselung zu nutzen , kamen sie nicht.
18
2. Der Strafausspruch hält auch im Übrigen sachlich-rechtlicher Überprüfung stand. Rechtsfehler bei der Wahl des Strafrahmens zeigt auch die Revision nicht auf. Das Landgericht hat die erforderliche Gesamtschau vorgenommen und dabei alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt. In Anbetracht der zahlreichen strafmildernden Umstände (umfassendes Geständnis, junges Alter des Angeklagten, Unbestraftheit, Erstverbüßer, spontane Tatplanerweiterung, gewisser Dilettantismus und wenig vorausschauende Planung der Tat) ist daher die Annahme eines minder schweren Falls gemäß § 250 Abs. 3 StGB aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, auch wenn eine andere Beurteilung möglich gewesen wäre.
19
3. Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revision der Staatsanwaltschaft nicht ergeben (§ 301 StPO).
Fischer Krehl Eschelbach
Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 545/16
vom
22. Februar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:220217U5STR545.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Februar 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Dr. Mutzbauer,
Richter Prof. Dr. Sander, Richterin Dr. Schneider, Richter Dr. Berger, Richter Prof. Dr. Mosbacher
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt B.
als Verteidiger,
Rechtsanwalt S.
als Vertreter des Nebenklägers,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 29. Juni 2016 wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Rau1 bes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen das Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte, vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Revision der Staatsanwaltschaft. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.


Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
2
1. Der 25 Jahre alte Angeklagte, der keinen Beruf erlernt und zuletzt So3 zialleistungen bezogen hat, konsumierte bereits in seiner Jugend Cannabis.
Seit 2012 nahm er, zunächst an Wochenenden, zusätzlich Speed, Ecstasy und Kokain zu sich. Etwa Ende Februar 2016 verlor seine damalige Lebensgefährtin das erwartete gemeinsame Kind durch Fehlgeburt. Spätestens nach diesem Verlust, der ihn sehr belastete, hatte der Angeklagte seinen Betäubungsmittelkonsum nicht mehr unter Kontrolle. Er steigerte insbesondere die Einnahme von Amphetamin und Kokain und gab für diese Drogen nahezu täglich 50 Euro aus. Dadurch verschuldetete er sich in erheblicher Höhe bei seinen Rauschgiftlieferanten , die ihm bedeuteten, dass er vor einem Erhalt weiterer Drogen zunächst seine Schulden abtragen müsse.
Als er über kein Rauschgift und kein Geld mehr verfügte, entschloss sich
4
der Angeklagte, um neue Drogen kaufen zu können, die Filiale eines Einkaufsmarktes zu überfallen. Bewaffnet mit einer mit Gaspatronen geladenen Pistole begab er sich am 21. März 2016 kurz vor Geschäftsschluss in diesen Einkaufsmarkt und verbarg sich maskiert zunächst in der Damentoilette. Als eine Mitarbeiterin den Raum betrat, bedrohte der Angeklagte sie mit der Pistole und fesselte sie mit einem mitgeführten Klebeband. Er ließ sie im Toilettenraum zurück und traf auf dem davor liegenden Gang auf einen Filialmitarbeiter, den er ebenfalls mit der Pistole bedrohte und fesselte. Sodann begegnete der Angeklagte einem Sicherheitsbediensteten. Als dieser die ihm vom Angeklagten vorgehaltene Pistole abzuwehren versuchte, schoss der Angeklagte ihm aus 20 bis 30 cm Entfernung mit der Pistole gezielt gegen die Stirn, wodurch der Zeuge unter anderem eine Platzwunde erlitt. Auf seinem anschließenden Weg zu den Büroräumen bedrohte der Angeklagte einen weiteren Mitarbeiter des Einkaufsmarktes mit der Pistole. Im Kassenbüro angekommen hielt er der mit der Abrechnung befassten Mitarbeiterin die Pistole vor und ergriff eine Tüte mit dem Kassenbestand von 13.600 Euro. Anschließend bedrohte er mit seiner Waffe zwei weitere Mitarbeiter, bevor er mit der Beute den Einkaufsmarkt verließ. Das erbeutete Geld verwandte der Angeklagte zur Tilgung seiner Schulden bei seinen Drogenlieferanten und zum Erwerb von Betäubungsmitteln.
2. Das sachverständig beratene Landgericht hat in Übereinstimmung mit
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der psychiatrischen Sachverständigen nicht ausschließen können, dass der Angeklagte bei der Tat aus Angst vor Entzugserscheinungen im Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB gehandelt habe. Der Angeklagte sei polytoxikoman abhängig von Amphetaminen, Ecstasy und Kokain gewesen und habe unter einem Suchtdruck gelitten, der ihn die Betäubungsmittel täglich konsumieren ließ. Er habe für die Vergangenheit eine deutliche Entzugssymptomatik geschildert. Auch während des Tatgeschehens habe der Angeklagte gezittert. Nicht ausschließbar sei sein Zittern während des Tatgeschehens auf einen Entzug zurückzuführen.
Dementsprechend hat das Landgericht bei der Strafrahmenwahl unter
6
Verbrauch des Strafmilderungsgrundes des § 21 StGB einen minder schweren Fall nach § 250 Abs. 3 StGB angenommen.

II.


Der Revision bleibt der Erfolg versagt.
7
1. Das Rechtsmittel ist wirksam auf den Strafausspruch beschränkt.
8
Die Beschwerdeführerin hat zwar einen unbeschränkten Antrag auf Auf9 hebung des angefochtenen Urteils gestellt. Auch hat sie zur Begründung der von ihr erhobenen Rüge der Verletzung materiellen Rechts dargelegt, dass die der allgemeinen Sachrüge nachfolgenden Ausführungen nur beispielhaft erfolgten. Jedoch hält die Revisionsführerin das Urteil nur deshalb für fehlerhaft, weil das Landgericht zu Unrecht eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten angenommen und ihn unter Anwendung des Strafrahmens des § 250 Abs. 3 StGB zu einer zu niedrigen Freiheitsstrafe verurteilt habe.
Widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegrün10 dung, ist unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV das Angriffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 468/14, NStZ-RR 2015, 88, 89 mwN). Nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung hat hier die Beschwerdeführerin deutlich zu erkennen gegeben, dass sie sich allein gegen den Strafausspruch wendet und mit ihrem Rechtsmittel weder den Schuld- noch den Maßregelausspruch angreifen will.
2. Die Beurteilung des Landgerichts, die Steuerungsfähigkeit des Ange11 klagten sei erheblich vermindert gewesen, und die sich maßgeblich auf diesen Strafmilderungsgrund stützende Strafrahmenwahl halten der sachlichrechtlichen Prüfung stand.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann bei
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Beschaffungsdelikten eines rauschgiftabhängigen Täters dessen Steuerungsfähigkeit unter Umständen auch dann erheblich vermindert sein, wenn er aus Angst vor nahe bevorstehenden Entzugserscheinungen handelt, die er schon als äußerst unangenehm erlitten hat (vgl. BGH, Urteile vom 17. April 2012 – 1StR 15/12, NStZ 2013, 53, 54, und vom 20. August 2013 – 5 StR 36/13, NStZ-RR 2013, 346, 347 mwN). Dieser zunächst in Bezug auf Heroinabhängigkeit entwickelte Grundsatz (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 1989 – 5 StR 175/89, NJW 1989, 2336) ist trotz unterschiedlicher Entzugsfolgen auch bei einer Koka- inabhängigkeit für ausnahmsweise anwendbar gehalten worden (BGH, Urteil vom 2. November 2005 – 2 StR 389/05, NStZ 2006, 151, 152; vgl. auch BGH, Urteil vom 17. April 2012 – 1 StR 15/12 aaO), bei der körperliche Entzugssymptome in der Regel geringer ausgeprägt sind.
Für die Beurteilung, ob Angst vor Entzugserscheinungen zu einer erheb13 lichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit bei einem betäubungsmittelabhängigen Täter geführt hat, ist insbesondere auf die konkrete Erscheinungsform der Sucht abzustellen. Auch deren Verlauf und die suchtbedingte Einengung des Denk- und Vorstellungsvermögens sind in die Gesamtwürdigung des Zustands einzubeziehen (BGH, Urteil vom 2. November 2005 – 2 StR 389/05 aaO). Ob bei Betäubungsmittelabhängigkeit aufgetretene Entzugserscheinungen oder Angst vor Entzugserscheinungen zu einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit geführt haben, ist eine Frage, die das Tatgericht zu entscheiden hat; hierbei steht ihm ein nur eingeschränkt revisionsgerichtlich überprüfbarer Spielraum zu (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2004 – 5 StR 306/03).

b) Diesen Vorgaben trägt das angefochtene Urteil noch hinreichend
14
Rechnung. Sein Ergebnis, die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten sei wegen seiner Angst vor nahe bevorstehenden Entzugserscheinungen erheblich vermindert gewesen, hält sich noch innerhalb der ihm eingeräumten Grenzen.
3. Auch bei der konkreten Strafzumessung ist dem Tatgericht kein
15
Rechtsfehler unterlaufen.
Mutzbauer Sander Schneider
Berger Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 415/16
vom
6. Juli 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen fahrlässiger Tötung
ECLI:DE:BGH:2017:060717U4STR415.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 8. Juni 2017 in der Sitzung am 6. Juli 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible, Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Dr. Franke, Dr. Quentin, Dr. Feilcke als beisitzende Richter, Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin des Generalbundesanwalts, Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger des Angeklagten F. , Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten M. , Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Vertreter der Nebenkläger, die Nebenkläger T. S. und F. S. in Person – in der Verhandlung –, Justizangestellte – in der Verhandlung –, Justizangestellte – bei der Verkündung – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 14. April 2016 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die gegen die Angeklagten erkannten Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt worden sind.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen. Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen fahrlässiger Tötung zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren (F. ) sowie einem Jahr und neun Monaten (M. ) verurteilt; die Vollstreckung beider Freiheitsstrafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Ferner hat es gegen beide Angeklagte Maßregeln nach §§ 69, 69a StGB angeordnet. Hiergegen richten sich die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten und wirksam auf den Strafausspruch beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel, die jeweils auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt werden, erzielen den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg. Die Revisionen der Angeklagten hat der Senat mit Beschluss vom 6. Juni 2017 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.

I.


2
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
Am 14. April 2015 fuhren die Angeklagten mit von ihnen geführten Pkw – F. miteinem BMW 320i, M. mit einem Mercedes Cabrio 280SL – in Köln in Richtung der Rheinterrassen. Auf dem Weg dorthin hatten sie bereits mehrere Fahrzeuge mit überhöhter Geschwindigkeit überholt. Nach einem Halt an einer Lichtzeichenanlage „schossen“ sie (UA 12) mit überhöhtem Tempo – F. voran – rechts an dem auf der D. -Straße fahrenden Kraftfahrzeug eines Zeugen vorbei. An der nächsten Lichtzeichenanlage kam der von M. gefahrene Mercedes dicht hinter dem BMW des Angeklagten F. zum Stehen. Während der Wartezeit spielten die Angeklagten jeweils mit Gaspedal und Bremse, ließen die Motoren aufheulen und rückten Stück für Stück vor. Als die Ampel auf Grün umsprang, gab F. massiv Gas und bog mit quietschenden Reifen nach rechts in den A. weg ab, dicht gefolgt von M. . Die zulässige Höchstgeschwindigkeit betrug 50 km/h, das Überholen war durch Zeichen 276 (Anlage 2 zu § 41 StVO) verboten.
4
Ohne dies explizit vor ihrer Abfahrt abgesprochen zu haben, entstand zwischen den beiden Angeklagten spätestens jetzt ein „Kräftemessen“, bei dem jeder der beiden dem anderen seine überlegene Fahrkunst und die Leistung seines Fahrzeugs demonstrieren wollte; beide wollten möglichst hohe Geschwindigkeiten erzielen und vor dem anderen am Ziel ankommen. Dabei war ihnen bewusst, dass ihre riskante Fahrweise geeignet war, andere Verkehrs- teilnehmer zu gefährden und in einen Unfall – auch mit unbeteiligten Dritten – münden konnte (UA 13). Sie vertrauten jedoch in Überschätzung ihrer Fähigkeiten als Fahrzeugführer darauf, es werde schon nichts passieren. Um diese Zeit (18.45 Uhr) herrschte auf dem A. weg ein relativ geringes Verkehrsaufkommen. Der an erster Stelle fahrende F. beabsichtigte, vor M. zu bleiben und diesen auch bis zu ihrem Ziel – den noch etwa 1.200 bis 1.500 Meter entfernten Rheinterrassen – nicht überholen zu lassen. Nach dem „Blitzstart“ an der Ampel erhöhte er seine Geschwindigkeit immer weiter. M. hatte jedoch beim Anfahren an der Ampel ebenfalls Gas gegeben, hielt mit F. mitund bedrängte diesen, indem er sehr dicht auffuhr. F. gab weiter Gas. Mit stark überhöhter Geschwindigkeit und eng hintereinander fahrend erreichten sie die erste, weit gezogene Linkskurve. Eine Zeugin, die gerade ihr Fahrrad über die Straße geschoben hatte, erschrak, als sie sah, wie die Angeklagten „Stoßstange an Stoßstange“ und leicht versetzt, wie bei einem „Formel-1-Rennen“, an ihr „vorbeirauschten“ (UA 14). Eine weitere Zeugin, die ihnen auf Höhe der zweiten , ebenfalls weit gezogenen Linkskurve joggend auf der rechten Seite entge- genkam, bekam Angst, als sie die Angeklagten „tänzelnd“, sehr schnell „wie ein Ball“ auf sich „zujagen“ sah(UA 15). Sie nahm ein Spielen mit dem Gaspedal und laute Musik wahr. Sie wähnte sich in großer Gefahr, da sie befürchtete, die Angeklagten würden aufgrund der hohen Geschwindigkeit die Kurve nicht mehr nehmen können und sie überfahren.
5
Auch F. befürchtete inzwischen, die Kurve in diesem Tempo nicht mehr befahren zu können, bremste aber aus Angst, M. würde aufgrund des geringen Abstandes mit dem Mercedes auffahren, nicht ab. Es gelang ihm gerade noch, die Kurve zu durchfahren. Hierbei erreichte er eine Geschwindigkeit von etwa 95 km/h; die Kurvengrenzgeschwindigkeit lag an dieser Stelle bei etwa 98 km/h. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit geriet der von F. gefah- rene BMW ausgangs der Kurve ins „Driften“, zuerst nach rechts, anschließend nach links, wobei er die Mittellinie überfuhr, und anschließend wieder zurück nach rechts. Mit einer Geschwindigkeit von 73 bis 83 km/h stieß der BMW mit dem rechten Hinterrad an die rechtsseitige Bordsteinkante. Anschließend brach er nach links aus und schleuderte in einer linksdrehenden Rotationsbewegung über die gesamte Fahrbahnbreite. Der Pkw schlitterte über die Gegenfahrbahn auf den – in Fahrtrichtung links verlaufenden – Radweg zu und überfuhr die dortige Bordsteinkante. Auf dem Radweg erfasste er die dort mit ihrem Rad fahrende 19jährige Studentin S. ; das Fahrrad kollidierte nahezu im rechten Winkel mit der Beifahrerseite des BMW. Die Kollisionsgeschwindigkeit betrug zu diesem Zeitpunkt 48 bis 55 km/h. S. und ihr Rad wurden in das neben dem Weg wachsende Gebüsch geschleudert; sie kam dort zum Liegen. Der BMW schlitterte zurück auf den Radweg, begrub einen Stromkasten unter sich und kam schließlich entgegen seiner ursprünglichen Fahrtrichtung stark beschädigt zum Stehen.
6
S. wurde umgehend zur intensivmedizinischen Versorgung in die Universitätsklinik K. gefahren; sie verstarb trotz zeitnaher operativer Versorgung an den Folgen eines zentralen Regulationsversagens.
7
2. Das Landgericht hat die Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung gemäß § 222 StGB verurteilt. Beide Angeklagte hätten entgegen § 29 Abs. 1 StVO ein verbotenes Rennen gefahren und die zulässige Höchstgeschwindigkeit unter Verstoß gegen § 3 Abs. 1 StVO „massiv“ (UA 52) bzw. „weit“ (UA 54) überschritten; M. habe darüber hinaus gegen das in § 4 StVO normierte Abstandsgebot verstoßen.
8
Die Strafkammer hat die Angeklagten zu den eingangs genannten Freiheitsstrafen verurteilt und bei deren Bemessung auch dem Strafzweck der Ge- neralprävention „Beachtung geschenkt“; sie ist nämlich von einer gemeinschaftsgefährlichen Zunahme solcher oder ähnlicher Straftaten im Kölner Stadtgebiet ausgegangen.
9
Die Vollstreckung beider Freiheitsstrafen hat das Landgericht zur Bewährung ausgesetzt. Es hat beiden Angeklagten eine günstige Sozialprognose gestellt (§ 56 Abs. 1 StGB), das Vorliegen besonderer Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB bejaht und ferner gemeint, die Verteidigung der Rechtsordnung gebiete es nicht, den Angeklagten die Strafaussetzung zur Bewährung zu versagen (§ 56 Abs. 3 StGB). Außerdem hat es Maßregeln nach §§ 69, 69a StGB angeordnet.

II.


10
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft erweisen sich teilweise als begründet.
11
1. Die Rechtsmittel sind wirksam auf den jeweiligen Strafausspruch beschränkt (§ 344 Abs. 1 StPO).
12
Die Beschwerdeführerin hat zwar einen unbeschränkten Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils gestellt. Jedoch hält sie das Urteil nur deshalb für fehlerhaft, weil das Landgericht die Angeklagten jeweils zu einer zu niedrigen Freiheitsstrafe verurteilt und diese rechtsfehlerhaft zur Bewährung ausgesetzt habe.
13
Widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung , ist unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV das Angriffsziel durch Auslegung zu ermitteln (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285, vom 22. Februar 2017 – 5 StR 545/16 und vom 26. April 2017 – 2 StR 47/17). Nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung hat die Beschwerdeführerin deutlich zu erkennen gegeben , dass sie sich allein gegen die Strafaussprüche wendet und mit ihren Rechtsmitteln nicht die Schuld- und Maßregelaussprüche angreifen will.
14
2. Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft bleiben im Ergebnis ohne Erfolg , soweit sie sich gegen die – nach Auffassung der Beschwerdeführerin zu geringe – Höhe der gegen die Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen wenden.
15
a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage seines umfassenden Eindrucks von der Tat und der Persönlichkeit des Täters die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. In die Strafzumessungsentscheidung des Tatgerichts kann das Revisionsgericht nur eingreifen, wenn diese Rechtsfehler aufweist, weil die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen hat oder sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein. Nur in diesem Rahmen kann eine Verletzung des Gesetzes im Sinne des § 337 Abs. 1 StPO vorliegen. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist dagegen ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 25. April 2017 – 1 StR 606/16 mwN). Dem Revisionsgericht ist es verwehrt, seine eigene Wer- tung an die Stelle des Tatgerichts zu setzen; vielmehr muss es die von ihm vor- genommene Bewertung bis an die Grenze des Vertretbaren hinnehmen (BGH, Urteil vom 2. Februar 2017 – 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105, 106).
16
b) Hieran gemessen weist die Festsetzung der gegen die Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen keine Rechtsfehler auf.
17
aa) Das gilt zunächst, soweit die Beschwerdeführerin und der General- bundesanwalt meinen, dass die „Kürze der Rennstrecke“ und ein „Augenblicksversagen“ (so der Generalbundesanwalt in seiner Terminszuschrift vom 23. De- zember 2016) nicht als strafmildernde Gesichtspunkte hätten berücksichtigt werden dürfen. Von einem „Augenblicksversagen“ ist das Landgericht nicht ausgegangen (UA 59). Im Übrigen hängt die Frage, ob ein einzelner Umstand zumessungserheblich und die ihm vom Tatrichter beigelegte Bewertungsrichtung vertretbar ist, insbesondere nicht davon ab, ob die Urteilsausführungen diesen Umstand positiv oder negativ umschreiben. Dies kann vielmehr nur nach Lage des Einzelfalls beurteilt werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH – Großer Senat für Strafsachen –, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349 f.). Daran gemessen begegnet auch die Erwägung zur „Kürze der Rennstrecke“ keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht ausweislich der getroffenen Feststellungen das gesamte Fahrverhalten der Angeklagten im Blick hatte.
18
bb) Im Ergebnis rechtsfehlerfrei hat das Landgericht davon abgesehen, das Nachtatverhalten des Angeklagten M. – seine Äußerungen und seine unangemessene Sorge um sein Fahrzeug an der Unfallstelle – strafschärfend heranzuziehen; mit Blick auf den Umstand, dass M. nicht der unmittelbare Verursacher des tödlichen Unfalls war, ist der Schluss der Strafkammer auf eine fehlende rechtsfeindliche Einstellung vertretbar.
19
cc) Es kann dahinstehen, ob das Landgericht bei seiner Strafzumessung mit Recht davon ausgegangen ist, F. habe durch die Fahrt (lediglich) zwei und M. drei Ordnungswidrigkeiten begangen. Der Senat schließt aus,dass die Strafkammer einer etwaigen Verwirklichung weiterer Ordnungswidrigkeitentatbestände – insbesondere fuhren beide Angeklagte Fahrzeuge, deren Betriebserlaubnisse erloschen waren – zusätzliche strafschärfende Bedeutung beigemessen hätte, da die Anzahl der Verkehrsverstöße nur einer von mehreren Gesichtspunkten war, die das Landgericht zur Begründung des zu Recht angenommenen hohen Maßes der Pflichtwidrigkeit herangezogen hat.
20
dd) Im Übrigen erschöpft sich der Vortrag der Revisionsführerin in dem Versuch, mit eigenen Wertungen die Strafzumessung des Landgerichts durch eine eigene zu ersetzen; damit kann sie im Revisionsverfahren nicht gehört werden. Insbesondere hat die Strafkammer das besonders hohe Maß der Leichtfertigkeit rechtsfehlerfrei in die Bemessung der Strafen eingestellt. Außerdem hat sie bei beiden Angeklagten dem hier relevanten Aspekt der Generalprävention wegen der signifikanten Zunahme tödlicher Verkehrsunfälle aufgrund deutlich überhöhter Geschwindigkeit im Stadtgebiet von Köln und an anderen Orten bei der Strafzumessung Rechnung getragen und strafschärfend berücksichtigt.
21
3. Mit Recht beanstandet die Staatsanwaltschaft indes die Aussetzung der Vollstreckung der beiden Freiheitsstrafen zur Bewährung.
22
Nicht anders als die Strafzumessung ist auch die Entscheidung, ob die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, grundsätzlich Sache des Tatrichters (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 26. April 2007 – 4 StR 557/06, NStZ-RR 2007, 232, 233, und vom 21. Februar 2001 – 1 StR 519/00, NStZ 2001, 366, 367). Wird eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt, müssen die Urteilsgründe in einer der revisionsrechtlichen Überprüfung zugänglichen Weise die dafür maßgebenden Gründe angeben (§ 267 Abs. 3 Satz 4 StPO). Dabei reichen formelhafte Wendungen oder die Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht aus (vgl. Stuckenberg in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 267 Rn. 110 mwN).
23
a) Allerdings hat das Landgericht beiden Angeklagten rechtsfehlerfrei eine positive Legalprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB gestellt. Es hat hierbei im Wesentlichen auf die soziale Eingliederung, den Schulabschluss und die berufliche Perspektive der Angeklagten abgestellt. M. sei nicht vorbestraft , F. „nicht besonders gewichtig“ wegen einer schon länger zurückliegenden Tat. F. sei durch das Verfahren, dem ein außergewöhnlich großes Medieninteresse zuteil geworden sei, sichtlich beeindruckt; er habe durch sein Geständnis rückhaltlos die Verantwortung für die Tat übernommen. Beiden Angeklagten sei eine Zugehörigkeit zur sog. Raserszene nicht nachzuweisen.
24
b) Sowohl die Annahme des Landgerichts, es lägen bei beiden Angeklagten besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB vor, als auch die Wertung, die Verteidigung der Rechtsordnung gebiete nicht die Vollstreckung der Strafen (§ 56 Abs. 3 StGB), weisen jedoch – auch eingedenk des eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. Juli 2016 – 1 StR 128/16) – durchgreifende Rechtsfehler auf.
25
aa) Besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB sind Milderungsgründe von besonderem Gewicht, die eine Strafaussetzung trotz des Unrechts - und Schuldgehalts, der sich in der Strafhöhe widerspiegelt, als nicht unangebracht erscheinen lassen. Dazu können auch solche gehören, die schon für die Prognose nach § 56 Abs. 1 StGB zu berücksichtigen waren. Wenn auch einzelne durchschnittliche Milderungsgründe eine Aussetzung nicht rechtfertigen , verlangt § 56 Abs. 2 StGB jedoch keine „ganz außergewöhnlichen“ Umstände. Vielmehr können sich dessen Voraussetzungen auch aus dem Zusammentreffen durchschnittlicher Milderungsgründe ergeben (BGH, Beschluss vom 29. Juli 1988 – 2 StR 374/88, BGHR StGB § 56 Abs. 2 Umstände, besondere 7). Die besonderen Umstände müssen allerdings umso gewichtiger sein, je näher die Freiheitsstrafe an der Zweijahresgrenze liegt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – 4 StR 487/15, NJW 2016, 2349, 2351; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 56 Rn. 24). Bei der Prüfung ist eine Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise vorzunehmen. Eine erschöpfende Darlegung aller Erwägungen ist weder möglich noch geboten; nachprüfbar darzulegen sind lediglich die wesentlichen Umstände. Die Entscheidung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Tatgerichts; das Revisionsgericht hat dessen, ganz maßgeblich auf dem in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck beruhende Wertungen bis zur Grenze des Vertretbaren zu respektieren (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 12. Juni 2001 – 5 StR 95/01, StV 2001, 676; vom 28. Mai 2008 – 2 StR 140/08, NStZ-RR 2008, 276; vom 16. April 2015 – 3 StR 605/14 und vom 26. April 2017 – 2 StR 47/17).
26
Auch nach diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab begegnet die Annahme besonderer Umstände indes durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft im Wesentlichen keine über die bereits bei der Legalprognose herangezogenen Aspekte hinausgehenden Umstände berücksichtigt ; seine Ausführungen schließen mit der Erwartung, dass die Angeklagten nicht erneut straffällig werden. Das genügt den aufgezeigten Anforderungen nicht. Vielmehr lässt dies besorgen, dass die Strafkammer bereits das Vorliegen einer günstigen Legalprognose als solcher einem besonderen Umstand gleichgestellt hat.
27
Soweit die Strafkammer darüber hinaus – ausdrücklich nur bei F. – „schließlich“ berücksichtigt hat, „dass es sich um ein ungeplantes Fahrlässig- keitsdelikt gehandelt“ habe, lässt dies wesentliche, der Ermessensentscheidung zugrunde zu legende Tatsachen aus. Nach den Feststellungen handelte es sich nämlich um eine bewusste Gefahrschaffung, auch dokumentiert durch die aggressive Fahrweise im Vorfeld der Kollision; darüber hinaus verstießen die Angeklagten vorsätzlich jedenfalls gegen das Rennverbot in § 29 Abs. 1 StVO (vgl. dazu, dass der Verstoß gegen § 29 Abs. 1 StVO „praktisch“ nur vorsätzlich begangen werden kann, die Einordnung dieser Ordnungswidrigkeit als Nr. 248 in Abschnitt II des Bußgeldkatalogs sowie König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., § 29 StVO Rn. 11). Dieser Umstand gibt der Tat ihr wesentliches Gepräge und durfte bei der Bewährungsentscheidung nach § 56 Abs. 2 StGB nicht außer Acht bleiben.
28
bb) Auch die Begründung, mit der das Landgericht die Frage verneint hat, ob die Verteidigung der Rechtsordnung eine Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafen gebietet, weist durchgreifende Rechtsfehler auf.
29
Strafaussetzung zur Bewährung kann nach § 56 Abs. 3 StGB nur versagt werden, wenn sie für das allgemeine Rechtsempfinden unverständlich erscheinen müsste und dadurch das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts erschüttert und von der Allgemeinheit als ungerechtfertigtes Zurückweichen vor der Kriminalität angesehen werden könnte (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1970 – 1 StR 353/70, BGHSt 24, 40, 46; Beschluss vom 21. Januar 1971 – 4 StR 238/70, BGHSt 24, 64, 66, jew. zu § 23 Abs. 3 StGB aF).
Dies darf freilich einerseits nicht dazu führen, bestimmte Tatbestände oder Tatbestandsgruppen von der Möglichkeit einer Strafaussetzung zur Bewährung auszuschließen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 24. April 1997 – 4 StR 662/96, StV 1998, 260 [Ls], und vom 27. September 2012 – 4 StR 255/12, NStZ-RR 2013, 40, 41). Andererseits gibt es entgegen der Auffassung des Landgerichts keine „Regel“,wonach bei Vorliegen besonderer Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB die Verteidigung der Rechtsordnung nach § 56 Abs. 3 StGB der Strafaussetzung nicht entgegensteht. Dem widerstreitet schon die Systematik des § 56 StGB, der in Absatz 3 gerade für den Fall einen Versagungsgrund vorsieht, in dem – neben der günstigen Legalprognose – besondere Umstände für eine Strafaussetzung zur Bewährung sprechen. Es handelt sich vielmehr um unterschiedliche Gesichtspunkte; die Frage, ob die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung gebietet, ist deshalb unter allseitiger Würdigung von Tat und Täter zu entscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Januar 1971 – 4 StR 238/70, BGHSt 24, 64, 69; Urteil vom 17. März 1994 – 4 StR 4/94, NStZ 1994, 336), wobei generalpräventiven Erwägungen Bedeutung zukommt (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1970 – 1 StR 353/70, BGHSt 24, 40, 45 mit Nachw. aus der Gesetzgebungsgeschichte; abw. Groß in MüKo-StGB, 3. Aufl., § 56 Rn. 42 mwN). Auf das dem jeweiligen Fall entgegengebrachte Medieninteresse kommt es dabei nicht an.
30
Eine solche allseitige Würdigung findet sich im angefochtenen Urteil nicht. Vielmehr werden vom Landgericht auch hier wesentliche – zuvor festgestellte – Gesichtspunkte nicht erörtert. Die Strafkammer rückt das Vorliegen eines Fahrlässigkeitsdelikts in den Vordergrund, spricht von einem „spontane(n) Fehlversagen […] im Zusammenspiel mit einer Selbstüberschätzung eigener Fahrfertigkeiten und einer Fehleinschätzung der Beherrschbarkeit“ der Fahr- zeuge und betont abschließend, dass eine Zugehörigkeit zur sog. Raserszene nicht erwiesen sei.
31
Dies verfehlt den aufgezeigten rechtlichen Maßstab und schöpft wesentliche Elemente des zuvor festgestellten Sachverhalts nicht aus: Insbesondere der Umstand, dass die Angeklagten die – zum Tod von S. führenden – Gefahren bewusst geschaffen haben, ist innerhalb von § 56 Abs. 3 StGB von maßgeblicher Bedeutung (OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2003, 246, 247 f. in Abgrenzung zu einer „bloßen“ Überschätzung der eigenen Fähigkeiten; vgl. auch OLG Koblenz, Blutalkohol 15, 62). Auch die äußerst aggressive Fahrweise der Angeklagten bereits vor der eigentlichen Kollision wird von der Strafkammer nicht in die erforderliche Gesamtwürdigung einbezogen (vgl. OLG Hamm, NStZ-RR 2014, 321). Bei M. werden die verschiedenen Voreintragungen im Fahreignungsregister – bis hin zu einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 58 km/h – nur formelhaft erwähnt (vgl. OLG Karlsruhe, NZV 2008, 467 für Fälle der „verantwortungslosen Raserei“).Stattdessen greift das Landgericht erneut auf Umstände zurück, die es bereits zur Bejahung der günstigen Prognose herangezogen hat. Eine Beantwortung der Frage, ob durch die Entscheidung die Rechtstreue einer über die Besonderheiten des Einzelfalls aufgeklärten Bevölkerung beeinträchtigt wird und die Strafaussetzung von der Allgemeinheit als ungerechtfertigtes Zurückweichen vor der Kriminalität angesehen werden könnte , erfolgt nicht. Dies lag jedoch schon angesichts der festgestellten Häufung von Verkehrsunfällen mit tödlichem Ausgang aufgrund überhöhter Geschwindigkeit in Köln und anderswo (vgl. auch BT-Drucks. 18/10145) nahe.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Quentin Feilcke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 556/09
vom
18. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Februar
2010, an der teilgenommen haben:
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als Vorsitzende,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten M. E. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten A. E. ,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 6. Juli 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revisionen der Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen.
Jeder Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des versuchten schweren Raubes gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 25 Abs. 2, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen. Den Angeklagten M. E. hat es zur Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt, gegen den Angeklagten A. E. hat es eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Die Beschwerdeführerin beanstandet insbesondere, dass das Landgericht die Tat nicht als vollendeten (besonders) schweren Raub gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB gewürdigt hat. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg. Die Angeklagten wenden sich jeweils mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gegen das Urteil des Landgerichts. Das Rechtsmittel des Angeklagten M. E. hat dessen Verteidiger in der Revisionshauptverhandlung wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Die Revisionen der Angeklagten bleiben ohne Erfolg.
2
Das Landgericht hat festgestellt:
3
Die Angeklagten beabsichtigten zunächst in eine Tankstelle einzubrechen , um Tabakwaren zu stehlen. Als Einbruchswerkzeuge führte der Angeklagte M. E. einen Meißel mit eingedrückter Spitze, der Angeklagte A. E. einen Schraubendreher mit sich, dessen spitzes Ende abgebrochen war. Da wider Erwarten der Kassierer noch anwesend war, entschlossen sich die Angeklagten, trotz der veränderten Umstände "mit ihrem geplanten Vorhaben fortzufahren". Als der Kassierer sah, dass sich die Angeklagten mit übergezogenen Sturmmasken der Eingangstür der Tankstelle näherten, löste er bei der Polizei einen - stillen - Alarm aus. Die Angeklagten stürmten in den Verkaufsraum und erklärten dem Zeugen, "er solle sich ruhig verhalten, dann werde auch nichts passieren". Auf Geheiß eines der Angeklagten musste sich das Opfer in einen Nebenraum begeben, um dort die Beleuchtung im Verkaufsraum zu löschen. Auf dem Weg dorthin hielt der Angeklagte A. E. den Kassierer mit einer Hand an dessen linken Arm fest und drückte mit seiner anderen Hand den abgebrochenen Schraubendreher gegen den Rücken des Zeugen. Dieser sah das Werkzeug aus den Augenwinkeln und verspürte einen leichten Druck. Den vom Angeklagten M. E. mitgeführten Mei- ßel nahm er hingegen zunächst nicht wahr. Nachdem der Zeuge das Licht gelöscht hatte und sie in den Verkaufsraum zurückgekehrt waren, wiesen die Angeklagten ihn an, sich auf einen Stuhl zu setzen und auf den Boden zu schauen. Sie verlangten zunächst die Herausgabe des Tresorschlüssels und forderten den Zeugen sodann auf - nachdem dieser erklärt hatte, einen solchen Schlüssel nicht zu besitzen - die Kasse zu öffnen, was dieser auch tat. Der Angeklagte M. E. nahm Geld aus der Kasse und steckte selbst 800 € in Scheinen in seine Hosentasche, während er dem Angeklagten A. E. eine Münzrolle im Wert von 50 € übergab, die dieser ebenfalls einsteckte. Sodann füllten die Angeklagten - nachdem sie Schraubendreher und Meißel weggelegt hatten, um mit beiden Händen arbeiten zu können - Zigarettenstangen in so genannte gelbe Säcke, die sie von dem Tatopfer verlangt und erhalten hatten. Sie hatten bereits zwei Säcke gefüllt sowie zum Abtransport bereit gestellt und waren dabei einen dritten Sack zu befüllen, als mehrere Polizeibeamte eintrafen, den Verkaufsraum stürmten und die Angeklagten festnahmen.
4
I. Revision der Staatsanwaltschaft
5
Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten hätten in objektiver Hinsicht den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB, nicht hingegen den des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwirklicht, sowie die Wertung , die Tat sei von den Angeklagten nicht vollendet, sondern lediglich versucht worden, hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.
6
1. Zutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, dass es sich bei dem von dem Angeklagten A. E. geführten Schraubendreher um ein gefährliches Werkzeug im Sinne beider Qualifikationsvarianten handelte; denn dieser Schraubendreher war ein Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet war, einem Opfer erhebliche Körperverletzungen zuzufügen , etwa bei einem Einsatz als Stichwerkzeug.
7
2. Dieses gefährliche Werkzeug hat der Angeklagte A. E. nicht (nur) im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB bei sich geführt, sondern gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB auch verwendet. Das Landgericht ist von einem rechtlich unzutreffenden Begriff des Verwendens ausgegangen.
8
a) Das Tatbestandsmerkmal des Verwendens umfasst jeden zweckgerichteten Gebrauch eines objektiv gefährlichen Tatmittels. Nach der Konzeption der Raubdelikte bezieht sich das Verwenden auf den Einsatz des Nötigungsmittels im Grundtatbestand, so dass es immer dann zu bejahen ist, wenn der Täter zur Wegnahme einer fremden beweglichen Sache eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug gerade als Mittel entweder der Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gebraucht (BGHSt 45, 92, 94 f. m. w. N.; BGH NStZ 2008, 687; Sander in MünchKomm-StGB § 250 Rdn. 58). Dabei setzt (vollendetes) Verwenden zur Drohung voraus, dass das Opfer das Nötigungsmittel als solches erkennt und die Androhung seines Einsatzes wahrnimmt. Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt (BGHSt 16, 386) und dessen Verwirklichung er nach dem Inhalt seiner Äußerung für den Fall des Bedingungseintritts will. Die Äußerung der Drohung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen (Fischer, StGB 57. Aufl. § 240 Rdn. 31 m. w. N.). Kein Verwenden ist das bloße Mitsichführen und zwar grundsätzlich auch dann nicht, wenn es offen erfolgt (BGH NStZ-RR 2004, 169; Fischer aaO § 250 Rdn. 18).
9
b) Danach hat der Angeklagte A. E. , indem er dem Kassierer den Schraubendreher - den dieser gesehen hatte - in den Rücken drückte, entgegen der Auffassung des Landgerichts den Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB objektiv verwirklicht. Er drohte durch diese Handlung - im Zusammenwirken mit der vorangegangen Äußerung, wenn sich der Zeuge ruhig verhalte, werde (ihm) nichts geschehen - konkludent damit, bei Widerstand und Nichtbefolgung seiner Forderungen dieses gefährliche Werkzeug als Stichwerkzeug gegen ihn einzusetzen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts setzt der Begriff des Verwendens nicht voraus, dass sich aus der Art des Einsatzes des objektiv gefährlichen Tatmittels eine konkrete Gefahr erheblicher Verletzungen ergibt. Vielmehr genügt jedes Benutzen solcher Tatmittel bei der Anwendung von Gewalt oder - wie hier - als Drohmittel (BGHSt 45, 92, 94 f.).
10
3. Die Auffassung des Landgerichts, die Angeklagten hätten hinsichtlich der aus der Kasse entnommenen 800 € in Banknoten und der Münzrolle im Wert von 50 €, die sich die Angeklagten schon in ihre Hosentaschen gesteckt hatten, bevor die Polizei eintraf und sie festnahm, "noch keinen hinreichenden neuen Gewahrsam begründet" und somit die Tat nur versucht, begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11
a) Die vollendete Wegnahme setzt voraus, dass fremder Gewahrsam gebrochen und neuer Gewahrsam begründet ist. Letzteres beurteilt sich danach , ob der Täter die Herrschaft über die Sache derart erlangt hat, dass er sie ohne Behinderung durch den früheren Gewahrsamsinhaber ausüben kann. Für die Frage der Sachherrschaft kommt es entscheidend auf die Anschauungen des täglichen Lebens an. Dabei macht es sowohl für die Sachherrschaft des bisherigen Gewahrsamsinhabers wie für die des Täters einen entscheidenden Unterschied, ob es sich bei dem Diebesgut um umfangreiche, namentlich http://127.0.0.1:50001/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-16-271_enr62'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghst_tocFrame#xaverTitleAnchore [Link] http://127.0.0.1:50001/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-16-273_enr62'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghst_tocFrame#xaverTitleAnchore - 8 - schwere Sachen handelt, deren Abtransport mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, oder ob es nur um kleine, leicht transportable Gegenstände geht. Bei unauffälligen, leicht beweglichen Sachen, wie etwa bei Geldscheinen sowie Geld- und Schmuckstücken, lässt die Verkehrsauffassung für die vollendete Wegnahme schon ein Ergreifen und Festhalten der Sache genügen. Steckt der Täter einen Gegenstand in Zueignungsabsicht in seine Kleidung, so schließt er allein durch diesen tatsächlichen Vorgang die Sachherrschaft des Bestohlenen aus und begründet eigenen ausschließlichen Gewahrsam. Die Verkehrsauffassung weist daher im Regelfall einer Person, die einen Gegenstand in der Tasche ihrer Kleidung trägt, die ausschließliche Sachherrschaft zu (vgl. BGHSt 16, 271, 273 f.; 23, 254, 255 m. w. N.).
12
Der Annahme eines Gewahrsamswechsels steht in diesen Fällen nicht entgegen, dass sich der erbeutete Gegenstand, wie etwa bei Festnahme des Täters am Tatort, noch im Gewahrsamsbereich des Berechtigten befindet. Die Tatvollendung setzt keinen gesicherten Gewahrsam voraus. Die alsbaldige Entdeckung des Täters und seine Festnahme gibt nur die Möglichkeit, ihm die Sache wieder abzunehmen. Auch eine etwaige Beobachtung dieses Tatvorgangs ändert an der Vollziehung des Gewahrsamswechsels nichts, da der Diebstahl keine heimliche Tat ist und die Beobachtung dem Bestohlenen lediglich die Möglichkeit gibt, den ihm bereits entzogenen Gewahrsam wiederzuerlangen. Demgemäß nimmt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung regelmäßig Vollendung der Wegnahme an, wenn der Täter innerhalb fremder Räume leicht bewegliche Gegenstände in seine Kleidung steckt (vgl. BGHSt 26, 24, 25 f.; Schmitz in MünchKomm-StGB § 242 Rdn. 52, 61, 72).
13
b) Nach diesen Maßstäben war hier die Wegnahme mit dem Einstecken des Geldes in die Kleidung vollendet. Besondere Umstände, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Strafkammer zur Begründung ihrer rechtlichen Würdigung herangezogenen Entscheidung des Bundes gerichtshofs in StV 1985, 323, die eine andere Fallgestaltung zum Gegenstand hat. Dahinstehen kann deshalb, ob auch die Wegnahme der in die Säcke gepackten Zigarettenstangen bereits vollendet war, zumal die bisherigen Feststellungen offen lassen, wie groß und schwer diese ganz bzw. teilweise befüllten Behältnisse waren (vgl. Ruß in LK 11. Aufl. § 242 Rdn. 42 m. w. N.).
14
4. Die Sache bedarf insgesamt der neuen Verhandlung und Entscheidung. Die bisherigen Feststellungen belegen die Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes eines besonders schweren Raubes gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 2. Alt. StGB durch die Angeklagten - namentlich durch den Angeklagten M. E. - nicht hinreichend. Daher ist der Senat gehindert , den Schuldspruch selbst abzuändern.
15
Der Senat weist den neuen Tatrichter darauf hin, dass die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat die Kennzeichnung der jeweils gegebenen Qualifikation notwendig macht. Daher wird im Falle der Verurteilung nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB auf "besonders schweren Raub" zu erkennen sein (vgl. BGH, Beschl. vom 8. Juli 2008 - 3 StR 229/08 - Rdn. 5, insoweit in NStZ-RR 2008, 342 nicht abgedruckt; BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4; Schoreit in KK 6. Aufl. § 260 Rdn. 30).
16
5. Die Revision der Staatsanwaltschaft führt nicht zur Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Urteils zu Gunsten der Angeklagten (§ 301 StPO; vgl. unten II.).
17
II. Revisionen der Angeklagten
18
Die Revisionen der Angeklagten sind unbegründet; sie zeigen weder zum Schuldspruch noch zum Strafausspruch einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
19
Das Landgericht hat zwar im Rahmen der Strafzumessung zu Lasten beider Angeklagten berücksichtigt, dass sie "ein gefährliches Werkzeug mit sich" führten; diese Erwägung lässt mit Blick auf den vom Landgericht angenommenen schweren Raub gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB einen Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB besorgen. Nicht frei von rechtlichen Bedenken ist ferner, dass die Strafkammer bei dem Angeklagten M. E. ihrer Strafzumessung den Strafrahmen des minder schweren Falles gemäß § 250 Abs. 3 StGB (Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren) zugrunde gelegt hat, ohne zu erörtern, ob statt dessen die Anwendung des nach Versuchsgrundsätzen (§§ 22, 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB) gemilderten Strafrahmens der Raubqualifikation nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB in Betracht kommt, der zwar nicht im Höchstmaß, aber im Mindestmaß für die Angeklagten günstiger ist, als der des minder schweren Falles. Daher wäre im Hinblick auf die im unteren Strafrahmenbereich angesiedelte Strafe eine Erörterung dieser Milderungsmöglichkeit geboten gewesen (vgl. BGH NStZ-RR 2000, 43). Der Senat kann angesichts der beiden außergewöhnlich milden Strafen hier indes ausschließen, dass das Landgericht ohne die aufgezeigten Rechtsfehler (noch) geringere Strafen festgesetzt hätte.
20
Die Revision des Angeklagten M. E. dringt auch mit ihrer Beanstandung nicht durch, das Landgericht habe die Möglichkeit einer weiteren Milderung des Sonderstrafrahmens des § 250 Abs. 3 StGB nach §§ 22, 23 Abs.
1, § 49 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB übersehen. Denn aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass das Landgericht einen minder schweren Fall nur unter der Voraussetzung angenommen hat, dass der gesetzliche (fakultative) Milderungsgrund des § 23 Abs. 2 StGB im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung neben den allgemeinen strafmildernden Umständen zu Gunsten des Angeklagten zusätzlich Berücksichtigung findet (UA S. 21). Danach war wegen des sich aus § 50 StGB ergebenden Verbots der Doppelverwertung vertypter Strafmilderungsgründe für eine weitere Milderung des Strafrahmens des minder schweren Falles nach Versuchsgrundsätzen kein Raum.
21
Soweit der Angeklagte A. E. die den Mitangeklagten betreffende Strafrahmenwahl rügt, könnte sich ein solcher Rechtsfehler nicht zu seinem Nachteil ausgewirkt haben.
Sost-Scheible Pfister von Lienen
Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
3 StR 102/08
vom
8. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen zu 1., 2. und 4.: schweren Raubes
zu 3.: Beihilfe zum schweren Raub
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. Mai 2008,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Dr. Kolz,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof Dr.
in der Verhandlung,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten M.,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 3. September 2007 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten B. , La. und L. jeweils des schweren Raubes, den Angeklagten M. der Beihilfe zum schweren Raub schuldig gesprochen. Den Angeklagten B. hat es deswegen zur Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten La. zur Freiheitsstrafe von fünf Jahren sowie den Angeklagten L. unter Einbeziehung einer Vorstrafe zur Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten M. hat es eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verhängt. Die hiergegen gerichtete , zu Ungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Die Beschwerdeführerin beanstandet insbesondere, dass das Landgericht die Tat nicht als besonders schwe- ren Raub gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB gewürdigt hat. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.
2
1. Die Auffassung des Landgerichts, der unbekannte Mittäter der Angeklagten habe, als er mit dem mit einer Hand schräg vor seine Brust gehaltenen, etwa 60 cm langen Baseballschläger aus Metall dem Opfer allein gegenübertrat , in objektiver Hinsicht lediglich den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB, nicht aber den des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwirklicht , hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
3
Zutreffend geht das Landgericht allerdings zunächst davon aus, dass es sich bei dem Baseballschläger um ein gefährliches Werkzeug im Sinne beider Qualifikationsvarianten handelte; denn ein Baseballschläger ist ein Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet ist, einem Opfer erhebliche Körperverletzungen zuzufügen, wenn er als Schlagwerkzeug eingesetzt wird (s. nur Sander in MünchKomm, StGB § 250 Rdn. 61).
4
Dieses gefährliche Werkzeug hat der Täter nicht nur bei sich geführt, sondern im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwendet.
5
Der Begriff des Verwendens umfasst jeden zweckgerichteten Gebrauch (vgl. Sander aaO § 250 Rdn. 58). Nach der Konzeption der Raubdelikte bezieht sich das Verwenden auf den Einsatz des Nötigungsmittels im Grundtatbestand, so dass es immer dann zu bejahen ist, wenn der Täter zur Wegnahme einer fremden beweglichen Sache eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug gerade als Mittel entweder der Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gebraucht (vgl. BGHSt 45, 92 m. w. N.; BGH, Beschl. vom 3. Februar 1999 - 1 ARs 1/99; Sander aaO § 250 Rdn. 58). Dabei setzt (vollendetes) Verwenden zur Drohung voraus, dass das Opfer das Nötigungsmittel als solches erkennt und die Androhung seines Einsatzes wahr- nimmt. Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt (vgl. BGHSt 16, 386) und dessen Verwirklichung er nach dem Inhalt seiner Äußerung für den Fall des Bedingungseintritts will. Die Äußerung der Drohung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 240 Rdn. 31 m. w. N.). Kein Verwenden ist das bloße Mitsichführen und zwar grundsätzlich auch dann nicht, wenn es offen erfolgt (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 15; 2004, 169; Fischer aaO § 250 Rdn. 18).
6
Danach hat der unbekannte Täter, indem er dem Opfer in der festgestellten Weise mit dem Baseballschläger entgegengetreten ist, den Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB objektiv verwirklicht. Durch das Halten des Baseballschlägers schräg vor den Oberkörper drohte der maskierte Täter konkludent damit, bei Widerstand und Nichtbefolgung seiner (künftigen) Forderungen mit diesem zuzuschlagen. Für die schlüssige Androhung der Verwendung des Baseballschlägers als Schlagwerkzeug genügte die Präsentation dieses insofern außerordentlich gefährlichen Gegenstandes in der festgestellten Art und Weise. Entgegen der Annahme des Landgerichts bedurfte es weiterer Handlungen , wie etwa Drohbewegungen oder drohender Äußerungen, nicht. Rechtlich unzutreffend ist in diesem Zusammenhang das Argument der Strafkammer, bei der Verwendung bereits objektiv sehr gefährlicher Gegenstände, wie Waffen , Messern oder auch Baseballschlägern, deren bloßer Anblick von einem verständigen Betrachter in der Situation eines Überfalls bereits als schlechthin bedrohlich wahrgenommen werde, müsse gerade deswegen eine über das sichtbare "Vor-den-Körper-Halten" hinausgehende Handlung des Täters hinzukommen , die auf seine Drohintention schließen lasse. Unabhängig davon, dass hier das Schlagwerkzeug nicht nur schlicht getragen wurde, ist gerade das Gegenteil der Fall: Von besonders gefährlichen Werkzeugen, insbesondere von Waffen, kann nämlich schon allein von ihrem verdeckten, aber von dem Bedro- hungsopfer erkannten Tragen eine hinreichende Drohwirkung ausgehen (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 7). Dies muss erst recht für ein offenes, für die zu bedrohende Person deutlich wahrnehmbares Vorzeigen solcher Werkzeuge gelten (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 108).
7
Diese Drohung, die bei dem Tatopfer nach dessen Reaktion die entsprechende einschüchternde Wirkung hervorrief, hatte der Täter nahe liegend auch beabsichtigt. Schon die Mitnahme des Baseballschlägers und seine konkrete Präsentation gegenüber dem Opfer geben hierauf einen deutlichen Hinweis.
8
2. Soweit das Landgericht die Verurteilung der Angeklagten wegen besonders schweren Raubes bzw. Beihilfe hierzu ferner auch deswegen abgelehnt hat, weil allein deren Kenntnis vom Vorhandensein des Baseballschlägers noch nicht den Schluss zulasse, sie hätten auch dessen Einsatz gebilligt, vielmehr könne zu Gunsten der Angeklagten nicht ausgeschlossen werden, dass sie darauf vertrauten, allein ihr übermächtiges Auftreten werde die Hausbewohner gefügig machen, liegt dem eine rechtsfehlerhafte Beweiswürdigung zu Grunde.
9
Bereits die Anwendung des Zweifelssatzes ist verfehlt; denn er gebietet es nicht, zu Gunsten des Angeklagten zum objektiven wie zum subjektiven Tatbestand einen Sachverhalt zu unterstellen, für dessen Vorliegen nach den festgestellten Umständen nichts spricht (st. Rspr.; vgl. BGHSt 34, 29, 34; BGH NStZ 2005, 155; 2006, 652 m. w. N.). Im Übrigen kann er nur dann eingreifen, wenn der Tatrichter nach umfassender Würdigung aller maßgeblichen Umstände und Beweisanzeichen von einem den Angeklagten belastenden Sachverhalt keine ausreichend sichere Überzeugung zu gewinnen vermag. An einer derartigen Abwägung aller in diesem Zusammenhang maßgeblichen Gesichtspunkte fehlt es hier; denn die Beweiswürdigung des Landgerichts weist zu der Vorstel- lung der Angeklagten über eine mögliche Verwendung des Baseballschlägers Lücken auf und ist somit rechtsfehlerhaft. Insoweit wäre Folgendes zu erwägen gewesen:
10
Das Mitführen des Baseballschlägers machte nur dann Sinn, wenn mit ihm zumindest durch die Androhung eines Zuschlagens erwarteter oder tatsächlich geleisteter Widerstand anwesender Personen überwunden werden sollte. Ungeachtet des Fehlens einer entsprechenden ausdrücklichen Feststellung im Sachverhalt geht auch das Landgericht von diesem Zweck aus. Denn es führt im Rahmen der Beweiswürdigung aus, die vier Angeklagten hätten damit gerechnet, dass es die "mögliche Gegenwehr von anwesenden Hausbewohnern zu überwinden galt" und dass "die geplante Mitnahme eines Angriffswerkzeugs" aus Sicht der Täter "sinnvoll" war, da es sich bei dem Überfallenen um einen Jäger handelte, "in dessen Haus mit dem Vorhandensein von Jagdwaffen gerechnet werden musste". Hinzu kommt die nach den Vorbereitungen der Tat ersichtlich vorhandene Vorstellung aller Tatbeteiligten, dass sich die Tageseinnahmen in einem verschlossenen Tresor befanden und deshalb die zugehörige Zahlenkombination nur über die Bedrohung von anwesenden Personen erlangt werden konnte. Wegen der nach diesem Tatplan notwendigen Konfrontation mit Personen hatten sie sich maskiert und Fesselungsmaterial mitgeführt. Vor diesem Hintergrund lag der Schluss, dass der mitgeführte Baseballschläger nach der Vorstellung der Angeklagten der Bedrohung anwesender Personen dienen sollte, zumindest ausgesprochen nahe; denn ein sonstiger vernünftiger Grund für die Mitnahme des Baseballschlägers war nicht ersichtlich. Da sich das Landgericht damit nicht auseinandergesetzt hat, hält auch seine zusätzliche Erwägung zur subjektiven Tatseite revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand. Dies gilt auch hinsichtlich des Angeklagten M. . Dieser ist nach den Feststellungen zwar im Fluchtfahrzeug zurück geblieben. Er kannte aber alle Einzelheiten des gemeinsamen Tatplanes und wusste insbesondere von dem Mitführen der vorhandenen Tatmittel einschließlich des Baseballschlägers.
11
3. Die Sache bedarf daher der Verhandlung und Entscheidung durch einen neuen Tatrichter. Dieser wird unter Würdigung sämtlicher Beweise zunächst zu prüfen haben, ob tatsächlich ein den übrigen Tatbeteiligten völlig Unbekannter ukrainischer oder litauischer Herkunft oder doch der Angeklagte M. in das Haus eingedrungen ist. Auch insoweit gilt, dass die bestreitende Einlassung eines Angeklagten nicht unkritisch übernommen werden darf und dass der Tatrichter nicht von der dem Angeklagten günstigsten Fallgestaltung auch dann ausgehen muss, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestehen (s. o. 2.; vgl. auch Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 261 Rdn. 26).
12
Sollte der neue Tatrichter wiederum zu dem Beweisergebnis kommen, der Angeklagte M. sei nicht in das Haus eingedrungen, so wird er zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe dessen Tatbeteiligung nach den gesamten Umständen, die von der Vorstellung dieses Angeklagten umfasst waren , in wertender Betrachtung zu beurteilen haben. Wesentliche Anhaltspunkte für die rechtliche Einordnung können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein, ob also die Durchführung und der Ausgang der Tat - zumindest nach der Vorstellung des Angeklagten M. - maßgeblich auch von seinem Willen abhängen sollten (st. Rspr.; vgl. BGHSt 28, 346, 348; 37, 289, 291 m. w. N.; BGH NStZ 2000, 482, 483; BGH, Urt. vom 11. Mai 2006 - 3 StR 23/06). Becker Pfister Kolz Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 556/09
vom
18. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Februar
2010, an der teilgenommen haben:
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als Vorsitzende,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten M. E. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten A. E. ,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 6. Juli 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revisionen der Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen.
Jeder Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des versuchten schweren Raubes gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 25 Abs. 2, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen. Den Angeklagten M. E. hat es zur Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt, gegen den Angeklagten A. E. hat es eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Die Beschwerdeführerin beanstandet insbesondere, dass das Landgericht die Tat nicht als vollendeten (besonders) schweren Raub gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB gewürdigt hat. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg. Die Angeklagten wenden sich jeweils mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gegen das Urteil des Landgerichts. Das Rechtsmittel des Angeklagten M. E. hat dessen Verteidiger in der Revisionshauptverhandlung wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Die Revisionen der Angeklagten bleiben ohne Erfolg.
2
Das Landgericht hat festgestellt:
3
Die Angeklagten beabsichtigten zunächst in eine Tankstelle einzubrechen , um Tabakwaren zu stehlen. Als Einbruchswerkzeuge führte der Angeklagte M. E. einen Meißel mit eingedrückter Spitze, der Angeklagte A. E. einen Schraubendreher mit sich, dessen spitzes Ende abgebrochen war. Da wider Erwarten der Kassierer noch anwesend war, entschlossen sich die Angeklagten, trotz der veränderten Umstände "mit ihrem geplanten Vorhaben fortzufahren". Als der Kassierer sah, dass sich die Angeklagten mit übergezogenen Sturmmasken der Eingangstür der Tankstelle näherten, löste er bei der Polizei einen - stillen - Alarm aus. Die Angeklagten stürmten in den Verkaufsraum und erklärten dem Zeugen, "er solle sich ruhig verhalten, dann werde auch nichts passieren". Auf Geheiß eines der Angeklagten musste sich das Opfer in einen Nebenraum begeben, um dort die Beleuchtung im Verkaufsraum zu löschen. Auf dem Weg dorthin hielt der Angeklagte A. E. den Kassierer mit einer Hand an dessen linken Arm fest und drückte mit seiner anderen Hand den abgebrochenen Schraubendreher gegen den Rücken des Zeugen. Dieser sah das Werkzeug aus den Augenwinkeln und verspürte einen leichten Druck. Den vom Angeklagten M. E. mitgeführten Mei- ßel nahm er hingegen zunächst nicht wahr. Nachdem der Zeuge das Licht gelöscht hatte und sie in den Verkaufsraum zurückgekehrt waren, wiesen die Angeklagten ihn an, sich auf einen Stuhl zu setzen und auf den Boden zu schauen. Sie verlangten zunächst die Herausgabe des Tresorschlüssels und forderten den Zeugen sodann auf - nachdem dieser erklärt hatte, einen solchen Schlüssel nicht zu besitzen - die Kasse zu öffnen, was dieser auch tat. Der Angeklagte M. E. nahm Geld aus der Kasse und steckte selbst 800 € in Scheinen in seine Hosentasche, während er dem Angeklagten A. E. eine Münzrolle im Wert von 50 € übergab, die dieser ebenfalls einsteckte. Sodann füllten die Angeklagten - nachdem sie Schraubendreher und Meißel weggelegt hatten, um mit beiden Händen arbeiten zu können - Zigarettenstangen in so genannte gelbe Säcke, die sie von dem Tatopfer verlangt und erhalten hatten. Sie hatten bereits zwei Säcke gefüllt sowie zum Abtransport bereit gestellt und waren dabei einen dritten Sack zu befüllen, als mehrere Polizeibeamte eintrafen, den Verkaufsraum stürmten und die Angeklagten festnahmen.
4
I. Revision der Staatsanwaltschaft
5
Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten hätten in objektiver Hinsicht den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB, nicht hingegen den des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwirklicht, sowie die Wertung , die Tat sei von den Angeklagten nicht vollendet, sondern lediglich versucht worden, hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.
6
1. Zutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, dass es sich bei dem von dem Angeklagten A. E. geführten Schraubendreher um ein gefährliches Werkzeug im Sinne beider Qualifikationsvarianten handelte; denn dieser Schraubendreher war ein Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet war, einem Opfer erhebliche Körperverletzungen zuzufügen , etwa bei einem Einsatz als Stichwerkzeug.
7
2. Dieses gefährliche Werkzeug hat der Angeklagte A. E. nicht (nur) im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB bei sich geführt, sondern gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB auch verwendet. Das Landgericht ist von einem rechtlich unzutreffenden Begriff des Verwendens ausgegangen.
8
a) Das Tatbestandsmerkmal des Verwendens umfasst jeden zweckgerichteten Gebrauch eines objektiv gefährlichen Tatmittels. Nach der Konzeption der Raubdelikte bezieht sich das Verwenden auf den Einsatz des Nötigungsmittels im Grundtatbestand, so dass es immer dann zu bejahen ist, wenn der Täter zur Wegnahme einer fremden beweglichen Sache eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug gerade als Mittel entweder der Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gebraucht (BGHSt 45, 92, 94 f. m. w. N.; BGH NStZ 2008, 687; Sander in MünchKomm-StGB § 250 Rdn. 58). Dabei setzt (vollendetes) Verwenden zur Drohung voraus, dass das Opfer das Nötigungsmittel als solches erkennt und die Androhung seines Einsatzes wahrnimmt. Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt (BGHSt 16, 386) und dessen Verwirklichung er nach dem Inhalt seiner Äußerung für den Fall des Bedingungseintritts will. Die Äußerung der Drohung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen (Fischer, StGB 57. Aufl. § 240 Rdn. 31 m. w. N.). Kein Verwenden ist das bloße Mitsichführen und zwar grundsätzlich auch dann nicht, wenn es offen erfolgt (BGH NStZ-RR 2004, 169; Fischer aaO § 250 Rdn. 18).
9
b) Danach hat der Angeklagte A. E. , indem er dem Kassierer den Schraubendreher - den dieser gesehen hatte - in den Rücken drückte, entgegen der Auffassung des Landgerichts den Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB objektiv verwirklicht. Er drohte durch diese Handlung - im Zusammenwirken mit der vorangegangen Äußerung, wenn sich der Zeuge ruhig verhalte, werde (ihm) nichts geschehen - konkludent damit, bei Widerstand und Nichtbefolgung seiner Forderungen dieses gefährliche Werkzeug als Stichwerkzeug gegen ihn einzusetzen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts setzt der Begriff des Verwendens nicht voraus, dass sich aus der Art des Einsatzes des objektiv gefährlichen Tatmittels eine konkrete Gefahr erheblicher Verletzungen ergibt. Vielmehr genügt jedes Benutzen solcher Tatmittel bei der Anwendung von Gewalt oder - wie hier - als Drohmittel (BGHSt 45, 92, 94 f.).
10
3. Die Auffassung des Landgerichts, die Angeklagten hätten hinsichtlich der aus der Kasse entnommenen 800 € in Banknoten und der Münzrolle im Wert von 50 €, die sich die Angeklagten schon in ihre Hosentaschen gesteckt hatten, bevor die Polizei eintraf und sie festnahm, "noch keinen hinreichenden neuen Gewahrsam begründet" und somit die Tat nur versucht, begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11
a) Die vollendete Wegnahme setzt voraus, dass fremder Gewahrsam gebrochen und neuer Gewahrsam begründet ist. Letzteres beurteilt sich danach , ob der Täter die Herrschaft über die Sache derart erlangt hat, dass er sie ohne Behinderung durch den früheren Gewahrsamsinhaber ausüben kann. Für die Frage der Sachherrschaft kommt es entscheidend auf die Anschauungen des täglichen Lebens an. Dabei macht es sowohl für die Sachherrschaft des bisherigen Gewahrsamsinhabers wie für die des Täters einen entscheidenden Unterschied, ob es sich bei dem Diebesgut um umfangreiche, namentlich http://127.0.0.1:50001/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-16-271_enr62'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghst_tocFrame#xaverTitleAnchore [Link] http://127.0.0.1:50001/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-16-273_enr62'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghst_tocFrame#xaverTitleAnchore - 8 - schwere Sachen handelt, deren Abtransport mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, oder ob es nur um kleine, leicht transportable Gegenstände geht. Bei unauffälligen, leicht beweglichen Sachen, wie etwa bei Geldscheinen sowie Geld- und Schmuckstücken, lässt die Verkehrsauffassung für die vollendete Wegnahme schon ein Ergreifen und Festhalten der Sache genügen. Steckt der Täter einen Gegenstand in Zueignungsabsicht in seine Kleidung, so schließt er allein durch diesen tatsächlichen Vorgang die Sachherrschaft des Bestohlenen aus und begründet eigenen ausschließlichen Gewahrsam. Die Verkehrsauffassung weist daher im Regelfall einer Person, die einen Gegenstand in der Tasche ihrer Kleidung trägt, die ausschließliche Sachherrschaft zu (vgl. BGHSt 16, 271, 273 f.; 23, 254, 255 m. w. N.).
12
Der Annahme eines Gewahrsamswechsels steht in diesen Fällen nicht entgegen, dass sich der erbeutete Gegenstand, wie etwa bei Festnahme des Täters am Tatort, noch im Gewahrsamsbereich des Berechtigten befindet. Die Tatvollendung setzt keinen gesicherten Gewahrsam voraus. Die alsbaldige Entdeckung des Täters und seine Festnahme gibt nur die Möglichkeit, ihm die Sache wieder abzunehmen. Auch eine etwaige Beobachtung dieses Tatvorgangs ändert an der Vollziehung des Gewahrsamswechsels nichts, da der Diebstahl keine heimliche Tat ist und die Beobachtung dem Bestohlenen lediglich die Möglichkeit gibt, den ihm bereits entzogenen Gewahrsam wiederzuerlangen. Demgemäß nimmt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung regelmäßig Vollendung der Wegnahme an, wenn der Täter innerhalb fremder Räume leicht bewegliche Gegenstände in seine Kleidung steckt (vgl. BGHSt 26, 24, 25 f.; Schmitz in MünchKomm-StGB § 242 Rdn. 52, 61, 72).
13
b) Nach diesen Maßstäben war hier die Wegnahme mit dem Einstecken des Geldes in die Kleidung vollendet. Besondere Umstände, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Strafkammer zur Begründung ihrer rechtlichen Würdigung herangezogenen Entscheidung des Bundes gerichtshofs in StV 1985, 323, die eine andere Fallgestaltung zum Gegenstand hat. Dahinstehen kann deshalb, ob auch die Wegnahme der in die Säcke gepackten Zigarettenstangen bereits vollendet war, zumal die bisherigen Feststellungen offen lassen, wie groß und schwer diese ganz bzw. teilweise befüllten Behältnisse waren (vgl. Ruß in LK 11. Aufl. § 242 Rdn. 42 m. w. N.).
14
4. Die Sache bedarf insgesamt der neuen Verhandlung und Entscheidung. Die bisherigen Feststellungen belegen die Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes eines besonders schweren Raubes gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 2. Alt. StGB durch die Angeklagten - namentlich durch den Angeklagten M. E. - nicht hinreichend. Daher ist der Senat gehindert , den Schuldspruch selbst abzuändern.
15
Der Senat weist den neuen Tatrichter darauf hin, dass die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat die Kennzeichnung der jeweils gegebenen Qualifikation notwendig macht. Daher wird im Falle der Verurteilung nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB auf "besonders schweren Raub" zu erkennen sein (vgl. BGH, Beschl. vom 8. Juli 2008 - 3 StR 229/08 - Rdn. 5, insoweit in NStZ-RR 2008, 342 nicht abgedruckt; BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4; Schoreit in KK 6. Aufl. § 260 Rdn. 30).
16
5. Die Revision der Staatsanwaltschaft führt nicht zur Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Urteils zu Gunsten der Angeklagten (§ 301 StPO; vgl. unten II.).
17
II. Revisionen der Angeklagten
18
Die Revisionen der Angeklagten sind unbegründet; sie zeigen weder zum Schuldspruch noch zum Strafausspruch einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
19
Das Landgericht hat zwar im Rahmen der Strafzumessung zu Lasten beider Angeklagten berücksichtigt, dass sie "ein gefährliches Werkzeug mit sich" führten; diese Erwägung lässt mit Blick auf den vom Landgericht angenommenen schweren Raub gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB einen Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB besorgen. Nicht frei von rechtlichen Bedenken ist ferner, dass die Strafkammer bei dem Angeklagten M. E. ihrer Strafzumessung den Strafrahmen des minder schweren Falles gemäß § 250 Abs. 3 StGB (Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren) zugrunde gelegt hat, ohne zu erörtern, ob statt dessen die Anwendung des nach Versuchsgrundsätzen (§§ 22, 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB) gemilderten Strafrahmens der Raubqualifikation nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB in Betracht kommt, der zwar nicht im Höchstmaß, aber im Mindestmaß für die Angeklagten günstiger ist, als der des minder schweren Falles. Daher wäre im Hinblick auf die im unteren Strafrahmenbereich angesiedelte Strafe eine Erörterung dieser Milderungsmöglichkeit geboten gewesen (vgl. BGH NStZ-RR 2000, 43). Der Senat kann angesichts der beiden außergewöhnlich milden Strafen hier indes ausschließen, dass das Landgericht ohne die aufgezeigten Rechtsfehler (noch) geringere Strafen festgesetzt hätte.
20
Die Revision des Angeklagten M. E. dringt auch mit ihrer Beanstandung nicht durch, das Landgericht habe die Möglichkeit einer weiteren Milderung des Sonderstrafrahmens des § 250 Abs. 3 StGB nach §§ 22, 23 Abs.
1, § 49 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB übersehen. Denn aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass das Landgericht einen minder schweren Fall nur unter der Voraussetzung angenommen hat, dass der gesetzliche (fakultative) Milderungsgrund des § 23 Abs. 2 StGB im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung neben den allgemeinen strafmildernden Umständen zu Gunsten des Angeklagten zusätzlich Berücksichtigung findet (UA S. 21). Danach war wegen des sich aus § 50 StGB ergebenden Verbots der Doppelverwertung vertypter Strafmilderungsgründe für eine weitere Milderung des Strafrahmens des minder schweren Falles nach Versuchsgrundsätzen kein Raum.
21
Soweit der Angeklagte A. E. die den Mitangeklagten betreffende Strafrahmenwahl rügt, könnte sich ein solcher Rechtsfehler nicht zu seinem Nachteil ausgewirkt haben.
Sost-Scheible Pfister von Lienen
Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
3 StR 102/08
vom
8. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen zu 1., 2. und 4.: schweren Raubes
zu 3.: Beihilfe zum schweren Raub
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. Mai 2008,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Dr. Kolz,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof Dr.
in der Verhandlung,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten M.,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 3. September 2007 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten B. , La. und L. jeweils des schweren Raubes, den Angeklagten M. der Beihilfe zum schweren Raub schuldig gesprochen. Den Angeklagten B. hat es deswegen zur Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten La. zur Freiheitsstrafe von fünf Jahren sowie den Angeklagten L. unter Einbeziehung einer Vorstrafe zur Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten M. hat es eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verhängt. Die hiergegen gerichtete , zu Ungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Die Beschwerdeführerin beanstandet insbesondere, dass das Landgericht die Tat nicht als besonders schwe- ren Raub gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB gewürdigt hat. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.
2
1. Die Auffassung des Landgerichts, der unbekannte Mittäter der Angeklagten habe, als er mit dem mit einer Hand schräg vor seine Brust gehaltenen, etwa 60 cm langen Baseballschläger aus Metall dem Opfer allein gegenübertrat , in objektiver Hinsicht lediglich den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB, nicht aber den des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwirklicht , hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
3
Zutreffend geht das Landgericht allerdings zunächst davon aus, dass es sich bei dem Baseballschläger um ein gefährliches Werkzeug im Sinne beider Qualifikationsvarianten handelte; denn ein Baseballschläger ist ein Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet ist, einem Opfer erhebliche Körperverletzungen zuzufügen, wenn er als Schlagwerkzeug eingesetzt wird (s. nur Sander in MünchKomm, StGB § 250 Rdn. 61).
4
Dieses gefährliche Werkzeug hat der Täter nicht nur bei sich geführt, sondern im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwendet.
5
Der Begriff des Verwendens umfasst jeden zweckgerichteten Gebrauch (vgl. Sander aaO § 250 Rdn. 58). Nach der Konzeption der Raubdelikte bezieht sich das Verwenden auf den Einsatz des Nötigungsmittels im Grundtatbestand, so dass es immer dann zu bejahen ist, wenn der Täter zur Wegnahme einer fremden beweglichen Sache eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug gerade als Mittel entweder der Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gebraucht (vgl. BGHSt 45, 92 m. w. N.; BGH, Beschl. vom 3. Februar 1999 - 1 ARs 1/99; Sander aaO § 250 Rdn. 58). Dabei setzt (vollendetes) Verwenden zur Drohung voraus, dass das Opfer das Nötigungsmittel als solches erkennt und die Androhung seines Einsatzes wahr- nimmt. Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt (vgl. BGHSt 16, 386) und dessen Verwirklichung er nach dem Inhalt seiner Äußerung für den Fall des Bedingungseintritts will. Die Äußerung der Drohung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 240 Rdn. 31 m. w. N.). Kein Verwenden ist das bloße Mitsichführen und zwar grundsätzlich auch dann nicht, wenn es offen erfolgt (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 15; 2004, 169; Fischer aaO § 250 Rdn. 18).
6
Danach hat der unbekannte Täter, indem er dem Opfer in der festgestellten Weise mit dem Baseballschläger entgegengetreten ist, den Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB objektiv verwirklicht. Durch das Halten des Baseballschlägers schräg vor den Oberkörper drohte der maskierte Täter konkludent damit, bei Widerstand und Nichtbefolgung seiner (künftigen) Forderungen mit diesem zuzuschlagen. Für die schlüssige Androhung der Verwendung des Baseballschlägers als Schlagwerkzeug genügte die Präsentation dieses insofern außerordentlich gefährlichen Gegenstandes in der festgestellten Art und Weise. Entgegen der Annahme des Landgerichts bedurfte es weiterer Handlungen , wie etwa Drohbewegungen oder drohender Äußerungen, nicht. Rechtlich unzutreffend ist in diesem Zusammenhang das Argument der Strafkammer, bei der Verwendung bereits objektiv sehr gefährlicher Gegenstände, wie Waffen , Messern oder auch Baseballschlägern, deren bloßer Anblick von einem verständigen Betrachter in der Situation eines Überfalls bereits als schlechthin bedrohlich wahrgenommen werde, müsse gerade deswegen eine über das sichtbare "Vor-den-Körper-Halten" hinausgehende Handlung des Täters hinzukommen , die auf seine Drohintention schließen lasse. Unabhängig davon, dass hier das Schlagwerkzeug nicht nur schlicht getragen wurde, ist gerade das Gegenteil der Fall: Von besonders gefährlichen Werkzeugen, insbesondere von Waffen, kann nämlich schon allein von ihrem verdeckten, aber von dem Bedro- hungsopfer erkannten Tragen eine hinreichende Drohwirkung ausgehen (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 7). Dies muss erst recht für ein offenes, für die zu bedrohende Person deutlich wahrnehmbares Vorzeigen solcher Werkzeuge gelten (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 108).
7
Diese Drohung, die bei dem Tatopfer nach dessen Reaktion die entsprechende einschüchternde Wirkung hervorrief, hatte der Täter nahe liegend auch beabsichtigt. Schon die Mitnahme des Baseballschlägers und seine konkrete Präsentation gegenüber dem Opfer geben hierauf einen deutlichen Hinweis.
8
2. Soweit das Landgericht die Verurteilung der Angeklagten wegen besonders schweren Raubes bzw. Beihilfe hierzu ferner auch deswegen abgelehnt hat, weil allein deren Kenntnis vom Vorhandensein des Baseballschlägers noch nicht den Schluss zulasse, sie hätten auch dessen Einsatz gebilligt, vielmehr könne zu Gunsten der Angeklagten nicht ausgeschlossen werden, dass sie darauf vertrauten, allein ihr übermächtiges Auftreten werde die Hausbewohner gefügig machen, liegt dem eine rechtsfehlerhafte Beweiswürdigung zu Grunde.
9
Bereits die Anwendung des Zweifelssatzes ist verfehlt; denn er gebietet es nicht, zu Gunsten des Angeklagten zum objektiven wie zum subjektiven Tatbestand einen Sachverhalt zu unterstellen, für dessen Vorliegen nach den festgestellten Umständen nichts spricht (st. Rspr.; vgl. BGHSt 34, 29, 34; BGH NStZ 2005, 155; 2006, 652 m. w. N.). Im Übrigen kann er nur dann eingreifen, wenn der Tatrichter nach umfassender Würdigung aller maßgeblichen Umstände und Beweisanzeichen von einem den Angeklagten belastenden Sachverhalt keine ausreichend sichere Überzeugung zu gewinnen vermag. An einer derartigen Abwägung aller in diesem Zusammenhang maßgeblichen Gesichtspunkte fehlt es hier; denn die Beweiswürdigung des Landgerichts weist zu der Vorstel- lung der Angeklagten über eine mögliche Verwendung des Baseballschlägers Lücken auf und ist somit rechtsfehlerhaft. Insoweit wäre Folgendes zu erwägen gewesen:
10
Das Mitführen des Baseballschlägers machte nur dann Sinn, wenn mit ihm zumindest durch die Androhung eines Zuschlagens erwarteter oder tatsächlich geleisteter Widerstand anwesender Personen überwunden werden sollte. Ungeachtet des Fehlens einer entsprechenden ausdrücklichen Feststellung im Sachverhalt geht auch das Landgericht von diesem Zweck aus. Denn es führt im Rahmen der Beweiswürdigung aus, die vier Angeklagten hätten damit gerechnet, dass es die "mögliche Gegenwehr von anwesenden Hausbewohnern zu überwinden galt" und dass "die geplante Mitnahme eines Angriffswerkzeugs" aus Sicht der Täter "sinnvoll" war, da es sich bei dem Überfallenen um einen Jäger handelte, "in dessen Haus mit dem Vorhandensein von Jagdwaffen gerechnet werden musste". Hinzu kommt die nach den Vorbereitungen der Tat ersichtlich vorhandene Vorstellung aller Tatbeteiligten, dass sich die Tageseinnahmen in einem verschlossenen Tresor befanden und deshalb die zugehörige Zahlenkombination nur über die Bedrohung von anwesenden Personen erlangt werden konnte. Wegen der nach diesem Tatplan notwendigen Konfrontation mit Personen hatten sie sich maskiert und Fesselungsmaterial mitgeführt. Vor diesem Hintergrund lag der Schluss, dass der mitgeführte Baseballschläger nach der Vorstellung der Angeklagten der Bedrohung anwesender Personen dienen sollte, zumindest ausgesprochen nahe; denn ein sonstiger vernünftiger Grund für die Mitnahme des Baseballschlägers war nicht ersichtlich. Da sich das Landgericht damit nicht auseinandergesetzt hat, hält auch seine zusätzliche Erwägung zur subjektiven Tatseite revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand. Dies gilt auch hinsichtlich des Angeklagten M. . Dieser ist nach den Feststellungen zwar im Fluchtfahrzeug zurück geblieben. Er kannte aber alle Einzelheiten des gemeinsamen Tatplanes und wusste insbesondere von dem Mitführen der vorhandenen Tatmittel einschließlich des Baseballschlägers.
11
3. Die Sache bedarf daher der Verhandlung und Entscheidung durch einen neuen Tatrichter. Dieser wird unter Würdigung sämtlicher Beweise zunächst zu prüfen haben, ob tatsächlich ein den übrigen Tatbeteiligten völlig Unbekannter ukrainischer oder litauischer Herkunft oder doch der Angeklagte M. in das Haus eingedrungen ist. Auch insoweit gilt, dass die bestreitende Einlassung eines Angeklagten nicht unkritisch übernommen werden darf und dass der Tatrichter nicht von der dem Angeklagten günstigsten Fallgestaltung auch dann ausgehen muss, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestehen (s. o. 2.; vgl. auch Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 261 Rdn. 26).
12
Sollte der neue Tatrichter wiederum zu dem Beweisergebnis kommen, der Angeklagte M. sei nicht in das Haus eingedrungen, so wird er zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe dessen Tatbeteiligung nach den gesamten Umständen, die von der Vorstellung dieses Angeklagten umfasst waren , in wertender Betrachtung zu beurteilen haben. Wesentliche Anhaltspunkte für die rechtliche Einordnung können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein, ob also die Durchführung und der Ausgang der Tat - zumindest nach der Vorstellung des Angeklagten M. - maßgeblich auch von seinem Willen abhängen sollten (st. Rspr.; vgl. BGHSt 28, 346, 348; 37, 289, 291 m. w. N.; BGH NStZ 2000, 482, 483; BGH, Urt. vom 11. Mai 2006 - 3 StR 23/06). Becker Pfister Kolz Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 316/11
vom
8. November 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
8. November 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 26. Mai 2011
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit versuchtem besonders schwerem Raub (Fall II. 1. der Urteilsgründe) sowie wegen besonders schweren Raubes (Fall II. 2. der Urteilsgründe ) verurteilt sind;
b) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II. 1. der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe aufgehoben. Die Feststellungen bleiben aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen "schweren Raubes in zwei Fällen" jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die auf eine Verfahrensrüge sowie sachlichrechtliche Beanstandungen gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Die Verfahrensrüge und die sachlichrechtliche Beanstandung, soweit sich diese gegen die Verurteilung im Fall II. 2. der Urteilsgründe wenden, zeigen jeweils keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Beschwerdeführer auf. Wegen des Einsatzes des Teppichmessers als Drohmittel hat das Landgericht hier zutreffend eine Strafbarkeit nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB angenommen. Die Tat ist im Schuldspruch als besonders schwerer Raub zu kennzeichnen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2003 - 3 StR 373/02, BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4). Der Senat holt dies nach und ändert den Schuldspruch entsprechend ab.
3
2. Die Verurteilung wegen vollendeten besonders schweren Raubes im Fall II. 1. der Urteilsgründe - den das Landgericht im Schuldspruch auch hier nur als schweren Raub bezeichnet hat - hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen haben sich die Angeklagten vielmehr wegen schweren Raubes (zum Nachteil der Zeugin L. ) in Tateinheit mit versuchtem besonders schweren Raub (zum Nachteil des Zeugen K. ) strafbar gemacht. Im Einzelnen:
4
a) Die Angeklagten überfielen zusammen mit dem gesondert Verfolgten Y. aufgrund eines gemeinsamen Tatplans nachts auf offener Straße zwei Passanten. Während Y. dem Zeugen K. ein Teppichmesser an den Hals hielt und der Angeklagte S. dessen Taschen durchwühlte, forderte der Angeklagte B. von der Zeugin L. die Herausgabe von deren Handtasche. Die Zeugin hatte zwar das Teppichmesser nicht gesehen, gab aber aufgrund der von ihr als gefährlich und bedrohlich eingeschätzten Situation die Handtasche heraus, aus welcher der Angeklagte B. das Porte- monnaie mit 50 € Bargeld, Kredit- und EC-Karten und Ausweispapieren ent- nahm. Parallel zu diesem Geschehen gelang es dem Zeugen K. , an einem Haus die Klingel zu betätigen. Beim Erscheinen einer Person in der Haustüre flüchteten die Täter, ohne diesem Zeugen etwas weggenommen zu haben.
5
b) Damit ist entgegen der Ansicht des Landgerichts der Tatbestand des vollendeten besonders schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht erfüllt. Eine Waffe oder - wie hier - ein anderes gefährliches Werkzeug wird nur dann im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB "bei der Tat verwendet", wenn der Täter den Gegenstand als Raubmittel zweckgerichtet einsetzt und wenn das Opfer die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben mittels des Gegenstandes wahrnimmt und somit in die entsprechende qualifizierte Zwangslage versetzt wird (BGH, Beschluss vom 1. September 2004 - 2 StR 313/04, BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 5). Da die Zeugin L. das Teppichmesser nicht bemerkte, wurde es bei der Tat ihr gegenüber nicht als Drohmittel verwendet. Die Feststellungen ergeben indes einen zum Nachteil dieser Zeugin begangenen schweren Raub nach § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB, da der gesondert Verfolgte Y. bei der Tat ein gefährliches Werkzeug bei sich führte. Bei dieser Tatqualifikation wird eine Kenntnis des Opfers von der Existenz des gefährlichen Werkzeugs nicht vorausgesetzt.
6
c) Daneben belegen die Feststellungen einen versuchten besonders schweren Raub gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1, §§ 22, 23 StGB zum Nachteil des Zeugen K. , denn gegenüber diesem Zeugen verwendeten die Angeklagten ein gefährliches Werkzeug, indem sie ihm das Teppichmesser an den Hals hielten. Insoweit wurde die Tat indes nicht vollendet, weil die Angeklagten nach dem Erscheinen einer weiteren Person ohne Beute flüchteten.
7
d) Der vollendete schwere Raub zum Nachteil der Zeugin L. und der versuchte besonders schwere Raub zum Nachteil des Zeugen K. stehen im Verhältnis der Idealkonkurrenz, § 52 StGB. Anders als in den Fällen, in denen sich die Tat nur gegen ein Opfer richtet (BGH, Beschluss vom 1. September 2004 - 2 StR 313/04, BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 5), tritt hier der versuchte besonders schwere Raub nicht hinter dem vollendeten schweren Raub zurück. Raub und räuberische Erpressung sind Willensbeugungsdelikte. In das höchstpersönliche Rechtsgut der Willensfreiheit haben die Angeklagten zum Nachteil beider Zeugen eingegriffen. Wer durch eine Handlung höchstpersönliche Rechtsgüter von mehreren Personen angreift, begeht dadurch die gleiche Tat mehrmals (BGH, Urteil vom 28. April 1992 - 1 StR 148/92, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Konkurrenzen 2). Wenn der Täter mehrere Personen an der Ausübung von Widerstand gegen eine Wegnahme hindern will, ist der Tatbestand mehrfach erfüllt (BGH aaO für den Fall der Nötigung mehrerer Personen zur Vornahme einer vermögensschädigenden Handlung ). Hieraus ergibt sich, dass auch in Fällen wie dem vorliegenden die angemessene Bewertung des Tatunrechts die Annahme von Tateinheit erfordert.
8
3. Der Senat schließt aus, dass ein neuer Tatrichter Feststellungen treffen könnte, die einen vollendeten besonders schweren Raub belegen. Er ändert den Schuldspruch deshalb selbst in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich die Angeklagten gegen diesen Tatvorwurf nicht weitergehend hätten verteidigen können. Dies führt zur Aufhebung der Einzelstrafe und der Gesamtstrafe. Die Mindeststrafe für den Fall II. 1. der Urteilsgründe beträgt nicht mehr fünf sondern lediglich drei Jahre. Das Landgericht hat sich mit der Strafe von fünf Jahren und sechs Monaten erkennbar am unteren Bereich des Strafrahmens orientiert. Die Einzelstrafe von fünf Jahren und drei Monaten für den Fall II. 2. der Urteilsgründe ist von dem Fehler nicht berührt und kann bestehen bleiben. Gleiches gilt für die Feststellungen. Der neue Tatrichter kann bei der Strafzumessung neue Feststellungen treffen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.
Schäfer Pfister von Lienen Mayer Menges

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 157/16
vom
12. Juli 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
hier: Revisionen der Angeklagten K. und N.
ECLI:DE:BGH:2016:120716B3STR157.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 12. Juli 2016 gemäß § 349 Abs. 4, § 357 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten K. und N. wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 21. Dezember 2015, auch soweit es die Angeklagten To. , G. und Ta. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückgewiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten K. und N. jeweils wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von drei Jahren (K. ) bzw. zwei Jahren und acht Monaten (N. ), die Mitangeklagten To. , G. und Ta. jeweils wegen besonders schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten (Ta. ) sowie - unter Einbeziehung weiterer Strafen - zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwei Jahren und drei Monaten (To. ) bzw. zwei Jahren und acht Monaten (G. ) verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten K. und N. haben mit der allgemeinen Sachrüge Erfolg. Die Entscheidung ist nach § 357 Satz 1 StPO auf die nicht revidierenden Mitangeklagten To. , G. und Ta. zu erstrecken.
2
I. Nach den Feststellungen begaben sich die Angeklagten K. und N. zusammen mit den Mitangeklagten To. ,G. und Ta. zur Wohnung des Geschädigten, um diesen wegen einer Streitigkeit mit dem Angeklagten N. zur Rede zu stellen. Sie rechneten damit, dass es auch zu körperlichen Übergriffen kommen werde. Allen war bekannt, dass der Mitangeklagte Ta. einen Teleskopschlagstock und ein anderer aus der Gruppe ein dem Angeklagten N. gehörendes Elektroschockgerät mit sich führte. Nach Betreten der Wohnung des Geschädigten musste dieser sich auf einen Sessel setzen, um den sich die fünf Angeklagten stellten. Während der Angeklagte N. in aggressivem Ton auf den Geschädigten einredete und der Mitangeklagte Ta. zur Einschüchterung sichtbar den Schlagstock in der Hand hielt, bekam der Geschädigte von hinten einen Stromstoß versetzt. Das Landgericht vermochte nicht zu klären, wer den Elektroschocker führte noch ob dessen Verwendung von den anderen Beteiligten bemerkt wurde. Schließlich schlug der Angeklagte N. dem Geschädigten dreimal mit der Faust ins Gesicht. Als dieser daraufhin aufstehen wollte, trat der Mitangeklagte Ta. mit dem ausgefahrenen Teleskopschlagstock drohend auf ihn zu, so dass er zurückwich.
3
Jetzt erklärte der Angeklagte N. , dass die Wohnung des Geschädigten "leer gemacht" werden solle. Diesem Vorhaben schlossen sich die anderen Angeklagten einem spontanen Entschluss folgend an. Während die Mitangeklagten K. und G. weiter vor dem Geschädigten stehen blieben, um einen möglichen Widerstand gegen die Wegnahme zu unterbinden , trugen die Mitangeklagten To. und Ta. in der Wohnung vorgefundene Wertgegenstände zusammen und stellten sie zum Abtransport bereit. Währenddessen forderte der Angeklagte N. die Herausgabe von Handy und Portemonnaie. Dieser Aufforderung kam der Geschädigte - wie die Angeklagten N. und K. sowie der Mitangeklagte G. erkannten - aus Angst vor weiteren Schlägen nach. Allen Angeklagten war bewusst , dass der Geschädigte nur deshalb keinen Widerstand gegen die Wegnahme seiner Wertgegenstände leistete, weil er aufgrund der vorangegangenen Gewaltanwendung und der Drohung mit dem Teleskopschlagstock Angst vor weiteren körperlichen Misshandlungen hatte. Sie erkannten, dass die vor dem Wegnahmeentschluss erfolgten körperlichen Übergriffe als Drohung fortwirkten und nahmen auch billigend in Kauf, dass die vormalige Einschüchterung durch Vorhalt des ausgefahrenen Teleskopschlagstocks noch andauerte. Die bereitgestellten Gegenstände wurden später mit einem Taxi abtransportiert.
4
II. Diese Feststellungen belegen nicht die Verwendung einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, die allein in dem allen Angeklagten bekannten und gebilligten Einsatz des Teleskopschlagstocks gelegen haben könnte.
5
Eine Waffe wird nur dann im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB "bei der Tat verwendet", wenn der Täter sie als Raubmittel zweckgerichtet einsetzt, das Opfer die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben mittels des Gegenstandes wahrnimmt und dadurch in die entsprechende qualifizierte Zwangslage versetzt wird (BGH, Beschüsse vom 8. November 2011 - 3 StR 316/11, StV 2012, 153; vom 8. Mai 2012 - 3 StR 98/12, NStZ 2013, 37). Dass der Mitangeklagte Ta. die Waffe zur Verwirklichung der raubspezifischen Nötigung verwendet hat, ist indes nicht festgestellt. Ein entsprechender zweckgerichteter Gebrauch des Schlagstockes scheidet nach den getroffenen Feststellungen vielmehr aus, da dessen Einsatz vor dem Entschluss der Angeklagten zur Wegnahme der Wertgegenstände des Geschädigten lag und zum Zeitpunkt der Entwendung bereits abgeschlossen war (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - 3 StR 51/04, NStZ 2004, 556). Dass der Geschädigte weiterhin Angst vor einem nochmaligen Einsatz des Schlagstocks oder auch des Elektroschockgeräts hatte, ist insoweit nicht ausreichend, denn eine erneute, zumindest konkludente Drohung mit der Verwendung einer der Waffen nach dem Raubentschluss der Angeklagten ist nicht festgestellt.
6
Mit der Aufhebung des Schuldspruchs wegen besonders schweren Raubes entfällt bei den Angeklagten K. und N. auch die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Körperverletzung. Die Sache bedarf deshalb insgesamt der neuen Verhandlung und Entscheidung. Nach § 357 StPO ist die Aufhebung des Urteils auf die Mitangeklagten To. , G. undTa. zu erstrecken, die gegen das Urteil keine Revision eingelegt haben. Der Rechtsfehler im Schuldspruch betrifft sie gleichermaßen.
Becker Schäfer Mayer Spaniol Tiemann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 227/07
vom
6. September 2007
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 6. September 2007 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 14. Dezember 2006, soweit es ihn betrifft, in den Aussprüchen über die wegen schweren Raubes verhängte Einzelfreiheitsstrafe und die Gesamtfreiheitsstrafe mit den Feststellungen aufgehoben.
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
III. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes und Verabredung zum schweren Raub zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachbeschwerde zu den Aussprüchen über die wegen schweren Raubes ver- hängte Einzelstrafe und die Gesamtstrafe Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Das Landgericht hat die gegen den Angeklagten im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen schweren Raubes verhängte Freiheitsstrafe von sieben Jahren dem Strafrahmen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB entnommen. Dies ist rechtsfehlerhaft. Nach den insoweit getroffenen Feststellungen drückte einer der Täter dem Geschädigten „eine Pistole mit einem silberfarbenen Lauf, von der unbekannt ist, ob es sich um eine scharfe Schusswaffe handelte“, an den Kopf. Da weitere Feststellungen zu Art und Ladezustand der zur Bedrohung des Tatopfers eingesetzten „Waffe“ nicht getroffen werden konnten, ist daher zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass es sich entweder um eine Scheinwaffe („Spielzeugpistole“) oder aber um eine ungeladene Schusswaffe handelte. Deren Einsatz als Drohmittel erfüllt indes nicht die Voraussetzungen der Qualifikation nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, sondern unterfällt § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB (st. Rspr., vgl. nur BGHSt 44, 103, 105 ff.).
3
Der aufgezeigte Rechtsfehler zwingt zur Aufhebung der wegen der Raubtat verhängten Einzelstrafe. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Anwendung des in der Untergrenze milderen Strafrahmens des § 250 Abs. 1 StGB (drei statt fünf Jahre Freiheitsstrafe) auf eine mildere Strafe erkannt hätte, zumal die Strafkammer bei der Strafzumessung ausgeführt hat, dass bei dem „zur Verfügung stehenden Strafrahmen“ die ausgeurteilte Einzelfreiheitsstrafe von sieben Jahren im „unterst möglichen Bereich“ liege.
4
Die Aufhebung der wegen schweren Raubes verhängten Einzelstrafe führt auch zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe.
Maatz Kuckein Athing
Ernemann Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 229/08
vom
8. Juli 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 8. Juli 2008 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 24. Januar 2008 werden verworfen; jedoch werden die Schuldsprüche dahin neu gefasst, dass im Fall A. II. 1. der Urteilsgründe
a) der Angeklagte R. des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung und unerlaubtem Führen einer Schusswaffe und
b) der Angeklagte D. des schweren Raubes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung schuldig ist.
2. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
2
Der näheren Erörterung bedarf nur der Schuldspruch gegen die Angeklagten im Fall A. II. 1. der Urteilsgründe. Die Strafkammer hat angenommen, dass der Angeklagte R. bereits bei der Wegnahme der Geldbörse des Zeugen H. durch den Angeklagten D. die von ihm mitgeführte Schusswaffe im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwendet habe, obwohl sie zu Gunsten beider Angeklagter unterstellt hat, dass der Angeklagte R. erst danach eine Patrone in die Waffe einlegte. Die Drohung mit einer ungeladenen Schusswaffe erfüllt indes die an das Verwenden einer Waffe im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu stellenden Voraussetzungen auch dann nicht, wenn der Täter sie in wenigen Sekunden mit zwei oder drei schnellen Handgriffen hätte laden können (BGHSt 45, 249, 251 f.; Sander in MünchKomm-StGB § 250 Rdn. 63 m. w. N.).
3
Dies berührt den Bestand des Schuldspruchs gegen den Angeklagten R. jedoch nicht. Denn nach den Feststellungen lud dieser Angeklagte die Waffe spätestens im Anschluss an die Wegnahme und bedrohte den Zeugen H. damit, der sich seine Geldbörse von dem Angeklagten D. zurückholen wollte. Er setzte die geladene Waffe damit zur Beutesicherung - zwar nach der Vollendung des Raubs, aber noch vor dessen Beendigung - ein, was für ein Verwenden "bei der Tat" im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ausreichend ist (Fischer, StGB 55. Aufl. § 250 Rdn. 18 m. w. N.).
4
Dem Angeklagten D. hat das Landgericht - weil er erst durch die Abgabe des Schusses Kenntnis von der Schussbereitschaft der Waffe erhalten habe - das Verwenden der Schusswaffe für diese Tat nicht zugerechnet und insoweit zutreffend den Tatbestand des schweren Raubes nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB als erfüllt angesehen. Hinsichtlich der sich anschließenden räuberischen Erpressung zum Nachteil des Zeugen He. hat es hinge- gen im Ergebnis zutreffend auch bei dem Angeklagten D. die Qualifikation des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB angenommen, die er im Wege der sukzessiven Mittäterschaft am Qualifikationstatbestand (vgl. Fischer aaO § 25 Rdn. 21 a) verwirklichte, indem er die durch den Schuss für den Zeugen He. entstandene Zwangswirkung erkannte und billigte und sich in Kenntnis des abgegebenen Schusses bis zum Verlassen des Tatorts am weiteren Tatgeschehen beteiligte.
5
Der Senat hat den Schuldspruch hinsichtlich beider Angeklagter zur Klarstellung neu gefasst, weil die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat eine Kennzeichnung der Qualifikation erfordert (BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4). Soweit jeweils zurechenbar , war wegen der Verwirklichung des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB durch die Verwendung der Schusswaffe deshalb auf "besonders schwerer Raub" bzw.
"besonders schwere räuberische Erpressung" zu erkennen. Die Angabe mittäterschaftlicher Begehung ("gemeinschaftlich") ist bei der Fassung der Urteilsformel dagegen entbehrlich und hat aus Gründen der Übersichtlichkeit zu unterbleiben (Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 260 Rdn. 24).
Becker Miebach Pfister von Lienen Sost-Scheible
5 StR 216/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 15. August 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 15. August
2007, an der teilgenommen haben:
Richter Häger als Vorsitzender,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Hubert
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt D.
alsVerteidigerfürden Angeklagten Z. ,
Rechtsanwalt S.
alsVerteidigerfürdenAngekl agten E. ,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten Z. wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 22. Juni 2006 im Schuldspruch dahin geändert, dass dieser Angeklagte wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung und wegen schwerer räuberischer Erpressung, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung verurteilt ist, und im Strafausspruch gegen diesen Angeklagten aufgehoben.
2. Auf die Revision des Angeklagten E. wird das vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahingehend geändert , dass dieser Angeklagte wegen Beihilfe zur besonders schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Beihilfe zur Freiheitsberaubung und wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung verurteilt ist, und im Strafausspruch gegen diesen Angeklagten aufgehoben.
3. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
4. Die Sache wird zur Bestimmung neuer Strafen und zur Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittel an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten Z. wegen „bewaffneten Raubes in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt (Einzelfreiheitsstrafen jeweils sechs Jahre). Den Angeklagten E. hat es wegen „bewaffneten Raubes in Tateinheit mit Freiheitsberaubung sowie wegen Beihilfe zum bewaffneten Raub in Tateinheit mit Freiheitsberaubung“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt (Einzelfreiheitsstrafen ein Jahr und drei Jahre). Die Revisionen der Angeklagten führen zu Korrekturen der Schuldsprüche und zur Aufhebung der Strafaussprüche.
2
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
3
a) Der Angeklagte Z. war im Juni 2005 mit dem Zeugen H. übereingekommen, in B. einen E. -Markt zu überfallen. Beim Ausspähen des Tatortes trafen sie auf den dort als Auszubildenden tätigen Angeklagten E. , der gemeinsam mit H. die Berufsschule besuchte. H. verlangte von dem von Z. eingeschüchterten E. Informationen über die Örtlichkeiten des Geschäfts. Der Angeklagte E. zeigte Z. und H. eine Luke zum Fenster der Herrentoilette im Keller des Geschäftes für den Einstieg und erläuterte die Sicherheitstechnik und die Art des Tresors. Einen Überfall an einem Montagmorgen bezeichnete er wegen der dann noch im Tresor befindlichen Wochenendeinnahmen als besonders lohnend. Der Angeklagte E. rechnete damit, dass die Täter bei dem Überfall auch eine Schusswaffe bei sich führten. Denn ihm war klar, dass die überfallenen Personen nur mittels einer Schusswaffe dazu würden bewegt werden können, den Tresor zu öffnen. Z. und H. führten den Überfall am 6. Juni 2005 mit einer Schreckschusspistole und einem Messer aus. Sie versteckten sich in der Herrentoilette. Gegen 5.00 Uhr stürmten die beiden mit den vorgehaltenen Waffen in den Aufenthaltsraum des Personals; sie zwangen die drei dort befindlichen Verkäuferinnen zu Boden. Z. hielt die Pistole der Zeugin St. an den Kopf und forderte den Tresorschlüssel. Nach einer Todesdrohung führte Z. – die Pistole gegen den Kopf der Zeugin haltend – die Bedrohte zum Tresor. Sie öffnete ihn und packte auf Geheiß des Z. 25.000 € in eine Tüte. H. hatte die beiden anderen Verkäuferinnen mit Kabelbindern an den Handgelenken gefesselt. Der Angeklagte Z. schloss die drei überfallenen Frauen im Büro ein.
4
b) Z. schlug E. wenige Tage später vor, sich an weiteren Überfällen zu beteiligen, weil er aufgrund seiner körperlichen Voraussetzungen gut einsteigen könne. Der Angeklagte E. lehnte zunächst ab, beugte sich dann aber dem Vorschlag, weil er Repressalien befürchtete. Die Wahl fiel schließlich auf einen Sp. -Markt in B. .
5
Die Angeklagten sägten dort am 25. Juni 2005 gegen 2.00 Uhr an einem Fenstergitter, bis es beiseitegeschoben werden konnte. Dann warfen sie die Scheibe ein und liefen zunächst vom Tatort weg, um mögliche Reaktionen auf den verursachten Lärm abzuwarten. Z. übergab E. eine Schreckschusspistole und Pfefferspray. Dieser kletterte durch das eingeworfene Fenster in den Lebensmittelmarkt und wartete im Aufenthaltsraum des Personals. Z. passte auf dem Parkplatz des Marktes auf und meldete E. gegen 6.00 Uhr telefonisch die Ankunft der Zeugin Se . Diese kontrollierte wegen eines von E. verursachten Geräuschs die Toilette. Der mit einer schwarzen Sturmhaube maskierte Angeklagte richtete die Waffe auf die Zeugin, die vor Schreck hinfiel. Der Angeklagte richtete die Schreckschusspistole dann direkt auf ihren Kopf und fragte: „Wo ist der Tresor?“. Daraufhin stand die zutiefst verängstigte Zeugin auf, führte den Angeklagten zum Tresor und schloss ihn auf, während weiterhin die Waffe auf den Kopf der Zeugin gerichtet war. Die Zeugin packte das Geld aus den Kassetten in eine Tüte, auf Verlangen auch das Kleingeld. Der Angeklagte vergewisserte sich, dass der Tresor auch wirklich leer war. Er nahm die Tüte mit dem Geld – insgesamt etwa 5.000 € – und drängte die Zeugin in den Flur. Dort forderte er die Zeugin auf, sich an die Wand zu stellen, wodurch die Zeugin Todesängste erlitt. Sie musste sich schließlich auf den Boden legen , wo sie der Angeklagte an Händen und Füßen mit Klebeband fesselte. Auch den Mund der Zeugin versuchte er zu verkleben. E. übergab dann Z. die Beute, der daraus wiederum 300 € dem E. übergab.
6
2. Die Beweisantragsrügen der Angeklagten sind unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
7
a) Der Angeklagte Z. hat es unterlassen, zur Antragsbegründung eingereichte und verlesene ärztliche Atteste und eine Bescheinigung einer Diplompsychologin, den Gesundheitszustand der Freundin dieses Angeklagten betreffend, vorzulegen. Solches wäre zum Verständnis der Ablehnungsentscheidung des Landgerichts aber wesentlich gewesen. Die Strafkammer hat nämlich den von der Verteidigung vorgetragenen Umstand, der Angeklagte habe sich aus einer Art persönlicher Abhängigkeit um seine damalige Freundin gekümmert, als ungeeignet dafür angesehen, dass der Angeklagte die Straftaten unter Ausschluss oder Einschränkung von Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgeführt hat.
8
b) Der Angeklagte E. hat es unterlassen, mit seiner Rüge, der Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens sei zu Unrecht abgelehnt worden, ein zur Begründung des Antrags eingereichtes Persönlichkeitsprofil des Angeklagten vorzulegen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
9
3. Auf die Sachrügen der Angeklagten hat der Senat lediglich die Schuldsprüche zu korrigieren. Da die Tatbilder davon gekennzeichnet sind, dass die Tatopfer das Geld den Tätern aushändigten, liegt jeweils schwere räuberische Erpressung und nicht schwerer Raub vor.
10
Im Fall 1 der Urteilsgründe hat das Landgericht zwar keine Feststellungen treffen können, ob die verwendete Schreckschusspistole auch geladen war. Dies ist aber Voraussetzung, um den vom Landgericht angenommenen – besonders schweren – „bewaffneten Raub“ im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB begründen zu können (vgl. BGHSt 48, 197, 201 ff.). Indes ist in diesem Fall die Qualifikation wegen eines anderen gefährlichen Werkzeugs durch das von dem Mittäter H. bei der Tat verwendete Messer gegeben (vgl. BGHSt aaO S. 206). Dass der Angeklagte E. bei der unmittelbaren Tatausführung durch zwei Mittäter auch solches in seinen Gehilfenvorsatz mit der gebotenen Bestimmtheit aufgenommen hat, liegt auf der Hand.
11
Im Fall 2 der Urteilsgründe hat indes der vom Landgericht angenommene – besonders schwere – „bewaffnete Raub“ keinen Bestand. Das bei dieser Tat mitgeführte Pfefferspray erfüllt lediglich die Voraussetzungen des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB als gefährliches Werkzeug (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 105; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 250 Rdn. 6a), die verwendete Schreckschusspistole diejenigen des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b StGB (BGHR StGB § 250 Abs. 1 Nr. 1a Waffe 2; BGH NStZ-RR 2002, 265; 2004, 169); das gleiche gilt für das Klebeband als Fesselungswerkzeug (vgl. BGHSt 48, 365, 371). Der Senat hält es – entgegen dem Antrag des Generalbundesanwalts – für ausgeschlossen, dass eine neue Hauptverhandlung die Angeklagten belastende Erkenntnisse zum Ladezustand der Schreckschusspistole zu Tage fördern könnte, und entscheidet deshalb zum Schuldspruch auf schwere räuberische Erpressung gemäß § 253 Abs. 1, §§ 255, 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a und lit. b StGB durch. Nach den Feststellungen gibt das Tatbild keinen Anlass für die Annahme eines erpresserischen Menschenraubes nach § 239a StGB, weil der Bemächtigungssituation keine eigenständige Bedeutung zukam (vgl. BGHR StGB § 239a Abs. 1 Sichbemächtigen 8). Wei- tergehende Feststellungen hierzu sind von der neuen Hauptverhandlung nicht zu erwarten.
12
4. Demnach haben die Strafaussprüche im Fall 2 der Urteilsgründe hinsichtlich beider Angeklagten keinen Bestand. Dies zieht auch die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafen nach sich. Die Einzelstrafen sind insoweit aus dem weniger schweren Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 StGB neu zu bestimmen.
13
Der Senat kann ferner nicht ausschließen, dass im Fall 1 der Urteilsgründe die Bemessung der Strafen durch die angenommene Verwendung einer Waffe zum Nachteil der Angeklagten beeinflusst worden sind. Deshalb wird der neue Tatrichter alle Strafen auf der Grundlage der bisherigen rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen, die bei dem hier vorliegenden bloßen Subsumtionsfehler bestehen bleiben können, neu zu bestimmen haben. Zusätzliche Feststellungen können nur insoweit getroffen werden, als sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch treten würden. Damit werden Umstände, die erneut auf die Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB abzielen, nicht mehr Gegenstand weiterer tatrichterlicher Prüfung sein können.
Häger Gerhardt Raum Brause Hubert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 556/09
vom
18. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Februar
2010, an der teilgenommen haben:
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als Vorsitzende,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten M. E. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten A. E. ,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 6. Juli 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revisionen der Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen.
Jeder Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des versuchten schweren Raubes gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 25 Abs. 2, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen. Den Angeklagten M. E. hat es zur Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt, gegen den Angeklagten A. E. hat es eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Die Beschwerdeführerin beanstandet insbesondere, dass das Landgericht die Tat nicht als vollendeten (besonders) schweren Raub gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB gewürdigt hat. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg. Die Angeklagten wenden sich jeweils mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gegen das Urteil des Landgerichts. Das Rechtsmittel des Angeklagten M. E. hat dessen Verteidiger in der Revisionshauptverhandlung wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Die Revisionen der Angeklagten bleiben ohne Erfolg.
2
Das Landgericht hat festgestellt:
3
Die Angeklagten beabsichtigten zunächst in eine Tankstelle einzubrechen , um Tabakwaren zu stehlen. Als Einbruchswerkzeuge führte der Angeklagte M. E. einen Meißel mit eingedrückter Spitze, der Angeklagte A. E. einen Schraubendreher mit sich, dessen spitzes Ende abgebrochen war. Da wider Erwarten der Kassierer noch anwesend war, entschlossen sich die Angeklagten, trotz der veränderten Umstände "mit ihrem geplanten Vorhaben fortzufahren". Als der Kassierer sah, dass sich die Angeklagten mit übergezogenen Sturmmasken der Eingangstür der Tankstelle näherten, löste er bei der Polizei einen - stillen - Alarm aus. Die Angeklagten stürmten in den Verkaufsraum und erklärten dem Zeugen, "er solle sich ruhig verhalten, dann werde auch nichts passieren". Auf Geheiß eines der Angeklagten musste sich das Opfer in einen Nebenraum begeben, um dort die Beleuchtung im Verkaufsraum zu löschen. Auf dem Weg dorthin hielt der Angeklagte A. E. den Kassierer mit einer Hand an dessen linken Arm fest und drückte mit seiner anderen Hand den abgebrochenen Schraubendreher gegen den Rücken des Zeugen. Dieser sah das Werkzeug aus den Augenwinkeln und verspürte einen leichten Druck. Den vom Angeklagten M. E. mitgeführten Mei- ßel nahm er hingegen zunächst nicht wahr. Nachdem der Zeuge das Licht gelöscht hatte und sie in den Verkaufsraum zurückgekehrt waren, wiesen die Angeklagten ihn an, sich auf einen Stuhl zu setzen und auf den Boden zu schauen. Sie verlangten zunächst die Herausgabe des Tresorschlüssels und forderten den Zeugen sodann auf - nachdem dieser erklärt hatte, einen solchen Schlüssel nicht zu besitzen - die Kasse zu öffnen, was dieser auch tat. Der Angeklagte M. E. nahm Geld aus der Kasse und steckte selbst 800 € in Scheinen in seine Hosentasche, während er dem Angeklagten A. E. eine Münzrolle im Wert von 50 € übergab, die dieser ebenfalls einsteckte. Sodann füllten die Angeklagten - nachdem sie Schraubendreher und Meißel weggelegt hatten, um mit beiden Händen arbeiten zu können - Zigarettenstangen in so genannte gelbe Säcke, die sie von dem Tatopfer verlangt und erhalten hatten. Sie hatten bereits zwei Säcke gefüllt sowie zum Abtransport bereit gestellt und waren dabei einen dritten Sack zu befüllen, als mehrere Polizeibeamte eintrafen, den Verkaufsraum stürmten und die Angeklagten festnahmen.
4
I. Revision der Staatsanwaltschaft
5
Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten hätten in objektiver Hinsicht den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB, nicht hingegen den des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwirklicht, sowie die Wertung , die Tat sei von den Angeklagten nicht vollendet, sondern lediglich versucht worden, hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.
6
1. Zutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, dass es sich bei dem von dem Angeklagten A. E. geführten Schraubendreher um ein gefährliches Werkzeug im Sinne beider Qualifikationsvarianten handelte; denn dieser Schraubendreher war ein Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet war, einem Opfer erhebliche Körperverletzungen zuzufügen , etwa bei einem Einsatz als Stichwerkzeug.
7
2. Dieses gefährliche Werkzeug hat der Angeklagte A. E. nicht (nur) im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB bei sich geführt, sondern gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB auch verwendet. Das Landgericht ist von einem rechtlich unzutreffenden Begriff des Verwendens ausgegangen.
8
a) Das Tatbestandsmerkmal des Verwendens umfasst jeden zweckgerichteten Gebrauch eines objektiv gefährlichen Tatmittels. Nach der Konzeption der Raubdelikte bezieht sich das Verwenden auf den Einsatz des Nötigungsmittels im Grundtatbestand, so dass es immer dann zu bejahen ist, wenn der Täter zur Wegnahme einer fremden beweglichen Sache eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug gerade als Mittel entweder der Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gebraucht (BGHSt 45, 92, 94 f. m. w. N.; BGH NStZ 2008, 687; Sander in MünchKomm-StGB § 250 Rdn. 58). Dabei setzt (vollendetes) Verwenden zur Drohung voraus, dass das Opfer das Nötigungsmittel als solches erkennt und die Androhung seines Einsatzes wahrnimmt. Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt (BGHSt 16, 386) und dessen Verwirklichung er nach dem Inhalt seiner Äußerung für den Fall des Bedingungseintritts will. Die Äußerung der Drohung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen (Fischer, StGB 57. Aufl. § 240 Rdn. 31 m. w. N.). Kein Verwenden ist das bloße Mitsichführen und zwar grundsätzlich auch dann nicht, wenn es offen erfolgt (BGH NStZ-RR 2004, 169; Fischer aaO § 250 Rdn. 18).
9
b) Danach hat der Angeklagte A. E. , indem er dem Kassierer den Schraubendreher - den dieser gesehen hatte - in den Rücken drückte, entgegen der Auffassung des Landgerichts den Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB objektiv verwirklicht. Er drohte durch diese Handlung - im Zusammenwirken mit der vorangegangen Äußerung, wenn sich der Zeuge ruhig verhalte, werde (ihm) nichts geschehen - konkludent damit, bei Widerstand und Nichtbefolgung seiner Forderungen dieses gefährliche Werkzeug als Stichwerkzeug gegen ihn einzusetzen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts setzt der Begriff des Verwendens nicht voraus, dass sich aus der Art des Einsatzes des objektiv gefährlichen Tatmittels eine konkrete Gefahr erheblicher Verletzungen ergibt. Vielmehr genügt jedes Benutzen solcher Tatmittel bei der Anwendung von Gewalt oder - wie hier - als Drohmittel (BGHSt 45, 92, 94 f.).
10
3. Die Auffassung des Landgerichts, die Angeklagten hätten hinsichtlich der aus der Kasse entnommenen 800 € in Banknoten und der Münzrolle im Wert von 50 €, die sich die Angeklagten schon in ihre Hosentaschen gesteckt hatten, bevor die Polizei eintraf und sie festnahm, "noch keinen hinreichenden neuen Gewahrsam begründet" und somit die Tat nur versucht, begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11
a) Die vollendete Wegnahme setzt voraus, dass fremder Gewahrsam gebrochen und neuer Gewahrsam begründet ist. Letzteres beurteilt sich danach , ob der Täter die Herrschaft über die Sache derart erlangt hat, dass er sie ohne Behinderung durch den früheren Gewahrsamsinhaber ausüben kann. Für die Frage der Sachherrschaft kommt es entscheidend auf die Anschauungen des täglichen Lebens an. Dabei macht es sowohl für die Sachherrschaft des bisherigen Gewahrsamsinhabers wie für die des Täters einen entscheidenden Unterschied, ob es sich bei dem Diebesgut um umfangreiche, namentlich http://127.0.0.1:50001/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-16-271_enr62'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghst_tocFrame#xaverTitleAnchore [Link] http://127.0.0.1:50001/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-16-273_enr62'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghst_tocFrame#xaverTitleAnchore - 8 - schwere Sachen handelt, deren Abtransport mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, oder ob es nur um kleine, leicht transportable Gegenstände geht. Bei unauffälligen, leicht beweglichen Sachen, wie etwa bei Geldscheinen sowie Geld- und Schmuckstücken, lässt die Verkehrsauffassung für die vollendete Wegnahme schon ein Ergreifen und Festhalten der Sache genügen. Steckt der Täter einen Gegenstand in Zueignungsabsicht in seine Kleidung, so schließt er allein durch diesen tatsächlichen Vorgang die Sachherrschaft des Bestohlenen aus und begründet eigenen ausschließlichen Gewahrsam. Die Verkehrsauffassung weist daher im Regelfall einer Person, die einen Gegenstand in der Tasche ihrer Kleidung trägt, die ausschließliche Sachherrschaft zu (vgl. BGHSt 16, 271, 273 f.; 23, 254, 255 m. w. N.).
12
Der Annahme eines Gewahrsamswechsels steht in diesen Fällen nicht entgegen, dass sich der erbeutete Gegenstand, wie etwa bei Festnahme des Täters am Tatort, noch im Gewahrsamsbereich des Berechtigten befindet. Die Tatvollendung setzt keinen gesicherten Gewahrsam voraus. Die alsbaldige Entdeckung des Täters und seine Festnahme gibt nur die Möglichkeit, ihm die Sache wieder abzunehmen. Auch eine etwaige Beobachtung dieses Tatvorgangs ändert an der Vollziehung des Gewahrsamswechsels nichts, da der Diebstahl keine heimliche Tat ist und die Beobachtung dem Bestohlenen lediglich die Möglichkeit gibt, den ihm bereits entzogenen Gewahrsam wiederzuerlangen. Demgemäß nimmt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung regelmäßig Vollendung der Wegnahme an, wenn der Täter innerhalb fremder Räume leicht bewegliche Gegenstände in seine Kleidung steckt (vgl. BGHSt 26, 24, 25 f.; Schmitz in MünchKomm-StGB § 242 Rdn. 52, 61, 72).
13
b) Nach diesen Maßstäben war hier die Wegnahme mit dem Einstecken des Geldes in die Kleidung vollendet. Besondere Umstände, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Strafkammer zur Begründung ihrer rechtlichen Würdigung herangezogenen Entscheidung des Bundes gerichtshofs in StV 1985, 323, die eine andere Fallgestaltung zum Gegenstand hat. Dahinstehen kann deshalb, ob auch die Wegnahme der in die Säcke gepackten Zigarettenstangen bereits vollendet war, zumal die bisherigen Feststellungen offen lassen, wie groß und schwer diese ganz bzw. teilweise befüllten Behältnisse waren (vgl. Ruß in LK 11. Aufl. § 242 Rdn. 42 m. w. N.).
14
4. Die Sache bedarf insgesamt der neuen Verhandlung und Entscheidung. Die bisherigen Feststellungen belegen die Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes eines besonders schweren Raubes gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 2. Alt. StGB durch die Angeklagten - namentlich durch den Angeklagten M. E. - nicht hinreichend. Daher ist der Senat gehindert , den Schuldspruch selbst abzuändern.
15
Der Senat weist den neuen Tatrichter darauf hin, dass die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat die Kennzeichnung der jeweils gegebenen Qualifikation notwendig macht. Daher wird im Falle der Verurteilung nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB auf "besonders schweren Raub" zu erkennen sein (vgl. BGH, Beschl. vom 8. Juli 2008 - 3 StR 229/08 - Rdn. 5, insoweit in NStZ-RR 2008, 342 nicht abgedruckt; BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4; Schoreit in KK 6. Aufl. § 260 Rdn. 30).
16
5. Die Revision der Staatsanwaltschaft führt nicht zur Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Urteils zu Gunsten der Angeklagten (§ 301 StPO; vgl. unten II.).
17
II. Revisionen der Angeklagten
18
Die Revisionen der Angeklagten sind unbegründet; sie zeigen weder zum Schuldspruch noch zum Strafausspruch einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
19
Das Landgericht hat zwar im Rahmen der Strafzumessung zu Lasten beider Angeklagten berücksichtigt, dass sie "ein gefährliches Werkzeug mit sich" führten; diese Erwägung lässt mit Blick auf den vom Landgericht angenommenen schweren Raub gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB einen Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB besorgen. Nicht frei von rechtlichen Bedenken ist ferner, dass die Strafkammer bei dem Angeklagten M. E. ihrer Strafzumessung den Strafrahmen des minder schweren Falles gemäß § 250 Abs. 3 StGB (Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren) zugrunde gelegt hat, ohne zu erörtern, ob statt dessen die Anwendung des nach Versuchsgrundsätzen (§§ 22, 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB) gemilderten Strafrahmens der Raubqualifikation nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB in Betracht kommt, der zwar nicht im Höchstmaß, aber im Mindestmaß für die Angeklagten günstiger ist, als der des minder schweren Falles. Daher wäre im Hinblick auf die im unteren Strafrahmenbereich angesiedelte Strafe eine Erörterung dieser Milderungsmöglichkeit geboten gewesen (vgl. BGH NStZ-RR 2000, 43). Der Senat kann angesichts der beiden außergewöhnlich milden Strafen hier indes ausschließen, dass das Landgericht ohne die aufgezeigten Rechtsfehler (noch) geringere Strafen festgesetzt hätte.
20
Die Revision des Angeklagten M. E. dringt auch mit ihrer Beanstandung nicht durch, das Landgericht habe die Möglichkeit einer weiteren Milderung des Sonderstrafrahmens des § 250 Abs. 3 StGB nach §§ 22, 23 Abs.
1, § 49 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB übersehen. Denn aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass das Landgericht einen minder schweren Fall nur unter der Voraussetzung angenommen hat, dass der gesetzliche (fakultative) Milderungsgrund des § 23 Abs. 2 StGB im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung neben den allgemeinen strafmildernden Umständen zu Gunsten des Angeklagten zusätzlich Berücksichtigung findet (UA S. 21). Danach war wegen des sich aus § 50 StGB ergebenden Verbots der Doppelverwertung vertypter Strafmilderungsgründe für eine weitere Milderung des Strafrahmens des minder schweren Falles nach Versuchsgrundsätzen kein Raum.
21
Soweit der Angeklagte A. E. die den Mitangeklagten betreffende Strafrahmenwahl rügt, könnte sich ein solcher Rechtsfehler nicht zu seinem Nachteil ausgewirkt haben.
Sost-Scheible Pfister von Lienen
Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 400/01
vom
21. November 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 21. November 2001 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 11. Mai 2001 im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte der Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung, erpresserischem Menschenraub und Geiselnahme schuldig ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit einem räuberischen Angriff auf Kraftfahrer zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt sowie seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und den Vorwegvollzug von drei Jahren der Freiheitsstrafe angeordnet. Die mit der Sachrüge begründete Revision des Angeklagten führt zu der aus der Beschlußformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs. Das weitergehende Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Das Landgericht hat im wesentlichen festgestellt: Als die 18-jährige Nebenklägerin zu ihrem geparkten Pkw zurückkehrte, hob der Angeklagte ein 20-30 cm groûes Metallstück in Form eines rostigen Winkeleisens auf und folgte ihr. Als sie den Wagen bereits aufgeschlossen und ihre Handtasche hineingelegt hatte, trat er von hinten an sie heran und drückte ihr das Eisen mit der Bemerkung in den Rücken, dies sei ein Überfall. Dem Angeklagten ging es zum einen darum, an die Handtasche der Nebenklägerin zu gelangen, in der er Geld vermutete. Darüber hinaus wollte er sich des Kraftfahrzeugs bemächtigen und dachte bereits zu diesem Zeitpunkt daran, die Situation zu sexuellen Handlungen auszunutzen. Das Winkeleisen wollte er dazu benutzen, notfalls den Widerstand der Nebenklägerin zu brechen. Die Nebenklägerin dachte, ihr werde ein Messer in den Rücken gehalten. Der Angeklagte drängte sie auf den Fahrersitz und dann weiter auf die Beifahrerseite. Er selbst setzte sich auf den Fahrersitz, lieû sich die Fahrzeugschlüssel geben und fuhr los. Während der Fahrt fragte er die Nebenklägerin nach Geld und ob sie ein Handy habe. Als sie anfing zu weinen, forderte er sie auf, ihn nicht zu nerven, sonst bringe er sie um. Während der Fahrt hielt er das Metallstück zunächst in der rechten Hand, schlieûlich legte er es griffbereit im Fahrzeug ab. Als der Angeklagte erstmals auf einem einsamen Parkplatz anhielt, muûte sich die Nebenklägerin ausziehen und sollte ihn oral befriedigen. Der Angeklagte drückte den Kopf der sich sträubenden Nebenklägerin auf seinen Penis. Es kam zum Oralverkehr bis zum Samenerguû. Danach setzte der Angeklagte die Fahrt fort mit dem Bemerken, er sei noch nicht fertig. Er hielt nunmehr auf einem abgelegenen Feldweg. Er zwang
die Nebenklägerin, sich auf das Dach des Fahrzeugs zu setzen und manipulierte mit seinen Fingern und der Zunge an ihrer Scheide. Anschlieûend muûte sich die Nebenklägerin auf die Motorhaube ihres Fahrzeugs setzen. Dort vollzog der Angeklagte ungeschützten Geschlechtsverkehr. Auûerdem muûte die Nebenklägerin dem Angeklagten bei diesem Halt ihr Papiergeld (20 DM) aushändigen. Danach lieû der Angeklagte die Nebenklägerin wieder in ihr Fahrzeug einsteigen und fuhr mit ihr bis zum Parkplatz eines Einkaufsmarkts. Dort lieû er sich von der Nebenklägerin auch das Kleingeld aushändigen, damit sie nicht telefonieren könne. Bevor sich der Angeklagte entfernte drohte er, er werde ihrer Familie etwas antun, wenn sie zur Polizei gehe. 2. Der Angeklagte hat bei diesem Tatgeschehen keinen räuberischen Angriff auf Kraftfahrer, sondern eine schwere räuberische Erpressung begangen.
a) Die Voraussetzungen des § 316 a Abs. 1 StGB sind nicht gegeben. Der Tatbestand setzt voraus, daû der Angriff auf den Fahrer oder Beifahrer unter Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straûenverkehrs erfolgt. Eine solche, die hohe Strafdrohung des § 316 a StGB rechtfertigende Gefahrenlage besteht vor allem während des Fahrvorgangs; sie kann auch während eines verkehrsbedingten und im Einzelfall auch während eines sonstigen kurzfristigen Halts vorliegen. Sie besteht aber nicht, wenn der Täter, wie hier der Angeklagte, als er sich des Tatopfers bemächtigte, zu Fuû an ein geparktes Kraftfahrzeug herantritt, um dessen noch auf der Straûe stehende Fahrerin zu berauben oder zu erpressen; auch der Transport eines Tatopfers mit einem Kraftfahrzeug an einen Ort, an dem ein Raub oder eine Erpressung ausgeführt werden soll, erfüllt in einem solchen Fall den Tatbestand nicht (BGH, Urt. v.
17. August 2001 - 2 StR 197/01 - m.w.N.). Im vorliegenden Fall erfolgte der Angriff auf die Nebenklägerin auf dem Parkplatz, auf dem sie das Fahrzeug abgestellt hatte, nicht aber während eines Fahrvorgangs oder eines verkehrsbedingten Anhaltens.
b) Der Angeklagte hat jedoch eine schwere räuberische Erpressung (§ 255, § 253, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) begangen, indem er das Tatopfer während der fortwirkenden Bedrohung beim zweiten und dritten Anhalten veranlaûte , ihm zunächst das Papiergeld und sodann das Kleingeld auszuhändigen (UA S. 12, 21). Hierbei hat er das Winkeleisen als gefährliches Werkzeug zur Bedrohung des Tatopfers verwendet. Das Landgericht stellt zutreffend fest, daû mit dem Winkeleisen in der Hand des kräftigen Angeklagten lebensgefährliche Verletzungen verursacht werden können. Dementsprechend groû sei auch der Einschüchterungseffekt gewesen, den sich der Angeklagte bei der Tat gezielt zunutze gemacht habe (UA S. 20/21). Damit hat der Angeklagte das gefährliche Werkzeug aber nicht nur bei sich geführt, sondern zur Tatausführung verwendet, um sein Tatopfer zu bedrohen und einzuschüchtern. 3. Das Landgericht hat im übrigen den Unrechtsgehalt des Tatgeschehens - trotz der Beschränkung der Strafverfolgung gemäû § 154 a Abs. 1 StPO bei der Anklageerhebung - nicht erschöpft.
a) Die vom Angeklagten begangene Vergewaltigung erfüllt die Qualifikation des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB und nicht nur - wie das Landgericht annimmt - die des Absatzes 3 Nr. 1. Auch insoweit hat der Angeklagte das Winkeleisen als gefährliches Werkzeug nicht nur bei sich geführt, sondern zur Tat verwendet.

b) Der Angeklagte hat des weiteren einen erpresserischen Menschenraub und eine Geiselnahme (§ 239 a, § 239 b StGB) begangen. Er hat die Nebenklägerin entführt und deren Sorge um ihr Wohl zu einer Erpressung ausgenutzt. Dem Angeklagten ging es von Anfang an auch darum, das Geld der Nebenklägerin an sich zu bringen, um Wodka kaufen zu können. Während der Entführung hat er die Nebenklägerin zudem mit dem Tod bedroht und zu den festgestellten sexuellen Handlungen genötigt. Auch insoweit hat der Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts vorsätzlich gehandelt. Zwischen erpresserischem Menschenraub und Geiselnahme besteht hier keine Gesetzeskonkurrenz (Subsidiarität), weil die Geiselnahme nicht allein dem Zweck diente, durch Bedrohung des Tatopfers eine unrechtmäûige Bereicherung zu erlangen, sondern auch dazu, die sexuellen Handlungen zu erreichen (vgl. BGHSt 25, 386; BGH, Urt. vom 19. September 2001 - 2 StR 240/01). 4. Alle vier Tatbestände wurden tateinheitlich verwirklicht (§ 52 StGB). 5. § 265 StPO steht der Änderung und Ergänzung des Schuldspruchs nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte insoweit nicht erfolgreicher hätte verteidigen können.
Der Rechtsfolgenausspruch kann auch nach der Änderung des Schuldspruchs bestehen bleiben, weil der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat hierdurch nicht geringer geworden ist. Jähnke Detter Bode Otten Elf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 2 4 / 1 4
vom
27. März 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. März 2014 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 354 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 27. August 2013 im Strafausspruch abgeändert, indem folgende Einzelfreiheitsstrafen festgesetzt werden:
a) bei dem Angeklagten H. im Rahmen des Tatgeschehens III.1 (Überfall T. ) für den besonders schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung sieben Jahre und sechs Monate und für den Computerbetrug sieben Monate sowie im Rahmen des Tatgeschehens III.2 (Überfall B. ) für den ersten Computerbetrug sechs Monate und für den zweiten Computerbetrug sieben Monate;
b) bei dem Angeklagten Br. im Rahmen des Tatgeschehens III.1 (Überfall T. ) für den besonders schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung sieben Jahre und für den Computerbetrug sechs Monate sowie im Rahmen des Tatgeschehens III.2 (Überfall B. ) für den ersten Computerbetrug fünf Monate und für den zweiten Computerbetrug sechs Monate.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen „gemeinschaftlichen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Freiheitsberaubung in Tatmehrheit mit ge- meinschaftlichem Computerbetrug“ (Fall III.1) sowie „gemeinschaftlichen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Freiheitsberaubung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit gemeinschaftlichem Computer- betrug in zwei tatmehrheitlichen Fällen“ (Fall III.2) zu folgenden Gesamtfrei- heitsstrafen verurteilt: den Angeklagten H. unter Einbeziehung zweier Einzelstrafen und unter Aufrechterhaltung einer Maßregel zu elf Jahren, den Angeklagten Br. zu zehn Jahren.
2
Die mit Verfahrensrügen und Sachrügen begründeten Revisionen führen lediglich zu den aus dem Tenor ersichtlichen Änderungen. Im Übrigen sind sie im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
3
1. Hinsichtlich der Verfahrensrügen verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Zuschrift des Generalbundesanwalts. Zur Rüge eines Verstoßes gegen § 261 StPO bemerkt der Senat ergänzend, dass weitere Erklärungen eines Angeklagten, der sich bereits – wie hier – zu einem früheren Zeitpunkt umfassend zur Sache eingelassen hat, nicht jeweils gesonderter Protokollierungspflicht nach § 273 Abs. 1 StPO unterliegen, auch nicht, wenn diese späteren Einlassungen die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse betreffen. Der gerügte Verstoß gegen § 261 StPO ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision deshalb nicht aus dem Protokoll.
4
Unabhängig von der Frage, ob das Rekonstruktionsverbot dem Erfolg einer derartigen Verfahrensrüge entgegensteht, ist der behauptete Rechtsverstoß damit jedenfalls nicht bewiesen, da nach der dienstlichen Erklärung des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft und nach den Urteilsgründen die Angeklagten die Schilderungen des Sachverständigen zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen jeweils als zutreffend anerkannt und ergänzend hierzu Angaben gemacht haben.
5
2. Zu den Sachrügen:
6
a) Das Urteil leidet an einem unauflösbaren Widerspruch zwischen den in der Vorbemerkung mitgeteilten Einzelfreiheitsstrafen (UA S. 4) und den in den weiteren Gründen im Rahmen der Strafzumessung mitgeteilten Einzelfreiheitsstrafen (UA S. 36 f., 39). Der Senat erkennt deshalb auf die jeweils geringfügig niedrigeren Einzelfreiheitsstrafen.
7
Keinen Widerspruch enthalten die Urteilsgründe hinsichtlich der für die zweite Raubtat (Überfall B. ) verhängten Einzelfreiheitsstrafen, die jeweils auch die höchsten Einzelfreiheitsstrafen (und damit die Einsatzstrafen) bilden. Insoweit widerspruchsfrei wird als Strafe für den im Rahmen des Tatgeschehens III.2 begangenen schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Freiheitsberaubung in zwei tateinheitlichen Fällen für den Angeklagten H. eine Freiheitsstrafe in Höhe von acht Jahren und für den Angeklagten Br. eine Freiheitsstrafe in Höhe von sieben Jahren und sechs Monaten benannt. Insoweit bedarf es keiner Neufestsetzung der Einzelfreiheitsstrafen.
8
Der Senat schließt aus, dass sich die geringfügige Verringerung der Einzelstrafen im Rahmen der Gesamtstrafenbildung ausgewirkt hätte, weil die höchsten Einzelfreiheitsstrafen von acht Jahren bzw. sieben Jahren und sechs Monaten bestehen bleiben und diese Einsatzstrafen ohnehin nur moderat erhöht wurden.
9
b) Soweit die Revisionen jeweils die Annahme eines besonders schweren Raubes im Fall III.1 rügen, verkennen sie, dass nach den Feststellungen des Landgerichts das Brecheisen zum Zweck der Einschüchterung dem Geschädigten so vorgehalten wurde, dass sich die Spitze unmittelbar vor seinen Augen befand, was ihn zu Tode ängstigte (UA S. 18). Damit lag ein Verwenden dieses gefährlichen Werkzeugs im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB und nicht nur ein „offenes Mitsichführen“ vor.
10
c) Keinen Rechtsfehler belegen auch die übrigen sachlich-rechtlichen Einzelbeanstandungen der Revisionsführer:
11
Nach den insoweit tragfähig belegten Feststellungen des Landgerichts lagen die Voraussetzungen des § 21 StGB jeweils nicht vor; den Angaben der Angeklagten zu weitergehendem Substanzmittelmissbrauch hat das Landgericht aus nachvollziehbaren Gründen keinen Glauben geschenkt (UA S. 30 ff., 39). Die Annahme von Tatmehrheit bezüglich der Taten des Computerbetrugs im Komplex III.2 ist auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen rechtlich zutreffend. Soweit die Revisionen an dieser und anderer Stelle Urteilsfremdes vorbringen , können sie damit im Rahmen der Sachrüge kein Gehör finden. Dass die Strafkammer die Anwendung von § 46a StGB abgelehnt hat, begegnet aus den vom Landgericht angeführten Gründen keinen Bedenken, da die Voraussetzungen eines hinreichenden Täter-Opfer-Ausgleichs nach den Urteilsfeststellungen nicht vorliegen. Soweit die Revisionen die Strafzumessung im Einzelnen beanstanden, erschöpfen sich die Ausführungen in dem in der Revision unbehelflichen Versuch, eine andere Wertung an die Stelle der tatrichterlichen Wertung zu setzen.
12
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO. Angesichts des geringen Teilerfolgs der Revisionen ist es nicht unbillig, die Angeklagten mit den gesamten Kosten ihrer im Übrigen erfolglosen Rechtsmittel zu belasten (§ 473 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 StPO).
Raum Rothfuß Graf
Radtke Mosbacher

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 208/17
vom
21. November 2017
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:211117B4STR208.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 21. November 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 23. Dezember 2016, soweit es ihn betrifft ,
a) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, aa) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II.3 der Urteilsgründe, bb) im Ausspruch über die Gesamtstrafe,
b) im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz dahin geändert , dass die Höhe des für verfallen erklärten Betrags 3.500 Euro beträgt. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlich unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung und mit Betrug und wegen be- waffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es eine Verfalls- und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner „hinsichtlich des Schuld- spruchs auf die Tat Ziffer 1 der Anklage und ansonsten auf den Rechtsfolgen- ausspruch“ beschränkten Revision, wobei er die Nichtanwendung des § 64 StGB vom Rechtsmittelangriff ausgenommen hat. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Rechtsmittelbeschränkung ist wirksam.
3
2. Im Fall II.3 der Urteilsgründe begegnet der Einzelstrafausspruch (drei Jahre Freiheitsstrafe) durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
4
Das Landgericht hat den Angeklagten in diesem Fall rechtskräftig des „unerlaubtenHandeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung und mit Betrug“ schuldig ge- sprochen. Wie sich aus dem Wortlaut des Tenors und aus der rechtlichen Würdigung des Landgerichts (UA 37) ergibt, beruht der Schuldspruch wegen schwerer räuberischer Erpressung auf einer Anwendung des § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB. Das Landgericht hat dann jedoch den anzuwendenden Strafrah- men „ausgehend vom Strafrahmen des § 250Abs. 2 StGB“ (UA 40) bestimmt. Dies ist rechtsfehlerhaft; daran ändert der Umstand nichts, dass das Landgericht das Vorliegen eines minder schweren Falles des § 250 Abs. 3 StGB bejaht hat. Danach ist zwar für minder schwere Fälle des Absatzes 1 und des Absatzes 2 derselbe, von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe reichende Strafrahmen vorgesehen. Doch stellt sich eine unter § 250 Abs. 2 StGB fallende Tat nach der gesetzlichen Vorbewertung, wie sie ihren Ausdruck in dem erhöhten Mindeststrafmaß von fünf Jahren Freiheitsstrafe gefunden hat, im Vergleich zu den Taten nach Absatz 1 der Vorschrift mit einem Mindestmaß von (nur) drei Jahren Freiheitsstrafe grundsätzlich als das schwerer wiegende Delikt dar. Dieser Gesichtspunkt kann bei der den Einzelfall betreffenden Gewichtung des Unrechts - und Schuldgehalts der Tat auch dann Bedeutung erlangen, wenn der Tatrichter die Strafe dem einheitlichen Strafrahmen für minder schwere Fälle des Absatzes 3 entnimmt. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das Landgericht, wäre es von der Verwirklichung des § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB auch bei der Strafrahmenwahl ausgegangen, auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 1999 – 4 StR 686/98, NStZ-RR 2000,

43).


5
3. Der Wegfall der Einzelfreiheitsstrafe im Fall II.3 der Urteilsgründe entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage.
6
4. Der Senat hat auch den Verfallsausspruch geändert. Mit Rücksicht auf den Widerspruch zwischen Urteilstenor (5.000 Euro) und Urteilsgründen (3.500 Euro auf UA 54 und 55) hat der Senat den geringeren der beiden Beträge festgesetzt. In diesem Umfang hält die Anordnung des Wertersatzverfalls revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Zwar hat die Strafkammer bei der Be- rechnung der vom Angeklagten insgesamt erlangten Mindestbeträge auch das im Fall II.4 der Urteilsgründe für das später sichergestellte Rauschgift gezahlte Kaufgeld von 4.500 Euro berücksichtigt; sie ist daher bei der Bestimmung des Erlangten von einer zu hohen Ausgangssumme (12.200 Euro statt 7.700 Euro) ausgegangen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juni 1998 – 3 StR 182/98). Das Landgericht hat jedoch sodann rechtsfehlerfrei gestützt auf § 73c Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB begründet, dass es die Höhe des Wertersatzverfalls auf 3.500 Euro beschränkt, und hierzu abschließend ausgeführt: „Eine weitergehende Reduzierung kam nach dem Zweck der Verfallsvorschrift indessen nicht in Betracht, nachdem dem gewerbsmäßig handelnden Angeklagten durch die Begehung der Taten auch die Finanzierung eines gehobenen Lebensstandards ermöglicht wurde“ (UA 55). Danach kann der Senat ausschließen,dass das Landgericht den Verfallsbetrag noch weiter abgesenkt hätte, hätte es nicht rechtsirrig das im Fall II.4 gezahlte Kaufgeld einbezogen.
7
5. Im Übrigen erweist sich die Revision des Angeklagten als unbegründet , da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen weiteren Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Quentin Feilcke

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.

(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.

(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.

(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.

(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.

(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 475/16
vom
22. März 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: schwerer räuberischer Erpressung u.a.
zu 2.: besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:220317B3STR475.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 22. März 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig beschlossen :
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 24. Mai 2016
a) in den Schuldsprüchen dahin geändert, dass schuldig ist aa) der Angeklagte R. der schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Vergewaltigung, bb) der Angeklagte W. der besonders schweren räuberischen Erpressung;
b) in den Strafaussprüchen und hinsichtlich des Angeklagten W. auch im Ausspruch über den Vorwegvollzug aufgehoben ; jedoch bleiben die jeweils zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten W. hat es wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung auf eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten erkannt und seine Unterbringung in einer Erziehungsanstalt - nach Vorwegvollzug von einem Jahr und drei Monaten der Strafe - angeordnet. Die jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg ; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

II.

2
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen kamen die Angeklagten überein, dem Nebenkläger K. unter Hinweis auf vermeintliche Geldforderungen , die - wie sie wussten - tatsächlich nicht bestanden, durch Androhung oder Anwendung von Gewalt Barmittel oder Wertgegenstände abzupressen. Auf dem Weg zum Nebenkläger kam ihnen dieser in Begleitung seiner Lebensgefährtin, der Nebenklägerin F. , entgegen. Während sich der Angeklagte R. abseits hielt, forderte der Angeklagte W. den Nebenkläger drohend auf, seine Taschen zu leeren, und nahm aus der vom Nebenkläger mitgeführten Bauchtasche dessen Klappmesser, um es für sich zu behalten. Dies bemerkte auch der Angeklagte R. , der im weiteren Verlauf ebenso wie W. in dem Bewusstsein handelte, dass dieser das Messer gebrauchs- bereit mit sich führte. Da der Nebenkläger K. kein Bargeld hatte, forderten die Angeklagten die beiden Nebenkläger auf, in die Wohnung des Nebenklägers K. zu gehen. Dort wies der Angeklagte R. die Nebenklägerin an, ihn auf den Flur zu begleiten, und schloss die Tür zum Wohnzimmer, in dem der Angeklagte W. sodann begann, mit der flachen Hand auf den Nebenkläger einzuschlagen, um diesem Bargeld abzupressen. Als R. die Tür wieder öffnete und dem Nebenkläger zurief, dass seine Freundin das auch auf andere Art bezahlen könne, womit sexuelle Handlungen gemeint waren, erklärte die Nebenklägerin, die spätestens jetzt die Gewalt gegen den Nebenkläger wahrnahm, dass sie sowas nicht mache, aber bereit sei, einen 10-Euro-Schein herauszugeben, den sie in ihrer Wohnung aufbewahrte.
3
Daraufhin begaben sich die Angeklagten und die Nebenkläger in die Wohnung der Nebenklägerin F. , die unter dem Eindruck der vorangegangenen Gewalt gegen den Nebenkläger ihren 10-Euro-Schein an die Angeklagten übergab. Um weiteres Geld abzupressen, begann W. im Wohnzimmer erneut, auf den Nebenkläger einzuschlagen, während der Angeklagte R. die verängstigte Nebenklägerin in den Nebenraum führte. Dort entkleidete er die vor Angst erstarrte Nebenklägerin gegen deren Willen am Unterleib, packte sie an der Hüfte und drehte sie so um, dass sie vor ihm auf der Couch mit vorgebeugtem Oberkörper kniete. In dieser Position führte der Angeklagte R. mit der Nebenklägerin gegen ihren Willen den ungeschützten vaginalen Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss aus. Die Nebenklägerin leistete dabei keinen Widerstand, weil sie erreichen wollte, dass die körperliche Misshandlungen ihres Lebensgefährten, dessen Schmerzensschreie sie aus dem Nebenzimmer vernahm, aufhörten, und sie angesichts des vorangegangenen Geschehens Angst davor hatte, dass der Angeklagte sein Vorhaben auch mit Gewalt gegen sie durchsetzen werde.
4
Währenddessen schlug der Angeklagte W. im Wohnzimmer mit den Fäusten auf das Gesicht und den Oberkörper des Nebenklägers ein, wobei er zur Verstärkung der Schlagkraft ein Feuerzeug in die Hand nahm. Schließlich nahm er - ohne dass R. den Einsatz der Werkzeuge registrierte - das zuvor entwendete Klappmesser und hielt es dem Nebenkläger an den Hals, um ihn weiter einzuschüchtern und ihm weitere Wertgegenstände abnehmen zu können. Als der Angeklagte R. mit der Nebenklägerin zurück ins Wohnzimmer kam, beendete W. die Misshandlungen des Nebenklägers.
5
Die Angeklagten und die Nebenkläger begaben sich sodann zu einem Geldautomaten, an dem die Nebenklägerin erfolglos versuchte, Bargeld abzuheben. Während der Angeklagte R. telefonierte, ging der Angeklagte W. den Nebenkläger erneut körperlich an, was diesen zu Schmerzensschreien veranlasste. Schließlich forderte der Angeklagte W. das Handy des Nebenklägers, der dieses unter dem Eindruck der Gewalt und aus Angst vor weiteren Misshandlungen herausgab. Danach ließen die Angeklagten von den Nebenklägern ab.

III.

6
Zu den Schuldsprüchen gilt:
7
1. Revision des Angeklagten R. :
8
a) Soweit das Landgericht das Geschehen als (gemeinschaftliche) schwere räuberische Erpressung gemäß § 253 Abs. 1, §§ 255, 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB in Tateinheit (§ 52 StGB) mit Vergewaltigung (§ 177 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB aF) bewertet hat, weist dies keinen Rechtsfeh- ler zum Nachteil des Angeklagten auf (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
9
Die alte Fassung des § 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfasste auch solche Fälle , in denen sich das Zwangsmittel nicht gegen das Opfer der Vergewaltigung, sondern gegen eine diesem nahestehende dritte Person richtete (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 1993 - 1 StR 471/93, BGHR StGB § 177 Abs. 1 Drohung 9). Darauf abstellend hat das Landgericht in seiner rechtlichen Würdigung hervorgehoben, dass der Angeklagte der Nebenklägerin konkludent damit gedroht habe, dass die Gewalt gegen ihren Lebensgefährten fortgesetzt werde, wenn sie sich nicht seinem Willen füge.
10
Die Neufassung des § 177 Abs. 5 Nr. 2 StGB (durch das 50. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches - Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 4. November 2016, BGBI. I S. 2460) erfordert nach ihrem Wortlaut hingegen ausdrücklich, dass sich die Drohung gegen das Opfer selbst richtet. Gleichwohl hat der Schuldspruch insoweit Bestand. Die Erzwingung sexueller Handlungen in der Weise, dass der Täter dem Opfer mit Gewalt gegen eine diesem nahestehende Person droht, wird nunmehr von § 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB nF erfasst, unter den Voraussetzungen des § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB nF in gleicher Weise wie nach Tatzeitrecht als besonders schwerer Fall eingestuft und ist als Vergewaltigung zu tenorieren.
11
b) Dagegen hält die Annahme mittäterschaftlicher Beteiligung des Angeklagten R. an der Körperverletzung zum Nachteil des Nebenklägers rechtlicher Überprüfung nicht stand.
12
Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB ist, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils er- scheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 15. Januar 1991 - 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291 mwN; vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254; Beschluss vom 2. Juli 2008 - 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25, 26). Das bloße Einverständnis mit Gewalthandlungen und die Billigung von einem anderen bereits verwirklichter Tatvarianten kann die Mittäterschaft indes nicht begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 1997 - 2 StR 28/97, NStZ 1997, 272; SSW-StGB/Murrmann, 3. Aufl., § 25 Rn. 39 mwN).
13
Nach diesen Maßstäben ist der Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung rechtsfehlerhaft. Ein zuvor gefasster gemeinsamer Entschluss zur gleichberechtigten, arbeitsteiligen Deliktsbegehung oder ein Beitrag des Angeklagten im Vorbereitungsstadium, der so große Bedeutung hat, dass er in (mit-)bestimmender Weise in das Ausführungsstadium hineinwirkte, ist nicht festgestellt. Ein Zusammenwirken beider Angeklagten während der Tatausführung ist nicht zu erkennen: Bei den ersten Schlägen des Angeklagten W. mit der flachen Hand gegen den Nebenkläger befand sich der Angeklagte R. nicht mehr im Raum, sondern bereits im Flur der Wohnung, ohne dass er Einfluss auf das Geschehen nahm. Bei den Misshandlungen in der Wohnung der Nebenklägerin verließ der Angeklagte R. das Wohnzimmer und schloss die Tür, als der Angeklagte W. begann, auf den Nebenkläger einzuschlagen; die Misshandlungen endeten, als er zurückkehrte. Eine bestimmende oder fördernde Einflussnahme auf das Geschehen ist ebenso wenig zu erkennen wie bei dem späteren Vorfall auf der Straße, bei dem der Angeklagte R. telefonierte, als der Mitangeklagte spontan aus Verärgerung über das Verhalten des Nebenklägers erneut auf diesen einschlug. Dass R. anschließend lachend seine Zustimmung zum Ausdruck brachte, reicht zur Annahme seiner Beteiligung nicht aus.
14
2. Revision des Angeklagten W. :
15
a) Soweit das Landgericht das festgestellte Geschehen als besonders schwere räuberische Erpressung (§ 253 Abs. 1, §§ 255, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) bewertet hat, weist das Urteil keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf (§ 349 Abs. 2 StPO).
16
b) Der Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung hat jedoch keinen Bestand. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat der Angeklagte die Körperverletzung weder mittels eines gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 2 StGB noch mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) begangen.
17
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein gefährliches Werkzeug jeder bewegliche Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im konkreten Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. September 2006 - 4 StR 313/06, NStZ 2007, 95). Bereits diese Eignung er- scheint zweifelhaft, da zu Größe, Gewicht und Materialbeschaffenheit des zur Verstärkung der Schlagwirkung in die Hand genommenen Feuerzeuges keine Feststellungen getroffen sind. Jedenfalls verlangt § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, dass die Körperverletzung "mittels" eines solchen Werkzeugs begangen wird. Das Tatmittel muss hierbei unmittelbar auf den Körper des Opfers einwirken (BGH, Beschluss vom 16. Januar 2007 - 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405; vom 12. Januar 2010 - 4 StR 589/09, NStZ 2010, 512; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 224 Rn. 7a; jeweils mwN). Daran fehlt es hier, weil nicht festgestellt ist, dass der Angeklagte den Körper des Nebenklägers mit dem Feuerzeug berührt hat.
18
Eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB kommt nicht in Betracht, weil die Feststellungen - wie ausgeführt - eine Beteiligung des Mitangeklagten nicht tragen.
19
c) Hinsichtlich der verbleibenden Körperverletzung nach § 223 StGB fehlt es an dem erforderlichen Strafantrag gemäß § 230 Abs. 1 StGB. Eine Erklärung dahin, dass sie wegen des besonderen öffentlichen Interesses die Verfolgung für geboten hält, hat die Strafverfolgungsbehörde für den Angeklagten W. nicht abgegeben.
20
3. Da auszuschließen ist, dass bei erneuter Verhandlung weitere Feststellungen getroffen werden könnten, welche die Schuldsprüche wegen gefährlicher Körperverletzung tragen, ändert der Senat diese in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst ab.

IV.

21
Die Änderungen der Schuldsprüche führen zur Aufhebung der Strafaussprüche , denn das Landgericht hat jeweils bei der Bemessung der Strafe maßgeblich auch auf die Körperverletzung abgestellt. Die insoweit getroffenen Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht betroffen; sie können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen sind möglich, sofern sie den getroffenen nicht widersprechen.
22
Die Aufhebung des Strafausspruchs gegen den Angeklagten W. entzieht dem Ausspruch zum teilweisen Vorwegvollzug der Strafe (§ 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB) die Grundlage (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2014 - 5 StR 538/14, juris Rn. 4).
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4
Die Aufhebung der Gesamtstrafe zieht die Aufhebung des angeordneten Vorwegvollzugs nach sich (§ 67 Abs. 2 Satz 2, 3 StGB). Für die Berechnung eines gegebenenfalls erneut anzuordnenden Vorwegvollzugs wird auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 6. März 2012 – 1 StR 40/12 verwiesen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 2 4 7 / 1 4
vom
10. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Juli 2014 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30. Januar 2014 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die vom Angeklagten in dieser Sache in der Tschechischen Republik erlittene Auslieferungshaft im Maßstab 1:1 auf die hier verhängte Strafe angerechnet wird. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und vier Monaten verurteilt.
2
Der Angeklagte befand sich vom 27. März 2013 bis zum 22. Mai 2013 in dieser Sache in Auslieferungshaft in der Tschechischen Republik (UA S. 6).
3
Das Landgericht hat den Maßstab für die Anrechnung der Auslieferungshaft in den Urteilsgründen mit 1:1 festgesetzt, da der Angeklagte in einem Mitgliedstaat der EU, welcher zugleich sein Heimatstaat ist, inhaftiert war (UA S. 24).
4
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.
5
Sein Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
6
Gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB hat das Gericht den Anrechnungsmaßstab für eine in dieser Sache erlittene Freiheitsentziehung zu bestimmen (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 1. September 2010 - 5 StR 324/10 mwN; BGH, Beschluss vom 28. Juni 2005 - 1 StR 156/05; BGH, Beschluss vom 20. Mai2003 - 5 StR 170/03).
7
Die Ergänzung der Urteilsformel ist erforderlich, um die von der Strafkammer lediglich in den Gründen des Urteils getroffene Entscheidung über den Anrechnungsmaßstab nach § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB - wie geboten - im Urteilstenor zum Ausdruck zu bringen (st. Rspr. seit BGH, Beschluss vom 12. Oktober 1977 - 2 StR 410/77; BGHSt 27, 287, 288; vgl. auch u.a. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2014 - 4 StR 376/13; BGH, Beschluss vom 7. Januar 2014 - 3 StR 425/13; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - 2 StR 622/11; BGH, Beschluss vom 28. Juni 2005 - 1 StR 156/05).
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Im Hinblick darauf, dass hier nur ein Anrechnungsmaßstab von 1:1 in Betracht kommt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2013 - 5 StR 587/13; BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 2 StR 350/12), hat der Senat auf Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend § 354 Abs. 1 StPO den Anrechnungsmaßstab selbst bestimmt (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2014 - 3 StR 425/13; BGH, Beschluss vom 5. August 2010 - 2 StR 254/10; BGH, Beschluss vom 28. Juni 2005 - 1 StR 156/05).
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Der nur geringfügige Erfolg der Revision macht es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Raum Rothfuß Jäger
Radtke Mosbacher

(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.

(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.

(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.

(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.