Bundesgerichtshof Urteil, 06. März 2012 - 1 StR 530/11

bei uns veröffentlicht am06.03.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 530/11
vom
6. März 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6. März 2012,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Rothfuß,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Sander,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 2. August 2011 im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels bleibt dem für das Nachverfahren nach §§ 460, 462 StGB zuständigen Gericht vorbehalten.

Von Rechts wegen

Gründe:

I.


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus anderen Verurteilungen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und vier Monaten verurteilt, unter Aufrechterhaltung zweier Maßregeln der Besserung und Sicherung. Mit ihrer zum Nachteil des Angeklagten eingelegten, wirksam auf den Gesamtstrafenausspruch beschränkten und mit der Sachrüge begründeten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Gesamtstrafenbildung. Zu Unrecht habe das Landgericht die mit Strafbefehl des Amtsgerichts Bayreuth vom 13. April 2007 verhängte Strafe als vollstreckt und damit als erledigt im Sinne von § 55 Abs. 1 StGB angesehen. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

II.

2
1. Der jetzigen Verurteilung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
3
Ende 2007 erwarb der Angeklagte zwei Kilogramm Haschisch, um aus dem Weiterverkauf des Rauschmittels Gewinn zu erzielen. Einen geringen Teil der Droge konsumierte der Angeklagte selbst.
4
Dafür hat die Strafkammer eine Freiheitsstrafe von drei Jahren verhängt.
5
2. Bei der nachträglichen Bildung einer Gesamtstrafe gemäß § 55 StGB hat das Landgericht Einzelstrafen aus den Verurteilungen vom 6. November 2007, 13. Mai 2009, 14. Oktober 2009 und 24. Januar 2008 (Berufungsurteil) einbezogen, einmal unter Auflösung einer früheren Gesamtstrafe. Unberücksichtigt ließ die Strafkammer den Strafbefehl des Amtsgerichts Bayreuth vom 13. April 2007.
6
Dies hat die Strafkammer wie folgt begründet:
7
Da ein großer Teil der vom Landgericht Bayreuth mit Urteil vom 13. Mai 2009 gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe, in die die Strafe aus dem Strafbefehl einbezogen worden war, bereits vollstreckt ist (im Anschluss an die vollständige Verbüßung der mit Urteil des Amtsgerichts Bayreuth vom 6. November 2007 verhängten Freiheitsstrafe bis zum 11. April 2009), sei die mit Strafbefehl des Amtsgerichts Bayreuth vom 13. April 2007 verhängte Geldstrafe „zu Gunsten des Angeklagten als bereits vollstreckt anzusehen“.

III.

8
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Vollstreckung einer Gesamtstrafe, deren Höhe die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen darf (§ 54 Abs. 2 Satz 1 StGB), stellt sich als einheitlicher Vorgang dar und nicht als sukzessive Vollstreckung der einbezogenen Einzelstrafen (etwa unter primärer Anrechnung auf die lästigste Sanktion entsprechend dem Rechtsgedanken des § 366 Abs. 2 BGB). Durch die Bildung der Gesamtstrafe verlieren die Einzelstrafen ihre selbständige Bedeutung (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1954 - 3 StR 189/54 -, BGHSt 7, 180, 182). Es kann nurmehr die Gesamtstrafe vollstreckt werden (BGH, Urteil vom 6. Juli 1956 - 2 StR 37/55 -, BGHSt 9, 370, 385). Die Annahme einer fiktiven Vollstreckung einer einbezogenen Einzelstrafe widerspricht deshalb den gesetzlichen Vorgaben des § 55 Abs. 1 StGB. Die Anrechnung der bisher verbüßten Strafe gehört im Übrigen zur Strafzeitberechnung , für die die Vollstreckungsbehörde und nicht das erkennende Gericht zuständig ist (BGH, Beschluss vom 25. Januar 1967 - 2 StR 424/66 -, BGHSt 21, 186; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 4. Aufl. Rn. 694).
9
Entfällt eine teilweise vollstreckte Gesamtstrafe im Rahmen einer neuen nachträglichen (§ 55 StGB) Gesamtstrafenbildung, so sind deshalb alle Einzelstrafen , die der entfallenen Gesamtstrafe zugrunde lagen, noch nicht erledigt im Sinne von § 55 Abs. 1 StGB (so - der Sache nach - auch BayObLG, Beschluss vom 13. September 1957 - 3 St 29/57 -, NJW 1957, 1810).
10
Über die Gesamtstrafenbildung muss daher neu befunden werden. Maßgebend ist die Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung (BGH, Beschlüsse vom 8. Oktober 2010 - 3 StR 368/10 -, Rn. 2; vom 20. Dezember 2011 - 3 StR 374/11 - , Rn. 5, jew. mwN).

IV.

11
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO zu entscheiden.
12
Die Vorschrift findet nicht nur bei den Angeklagten beschwerenden, sondern auch - auf die Revision der Staatsanwaltschaft - bei ihn begünstigenden Rechtsfehlern Anwendung (BGH, Urteil vom 30. November 2006 - 4 StR 278/06 -, Rn. 9).
13
Die nachträgliche Gesamtstrafenbildung aus den rechtskräftigen Einzelstrafen obliegt dem nach § 462a Abs. 3 StPO zuständigen Gericht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2010 - 1 StR 635/09 -, Rn. 23; Beschluss vom 28. Oktober 2004 - 5 StR 430/04).
14
Der Senat kann vorliegend die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels nach § 473 Abs. 4 StPO nicht selbst treffen. Darüber hat deshalb das für das Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO zuständige Gericht zusammen mit der abschließenden Sachentscheidung zu befinden (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2004 - 4 StR 426/04 -, BGHR StPO § 354 Ib 1 Entscheidung

3).

Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Sander

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Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.

(1) Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt, welche er bei der Leistung bestimmt.

(2) Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

9
4. Die notwendig werdende neue Gesamtstrafenbildung bedarf keiner Entscheidung aufgrund neuer Hauptverhandlung. Der Senat macht deshalb von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 354 Abs. 1 b StPO zu entscheiden. Diese Vorschrift findet nicht nur bei den Angeklagten beschwerenden, sondern auch bei ihn begünstigenden, auf Revision der Staatsanwaltschaft zu berücksichtigenden Rechtsfehlern Anwendung (vgl. zu Absatz 1 a der Vorschrift Senatsurteil vom 16. März 2006 – 4 StR 536/05). Die nachträgliche Gesamtstrafenbildung hinsichtlich des Angeklagten We. obliegt somit dem nach § 462 a Abs. 3 StPO zuständigen Gericht.

(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.

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6. Der Senat verweist die Festsetzung der allein noch zu bildenden neuen Gesamtstrafe gemäß § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO in das Beschlussverfahren nach den §§ 460, 462 StPO. Somit obliegt die Bildung der Gesamtstrafe dem gemäß § 462a Abs. 3 StPO zuständigen Gericht. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (auch) zulässig, wenn - wie hier - eine neue Gesamtstrafe wegen eines im Revisionsverfahren erfolgten Teilfreispruchs gebildet werden muss (vgl. BGH, Beschl. vom 10. Oktober 2006 - 1 StR 377/06). Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
1. Bei Urteilsaufhebung nach § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO
wegen fehlerhafter Gesamtstrafenbildung bedarf es
keiner Zurückverweisung.
2. Zur Kostenentscheidung in diesem Fall.
BGH, Beschluß vom 28. Oktober 2004 – 5 StR 430/04
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 28. Oktober 2004
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Oktober 2004

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 7. Januar 2004 im Ausspruch über die Gesamtstrafen nach § 349 Abs. 4 StPO mit der Maßgabe (§ 354 Abs. 1b Satz 1 StPO) aufgehoben, daß eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist; die Gesamtgeldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 5. November 1997 – 325 Ds 196/97 – bleibt bestehen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten unter Einbeziehung einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen aus einem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 5. November 1997 wegen Körperverletzung (Einzelstrafe: ein Jahr und neun Monate Freiheitsstrafe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten sowie wegen Körperverletzung in sechs Fällen und gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Strafe aus einem Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 7. Juni 2002 zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Eine Tat wurde im Oktober 1997, die anderen zwischen Juli 2000 und Mai 2002 begangen. Die Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung der beiden Gesamtfreiheitsstrafen ; im übrigen erweist sie sich aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 23. September 2004 im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet.
1. Die Gesamtstrafaussprüche können nicht bestehenbleiben. Die Bildung der Gesamtsstrafen ist rechtsfehlerhaft erfolgt, da die Verurteilung vom 5. November 1997 keine Zäsurwirkung entfaltet. Die dort abgeurteilte Verkehrsstraftat war am 20. April 1997 begangen worden und damit vor einer anderen Verurteilung des Amtsgerichts Tiergarten vom 25. Juli 1997. Liegt die abzuurteilende Tat – wie hier die Tat vom 15./16. Oktober 1997 – zwischen zwei Verurteilungen, aus denen eine Gesamtstrafe zu bilden war, kommt eine Gesamtstrafbildung aus der Strafe für die abzuurteilende Tat mit der Strafe aus der letzten Vorverurteilung nicht in Betracht (vgl. BGHSt 32, 190, 193; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 55 Rdn. 12). Nur der ersten der beiden früheren Verurteilungen käme eine Zäsurwirkung zu (BGH aaO). Mangels Zäsur und Einbeziehungsmöglichkeit muß es bei der Gesamtgeldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 5. November 1997 verbleiben, die nach zutreffender Anwendung des § 55 StGB unter Einbeziehung der am 25. Juli 1997 verhängten Geldstrafe gebildet worden ist. Durch die Bildung zweier Gesamtfreiheitsstrafen ist der Angeklagte möglicherweise beschwert; es liegt nahe, daß das Landgericht bei Bildung lediglich einer Gesamtfreiheitsstrafe zu einem strafferen Zusammenzug der verhängten Freiheitsstrafen gelangt wäre als durch die erfolgte Bildung von zwei Gesamtfreiheitsstrafen.
2. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach § 354 Abs. 1b StPO zu entscheiden. Die nachträgliche Gesamtstrafbildung aus den nunmehr rechtskräftigen Einzelstrafen obliegt somit dem nach § 462a Abs. 3 StPO zuständigen Gericht (vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Justiz BT-Drucks. 15/3482 S. 22). Einer Zurückverweisung bedarf es indes nicht (mißverständlich insoweit die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. aaO); diese hat nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO nur „in anderen Fällen“ – also nicht in den Fällen des § 354 Abs. 1 bis 1b StPO – zu erfolgen. Demgemäß wird in § 462a Abs. 6 StPO nur auf § 354 Abs. 2 und § 355 StPO, nicht aber auf § 354 Abs. 1b StPO Bezug genommen.
3. Im vorliegenden Fall ist sicher abzusehen, daß das Rechtsmittel des Angeklagten, der seine Verurteilung auch hinsichtlich des Schuldspruchs umfassend angegriffen hat, mit dem Teilerfolg zur Gesamtstrafe nur einen geringfügigen Rechtsmittelerfolg erbracht hat. Jedenfalls bei dieser Sachlage kann der Senat die abschließende – für den Angeklagten negative – Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO sofort selbst treffen und hat sie nicht dem Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO vorzubehalten, dem sie systemfremd wäre. Ob in Fällen, in denen die Aufhebung der Gesamtstrafe im Verfahren nach §§ 460, 462 StPO dem Anliegen des Revisionsführers nicht nur geringfügig zum Erfolg verhelfen kann, eine Kostenentscheidung – eher untypisch – auf Grundlage einer Prognose der Entscheidung im Nachverfahren ebenfalls sofort zu treffen ist, ob die Kostenentscheidung etwa vorzubehalten ist oder ob sie dann doch im Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO getroffen werden müßte, bedarf hier keiner Entscheidung. In schwierigeren Fällen kann ohnehin eine Verfahrensweise nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO vorzugswürdig gegenüber dem nicht zwingenden Vorgehen nach § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO sein.
Harms Häger Gerhardt Brause Schaal

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.