Bundesgerichtshof Urteil, 28. Jan. 2003 - 1 StR 393/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
a) soweit die Angeklagte hinsichtlich der Fälle II. 2. B der Urteilsgründe wegen versuchter Geldwäsche in zwei Fällen verurteilt worden ist;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil
a) im Schuldspruch hinsichtlich der Fälle II. 1. a bis d der Urteilsgründe dahin abgeändert, daß die Angeklagte der gewerbsmäßigen Bandenhehlerei in vier Fällen schuldig ist;
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit aa) die Angeklagte hinsichtlich der Fälle II. 2. B der Urteilsgründe wegen versuchter Geldwäsche in zwei Fällen verurteilt worden ist; bb) das Landgericht in diesen Fällen von einer Verfallsanordnung abgesehen hat;
c) im gesamten verbleibenden Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
4. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Ver- handlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in vier Fällen, Bestechung in zehn Fällen und wegen versuchter Geldwäsche in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagte und die Staatsanwaltschaft die Verletzung sachlichen Rechts. Beide Rechtmittel haben teilweise Erfolg.I.
Die Revision der Angeklagten:
Die Verurteilung wegen versuchter Geldwäsche in zwei Fällen hat keinen Bestand.
1. Nach den dazu getroffenen Feststellungen erhielt die Angeklagte von H. zwei Schecks in Nennbeträgen von DM 20.300 und DM 24.706,84, die sie auf dem Sparkonto ihres minderjährigen Sohnes gutschreiben ließ. Anschließend zahlte sie die Geldbeträge nach Abzug einer
Provision in bar an H. aus. Dabei ging sie davon aus, daß die Schecks aus „betrügerischen“ oder „illegalen“ Geschäften stammten.
Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen versuchter Geldwäsche nicht. Auch wenn die Angeklagte eine legale Herkunft der Schecks ausschloß , ist die Feststellung konkreter Umstände erforderlich, aus denen sich in groben Zügen bei rechtlich richtiger Bewertung durch die Angeklagte eine Katalogtat des Geldwäschetatbestandes als Vortat ergibt (vgl. BGHSt 43, 158, 165; BGH StV 2000, 67). Daran fehlt es hier.
2. Die Sache unterliegt insoweit insgesamt der Aufhebung, da der Senat nicht ausschließen kann, daß ergänzende Feststellungen zur Vorstellung der Angeklagten von der Vortat, namentlich durch Vernehmung des H. als Zeugen, noch möglich sind.
3. Im übrigen hat die Revision der Angeklagten keinen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil aufgedeckt.
4. Die Aufhebung des Schuldspruchs bezüglich der Geldwäschedelikte erfaßt die insoweit verhängten Einzelstrafen und zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich. Die übrigen Einzelstrafen können auf die Revision der Angeklagten bestehen bleiben.
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft:
1. Soweit die Angeklagte wegen versuchter Geldwäsche verurteilt worden ist, wirkt die Revision der Staatsanwaltschaft auch zu ihren Gunsten (§ 301 StPO). In der Revisionsrechtfertigungsschrift der Staatsanwaltschaft finden sich insoweit zwar ausschließlich Ausführungen zur Nichtanordnung des Verfalls , was darauf hindeutet, daß die Beschwerdeführerin ihr Rechtsmittel auf die unterbliebene Verfallsanordnung beschränken wollte. Eine solche Beschränkung des Rechtsmittels ist grundsätzlich möglich (vgl. BGH NStZ 1999, 560; NStZ-RR 1997, 270), wäre hier aber unwirksam, weil auf der Grundlage der unzureichenden Feststellungen zur Haupttat der Verfall nicht angeordnet werden durfte (vgl. BGHR StPO § 344 Abs.1 Beschränkung 12). Im übrigen liegt ein Antrag, der die Beschränkung klargestellt hätte, seitens der Beschwerdeführerin nicht vor.
2. a) Zu Recht beanstandet die Staatsanwaltschaft, daß hinsichtlich der Fälle II. 1. a bis d der Urteilsgründe eine Verurteilung der Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei nach § 260a Abs.1 StGB hätte erfolgen müssen.
Nach den Feststellungen kannte ihr damaliger Lebensgefährte und frühere Mitangeklagte M. einen potentiellen Abnehmer für Hehlerware in Jugoslawien namens Z. . Mit diesem vereinbarten die Angeklagte und M. im November 2000 in der Zukunft wiederholt im einzelnen noch nicht feststehende Lieferungen „heißer“, also gestohlener oder sonst unrechtmäßig er-
langter Ware von Deutschland nach Jugoslawien zu organisieren und dort über Z. abzusetzen. Dabei planten alle Beteiligten, sich durch wiederholte Begehung solcher Taten eine Einnahmequelle von einigem Gewicht und einiger Dauer zu erschließen. In Ausführung dieses Tatplanes kam es zu den vier unter II. 1. a bis c der Urteilsgründe näher aufgeführten Lieferungen von Mobiltelefonen und Computeranlagen nebst Zubehör an Z. . Die Lieferung eines Internet-Routers (II. 1. d) scheiterte, weil M. auf dem Weg nach Jugoslawien bei einer Grenzkontrolle aufgegriffen und das Gerät sichergestellt wurde.
Aufgrund dieser Feststellungen zu der zwischen allen Beteiligten im November 2000 getroffenen Vereinbarung bildeten die Angeklagte, M. und Z. eine Bande. Auf die Mitwirkung mehrerer Bandenmitglieder am Tatort kommt es nicht an (vgl. BGHR StGB § 260a Bande 1; BGH NStZ 1995, 85). Die Beteiligten einschließlich des Z. verfolgten auch ein gemeinsames Bandeninteresse. Eine Trennung zwischen einem aus jeweils zwei Mitgliedern bestehenden „Bezugssystem“ einerseits und einem aus M. und Z. gebildeten „Absatzsystem“ lag schon nach dem im November 2000 von allen drei Beteiligten gefaßten Tatplan mit im einzelnen abgesprochener Aufgabenteilung nicht vor. Hinzu kommt, daß Z. die Geldmittel zum Ankauf des Hehlgutes zur Verfügung stellte und damit auch in das „Bezugssystem“ eingebunden war.
b) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da die Taten als gewerbsmäßige Bandenhehlerei angeklagt waren.
3. Hinsichtlich der Verurteilung wegen Bestechung in zehn Fällen (II. 2. A. a bis f der Urteilsgründe) macht die Staatsanwaltschaft zutreffend die fehler-
hafte Erörterung des Vorliegens besonders schwerer Fälle der Bestechung nach § 335 Abs. 2 Nr. 3 StGB geltend. Nach den insoweit getroffenen Feststellungen lebte die Angeklagte bei ihrem Vater, der eine Fahrschule betrieb, in der sie als kaufmännische Angestellte mitarbeitete. Um Einfluß auf den Verlauf der schriftlichen Fahrprüfungen zu gewinnen, bedachte die Angeklagte die Mitarbeiter der TÜV-Außenstelle B. - dort vornehmlich den Fahrprüfer P. - mit Geschenken. Außerdem lud sie P. und dessen Freundin viermal zum Essen ein, wobei sie jeweils die Rechnung beglich. Wie von der Angeklagten beabsichtigt, entstand infolge der im einzelnen von der Kammer näher festgestellten Zuwendungen zu dem Fahrprüfer P. ein persönliches Verhältnis, aufgrund dessen es dieser der Angeklagten gestattete, jugoslawischen Fahrschülern während der schriftlichen Prüfung Hilfestellung zu leisten. Durch diese Vorgehensweise bestanden selbst „aussichtslose Fälle“ die Fahrprüfung. Da sich dies in interessierten Kreisen herumsprach, erreichte die Angeklagte ihr Ziel, den Zulauf von jugoslawischen Fahrschülern zu erhöhen und so den Umsatz der Fahrschule zu verbessern.
Dieser Sachverhalt erfüllt ohne weiteres die Voraussetzungen gewerbsmäßigen Handelns im Sinne von § 335 Abs. 2 Nr. 3 StGB. Hierfür genügt, daß die Tat mittelbar als Einahmequelle dient (BGHR StGB § 335 Abs. 2 Nr.3 Gewerbsmäßig 1). Das war hier der Fall, nachdem die Angeklagte selbst wirtschaftlich von der Fahrschule ihres Vaters abhing. Hinzu kommt, daß sie auch unmittelbar persönlich von den Bestechungshandlungen profitierte, weil sie für die durch den Fahrprüfer pflichtwirdrig gestattete „Betreuung“ der Prüflinge von diesen eine „Gebühr“ in Höhe von jeweils DM 600 verlangte und auch erhielt.
Die Kammer hat die Annahme besonders schwerer Fälle nach § 335 Abs. 2 Nr. 3 StGB verneint. Sie hat im Zusammenhang damit ausgeführt, das Tätigwerden der Angeklagten zur Sicherung ihrer eigenen und der Existenz ihres Vaters weise „in die Richtung“ gewerbsmäßiger Begehungsweise. Bei dieser Sachlage kann der Senat nicht ausschließen, daß die Kammer die Voraussetzungen für das Vorliegen des Regelbeispiels nach § 335 Abs. 2 Nr. 3 StGB verkannt hat und bei Beachtung der oben genannten Grundsätze zu einer anderen Beurteilung des Schuldumfanges gelangt wäre.
4. Die Revision der Staatsanwaltschaft zieht die Aufhebung der verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe nach sich. Die zum Schuldspruch bezüglich der Hehlerei- und Bestechungsdelikte rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können bestehen bleiben.
5. Die nunmehr berufene Strafkammer wird im Falle einer erneuten Verurteilung wegen versuchter Geldwäsche zu prüfen haben, ob ein Verfall der von der Angeklagten einbehaltenen Provisionen in Betracht kommt.
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Annotations
Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer die Hehlerei als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
(3) (weggefallen)
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) In besonders schweren Fällen wird
- 1.
eine Tat nach - a)
§ 332 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, und - b)
§ 334 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, jeweils auch in Verbindung mit Abs. 3,
mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren und - 2.
eine Tat nach § 332 Abs. 2, auch in Verbindung mit Abs. 3, mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren
(2) Ein besonders schwerer Fall im Sinne des Absatzes 1 liegt in der Regel vor, wenn
- 1.
die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht, - 2.
der Täter fortgesetzt Vorteile annimmt, die er als Gegenleistung dafür gefordert hat, daß er eine Diensthandlung künftig vornehme, oder - 3.
der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.