Bundesgerichtshof Versäumnisurteil, 20. Apr. 2017 - IX ZR 189/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:200417UIXZR189.16.0
20.04.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 29. Juli 2016 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Verwalter in dem auf Gläubigerantrag vom 29. September 2011 am 9. Dezember 2011 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Z. GmbH & Co. Prozesskostenfonds KG (nachfolgend: Schuldnerin), einer Publikums-KG, an der sich der Beklagte als Kommanditist mit einer in das Handelsregister eingetragenen Hafteinlage von 20.000 € beteiligte.

2

§ 18.6 des Gesellschaftsvertrages lautet: "Für die Geschäftsjahre 2004 bis einschließlich 2008 erhalten die Kommanditisten vorab eine garantierte Verzinsung auf die von ihnen geleistete Kommanditeinlage i.H.v. 6 v.H. per anno für den Zeitraum vom Tage der Wertstellung der Einlage auf dem Konto der Gesellschaft bis zum jeweiligen Ende des Geschäftsjahres, zahlbar bis jeweils Ende des 3. Monats des Folgejahres. Es wird auf den Zinsgarantievertrag verwiesen. Die Verzinsung wird auf das Ergebnis angerechnet."

3

Im Geschäftsjahr 2007 erzielte die Schuldnerin keine Gewinne. Am 31. März 2008 zahlte die Schuldnerin an den Beklagten einen als Garantieausschüttung für das Jahr 2007 bezeichneten Betrag von 1.200 €. Die auf anfechtungsrechtliche Rückgewähr dieses Betrages nebst Zinsen gerichtete Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der geltend gemachte Anspruch stehe dem Kläger nicht zu, weil die Zahlung an den Beklagten keine unentgeltliche Leistung im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO sei. Es handele sich nicht um die Zahlung eines Scheingewinns, sondern um eine in § 18.6 des Gesellschaftsvertrags vorgesehene, gewinnunabhängige Ausschüttung, für die sich die Frage nach einem der Zahlung ausgleichenden Gewinn nicht stelle. Hieran ändere auch die vereinbarte Anrechnung auf etwaige Gewinne nichts, eine Rückzahlung bei ausbleibenden Gewinnen sei gerade nicht vereinbart. Unentgeltlichkeit liege auch nicht deswegen vor, weil die Auszahlung der Sache nach eine Rückgewähr der Einlage bilde; andernfalls würden - jedenfalls wenn ein vertraglicher Anspruch auf Auszahlung bestände - die Regelungen der §§ 171, 172 HGB unterlaufen.

II.

6

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen mit Recht angenommen, dass die Leistung an den Beklagten nicht unentgeltlich im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO erfolgte.

7

1. Unentgeltlich ist eine Leistung im hier gegebenen Zwei-Personen-Verhältnis, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert vereinbarungsgemäß zufließen soll (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2015 - IX ZR 133/14, BGHZ 204, 231; vom 15. September 2016 - IX ZR 250/15, WM 2016, 2312 Rn. 20 f). Zahlungen, mit denen eine Kommanditgesellschaft den Anspruch auf Rückgewähr einer Einlage oder auf Zahlung eines Auseinandersetzungsguthabens erfüllt, sind keine unentgeltlichen Leistungen (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2010 - IX ZR 225/09, ZIP 2010, 1455 Rn. 11; vom 18. Juli 2013 - IX ZR 198/10, NJW 2014, 305 Rn. 9). Auszahlungen von in "Schneeballsystemen" erzielten Scheingewinnen können demgegenüber unbeschadet eines ordnungsgemäßen Zustandekommens des Gewinnverwendungsbeschlusses als objektiv unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO angefochten werden (BGH, Urteil vom 22. April 2010, aaO; vom 18. Juli 2013, aaO). Erhält ein Anleger in derartigen Fällen Auszahlungen, die sowohl auf Scheingewinne als auch auf die Einlage erfolgen, so sind diese nur gemäß § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar, soweit es um die Auszahlung auf Scheingewinne geht. Die Rückzahlung der Einlage stellt in diesen Fällen regelmäßig den Gegenwert für die vom Anleger erbrachte Einlage dar (BGH, Urteil vom 22. April 2010, aaO).

8

2. Das Berufungsgericht hat zutreffend eine Unentgeltlichkeit der Leistung an den Beklagten verneint.

9

a) Über die Regelung des § 169 Abs. 1 HGB hinaus sind Ausschüttungen an die Kommanditisten zulässig, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht oder die Ausschüttung durch das Einverständnis aller Gesellschafter gedeckt ist (BGH, Urteil vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, NJW 2013, 2278 Rn. 9 mwN). Solche Ausschüttungen können in der Weise vereinbart werden, dass sie auch insoweit zu gewähren und zu belassen sind, als sie nicht durch Gewinne gedeckt sind, also letztlich in Form einer festen Kapitalverzinsung oder garantierter Mindesttantieme zu Lasten des Kapitals gehen (BGH aaO). Sie sind entgeltlich, wenn sie die Gegenleistung für die Pflichteinlage darstellen. So verhält es sich hier.

10

aa) Der Gesellschaftsvertrag gewährt hier den Kommanditisten für ihre tatsächlich geleistete Einlage einen Anspruch auf eine gewinnunabhängige Ausschüttung. Dies kann der Senat selbst feststellen, weil Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften nach ihrem objektiven Erklärungsbefund auszulegen sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 153/09, NZG 2011, 1142 Rn. 11; vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, NJW 2013, 2278 Rn. 13). Zwar ist § 18 des Gesellschaftsvertrags mit "Ergebnisverteilung" überschrieben. Aber nach dem insoweit klaren Wortlaut der Regelung in § 18.6 wird den Kommanditisten eine Verzinsung mit einem festen, gewinnunabhängigen Zinssatz garantiert. Dass diese Zinszahlungen auf etwaige Gewinne angerechnet werden, lässt die Verpflichtung zu deren Zahlung nicht für den Fall entfallen, dass Gewinne tatsächlich nicht erwirtschaftet werden. Entgegen dem Revisionsvorbringen kann sich anderes weder aus dem nur auszugsweise vorgelegten Anlageprospekt (Anlage K 20) noch aus dem sogenannten Ausschüttungsgarantievertrag (Anlage K 7) ergeben. Der Prospekt spricht von "Garantieausschüttungen" und "garantierten Vorabausschüttungen" und stellt diesen "Ausschüttungen, wie in den Planzahlen offeriert", gegenüber, die sich nach dem wirtschaftlichen Ergebnis der Gesellschaft richten. Nach dem Ausschüttungsgarantievertrag (in § 18.6 des Gesellschaftsvertrags als Zinsgarantievertrag bezeichnet) hat die Juragent AG die "abstrakte Garantieerklärung" abgegeben, der Schuldnerin einen Betrag zur Begleichung der "vertraglich vereinbarten" 6 v.H. p.a. zur Verfügung zu stellen, falls die Ertragslage der Schuldnerin eine solche Zahlung ganz oder teilweise nicht zulässt.

11

bb) Ebenso wenig sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Kommanditisten die Auszahlungen gemäß § 18.6 des Gesellschaftsvertrags unter dem Vorbehalt einer Rückforderung erhalten haben. Dass der Gesellschaftsvertrag keine dahingehende Regelung enthält, steht zwar der Annahme einer gewinnabhängigen Vorabausschüttung nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 198/10, NJW 2014, 305 Rn. 40). Aus deren Fehlen kann aber nicht geschlossen werden, es müsse sich (deswegen) um gewinnabhängige Vorabausschüttungen handeln. Vielmehr ist ein Kommanditist, wenn an ihn auf der Grundlage einer Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag eine Auszahlung geleistet wurde, obwohl sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert wird oder eine bereits bestehende Belastung vertieft wird, nur dann zur Rückzahlung an die Gesellschaft verpflichtet, wenn der Gesellschaftsvertrag dies hinreichend klar vorsieht (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2013, aaO Rn. 8, 10; vom 16. Februar 2016 - II ZR 348/14, NJW-RR 2016, 550 Rn. 10, 15; OLG Hamm, Urteil vom 4. Februar 2015 - 8 U 89/14, juris Rn. 58; OLG Hamburg, Urteil vom 14. Oktober 2016 - 11 U 23/16, juris Rn. 48 ff). Eine solche Regelung wird von der Revision nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.

12

cc) Die Vorschriften des Handelsgesetzbuches stehen einer derartigen Vertragsgestaltung nicht entgegen. Sie kennen für die Kommanditgesellschaft keinen im Innenverhältnis wirkenden Kapitalerhaltungsgrundsatz. Die Gesellschafter können ihre Rechtsbeziehungen im Innenverhältnis insoweit untereinander und zur Gesellschaft weitgehend frei gestalten (BGH, Urteil vom 12. März 2013, aaO Rn. 12; vom 16. Februar 2016, aaO Rn. 10). Deswegen kann entgegen der Auffassung der Revision auch der Umstand, dass es sich bei der Zahlung an den Beklagten mangels erwirtschafteter Gewinne um die Rückgewähr von Einlagen handele, keine Unentgeltlichkeit der Leistung im Sinne von § 134 InsO begründen. Solche Zahlungen können zwar zu einer Haftung nach § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 HGB führen. Diese Vorschriften betreffen aber ausschließlich die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern im Außenverhältnis und nicht dessen Verhältnis zur Gesellschaft (BGH, Urteil vom 12. März 2013, aaO; vom 16. Februar 2016, aaO).

13

b) Nach dem festgestellten Sachverhalt war die Ausübung des Anspruchs auf Auszahlung der garantierten Zinsen zum Zeitpunkt der Zahlung vorliegend nicht durch eine Treuepflicht des Gesellschafters eingeschränkt. Auf die Senatsentscheidung vom 18. Juli 2013 (IX ZR 193/10, NJW 2014, 305, 310 Rn. 44) kann sich die Revision insoweit nicht berufen, als diese Vorauszahlungen auf künftig aller Voraussicht nach nicht anfallende Gewinne betrifft, die nur aus Einlagen neu beitretender Gesellschafter finanziert werden können.

14

3. Ob das Klagebegehren auch unter dem Gesichtspunkt der §§ 171 ff HGB, § 93 InsO hätte geprüft werden müssen, bedarf keiner Entscheidung. Die Klagebegründung ist ausschließlich auf die Voraussetzungen der §§ 143, 134 InsO ausgerichtet. Das Vorliegen der Voraussetzungen der § 171 Abs. 4, § 171 Abs. 1 HGB ist nicht schlüssig dargetan; hinreichend konkreten Vortrag, den die Vordergerichte übergangen haben, behauptet die Revision nicht.

Kayser     

      

Gehrlein     

      

Lohmann

      

Schoppmeyer     

      

Meyberg     

      

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(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt. (2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Ha

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Insolvenzordnung - InsO | § 93 Persönliche Haftung der Gesellschafter


Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien eröffnet, so kann die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft während d

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(1) § 122 findet auf den Kommanditisten keine Anwendung. Dieser hat nur Anspruch auf Auszahlung des ihm zukommenden Gewinns; er kann auch die Auszahlung des Gewinns nicht fordern, solange sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene E

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(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt.

(2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Handelsregister ersichtlichen Einlage können sich die Gläubiger nur berufen, wenn die Erhöhung in handelsüblicher Weise kundgemacht oder ihnen in anderer Weise von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist.

(3) Eine Vereinbarung der Gesellschafter, durch die einem Kommanditisten die Einlage erlassen oder gestundet wird, ist den Gläubigern gegenüber unwirksam.

(4) Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Bei der Berechnung des Kapitalanteils nach Satz 2 sind Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 nicht zu berücksichtigen.

(5) Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht, ist er in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet.

(6) Gegenüber den Gläubigern einer Gesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, gilt die Einlage eines Kommanditisten als nicht geleistet, soweit sie in Anteilen an den persönlich haftenden Gesellschaftern bewirkt ist. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR133/14
Verkündet am:
5. März 2015
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Eine qualifizierte Rangrücktrittsvereinbarung stellt einen Schuld- oder Schuldänderungsvertrag
dar, nach dessen Inhalt die Forderung des Gläubigers nicht mehr passiviert
wird und nur im Falle eines die Verbindlichkeiten übersteigenden Aktivvermögens
befriedigt werden darf. Als Vertrag zugunsten der Gläubigergesamtheit kann
die Vereinbarung ab Eintritt der Insolvenzreife nicht durch eine Abrede des Schuldners
mit dem Gläubiger der Forderung aufgehoben werden.
Wird eine mit einem qualifizierten Rangrücktritt versehene Verbindlichkeit trotz Insolvenzreife
beglichen, kann die Zahlung mangels eines Rechtsgrundes kondiziert werden.
Eine trotz eines qualifizierten Rangrücktritts im Stadium der Insolvenzreife bewirkte
Zahlung kann als unentgeltliche Leistung angefochten werden.
BGH, Urteil vom 5. März 2015 - IX ZR 133/14 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. März 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter
Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. Mai 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Antrag vom 26. Juni 2008 über das Vermögen der J GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) am 14. Oktober 2008 eröffneten Insolvenzverfahren.
2
Die Schuldnerin schloss mit der H. KGaA (nachfolgend: H. KGaA) am 11. April 2006 im Rahmen einer MezzanineFinanzierung eine Genussrechtsvereinbarung über ein Nominaldarlehen in Höhe von 6 Mio. €. Ferner ging die Schuldnerin am 20. Februar 2007 einen Vertrag über ein nachrangiges Darlehen mit der H. AG (nachfolgend: H. AG) über einen Betrag von 2 Mio. € ein. Beide Verträge sehen zu Lasten der Gläubigerinnen einen Rangrücktritt folgenden Inhalts vor: Die Gläubigerin tritt mit ihrem Anspruch auf Rückzahlung des Nominalbetrages und ihrem Anspruch auf Zinszahlung dergestalt im Rang hinter die Forderungen aller bestehenden und künftigen Gläubiger der Schuldnerin zurück, dass sie erst nach Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und, soweit ein Liquidationsüberschuss oder ein die sonstigen Verbindlichkeiten übersteigendes Vermögen der Gesellschaft hierfür zur Verfügung steht, nur zugleich mit, im Rang jedoch vor den Einlagerückgewähransprüchen der Gesellschafter der Schuldnerin Erfüllung dieser Ansprüche verlangen kann. Der Nachrang gilt auch im Insolvenzverfahren. Der Rangrücktritt gilt nur, solange und soweit durch eine teilweise oder vollständige Befriedigung des im Rang zurückgetretenen Anspruchs der Gläubigerin eine Überschuldung oder eine Zahlungsunfähigkeit im insolvenzrechtlichen Sinne der Schuldnerin entsteht oder zu entstehen droht.
3
Aufgrund einer vertraglich zugelassenen Vertragsübernahme trat die Beklagte anstelle der bisherigen Gläubigerinnen in beide Verträge ein. Im Zeitraum von Januar bis März 2008 entrichtete die Schuldnerin an die Beklagte Zinszahlungen in Höhe von insgesamt 341.180,49 €.
4
Die auf Erstattung dieses Betrages gerichtete Klage wurde in den Vorinstanzen abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision des Klägers ist begründet.

I.


6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (abgedruckt bei WM 2014, 2218) ausgeführt:
7
Aus den hier im Blick auf die am 14. Oktober 2008 erfolgte Verfahrenseröffnung noch einschlägigen Vorschriften der § 135 Abs. 1 Nr. 2, § 143 Abs. 1 InsO aF, §§ 32a, 32b GmbHG aF ergebe sich kein Anspruch auf Rückgewähr der an die Beklagte geleisteten Zinszahlungen. Die Beklagte werde als Nachrangdarlehensgeberin und Inhaberin eines Genussrechts nicht vom persönlichen Anwendungsbereich des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO aF erfasst, weil zwischen der Schuldnerin und der Beklagten ausweislich der vertraglichen Vereinbarungen kein Gesellschaftsverhältnis begründet worden sei. Ebenso habe die Beklagte keine gesellschaftergleiche Stellung innegehabt. Weitreichende Befugnisse zur Einflussnahme auf die Geschäftsführung und Gestaltung der Schuldnerin habe die Beklagte vertraglich nicht erhalten. § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO aF finde auf die Beklagte als gesellschaftergleiche Dritte nicht deshalb Anwendung, weil sie sich einem vertraglichen Rangrücktritt unterworfen habe. Damit habe sich die Beklagte nicht dem Regelungsregime für Gesellschafterdarlehen unterstellt, weil sich die Rechtsfolgen eines vereinbarten freiwilligen Rangrücktritts nur aus der vertraglichen Vereinbarung ergäben. Die Absicherung eines Nachrangs im Wege der Anfechtung sehe das Gesetz in § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO aF nur vor, wenn es sich um einen gegen den Willen des Gesellschafters gesetzlich angeordneten Nachrang handele.
8
Ein Rückgewähranspruch folge auch nicht aus § 134 Abs. 1, § 143 Abs. 1 InsO. Bei den Zinszahlungen der Schuldnerin handele es sich nicht um eine unentgeltliche Leistung, weil ihnen aufgrund der Überlassung der Darlehensvaluta eine entsprechende Gegenleistung gegenüberstehe. Der vereinbarte Rangrücktritt führe nicht zu einer Unentgeltlichkeit der Zinszahlungen. Der Rangrücktritt beinhalte kein pactum de non petendo, weil die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, ihre Zinsforderung nur geltend zu machen, wenn das Aktivvermögen der Gesellschaft ihre Schulden übersteige. Vielmehr habe lediglich der Rangrücktritt nach Zeit und Ausmaß beschränkt werden sollen.
9
Auch ein Rückforderungsanspruch aus § 813 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB sei zu verneinen. Es fehle an einer die Geltendmachung des Zinsanspruchs dauerhaft ausschließenden Einrede. Der Rangrücktritt habe sich von einer vorübergehenden zu einer dauerhaften Einrede erst in dem Moment entwickelt, in dem die Überschuldung oder die Zahlungsschwierigkeiten der Schuldnerin in die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemündet seien. Von einer Nichtschuld habe im Zeitpunkt der Zahlungen nicht ausgegangen werden können, weil die weitere Entwicklung offen gewesen sei.

II.


10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Mangels abweichender tatrichterlicher Feststellungen ist für die revisionsrechtliche Kontrolle zugrunde zu legen, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen im Stadium drohen- der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit an die Beklagte erbrachte. Bei dieser Sachlage findet die Klageforderung bereits in § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ihre Grundlage, weil die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte nach dem Inhalt der getroffenen Rangrücktrittsvereinbarung eines Rechtsgrundes entbehrten.
11
1. Zwischen der Schuldnerin und den Rechtsvorgängern der Beklagten ist eine qualifizierte Rangrücktrittsvereinbarung zustande gekommen. Die ausdrücklich getroffene Vereinbarung erfüllt die an eine Rangrücktrittsvereinbarung zu stellende Mindestanforderung einer zweiseitigen Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger. Sie hat einen zulässigen Inhalt, weil sie einen Rangrücktritt der Forderung der Beklagten vorsieht und nicht zu Lasten anderer Gläubiger geht (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 - IX ZR 137/13, WM 2014, 897 Rn. 7).
12
2. Ausweislich des Inhalts der hier getroffenen Vereinbarungen war die Schuldnerin nach Eintritt drohender Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit aus den geschlossenen Darlehensverträgen nicht verpflichtet, Zins- und Tilgungszahlungen auf das gewährte Darlehen an die Rechtsvorgänger der Beklagten zu entrichten. Der gegenteiligen Auslegung des Berufungsgerichts kann nicht gefolgt werden.
13
a) Einer Gesellschaft gewährte Darlehen müssen grundsätzlich passiviert werden und können zu ihrer Überschuldung (§ 19 InsO) beitragen. Rangrücktrittsvereinbarungen dienen deshalb dem Zweck, eine Forderung im Überschuldungstatus einer Gesellschaft unberücksichtigt zu lassen und dadurch ihre Insolvenz zu vermeiden.
14
aa) Ein Rangrücktritt wird vielfach zwischen einem Gesellschafter als Inhaber einer Darlehens- oder sonstigen Drittforderung und seiner Gesellschaft vereinbart (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 1987 - II ZR 104/86, NJW 1987, 1697; Priester, DB 1991, 1917, 1920). Freilich besteht aufgrund der Vertragsautonomie - wie der Bundesgerichtshof bereits in der Vergangenheit stillschweigend zugrunde gelegt hat (Urteil vom 4. Mai 1962 - VI ZR 226/61, WM 1962, 764 f) - ohne weiteres die Möglichkeit, einen Rangrücktritt zwischen einer Gesellschaft und einem Nichtgesellschafter zu verabreden (Priester, aaO; Serick, ZIP 1980, 9 ff; Teller/Steffan, Rangrücktrittsvereinbarungen zur Vermeidung der Überschuldung bei der GmbH, 3. Aufl., Rn. 2; Ulmer/Habersack, GmbHG, 2. Aufl., Anh. § 30 Rn. 182; Saenger/Inhester/Kolmann, GmbHG, 2. Aufl., Anh. § 30 Rn. 162; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 42 Rn. 48). Rangrücktritte mit Nichtgesellschaftern finden insbesondere als Bestandteil mezzaniner Finanzierungsformen Verbreitung, durch die der Kapitalgeber - wie im Streitfall - im Wege der Gewährung eines Nachrangdarlehens in die Zwischenebene von Fremd- und Eigenkapital einrückt (Weitnauer, GWR 2012, 193; Bitter, ZIP 2013, 2; Poelzig, WM 2014, 917). Mezzanines Kapital wird regelmäßig ohne besondere Sicherung längerfristig gewährt, wobei das erhöhte Risiko durch einen entsprechenden Zins vergütet wird (Ganter, WM 2011, 1585, 1587; Bitter/Rauhut, ZIP 2014, 1005, 1013; Poelzig, aaO S. 925; Weitnauer, aaO). Die Rechtsfolgen einer Rangrücktrittsvereinbarung stimmen überein, gleich ob sie zwischen einer Gesellschaft und einem Gesellschafter oder einem außenstehenden Dritten, insbesondere einem Darlehensgeber, geschlossen wurde (Fleischer, Finanzplankredite und Eigenkapitalersatz im Gesellschaftsrecht , 1995, S. 290; Ulmer/Habersack, aaO). Darum sind § 19 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 InsO, die sich nach ihrem Wortlaut nur mit dem Rangrücktritt eines Gesellschafterdarlehensgebers befassen, auch auf einen Rangrücktritt außenstehender Gläubiger anwendbar (HK-InsO/Kirchhof, 7. Aufl., § 19 Rn. 24; HmbKomm-InsO/Schröder, 5. Aufl., § 19 Rn. 43; Nerlich /Kreplin/Bornheimer, Münchener Anwaltshandbuch Insolvenz und Sanierung , 2. Aufl., § 7 Rn. 85; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Baumert, GmbHG, 5. Aufl., Vor § 64 Rn. 155; Saenger/Inhester/Kolmann, aaO; Altmeppen in Roth/Altmeppen, aaO; Weitnauer, aaO S. 195; Frystatzki, NZI 2013, 609, 611).
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bb) Inhalt und Reichweite eines Rangrücktritts können Gläubiger und Schuldner der Forderung frei vereinbaren (vgl. Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 4. Aufl., Kapital D, Rn. 1536, Kapitel M, Rn. 957; Herrmann, Quasi-Eigenkapital im Kapitalmarkt- und Unternehmensrecht, 1996, S. 135 ff; Ulmer/Habersack, GmbHG, 2. Aufl., Anh. § 30 Rn. 183). Es kann etwa vorgesehen werden, dass der Nachrang nur für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Geltung haben soll. Eine solche Abrede wäre indessen nicht geeignet, eine Überschuldung des Unternehmens abzuwenden, weil der Gläubiger nicht gehindert wäre, seine Forderung vor Verfahrenseröffnung durchzusetzen (Priester, DB 1977, 2429, 2430; Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127, 128 f; Frystatzki, NZI 2013, 609, 610; Teller/Steffan, Rangrücktrittsvereinbarungen zur Vermeidung der Überschuldung bei der GmbH, 3. Aufl., Rn. 262). Falls ein Gläubiger vereinbarungsgemäß hinter bestimmte einzelne Gläubiger zurücktritt, lässt sich eine Überschuldung ebenfalls nicht verhüten, weil die betroffene Forderung dann als letztrangige Verbindlichkeit bestehen bleibt, die weiterhin das Schuldnervermögen belastet (vgl. Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 4. Aufl., Kapitel D Rn. 1536; Bitter/Rauhut, ZIP 2014, 1005, 1008).
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cc) Soll eine Rangrücktrittsvereinbarung die Vermeidung einer Insolvenz sicherstellen, muss sie nach der bis zum Inkrafttreten des MoMiG am 1. November 2008 und den damit verbundenen Modifizierungen der § 19 Abs. 2 Satz 2, § 39 Abs. 2 InsO maßgeblichen, infolge der zeitlichen Gegebenheiten vorliegend zu beachtenden Gesetzeslage sowohl vor als nach Verfahrenseröffnung ausschließen, dass eine Darlehensforderung als Verbindlichkeit in die Bilanz aufgenommen wird (BGH, Urteil vom 4. Mai 1962 - VI ZR 226/61, WM 1962, 764 f; BGH, Beschluss vom 23. September 2010 - IX ZB 282/09, WM 2010, 2088 Rn. 7). Demzufolge muss sich der Regelungsbereich einer Rangrücktrittsvereinbarung auf den Zeitraum vor und nach Insolvenzeröffnung erstrecken (Frystatzki, NZI 2013, 609, 610). Ein Rangrücktritt ist als rechtsgeschäftliches Zahlungsverbot des Inhalts auszugestalten, dass die Forderung des Gläubigers außerhalb des Insolvenzverfahrens nur aus ungebundenem Vermögen und in der Insolvenz nur im Rang nach den Forderungen sämtlicher normaler Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) befriedigt werden darf (Habersack, ZGR 2000, 384, 401; Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127, 128 f; Priester, DB 1977, 2429, 2431; Röhricht, VGR Band 5, 2002, 3, 19; Martinek/Omlor, WM 2008, 665, 667; Herrmann, Quasi-Eigenkapital im Kapitalmarkt- und Unternehmensrecht , 1996, 135 ff; Michalski/Heidinger, GmbHG, 2. Aufl, §§ 32a, 32b aF Rn. 403). Der Gläubiger muss aufgrund der Rangrücktrittsvereinbarung dauerhaft gehindert sein, seine Forderung geltend zu machen (Winnefeld, BilanzHandbuch , 4. Aufl., Kapitel D Rn. 1536). Unzureichend ist ein lediglich zeitlich begrenzter Rücktritt (Winnefeld, aaO).
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dd) Vor diesem Hintergrund braucht eine Forderung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht passiviert zu werden, wenn der betreffende Gläubiger aufgrund eines qualifizierten Rangrücktritts sinngemäß erklärt hat, er wolle wegen der Forderung erst nach der Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und - bis zur Abwendung der Krise - auch nicht vor, sondern nur zugleich mit den Einlagerückgewähransprüchen der Gesellschafter berücksichtigt , also so behandelt werden, als handele es sich bei dem Darlehen um statutarisches Kapital (BGH, Urteil vom 8. Januar 2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 271). Ein Rücktritt in den Rang von § 39 Abs. 2 InsO aF genügt den Anforderungen an einen qualifizierten Rangrücktritt, wenn der Gesellschafter in dieser Klasse an die letzte Stelle tritt (BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZR 13/09, WM 2010, 1080 Rn. 12; vgl. auch Röhricht, VGR Band 5, 2002, 3, 19 f). Als Folge des Rangrücktritts besteht keine Notwendigkeit, die Forderung in den Schuldenstatus der Gesellschaft aufzunehmen. Einer darüber hinausgehenden Erklärung des Gesellschafters, insbesondere eines Verzichts auf die Forderung, bedarf es nicht (BGH, Urteil vom 8. Januar 2001, aaO). Bei einer im engen Wortsinn unzureichenden Vereinbarung kann sich im Wege der Auslegung ergeben , dass ein umfassender Rangrücktritt gewollt war (Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127, 129; Schmidt/Uhlenbruck/Wittig, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 4. Aufl., Rn. 2.262). Der vereinbarte Nachrang erfasst neben der Hauptforderung gemäß § 39 Abs. 3 InsO auch die Zinsen und sonstige Nebenforderungen (Ulmer/Habersack, GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, 1. Aufl., § 30 Rn. 55; Saenger/Inhester/Kolmann, GmbHG, 2. Aufl., Anhang § 30 Rn. 165; Gehrlein in Gehrlein/Ekkenga/Simon, GmbHG, 2. Aufl., Vor § 64 Rn. 125).
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ee) Diesen Anforderungen an den Inhalt einer Rangrücktrittsvereinbarung ist auch auf der Grundlage des durch das MoMiG umgestalteten Rechts (§ 19 Abs. 2 Satz 2, § 39 Abs. 2 InsO) im Wesentlichen zu genügen. Abweichend von dem in dem Urteil vom 8. Januar 2001 (aaO) zum Ausdruck gekommenen Verständnis kann die Erklärung nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 2, § 39 Abs. 2 darauf beschränkt werden, hinter die Forderungen aus § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zurückzutreten, ohne darüber hinaus eine Gleichstellung mit den Einlagerückgewähransprüchen zu verlautbaren (BT-Drucks. 16/9737, S. 58; HmbKomm-InsO/Schröder, 5. Aufl., § 19 Rn. 43; Nerlich/Kreplin/Bornheimer , Münchener Anwaltshandbuch Insolvenz und Sanierung, 2. Aufl., § 7 Rn. 85; Meyer-Löwy/Schmidt/Shubina, ZIP 2014, 2478, 2479; Baumbach /Hueck/Haas, GmbHG, 20. Aufl., § 64 Rn. 55; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 42 Rn. 50).
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Allerdings ist in Einklang mit dem bisherigen Recht zur Vermeidung der andernfalls unumgänglichen Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO) zu verlangen, dass der Rangrücktritt auch den Zeitraum vor Verfahrenseröffnung erfasst (Baumbach/Hueck/Haas, aaO; ders. in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 3. Aufl., Kap. 40 Rn. 59; Pape/Uhländer/Sikora, InsO, § 19 Rn. 44; MünchKomm -GmbHG/Müller, 2. Aufl., § 64 Rn. 39; Schmidt, InsO, 18. Aufl., § 19 Rn. 35; Scholz/Bitter, GmbHG, 11. Aufl., Vor § 64 Rn. 66; ders. ZIP 2015, 345, 347; Altmeppen in Roth/Altmeppen, aaO Vorb § 64 Rn. 45; Funk, BB 2009, 867, 869; Greil/Herden, ZInsO 2010, 833, 837; Frystatzki, NZI 2013, 609 ff; Henkel/Wentzler, GmbHR 2013, 239, 240; ebenso wohl auch FKInsO /Schmerbach, 8. Aufl., § 19 Rn. 28; Leithaus/Schaefer, NZI 2010, 844, 847; Poelzig, WM 2014, 917 f; aA Saenger/Inhester/Kolmann, aaO Anhang § 30 Rn. 161; Rund, GmbHR 2009, 1149, 1150; Budde, ZInsO 2010, 2251, 2262; Kahlert /Gehrke, DStR 2010, 227, 229; Geiser, NZI 2013, 1056). Eine Forderung kann nicht vor Verfahrenseröffnung durchsetzbar sein, nach Verfahrenseröffnung aber ausgeblendet werden, wenn es um die Feststellung der Überschuldung geht. Der Überschuldungsstatus würde die Schuldendeckungsfähigkeit nicht zutreffend abbilden, wenn eine vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre fehlte (vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZR 13/09, WM 2010, 1080 Rn. 10; Röhricht, VGR Band 5, 2002, 3, 19). Diese rechtliche Würdigung entspricht dem Willen des Gesetzgebers, wonach - abgesehen von der Rangtiefe - an den von dem Bundesgerichtshof für eine Rangrücktrittsvereinbarung zwecks Befreiung von der Passivierungspflicht entwickelten Voraussetzungen festgehalten werden soll (BT-Drucks., aaO). Da die Neuregelung dem Geschäftsfüh- rer nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Entscheidung, ob eine Forderung zu passivieren ist, erleichtern soll (BT-Drucks., aaO), muss ein Rangrücktritt , weil von seiner Reichweite die Geschäftsleiter treffende Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO) abhängt, gerade auch vor Verfahrenseröffnung gelten. Soweit der Gesetzgeber - ohnehin nur bezogen auf Gesellschafterdarlehen (vgl. Bitter/Rauhut, ZIP 2014, 1005, 1012) - eine ungeachtet einer Rangrücktrittsvereinbarung bewirkte Zahlung als anfechtbar erachtet (BTDrucks. , aaO), wird ersichtlich keine Aussage zu einer vor Verfahrenseröffnung eingreifenden materiell-rechtlichen Durchsetzungssperre getroffen, mit der die höchstrichterliche Rechtsprechung zudem erstmals in vorliegender Sache befasst ist.
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b) Die im Streitfall vereinbarten Vertragsklauseln sind in dem von der Rechtsprechung verlangten (BGH, Urteil vom 8. Januar 2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 271; Beschluss, vom 1. März 2010 - II ZR 13/09, WM 2010, 1080 Rn. 12) Sinn eines qualifizierten Rangrücktritts zu verstehen. Das Berufungsgericht hat bei seiner gegenteiligen Würdigung den Grundsatz einer beiderseits interessengerechten Auslegung nicht hinreichend berücksichtigt.
21
aa) Die tatrichterliche Auslegung ist für das Revisionsgericht nicht bindend , wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt werden. Die Vertragsauslegung hat in erster Linie den von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarungen und den diesem zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen zu berücksichtigen. Zu den allgemein anerkannten Auslegungsregeln gehört der Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung. Dieser Grundsatz bezweckt, die Abrede auf einen vertretbaren Sinngehalt zurückzuführen. Es geht hierbei nicht darum, dem Rechtsgeschäft zu dem Inhalt zu verhelfen, der dem Richter im Entscheidungszeitpunkt als interessengemäß erscheint. Maßgeblich ist vielmehr der Einfluss, den das Interesse der Parteien auf den objektiven Erklärungswert ihrer Äußerungen bei deren Abgabe hatte (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2009 - IX ZR 214/08, WM 2010, 365 Rn. 14 mwN).
22
bb) In Einklang mit diesen Grundsätzen ist die Vereinbarung der Parteien dahin zu deuten, dass die Beklagte vor Verfahrenseröffnung keine Befriedigung ihrer Forderung von der Schuldnerin verlangen kann, sofern bei dieser als Folge einer Zahlung Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit zumindest einzutreten droht.
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(1) In den Verträgen ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Beklagte mit ihren Ansprüchen auf Rückzahlung des Nominalbetrages und auf Zinszahlung hinter die Forderungen aller anderen Gläubiger zurücktritt und erst nach Befriedigung dieser Gläubiger und nur zugleich mit, im Range jedoch vor den Einlagerückgewähransprüchen der Gesellschafter Erfüllung ihrer Forderungen verlangen kann. Der Nachrang sollte auch im Insolvenzverfahren gelten. Weiter heißt es, dass der Rangrücktritt zu beachten ist, solange und soweit durch eine teilweise oder vollständige Befriedigung eine Überschuldung oder Zahlungseinstellung entsteht oder zu entstehen droht.
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(2) Diese aufeinander bezogenen, an der höchstrichterlichen Rechtsprechung orientierten (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2001, II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 271; Ulmer/Habersack, GmbHG, 2. Aufl., Anh. § 30 Rn. 183) Vertragsbestimmungen bringen - wobei angesichts der verbreiteten unterschiedlichen Formulierungen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die Wahl einer bestimmten Vertragsklausel verlangt werden kann (vgl. KnobbeKeuk , ZIP 1983, 127, 129; Teller/Steffan, Rangrücktrittsvereinbarungen zur Ver- meidung der Überschuldung bei der GmbH, 3. Aufl., Rn. 16; Scholz/Bitter, GmbHG, 11. Aufl., § 64 Anh. Rn. 363) - den unmissverständlichen Willen der Vertragsschließenden zum Ausdruck, dass die Beklagte nur Befriedigung verlangen kann, wenn sich bei der Schuldnerin keine auch nur drohende Insolvenzreife verwirklicht. Der Rangrücktritt sollte sowohl vor wie nach Verfahrenseröffnung gelten.
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(3) Damit haben die Rechtsvorgänger der Beklagten ausdrücklich ihr Einverständnis geäußert, erst nach Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und nur zugleich mit, im Range jedoch vor den Einlagerückgewähransprüchen der Gesellschafter Erfüllung ihrer Ansprüche beanspruchen zu können. Auf diese Weise wurde klargestellt, dass die Forderung nicht in Konkurrenz zu außenstehenden Gläubigern geltend gemacht werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 273). Nach dem Inhalt der Abrede ist die Beklagte in Einklang mit den Anforderungen der Rechtsprechung an die letzte Stelle im Rang des § 39 Abs. 2 InsO aF getreten (vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZR 13/09, WM 2010, 1080 Rn. 12). Der Rangrücktritt sollte zwar nur gelten, wenn im Falle einer Befriedigung der Beklagten bei der Schuldnerin eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit zu befürchten war. Die Beschränkung des Rangrücktritts auf Gestaltungen einer drohenden Insolvenzreife ist jedoch interessengerecht, weil sie sicherstellt, dass die Beklagte, die keinen Forderungsverzicht bekundet hat (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2001, aaO S. 271), ihre Forderung durchsetzen kann, solange die Schuldnerin ohne die Gefahr einer Insolvenz über hinreichende finanzielle Mittel zur Tilgung der Verbindlichkeit verfügt (vgl. Frystatzki, NZI 2013, 609, 613). Da der Bestand der Forderung nicht angetastet werden sollte, entspricht es dem Willen der Vertragspartner, dass die Forderung vor Verfahrenseröffnung aus ungebundenem Vermögen beglichen werden darf (vgl. Priester, DB 1977, 2429, 2431; Habersack, ZGR 2000, 384, 404; Frystatzki, aaO).
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(4) Der Zusammenhang der Vertragsklauseln lässt erkennen, dass auf der Grundlage des erklärten Rangrücktritts hingegen kein Zahlungsanspruch der Beklagten bestand, wenn eine Befriedigung der Forderung bei der Schuldnerin eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit auslösen konnte. In diesem Fall war die Schuldnerin nach der getroffenen Abrede - was das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft außer Acht lässt - nicht berechtigt, Erfüllung ihrer Forderung zu "verlangen". Diese Rechtswirkungen des Nachrangs waren, weil dieser "auch" im späteren Insolvenzverfahren gelten sollte, bereits vor Verfahrenseröffnung zu beachten. Folglich hat die Beklagte einen mit einer Durchsetzungssperre verbundenen Rangrücktritt erklärt, nach dessen Inhalt sie nicht Befriedigung ihrer Forderung beanspruchen kann, solange die Voraussetzungen des Rangrücktritts durchgreifen.
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2. Eine nachträgliche Rangrücktrittsvereinbarung bildet einen Schuldänderungsvertrag (§ 311 Abs. 1 BGB). Nach seinem Inhalt steht der Schuldnerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ein Bereicherungsanspruch wegen einer rechtsgrundlosen Leistung gegen die Gläubigerin zu, sofern sie deren Forderung trotz Geltung des Rangrücktritts beglichen hat. Gleiches gilt, wenn - wie hier - die Begründung der Forderung mit einem quotifizierten Rangrücktritt versehen wird.
28
a) Unter einer Leistung im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen (BGH, Beschluss vom 15. Januar 2009 - IX ZR 237/07, WM 2009, 517 Rn. 10). Dabei kommt es in erster Linie auf die der Zuwendung gegebene Zweckbe- stimmung, also darauf an, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben (BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - IX ZR 204/11, WM 2013, 1271 Rn. 11). Die Schuldnerin hat die Zahlungen zwecks Tilgung der für die Darlehen ausbedungenen Zinsen an die Beklagte erbracht. Damit sind die Zahlungen jeweils als Leistung zu werten.
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b) Die Zahlungen entbehren infolge der zwischen den Parteien geschlossenen Rangrücktrittsvereinbarung eines Rechtsgrundes. Nach dem Inhalt der Rangrücktrittsvereinbarung durften die Forderungen der Beklagten nur aus freiem Vermögen der Schuldnerin beglichen werden. Folglich war im Fall drohender Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ein Zahlungsanspruch der Beklagten nicht gegeben.
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aa) In Rechtsprechung und Schrifttum werden unterschiedliche Auffassungen zur Rechtsnatur einer Rangrücktrittsvereinbarung vertreten. Teilweise wird angenommen, dass ein Rangrücktritt einen bedingten Forderungserlass darstellt (BT-Drucks. 12/2443, S. 115; Serick, ZIP 1980, 9, 14 f; Haack, KTS 1980, 309, 312; BFHE 161, 87, 93; anders aber nunmehr BFH, NZG 2004, 686, 687; GmbHR 2006, 158, 160 f). Andere betrachten eine Rangrücktrittsvereinbarung als pactum de non petendo und damit als eine Stundungsvereinbarung (Schmidt, InsO, 18. Aufl., § 39 Rn. 22). Beiden Einordnungen kann nicht gefolgt werden.
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Die Annahme eines bedingten Forderungserlasses läuft dem Parteiwillen entgegen, weil er zu dem überschießenden Ergebnis führen würde, dass infolge des Forderungsverzichts akzessorische Sicherheiten erlöschen und der Anspruch auf Verzinsung der Forderung entfällt (Fleischer, Finanzplankredite und Eigenkapitalersatz im Gesellschaftsrecht, 1995, S. 285 f; Peters, WM 1988, 685, 688 f; Schulze-Osterloh, WPg 1996, 97, 98; Habersack, ZGR 2000, 384, 403; vgl. Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 2. Aufl., Kapitel N Rn. 644). Infolge des Erlasses würde der Gläubiger überdies in der Insolvenz an einem etwaigen Restvermögen der Schuldnerin, das an die Gesellschafter auszukehren wäre, nicht einmal quotal partizipieren (Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 39 Rn. 53). Auch die Annahme eines pactum de non petendo erscheint nicht sachgerecht, weil dadurch ein bloßes, in seiner Ausübung vom Belieben des Schuldners abhängiges Leistungsverweigerungsrecht begründet wird und die Forderung ungeachtet der Stundungsvereinbarung weiterhin im Überschuldungsstatus zu berücksichtigen ist (Fleischer, aaO S. 286; Serick, aaO S. 14; Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127, 129; Schulze-Osterloh, aaO S. 98 f; Habersack, aaO; Priester, DB 1991, 1917, 1920; Meyer-Löwy/Schmidt/Shubina, ZIP 2014, 2478, 2480; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 42 Rn. 48; vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZR 13/09, WM 2010, 1080 Rn. 12).
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bb) Liegt der Zweck einer Rangrücktrittsvereinbarung darin, dass die betroffene Forderung zur Vermeidung einer Insolvenz nicht als Verbindlichkeit in der Überschuldungsbilanz erscheint, bildet die Übereinkunft einen verfügenden Schuldänderungsvertrag (§ 311 Abs. 1 BGB). Aufgrund des Schuld- oder Schuldänderungsvertrages wird die Forderung mit dinglicher Kraft inhaltlich dahin umgewandelt, dass sie nicht mehr zu passivieren ist. Die Forderung bildet im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern haftendes Kapital und darf deshalb nicht an den Forderungsinhaber ausbezahlt werden. Damit wird der Forderung vereinbarungsgemäß eine nachrangige Stellung zugewiesen, die eine Befriedigung nur aus freiem, nicht zur Schuldendeckung benötigten Vermögen der Gesellschaft gestattet. Durch die Vereinbarung wird die Rangfolge, aber nicht der Bestand der Forderung geändert, so dass etwaige Sicherungsrechte nicht berührt werden (Fleischer, aaO S. 287; Knobbe-Keuk, aaO; Peters, WM 1988, 685, 689 f; Priester, aaO; Schulze-Osterloh, aaO S. 99; Habersack, aaO; Martinek /Omlor, WM 2008, 665, 667; Altmeppen, aaO § 42 Rn. 49; Nerlich /Kreplin/Bornheimer, Münchener Anwaltshandbuch Insolvenz und Sanierung , 2. Aufl., Rn. 84; Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 4. Aufl., Kapitel M Rn. 957; Michalski/Heidinger, GmbHG, 2. Aufl., § 32a, § 32b aF Rn. 403; Schmidt/Uhlenbruck/Wittig, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 4. Aufl., Rn. 2.262; Scholz/Bitter, GmbHG, 11. Aufl., § 64 Anh. Rn. 361; wohl auch Teller/Stephan, Rangrücktrittsvereinbarungen zur Vermeidung der Überschuldung bei der GmbH, 3. Aufl., Rn. 341).
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c) Wird die mit einem Rangrücktritt versehene Forderung von dem Schuldner trotz Insolvenzreife beglichen, steht ihm nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ein Rückforderungsanspruch gegen den Gläubiger zu.
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Infolge der Nachrangvereinbarung darf die Forderung nicht getilgt werden , wenn sich der Schuldner im Stadium der Insolvenzreife befindet. Darum verwirklicht sich in der Rangrücktrittsvereinbarung eine Durchsetzungssperre (vgl. Scholz/Bitter, aaO § 64 Anh. Rn. 365), die aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung der Bindung kapitalersetzender Darlehen entspricht (vgl. Scholz/Schmidt, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 105). Der Schuldner, der die Forderung bei Insolvenzreife entgegen der Rangrücktrittsvereinbarung berichtigt , hat infolge der Schuldänderung auf eine Nichtschuld geleistet (vgl. Fleischer , aaO; Serick, ZIP 1980, 9, 13; Schulze-Osterloh, aaO S. 98 f; Habersack, aaO S. 404; Priester, DB 1977, 2429, 2434; Bitter, ZIP 2013, 2, 6; Teller /Stephan, aaO Rn. 373). Deshalb steht dem Kläger im Streitfall ein Erstattungsanspruch aus § 812 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu, sofern die Schuldnerin im Zeitpunkt der Begleichung der Darlehenszinsen insolvenzreif war.

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3. Die Zahlungen der Schuldnerin sind nicht deshalb mit Rechtsgrund erfolgt, weil sie und die Beklagte die Rangrücktrittsvereinbarung nachträglich aufgehoben haben. Eine Rangrücktrittsvereinbarung kann als Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB), der zum Vorteil aller Gläubiger des Schuldners Rechte begründet, nicht durch eine Abrede des Schuldners mit dem Forderungsgläubiger aufgehoben werden. Deshalb kann dahinstehen, ob in der Zahlung der Schuldnerin an die Beklagte ein einer konkludenten Annahme (§ 151 BGB) zugängliches Angebot auf Aufhebung der Rangrücktrittsvereinbarung erkannt werden kann.
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a) Nach dem Willen der Vertragschließenden ist eine Rangrücktrittsvereinbarung als Vertrag zugunsten der Gläubiger des Forderungsschuldners (§ 328 Abs. 2 BGB) zu verstehen.
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aa) Den Partnern einer Rangrücktrittsvereinbarung ist bewusst, dass ihre Abrede dazu dient, einen andernfalls möglicherweise eingreifenden Insolvenzgrund (§§ 17 ff InsO) zu verhindern oder zu beseitigen. Zugunsten der bisherigen Gläubiger, aber auch der nach Abschluss der Vereinbarung hinzutretenden Neugläubiger wird aufgrund der Rangrücktrittserklärung rechtsverbindlich bekundet , dass die zurücktretende Forderung mangels einer Passivierungspflicht nicht die Insolvenz des Schuldners auslösen wird, was - sofern nicht andere insolvenzverursachende Umstände hinzukommen - eine volle Befriedigung der übrigen Gläubigerforderungen erwarten lässt. Mithin ist der Wille der Vertragspartner bei Abschluss einer Rangrücktrittsvereinbarung notwendigerweise auf eine Begünstigung der Gläubiger des Forderungsschuldners gerichtet.

38
bb) Ein Rangrücktritt muss, weil ein zeitlicher begrenzter Verzicht die Passivierungspflicht nicht beseitigt, auf Dauer gerichtet sein (Winnefeld, BilanzHandbuch , 4. Aufl., Kapitel D Rn. 1536). Im Interesse des Gläubigerschutzes ist es unumgänglich, eine Bindung der Vertragsparteien an eine Rangrücktrittserklärung anzuerkennen, die eine freie Aufhebung des Übereinkommens ausschließt (vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZR 13/09, WM 2010, 1080 Rn. 10). Darum kann die mit einer Rangrücktrittserklärung verbundene Vorsorge gegen den Eintritt eines Insolvenzgrundes nur verwirklicht werden, wenn den Gläubigern eine gesicherte Rechtsposition verschafft wird. Diese Wertung entspricht der Rechtsnatur der Rangrücktrittserklärung. Andernfalls unterläge es dem Belieben der Partner einer Rangrücktrittsvereinbarung, einen Insolvenzgrund vorübergehend zu beseitigen oder wieder eingreifen zu lassen. Ohne gesicherte Rechtsposition der Gläubiger kann eine Suspendierung der öffentlich -rechtlichen Insolvenzantragspflicht nicht gerechtfertigt werden. Deshalb wird die Begründung eines selbständigen Rechts der Gläubiger bei einem Rangrücktritt stets miterklärt (Fleischer, Finanzplankredite und Eigenkapitalersatz im Gesellschaftsrecht, 1995, S. 291 f; ders. DStR 1999, 1774, 1779; Duss, AG 1974, 133, 134, 135; Pesch, WM 1998, 1609 ff; im Ergebnis ebenso Ulmer /Habersack, GmbHG, 2. Aufl., Anh. § 30 Rn. 184; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. März 1982 - II ZR 86/81, WM 1982, 507, 509; Urteil vom 28. Juni 1999 - II ZR 272/98, BGHZ 142, 116, 121; Beschluss vom 1. März 2010, aaO; a.A. insbesondere auf der Grundlage eines pactum de non petendo K. Schmidt in FS Goerdeler, 1987, 487, 500; ders. ZIP 1999, 1241, 1247; Bitter, ZIP 2013, 2, 5; Scholz/Bitter, GmbHG, 11. Aufl., Anh. § 64 Rn. 368, aber einschränkend aaO Rn. 369).

39
cc) Der Kreis der hierdurch begünstigten Gläubiger ist entgegen im Schrifttum geäußerter Bedenken hinreichend bestimmt.
40
(1) Die Regelung des § 328 Abs. 2 BGB lässt die Konkretisierung genügen , das Recht des Dritten sofort oder unter gewissen Voraussetzungen zu erwerben. Darum müssen die begünstigen Dritten nicht schon bei Vertragsschluss im Einzelnen feststehen (vgl. RGZ 106, 120, 126 ff; OLG Saarbrücken, NJW 1998, 2746). Ebenso wenig brauchen dem Schuldner die begünstigten Personen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt zu sein (BGH, Urteil vom 20. April 2004 - X ZR 250/02, BGHZ 159, 1, 10). Vielmehr genügt es, wenn die begünstigten Dritten nachträglich bestimmbar sind (RGZ, aaO; BGH, Urteil vom 28. Juni 1979 - VII ZR 248/78, BGHZ 75, 75, 78 f; Fleischer, DStR 1999, 1774, 1779). Einer Beschränkung des Kreises der in den Vertrag einbezogenen Dritten bedarf es nicht, wenn durch ihre Einbeziehung eine Ausweitung des Haftungsrisikos, was wegen der hier auf eine Einzelforderung beschränkten Durchsetzungssperre ausgeschlossen ist, nicht eintritt (BGH, Urteil vom 20. April 2004, aaO S. 9; vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 18; Stürner/Medicus in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 9. Aufl., § 328 Rn. 14).
41
(2) Bei Treuhandverträgen im Rahmen von Kapitalanlagemodellen ist anerkannt, dass diese Drittwirkung auch zugunsten künftiger Anleger entfalten (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1994 - III ZR 93/93, WM 1995, 344, 345; vom 30. Oktober 2003 - III ZR 344/02, WM 2003, 2382, 2383). In den Fällen eines Liquidationsvergleichs, bei dem der Schuldner zur Befriedigung seiner Gläubiger sein Vermögen auf einen unabhängigen Treuhänder überträgt, geht die Rechtsprechung von dem Vorliegen eines mit dem Treuhandvertrag verbunde- nen echten Vertrages zugunsten der Gläubiger aus (BGH, Urteil vom 14. März 1966 - VII ZR 7/64, NJW 1966, 1116; vom 10. Februar 1971 - VIII ZR 182/69, BGHZ 55, 307, 309; vom 29. November 1973 - VII ZR 2/73, BGHZ 62, 1, 3; vom 12. Oktober 1989 - IX ZR 184/88, BGHZ 109, 47, 52). Mithin kann ein Vertrag zugunsten sämtlicher Gläubiger eines Schuldners begründet werden.
42
b) Als Vertrag zugunsten Dritter kann eine Rangrücktrittsvereinbarung grundsätzlich nicht ohne Mitwirkung der begünstigten Gläubiger aufgehoben werden (BGH, Urteil vom 28. November 1973 - VIII ZR 87/72, WM 1974, 14, 15). Allerdings kann das Recht des Dritten gemäß § 328 Abs. 2 BGB an gewisse Voraussetzungen geknüpft werden. Die von einem Rangrücktritt erfasste Forderung darf nach dem Inhalt der hier maßgeblichen Vereinbarung aus freiem Vermögen der Schuldnerin beglichen werden. Ein Recht der Gläubiger wird folglich nicht begründet, wenn eine zur Deckung sämtlicher Verbindlichkeiten genügende Vermögensmasse vorhanden ist. Mithin ist eine Aufhebung einer Rangrücktrittserklärung ohne Mitwirkung der Gläubiger zulässig, wenn eine Insolvenzreife der Schuldnerin nicht vorliegt oder beseitigt ist (Fleischer, DStR 1999, 1774, 1779; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 39 Rn. 56; Wittig, NZI 2001, 169, 175). Hiervon ist für den Zahlungszeitraum ab Januar 2008 nach dem revisionsrechtlich zugrunde zulegenden Sachverhalt nicht auszugehen.
43
4. Allerdings kann dem aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB folgenden Bereicherungsanspruch § 814 BGB entgegenstehen, sofern die Schuldnerin die Zahlung in Kenntnis ihrer Insolvenzreife und der folglich durchgreifenden Zahlungssperre bewirkt hat.
44
a) Der Kondiktionsausschluss des § 814 BGB greift erst ein, wenn der Leistende nicht nur die Tatumstände kennt, aus denen sich ergibt, dass er nicht verpflichtet ist, sondern auch weiß, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet (BGH, Urteil vom 28. November 1990 - XII ZR 130/89, BGHZ 113, 62, 70). Die Regelung gilt nur für freiwillige Leistungen. Zahlt ein Schuldner hingegen zwar in Kenntnis der Nichtschuld, jedoch nur unter Druck oder unter Zwang, so steht die Kenntnis der Nichtschuld einer Kondiktion nicht entgegen (BGH, Urteil vom 12. Juli 1995 - XII ZR 95/93, NJW 1995, 3052, 3054). Wird die Leistung, deren Rückabwicklung im Streit steht, durch einen Vertreter erbracht, so kommt es für die Kenntnis des Nichtbestehens eines Rechtsgrundes auf das Wissen des die Leistung bewirkenden Vertreters an (BGH, Urteil vom 10. Dezember 1998 - III ZR 208/97, NJW 1999, 1024, 1025). Scheitert ein Anspruch des Schuldners an § 814 BGB, ist auch dem Insolvenzverwalter ein Bereicherungsanspruch abzusprechen (BGH, Urteil vom 29. November 1990 - IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98, 100 f).
45
b) Nach diesen Grundsätzen kann § 814 BGB hier eingreifen, wenn der Vertreter der Schuldnerin, der die Leistung - auch etwa durch eine Weisung - veranlasst hat (BGH, Urteil vom 10. Dezember 1998, aaO), über die bestehende Durchsetzungssperre unterrichtet war. Daran würde es indessen fehlen, wenn es sich um eine routinemäßig von der Buchhaltung der Schuldnerin bewirkte Zahlung handelt. Ebenso wäre § 814 BGB unanwendbar, wenn die Zahlung auf Druck der Beklagten erfolgt wäre (Priester, DB 1977, 2429, 2434). Zweifel daran, dass die Voraussetzungen des § 814 BGB vorliegen, gehen zu Lasten des darlegungs- und beweispflichtigen Leistungsempfängers (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - III ZR 58/02, NJW 2002, 3772, 3773).

III.


46
Die Klageforderung findet nach Maßgabe des für die revisionsrechtliche Prüfung zugrunde zu legenden Sachverhalts jedenfalls ihre Grundlage in § 134 Abs. 1 InsO. Deswegen kann letztlich offenbleiben, ob § 814 BGB dem Bereicherungsanspruch entgegensteht, weil diese Vorschrift auf das anfechtungsrechtliche Rückgewährverhältnis des § 143 Abs. 1 InsO nicht anzuwenden ist (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rn. 15; Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 53/08, NZI 2010, 320 Rn. 3).
47
1. Nach § 134 InsO sind unentgeltliche Leistungen des Schuldners in den letzten vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens anfechtbar. Leistung des Schuldners in diesem Sinne ist jede Schmälerung des Schuldnervermögens, durch welche die Insolvenzgläubiger unmittelbar oder mittelbar benachteiligt werden (BGH, Urteil vom 19. April 2007 - IX ZR 79/05, WM 2007, 1135 Rn. 14). Die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte in Höhe von insgesamt 341.180,49 € haben infolge des Vermögensabflusses bei der Schuldnerin eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO bewirkt (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 - IX ZR 235/12, WM 2013, 1044 Rn. 15). Die Anfechtungsfrist ist gewahrt.
48
2. Die Zahlungen erfolgten auch unentgeltlich.
49
a) Die Regelung des § 134 Abs. 1 InsO will Gläubiger entgeltlich begründete Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Verfügungen des Schuldners innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Insolvenzeröffnung schützen. Die Interessen der durch eine unentgeltliche Leistung Begünstigten sollen den Interessen der Gläubigergesamtheit weichen. Dieser Zweck gebietet eine weite Ausle- gung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (BGH, Urteil vom 28. Februar 1991 - IX ZR 74/90, BGHZ 113, 393, 396; vom 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97, ZIP 1999, 316, 317; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZR 199/10, ZIP 2011, 484 Rn. 10). Unentgeltlich ist danach eine Leistung, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert zufließen soll (BGH, Urteil vom 29. November 1990 - IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98, 101; vom 13. März 2008 - IX ZR 117/07, WM 2008, 1033 Rn. 7; Beschluss vom 21. Dezember 2010, aaO). Der insolvenzrechtliche Begriff der unentgeltlichen Leistung setzt eine Einigung über die Unentgeltlichkeit als solche nicht voraus. Maßgebend ist in erster Linie der objektive Sachverhalt. Erst wenn feststeht, dass der Zahlungsempfänger einen Gegenwert für seine Zuwendung erbracht hat, ist zu prüfen , ob gleichwohl der Hauptzweck des Geschäfts Freigiebigkeit gewesen ist (BGH, Urteil vom 3. März 2005 - IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276, 280 f; Beschluss vom 21. Dezember 2010, aaO). Bei Zahlung auf eine Nichtschuld fehlt es, selbst wenn einem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch § 814 BGB entgegensteht, an der Entgeltlichkeit der Leistung (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2010, aaO Rn. 12 mwN; MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 134 Rn. 26; Pape/Uhländer/Bornheimer, InsO, § 134 Rn. 24; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 134 Rn. 6; MünchKommAnfG /Kirchhof, § 4 Rn. 23).
50
b) Nach diesen Grundsätzen ist die Zahlung der Schuldnerin an die Beklagte als unentgeltlich zu bewerten, weil sie infolge des im Rahmen der Rangrücktrittsvereinbarung getroffenen Zahlungsverbots eines Rechtsgrunds entbehrt.

51
aa) Die Gewährung eines nach früherem Recht kapitalersetzenden Darlehens oder auch das Stehenlassen eines Darlehens mit der Folge seiner Umqualifizierung in Gesellschaftskapital ist als unentgeltliche Leistung des Gesellschafters an seine Gesellschaft zu bewerten. Der durch die Überlassung eigenkapitalersetzender Mittel bewirkte Rangrücktritt des Anspruchs auf Rückzahlung , der in der Insolvenz dessen wirtschaftliche Wertlosigkeit zur Folge hat, wird ohne ausgleichende Gegenleistung der Gesellschaft gewährt (BGH, Urteil vom 2. April 2009 - IX ZR 236/07, NZI 2009, 429 Rn. 16 ff). Wird umgekehrt ein kraft Eigenkapitalersatzrecht gesperrter Zahlungsanspruch befriedigt (vgl. Martinek /Omlor, WM 2008, 665, 668), liegt wegen der verbotenen Zahlung aus dem Stammkapital eine unentgeltliche Leistung der Gesellschaft an den Gesellschafter vor (vgl. MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 134 Rn. 39).
52
bb) Zwar greift vorliegend im Verhältnis der Schuldnerin zu der Beklagten - mangels einer Gesellschafterstellung auch nach dem hier noch anzuwendenden Eigenkapitalersatzrecht - kein gesetzliches Zahlungsverbot ein. Die Parteien haben jedoch ein rechtsgeschäftliches Zahlungsverbot vereinbart, als dessen Rechtsfolge Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte im Stadium der Insolvenzreife ohne Rechtsgrund erbracht werden. Rechtlich sind ein gesetzliches und ein rechtsgeschäftliches Zahlungsverbot gleich zu behandeln. Mithin führt auch das zwischen den Parteien kraft des Rangrücktritts vereinbarte rechtsgeschäftliche Zahlungsverbot zur Rechtsgrundlosigkeit und damit Unentgeltlichkeit der Leistung (vgl. Dahl/Schmitz, NZI 2009, 433, 434; Schmidt/Ganter/Weinland, InsO, 18. Aufl., § 134 Rn. 14; Bork, ZIP 2012, 2277,

2281).


IV.


53
Auf die begründete Revision des Beklagten ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist mangels Endentscheidungsreife gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die wiedereröffnete Hauptverhandlung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, zur Prüfung von Ansprüchen aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB und aus § 134 Abs. 1 InsO insbesondere Feststellungen darüber zu treffen, ob der Schuldnerin zum Zeitpunkt der Zahlungen an die Beklagte Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit drohte.
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Fischer

Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.05.2013 - 13 O 465/11 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 20.05.2014 - I-12 U 87/13 -
20
aa) Der anfechtungsrechtliche Begriff der unentgeltlichen Verfügung ist umfassender als bei der Schenkung nach § 516 BGB und setzt eine vertragliche Einigung über die Unentgeltlichkeit als solche nicht voraus (BGH, Urteil vom 13. März 1978 - VIII ZR 241/76, BGHZ 71, 61, 69; vom 3. März 2005 - IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276, 280 f). Unentgeltlich ist im hier gegeben ZweiPersonen -Verhältnis eine Leistung, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert vereinbarungsgemäß zufließen soll (BGH, Urteil vom 13. März 2008 - IX ZR 117/07, WM 2008, 1033 Rn. 7; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZR 199/10, ZIP 2011, 484 Rn. 10; Urteil vom 5. März 2015, aaO).
11
2. Erhält der Anleger, der sich an einem nach dem Schneeballsystem konzipierten betrügerischen Kapitalanlagemodell beteiligt hat, Auszahlungen, die sowohl auf Scheingewinne als auch auf die Einlage erfolgen, so sind diese nur gemäß § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar, soweit es um Auszahlungen auf Scheingewinne geht. Auszahlungen auf die Einlage - etwa nach einer Kündigung der Beteiligung - sind mangels unentgeltlicher Leistung nicht anfechtbar. Die Rückzahlung der Einlage stellt in diesen Fällen den Gegenwert für die vom Anleger erbrachte Einlage dar.
9
1. Allerdings kann der Insolvenzverwalter die Auszahlung von in "Schneeballsystemen" erzielten Scheingewinnen durch den späteren Insolvenzschuldner als objektiv unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechten. Auszahlungen, mit denen nach einer Kündigung der Mitgliedschaft in der Anlegergemeinschaft vom Anleger erbrachte Einlagen zurückgewährt worden sind, sind dagegen als entgeltliche Leistungen nicht nach dieser Vorschrift anfechtbar (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rn. 6; vom 2. April 2009 - IX ZR 197/07, ZInsO 2009, 1202 Rn. 6; vom 22. April 2010 - IX ZR 225/09, NZI 2010, 764 Rn. 11 ff; vom 9. Dezember 2010 - IX ZR 60/10, NJW 2011, 1732 Rn. 6; vom 29. März 2012 - IX ZR 207/10, NJW 2012, 2195 Rn. 8). Die Ausschüttungen erfolgen dabei in der Regel zunächst auf ausgewiesene Scheingewinne und erst danach auf die geleistete Einlage (BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - IX ZR 18/10, NZI 2011, 324 Rn. 10,12).

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) § 122 findet auf den Kommanditisten keine Anwendung. Dieser hat nur Anspruch auf Auszahlung des ihm zukommenden Gewinns; er kann auch die Auszahlung des Gewinns nicht fordern, solange sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert werden würde.

(2) Der Kommanditist ist nicht verpflichtet, den bezogenen Gewinn wegen späterer Verluste zurückzuzahlen.

9
a) Nach § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB hat der Kommanditist nur einen Anspruch auf Auszahlung des ihm zukommenden Gewinns. Er kann auch die Auszahlung des Gewinns nicht fordern, solange sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert würde. Es ist aber allgemein anerkannt , dass auch über die Regelung des § 169 Abs. 1 HGB hinaus Ausschüttun- gen an die Kommanditisten zulässig sind, wenn der Gesellschaftsvertrag dies wie hier in § 11 Ziff. 3 vorsieht oder die Ausschüttung durch das Einverständnis aller Gesellschafter gedeckt ist (BGH, Urteil vom 7. November 1977 - II ZR 43/76, WM 1977, 1446, 1447; Urteil vom 5. April 1979 - II ZR 98/76, WM 1979, 803, 804; Gummert in Henssler/Strohn, GesR, § 169 HGB Rn. 14; von Gerkan/Haas in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 169 Rn. 20; MünchKommHGB/ Grunewald, 3. Aufl., § 169 Rn. 9; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 169 Rn. 7; Oetker in Oetker, HGB, 2. Aufl., § 169 Rn. 15; Gehling, BB 2011, 73, 75 f.; Wagner, DStR 2008, 563, 564). Solche Ausschüttungen können in der Weise vereinbart werden, dass sie auch insoweit zu gewähren und zu belassen sind, als sie nicht durch Gewinne gedeckt sind, also letztlich in Form einer festen Kapitalverzinsung oder garantierten Mindesttantieme zu Lasten des Kapitals gehen (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 1977 - II ZR 43/76, WM 1977, 1446, 1447).
11
4. Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts, bei schriftlicher Abstimmung über die in § 16 Abs. 2 GV genannten Beschlussgegenstände sei für das Zustandekommen eines Beschlusses nach § 16 Abs. 2 Satz 1 GV eine ¾-Mehrheit aller Gesellschafter erforderlich. § 16 Abs. 2 Satz 1 GV verlangt bei schriftlicher Beschlussfassung lediglich eine ¾-Mehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Gesellschafter, weil bei schriftlicher Beschlussfassung unter „anwesenden“ Stimmen im Sinne dieser Vorschrift nicht sämtliche , sondern die an der schriftlichen Abstimmung teilnehmenden Gesellschafter der Beklagten zu verstehen sind. Das kann der Senat selbst feststellen, da der Gesellschaftsvertrag der Beklagten als Publikumsgesellschaft objektiv auszulegen ist (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 19. März 2007 - II ZR 73/06, ZIP 2007, 812 Rn. 18; Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 12 mwN; Urteil vom 1. März 2011 - II ZR 16/10, ZIP 2011, 957 Rn. 8).
9
a) Nach § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB hat der Kommanditist nur einen Anspruch auf Auszahlung des ihm zukommenden Gewinns. Er kann auch die Auszahlung des Gewinns nicht fordern, solange sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert würde. Es ist aber allgemein anerkannt , dass auch über die Regelung des § 169 Abs. 1 HGB hinaus Ausschüttun- gen an die Kommanditisten zulässig sind, wenn der Gesellschaftsvertrag dies wie hier in § 11 Ziff. 3 vorsieht oder die Ausschüttung durch das Einverständnis aller Gesellschafter gedeckt ist (BGH, Urteil vom 7. November 1977 - II ZR 43/76, WM 1977, 1446, 1447; Urteil vom 5. April 1979 - II ZR 98/76, WM 1979, 803, 804; Gummert in Henssler/Strohn, GesR, § 169 HGB Rn. 14; von Gerkan/Haas in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 169 Rn. 20; MünchKommHGB/ Grunewald, 3. Aufl., § 169 Rn. 9; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 169 Rn. 7; Oetker in Oetker, HGB, 2. Aufl., § 169 Rn. 15; Gehling, BB 2011, 73, 75 f.; Wagner, DStR 2008, 563, 564). Solche Ausschüttungen können in der Weise vereinbart werden, dass sie auch insoweit zu gewähren und zu belassen sind, als sie nicht durch Gewinne gedeckt sind, also letztlich in Form einer festen Kapitalverzinsung oder garantierten Mindesttantieme zu Lasten des Kapitals gehen (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 1977 - II ZR 43/76, WM 1977, 1446, 1447).
9
1. Allerdings kann der Insolvenzverwalter die Auszahlung von in "Schneeballsystemen" erzielten Scheingewinnen durch den späteren Insolvenzschuldner als objektiv unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechten. Auszahlungen, mit denen nach einer Kündigung der Mitgliedschaft in der Anlegergemeinschaft vom Anleger erbrachte Einlagen zurückgewährt worden sind, sind dagegen als entgeltliche Leistungen nicht nach dieser Vorschrift anfechtbar (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rn. 6; vom 2. April 2009 - IX ZR 197/07, ZInsO 2009, 1202 Rn. 6; vom 22. April 2010 - IX ZR 225/09, NZI 2010, 764 Rn. 11 ff; vom 9. Dezember 2010 - IX ZR 60/10, NJW 2011, 1732 Rn. 6; vom 29. März 2012 - IX ZR 207/10, NJW 2012, 2195 Rn. 8). Die Ausschüttungen erfolgen dabei in der Regel zunächst auf ausgewiesene Scheingewinne und erst danach auf die geleistete Einlage (BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - IX ZR 18/10, NZI 2011, 324 Rn. 10,12).
10
b) Wird eine Auszahlung an den Kommanditisten entgegen § 169 Abs. 1 HGB auf der Grundlage einer Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag geleistet, führt dies selbst dann nicht zu einer Rückzahlungspflicht, wenn die Auszahlung dessen Kapitalanteil unter die bedungene Einlage herabmindert oder eine bereits bestehende Belastung vertieft. Solche Zahlungen können zwar zu einer Haftung nach § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 HGB führen. Diese Vorschriften betreffen aber ausschließlich die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern im Außenverhältnis und nicht dessen Verhältnis zur Gesellschaft (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, ZIP 2013, 1222 Rn. 10; Urteil vom 20. Juni 2005 - II ZR 252/03, ZIP 2005, 1552, 1553; Urteil vom 3. Juli 1978 - II ZR 110/77, WM 1978, 1228, 1229 f.; Urteil vom 7. November 1977 - II ZR 43/76, WM 1977, 1446, 1447).

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 20. Mai 2014 verkündete Urteil der V. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin

1.              20.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.01.2013 sowie

2.              859,80 € (außergerichtliche Kosten) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.02.2014

zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103

Tenor

Die Berufungen der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 1, vom 11. Januar 2016, Geschäfts-Nr. 301 O 92/15, und gegen das Ergänzungsurteil vom 19. Februar 2016 werden zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufungen und die im Berufungsverfahren durch die Nebenintervention verursachten Kosten zu tragen.

Dieses Urteil und die angefochtenen Urteile sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent der aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht der Beklagte oder die Nebenintervenientin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

2

Ergänzend hierzu wird festgestellt:

3

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf die Rückzahlung von Ausschüttungen in Anspruch, die nach der Behauptung der Klägerin in den Jahren 1996 bis 2008 an den Beklagten bzw. an die Nebenintervenientin als dessen Rechtsvorgängerin hinsichtlich der Kommanditbeteiligung an der Klägerin ausgezahlt worden seien.

4

Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin, einer Publikumskommanditgesellschaft, deren Unternehmensgegenstand der Betrieb des Containerschiffs MS „S.“ ist, enthielt in seiner hinsichtlich der nachfolgenden Bestimmungen bis einschließlich 2008 unveränderten Ursprungsfassung (Anlage K 1) unter anderem die folgenden Regelungen:

5

§ 9 - Vertretung und Geschäftsführung

6

(...)
4. Für die folgenden Geschäfte bedarf die persönlich haftende Gesellschafterin der Einwilligung:

7

(...)
4.2 des Beirates für:

8

(...)
c) Gewährung von Darlehen im Gesamtbetrag von mehr als DM 100.000,00;
(...)
i) Verwendung von Liquiditätsüberschüssen gem. § 12 Abs. 4.

(...)

9

§ 12 - Gewinn- und Verlustverteilung, Ausschüttungen

10

(...)
4. Liquiditätsausschüttungen an die Gesellschafter - auch im Wege einer Darlehens-gewährung - dürfen nur dann vorgenommen werden, wenn keine Kapitaldienst-leistungsrückstände hinsichtlich der langfristigen Investitionsfinanzierung bestehen und der Ausgleich der laufenden Betriebskosten sowie der Kapitaldienstraten auf die Schiffshypothekendarlehen für das laufende Geschäftsjahr gesichert sind und bankseitig diesen Zahlungen zugestimmt worden ist.

11

Über die Verwendung von Liquiditätsüberschüssen entscheidet auf Vorschlag der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beirat, sofern nicht die Gesellschafterversammlung entsprechende Beschlüsse faßt. Liquiditätsausschüttungen erfolgen im Verhältnis der Festeinlagen der Gesellschafter untereinander. Solange Verlustsonderkonten (II) bestehen, stellen Liquiditätsausschüttungen Darlehen an die Gesellschafter dar.
(...)

12

§ 14 - Gesellschafterversammlung

13

(...)
7. Die Gesellschafterversammlung hat, soweit ihr nicht durch Gesetz oder Gesellschafts- vertrag oder Gesellschafterbeschluß sonstige Gegenstände zur Beschlußfassung überwiesen sind, zu beschließen über:

14

(...)
d) Verwendung des Jahresergebnisses und Liquiditätsausschüttungen;
(...)

15

§ 15 - Jahresabschluß, Konten der Gesellschaft

16

(...)
3. Für jeden Gesellschafter werden ein festes Kapitalkonto (I) und ein Ergebnissonderkonto (II) geführt.

17

a) Auf dem Kapitalkonto (I) werden die Kommanditeinlagen gebucht. Das Kapitalkonto ist fest und unveränderlich. Es ist maßgebend für das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung (siehe § 14 Abs. 13), die Ergebnisverteilung sowie den Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben.
b) Auf dem Ergebnissonderkonto (II) werden die Verluste gebucht, auch soweit diese das feste Kapitalkonto (I) übersteigen. Gewinne werden ebenfalls auf dem Ergebnissonderkonto gutgebracht. Ein Saldo auf dem Ergebnissonderkonto begründet keine Nachschußverpflichtung der Kommanditisten.

18

Liquiditätsausschüttungen sind auf gesonderten unverzinslichen Darlehenskonten der Gesellschafter zu erfassen.

19

Die Nebenintervenientin war an der Klägerin aufgrund Beitrittserklärung vom 22. Dezember 1995 mit einer Kommanditeinlage in Höhe von zuletzt € 300.000,00 beteiligt. Nach der Behauptung der Klägerin erfolgten an die Nebenintervenientin in den Jahren 1996 bis 2007 Auszahlungen in Höhe von insgesamt € 132.813,03 und an den Beklagten, dem die Kommanditbeteiligung aufgrund notariellen Schenkungsvertrags vom 29. April 2008 übertragen worden war, im Jahr 2008 eine weitere Auszahlung in Höhe von € 15.000,00. Den entsprechenden Auszahlungen lagen nach der Behauptung der Klägerin jeweils entsprechende Beschlussfassungen ihrer Gesellschafterversammlung zu Grunde, die zeitgleich mit der Feststellung ihrer Jahresabschlüsse vorgenommen worden seien.

20

Mit Schreiben an den Beklagten vom 1. November 2013 (Anlage K 7) erklärte die Klägerin hinsichtlich eines Teilbetrags der ihrem Vorbringen zufolge an die Nebenintervenientin und an den Beklagten geleisteten Auszahlungen in Höhe von € 31.743,91 die Kündigung von ihr insoweit gewährter Darlehen. Zu den Zeitpunkten der jeweiligen Auszahlungen hätten Verlustsonderkonten bestanden, weshalb es sich bei den Auszahlungen nach Maßgabe von § 12 Ziffer 4. des Gesellschaftsvertrags um Darlehen gehandelt habe, die wegen der aktuell schwierigen Liquiditätssituation der Klägerin nunmehr zum 26. Februar 2014 gekündigt würden.

21

Nachdem Zahlungen des Beklagten auch ungeachtet einer Zahlungsaufforderung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 7. März 2014 nicht erfolgt waren, hat die Klägerin am 5. März 2015 gegen den Beklagten Klage erhoben.

22

Sie hat behauptet, dass zu den Zeitpunkten der an den Beklagten bzw. an die Nebenintervenientin geleisteten Auszahlungen die auf den Ergebnissonderkonten der Gesellschaft verbuchten Verluste noch nicht wieder durch Gewinne ausgeglichen gewesen seien. Dementsprechend seien die Beträge der an die Kommanditisten geleisteten Auszahlungen in ihren Bilanzen auch jeweils auf der Aktivseite als Forderungen gegen die Gesellschafter ausgewiesen worden.

23

Die Klägerin hat beantragt,

24

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von € 31.743,91 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz p.a. seit dem 27.02.2014 zu bezahlen;

25

2. den Beklagten zu verurteilen, sie von Honorarforderungen des Rechtsanwaltes W. in Höhe von € 864,20 freizuhalten.

26

Der Beklagte und die Nebenintervenientin haben beantragt,

27

die Klage abzuweisen.

28

Der Beklagte hat geltend gemacht, dass sich die seitens der Klägerin bloß darlehenshalber erfolgende Vornahme von Ausschüttungen aus dem Emissionsprospekt nicht ergeben habe, vielmehr seien die Ausschüttungen dort gerade werbewirksam herausgestellt worden, Anhaltspunkte dafür, dass die Ausschüttungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung stehen sollten, hätten sich aus dem Prospekt nicht entnehmen lassen.

29

Im Übrigen sei die Darlehenskündigung auch schon mangels Zustimmung des Beirats der Klägerin bzw. Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung unwirksam.

30

Mit Urteil vom 11. Januar 2016 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Gesellschaftsvertrag der Klägerin keine hinreichend klare Regelung enthalte, der die Gesellschafter die Rückforderbarkeit der über Jahre hinweg an sie erfolgten Ausschüttungen hätten entnehmen können. Da sämtliche Ausschüttungen an Gesellschafter nur nach Maßgabe der in § 12 Ziffer 4. des Gesellschaftsvertrags näher beschriebenen Voraussetzungen zulässig seien, lasse es sich den jeweiligen Zahlungen nicht entnehmen, ob diese von den Kommanditisten dauerhaft vereinnahmt werden könnten oder gegebenenfalls einer späteren Rückforderung unterlägen. An diesem Befund ändere sich auch durch den Verweis in den Regelungen des Gesellschaftsvertrags auf die Gesellschafterkonten nichts, da es sich auch hierbei um außerhalb des jeweiligen Zahlungsvorgangs liegende Umstände handele, die für den Kommanditisten als Zahlungsempfänger nicht zu erkennen seien. Auch unter der Annahme einer hinreichenden gesellschaftsvertraglichen Regelung der Rückforderbarkeit von Ausschüttungen stünde es dem geltend gemachten Darlehensrückzahlungsanspruch aber entgegen, dass es aus Sicht der Kommanditisten überraschend sei, dass die entsprechenden Ausschüttungen einem derartigen Rückforderungsvorbehalt zu Gunsten der Klägerin unterlegen hätten.

31

Mit Ergänzungsurteil vom 19. Februar 2016 hat das Landgericht auf den Antrag der Nebenintervenientin vom 26. Januar 2016 das dieser am 13. Januar 2016 zugestellte Urteil vom 11. Januar 2016 im Kostenausspruch dahin ergänzt, dass die Klägerin auch die Kosten der Nebenintervention zu tragen habe.

32

Gegen das ihr am 15. Januar 2016 zugestellte Urteil des Landgerichts vom 11. Januar 2016 und gegen das ihr nachfolgend am 23. Februar 2016 zugestellte Ergänzungsurteil wendet sich die Klägerin mit den von ihr am 2. Februar und am 23. März 2016 eingelegten Berufungen. Die gegen das Urteil des Landgerichts vom 11. Januar 2016 gerichtete Berufung hat die Klägerin nach entsprechender Fristverlängerung bis zum 15. April 2016 mit an diesem Tag eingegangener Berufungsbegründung begründet.

33

Die Klägerin hält im Anschluss an ihr erstinstanzliches Vorbringen daran fest, dass ihr Gesellschaftsvertrag eine hinreichend klare Regelung dazu enthalte, unter welchen Voraussetzungen Auszahlungen an die Kommanditisten lediglich im Wege der Darlehensgewährung erfolgten und mithin gegebenenfalls einer späteren Rückforderung unterlägen. Abweichend von der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Februar 2016 (II ZR 348/14) zu Grunde liegenden Vertragsgestaltung sehe ihr Gesellschaftsvertrag die Einrichtung von lediglich zwei Gesellschafterkonten vor, der im Zusammenhang mit der Ausführung von Auszahlungsbeschlüssen stehende Zahlungsverkehr werde demgegenüber, und zwar sowohl beim Bestehen von Verlustsonderkonten als auch bei der Ausschüttung von Gewinnen, über gesonderte schuldrechtliche Darlehenskonten abgebildet. Insofern entspreche die Gestaltung ihres Gesellschaftsvertrags der den Beschlüssen des Bundesgerichtshofs vom 1. März 2016 (II ZR 66/15 und II ZR 67/15) zu Grunde liegenden Vertragsgestaltung, bei der ebenfalls von klar definierten Gesellschafterkonten auszugehen sei und es mithin keine Buchungsalternativen gebe. Dass § 12 Ziffer 4. ihres Gesellschaftsvertrags für die Beurteilung des Darlehenscharakters von Liquiditätsausschüttungen auf das Bestehen von Verlustsonderkonten verweise, ohne dass dieser Begriff weiter erläutert werde, sei unschädlich, da sich aus der Regelung in § 15 Ziffer 3. des Gesellschaftsvertrags klar ergebe, dass es sich bei dem Verlustsonderkonto um das im Soll befindliche Ergebnissonderkonto des jeweiligen Kommanditisten handele.

34

Die jeweiligen Darlehensverträge kämen im Übrigen durch das entsprechende Angebot ihrer Komplementärin und die nachfolgende Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung bzw. des Beirats zustande, auf den Abschluss eines Darlehensvertrags durch jeden einzelnen Gesellschafter komme es insofern nicht an. Die Gesellschafter hätten die Entscheidung über den Abschluss von Darlehensverträgen vielmehr der Entscheidung des Beirats bzw. der Gesellschafterversammlung unterworfen, gleichwohl bleibe es jedem einzelnen Gesellschafter aber unbenommen, auf die Auszahlung des Darlehens zu verzichten. Hinsichtlich der Qualifikation einer Ausschüttung als rückzahlbares Darlehen oder als gewinngedeckte Auszahlung komme es lediglich darauf an, ob im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Vornahme von Ausschüttungen Verlustsonderkonten bestünden, was sich jeweils aus dem Jahresabschluss ergebe.

35

Nachdem der Senat beide Berufungsverfahren mit Beschluss vom 19. Juli 2016 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat, beantragt die Klägerin nunmehr,

36

unter Abänderung des am 11. Januar 2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Hamburg zum Aktenzeichen 301 O 92/15 den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 31.743,91 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz p.a. seit dem 27.02.2014 zu zahlen sowie die Klägerin von Honorarforderungen des Rechtsanwalts W. in Höhe von € 864,20 freizustellen,

37

sowie,

38

auch das im Kostenausspruch ergänzte Urteil abzuändern und dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, hilfsweise auszusprechen, dass die Nebenintervenientin ihre Kosten selbst trägt.

39

Der Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen,

40

die Berufungen zurückzuweisen.

41

Sie verteidigen das angefochtene Urteil im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Nach ihrer Auffassung enthält der Gesellschaftsvertrag der Klägerin keine hinreichend klare Regelung über die Gewährung und Rückforderung etwa nur darlehenshalber erfolgter Liquiditätsausschüttungen. So fehle es bereits deshalb an einer für die Kommanditisten nachvollziehbaren Erläuterung der in § 12 Ziffer 4. des Gesellschaftsvertrags erwähnten Verlustsonderkonten, weil der Gesellschaftsvertrag in § 15 Ziffer 3. im Übrigen nur Regelungen über das Ergebnissonderkonto enthalte. Insofern seien die Gesellschafter auch nicht in der Lage festzustellen, in welchem Fall an sie geleistete Ausschüttungen Darlehen darstellten. Namentlich fehle es auch im Zusammenhang mit dem Ausscheiden von Gesellschaftern an Regelungen im Gesellschaftsvertrag dahingehend, dass Liquiditätsausschüttungen in diesem Fall zurückzuzahlen seien. Auch aus dem gesellschaftsvertraglich vorgegebenen System der Führung der Gesellschafterkonten lasse es sich weder entnehmen, auf welchen Konten der sonstige Zahlungsverkehr zwischen der Gesellschaft und den Kommanditisten zu buchen sei, noch sei zu erkennen, auf welchem Konto Gewinnausschüttungen zu buchen seien. Mangels eines eindeutigen Hinweises im Gesellschaftsvertrag stelle sich ein etwaiges Rückforderungsrecht der Klägerin für die Kommanditisten zugleich auch als überraschend dar. So sei etwa auch in dem von der Klägerin beispielhaft eingereichten Schreiben vom 12. Dezember 2008 (Anlage K 10), mit dem die Auszahlung der für das Geschäftsjahr 2008 beschlossenen Ausschüttung angekündigt worden sei, kein Hinweis darauf erfolgt, dass die Auszahlungsbeträge nur darlehenshalber gewährt würden bzw. einer gegebenenfalls künftigen Rückforderung unterlägen.

II.

42

Die Berufungen der Klägerin haben keinen Erfolg.

43

I. Das Urteil des Landgerichts hält den Angriffen der Berufung statt. Das Landgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung solcher Auszahlungen an Kommanditisten, die auf der Grundlage der gemäß § 12 Ziffer 4. Satz 2, § 14 Ziffer 7. Buchst. d) des Gesellschaftsvertrags gefassten Ausschüttungsbeschlüsse aus Liquiditätsüberschüssen geleistet wurden, richtigerweise verneint.

44

1. Das Landgericht hat zutreffend erkannt, dass ein Rückzahlungsanspruch nicht schon dann entsteht, wenn an einen Kommanditisten auf der Grundlage der gemäß § 12 Ziffer 4. Satz 2, § 14 Ziffer 7. Buchst. d) des Gesellschaftsvertrags gefassten Ausschüttungsbeschlüsse von § 169 Abs. 1 HGB nicht gedeckte Auszahlungen zu Lasten seines Kapitalanteils geleistet werden. Der Kommanditist ist zur Rückzahlung vielmehr nur dann verpflichtet, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht.

45

a) Nach § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB hat der Kommanditist nur einen Anspruch auf Auszahlung des ihm zukommenden Gewinns. Er kann auch die Auszahlung des Gewinns nicht fordern, solange sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert werden würde. Es ist aber allgemein anerkannt, dass auch über die Regelung des § 169 Abs. 1 HGB hinaus Ausschüttungen an die Kommanditisten zulässig sind, wenn der Gesellschaftsvertrag dies wie hier in § 12 Ziffer 4. Satz 2 als Ausschüttung von Liquiditätsüberschüssen als Alternative zur Ausschüttung von Gewinnen vorsieht oder die Ausschüttung durch das Einverständnis aller Gesellschafter gedeckt ist (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2016 - II ZR 63/15 -, juris Rn. 16; Urt. v. 16. Februar 2016 - II ZR 348/14 -, ZIP 2016, 518 ff., juris Rn. 9; Urt. v. 12. März 2013 - II ZR 73/11 -, ZIP 2013, 1222 ff., juris Rn. 9; Urt. v. 5. April 1979 - II ZR 98/76 -, WM 1979, 803 f.; Urt. v. 7. November 1977 - II ZR 43/76 -, WM 1977, 1446 ff., juris Rn. 21).

46

b) Wird eine Auszahlung an den Kommanditisten entgegen § 169 Abs. 1 HGB auf der Grundlage einer Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag geleistet, führt dies selbst dann nicht zu einer Rückzahlungspflicht, wenn die Auszahlung dessen Kapitalanteil unter die bedungene Einlage herabmindert oder eine bereits bestehende Belastung vertieft. Solche Zahlungen können zwar zu einer Haftung nach § 172 Abs. 4, 171 Abs. 1 HGB führen. Diese Vorschriften betreffen aber ausschließlich die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern im Außenverhältnis und nicht dessen Verhältnis zur Gesellschaft (vgl. BGH, Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O. Rn. 10; Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn. 10; Versäumnisurt. v. 20. Juni 2005 - II ZR 252/03 -, ZIP 2005, 1552 f., juris Rn. 10; Urt. v. 3. Juli 1978 - II ZR 110/77 -, WM 1978, 1228 ff.; Urt. v. 7. November 1977, a.a.O.).

47

Der Kommanditist ist im Innenverhältnis zur Kommanditgesellschaft verpflichtet, die vereinbarte Einlage zu erbringen. Im Außenverhältnis haftet er den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar (§ 171 Abs. 1 Halbsatz 1 HGB). Erbringt der Kommanditist seine Einlage, erlischt im Innenverhältnis seine Einlageverpflichtung gegenüber der Gesellschaft. Seine Haftung im Außenverhältnis entfällt gemäß § 171 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB, wenn er einen der eingetragenen Haftsumme entsprechenden Wert in das Gesellschaftsvermögen geleistet und ihn auch dort belassen hat. Wird dem Kommanditisten die Einlage ganz oder teilweise zurückbezahlt, gilt sie gemäß § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB den Gläubigern der Gesellschaft gegenüber insoweit als nicht geleistet, d.h. die Außenhaftung entsteht wieder. Das gleiche gilt nach § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, obwohl sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist oder durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Die in § 172 Abs. 4 HGB beschriebene Wirkung tritt aber nur gegenüber den Gläubigern ein, d.h. das Innenverhältnis zur Gesellschaft ist davon nicht berührt. Ein Rückgewähranspruch der Gesellschaft entsteht bei einer Rückzahlung der Einlage somit nicht automatisch, sondern kann sich nur aus anderen Rechtsgründen ergeben, insbesondere aus einer entsprechenden vertraglichen Abrede (BGH, Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O. Rn. 11; Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn. 11; Versäumnisurt. v. 20. Juni 2005, a.a.O. Rn. 9).

48

2. Dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin lässt sich bei der gebotenen objektiven Auslegung nach Wortlaut, Zusammenhang und Zweck aus der Sicht eines verständigen Publikumspersonengesellschafters nicht klar und unmissverständlich entnehmen, dass die Liquiditätsüberschüsse, die auf der Grundlage der gemäß § 12 Ziffer 4. Satz 2, § 14 Ziffer 7. Buchst. d) des Gesellschaftsvertrags gefassten Gesellschafterbeschlüsse ausgeschüttet wurden, den Kommanditisten als Darlehen zur Verfügung gestellt worden sind. Der von der Klägerin geltend gemachte Darlehensrückzahlungsanspruch besteht daher nicht.

49

a) Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften sind nach ihrem objektiven Erklärungsbefund nur anhand des schriftlichen Vertrags auszulegen (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2016, a.a.O. Rn. 7; Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O. Rn. 13; Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn. 13; Urt. v. 18. September 2012 - II ZR 201/10 -, ZIP 2012, 2291 ff., juris Rn. 18). Die Vorstellungen und der Wille der Gründungsgesellschafter, die in dem Gesellschaftsvertrag keinen Niederschlag gefunden haben, sind nicht zu berücksichtigen (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2016, a.a.O.; Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O.; Urt. v. 30. April 1979 - II ZR 57/78 -, NJW 1979, 2102 f., juris Rn. 10).

50

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterliegen die Regelungen in Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften unabhängig davon, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. § 310 Abs. 4 BGB n.F. eingreift, einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2016, a.a.O. Rn. 8; Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O. Rn. 14; Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn. 14; Urt. v. 23. April 2012 - II ZR 75/10 -, ZIP 2012, 1342 ff., juris Rn. 32 f.; Beschl. v. 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09 -, ZIP 2012, 117 ff., juris Rn. 50; Urt. v. 27. November 2000 - II ZR 218/00 -, ZIP 2001, 243 ff., juris Rn. 6). Hieraus folgt in Anlehnung an § 305c Abs. 2 BGB, dass Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2016, a.a.O.; Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O.; Urt. v. 12. März 2013, a.a.O.).

51

Für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter müssen sich die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag klar ergeben (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2016, a.a.O. Rn. 9; Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O. Rn. 15; Urt. v. 12. März 2013, a.a.O.). Denn die erst nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags beitretenden Kommanditisten müssen sich darauf verlassen können, nur solche Leistungen erbringen zu müssen, die dem Vertragstext unmissverständlich zu entnehmen sind (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2016, a.a.O.; Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O.; Urt. v. 30. April 1979, a.a.O.).

52

b) Die Auslegung des Gesellschaftsvertrags der Klägerin führt hinsichtlich der Ausschüttungen aus Liquiditätsüberschüssen zu keinem klaren und unmissverständlichen Ergebnis. Insbesondere lässt sich der Bestimmung des § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags in Verbindung mit den übrigen die Beschlussfassung und die Kontenführung in der Gesellschaft regelnden Bestimmungen nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen, dass und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen aus Liquiditätsüberschüssen vorgenommene Ausschüttungen den Kommanditisten (nur) als Darlehen gewährt werden. Aus der Sicht eines verständigen Publikumspersonengesellschafters ist die gemäß dem Wortlaut des § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags allein durch die dortige Bezugnahme auf das Bestehen von „Verlustsonderkonten (II)“ vorgegebene Qualifizierung von Liquiditätsausschüttungen als Darlehen an die Gesellschafter weder klar noch eindeutig.

53

(1) Das mit § 15 Ziffer 3. des Gesellschaftsvertrags etablierte Modell der Kontenführung in der Gesellschaft, das sich mit einem für jeden Kommanditisten geführten (festen) Kapitalkonto (I) und einem Ergebnissonderkonto (II) als sog. Zweikontenmodell entpuppt, greift den zuvor in § 12 Ziffer 4. Satz 2 des Gesellschaftsvertrags eingeführten, aber an keiner Stelle im Gesellschaftsvertrag inhaltlich erläuterten Begriff der „Verlustsonderkonten (II)“ nämlich schon sprachlich nicht auf und verweist hierauf auch systematisch nicht zurück. Dem verständigen Publikumspersonengesellschafter muss danach weder klar sein noch kann es sich ihm eindeutig erschließen, dass das Bestehen von „Verlustsonderkonten (II)“ nach der Vorstellung der Klägerin damit identisch ist, dass sein persönliches Ergebnissonderkonto sich im Soll befindet. Dieser Schlussfolgerung eines verständigen Publikumspersonengesellschafters steht es bereits entgegen, dass in § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags von einer Mehrzahl von „Verlustsonderkonten (II)“ die Rede ist, während es nach Maßgabe von § 15 Ziffer 3. des Gesellschaftsvertrags für jeden Gesellschafter aber lediglich ein Ergebnissonderkonto gibt; den Zusammenhang zwischen seinem eigenen im Soll befindlichen Ergebnissonderkonto und dem Bestehen von „Verlustsonderkonten (II)“ als Bedingung für die nur darlehenshalber erfolgende Gewährung von Liquiditätsausschüttungen muss ein verständiger Publikumspersonengesellschafter hiernach schon deshalb nicht herstellen, weil mit seinem Ergebnissonderkonto lediglich ein Konto im Soll sein kann, während nach der Formulierung in § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags mehrere - also mindestens zwei - „Verlustsonderkonten (II)“ bestehen müssen, um den Schluss auf die Gewährung von Liquiditätsausschüttungen als Darlehensgewährung zu rechtfertigen. Darüber hinaus legt die Einführung des Begriffs der „Verlustsonderkonten (II)“ ausschließlich im Regelungszusammenhang des § 12 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin und stattdessen nicht im Zusammenhang mit der Erläuterung des Systems der Gesellschafterkonten in § 15 Ziffer 3. aber ohnehin nahe, dass mit „Verlustsonderkonten (II)“ ein lediglich auf der Ebene der Gesellschaft - und nicht der Gesellschafter - bilanziell abzubildender Vorgang angesprochen werden soll.

54

(2) Die mangelnde Klarheit und fehlende Eindeutigkeit der Regelung in § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags wird zudem noch dadurch verstärkt, dass ein verständiger Publikumspersonengesellschafter der Regelung in § 15 Ziffer 3. Buchst. b) Satz 3 des Gesellschaftsvertrags, wonach ein Saldo auf dem Ergebnissonderkonto keine Nachschussverpflichtung der Kommanditisten begründet, entnimmt, dass mit dem von der Klägerin mit dem Bestehen von „Verlustsonderkonten (II)“ gleichgesetzten Befund seines im Soll befindlichen Ergebnissonderkontos gerade keine Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Klägerin verbunden sein sollen. Sofern die Klägerin an das Bestehen eines Sollsaldos auf dem Ergebnissonderkonto demgegenüber für den Fall von Liquiditätsausschüttungen, mit denen im Übrigen schon begrifflich nicht auf einen Vorbehalt der Rückforderung hingewiesen wird (BGH, Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn. 17), sehr wohl eine im Sinne der Darlehensrückzahlung zukünftige Zahlungsverpflichtung des Kommanditisten hätte anknüpfen wollen, hätte im Regelungszusammenhang des § 15 Ziffer 3. Buchst. b) Satz 3 des Gesellschaftsvertrags eine entsprechende Klarstellung nahegelegen (vgl. insoweit OLG Hamm, Urt. v. 9. Februar 2015 - 8 U 103/14 -, juris Rn. 11, 75).

55

(3) Die Regelung in § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags gewinnt die für die Anerkennung eines Darlehensrückzahlungsanspruchs zu Gunsten der Klägerin aus der Sicht eines verständigen Publikumspersonengesellschafters erforderliche Klarheit und Eindeutigkeit auch nicht in der Zusammenschau mit der Bestimmung gemäß § 15 Ziffer 3. Buchst. b) Satz 4 des Gesellschaftsvertrags, der zufolge Liquiditätsausschüttungen auf gesonderten unverzinslichen Darlehenskonten der Gesellschafter zu erfassen sind. Dieser unterschiedslos für sämtliche Liquiditätsausschüttungen maßgeblichen Bestimmung, die mithin auch für den in § 12 Ziffer 4. Satz 1 des Gesellschaftsvertrags angelegten Fall von Liquiditätsausschüttungen bei Nichtbestehen von „Verlustsonderkonten (II)“ zur Anwendung gelangt, in dem auch nach der Auffassung der Klägerin eine Darlehensverbindlichkeit der Kommanditisten nicht begründet wird, lässt sich als bloße Buchungsanweisung nichts zu der Frage der möglichen Rückforderbarkeit von Liquiditätsausschüttungen entnehmen (BGH, Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn 18, 20 f.). Dem entspricht es, dass die Klägerin mit ihrer Berufungsbegründung (dort S. 4 f., Bl. 198 f. d. A.) selbst geltend macht, die im Zusammenhang mit der Beschlussfassung über Ausschüttungen stehenden Aus- und Rückzahlungsansprüche würden ausnahmslos über gesonderte schuldrechtliche Darlehenskonten abgebildet, die sämtliche möglichen Fälle und insofern ausdrücklich auch die vorliegend nicht streitgegenständliche Ausschüttung von Gewinnen erfassten.

56

(4) Lässt sich somit durch Auslegung der gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen schon nicht mit der gebotenen Klarheit feststellen, dass den Kommanditisten Ausschüttungen aus Liquiditätsüberschüssen (nur) als Darlehen gewährt werden, so fehlt es außerdem an einer Regelung der Voraussetzungen, unter denen ein gegebenenfalls nur als Darlehen ausgezahlter Ausschüttungsbetrag vom Kommanditisten zurückgezahlt werden muss. Das Fehlen einer Regelung der Rückzahlungsvoraussetzungen verstärkt noch zusätzlich die nach dem Gesellschaftsvertrag bestehende Unklarheit, ob von der Gesellschafterversammlung beschlossene Ausschüttungen aus Liquiditätsüberschüssen als Darlehen gewährt werden.

57

Wenn auf der Grundlage von gemäß § 12 Ziffer 4. Satz 2, § 14 Ziffer 7. Buchst. d) des Gesellschaftsvertrags gefassten Ausschüttungsbeschlüssen entnommene Beträge Kommanditisten (nur) als Darlehen gewährt sein sollten, wie die Berufung meint, dann wäre es naheliegend gewesen, im Gesellschaftsvertrag der Klägerin die Voraussetzungen zu regeln, unter denen die Kommanditisten zur Rückzahlung an die Gesellschaft verpflichtet sein sollten. Das Recht der Personenhandelsgesellschaften gewährt keinen gesetzlichen Anspruch auf Rückzahlung von (vertraglich ermöglichten) Ausschüttungen, auf den mangels vertraglicher Regelungen zurückgegriffen werden könnte. Ein Rückgriff auf gesetzliche Regelungen des bürgerlich-rechtlichen Darlehensrechts (§ 488 Abs. 3 BGB) würde dem im Gesellschaftsvertrag zum Ausdruck kommenden Willen der Gesellschafter nicht gerecht. Es wäre in sich nicht schlüssig, wenn die Gesellschafter, wie dies § 12 Ziffer 4. Satz 2, § 14 Ziffer 7. Buchst. d) des Gesellschaftsvertrags vorsieht, die Möglichkeit hätten, regelmäßig aus Liquiditätsüberschüssen Auszahlungen zu ihren Gunsten zu beschließen, ihnen diese - möglicherweise über erhebliche Zeiträume hinweg geleisteten - Zahlungen aber binnen einer Frist von drei Monaten wieder entzogen werden könnten (vgl. BGH, Beschl. v. 27. Juni 2016, a.a.O. Rn. 17 f.; Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O. Rn. 37; Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn. 23).

58

Es wäre zudem ein gewisser Gleichlauf der Regelungsdichte zu erwarten, der hier fehlt. Die Ausschüttung als solche bedarf einer Mehrheitsentscheidung des Beirats bzw. der Mehrheit der abgegebenen Stimmen der Gesellschafter. Zwar kann das Erfordernis einer Beschlussfassung für die Ausschüttungen aus der Liquidität im Hinblick auf § 169 Abs. 1 HGB der Schaffung einer rechtlichen Grundlage für die Ausschüttung oder Entnahme dienen (vgl. BGH, Urt. v. 16. Februar 2016, a.a.O. Rn. 38; Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn. 9). Es wäre gleichwohl naheliegend gewesen, eine Rückforderung ebenfalls dem Votum der Gesellschafter oder zumindest des Beirats zu unterstellen. Weiter macht der Gesellschaftsvertrag die Auszahlung von exakt definierten Liquiditätsvoraussetzungen abhängig. Für eine Rückforderung enthält der Gesellschaftsvertrag demgegenüber keine Voraussetzungen, wie etwa das Vorliegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Gesellschaft und einen daraus resultierenden Liquiditätsbedarf. Der Gesellschaftsvertrag stellte, das von der Klägerin angestrebte Auslegungsergebnis zugrunde gelegt, eine Rückforderung in das Belieben der Komplementärin der Klägerin. Abweichend von der den Beschlüssen des Bundesgerichtshofs vom 1. März 2016 (II ZR 66/15 und II ZR 67/15) zu Grunde liegenden Vertragsgestaltung macht der Gesellschaftsvertrag der Klägerin die Rückforderung auch noch nicht einmal von der Liquiditätslage der Gesellschaft abhängig (vgl. OLG Hamm, a.a.O. Rn. 9, 74; s.a. OLG Hamm, Urt. v. 18. Juli 2016 - 8 U 174/15 -, juris Rn. 58 ff.).

59

3. Selbst wenn § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags - entgegen dem zuvor festgestellten Befund - für ausreichend erachtet werden könnte, um eine Darlehensgewährung zu begründen, dürfte die Klägerin einen Rückzahlungsanspruch hierauf nicht stützen, denn die Klausel wäre entsprechend § 305c Abs. 1 BGB unwirksam. Danach werden Bestimmungen, die nach den Umständen so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags vor, denn die Kommanditisten mussten nicht damit rechnen, dass sie die Ausschüttungen gegebenenfalls zu erstatten haben. Weder aus den sonstigen Regelungen des Gesellschaftsvertrags noch aus dem Emissionsprospekt lassen sich Anhaltspunkte für den Willen der Klägerin entnehmen, die aus Liquidität erfolgten Ausschüttungen unter den Vorbehalt der Rückforderung zu stellen.

60

a) Der Beklagte hat hierzu - und zwar ohne dass die Klägerin dem substanziiert entgegengetreten wäre - bereits erstinstanzlich geltend gemacht, dass der mit der Beitrittserklärung der Nebenintervenientin vom 22. Dezember 1995 ausdrücklich in Bezug genommene Emissionsprospekt, der dementsprechend auch im Rahmen der Auslegung des Gesellschaftsvertrags zu berücksichtigen ist (BGH, Urt. v. 8. Oktober 2013 - II ZR 272/12 -, juris Rn. 20), keine Anhaltspunkte für den Vorbehalt einer Rückforderung von Liquiditätsausschüttungen aufgewiesen habe, vielmehr seien die Ausschüttungen dort gerade werbewirksam herausgestellt worden. Angesichts einer derartigen werbewirksamen Herausstellung eines wirtschaftlichen Anreizes für die Beteiligungsentscheidung erscheint es aus der Sicht eines verständigen Publikumspersonengesellschafters aber als überraschend, dass die Liquiditätsausschüttungen nach der Vorstellung der Klägerin tatsächlich der jederzeitigen Rückforderbarkeit durch deren Komplementärin unterliegen und den Kommanditisten als wirtschaftlicher Vorteil mithin nur unter dem Vorbehalt der Aufrechterhaltung einer entsprechenden Willensrichtung der Komplementärin dauerhaft erhalten bleiben sollten.

61

b) Überraschend wäre die Klausel auch deshalb, weil bei wortlautgetreuem Verständnis des § 12 Ziffer 4. Satz 4 des Gesellschaftsvertrags ein Darlehensrückzahlungsanspruch der Gesellschaft auch dann fortbestehen würde, wenn nach der in Rede stehenden Ausschüttung im späteren Verlauf im Umfang des Ausschüttungsbetrags Gewinnanteile zu Gunsten des Kommanditisten zu buchen wären, die zu einem Guthaben auf dem gemäß § 15 Ziffer 3. des Gesellschaftsvertrags geführten Ergebnissonderkonto führen. In dieser Lage würden zwar spätere Ausschüttungen auch nach Auffassung der Klägerin keinen weiteren Darlehensrückzahlungsanspruch begründen, gleichwohl bestünde die Verpflichtung zur Rückzahlung früherer Ausschüttungen aber auf Dauer unverändert fort. Soweit hiernach eine Verrechnung der Ausschüttungen mit späteren Gewinnen nicht vorgesehen ist, hat der Bundesgerichtshof diesen Umstand ausdrücklich als Indiz gegen eine Rückzahlungsverpflichtung des Kommanditisten gewürdigt (BGH, Urt. v. 12. März 2013, a.a.O. Rn. 17).

62

II. Mangels eines Erfolgs der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts vom 11. Januar 2016 und mithin aufgrund der durch dieses Urteil des Senats bestätigten Klageabweisung erweist sich auch die gegen das Ergänzungsurteil vom 19. Februar 2016 gerichtete Berufung der Klägerin als unbegründet.

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Die Nebenintervenientin ist dem Rechtsstreit aufgrund der an sie ergangenen Streitverkündung des Beklagten mit Schriftsatz vom 22. Juli 2015 auf Seiten des Beklagten beigetreten und kann deshalb aufgrund der infolge der Klageabweisung gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO gegen die Klägerin ergangenen Kostenentscheidung nach Maßgabe von § 101 Abs. 1 ZPO von der Klägerin die Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten beanspruchen. Die hierauf gerichtete Urteilsergänzung hat die Nebenintervenientin nach der am 13. Januar 2016 an sie erfolgten Zustellung des Urteils vom 11. Januar 2016 mit am 26. Januar 2016 eingegangenem Schriftsatz vom 22. Januar 2016 innerhalb der Frist des § 321 Abs. 2 ZPO auch rechtzeitig beantragt.

64

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

65

Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt.

(2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Handelsregister ersichtlichen Einlage können sich die Gläubiger nur berufen, wenn die Erhöhung in handelsüblicher Weise kundgemacht oder ihnen in anderer Weise von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist.

(3) Eine Vereinbarung der Gesellschafter, durch die einem Kommanditisten die Einlage erlassen oder gestundet wird, ist den Gläubigern gegenüber unwirksam.

(4) Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Bei der Berechnung des Kapitalanteils nach Satz 2 sind Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 nicht zu berücksichtigen.

(5) Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht, ist er in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet.

(6) Gegenüber den Gläubigern einer Gesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, gilt die Einlage eines Kommanditisten als nicht geleistet, soweit sie in Anteilen an den persönlich haftenden Gesellschaftern bewirkt ist. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien eröffnet, so kann die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.