vorgehend
Landgericht Bonn, 3 O 65/08, 29.07.2008
Oberlandesgericht Köln, 2 U 128/08, 18.11.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
IX ZR 225/09
Verkündet am:
22. April 2010
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der aus der Anfechtung von Ausschüttungen im Rahmen eines Schneeballsystems
resultierende Rückgewähranspruch des Insolvenzverwalters erstreckt sich mangels
Unentgeltlichkeit nicht auf Auszahlungen, mit denen - etwa nach einer Kündigung der
Mitgliedschaft in der Anlegergemeinschaft - vom Anleger erbrachte Einlagen zurückgewährt
worden sind (Fortführung von BGHZ 179, 137).
BGH, Versäumnisurteil vom 22. April 2010 - IX ZR 225/09 - OLG Köln
LG Bonn
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Raebel, Vill, Dr. Pape und Grupp

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. November 2009 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 11. März 2005 am 1. Juli 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der P. GmbH (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin bot ihren Kunden die Möglichkeit an, am Erfolg oder Misserfolg von Optionsgeschäften teilzunehmen. Sie warb mit jährlich zu erzielenden Renditen zwischen 8,7 vom Hundert und 14,07 vom Hundert. Der Beklagte erklärte am 22. August 1994 seinen Beitritt zu der Anlegergemeinschaft. Tatsächlich erlitt die Schuldnerin im Zeitraum der Beteiligung des Beklagten Verluste. Um diese zu verschleiern, leitete sie den Anlegern Kontoauszüge zu, in denen frei erfundene Gewinne ausgewiesen waren. Die Gelder der Anleger wurden nur zu einem geringen Teil und später überhaupt nicht mehr in Termingeschäften angelegt. Die Einlagen von Neukunden verwendete die Schuldnerin in der Art eines "Schneeballsystems" für Ausund Rückzahlungen an Altkunden. Der Beklagte leistete im Zeitraum 9. Sep- tember 1994 bis 3. Februar 1997 Einlagen von umgerechnet insgesamt 22.496,83 €, seine Zahlungen auf das Agio betrugen zusammengerechnet 1.472,53 €. Am 31. März 2000 kehrte ihm die Schuldnerin einen Betrag von umgerechnet 20.451,68 € aus. Nach Kündigung seiner Anlage wurde ihm am 8. Juni 2001 ein zu seinen Gunsten verbuchter Betrag von umgerechnet 24.457,18 € ausgezahlt.
2
Mit seiner auf Anfechtung gestützten Klage hat der Kläger zunächst die Differenz zwischen den Auszahlungen an den Beklagten und den von diesem erbrachten Einlagezahlungen (22.412,03 €) sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 1.004,71 € jeweils zuzüglich Zinsen eingeklagt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Gestützt auf eine "Neuberechnung des Kontostandes des Beklagten unter Berücksichtigung aller Handelsergebnisse", in der der Kläger zu einem Saldo zulasten des Beklagten von 32.545,47 € gekommen ist, hat er die Klage in der Berufungsinstanz um 2.045,15 € auf den vollen Betrag der Auszahlung vom 8. Juni 2001 erweitert. Die Berufung des Klägers hat insoweit Erfolg gehabt, als dieser die Differenz zwischen den Auszahlungen und den eingezahlten Beträgen sowie seine vorgerichtlichen Kosten eingeklagt hatte. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den in der Berufungsinstanz geltend gemachten Erhöhungsbetrag von 2.045,15 € weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.
4
Der Beklagte war im Termin zur mündlichen Verhandlung trotz dessen ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht erschienen. Es ist durch Versäumnisurteil zu erkennen. Das Urteil beruht aber nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 82).

I.


5
Berufungsgericht Das meint, der Insolvenzverwalter könne die im "Schneeballsystem" erfolgten Auszahlungen als objektiv unentgeltliche Leistungen anfechten. Der Rückzahlungsanspruch des Klägers sei jedoch auf die Differenz zwischen den Auszahlungen und den Einlagezahlungen ohne Anrechnung des Agios begrenzt. Nach der Saldotheorie sei die Einlage dem Anspruch des Klägers entgegenzusetzen. Ein Schadensersatzanspruch sei nicht zu berücksichtigen. Die Auszahlungen seien nicht auf einen derartigen Anspruch erfolgt. Der Beklagte sei nicht durch die Wiederanlage der ausgezahlten Beträge in verlustbringende Aktiengeschäfte entreichert. Entsprechendes habe er nicht ausreichend vorgetragen. Der klageerweiternd geltend gemachte Betrag von 2.045,15 € könne im Hinblick auf die Saldierung nicht zurückgefordert werden. Maßgeblich sei die ursprüngliche geleistete Einlage. Auf deren Minderung durch negative Handelsergebnisse und den Ansatz von Bestandsprovisionen gemäß der Nachberechnung des Klägers komme es nicht an.

II.


6
Diese Begründung hält rechtlicher Prüfung im Ergebnis stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann der Beklagte seine Einlage zwar nicht mit dem Anspruch des Klägers aus § 134 Abs. 1, § 129 Abs. 1, § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO saldieren. Rückzahlung der 2.045,15 € kann der Kläger gleichwohl nicht verlangen, weil insoweit eine unentgeltliche Leistung fehlt.
7
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, der Insolvenzverwalter könne die Auszahlung von in "Schneeballsystemen" erzielten Scheingewinnen durch den späteren Insolvenzschuldner als objektiv unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechten. Dies entsprach schon der Rechtsprechung unter Geltung der Konkursordnung (BGHZ 113, 98, 101 ff; BGH, Urt. v. 29. November 1990 - IX ZR 55/90, WM 1991, 331, 332 f), die der Senat im Anwendungsbereich der Insolvenzordnung fortgeführt hat (BGHZ 179, 137, 140 Rn. 6; BGH, Urt. v. 13. März 2008 - IX ZR 117/07, ZIP 2008, 975 f Rn. 6 ff; v. 25. Juni 2009 - IX ZR 157/08, Rn. 6 ff). Soweit die Auszahlungen der Schuldnerin auf Scheingewinne und nicht auf einen Schadensersatzanspruch des Beklagten oder einen Bereicherungsanspruch erfolgt sind, führen sie deshalb nicht zur Entreicherung des Beklagten. Eine Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB ist ausgeschlossen.
8
2. Unzutreffend ist demgegenüber die Annahme des Berufungsgerichts, nach der Saldotheorie sei die Einlage des Beklagten dem Anspruch des Klägers entgegenzusetzen; dessen Rückzahlungsanspruch sei auf die Differenz zwischen den Auszahlungen und den Einlagezahlungen ohne Anrechnung des Agios begrenzt. Der Senat hat mit Urteil vom heutigen Tage entschieden, dass eine Saldierung von Auszahlungen auf Scheingewinne mit der vom Anleger erbrachten Einlage - unabhängig von der Frage, wie die fiktiven Scheingewinne berechnet werden - nicht in Betracht kommt (BGH, Urt. v. 22. April 2010 - IX ZR 163/09). Er hat damit die vom Berufungsgericht für seine Auffassung zitierte Entscheidung des OLG München (ZIP 2009, 918) geändert. Die Berechnung des Berufungsgerichts, nach der die Klage in Höhe von 2.045,15 € abzuweisen sei, weil mit der ersten, am 31. März 2000 erfolgten Auszahlung von umgerechnet 20.451,68 € die Einlage von 22.496,83 € zu saldieren und die verbleibende Spitze von 2.045,15 € auf die am 8. Juni 2001 erfolgte Auszahlung von 24.457,18 € zu verrechnen sei, so dass der Beklagte insoweit 22.412,03 € an die Masse zu leisten habe, kann keinen Bestand haben. Die Zahlung vom 31. März 2000 ist ausschließlich auf Scheingewinne erfolgt. Eine Saldierung mit der Einlage des Anlegers durfte nicht erfolgen. Die Auszahlung wäre bei rechtzeitiger Anfechtung in vollem Umfang an die Masse zurückzuerstatten gewesen.

III.


9
Die Entscheidung erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückzahlung der 2.045,15 €, weil insoweit eine unentgeltliche Leistung der Schuldnerin fehlt.
10
1. Eine unentgeltliche Verfügung liegt vor, wenn ein Vermögenswert des Schuldners zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Schuldner ein entsprechender Gegenwert zufließen soll. Entgeltlich ist dagegen eine Verfügung, wenn der Schuldner für seine Leistung etwas erhalten hat, was objektiv ein Ausgleich für seine Leistung war oder jedenfalls subjektiv nach dem Willen der Beteiligten sein sollte (BGHZ 113, 98, 101 f; BGH, Urt. v. 18. März 2010 - IX ZR 57/09, ZInsO 2010, 807 f Rn. 9).
11
2. Erhält der Anleger, der sich an einem nach dem Schneeballsystem konzipierten betrügerischen Kapitalanlagemodell beteiligt hat, Auszahlungen, die sowohl auf Scheingewinne als auch auf die Einlage erfolgen, so sind diese nur gemäß § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar, soweit es um Auszahlungen auf Scheingewinne geht. Auszahlungen auf die Einlage - etwa nach einer Kündigung der Beteiligung - sind mangels unentgeltlicher Leistung nicht anfechtbar. Die Rückzahlung der Einlage stellt in diesen Fällen den Gegenwert für die vom Anleger erbrachte Einlage dar.
12
Der a) Bundesgerichtshof hatte in seinen bisherigen Entscheidungen (BGHZ 179, 137, 140; BGH, Urt. v. 13. März 2008 aaO; v. 25. Juni 2009 aaO; v. 22. April 2010 - IX ZR 160/09; v. 22. April 2010 - IX ZR 163/09) nur über Fälle zu befinden, in denen die Auszahlungen der Schuldnerin ausschließlich auf Scheingewinne erfolgt waren. In diesen Fällen gilt der Grundsatz, dass der Anfechtungsanspruch alle Ausschüttungen erfasst, welche die Schuldnerin in der anfechtbaren Zeit auf die vermeintlichen Gewinnansprüche geleistet und damit dem (fiktiven) Schuldverhältnis zugeordnet hat (BGHZ 113, 98, 104 f; 179, 137, 145 Rn. 19). Nicht entschieden worden ist die Frage, was gilt, wenn die Auszahlung auf die Einlage des Anlegers erbracht worden ist. In diesem Fall kann nicht von Unentgeltlichkeit ausgegangen werden. Durch die Auszahlung verliert der Anleger seinen Anspruch auf Rückzahlung der (noch vorhandenen) Einlage; darin liegt seine Gegenleistung.
13
b) Vorliegend ist die Auszahlung vom 8. Juni 2001 nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, denen die Revision nicht entgegengetreten ist, sowohl auf Scheingewinne als auch auf die Einlage erfolgt. Die Schuldnerin hat die Kündigung des Beklagten akzeptiert und die diesem noch zustehenden "Gewinnanteile", die sich aus den ihm zugewiesenen fiktiven Scheingewinnen und seiner verbliebenen Einlage zusammensetzen, zurückerstattet. An den weiteren vermeintlichen Gewinnen der Gesellschaft sollte der Beklagte nicht mehr beteiligt sein. Weitere Auszahlungen konnte er nicht mehr fordern. Eine voll- ständige Rückgewähr des ausgezahlten Betrages kommt deshalb - anders als in den bisher entschiedenen Fällen, in denen dem Anleger nach Auszahlung der Scheingewinne die Beteiligung selbst erhalten blieb - nicht in Betracht.
14
Zwar hat das Berufungsgericht nicht im Einzelnen festgestellt, in welchem Umfang die Zahlung vom 8. Juni 2008 auf Scheingewinne und auf die Einlage des Beklagten erfolgt ist. Letztlich bedarf es einer solchen exakten Feststellung aber nicht, weil der noch im Streit stehende Betrag von 2.045,15 € in jedem Fall nur auf die Einlage des Beklagten gezahlt worden sein kann. Eine Zahlung auf Scheingewinne scheidet aus. Das Berufungsgericht hat den Beklagten rechtskräftig verurteilt, an den Kläger 22.412,03 € zu zahlen. Lässt man die unanfechtbare Zahlung vom 31. März 2000, die gemäß den Ausführungen zu II. 2. ausschließlich auf Scheingewinne erfolgt ist und nicht mit der Einlage des Beklagten saldiert werden kann, außer Betracht, so hat es die Zahlung vom 8. Juni 2008 jedenfalls im Ergebnis unangegriffen in Höhe der Verurteilung des Beklagten wie Scheingewinne behandelt. Für die Rückzahlung der Einlage verbleibt damit nur der Betrag von 2.045,15 €. Dass die Auszahlung insoweit auf die Einlage des Beklagten und nicht die diesem zugewiesenen Scheingewinne erfolgt ist, gesteht selbst der Kläger in seiner - für die Entscheidung des Rechtsstreits allerdings nicht maßgeblichen (vgl. Urt. v. 22. April 2010 - IX ZR 163/09) - Nachberechnung zu.
Ganter Raebel Vill
Pape Grupp
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 29.07.2008 - 3 O 65/08 -
OLG Köln, Entscheidung vom 18.11.2009 - 2 U 128/08 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Insolvenzordnung - InsO | § 143 Rechtsfolgen


(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem E

Insolvenzordnung - InsO | § 129 Grundsatz


(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten. (2) Eine Unterlassung steht einer Rechts

Insolvenzordnung - InsO | § 134 Unentgeltliche Leistung


(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden. (2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsg

Insolvenzordnung - InsO | § 144 Ansprüche des Anfechtungsgegners


(1) Gewährt der Empfänger einer anfechtbaren Leistung das Erlangte zurück, so lebt seine Forderung wieder auf. (2) Eine Gegenleistung ist aus der Insolvenzmasse zu erstatten, soweit sie in dieser noch unterscheidbar vorhanden ist oder soweit die

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(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Gewährt der Empfänger einer anfechtbaren Leistung das Erlangte zurück, so lebt seine Forderung wieder auf.

(2) Eine Gegenleistung ist aus der Insolvenzmasse zu erstatten, soweit sie in dieser noch unterscheidbar vorhanden ist oder soweit die Masse um ihren Wert bereichert ist. Darüber hinaus kann der Empfänger der anfechtbaren Leistung die Forderung auf Rückgewähr der Gegenleistung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

6
1. Nach § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO werden Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners im Rang nach den übrigen Forderungen der In- solvenzgläubiger berichtigt. Bei dem Anspruch nach § 661a BGB aus einer Gewinnzusage handelt es sich um eine Forderung auf eine unentgeltliche Leistung.
6
1. Noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, der Insolvenzverwalter könne die Auszahlung von in "Schneeballsystemen" erzielten Scheingewinnen durch den späteren Insolvenzschuldner als objektiv unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechten. Dies entsprach schon der Rechtsprechung unter Geltung der Konkursordnung (BGHZ 113, 98, 101 ff; BGH, Urt. v. 29. November 1990 - IX ZR 55/90, WM 1991, 331, 332 f), die der Senat im Anwendungsbereich der Insolvenzordnung fortgeführt hat (BGH, Urt. v. 13. März 2008 - IX ZR 117/07, ZIP 2008, 975 f Rn. 6 ff; v. 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, WM 2009, 178, 179 f; zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt ). Die Revisionserwiderung bezweifelt weder die Anfechtbarkeit ausgezahlter Scheingewinne nach § 134 InsO noch die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass die Schuldnerin die Auszahlungen an die Anleger voll umfänglich in Form eines "Schneeballsystems" erbracht habe.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 163/09
Verkündet am:
22. April 2010
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der aus der Anfechtung der Auszahlung von Scheingewinnen resultierende Rückgewähranspruch
des Insolvenzverwalters ist nicht mit den als Einlage des Anlegers
erbrachten Zahlungen zu saldieren (Fortführung von BGHZ 179, 137).

b) Hat der Anfechtungsgegner aufgrund der Auszahlung von Scheingewinnen bleibende
steuerliche Belastungen zu tragen, so kann er sich insoweit auf den Einwand
der Entreicherung berufen.
BGH, Urteil vom 22. April 2010 - IX ZR 163/09 - OLG München
LG Landshut
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Raebel, Vill, Dr. Pape und Grupp

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 4. August 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 11. März 2005 am 1. Juli 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der P. GmbH (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin bot ihren Kunden die Möglichkeit an, am Erfolg oder Misserfolg von Optionsgeschäften teilzunehmen. Sie warb mit jährlich erzielbaren Renditen zwischen 8,7 vom Hundert und 14,07 vom Hundert. Der Beklagte erklärte am 26. Februar 1996 seinen Beitritt zu der Anlegergemeinschaft. Tatsächlich erlitt die Schuldnerin im Zeitraum der Beteiligung des Beklagten Verluste. Um diese zu verschleiern, leitete sie den Anlegern Kontoauszüge zu, in denen frei erfundene Gewinne ausgewiesen waren. Die Gelder der Anleger wurden nur zu einem geringen Teil und später über- haupt nicht mehr in Termingeschäften angelegt. Die Einlagen von Neukunden verwendete die Schuldnerin in der Art eines "Schneeballsystems" für Aus- und Rückzahlungen an Altkunden. Der Beklagte leistete im Jahr 1996 eine Einlage von umgerechnet 15.338,76 € und ein Agio von 997,02 €. Er erhielt im Dezember 2001 eine Auszahlung von umgerechnet 14.316,17 € und am 31. Oktober 2002 eine Auszahlung von 5.000 €. Der Kläger hat die Auszahlungen angefochten. Wegen eines Betrages von 3.977,41 € (Differenz zwischen den an den Beklagten geleisteten Auszahlungen und seiner um das Agio reduzierten Einlage ) nimmt er den Beklagten gesondert vor dem Amtsgericht Landshut in Anspruch.
2
Die vorliegende Klage stützt er auf eine Neuberechnung des realen Kontostandes des Beklagten unter Berücksichtigung der Auszahlungen. Hierin errechnet er einen Scheingewinn von 13.100,40 €. Er macht die Differenz in Höhe von 9.122,99 € zwischen diesem Betrag und dem anderweitig rechtshängigen Betrag von 3.977,41 € zuzüglich Zinsen geltend. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision des Klägers hat Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


4
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZIP 2009, 1918 = NZI 2009, 808 = ZInsO 2009, 1767 = NZG 2009, 1273 = OLGR München 2009, 912 veröffentlicht ist, meint, der Insolvenzverwalter könne die im "Schneeballsystem" erfolgten Auszahlungen als objektiv unentgeltliche Leistungen anfechten. Dem Rückgewähranspruch des Klägers sei jedoch nach der Saldotheorie die Einlage des Beklagten entgegenzusetzen. Diese müsse von den ausgezahlten Scheingewinnen abgezogen werden, so dass nur der anderweitig rechtshängige Betrag zurückgefordert werden könne. Zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten sei kein rechtswirksamer Beteiligungsvertrag zustande gekommen. Beide Parteien könnten deshalb aus dem nichtigen Beitrittsvertrag keine Rechte herleiten. Die Berechnungsmethode des Klägers laufe darauf hinaus, den sittenwidrigen Vertrag als gültig zu behandeln.

II.


5
Dies hält rechtlicher Prüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
6
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, der Insolvenzverwalter könne die Auszahlung von in "Schneeballsystemen" erzielten Scheingewinnen durch den späteren Insolvenzschuldner als objektiv unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechten. Dies entsprach schon der Rechtsprechung unter Geltung der Konkursordnung (BGHZ 113, 98, 101 ff; BGH, Urt. v. 29. November 1990 - IX ZR 55/90, WM 1991, 331, 332 f), die der Senat im Anwendungsbereich der Insolvenzordnung fortgeführt hat (BGHZ 179, 137, 140 Rn. 6; BGH, Urt. v. 13. März 2008 - IX ZR 117/07, ZIP 2008, 975 f Rn. 6 ff; v.
25. Juni 2009 - IX ZR 157/08 Rn. 6). Die Revisionserwiderung bezweifelt weder die Anfechtbarkeit ausgezahlter Scheingewinne nach § 134 InsO noch die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass die Schuldnerin die Auszahlungen an die Anleger voll umfänglich im Rahmen eines "Schneeballsystems" erbracht habe. Sie stellt nicht in Frage, dass die Auszahlungen der Schuldnerin auf Scheingewinne und nicht auf die Einlage des Beklagten erfolgt sind.
7
2. Hingegen bestehen durchgreifende Bedenken gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte sei durch die Auszahlung der Scheingewinne nur insoweit ungerechtfertigt bereichert, als nach Abzug seiner Einlage ein Restbetrag verbleibe, der vorliegend anderweitig rechtshängig sei. Auf den Rückgewähranspruch des Insolvenzverwalters ist § 143 Abs. 2 Satz 1 InsO anzuwenden. Diese Vorschrift enthält eine Verweisung auf die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung (§ 818 BGB). Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist (BGH, Urt. v. 20. Juli 2006 - IX ZR 226/03, ZIP 2006, 1639, 1641 Rn. 15). Die ausgezahlten Scheingewinne stellten keine Gegenleistung für die Einlage des Anlegers dar. Sie stehen mit dieser auch nicht in einem synallagmatischen Verhältnis. Zu § 818 Abs. 3 BGB ist umstritten, ob jeder Teil den ihm zustehenden Anspruch unabhängig vom Schicksal der Gegenforderung geltend machen muss (Zweikondiktionenlehre) oder ob die beiderseitigen Ansprüche zu saldieren sind (Saldotheorie - vgl. zu allem Palandt/Sprau, BGB 69. Aufl. § 818 Rn. 46 ff).
8
a) Im Insolvenzrecht ist die Saldotheorie nur eingeschränkt anwendbar. Ein nichtiger Vertrag soll in der Insolvenz des Vertragspartners keine stärkeren Wirkungen äußern als ein rechtsgültiger (BGHZ 149, 326, 333 f; 150, 138, 146 ff; 161, 241, 253 f). Die Saldotheorie bietet keine Grundlage dafür, Forderungen , die ohne eine Saldierungsmöglichkeit Insolvenzforderungen wären, zu Masseforderungen zu erheben. Leistungen, die nicht in einem synallagmatischen Verhältnis stehen, sollen nicht durch Saldierung in ein Gegenseitigkeitsverhältnis gebracht werden können, welches dem anderen Teil mehr Rechte verschafft, als ihm nach dem Insolvenzrecht zustünden. Entsprechend diesem Grundgedanken gilt für die Anfechtung unentgeltlicher Leistungen im Dreiecksverhältnis , dass die Leistung, die der spätere Schuldner zur Tilgung einer nicht werthaltigen Forderung des Empfängers gegen einen Dritten erbracht hat, nicht schon deshalb entgeltlich ist, weil der Empfänger seinerseits Leistungen an den Dritten erbracht hat (BGHZ 162, 276, 281; BGH, Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, ZIP 2006, 957, 958 Rn. 11). Eine Anfechtung nach § 134 InsO entfällt nur dann, wenn der Dritte die von ihm geschuldete ausgleichende Gegenleistung anschließend erbringt (BGH, Urt. v. 5. Juni 2008 - IX ZR 163/07, ZIP 2008, 1385, 1386 f Rn. 12 ff). Würde man in diesen Fällen dem Anfechtungsgegner gestatten, eine Saldierung mit der früher an den Dritten erbrachten Leistung vorzunehmen, liefe die Anfechtung regelmäßig ins Leere, weil dieser sich auf Wegfall der Bereicherung wegen der von ihm zu einem früheren Zeitpunkt erbrachten Leistung berufen könnte.
9
b) Diese Grenzen der Saldotheorie müssen auch gelten, wenn es bei der Rückforderung ausgezahlter Scheingewinne um die Berücksichtigung der erbrachten Einlage des Anlegers geht. Die Einzahlung muss zwar erbracht werden , um - bei vertragskonformer Abwicklung des Geschäfts - Anspruch auf Auszahlung von Gewinnen zu erlangen. Ein Austauschverhältnis zwischen Einlagen - und Gewinnzahlungen gibt es aber nicht. Die Einlage ist Gegenleistung der vom Anleger erworbenen Beteiligung. Ob überhaupt Beträge ausgezahlt werden können, hängt davon ab, ob Gewinne erzielt werden. Beruht - wie vor- liegend - das gesamte Anlagemodell auf einer Täuschung der Anleger, kann ein innerer Zusammenhang zwischen der Einzahlung der Einlage und der Ausschüttung von Scheingewinnen erst recht nicht angenommen werden. Diese erfolgt nicht, um den Gewinnanspruch des Anlegers zu befriedigen. Sie dient vielmehr dem Zweck, das System in Gang zu halten und die Beteiligung für neue Anleger interessant zu machen. Wenn die Auszahlungen auf dem Anleger zugewiesene Scheingewinne erfolgt sind (vgl. BGHZ 179, 137, 145), ist eine Saldierung deshalb ausgeschlossen. Der Anleger muss seinen Anspruch auf Rückgewähr der Einlage, der Teil seines Schadensersatzanspruchs ist, nach § 144 Abs. 2 Satz 2 InsO zur Tabelle anmelden (vgl. auch MünchKommInsO /Kirchhof, 2. Aufl. § 144 Rn. 16).
10
Der Einwand des Wegfalls der Bereicherung kann sich - neben Luxusaufwendungen , die der Anfechtungsgegner dem Gläubiger möglicherweise gem. § 143 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 Satz 1 InsO und § 818 Abs. 3 BGB entgegenhalten kann - nur auf Kosten beziehen, die im Zusammenhang mit der Auszahlung der Scheingewinne stehen. Die lange Zeit zuvor geleistete Einlage gehört nicht hierzu.
11
c) Gegen die Möglichkeit einer Saldierung spricht auch der insolvenzrechtliche Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung. Die Saldierung würde dazu führen, dass in betrügerischen Anlagensystemen, die - wie das von der Schuldnerin betriebene - nach dem "Schneeballsystem" arbeiten, die Gläubiger mit älteren Forderungen, an die zur Aufrechterhaltung des Systems Ausschüttungen geleistet werden, besser gestellt werden als diejenigen, die ihre Einlagen erst später erbringen und die infolge des bald danach erfolgten Zusammenbruchs der Gesellschaft leer ausgehen. Erstere dürften die von ihnen erbrachte Einlagezahlung auf die ihnen geleisteten "Ausschüttungen" verrechnen und damit diese selbst dann behalten, wenn sie innerhalb der Anfechtungsfrist erfolgt sind. Dies hätte die Minderung der Vermögensmasse der Schuldnerin zur Folge, die zur Befriedigung aller Gläubigeransprüche zur Verfügung steht (vgl. BGHZ 179, 137, 145 Rn. 16). Mit der Saldierung würde im Ergebnis auch der Ausschluss der Aufrechnung "vorkonkurslicher" Schadensersatzansprüche gegen den insolvenzrechtlichen Rückgewähranspruch unterlaufen werden (BGHZ 179, 137, 140 ff Rn. 7 ff). Altgläubiger könnten ihre Einlagenzahlung durch die Saldierung im Ergebnis doch dem Rückgewähranspruch entgegensetzen. Neugläubiger, die keine Ausschüttungen auf Scheingewinne erhalten haben, hätten diese Möglichkeit nicht.
12
d) Dem Berufungsgericht ist zwar zuzugeben, dass es auf die fiktive Nachberechnung des Klägers nicht ankommen kann. Der nichtige Vertrag kann nicht im Nachhinein wie ein wirksamer behandelt werden. Tatsächlich gar nicht vorgenommene Buchungen und Zuwendungen sind nicht durch Rekonstruktion anhand der Vertragsbedingungen der Schuldnerin wie reale Vorgänge zu behandeln. Letztlich kommt es hierauf aber nicht an, weil der Kläger ein weiter gehendes Anfechtungsrecht, das sich auch auf den Teil der Einlage erstreckt, den er dem Beklagten aufgrund seiner Nachberechnung noch zugesteht, nicht geltend macht. Die Auszahlungen an den Beklagten sind nach den tatrichterlichen Feststellungen insgesamt auf Scheingewinne erfolgt. Diese hat der Beklagte nach Maßgabe der § 143 Abs. 2 Satz 1 InsO, § 818 Abs. 3 BGB ohne Anrechnung der Einlage zurückzugewähren.

III.


13
Das angefochtene Urteil kann sonach keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO).
14
Nach der Zurückverweisung wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob der Beklagte sich auf Wegfall der Bereicherung berufen kann, sofern er die von der Schuldnerin ausgezahlten Scheingewinne zu versteuern hatte. Eine endgültige steuerliche Mehrbelastung aufgrund des Erwerbs des Anfechtungsgegenstands ist im Rahmen des § 818 Abs. 3 InsO zu berücksichtigen (Münch- Komm-InsO/Kirchhof, aaO § 143 Rn. 105; vgl. RGZ 170, 65, 67 f; BGH, Urt. v. 15. Januar 1992 - IV ZR 317/90, NJW-RR 1992, 558, 560).
Ganter Raebel Vill
Pape Grupp
Vorinstanzen:
LG Landshut, Entscheidung vom 19.03.2009 - 24 O 3473/08 -
OLG München, Entscheidung vom 04.08.2009 - 5 U 2971/09 -

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 163/09
Verkündet am:
22. April 2010
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der aus der Anfechtung der Auszahlung von Scheingewinnen resultierende Rückgewähranspruch
des Insolvenzverwalters ist nicht mit den als Einlage des Anlegers
erbrachten Zahlungen zu saldieren (Fortführung von BGHZ 179, 137).

b) Hat der Anfechtungsgegner aufgrund der Auszahlung von Scheingewinnen bleibende
steuerliche Belastungen zu tragen, so kann er sich insoweit auf den Einwand
der Entreicherung berufen.
BGH, Urteil vom 22. April 2010 - IX ZR 163/09 - OLG München
LG Landshut
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Raebel, Vill, Dr. Pape und Grupp

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 4. August 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 11. März 2005 am 1. Juli 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der P. GmbH (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin bot ihren Kunden die Möglichkeit an, am Erfolg oder Misserfolg von Optionsgeschäften teilzunehmen. Sie warb mit jährlich erzielbaren Renditen zwischen 8,7 vom Hundert und 14,07 vom Hundert. Der Beklagte erklärte am 26. Februar 1996 seinen Beitritt zu der Anlegergemeinschaft. Tatsächlich erlitt die Schuldnerin im Zeitraum der Beteiligung des Beklagten Verluste. Um diese zu verschleiern, leitete sie den Anlegern Kontoauszüge zu, in denen frei erfundene Gewinne ausgewiesen waren. Die Gelder der Anleger wurden nur zu einem geringen Teil und später über- haupt nicht mehr in Termingeschäften angelegt. Die Einlagen von Neukunden verwendete die Schuldnerin in der Art eines "Schneeballsystems" für Aus- und Rückzahlungen an Altkunden. Der Beklagte leistete im Jahr 1996 eine Einlage von umgerechnet 15.338,76 € und ein Agio von 997,02 €. Er erhielt im Dezember 2001 eine Auszahlung von umgerechnet 14.316,17 € und am 31. Oktober 2002 eine Auszahlung von 5.000 €. Der Kläger hat die Auszahlungen angefochten. Wegen eines Betrages von 3.977,41 € (Differenz zwischen den an den Beklagten geleisteten Auszahlungen und seiner um das Agio reduzierten Einlage ) nimmt er den Beklagten gesondert vor dem Amtsgericht Landshut in Anspruch.
2
Die vorliegende Klage stützt er auf eine Neuberechnung des realen Kontostandes des Beklagten unter Berücksichtigung der Auszahlungen. Hierin errechnet er einen Scheingewinn von 13.100,40 €. Er macht die Differenz in Höhe von 9.122,99 € zwischen diesem Betrag und dem anderweitig rechtshängigen Betrag von 3.977,41 € zuzüglich Zinsen geltend. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision des Klägers hat Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


4
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZIP 2009, 1918 = NZI 2009, 808 = ZInsO 2009, 1767 = NZG 2009, 1273 = OLGR München 2009, 912 veröffentlicht ist, meint, der Insolvenzverwalter könne die im "Schneeballsystem" erfolgten Auszahlungen als objektiv unentgeltliche Leistungen anfechten. Dem Rückgewähranspruch des Klägers sei jedoch nach der Saldotheorie die Einlage des Beklagten entgegenzusetzen. Diese müsse von den ausgezahlten Scheingewinnen abgezogen werden, so dass nur der anderweitig rechtshängige Betrag zurückgefordert werden könne. Zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten sei kein rechtswirksamer Beteiligungsvertrag zustande gekommen. Beide Parteien könnten deshalb aus dem nichtigen Beitrittsvertrag keine Rechte herleiten. Die Berechnungsmethode des Klägers laufe darauf hinaus, den sittenwidrigen Vertrag als gültig zu behandeln.

II.


5
Dies hält rechtlicher Prüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
6
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, der Insolvenzverwalter könne die Auszahlung von in "Schneeballsystemen" erzielten Scheingewinnen durch den späteren Insolvenzschuldner als objektiv unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechten. Dies entsprach schon der Rechtsprechung unter Geltung der Konkursordnung (BGHZ 113, 98, 101 ff; BGH, Urt. v. 29. November 1990 - IX ZR 55/90, WM 1991, 331, 332 f), die der Senat im Anwendungsbereich der Insolvenzordnung fortgeführt hat (BGHZ 179, 137, 140 Rn. 6; BGH, Urt. v. 13. März 2008 - IX ZR 117/07, ZIP 2008, 975 f Rn. 6 ff; v.
25. Juni 2009 - IX ZR 157/08 Rn. 6). Die Revisionserwiderung bezweifelt weder die Anfechtbarkeit ausgezahlter Scheingewinne nach § 134 InsO noch die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass die Schuldnerin die Auszahlungen an die Anleger voll umfänglich im Rahmen eines "Schneeballsystems" erbracht habe. Sie stellt nicht in Frage, dass die Auszahlungen der Schuldnerin auf Scheingewinne und nicht auf die Einlage des Beklagten erfolgt sind.
7
2. Hingegen bestehen durchgreifende Bedenken gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte sei durch die Auszahlung der Scheingewinne nur insoweit ungerechtfertigt bereichert, als nach Abzug seiner Einlage ein Restbetrag verbleibe, der vorliegend anderweitig rechtshängig sei. Auf den Rückgewähranspruch des Insolvenzverwalters ist § 143 Abs. 2 Satz 1 InsO anzuwenden. Diese Vorschrift enthält eine Verweisung auf die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung (§ 818 BGB). Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist (BGH, Urt. v. 20. Juli 2006 - IX ZR 226/03, ZIP 2006, 1639, 1641 Rn. 15). Die ausgezahlten Scheingewinne stellten keine Gegenleistung für die Einlage des Anlegers dar. Sie stehen mit dieser auch nicht in einem synallagmatischen Verhältnis. Zu § 818 Abs. 3 BGB ist umstritten, ob jeder Teil den ihm zustehenden Anspruch unabhängig vom Schicksal der Gegenforderung geltend machen muss (Zweikondiktionenlehre) oder ob die beiderseitigen Ansprüche zu saldieren sind (Saldotheorie - vgl. zu allem Palandt/Sprau, BGB 69. Aufl. § 818 Rn. 46 ff).
8
a) Im Insolvenzrecht ist die Saldotheorie nur eingeschränkt anwendbar. Ein nichtiger Vertrag soll in der Insolvenz des Vertragspartners keine stärkeren Wirkungen äußern als ein rechtsgültiger (BGHZ 149, 326, 333 f; 150, 138, 146 ff; 161, 241, 253 f). Die Saldotheorie bietet keine Grundlage dafür, Forderungen , die ohne eine Saldierungsmöglichkeit Insolvenzforderungen wären, zu Masseforderungen zu erheben. Leistungen, die nicht in einem synallagmatischen Verhältnis stehen, sollen nicht durch Saldierung in ein Gegenseitigkeitsverhältnis gebracht werden können, welches dem anderen Teil mehr Rechte verschafft, als ihm nach dem Insolvenzrecht zustünden. Entsprechend diesem Grundgedanken gilt für die Anfechtung unentgeltlicher Leistungen im Dreiecksverhältnis , dass die Leistung, die der spätere Schuldner zur Tilgung einer nicht werthaltigen Forderung des Empfängers gegen einen Dritten erbracht hat, nicht schon deshalb entgeltlich ist, weil der Empfänger seinerseits Leistungen an den Dritten erbracht hat (BGHZ 162, 276, 281; BGH, Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, ZIP 2006, 957, 958 Rn. 11). Eine Anfechtung nach § 134 InsO entfällt nur dann, wenn der Dritte die von ihm geschuldete ausgleichende Gegenleistung anschließend erbringt (BGH, Urt. v. 5. Juni 2008 - IX ZR 163/07, ZIP 2008, 1385, 1386 f Rn. 12 ff). Würde man in diesen Fällen dem Anfechtungsgegner gestatten, eine Saldierung mit der früher an den Dritten erbrachten Leistung vorzunehmen, liefe die Anfechtung regelmäßig ins Leere, weil dieser sich auf Wegfall der Bereicherung wegen der von ihm zu einem früheren Zeitpunkt erbrachten Leistung berufen könnte.
9
b) Diese Grenzen der Saldotheorie müssen auch gelten, wenn es bei der Rückforderung ausgezahlter Scheingewinne um die Berücksichtigung der erbrachten Einlage des Anlegers geht. Die Einzahlung muss zwar erbracht werden , um - bei vertragskonformer Abwicklung des Geschäfts - Anspruch auf Auszahlung von Gewinnen zu erlangen. Ein Austauschverhältnis zwischen Einlagen - und Gewinnzahlungen gibt es aber nicht. Die Einlage ist Gegenleistung der vom Anleger erworbenen Beteiligung. Ob überhaupt Beträge ausgezahlt werden können, hängt davon ab, ob Gewinne erzielt werden. Beruht - wie vor- liegend - das gesamte Anlagemodell auf einer Täuschung der Anleger, kann ein innerer Zusammenhang zwischen der Einzahlung der Einlage und der Ausschüttung von Scheingewinnen erst recht nicht angenommen werden. Diese erfolgt nicht, um den Gewinnanspruch des Anlegers zu befriedigen. Sie dient vielmehr dem Zweck, das System in Gang zu halten und die Beteiligung für neue Anleger interessant zu machen. Wenn die Auszahlungen auf dem Anleger zugewiesene Scheingewinne erfolgt sind (vgl. BGHZ 179, 137, 145), ist eine Saldierung deshalb ausgeschlossen. Der Anleger muss seinen Anspruch auf Rückgewähr der Einlage, der Teil seines Schadensersatzanspruchs ist, nach § 144 Abs. 2 Satz 2 InsO zur Tabelle anmelden (vgl. auch MünchKommInsO /Kirchhof, 2. Aufl. § 144 Rn. 16).
10
Der Einwand des Wegfalls der Bereicherung kann sich - neben Luxusaufwendungen , die der Anfechtungsgegner dem Gläubiger möglicherweise gem. § 143 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 Satz 1 InsO und § 818 Abs. 3 BGB entgegenhalten kann - nur auf Kosten beziehen, die im Zusammenhang mit der Auszahlung der Scheingewinne stehen. Die lange Zeit zuvor geleistete Einlage gehört nicht hierzu.
11
c) Gegen die Möglichkeit einer Saldierung spricht auch der insolvenzrechtliche Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung. Die Saldierung würde dazu führen, dass in betrügerischen Anlagensystemen, die - wie das von der Schuldnerin betriebene - nach dem "Schneeballsystem" arbeiten, die Gläubiger mit älteren Forderungen, an die zur Aufrechterhaltung des Systems Ausschüttungen geleistet werden, besser gestellt werden als diejenigen, die ihre Einlagen erst später erbringen und die infolge des bald danach erfolgten Zusammenbruchs der Gesellschaft leer ausgehen. Erstere dürften die von ihnen erbrachte Einlagezahlung auf die ihnen geleisteten "Ausschüttungen" verrechnen und damit diese selbst dann behalten, wenn sie innerhalb der Anfechtungsfrist erfolgt sind. Dies hätte die Minderung der Vermögensmasse der Schuldnerin zur Folge, die zur Befriedigung aller Gläubigeransprüche zur Verfügung steht (vgl. BGHZ 179, 137, 145 Rn. 16). Mit der Saldierung würde im Ergebnis auch der Ausschluss der Aufrechnung "vorkonkurslicher" Schadensersatzansprüche gegen den insolvenzrechtlichen Rückgewähranspruch unterlaufen werden (BGHZ 179, 137, 140 ff Rn. 7 ff). Altgläubiger könnten ihre Einlagenzahlung durch die Saldierung im Ergebnis doch dem Rückgewähranspruch entgegensetzen. Neugläubiger, die keine Ausschüttungen auf Scheingewinne erhalten haben, hätten diese Möglichkeit nicht.
12
d) Dem Berufungsgericht ist zwar zuzugeben, dass es auf die fiktive Nachberechnung des Klägers nicht ankommen kann. Der nichtige Vertrag kann nicht im Nachhinein wie ein wirksamer behandelt werden. Tatsächlich gar nicht vorgenommene Buchungen und Zuwendungen sind nicht durch Rekonstruktion anhand der Vertragsbedingungen der Schuldnerin wie reale Vorgänge zu behandeln. Letztlich kommt es hierauf aber nicht an, weil der Kläger ein weiter gehendes Anfechtungsrecht, das sich auch auf den Teil der Einlage erstreckt, den er dem Beklagten aufgrund seiner Nachberechnung noch zugesteht, nicht geltend macht. Die Auszahlungen an den Beklagten sind nach den tatrichterlichen Feststellungen insgesamt auf Scheingewinne erfolgt. Diese hat der Beklagte nach Maßgabe der § 143 Abs. 2 Satz 1 InsO, § 818 Abs. 3 BGB ohne Anrechnung der Einlage zurückzugewähren.

III.


13
Das angefochtene Urteil kann sonach keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO).
14
Nach der Zurückverweisung wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob der Beklagte sich auf Wegfall der Bereicherung berufen kann, sofern er die von der Schuldnerin ausgezahlten Scheingewinne zu versteuern hatte. Eine endgültige steuerliche Mehrbelastung aufgrund des Erwerbs des Anfechtungsgegenstands ist im Rahmen des § 818 Abs. 3 InsO zu berücksichtigen (Münch- Komm-InsO/Kirchhof, aaO § 143 Rn. 105; vgl. RGZ 170, 65, 67 f; BGH, Urt. v. 15. Januar 1992 - IV ZR 317/90, NJW-RR 1992, 558, 560).
Ganter Raebel Vill
Pape Grupp
Vorinstanzen:
LG Landshut, Entscheidung vom 19.03.2009 - 24 O 3473/08 -
OLG München, Entscheidung vom 04.08.2009 - 5 U 2971/09 -