Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juni 2005 - XII ZB 34/04

bei uns veröffentlicht am22.06.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 34/04
vom
22. Juni 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Berufungsbegründungsfrist ist nach der Rechtslage seit Inkrafttreten der ZPOReform
zum 1. Januar 2002 nicht schuldhaft versäumt, wenn der Berufungskläger,
der zwar keine Verlängerung der Begründungsfrist, innerhalb der Begründungsfrist
aber Prozeßkostenhilfe beantragt hatte, die Berufungsbegründung nach der Entscheidung
über den Prozeßkostenhilfeantrag innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist
nachgeholt hat.
BGH, Beschluß vom 22. Juni 2005 - XII ZB 34/04 - OLG Zweibrücken
AG Germersheim
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß des 6. Zivilsenats - Familiensenat - des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 5. Februar 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Wert: 9.192 €.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Kindes- und Trennungsunterhalt. Die Parteien sind getrennt lebende Ehegatten; ihr Scheidungsverfahren ist rechtshängig. Die Klägerin begehrte im Wege der Stufenklage Unterhalt für die drei gemeinsamen minderjährigen Kinder sowie Trennungsunterhalt. Nachdem der Beklagte, der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und daneben geringfügige Erwerbseinkünfte erzielt, Auskunft zu diesen Einkünften und zu weiteren Zinseinkünften erteilt hatte, hat das Amtsgericht die Klage we-
gen fehlender Leistungsfähigkeit des Beklagten insgesamt abgewiesen. Gegen das ihr am 17. Januar 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17. Februar 2003 Berufung eingelegt. In der Berufungsschrift ist ausgeführt: "Die Einlegung des Rechtsmittels erfolgt zunächst zur Fristwahrung, die Durchführung hängt von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ab." Mit weiterem Schriftsatz vom 17. Februar 2003, der mit "Prozeßkostenhilfeantrag" überschrieben und ebenfalls an diesem Tage eingegangen ist, beantragte die Klägerin Prozeßkostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens und erklärte weiter: "Für den Fall der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wird beantragt werden zu erkennen: 1. Das Urteil des Amtsgerichts Germersheim vom 25.11.2002 wird aufgehoben …" In der Begründung dieses vom Klägervertreter unterschriebenen Schriftsatzes heißt es insoweit: "Die Antragstellerin begehrt Prozeßkostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens gegen das angefochtene Urteil." Nachdem das Berufungsgericht der Klägerin mit einem ihr am 26. Mai 2003 zugestellten Beschluß Prozeßkostenhilfe bewilligt hatte, beantragte sie mit einem am 6. Juni 2003 eingegangenen Schriftsatz, der zugleich eine Berufungsbegründung enthält, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Zur Begründung führte sie aus: "Die Klägerin … war auf die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe angewiesen. Nachdem diese durch Beschluß vom 15.05.2003 im Rahmen des
nachstehend formulierten Antrags bewilligt wurde, kann die Berufung, die mit Schriftsatz vom 17.02.2003 gegen das Urteil … eingelegt wurde, begründet werden." Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht der Klägerin die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig (§§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. 1. Zu Recht geht das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2004, 1299 veröffentlicht ist, allerdings davon aus, daß die Klägerin ihr Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 17. Februar 2003 unbedingt eingelegt und erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit Schriftsatz vom 6. Juni 2003 begründet hat. Nach der Rechtsprechung des Senats wahrt ein innerhalb der Berufungs - oder der Berufungsbegründungsfrist eingegangener Schriftsatz die erforderlichen Förmlichkeiten, auch wenn er zulässigerweise mit einem Prozeßkostenhilfegesuch verbunden wurde. Zwar muß der Rechtsmittelführer in solchen Fällen alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, er wolle eine (künftige) Prozeßhandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung der Prozeßkostenhilfe abhängig machen. Wenn aber die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift oder an eine Berufungsbegründung erfüllt sind und der ent-
sprechende Schriftsatz auch unterschrieben wurde, kommt die Deutung, daß der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschluß vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554). Das ist hier hinsichtlich des weiteren Schriftsatzes vom 17. Februar 2003 (Prozeßkostenhilfeantrag ), nicht aber hinsichtlich der Berufungsschrift der Fall. Die Berufungsschrift vom 17. Februar 2003 ist ausdrücklich als solche bezeichnet, enthält die nach § 519 ZPO notwendigen Formalien und ist vom Klägervertreter unterschrieben. Zwar wird in der Berufungsschrift darauf hingewiesen , daß diese "zunächst nur zur Fristwahrung" eingelegt werde und die spätere Durchführung von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig sein soll. Das hindert die unbedingte Einlegung des Rechtsmittels aber nicht. Allerdings ist die Berufung durch den weiteren Schriftsatz vom 17. Februar 2003 nicht zugleich begründet worden. In diesem Schriftsatz hat die Klägerin ausdrücklich darauf hingewiesen, daß zunächst lediglich Prozeßkostenhilfe beantragt und die Berufung nur für den Fall deren Bewilligung begründet werden soll. Obwohl auch dieser Schriftsatz vom Klägervertreter unterschrieben ist, geht aus dessen Inhalt zweifelsfrei hervor, daß der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt war. Dem entspricht auch die Begründung des Wiedereinsetzungsantrags der Klägerin vom 5. Juni 2003, in dem sie ausführt, vor Bewilligung der Prozeßkostenhilfe an einer Durchführung der Berufung gehindert gewesen zu sein und diese nunmehr begründen zu wollen. 2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht der Klägerin allerdings die begehrte Wiedereinsetzung in die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist versagt.
Nachdem das Berufungsgericht der Klägerin mit dem am 26. Mai 2003 zugestellten Beschluß vom 15. Mai 2003 Prozeßkostenhilfe bewilligt hatte, hat sie am 6. Juni 2003 und somit innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zugleich die versäumte Prozeßhandlung - nämlich die Berufungsbegründung - nachgeholt. Zuvor hatte die Klägerin die Frist zur Berufungsbegründung ohne Verschulden versäumt, weil sie vor Bewilligung der Prozeßkostenhilfe nicht in der Lage war, ihr eingelegtes Rechtsmittel zu begründen, und weil sie auch nicht gehalten war, nach Einlegung der Berufung bis zur Bewilligung der Prozeßkostenhilfe Verlängerung der Begründungsfrist zu beantragen.
a) Allerdings hatte der Bundesgerichtshof zum früheren Prozeßrecht entschieden , daß eine Partei, die unbedingt Berufung eingelegt, diese aber innerhalb der Monatsfrist des § 519 Abs. 2 ZPO a.F. (jetzt § 520 Abs. 2 ZPO) noch nicht begründet hat, sondern die Entscheidung über ihr gleichzeitig eingereichtes Prozeßkostenhilfegesuch abwarten will, durch einen rechtzeitigen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist dafür sorgen muß, daß eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht notwendig wird (BGH Beschlüsse vom 24. Juni 1999 - V ZB 19/99 - NJW 1999, 3271, vom 30. Juli 1998 - III ZB 19/98 - NJW-RR 1999, 212 und vom 13. Oktober 1992 - XI ZB 12/92 - VersR 1993, 1125). Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Anwaltsprozeß der Rechtsanwalt grundsätzlich verpflichtet, durch einen Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist dafür zu sorgen, daß eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht notwendig wird. Dieses galt allerdings schon auf der Grundlage des früheren Prozeßrechts dann nicht, wenn sich der Auftrag , den die Partei ihrem Anwalt erteilt hatte, nicht auf die Stellung eines solchen Verlängerungsantrags erstreckte. Denn der Umfang der Rechte und Pflichten eines Anwalts bestimmt sich nach dem Innenverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seiner Partei. Maßgebend ist deswegen der dem Anwalt von
der Partei erteilte Auftrag. Umfaßte dieser nicht zugleich die Anträge auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, war der Rechtsanwalt weder verpflichtet noch berechtigt, ein solches weiteres Gesuch zu stellen. Dann läge jedenfalls kein der Partei nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Anwaltsverschulden vor (BGHZ 38, 376, 378 f.). Auch ein eigenes Verschulden der Partei scheidet in solchen Fällen regelmäßig aus.
b) Diese Rechtslage hat sich durch die zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene ZPO-Reform und erneut durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 geändert. Die Berufungsbegründungsfrist wird jetzt nicht mehr durch die Einlegung der Berufung in Lauf gesetzt, sondern beträgt unabhängig davon zwei Monate ab Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils. Zugleich ist die Möglichkeit einer Verlängerung der Begründungsfrist in § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO weiter eingeschränkt worden. Ohne Einwilligung des Gegners kann die Frist nur bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Gerichts der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt. Eine weitergehende Verlängerung ist nur noch mit Einwilligung des Gegners möglich. aa) Damit ist es dem Berufungsführer bei rechtzeitig beantragter Prozeßkostenhilfe für die Durchführung der Berufung jedenfalls nicht mehr zumutbar, über den Ablauf der erstmaligen Verlängerung hinaus eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungfrist zu beantragen. Hat das Berufungsgericht noch nicht über die beantragte Prozeßkostenhilfe entschieden und verweigert der Prozeßgegner die erforderliche Zustimmung zu einer weiteren Fristverlängerung , kann die Versäumung der Begründungsfrist schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht als schuldhaft angesehen werden (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02 - FamRZ 2003, 1462, 1463 f.). Sonst wäre der Rechtsmittelführer gezwungen, sein Rechtsmittel mangels Verlänge-
rungsmöglichkeit noch vor der Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch zu begründen, was ihr nicht zuzumuten ist. Aber auch wenn der Gegner seine Zustimmung zur Verlängerung der Begründungsfrist noch nicht versagt hatte, ist dem Rechtsmittelführer ein weiterer Verlängerungsantrag nicht zumutbar. Für ihn ist nämlich vorab nicht erkennbar , ob der Gegner seine nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO erforderliche Zustimmung zu einer weiteren Verlängerung erteilen wird. Es würde sonst allein vom Wohlwollen des Prozeßgegners abhängen, ob der Rechtsmittelführer (noch) weitere Fristverlängerung beantragen muß oder ob (nach versagter Zustimmung ) eine schuldlose Fristversäumnis vorliegt, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen kann. Wird die Zustimmung erst kurz vor Fristablauf versagt, bliebe dem Rechtsmittelführer auch nur noch eine unzumutbar kurze Frist. Auch das würde die Situation der unbemittelten Partei in unzumutbarer Weise beeinträchtigen (vgl. BGH Beschluß vom 3. Dezember 2003 - VIII ZB 80/03 - FamRZ 2004, 699). bb) Ein Verschulden des Rechtsmittelführers liegt aber selbst dann nicht vor, wenn er schon von einem erstmaligen Verlängerungsantrag abgesehen hatte. Auch dann kann ihm Wiedereinsetzung in die Versäumung der Begründungsfrist gewährt werden, wenn er rechtzeitig Prozeßkostenhilfe beantragt hatte und nach der Entscheidung über dieses Gesuch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt. Denn das Gericht wird oft nicht innerhalb der erstmals verlängerten Begründungsfrist entscheiden. Dann beruht die Fristversäumung schon nicht auf der fehlenden erstmaligen Fristverlängerung. Aber auch sonst ist es dem mittellosen Rechtsmittelführer nicht zumutbar , überhaupt eine Fristverlängerung zu beantragen, weil schon bei Eingang des Prozeßkostenhilfegesuchs unsicher ist, ob vor Ablauf der erstmals verlän-
gerten Begründungsfrist über dieses entschieden würde. Dann liefe es auf eine bloße Förmelei mit unzumutbaren Fristenkontrollen hinaus, neben dem rechtzeitig gestellten Prozeßkostenhilfeantrag stets einen erstmaligen Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist zu verlangen. Ein Verschulden des Rechtsmittelführers scheidet auch in diesen Fällen aus, weil sowohl der vom Gericht festgelegte Zeitpunkt der Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch als auch die von der Zustimmung seines Prozeßgegners abhängige Verlängerung der Begründungsfrist seinem Einfluß entzogen sind. Diese Auffassung liegt auch der Änderung des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz zugrunde. Denn mit der gesetzlichen Neuregelung ist die Wiedereinsetzungsfrist bei Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf einen Monat verlängert worden, ohne danach zu differenzieren , ob das Rechtsmittel selbst schon eingelegt war oder auch dieses von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht ist. Nach der Gesetzesbegründung soll durch die Änderung insbesondere siche rgestellt werden, daß einem Rechtsmittelführer, dem Prozeßkostenhilfe nach Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist gewährt worden ist, ein Monat Zeit für die Rechtsmittelbegründung verbleibt, so daß er nicht schlechter gestellt wird als eine vermögende Partei (BT-Drucks. 15/1508 S. 17). Damit versucht die gesetzliche Neuregelung , die verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegten Rechtsstaatsprinzip zur weitgehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes umzusetzen (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 2003 aaO; BVerfGE 81, 347, 356 m.w.N.; Löhnig FamRZ 2005, 578, 579 f. ).
c) Weil die Klägerin deswegen weder gehalten war, bis zur Entscheidung über ihr Prozeßkostenhilfegesuch fortwährend Verlängerung ihrer Berufungs-
begründungsfrist zu beantragen, und auch sonst kein ihr zurechenbares Verschulden ersichtlich ist, hält die angefochtene Entscheidung den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand. Das Berufungsgericht wird deswegen über den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats erneut entscheiden müssen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

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(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 25/04
vom
19. Mai 2004
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Mai 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 20. Familiensenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 22. Januar 2004 aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Gerichtskosten, von deren Erhebung abgesehen wird (§ 8 GKG). Beschwerdewert: 940 €

Gründe:

I.

Die Abänderungsklage, mit der der Kläger den Wegfall seiner Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt ab August 2002 begehrte, wurde durch Urteil des Familiengerichts vom 4. Juli 2003, dem Kläger zugestellt am 10. Juli 2003, zurückgewiesen. Mit am 8. August 2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen legte der Kläger hiergegen "Berufung" ein mit dem Zusatz, die Durchführung werde
von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht, beantragte Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren und legte einen mit der Unterschrift seines beim Berufungsgericht zugelassenen Prozeßbevollmächtigten versehenen Entwurf einer Berufungsbegründung vor. Mit Beschluß vom 27. November 2003, dem Kläger zugegangen am 4. Dezember 2003, bewilligte das Berufungsgericht Prozeßkostenhilfe für eingeschränkte Berufungsanträge. Daraufhin beantragte der Kläger mit einem als Berufung bezeichneten Schriftsatz, der am 19. Dezember 2003 (Freitag) per Fax bei Gericht einging, Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist und begründete die Berufung zugleich unter Beschränkung seiner Berufungsanträge nach Maßgabe der Prozeßkostenhilfebewilligung. Auf einen dem Kläger am 2. Januar 2004 zugestellten Hinweis des Gerichts , die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO sei durch das am 19. Dezember 2003 eingegangene Wiedereinsetzungsgesuch nicht gewahrt, beantragte der Kläger mit am 15. Januar 2004 eingegangenem Schriftsatz vorsorglich Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und machte durch eidesstattliche Versicherung seiner Büroangestellten glaubhaft , diese habe versäumt, die Weisung des Prozeßbevollmächtigten zu befolgen , das Wiedereinsetzungsgesuch vom 18. Dezember 2003 noch am gleichen Tage per Fax an das Berufungsgericht zu senden. Das Berufungsgericht sah die am 8. August 2003 eingegangene Berufungsschrift als unbedingt eingelegt an und verwarf die Berufung mangels rechtzeitiger Begründung mit Beschluß vom 22. Januar 2004. Zugleich verweigerte es die vom Kläger beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. 2. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Verwerfungsbeschlusses mit der Folge, daß das Berufungsverfahren fortzusetzen ist. Der Kläger hat weder die Berufungsfrist noch die Berufungsbegründungsfrist versäumt, so daß es einer Wiedereinsetzung nicht bedarf.
a) Das Berufungsgericht hat den am 8. August 2003 eingegangenen Schriftsatz als unbedingt eingelegte Berufung ausgelegt. Diese Auslegung, die das Gericht der Rechtsbeschwerde uneingeschränkt nachprüfen kann, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Der Berufungsschriftsatz ist innerhalb der Berufungsfrist eingegangen und wahrt die erforderlichen Förmlichkeiten. In ihm wird erklärt, daß gegen das näher bezeichnete Urteil des Amtsgerichts namens und in Vollmacht des Klägers Berufung eingelegt werde. Die Einlegung des Rechtsmittels ist zulässigerweise mit einem Prozeßkostenhilfegesuch verbunden worden. In einem solchen Fall muß der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt , er wolle eine (künftige) Prozeßhandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung der Prozeßkostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Wenn aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift erfüllt sind, kommt die Deutung, daß der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur
in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungseinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, daß der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsschrift" bezeichnet wird, oder von einer "beabsichtigten Berufung" die Rede ist oder angekündigt wird, daß "nach Gewährung der Prozeßkostenhilfe" Berufung eingelegt werde (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Einlegung

5).

Demgegenüber ist der hier zu beurteilenden Berufungsschrift eine solche eindeutige, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist mit "Berufung" überschrieben und enthält zunächst die ausdrückliche und einschränkungslose Erklärung, es werde Berufung eingelegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Einlegung der Berufung, der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und die darin in Bezug genommene, als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift" bezeichnete Begründung jeweils in gesonderten Schriftsätzen eingereicht wurden und die Begründungsschrift mit der Überschrift "Entwurf" versehen wurde, die Berufungsschrift im Gegensatz dazu aber nicht. Wenn sodann in der Berufungsschrift nach der Erklärung, daß Berufung eingelegt werde, der Absatz folgt "Die Durchführung des Berufungsverfahrens wird von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht“,
so ist dies nicht eindeutig, da diese Erklärung auch dahin verstanden werden kann, daß nur die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang die (weitere ) Durchführung des Rechtsmittelverfahrens - die die Einlegung des Rechtsmittels voraussetzt - von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht wird, nicht aber die Einlegung selbst, und daß der Kläger sich für den Fall vollständiger Versagung der Prozeßkostenhilfe die Zurücknahme der Berufung vorbehält (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 aaO.).
b) Zu Unrecht hat aber das Berufungsgericht den dem Berufungsschriftsatz beigefügten Entwurf einer Berufungsbegründungsschrift nicht als solche genügen lassen. Entgegen der im angefochtenen Beschluß vertretenen Auffassung kann auch die - hier: in der Berufungsschrift ausdrücklich erklärte - Bezugnahme auf ein eingereichtes Prozeßkostenhilfegesuch zugleich als Berufungsbegründung ausreichen. Dies gilt erst recht, wenn sich die Bezugnahme - wie hier - auf einen zugleich beigefügten gesonderten Entwurf einer Berufungsbegründung erstreckt , der von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben ist und auch sonst allen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entspricht. Da nämlich im allgemeinen keine Partei die mit der Versäumung einer Rechtsmittelfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will, muß im Zweifel angenommen werden, daß ein inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechendes, von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnetes Prozeßkostenhilfegesuch auch als Berufungsbegründung dienen soll, sofern nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (st. Rspr., vgl. Senatsbeschluß vom 16. August 2000 - XII ZB 65/00 - NJW-RR 2001, 789 m.N.).
So liegt der Fall auch hier, zumal dem Umstand, daß der gesondert beigefügte "Entwurf" im Prozeßkostenhilfegesuch als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift“ bezeichnet wird, zu entnehmen ist, daß er nicht nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs, sondern zugleich auch der Begründung der bereits eingelegten Berufung dienen soll. Der Bezeichnung als "Entwurf" ist jedenfalls nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß dieser Schriftsatz nicht schon als Berufungsbegründung dienen, sondern diese erst ankündigen soll. Dagegen spricht bereits die Unterzeichnung des Schriftsatzes, die, wenn der Entwurf nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs dienen soll, nicht erforderlich ist und üblicherweise unterbleibt. Die Bezeichnung als "Entwurf" kann auch bedeuten, daß im Falle einer noch innerhalb der Begründungsfrist ergehenden, die Prozeßkostenhilfe nur teilweise bewilligenden Entscheidung eine Modifizierung der Berufungsanträge und/oder eine weitere Auseinandersetzung mit der Begründung der teilweise ablehnenden Prozeßkostenhilfeentscheidung vorbehalten bleiben soll.
Dem steht auch nicht entgegen, daß der Kläger hier nach der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt hat. Dieser Antrag ist als nur vorsorglich gestellt anzusehen , da in ihm zugleich ausgeführt wird, daß die Berufung (fristgerecht) am 6. August 2003 eingelegt und ihr "gleichzeitig eine Begründungsschrift beigefügt“ worden sei. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 147/02
vom
9. Juli 2003
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Frist, innerhalb derer eine versäumte Berufungsbegründung nach Bewilligung
von Prozeßkostenhilfe nachzuholen ist.
BGH, Beschluß vom 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02 - OLG Zweibrücken
AG Ludwigshafen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juli 2003 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterin Weber-Monecke,
den Richter Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß des 2. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat vom 7. August 2002 aufgehoben. Der Klägerin wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen vom 22. Februar 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Der beantragten Wiedereinsetzung in die Frist zur Berufungsbegründung bedarf es nicht. Beschwerdewert: 1.208

Gründe:

I.

Mit am 28. März 2002 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz beantragte die Klägerin, ihr Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung gegen das ihr am 28. Februar 2002 zugestellte Urteil des Familiengerichts
zu gewähren. Der diesem Antrag stattgebende Beschluß wurde ihr am 14. Mai 2002 zugestellt. Mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihres zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten vom 28. Mai 2002 legte die Klägerin Berufung ein und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist. Am 27. Juni 2002 begründete sie die Berufung und beantragte zugleich vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Das Berufungsgericht lehnte die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist ab und verwarf die Berufung als unzulässig, weil diese nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils begründet worden und die Begründung auch nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO nachgeholt worden sei. Gegen diesen Beschluß richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin, mit der sie ihr Berufungsbegehren weiterverfolgt.

II.

Die wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässige Rechtsbeschwerde (§§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 ZPO) hat Erfolg. 1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der armen Partei, die sowohl die Monatsfrist für die Einlegung der Berufung (§ 517 ZPO) als auch die Zwei-
monatsfrist für deren Begründung (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) versäumt habe, könne nach Bewilligung der innerhalb der Berufungsfrist formgerecht beantragten Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung nur gewährt werden, wenn sie innerhalb der Zweiwochenfrist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht nur die versäumte Prozeßhandlung der Einlegung der Berufung nachgeholt, sondern diese auch begründet habe. 2. Auch wenn der Wortlaut der zitierten Vorschriften kein anderes Ergebnis zuzulassen scheint, hält diese Auffassung der rechtlichen Prüfung nicht stand. Dabei kann zunächst nicht zweifelhaft sein, daß die Klägerin durch ihre mit einem Wiedereinsetzungsgesuch verbundene Berufungsschrift, die innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe bei Gericht eingegangen ist, hinsichtlich der Einlegung der Berufung im Sinne des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO fristwahrend und auch im Übrigen ordnungsgemäß tätig geworden ist. Das Berufungsgericht hat den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung daher zu Recht als - für sich gesehen - offensichtlich begründet angesehen und ihm nur deshalb nicht stattgegeben, weil die Berufung nach seiner Ansicht aus anderen Gründen, nämlich wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist , unzulässig ist. Dem kann nicht gefolgt werden.
a) Das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Erfordernis eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) gebietet es, den an einer bürgerlich-rechtlichen Streitigkeit Beteiligten die Möglichkeit zu geben, sich im
Prozeß mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. Dazu zählt, daß die Partei grundsätzlich die Fristen ausnutzen darf, die der Gesetzgeber für das jeweilige gerichtliche Verfahren typisierend als sachlich angemessen erachtet hat (vgl. BVerfG NJW 1987, 1191). Um die verfassungsrechtlich gebotene Angleichung der Situation bemittelter und unbemittelter Rechtsmittelführer (vgl. BVerfG aaO und FamRZ 2000, 474, 475) zu gewährleisten, bedarf es daher angesichts der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Neuregelung der Berufungsbegründungsfrist einer verfassungskonformen Auslegung des § 236 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz ZPO (vgl. auch Sächsisches OVG SächsVBl. 2000, 95 zum gleichlautenden § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Dies ergibt sich aus einer vergleichenden Betrachtung der zivilprozessualen Vorschriften vor und nach der Reform sowie anderer Verfahrensordnungen :
b) Die Durchführung des Rechtsmittels der Berufung (wie auch der Revision ) vollzieht sich regelmäßig in zwei Schritten, nämlich der Einlegung des Rechtsmittels und seiner Begründung. Für diese beiden Teilakte sah und sieht das Gesetz unterschiedlich lange Fristen vor. Nach bisherigem Zivilprozeßrecht (§ 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.) war der Lauf der Begründungsfrist einlegungsabhängig, d.h. die bislang einmonatige Begründungsfrist wurde erst durch die Einlegung des Rechtsmittels in Lauf gesetzt. Dies hatte zur Folge, daß der armen Partei, die an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels gehindert war, nach Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zwar nur die Zweiwochenfrist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO verblieb, um die Rechtsmitteleinlegung nachzuholen, was indes unbedenklich ist, da die Rechtsmitteleinlegung - im Gegensatz zur Begründung des Rechtsmittels - nur geringen Zeit- und Arbeitsaufwand erfordert. Sodann verblieb ihr aber die volle
vom Gesetz vorgesehene Frist von einem Monat ab Einlegung des Rechtsmit- tels, um dieses zu begründen oder eine Verlängerung der Begründungsfrist nach § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO a.F. zu beantragen.
c) Durch das Zivilprozeßreformgesetz ist die Rechtsmittelbegründungsfrist nunmehr in Angleichung an andere, noch zu erörternde Verfahrensordnungen unabhängig vom Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels gestaltet worden ; sie beträgt nunmehr zwei Monate und beginnt mit der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das hat zur Folge, daß die arme Partei im Zeitpunkt der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe zumeist nicht nur die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels versäumt haben wird, sondern - zumindest nach der Auffassung des Berufungsgerichts - auch die Frist zu seiner Begründung. Eine den Wortlaut des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO strikt befolgende Handhabung dieser Vorschrift hätte daher die vom Berufungsgericht angenommene Notwendigkeit zur Folge, auch die Begründung des Rechtsmittels innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses nachzuholen.
d) Eine derart einschneidende Verkürzung der Begründungsfrist, wie sie schon das Reichsgericht (RG WarnRspr. 1920 Nr. 63 S. 79 a.E.) für unbillig gehalten hat, entspricht ersichtlich nicht der Absicht der Neuregelung des Zivilprozeßrechts. Der Zwang zur Berufungsbegründung soll auch im Interesse der Entlastung der Gerichte zu einer gründlichen und sachgerechten Prüfung der Frage anhalten, ob ein Rechtsmittelverfahren durchgeführt werden soll (vgl. MünchKommZPO/Aktualisierungsband - Rimmelspacher § 520 Rdn. 2); eine Verkürzung der Begründungsfrist liefe diesem Anliegen zuwider. Die Neuregelung der Begründungsfrist sollte vielmehr die Fristberechnung vereinfachen und so die Zahl von Wiedereinsetzungsgesuchen wegen fehlerhafter Fristberechnung vermindern; im Hinblick darauf hielt der Gesetzgeber es für hinnehmbar,
daß sich im Falle frühzeitiger Berufungseinlegung im Vergleich zum bisherigen Recht eine relative Verlängerung der Begründungsfrist ergebe (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 14/4722 S. 95). Daß hingegen auch eine mögliche Verkürzung bewußt in Kauf genommen werden soll, erscheint angesichts dieser Begründung ausgeschlossen. Insbesondere war mit der Neuregelung ersichtlich nicht beabsichtigt, der mittellosen Partei, die die Berufungsfrist versäumt hat, die nach bisherigem Recht bestehende Möglichkeit zu nehmen , eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu beantragen. Zudem liefe eine solche Verkürzung dem Anliegen, die Zahl von Wiedereinsetzungsgesuchen einzudämmen, erst recht zuwider. Denn sie hätte die absehbare Folge, daß die versäumte Berufungsbegründung nach der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe in aller Regel nicht innerhalb der Zweiwochenfrist für den Antrag auf Wiedereinsetzung nachgeholt werden kann. Die Gerichte müßten daher nicht nur über die Wiedereinsetzung der armen Partei in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist befinden, sondern regelmäßig auch über einen weiteren, mit Arbeitsüberlastung des Anwalts begründeten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist, innerhalb derer der Antrag auf Wiedereinsetzung hinsichtlich der versäumten Begründungsfrist zu stellen gewesen wäre.
e) Soweit § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Nachholung der versäumten Prozeßhandlung innerhalb der Zweiwochenfrist verlangt, konnte dies im Falle der an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels gehinderten armen Partei nach bisherigem Recht nicht zu einer Verkürzung der ihr zu Gebote stehenden Begründungsfrist führen, weil diese erst mit der Einlegung der Berufung zu laufen begann. Da nunmehr die Versäumung der Einlegungsfrist durch die arme Partei regelmäßig mit der Versäumung der Begründungsfrist einhergehen wird und im Wiedereinsetzungsverfahren deshalb beides innerhalb der gleichen
Frist von zwei Wochen (§ 234 Abs. 1 ZPO) - ohne die Möglichkeit einer Verlängerung der Begründungsfrist - nachzuholen wäre, wäre eine strikte Handhabung dieser unverändert gebliebenen Vorschrift, die auf diese Folge der Rechtsentwicklung nicht zugeschnitten ist, somit nicht gerechtfertigt. Sie bedarf daher in Fällen, in denen eine arme Partei (oder eine Partei, die sich für bedürftig halten durfte) an der rechtzeitigen Durchführung des Rechtsmittels gehindert war, einer den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechenden Korrektur (vgl. auch Wagner NJW 1987, 1184), so wie die Rechtsprechung auch bisher schon Korrekturen in der Anwendung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung hat vornehmen müssen. So läßt sie beispielsweise die einjährige Ausschlußfrist des § 234 Abs. 3 ZPO nicht gelten, wenn das Gericht über die rechtzeitig beantragte Prozeßkostenhilfe erst nach Ablauf dieser Frist entschieden hat (vgl. BGH, Beschluß vom 12. Juni 1973 - VI ZR 121/73 - NJW 1973, 1373 unter Hinweis auf BVerfG NJW 1967, 1267 f.), und gewährt Wiedereinsetzung auch gegen die Versäumung von Fristen, die nicht zu den in § 233 ZPO bezeichneten Notfristen und Rechtsmittelfristen gehören (vgl. BVerfG aaO NJW 1967, 1267, 1268 m.N.). 3. Eine verfassungsrechtlich bedenkliche Verkürzung der Begründungsfrist auf zwei Wochen seit Behebung des in der (objektiv vorliegenden oder vermeintlichen) Mittellosigkeit der Partei liegenden Hindernisses durch die Prozeßkostenhilfeentscheidung ließe sich nach Auffassung des Senats in einer den Bedürfnissen der Praxis gerecht werdenden Weise - de lege ferenda - am besten dadurch vermeiden, daß der Partei, die rechtzeitig ein vollständiges Prozeßkostenhilfegesuch eingereicht hat und bedürftig ist oder sich dafür halten durfte, für die Begründung des Rechtsmittels - oder wahlweise die Beantragung der Verlängerung der Begründungsfrist - erneut eine mit der Zustellung der Prozeßkostenhilfeentscheidung beginnende Frist von zwei Monaten eingeräumt wird, die derjenigen entspricht, die der Gesetzgeber für das jeweilige gerichtli-
che Verfahren typisierend als sachlich angemessen erachtet hat (vgl. BVerfG aaO NJW 1987, 1191). Die Einräumung dieser erneuten Frist würde zugleich bedeuten, daß es einer Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der - zwei Monate nach Zustellung der anzufechtenden Entscheidung abgelaufenen - Rechtsmittelbegründungsfrist nicht bedarf. Eine nicht gerechtfertigte Besserstellung der armen gegenüber der bemittelten Partei wäre damit nicht verbunden. Letztere kann sogleich nach Zustellung der in vollständiger Form abgefaßten anzufechtenden Entscheidung alles zur Durchführung des Rechtsmittels Erforderliche veranlassen, so daß ihr dann für die Begründung des Rechtsmittels ebenfalls eine Frist von zwei Monaten zur Verfügung steht. Lediglich die Zeit, die sie dazu verwendet, sich darüber schlüssig zu werden, ob sie überhaupt ein Rechtsmittel einlegen will, verringert die ihr dann noch zur Verfügung stehende Zeit für dessen Begründung, während die arme Partei diese Entscheidung mit ihrem Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Durchführung des Rechtsmittels bereits grundsätzlich getroffen hat. Soweit darin überhaupt ein nennenswerter zeitlicher Vorteil für die arme Partei zu sehen wäre, würde dieser jedoch durch den Nachteil ausgeglichen, der darin besteht, daß sie grundsätzlich darauf verwiesen ist, ihr Rechtsmittel mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung zu verbinden, also darauf angewiesen ist, sich eines außerordentlichen Rechtsbehelfs zu bedienen , auf den die bemittelte Partei nur ausnahmsweise zurückzugreifen braucht (vgl. BVerfG aaO NJW 1967, 1276). Auch soweit die Beschränkungen des Wiedereinsetzungsverfahrens dazu dienen sollen, Mißbrauch und Prozeßverschleppungen entgegenzuwirken, stünde dieser Gesichtspunkt der vorstehenden Lösung nicht entgegen. Die Gerichte bestimmen durch ihre Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe selbst den Zeitpunkt, von dem an das in der Kostenarmut liegende Hindernis entfällt. Von da an ist die Gefahr weiterer Rechtsunsicherheit nicht größer als in jedem anderen Rechtsstreit. Auch das
Vertrauen der Gegenpartei wird hierdurch nicht in einer mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit unverträglichen Weise beeinträchtigt. Da sie von dem Prozeßkostenhilfegesuch des Gegners regelmäßig in Kenntnis gesetzt und damit von dessen Absicht, die Entscheidung anzufechten, unterrichtet wird, ist es ihr billigerweise zuzumuten, sich auf die Folgen einzurichten, die sich aus der rückwirkenden Beseitigung der formellen Rechtskraft ergeben, wenn der armen Partei später - wie im Regelfall zu erwarten - Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Rechtsmitteleinlegungsfrist gewährt wird (vgl. BVerfG aaO NJW 1967, 1268). 4. Der mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz vom 29. April 2003 - R A 2 - 3010/18 - R1 246/2003 - inzwischen vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Justiz (Justizmodernisierungsgesetz - JuMoG) läßt ebenfalls erkennen, daß die geltende gesetzliche Regelung einer Änderung bedarf. Art. 1 Nr. 7 des Entwurfs sieht vor, dem § 234 Abs. 1 ZPO folgenden Satz anzufügen: "Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde, der Rechtsbeschwerde oder der Beschwerde nach §§ 621 e, 629 a Abs. 2 einzuhalten."
a) Ein Vorgriff auf die vorgesehene Regelung würde indessen die Benachteiligung der unbemittelten Partei nur unzureichend beseitigen und die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht ausräumen. Denn erst ab Bewilligung der Prozeßkostenhilfe ist die unbemittelte Partei in der Lage, einen Anwalt mit ihrer Rechtsverfolgung zu beauftragen, und damit erstmals in der gleichen Situation , in der sich die bemittelte Partei nach Zustellung der anzufechtenden Entscheidung befindet. Ihr verbleibt für die Begründung ihres Rechtsmittels
nach der vorgesehenen Regelung aber nur ein Monat, während der bemittelten Partei nicht nur zwei Monate zur Verfügung stehen, sondern auch die Möglichkeit , fristwahrend Verlängerung der Begründungsfrist zu beantragen.
b) Dieses Ergebnis entspräche im übrigen nur im Ansatz den Lösungen, die andere oberste Bundesgerichte für ihre jeweiligen Verfahrensordnungen, in denen das Problem ebenfalls besteht, bereits vorgezeichnet haben. Die Regelung , daß die Frist zur Begründung eines Rechtsmittels (oder des Rechtsbehelfs der Nichtzulassungsbeschwerde) unabhängig von dessen Einlegung in Lauf gesetzt wird, findet sich auch in anderen, älteren Verfahrensordnungen, die dem § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO entsprechende Regelungen über die Wiedereinsetzung enthalten (vgl. § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO in der ab 1. Januar 1991 geltenden Fassung, § 67 Abs. 2 Satz 3 SGG in der ab 1. Januar 1975 geltenden Fassung, § 56 Abs. 2 Satz 3 FGO in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung, § 45 Abs. 2 Satz 2 StPO in der seit 1. April 1987 geltenden Fassung). Insoweit macht es, auch wenn der Ablauf der Frist dadurch um wenige Tage variieren kann, sachlich keinen grundlegenden Unterschied, ob die Begründungsfrist unmittelbar an das Datum der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung anknüpft (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO in der ab 1. Januar 1991 geltenden Fassung: Nichtzulassungsbeschwerde; § 139 Abs. 3 Satz 1 VwGO in der ab 1. Januar 1991 geltenden Fassung: Revision; § 160 a Abs. 2 Satz 1 SGG in der seit 1. Januar 1975 geltenden Fassung: Nichtzulassungsbeschwerde ; § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung : Berufung; § 72 a ArbGG in der ab 1. Juli 1979 geltenden Fassung: Nichtzulassungsbeschwerde ) oder aber so definiert wird, daß sie mit Ablauf der Einlegungsfrist beginnt, die ihrerseits mit der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung beginnt (vgl. § 317 StPO: Berufung in Strafsachen; § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO: Revision in Strafsachen).
Trotz des teilweise identischen Wortlauts der jeweils einschlägigen prozessualen Vorschriften ist die Frage, wann die Rechtsmittelbegründungsfrist zu laufen beginnt, wenn Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einlegungsfrist beantragt wird, von den obersten Bundesgerichten unterschiedlich beantwortet worden (vgl. BFH BB 1995, 32, 33 m.N.; BFH NJW 2003, 1550, 1551). Für den Fall, daß dem armen Rechtsmittelführer nach der Entscheidung über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Rechtsmitteleinlegungsfrist gewährt worden ist, sieht die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160 a Abs. 2 Satz 1 SGG (vgl. BSG SozR 1500 § 67 SGG Nr. 13 und § 164 SGG Nr. 9), des Bundesverwaltungsgerichts zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO (vgl. BVerwG NJW 1992, 2307) und zur Begründung der Revision (Buchholz 310 § 139 VwGO Nr. 84), des Bundesarbeitsgerichts zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a Abs. 3 ArbGG (NJW 1984, 941) sowie des 2. Strafsenats zur Begründung der Rechtsbeschwerde nach § 345 Abs. 1 StPO (BGHSt 30, 335, 338) und zur Begründung der Revision (BGH, Beschluß vom 25. Oktober 1989 - 2 StR 459/89 - BGHR StPO § 345 Abs. 1 Fristbeginn 3), vor, daß dem im Prozeßkostenhilfeverfahren erfolgreichen Rechtsmittelführer zur Begründung seines Rechtsmittels nach Zustellung der Entscheidung
über die Wiedereinsetzung in die Einlegungsfrist zumindest die Frist verbleiben muß, um die die im Gesetz vorgesehene Begründungsfrist die Einlegungsfrist überschreitet, nämlich ein Monat.
c) Gegen diese Lösung, die Begründungsfrist erst mit der Zustellung der Wiedereinsetzungsentscheidung und nicht schon der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe beginnen zu lassen, spricht nach Auffassung des Senats, daß sie in Fällen, in denen nach der Prozeßkostenhilfeentscheidung umgehend Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einlegungsfrist gewährt wird, für die arme Partei im Ergebnis zu einer Verkürzung der vom Gesetz vorgesehenen Begründungsfrist von zwei Monaten führen kann, und umgekehrt, daß sie in Fällen, in denen das Gericht erst sehr viel später über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet, den Beginn der (einmonatigen) Begründungsfrist in nicht gerechtfertigter Weise zu ihren Gunsten hinausschieben würde. Denn die arme Partei, der auf ihren rechtzeitigen und vollständigen Antrag hin Prozeßkostenhilfe bewilligt worden ist, kann sich von diesem Zeitpunkt an der zu gewährenden Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einlegungsfrist gewiß sein, sofern sie nur innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO Wiedereinsetzung beantragt und die Einlegung des Rechtsmittels nachholt. Gleiches gilt für die Partei, der Prozeßkostenhilfe versagt worden ist, die sich aber für bedürftig halten durfte. Die Zeit bis zur Wiedereinsetzungsentscheidung stünde ihr daher zusätzlich zu der sich daran anschließenden Monatsfrist zur Begründung des Rechtsmittels zur Verfügung; für diesen Vorteil im Vergleich zu einer bemittelten Partei ist eine sachliche Rechtfertigung nicht ersichtlich. 5. Das Bundesverwaltungsgericht (DVBl. 2002, 1050) hat lediglich für den Sonderfall, daß das Berufungsgericht von einer gesonderten Wiedereinsetzung in die Einlegungsfrist abgesehen hat, die zweimonatige Begründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO (deren Lauf ebenso geregelt ist wie der Lauf der
Berufungsbegründungsfrist in § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) mit Zustellung der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe erneut beginnen lassen und ist damit für diesen Fall ebenfalls zu dem vom erkennenden Senat für angemessen gehaltenen Ergebnis gelangt. Allerdings erscheint die Beschränkung auf Fälle des Absehens von einer gesonderten Wiedereinsetzung bedenklich. Da die Partei nicht voraussehen kann, ob und gegebenenfalls wann das Gericht eine gesonderte Entscheidung über die beantragte Wiedereinsetzung treffen wird, bliebe sie im Ungewissen, ob die zweimonatige Begründungsfrist mit der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe zu laufen begonnen hat, oder ob demnächst an deren Stelle eine mit der Wiedereinsetzungsentscheidung beginnende einmonatige Frist treten wird. Dies liefe dem ursprünglichen Anliegen des ZPO-Reformgesetzes zuwider, die Berechnung von Rechtsmittelbegründungsfristen zu vereinfachen und Irrtümer zu vermeiden. Zugleich läßt diese Lösung die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Rechtsmittelklarheit (vgl. BVerfG ZIP 2003, 1102, 1109) vermissen. 6. Im vorliegenden Fall bedarf es indes keiner abschließenden Entscheidung , ob bis zu einer Neuregelung des § 234 Abs. 1 ZPO den Erwägungen des Senats (oben zu 3), der Rechtsprechung anderer Bundesgerichte (oben zu 4 b) oder für den hier vorliegenden Sonderfall der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (oben zu 5) zu folgen ist. Nach allen drei Auffassungen hat die Klägerin nämlich durch ihre am 27. Juni 2002 eingegangene Berufungsbegründung die Begründungsfrist gewahrt : nach der Auffassung des Senats - und im Ergebnis ebenso nach der Entscheidung BVerwG DVBl. 2002, 1050 -, weil die zweimonatige Begründungsfrist erst mit der Zustellung der Prozeßkostenhilfebewilligung am 14. Mai 2002 zu laufen begann, und desgleichen nach der oben zu 4 zitierten Recht-
sprechung, derzufolge eine einmonatige Begründungsfrist erst mit der Zustellung der vorliegenden Entscheidung des Senats beginnt, die der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gewährt. Da die Klägerin die Frist zur Begründung ihrer Berufung somit nicht versäumt hat und es der von ihr vorsorglich auch insoweit beantragten Wiedereinsetzung nicht bedarf, war die angefochtene, die Berufung verwerfende Entscheidung des Oberlandesgerichts aufzuheben.
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Vézina

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.