vorgehend
Amtsgericht Kaiserslautern, 5 F 342/04, 14.07.2004
Landgericht Zweibrücken, 5 UF 131/04, 29.09.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 224/04
vom
18. Januar 2006
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Januar 2006 durch den
Richter Sprick, die Richterin Weber-Monecke, den Richter Prof. Dr. Wagenitz,
die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat vom 29. September 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Beschwerdewert: 2.000 €

Gründe:


I.

1
Das Urteil des Amtsgerichts Kaiserslautern, mit dem die Vaterschaftsanfechtungsklage des Klägers abgewiesen wurde, ist diesem am 15. Juli 2004 zugestellt worden. Dagegen legte der Kläger mit auf den 12. August 2004 datiertem Schriftsatz Berufung ein, der beim Oberlandesgericht Zweibrücken am Dienstag, dem 17. August 2004, einging.
2
Nach telefonischem Hinweis der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts auf den verspäteten Eingang versicherte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Fax vom 18. August 2004, die Berufungsschrift am 13. August 2004 persönlich zur Post gegeben zu haben, so dass der verspätete Eingang am 17. August 2004 nicht erklärbar sei und dem Kläger nicht zum Verschulden gereiche. Ein ausdrückliches Wiedereinsetzungsgesuch enthält dieser Schriftsatz nicht.
3
Mit erneutem Hinweis vom 16. September 2004 teilte das Oberlandesgericht mit, es beabsichtige, die Berufung unabhängig davon zu verwerfen, ob dem Kläger Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren sei, weil inzwischen auch die Berufungsbegründungsfrist (Ablauf 15. September 2004) versäumt sei.
4
Mit vorab per Fax übermitteltem Schriftsatz vom 24. September 2004, der wiederum keinen ausdrücklichen Antrag auf Wiedereinsetzung enthält, erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, diesen Hinweis am 23. September 2004 erhalten zu haben, und versicherte wiederum an Eides statt, die Berufungsbegründung am 13. September 2004 gefertigt und zur Post gegeben zu haben. Er beantrage deshalb, die Berufung nicht als unzulässig zu verwerfen.
5
Das Berufungsgericht wies den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist zurück und verwarf die Berufung des Klägers als unzulässig.
6
Zur Begründung führte es aus, der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe Wiedereinsetzung rechtfertigende Tatsachen trotz eidesstattlicher Versicherung nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Der Senat sei von der Richtigkeit dieser Angaben nicht überzeugt, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers die beiden als Wiedereinsetzungsgesuche anzusehenden Schriftsätze jeweils per Fax übermittelt habe, obwohl insoweit kein naher Fristablauf gedroht habe, nicht aber die jeweils erst relativ kurz vor Fristablauf gefertigte Berufungsschrift und Berufungsbegründungsschrift. Hier hätte es aber um so näher gelegen, zumindest die Berufungsbegründungsschrift per Fax zu übermitteln, nachdem sich herausgestellt habe, dass die Berufungsschrift nicht innerhalb der üblichen Postlaufzeit eingegangen sei. Es erscheine auch ganz unwahrscheinlich, dass die Postbeförderung der Berufungsschrift sieben Tage gedauert haben solle, es sei denn, der Schriftsatz sei nicht ordnungsgemäß adressiert worden, in sonstiger Weise mangelhaft, oder nicht ordnungsgemäß aufgegeben worden, wozu im Übrigen näherer Vortrag fehle.
7
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers, mit der er die Aufhebung des Verwerfungsbeschlusses erstrebt und seine Wiedereinsetzungsgesuche gegen die Versäumung beider Fristen weiterverfolgt.

II.

8
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie hat jedoch mangels Vorliegen von Zulassungsgründen keinen Erfolg, denn das Oberlandesgericht hat die Berufung im Ergebnis zu Recht als unzulässig verworfen.
9
1. Das Berufungsgericht hat die Berufung letztlich wegen verschuldeter Versäumnis der Berufungsbegründungsfrist verworfen. Ob die hierfür gegebene Begründung der rechtlichen Prüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht standhält, bedarf hier keiner Entscheidung. Zwar vermag der Senat der Ansicht des Berufungsgerichts nicht zu folgen, bereits die einmalige Überschreitung der üblichen Postlaufzeit bei der Beförderung der Berufungsschrift hätte den Anwalt veranlassen müssen, die Berufungsbegründung per Fax zu übermitteln, statt erneut auf die Zuverlässigkeit der Postbeförderung zu vertrauen. Darauf und auf die insoweit von der Rechtsbeschwerde aufgeworfenen weiteren Rechtsfragen kommt es aber nicht an, weil der Kläger bereits die Berufungsfrist versäumt hatte und in seinem als Wiedereinsetzungsgesuch auszulegenden Schriftsatz vom 18. August 2004 die Möglichkeit, dass dies auf ein dem Kläger zuzurechnendes Verschulden (§ 85 Abs. 2 ZPO) zurückzuführen ist, nicht ausgeräumt hat.
10
2. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in diesem Schriftsatz lediglich an Eides statt versichert, die Berufungsschrift am 13. August 2004 (Freitag ) persönlich zur Post gegeben und darauf vertraut zu haben, er werde fristgerecht am 16. August 2004 (Montag) bei dem Berufungsgericht eingehen.
11
a) Grundsätzlich darf eine Partei eine einzuhaltende Frist zwar bis zum letztmöglichen Tag ausnutzen und darauf vertrauen, dass die mit der Beförderung eines fristwahrenden Schriftsatzes betraute Post die von ihr nach ihren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten auch einhalten werde (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2003 - X ZB 7/02 - NJW-RR 2003, 1000 f.).
12
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist kann aber nicht gewährt werden, wenn die Überschreitung der üblichen Postlaufzeit auf Umständen beruht, die der Partei oder ihrem Prozessbevollmächtigten zum Verschulden gereichen, oder wenn dies zumindest möglich erscheint und in der Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs nicht ausgeräumt ist.
13
b) Dies gilt insbesondere, wenn bei der Adressierung eines fristwahrenden Schriftsatzes der Anschrift des Rechtsmittelgerichts keine oder eine unzutreffende Postleitzahl vorangestellt ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Januar 2003 aaO, vom 10. März 1993 - VIII ZB 1/93 - VersR 1994, 75 und vom 15. Oktober 1999 - V ZR 50/99 - NJW 2000, 82). Das ist hier der Fall. Die richti- ge Postleitzahl des Oberlandesgerichts Zweibrücken lautet - bei Verwendung der Anschrift Schlossplatz 7 - 66482 und - bei Verwendung der Postfachanschrift - 66464. In der Berufungsschrift ist hingegen die unzutreffende sechsstellige Postleitzahl 193394 angegeben. Es liegt auf der Hand, dass der verzögerte Eingang dieses Schriftsatzes auch darauf zurückzuführen sein kann.
14
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2004 (nach Erlass des angefochtenen Beschlusses) vorgetragen hat, er habe nachträglich "unter der Hand" erfahren, dass bei der Postfiliale seines Kanzleisitzes die Post auch das eine oder andere Mal über das Wochenende liegen bleibe. Es kann dahinstehen , ob dieses Vorbringen noch hätte berücksichtigt werden können, weil es ohnehin nicht geeignet ist, die Möglichkeit auszuräumen, dass der verspätete Eingang der Berufungsschrift auf der Angabe einer unzutreffenden Postleitzahl beruhte. Die Kausalität dieses Umstandes wäre nur ausgeräumt, wenn der Kläger hinreichend glaubhaft gemacht hätte, dass die Postsendung auch bei richtiger Angabe der Postleitzahl erst nach Fristablauf eingegangen wäre.
15
Hierfür reicht es - entgegen der von der Rechtsbeschwerde mit Schriftsatz vom 31. August 2005 vertretenen Auffassung - nicht aus, auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass die falsche Postleitzahl hier angesichts der vorgetragenen Missstände im Postamt Osterholz-Scharmbeck ausnahmsweise zu einer Beschleunigung statt zu einer Verzögerung geführt haben könnte, da die falsch adressierte Berufungsschrift immerhin nach fünf Tagen, die richtig adressierte Berufungsbegründung hingegen erst nach sieben Tagen zugestellt worden sei. Dass diese Möglichkeit nicht ganz fern liegen mag, bedeutet nämlich noch nicht, dass die falsche Postleitzahlangabe als Ursache der eingetretenen Verzögerung auszuschließen ist oder zumindest höchst unwahrscheinlich wäre. Etwas anderes könnte gelten, wenn der Kläger glaubhaft gemacht hätte, dass in der fraglichen Zeit bei diesem Postamt eingelieferte Briefe stets mehrere Tage unbearbeitet liegen blieben. Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2004 hatte er aber nur vortragen lassen, diese Postfiliale lasse Briefsendungen "über das Wochenende auch das eine oder andere Mal" liegen.
16
c) Zwar darf der Rechtsanwalt die erforderliche Überprüfung der Anschrift des Rechtsmittelgerichts einschließlich der zugehörigen Postleitzahl zumindest dann, wenn es sich - anders als hier - um ein ortsansässiges Gericht handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2003 aaO), seinem zuverlässigen und gut geschulten Büropersonal überlassen, ohne das Ergebnis dann selbst noch einmal überprüfen zu müssen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. März 1993 aaO und vom 15. Oktober 1999 aaO). Hier hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers aber weder vorgetragen, diese Aufgabe durch geeignete organisatorische Maßnahmen seinem Büropersonal übertragen zu haben, noch hat er dessen ausreichende Schulung und Zuverlässigkeit dargelegt.
17
d) Dies kann in der Rechtsbeschwerdeinstanz auch nicht mehr nachgeholt werden, da es sich insoweit nicht lediglich um eine Erläuterung oder Vervollständigung innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist gemachter unklarer oder ungenauer Angaben handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 2004 - IX ZB 71/03 - FamRZ 2004, 1552), sondern neuen Vortrag darstellen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juni 2002 - I ZB 28/01 - BGHReport 2002, 1114 f.). Alle Tatsachen, die für die Wiedereinsetzung von Bedeutung sein können, müssen nämlich innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist der §§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO vorgetragen werden. Beruft der Antragsteller sich insoweit auf eine ungewöhnlich lange Postlaufzeit, braucht er zwar nicht ausdrücklich vorzutragen, den fristwahrenden Schriftsatz vollständig und richtig adressiert zu haben, wenn und soweit sich dies ohne weiteres aus dem Schriftsatz selbst ergibt. Ist allerdings - wie hier - das Gegenteil der Fall, muss innerhalb der Wiedereinset- zungsfrist auch dargelegt werden, warum dies ausnahmsweise nicht auf einem der Partei zuzurechnenden Verschulden beruhe.
18
3. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, diese Präklusion neuen Wiedereinsetzungsvorbringens führe jedenfalls dann, wenn das Rechtsbeschwerdegericht auf einen vom Berufungsgericht nicht gewürdigten und auch nicht zum Gegenstand eines Hinweises nach § 139 ZPO gemachten Umstand (hier: falsche Postleitzahl) abstelle, im Ergebnis zu einer Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
19
Da die Wiedereinsetzung zu den Voraussetzungen der Zulässigkeit der Berufung gehört, ist das Rechtsbeschwerdegericht zu einer uneingeschränkten Prüfung von Amts wegen berufen; bindend ist nur eine bereits gewährte Wiedereinsetzung (§ 238 Abs. 3 ZPO). Dabei ist es abweichend von § 561 Abs. 2 ZPO an die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht gebunden , sondern insbesondere dazu berufen, die Beweislage selbständig zu würdigen (vgl. Senatsurteil vom 2. November 1988 - IVb ZR 109/87 - BGH-DAT und JURIS unter 1. m.N., insoweit in FamRZ 1989, 373 f. nicht abgedruckt).
20
Hier ergab sich die Angabe einer falschen Postleitzahl bereits aus der bei den Akten befindlichen Berufungsschrift, deren Adressierung das Rechtsbeschwerdegericht bei der Beurteilung möglicher Ursachen der verzögerten Weiterleitung von Amts wegen zu überprüfen hatte.
21
Zu einem entsprechenden Hinweis nach § 139 ZPO war das Berufungsgericht auch dann, wenn es die falsche Postleitzahl bemerkt hätte, schon deshalb nicht verpflichtet, weil es darauf nach seiner Rechtsauffassung - wegen auch verspäteter Berufungsbegründung - nicht ankam.
22
Eine Verletzung rechtlichen Gehörs wegen der Präklusion nachträglichen Wiedereinsetzungsvorbringens liegt nicht vor, weil der Kläger - wie dargelegt - nicht nur Gelegenheit hatte, sondern es zu seinen Obliegenheiten gehörte, innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist alle Umstände vorzutragen, die für die Wiedereinsetzung von Bedeutung sein konnten. Hierzu gehörte auch die Darlegung der Gründe, die einerseits zu der Angabe einer falschen Postleitzahl geführt haben, diese andererseits aber nicht der Partei zum Verschulden gereichen lassen. Dem nachzugehen und dies vorzutragen bestand hier konkreter Anlass, weil die Partei bei einer auf verzögertem Postlauf beruhenden Versäumung einer Rechtsmittelfrist in ihrem Wiedereinsetzungsgesuch alle ihr zuzurechnenden möglichen Ursachen der Verzögerung auszuräumen hat (siehe oben 2 d), was stets auch eine Prüfung der Adressierung als der naheliegendsten Alternativursache voraussetzt. Sprick Weber-Monecke Wagenitz Vézina Dose
Vorinstanzen:
AG Kaiserslautern, Entscheidung vom 14.07.2004 - 5 F 342/04 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 29.09.2004 - 5 UF 131/04 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Jan. 2006 - XII ZB 224/04

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Jan. 2006 - XII ZB 224/04

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Jan. 2006 - XII ZB 224/04 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Jan. 2006 - XII ZB 224/04 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Jan. 2006 - XII ZB 224/04 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juni 2002 - I ZB 28/01

bei uns veröffentlicht am 04.06.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 28/01 vom 4. Juni 2002 in der Beschwerdesache Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 4. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. UngernSternberg , Prof. Starck, Pokr

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2003 - X ZB 7/02

bei uns veröffentlicht am 28.01.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 7/02 vom 28. Januar 2003 in dem Rechtsstreit Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Ase

Referenzen

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 7/02
vom
28. Januar 2003
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis und die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen,
Keukenschrijver und Asendorf
am 28. Januar 2003

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß des 22. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 17. Dezember 2001 aufgehoben.
Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt.
Der Beschwerdewert beträgt 258.236,15

Gründe:


I. Die Klägerin begehrt in dem wegen eines Schenkungsvertrags geführten Rechtsstreit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist, die nach Verlängerung durch den Vorsitzenden des Kammergerichts am 27. September 2001 ablief. Das Original der
14-seitigen, von Rechtsanwalt L. , einem der zweitinstanzlichen Prozeßbe- vollmächtigten der Klägerin, auf der letzten Seite unterschriebenen Berufungsbegründungsschrift ging erst am 28. September 2001 beim Kammergericht ein. Zuvor, nämlich laut Eingangsstempel des Kammergerichts am 26. September 2001, erreichte das Berufungsgericht lediglich die erste Seite dieser Berufungsbegründungsschrift als Telefax.
Das Kammergericht hat die Berufung der Klägerin durch am 17. Dezember 2001 gefaßten Beschluß unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs als unzulässig verworfen, weil es im Zusammenhang mit der Übermittlung der Berufungsbegründungsschrift zu einer Häufung von Fehlern gekommen sei, die den Schluß rechtfertigten, daß entweder die erforderlichen Anweisungen an das Büropersonal in der Kanzlei der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin nicht umfassend oder nicht mit der hinreichenden Klarheit erfolgt seien oder daß eine ausreichende Kontrolle des Büropersonals bezüglich der Einhaltung der Anweisungen nicht stattgefunden habe.
Gegen diesen, den zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin laut Empfangsbekenntnis am 21. Januar 2002 zugegangenen Beschluß hat die Klägerin am 4. Februar 2002 sofortige Beschwerde einlegt, mit der sie ihren Wiedereinsetzungsantrag weiterverfolgt und Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt.
II. 1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist nach §§ 519 b Abs. 2, 577 Abs. 2 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung statthaft. Diese Fassung ist nach § 26 Nr. 10 EGZPO maßgeblich, weil der die Berufung der Klägerin verwerfende Beschluß des Kammergerichts vom
17. Dezember 2001 der Geschäftsstelle des Berufungsgerichts vor dem 1. Januar 2002 übergeben worden ist.
2. Das auch im übrigen zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.

a) Der Klägerin ist gemäß §§ 234, 235 ZPO auf ihren in rechter Form und Frist angebrachten Antrag Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist zu gewähren. Daß die von Rechtsanwalt L. unterschriebene , 14 Seiten umfassende Berufungsbegründungsschrift erst am 28. September 2001 und damit verspätet beim Kammergericht eingegangen ist, beruhte darauf, daß sie am 25. September 2001 als einfacher Brief bei der Deutschen Post AG unter versehentlicher Angabe einer unrichtigen Postleitzahl bei im übrigen zutreffender Anschrift des Kammergerichts aufgegeben wurde. Dem liegt jedoch kein Verschulden eines Prozeßbevollmächtigten zugrunde, das die Klägerin gemäß § 85 ZPO zu vertreten hat, so daß die Klägerin ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten.
(1) Den zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin kann nicht vorgeworfen werden, daß die Berufungsbegründungsschrift erst zwei Werktage vor Ablauf der geltenden Berufungsbegründungsfrist abgesandt worden ist. Einem Anwalt ist es nicht verwehrt, die einzuhaltende Frist bis zum letztmöglichen Tag auszunutzen (vgl. BGHZ 9, 118, 119). Außerdem darf - wie das Bundesverfassungsgericht wiederholt ausgesprochen hat - damit gerechnet werden, daß von der mit der Beförderung eines Schriftstücks betrauten Post die von ihr nach ihren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten auch eingehalten werden (vgl. z.B. Beschl. v. 27.02.1992 - 1 BvR 1294/91, NJW 1992, 1952). Diese Recht-
sprechung hat - jedenfalls in dem hier interessierenden Rahmen - ihre Berechtigung nicht durch die "Privatisierung" der Deutschen Bundespost verloren, weil die Deutsche Post AG hinsichtlich der Beförderung von normalen Briefen nach wie vor ein Monopol hat. Da die normale Postlaufzeit bei derartigen Briefen erfahrungsgemäß nicht mehr als zwei Werktage (Zustelltage; vgl. BGH, Beschl. v. 11.10.1989 - IVa ZB 7/89, NJW 1990, 188) beträgt, genügte es deshalb, die Berufungsbegründungsschrift - wie geschehen - am 25. September 1991 an das Kammergericht abzusenden.
(2) Daß bei dieser Absendung der Kanzlei der zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin ein Fehler unterlief, weil die Anschrift des Kammergerichts mit einer unrichtigen Postleitzahl angegeben war, gereicht den Prozeßbevollmächtigten ebenfalls nicht zum Verschulden. Aufgrund der eidesstattlichen Versicherungen von Rechtsanwältin Dr. H. und der in der Berliner Praxis als Büroleiterin tätigen Rechtsanwaltsfachangestellten A. L. , deren Richtigkeit in dieser Hinsicht keinen greifbaren Zweifeln unterliegt, ist insoweit als glaubhaft gemacht davon auszugehen, daß diese zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte der Klägerin, als sie die hergestellte Berufungsbegründungsschrift am Vormittag des 25. September 2001 auf Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit überprüfte, die Büroleiterin anwies, vor Absendung, die noch am selben Tag erfolgen sollte, die auf der Schrift vermerkte Postleitzahl zu kontrollieren und im Falle eines Fehlers zu berichtigen, daß die Büroleiterin dieser Anweisung jedoch versehentlich nicht Folge leistete. Hiernach ist durch einen zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin eine konkrete Einzelanweisung an eine bestimmte weisungsgebundene Angestellte gegeben worden, die für den betreffenden Einzelfall bestimmt, geeignet und ausreichend war, bei entsprechender Befolgung den dann aufgetretenen Fehler zu verhin-
dern. Die Kontrolle und eventuell notwendig werdende Korrektur einer Postleit- zahl der Anschrift eines ortsansässigen Gerichts sind einfache Aufgaben, von denen ein Rechtsanwalt ohne weiteres annehmen darf, daß sie auf entsprechende Anweisung hin von einer ausgebildeten Rechtsanwaltsfachangestellten ohne weitere Anleitung und Überprüfung erledigt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 06.07.2000 - VII ZB 4/00, NJW 2000, 2823; auch Sen.Beschl. v. 27.10.1998 - X ZB 20/98, NJW 1999, 429). Sie durften deshalb - ohne sich einem Verschuldensvorwurf auszusetzen - auch Frau L. übertragen werden, die ausweislich der bereits genannten eidesstattlichen Versicherungen und der eidesstattlichen Versicherung der Rechtsanwältin N. damals bereits seit fünf Jahren im Beruf der Rechtsanwaltsfachangestellten tätig war und sich bisher als zuverlässig und gewissenhaft erwiesen hatte. Unter den glaubhaft gemachten Umständen beruhte die Fristversäumung mithin ausschließlich auf einem schuldhaften Fehlverhalten einer durch eine konkrete Einzelanweisung herangezogenen Kanzleiangestellten. Für deren Fehlverhalten hat eine Partei nach § 85 ZPO jedoch nicht einzustehen.
(3) Daran, daß die Klägerin, ohne es vertreten zu müssen, verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten, ändert auch der ebenfalls durch die eidesstattlichen Versicherungen der Rechtsanwältin Dr. H. und der Büroleiterin L. glaubhaft gemachte Umstand nichts, daß erst nach der Einzelanweisung an Frau L. die Berufungsbegründungsschrift Rechtsanwalt L. zur Unterschrift vorgelegt wurde und dieser zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte der Klägerin seine Unterschrift leistete, ohne den Fehler bei der Angabe der Postleitzahl zu bemerken. Denn ein Prozeßbevollmächtigter ist bei Unterzeichnung eines fristwahrenden Schriftstücks nach ständiger Rechtsprechung nicht gehalten, die Vollständigkeit einer im übrigen richtigen
Anschrift des Empfängers selbst zu prüfen (z.B. BGH, Urt. v. 15.10.1999 - V ZR 50/99, NJW 2000, 82).
(4) Da die Überprüfung der Postleitzahl durch einen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin mittels einer Einzelanweisung an eine Kanzleiangestellte veranlaßt war, die - nach Maßgabe des unter (1) Ausgeführten - bei Befolgung die Fristversäumung verhindert hätte, berührt es die Verschuldensfrage im vorliegenden Fall auch nicht, ob in der Berliner Kanzlei der zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin allgemein geeignete anwaltliche Maßnahmen ergriffen waren, die sicherstellten, daß fristwahrende Schriftstücke von den Mitarbeitern vollständig und richtig adressiert werden (vgl. BGH, Beschl. v. 06.07.2000 - VII ZB 4/00, NJW 2000, 2823).
(5) Unter den gegebenen Umständen ist es schließlich auch ohne Belang , ob ein Fehlverhalten der zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin dazu beigetragen hat, daß bei der am 25. September 2001 ebenfalls versuchten Telefaxübermittlung der Berufungsbegründungsschrift nur deren erste Seite an das Kammergericht übertragen wurde. Die Übermittlung einer Berufungsbegründungsschrift per Telefax stellt gegenüber der Übersendung des Originals per Post eine zusätzliche Maßnahme dar, zu welcher ein Prozeßbevollmächtigter nicht verpflichtet ist. Daß sie und wie sie im Einzelfall tatsächlich durchgeführt wurde, kann deshalb der vertretenen Partei nicht zum Nachteil gereichen (vgl. BGH, Beschl. v. 08.04.1992 - XII ZB 34/92, NJW-RR 1992, 1020, 1021 m.w.N.).
3. Da sonach der Klägerin Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist zu gewähren ist, ist die Verwerfung der Berufung durch das Kammergericht gegenstandslos (vgl. BGH, Beschl. v. 01.07.2002 - II ZB 11/01, MDR 2002, 1095, 1096 m.w.N.).
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 28/01
vom
4. Juni 2002
in der Beschwerdesache
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 4. Juni 2002 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. UngernSternberg
, Prof. Starck, Pokrant und Dr. Schaffert

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen - 1. Zivilsenat - vom 26. Oktober 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 35.780,37 ?

Gründe:


I. Die Klägerin hat Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Diese lief am 20. August 2001 ab. Die Berufungsbegründung ging erst am 21. August 2001 beim Berufungsgericht ein.
Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hat die Klägerin unter Vorlage eidesstattlicher Versicherungen ihres Prozeßbevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. H. und dessen Sekretärin Frau He. vorgetragen:
Der Berufungsbegründungsschriftsatz sei am 15. August 2001 im Entwurf erstellt und von ihrem Prozeßbevollmächtigten am 17. August 2001 über-
arbeitet worden. Die überarbeitete Fassung sei der Sekretärin ihres Prozeûbevollmächtigten , Frau He. , am 20. August 2001 vormittags übergeben worden mit der Anweisung, die Korrekturen vorzunehmen und den Schriftsatz im Anschluû an ihre Bürotätigkeit in den Nachtbriefkasten des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen einzuwerfen. Gegen 16.30 Uhr habe Frau He. den Schriftsatz fertiggestellt gehabt. Anschlieûend habe sie diesen ihrem Prozeûbevollmächtigten gesondert zur Durchsicht und Unterschrift vorgelegt. Gegen 17.00 Uhr habe ihr Prozeûbevollmächtigter den unterschriebenen Schriftsatz Frau He. mit der nochmaligen Anweisung übergeben, ihn nach Beendigung ihrer Bürotätigkeit um 17.30 Uhr in den Nachtbriefkasten des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen einzuwerfen. Frau He. sei gegen 17.30 Uhr mit dem unterschriebenen Schriftsatz von ihrem Arbeitsplatz zur Postausgangsstelle im Büro ihres Prozeûbevollmächtigten gegangen. Dort habe sie den Schriftsatz in einen Briefumschlag gesteckt. Anschlieûend habe sie ein längeres privates Telefongespräch geführt. Im Anschluû daran habe sie das Büro ohne den Schriftsatz verlassen. Die für den Postausgang zuständige Mitarbeiterin habe den Schriftsatz, von dem sie habe annehmen müssen, daû er am nächsten Tag zu Gericht habe gebracht werden sollen, in den Gerichtspostkorb gelegt. Am nächsten Morgen sei der Schriftsatz auch von einem Boten zu Gericht gebracht worden.
FrauHe. sei von 1998 bis 2001 im Büro ihres Prozeûbevollmächtigten als Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte ausgebildet worden. Rechtsanwalt Dr. H. habe sowohl die Fristnotierung als auch die Botengänge von Frau He. in Stichproben geprüft. Beanstandungen habe es dabei nicht gegeben.
Der Vorsitzende des 1. Zivilsenats des Berufungsgerichts hat dem Prozeûbevollmächtigten der Klägerin aufgegeben, dem Gericht eine Kopie sämtlicher Eintragungen aus seinem Fristenkalender für den 20. und 21. August 2001 vorzulegen. Mit Schriftsatz vom 19. September 2001 hat Rechtsanwalt Dr. H. lediglich eine Kopie des Fristenkalenders für den 16. August 2001 vorgelegt. Zugleich hat er in dem genannten Schriftsatz (erstmals) ausgeführt, die Akten seien ihm am 16. August 2001 als Ablauffrist wiedervorgelegt worden. Da die weitere Bearbeitung an diesem Tag nicht habe erfolgen können, sei die Frist auf den absoluten Ablauf vornotiert worden. Allerdings habe Frau He. die Frist nicht auf den 20. August, sondern versehentlich auf den 21. August 2001 vornotiert, weil sie übersehen habe, daû zwar das Urteil am 21. Juni 2001 zugestellt, die Berufung aber bereits am 20. Juli 2001 eingelegt worden war. Die fehlerhaft notierte Frist sei ihm, dem Prozeûbevollmächtigten der Klägerin, bei der Überarbeitung des Schriftsatzes am Abend des 17. August 2001 aufgefallen. Aufgrund dessen habe er am Vormittag des 20. August 2001 Frau He. die Anweisung erteilt, den Schriftsatz im Anschluû an ihre Bürotätigkeit in den Nachtbriefkasten des Berufungsgerichts einzuwerfen, so daû die Frist auf jeden Fall gewahrt gewesen wäre. Diese Anweisung habe er am 20. August 2001 gegen 17.00 Uhr noch einmal wiederholt, um sicherzustellen, daû der Schriftsatz auch rechtzeitig in den Nachtbriefkasten des Berufungsgerichts eingeworfen werde.
Das Berufungsgericht hat den Antrag, der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Den Prozeûbevollmächtigten der Klägerin treffe unter Zugrundelegung seines eigenen Vortrags ein eigenes Verschulden daran, daû die Berufungs-
begründungsschrift nicht innerhalb der gesetzlichen Frist des § 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F., die am 20. August 2001 abgelaufen sei, bei dem Berufungsgericht eingegangen sei. Die der Sekretärin erteilte Weisung habe bei den besonderen Umständen des vorliegenden Falles für sich allein nicht ausgereicht, um den anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist zu genügen. Da der Prozeûbevollmächtigte der Klägerin die Frist zur Rechtsmittelbegründung bis zum letzten Tag und über das Ende der Dienststunden des Berufungsgerichts hinaus habe ausschöpfen wollen, habe ihm im Zusammenhang mit der Fristwahrung eine erhöhte Sorgfaltspflicht oblegen. Diesen erhöhten Sorgfaltsanforderungen werde das Verhalten des Prozeûbevollmächtigten der Klägerin nicht gerecht. Es sei zu berücksichtigen , daû seine Sekretärin, Frau He. , erst "im Jahre 2001" ihre Ausbildung als Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte abgeschlossen habe. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daû Frau He. Ende August 2001 noch nicht über eine nennenswerte erfolgreiche Berufspraxis als Anwaltsgehilfin verfügt habe.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Der Klägerin ist ein schuldhafter Verstoû ihres Prozeûbevollmächtigten gegen seine anwaltliche Sorgfaltspflicht anzulasten ( § 85 Abs. 2 ZPO). Es ist nicht auszuschlieûen, daû dieses Verschulden zur Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beigetragen hat.
1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, daû der Prozeûbevollmächtigte der Klägerin seinen anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist unter den im vorliegenden Fall gegebenen besonderen Umständen nicht dadurch genügt hat, daû er seiner Sekretärin, Frau He. , am 20. August 2001 die Anweisung
erteilt hat, die Berufungsbegründungsschrift noch am selben Tag nach Büroschluû in den Nachtbriefkasten des Oberlandesgerichts einzuwerfen.

a) Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin steht fest, daû die Sekretärin ihres Prozeûbevollmächtigten den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist falsch berechnet und notiert hatte, nämlich auf den 21. August 2001, statt - wie es richtig gewesen wäre - auf den 20. August 2001. Der Prozeûbevollmächtigte der Klägerin hatte das Fehlverhalten seiner Sekretärin rechtzeitig vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist bemerkt. Es hätte ihm - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - Veranlassung geben müssen, die fehlerhafte Fristberechnung und -notierung gegenüber seiner Sekretärin ausdrücklich zu rügen, um einen möglichen Irrtum über den tatsächlichen Fristablauf auszuräumen und ihr zudem unmiûverständlich zu verdeutlichen, daû die Weisung, die Berufungsbegründungsschrift noch am 20. August 2001 in den Nachtbriefkasten des Oberlandesgerichts einzuwerfen, wegen Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist unbedingt befolgt werden muûte. Daû eine derartige Aufklärung der Sekretärin durch den Prozeûbevollmächtigten erfolgt ist, hat die Klägerin innerhalb der Frist des § 234 ZPO weder dargelegt noch glaubhaft gemacht.

b) Das Vorbringen der Klägerin in der Beschwerdebegründung vermag das Verschulden ihres Prozeûbevollmächtigten nicht auszuräumen und die Wiedereinsetzung nicht zu rechtfertigen, weil dieser Vortrag nicht berücksichtigt werden darf.
Zwar kann gemäû § 570 ZPO a.F. eine Beschwerde grundsätzlich auch auf neue Tatsachen gestützt werden. Soweit sich die Beschwerde jedoch gegen einen die Wiedereinsetzung ablehnenden Beschluû richtet, ist zu beach-
ten, daû alle Tatsachen, die für die Wiedereinsetzung von Bedeutung sein können, innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist (§ 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2 ZPO) vorgetragen werden müssen. Lediglich erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten war, dürfen nach Fristablauf erläutert und vervollständigt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschl. v. 26.11.1991 - XI ZB 10/91, NJW 1992, 697; Beschl. v. 4.5.1994 - XII ZB 21/94, NJW 1994, 2097, 2098; Beschl. v. 8.4.1997 - VI ZB 8/97, NJW 1997, 2120, 2121; Beschl. v. 5.10.1999 - VI ZB 22/99, NJW 2000, 365, 366).
Bei dem Vorbringen der Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung handelt es sich nicht um eine bloûe Ergänzung oder Erläuterung des ursprünglich geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrundes. Die Klägerin hatte geltend gemacht, ihr Prozeûbevollmächtigter habe seiner Sekretärin eine konkrete Einzelanweisung erteilt gehabt, die diese nicht erfüllt habe. Dieser Grund war weder unklar noch unvollständig dargestellt, sondern enthielt eine in sich geschlossene und als solche nicht ergänzungsbedürftige Schilderung eines der Fristversäumung zugrundeliegenden Versäumnisses der Sekretärin des Prozeûbevollmächtigten (vgl. zur Einzelanweisung BGH, Beschl. v. 1.2.2001 - I ZB 39/00, Umdr. S. 4). In der Beschwerdebegründung macht die Klägerin nunmehr geltend, ihr Prozeûbevollmächtigter habe seine Sekretärin ausdrücklich darauf hingewiesen, daû der Schriftsatz zur Fristwahrung "heute noch" zum Oberlandesgericht gebracht werden müsse. Hierbei handelt es sich um neuen Vortrag zur Erfüllung der anwaltlichen Sorgfalt durch ihren Prozeûbevollmächtigten , nachdem das Berufungsgericht gerade auf dessen Fehlen die Versagung der Wiedereinsetzung rechtlich zutreffend gestützt hatte. Damit kann die Klägerin nicht mehr gehört werden.
2. Ein weiterer Sorgfaltspflichtverstoû des Prozeûbevollmächtigten der Klägerin besteht darin, daû er nicht darauf hingewirkt hat, daû die falsch notierte Frist berichtigt worden ist. Wäre das geschehen, hätte die Erledigung der Fristsache vor Büroschluû nochmals überprüft werden müssen. Denn der Anwalt muû durch die Büroorganisation dafür Sorge tragen, daû die Erledigung fristgebundener Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders überprüft wird (vgl. BGH NJW 1997, 2120, 2121 m.w.N.). Die Notwendigkeit des Einwurfs der Berufungsbegründung am 20. August 2001 in den Nachtbriefkasten des Oberlandesgerichts wäre dann nochmals gesondert festgestellt worden.
III. Da somit Wiedereinsetzung nicht gewährt werden konnte, hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin mit Recht als unzulässig verworfen (§ 519b, § 519 Abs. 2 ZPO a.F.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Schaffert

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.