Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Feb. 2004 - XI ZB 37/03

bei uns veröffentlicht am17.02.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 37/03
vom
17. Februar 2004
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe und die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller,
Dr. Wassermann und Dr. Appl
am 17. Februar 2004

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden der Beschluß des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 21. Oktober 2003 aufgehoben und der Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Ravensburg vom 8. April 2003 - 2 O 354/02 - dahingehend abgeändert, daß der Beklagte der Klägerin über die in diesem Beschluß festgesetzten Kosten hinaus weitere 76,39 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 19. März 2003 zu erstatten hat.
Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 76,39

Gründe:


Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Festsetzung "!$# % &' )( * weiterer 76,39 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 und § 25 Abs. 2 BRAGO von dem Beklagten die geltend gemachten Reisekosten ihres erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten erstattet verlangen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei im Regelfall eine notwendige Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO dar (BGH, Beschlüsse vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 900, vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902, vom 11. Februar 2003 - VIII ZB 92/02, NJW 2003, 1534, vom 18. Februar 2003 - XI ZB 10/02, AnwBl. 2003, 311, vom 10. April 2003 - I ZB 36/02, NJW 2003, 2027, vom 9. Oktober 2003 - VII ZB 45/02, BGHReport 2004, 70, 71 und vom 11. November 2003 - VI ZB 41/03, Umdruck S. 6).
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann dann eingreifen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich sein wird. Dies kommt in Betracht bei gewerblichen Unternehmen, die über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, die die Sache bearbeitet
hat (BGH, Beschlüsse vom 16. Oktober 2002 aaO S. 901, vom 10. April 2003 aaO S. 2028 und vom 9. Oktober 2003 aaO S. 71).
Die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmetatbestandes liegen hier - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - nicht vor. Bei den im Rechtsstreit zu behandelnden Fragen - Schadensersatzhaftung einer Bank wegen Aufklärungsverschuldens im Zusammenhang mit einer finanzierten Immobilienfondsbeteiligung sowie Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Widerrufs des zu diesem Zweck geschlossenen Kreditvertrages nach dem Haustürwiderrufsgesetz - handelt es sich um sehr komplexe, rechtlich schwierige Fragen, die im Zeitpunkt der Anspruchsbegründung am 22. Oktober 2002 noch nicht umfassend durch die Rechtsprechung geklärt waren (vgl. etwa BGH, Urteil vom 12. November 2002 - XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331 ff. sowie - im Streitfall handelt es sich um einen Personalkredit - Urteile vom 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, WM 2003, 1762 ff., zum Abdruck in BGHZ vorgesehen, und vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232 ff.). Im Hinblick darauf war es für die Klägerin kein Routinegeschäft, den Beklagten aus dem Darlehen in Anspruch zu nehmen. Dies gilt umso mehr, weil der zu beurteilende Fall des finanzierten Erwerbs von Anteilen an einer Immobilienfondsgesellschaft exemplarischen Charakter hatte und damit für die Klägerin von ganz erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung war.
Bei dieser Sachlage war es auch aus der Sicht einer über eine Rechtsabteilung verfügenden Bank naheliegend, daß eine sachgerechte und ihre Interessen vollständig wahrende Prozeßführung die mündliche Besprechung tatsächlicher oder rechtlicher Fragen mit dem Prozeßbevollmächtigten erforderlich machen würde (vgl. auch Senat, Beschluß
vom 18. Februar 2003 - XI ZB 10/02, AnwBl. 2003, 311).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Appl

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 20. Juni 2012 - 9 W 8/12 - 1

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Tenor Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 22. Dezember 2011 – 8 O 54/10 – teilweise dahingehend abgeändert, dass die von der Antragstellerin an die Antragsgegnerin zu erstattenden Kost

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom
12. Dezember 2002
I ZB 29/02
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Beauftragt eine Partei, die im eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird, mit
ihrer Vertretung einen auswärtigen Rechtsanwalt, der beim Prozeßgericht zwar
postulationsfähig, aber nicht zugelassen ist, handelt es sich bei dem dadurch anfallenden
Mehraufwand regelmäßig nicht um Kosten, die für eine zweckentsprechende
Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig sind. Dies gilt auch dann,
wenn der auswärtige Anwalt bereits vorprozessual in derselben Angelegenheit tätig
war.
BGH, Beschl. v. 12. Dezember 2002 – I ZB 29/02 – OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. Dezember 2002 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg
, Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm und Dr. Schaffert

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. Juli 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 83,18 esetzt.

Gründe:


I. Die bis Juli 2000 in Pfinztal-Söllingen im Landgerichtsbezirk Karlsruhe und danach in Eisenach ansässige Beklagte wurde vor dem Landgericht Karlsruhe mit Klage vom 5. Januar 2000 auf Unterlassung in Anspruch genommen. Mit ihrer Vertretung beauftragte sie die Rechtsanwälte einer u.a. in Stuttgart ansässigen überörtlichen Sozietät, die sie ständig vertreten und auch in dieser Sache bereits außergerichtlich für sie tätig geworden waren. Die beiden Verhandlungstermine vor dem Landgericht Karlsruhe nahm für sie ein Stuttgarter Rechtsanwalt dieser Sozietät wahr, der beim Landgericht Karlsruhe nicht zugelassen ist. Nach dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Karlsruhe hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Beklagte hat u.a. die Festsetzung folgender Kosten für die Wahrnehmung der beiden Verhandlungstermine vor dem Landgericht Karlsruhe durch ihre Prozeßbevollmächtigten begehrt:
Termin vom 18.10.2000: Fahrtkosten gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO (142 km × 0,52 DM) 73,84 DM Parkgebühren gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO 8,00 DM Abwesenheitsgeld gemäß § 28 Abs. 3 BRAGO 60,00 DM Termin vom 2.5.2001: Fahrtkosten gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO (142 km × 0,52 DM) 73,84 DM Abwesenheitsgeld gemäß § 28 Abs. 3 BRAGO 30,00 DM Summe 245,68 DM
Hiervon hat das Landgericht lediglich einen Betrag in Höhe von 42,44 83 DM) zuerkannt. Dies entspricht den Kosten, die der Beklagten im Falle der Beauftragung eines Karlsruher Rechtsanwalts für eine Informationsreise entstanden wären (Fahrtkosten: 20 km × 0,40 DM/km + Verdienstausfall: 3 St. × 25 DM/St.).
Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die – vom Beschwerdegericht zugelassene – Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie ihren Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der nicht zuerkannten Reisekosten in Höhe von 83,18 162,68 DM) nebst Zinsen weiterverfolgt.
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Das Beschwerdegericht hat die Mehrkosten, die im Streitfall durch die Beauftragung eines Stuttgarter statt eines Karlsruher Rechtsanwalts entstanden sind, als nicht erstattungsfähig angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Auch wenn seit dem 1. Januar 2000 nach § 78 Abs. 1 ZPO jeder bei einem Land-
gericht zugelassene Rechtsanwalt bei jedem anderen Landgericht postulationsfä- hig sei, seien nur die Kosten zu erstatten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig gewesen seien. Denn die Erweiterung des örtlichen Tätigkeitsbereichs der Rechtsanwälte habe nichts daran geändert, daß Prozeßkosten nach § 91 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nur im Rahmen des Notwendigen zu erstatten seien. Die Zuziehung eines in Stuttgart ansässigen statt eines Karlsruher Rechtsanwalts sei in diesem Sinne nicht notwendig gewesen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die mit der Prozeßvertretung beauftragten Rechtsanwälte schon außergerichtlich für die Beklagte tätig gewesen seien.
2. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.

a) Die Erstattungsfähigkeit der im Streit befindlichen Reisekosten hängt allein davon ab, ob es für die Beklagte notwendig war, einen Rechtsanwalt mit der Prozeßvertretung zu beauftragen, der nicht am Ort des Prozeßgerichts, sondern in Stuttgart ansässig ist (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO). Die Bestimmung des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO, nach der die Reisekosten des beim Prozeßgericht zugelassenen , aber nicht am Ort des Prozeßgerichts ansässigen Rechtsanwalts generell nicht zu erstatten sind, findet im Streitfall – entgegen einer in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretenen Ansicht (vgl. OLG Hamburg OLG-Rep 2001, 96, 97; OLG Zweibrücken NJW-RR 2001, 1001, 1002; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 91 Rdn. 18; Bischof, MDR 2000, 1357, 1359) – keine Anwendung. Wie der Bundesgerichtshof durch Beschluß vom 16. Oktober 2002 (VIII ZB 30/02, Umdruck S. 7 ff.) entschieden hat, steht der Wortlaut des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO einer unmittelbaren Anwendung, das Fehlen einer Regelungslücke einer entsprechenden Anwendung entgegen.

b) Für die Frage, ob die Zuziehung eines nicht beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalts im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO als zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig anzusehen ist, sind drei Fallkonstellationen zu unterscheiden. Der Streitfall zeichnet sich dadurch aus, daß die Beklagte im eigenen Gerichtsstand in Karlsruhe verklagt worden ist, mit ihrer Vertretung jedoch einen auswärtigen Rechtsanwalt beauftragt hat, der zwar vor dem Landgericht Karlsruhe auftreten konnte (§ 78 Abs. 1 ZPO), dort aber nicht zugelassen war. Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen eine Partei bei einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird, mit ihrer Vertretung jedoch einen am Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt beauftragt. Die dritte Kategorie betrifft die Fälle, in denen eine Partei bei einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird und mit ihrer Vertretung einen Rechtsanwalt beauftragt, der an einem dritten Ort – also weder am Wohn- oder Geschäftsort der Partei noch im Bezirk des Prozeßgerichts – ansässig ist.
Für die zweite Fallkonstellation hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, daß die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts regelmäßig zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig ist (Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, Umdruck S. 10 ff.). Diese Entscheidung sagt indessen nichts darüber aus, ob regelmäßig auch die Beauftragung eines auswärtigen, also nicht am Wohn- oder Geschäftssitz der Partei ansässigen Rechtsanwalts als notwendig angesehen werden kann. Diese Frage ist jedenfalls für die hier allein zu entscheidende erste Konstellation zu verneinen, in der die Partei – wie vorliegend – im eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird (ebenso OLG Frankfurt a.M. OLG-Rep 2000, 301, 302; OLG Koblenz JurBüro 2002, 202).
aa) Bei der Prüfung, ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme notwendig ist i.S. von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO, ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist,
steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall mit Fug darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht.
bb) Als Regelfall kann davon ausgegangen werden, daß eine vernünftige, kostenbewußte Partei, die im Anwaltsprozeß am eigenen Sitz klagen möchte oder am eigenen Sitz verklagt wird, einen beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt.
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß die Beauftragung eines Rechtsanwalts, der seine Kanzlei in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsortes der Partei hat, in der Regel als notwendige Maßnahme der Rechtsverfolgung oder -verteidigung anzuerkennen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, Umdruck S. 10 f.). Dies ist ausgesprochen worden für diejenigen Fälle, in denen eine Partei vor einem auswärtigen Gericht klagen möchte oder verklagt wird, gilt aber um so mehr für eine Partei, die einen Prozeß im eigenen Gerichtsstand führen möchte oder führen muß. Die Beauftragung eines beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalts empfiehlt sich hier in aller Regel nicht nur wegen der geringeren Kosten, sondern auch im Hinblick auf die einfacheren Möglichkeiten der persönlichen Unterrichtung und Beratung.
cc) Von der Regel, daß im allgemeinen allein die Beauftragung eines beim Prozeßgericht zugelassenen, in seinem Bezirk ansässigen Rechtsanwalts notwendig ist, kann es Ausnahmen geben. Im Streitfall liegt eine solche Ausnahme aber nicht vor.
Die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts erscheint dann als notwendig, wenn ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht
beauftragt werden kann (vgl. MünchKomm.ZPO/Belz, 2. Aufl., § 91 Rdn. 27; Zöller /Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rdn. 13 Stichwort „Reisekosten des Anwalts“ m.w.N.). Dagegen rechtfertigt der Umstand, daß die Partei ständig mit dem beauftragten auswärtigen Rechtsanwalt zusammenarbeitet, kein Abweichen von der Regel. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Einschätzung der Notwendigkeit in diesen Fällen stets subjektiv geprägt ist. Für eine Partei mögen die zusätzlichen Reisekosten unerheblich erscheinen, solange sie nur den Anwalt ihres Vertrauens beauftragen kann. Doch muß sie in diesem Fall bereit sein, diese Zusatzkosten auch dann selbst zu tragen, wenn dem Gegner die Prozeßkosten auferlegt worden sind.
Der Umstand, daß der mit der Prozeßvertretung beauftragte auswärtige Rechtsanwalt bereits für die Partei in derselben Angelegenheit vorprozessual tätig war, stellt ebenfalls keinen Grund dar, von der beschriebenen Regel abzuweichen (a.A. OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 998; NJW-RR 2001, 998, 999). Zwar ist der Rechtsbeschwerde einzuräumen, daß es im allgemeinen immer dann, wenn bereits ein auswärtiger Anwalt eingeschaltet ist, kostengünstiger ist, diesen Rechtsanwalt auch mit der Prozeßvertretung zu beauftragen. Denn die bereits entstandene Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO wird auf die im gerichtlichen Verfahren entstehende Prozeßgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO angerechnet (§ 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO), während bei Beauftragung eines anderen Anwalts beide Gebühren nebeneinander geschuldet werden. Doch ist für die Frage , ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme notwendig ist, nicht erst auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der auswärtige Rechtsanwalt bereits vorprozessual tätig geworden ist. Vielmehr empfiehlt es sich aus der Sicht der vernünftigen und kostenorientierten Partei, schon vorprozessual einen in ihrer Nähe befindlichen Rechtsanwalt einzuschalten (vgl. OLG Frankfurt a.M. OLG-Rep 2000, 301, 302). Im übrigen ist für die Frage der Notwendigkeit be-
stimmter Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahmen auch auf die Sicht der Gegenseite abzustellen, die diese Kosten ganz oder teilweise zu tragen hat. Aus deren Sicht gibt es keine Kostenersparnis durch Beauftragung eines auswärtigen, bereits vorprozessual tätig gewesenen Anwalts, weil diese Kosten nicht zu den Kosten des Rechtsstreits gehören und daher in keinem Fall erstattungsfähig sind.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Bornkamm Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 10/02
vom
18. Februar 2003
in der Kostensache
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe, die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und
die Richterin Mayen
am 18. Februar 2003

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 16. April 2002 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 434,45

Gründe:


Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Klägerin kann von dem Beklagten die Reisekosten ihrer erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten erstattet verlangen.
Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, daß die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei im Regelfall eine notwendige Maßnahme zweckentspre-
chender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO darstellt (Beschlüsse vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, EBE/BGH 2002, 398, 399 f. und vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02, Umdr. S. 5, 6).
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann dann eingreifen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich sein wird (BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 aaO S. 400). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Das Beschwerdegericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß es für die Klägerin angesichts der Besonderheiten des Falles kein Routinegeschäft gewesen ist, den Beklagten im Wege der Klage aus der von ihm übernommenen Bürgschaft in Anspruch zu nehmen. Bei dieser Sachlage war es auch aus Sicht der Klägerin, einer über eine Rechtsabteilung verfügenden Bank,
ohne weiteres denkbar, daß eine sachgerechte und ihre Interessen vollständig wahrende Prozeßführung die mündliche Besprechung tatsächlicher oder rechtlicher Fragen mit dem Prozeßbevollmächtigten erforderlich machen würde.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom
10. April 2003
I ZB 36/02
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Auswärtiger Rechtsanwalt II
Beauftragt ein gewerbliches Unternehmen, das über eine eigene, die Sache bearbeitende
Rechtsabteilung verfügt, für die Führung eines Prozesses vor einem
auswärtigen Gericht einen am Sitz des Unternehmens ansässigen Rechtsanwalt,
sind dessen im Zusammenhang mit der Terminswahrnehmung anfallenden Reisekosten
im allgemeinen keine notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung oder
-verteidigung. Dies gilt grundsätzlich auch für das Verfahren der einstweiligen
Verfügung.
BGH, Beschl. v. 10. April 2003 – I ZB 36/02 – OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. April 2003 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm
, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 20. September 2002 wird auf Kosten der Verfügungsklägerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 609,78 esetzt.

Gründe:


I.


Die Verfügungsklägerin ist ein größeres, in Berlin ansässiges Mineralölunternehmen. In einem wettbewerbsrechtlichen Streit mit der Verfügungsbeklagten beauftragte sie die Rechtsanwälte einer in Berlin, Düsseldorf, Hamburg und München ansässigen überörtlichen Sozietät, die für sie beim Landgericht Mannheim eine Beschlußverfügung erwirkten und nach Widerspruch den Verhandlungstermin vor dem Landgericht wahrnahmen. Das Landgericht bestätigte die einstweilige Verfügung und erlegte der Verfügungsbeklagten die Kosten des Rechtsstreits auf.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Verfügungsklägerin beantragt, auch die Kosten der Reise ihres Berliner Prozeßbevollmächtigten zum Verhandlungs-
termin in Mannheim festzusetzen. Das Landgericht hat diesen Antrag abgelehnt. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die – vom Beschwerdegericht zugelassene – Rechtsbeschwerde der Verfügungsklägerin, mit der sie ihren Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der Reisekosten weiterverfolgt.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Mit Recht hat das Beschwerdegericht die Mehrkosten, die im Streitfall durch die Beauftragung eines Berliner statt eines Mannheimer Rechtsanwalts entstanden sind, als nicht erstattungsfähig angesehen.
Die Erstattungsfähigkeit der im Streit befindlichen Reisekosten hängt davon ab, ob es für die Verfügungsklägerin notwendig war, einen Rechtsanwalt mit der Prozeßvertretung zu beauftragen, der nicht am Ort des Prozeßgerichts, sondern in Berlin ansässig ist (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Diese Frage hat das Beschwerdegericht zutreffend verneint.
Der Bundesgerichtshof hat allerdings entschieden, daß es sich im allgemeinen um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung handelt, wenn eine vor einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 900 f.; Beschl. v. 12.12.2002 – I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902 = WRP 2003, 391 – Auswärtiger Rechtsanwalt). Diese Regel kennt indessen Aus-
nahmen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich sein wird. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs u.a. regelmäßig dann der Fall, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (BGH NJW 2003, 898, 901). In diesen Fällen ist davon auszugehen , daß der Rechtsstreit durch die sachkundigen Mitarbeiter der Rechtsabteilung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorbereitet und die Partei daher in der Lage sein wird, einen am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Prozeßbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren. Ein eingehendes persönliches Mandantengespräch ist unter diesen Voraussetzungen weder zur Ermittlung des Sachverhalts noch zur Rechtsberatung erforderlich. Nach der schriftlichen Übermittlung der erforderlichen Informationen können Beratung und Abstimmung des prozessualen Vorgehens ebenfalls schriftlich oder telefonisch erfolgen. Im Hinblick auf die modernen Kommunikationsformen ist auch eine Verzögerung nicht zu befürchten , wenn ein am Sitz des Prozeßgerichts ansässiger Rechtsanwalt beauftragt wird. Diese Grundsätze gelten auch für das Verfügungsverfahren (vgl. auch BGH NJW 2003, 898, 901).
Die Reisekosten des Berliner Anwalts sind danach im Streitfall keine notwendigen Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts unterhält die Verfügungsklägerin eine eigene Rechtsabteilung; die Angelegenheit ist dort von einem Syndikus, also von einem Mitarbeiter mit juristischer Qualifikation, bearbeitet worden. Die Verfügungsklägerin hätte unter diesen Umständen einen Mannheimer Rechtsanwalt beauftragen und ihm die erforderlichen Informationen schriftlich zukommen lassen können. Besonderheiten des Sachverhalts, die eine persönliche Kontaktaufnahme erfordert hätten, sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 45/02
vom
9. Oktober 2003
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Oktober 2003 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Hausmann, Dr. Wiebel,
Prof. Dr. Kniffka und Bauner

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß der 8. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 7. August 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 82,24 festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien haben über Ansprüche der in I. (Niedersachen) ansässigen Klägerin aus einem Vertrag über eine von ihr herzustellende und zu liefernde Treppe gestritten. Nach Beantragung und Erlaß eines Mahnbescheides durch den in Gr. (Niedersachsen) ansässigen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin und Widerspruch durch den in Gl. (Sachsen – Anhalt) wohnhaften Beklagten wurde die Sache an das Amtsgericht N. abgegeben. Nach übereinstimmender Erklärung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache hat das Amtsgericht durch Beschluß vom 10. September 2001 der Klägerin 20%, dem Beklagten 80% der Kosten des Rechtsstreits auferlegt. In der mündlichen
Verhandlung vor dem Amtsgericht hatte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin sich durch einen dort ansässigen Rechtsanwalt vertreten lassen.
Die Klägerin hat zur Kostenausgleichung eigene Kosten in Höhe von 586,60 DM angemeldet. Darin enthalten waren Kosten eines Unterbevollmächtigten. Das Amtsgericht hat die Kosten des Unterbevollmächtigten für nicht erstattungsfähig gehalten und insgesamt lediglich 386,00 DM angesetzt.
Die sofortige Beschwerde hiergegen hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin die Festsetzung der Kosten des Unterbevollmächtigten weiter.

II.

1. Das Landgericht ist der Auffassung, es sei der Klägerin zuzumuten gewesen, unmittelbar einen Rechtsanwalt am Sitz des Gerichts zu beauftragen. Auch in Höhe fiktiver Reisekosten seien die Kosten eines Unterbevollmächtigten nicht zu erstatten, da es einer im Geschäftsleben erfahrenen Partei, insbesondere einem Kaufmann, zumutbar gewesen sei, den auswärtigen Anwalt auf den üblichen Kommunikationswegen zu informieren. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Sache keine tatsächlichen Schwierigkeiten aufweise oder dem Geschäftsbetrieb der Partei zuzuordnen sei. Einer persönlichen Kontaktaufnahme habe es angesichts der für einen wirtschaftlich Tätigen geringen Bedeutung der Sache nicht bedurft.
2. Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landgericht überspannt die Anforderungen an die zur zweckentsprechenden Rechtsverfol-
gung notwendigen Kosten und trifft keine Feststellungen, die die Absetzung der Kosten des Unterbevollmächtigten rechtfertigen könnten.

a) Kosten eines Unterbevollmächtigten, der für den in der Nähe des Wohnortes der Partei ansässigen Rechtsanwalt der Partei Termine beim Prozeßgericht wahrnimmt, sind notwendige Kosten der Rechtsverfolgung, soweit dadurch erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten erspart werden, die bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten selbst entstanden wären. Eine geringfügige Überschreitung der ersparten Reisekosten durch die Einschaltung des Unterbevollmächtigten von bis zu 10% steht der Erstattung nicht entgegen (BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 899 ff.). Voraussetzung für die Erstattung der Kosten des Unterbevollmächtigten ist demnach zunächst, daß die dem Hauptbevollmächtigten bei eigener Terminswahrnehmung zustehenden Reisekosten dem Grunde nach zu erstatten wären. § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO steht dem nicht entgegen, da die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf den beim Prozeßgericht nicht zugelassenen Anwalt nicht gerechtfertigt ist. Die Erstattung der Reisekosten des beim Prozeßgericht nicht zugelassenen und dort auch nicht ansässigen Anwalts regelt vielmehr § 91 Abs. 2 Satz 1, Halbs. 2 ZPO; Voraussetzung für die Erstattung der Reisekosten ist danach, daß die Zuziehung des auswärtigen Anwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war. Das ist regelmäßig der Fall (BGH, aaO, NJW 2003, 898, 899 ff.; Beschluß vom 10. April 2003 - I ZB 36/02, NJW 2003, 2027, 2028).
b) Eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß die Beauftragung eines in der Nähe des Geschäftsortes der Partei ansässigen Rechtsanwalts eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung ist, kommt in Betracht, wenn
schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich sein wird. Das ist der Fall bei gewerblichen Unternehmen, die über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, die die Sache bearbeitet hat (BGH aaO). Eine weitere Ausnahme, bei der die unmittelbare Hinzuziehung eines Rechtsanwalts beim Prozeßgericht zumutbar sein kann, ist bei einem in tatsächlicher Hinsicht überschaubaren Streit um eine Geldforderung denkbar, wenn die Gegenseite versichert hat, nicht leistungsfähig zu sein und gegenüber einer Klage keine Einwendungen zu erheben. Hierzu hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen. Allein daß die Sache tatsächliche Schwierigkeiten nicht aufweist und in wirtschaftlicher Hinsicht von geringer Bedeutung ist, reicht hierfür nicht. Welche Schwierigkeiten die Führung eines Rechtsstreites aufwirft, ist für die rechtsunkundige Partei regelmäßig nicht vorhersehbar. Dafür, ob die Klägerin über eine Rechtsabteilung oder, wenn man insoweit einen geringeren Organisationsgrad ausreichen lassen will, wenigstens über Mitarbeiter verfügte, zu deren Aufgabengebiet das Bearbeiten von Rechtsfällen gehört und die die hierfür erforderliche Sachkunde aufweisen, hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen. Allein aus der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin und ihrer Rechtsform ergibt sich das nicht, zumal das Landgericht auch keinerlei Feststellungen zum Umfang der Tätigkeit der Klägerin, Umsatz, Anzahl der Mitarbeiter oder ähnlichem getroffen hat.
c) Daraus, daß die Klägerin zunächst einen Mahnbescheid beantragt hat und das Verfahren erst nach dem Widerspruch des Beklagten an das Gericht des streitigen Verfahrens abgegeben wurde, ergibt sich nichts anderes.
d) Der angefochtene Beschluß ist aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen, damit es Feststellungen dazu treffen kann, ob
die Klägerin einen in der Nähe ihres Geschäftssitzes ansässigen Rechtsanwalt aus kostenrechtlicher Sicht beauftragen durfte oder ob einer der genannten Ausnahmefälle von dem Grundsatz, daß die Beauftragung eines in der Nähe des Geschäftsortes der Partei ansässigen Rechtsanwalts eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung ist, vorliegt. Im ersten Fall wird das Landgericht ferner Feststellungen zu den durch Einschaltung eines Unterbevollmächtigten ersparten Reisekosten zu treffen haben. Das kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden (§ 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO in Verbindung mit § 559 ZPO).
Dressler Hausmann Wiebel Kniffka Bauner

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 41/03
vom
11. November 2003
in dem Kostenfestsetzungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen
Rechtsanwalts ist auch dann regelmäßig als zur zweckentsprechenden
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig im Sinne von § 91
Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz ZPO anzusehen, wenn ein Haftpflichtversicherer
Partei ist, der keine eigene Rechtsabteilung unterhält, sondern bei rechtlichen
Schwierigkeiten einen Hausanwalt an seinem Geschäftsort beauftragt (sog.
"Outsourcing").
BGH, Beschluß vom 11. November 2003 - VI ZB 41/03 - LG Dortmund
AG Unna
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. November 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge
und Stöhr

beschlossen:
Die Anschlußrechtsbeschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 11. April 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Landgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert: 140,07 G r ü n d e :

I.


Der Kläger hat die Beklagten nach einem Verkehrsunfall auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Der Beklagte zu 1) ist der Fahrer des am Unfall beteiligten weiteren Fahrzeugs. Die Beklagte zu 2), sein Haftpflichtversicherer,
unterhält keine eigene Rechtsabteilung. Sie hat einem an ihrem Geschäftssitz K. ansässigen Rechtsanwalt Hauptvollmacht erteilt. Den Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor dem Amtsgericht U. hat ein dort ansässiger Rechtsanwalt in Untervollmacht wahrgenommen. Nachdem der Kläger mit der Klage in vollem Umfang unterlegen war, haben die Beklagten Antrag auf Kostenfestsetzung gestellt und u.a. die Kosten ihres Unterbevollmächtigten geltend gemacht. Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts hat diese Kosten in ihrem Kostenfestsetzungsbeschluß vom 22. Januar 2003 antragsgemäß in Höhe von ! " $#% &(') *% ,+-&/. 01 140,07 Januar 2003 zugestellt worden. Er hat am 13. Februar 2003 sofortige Beschwerde eingelegt, weil die Kosten des Unterbevollmächtigten nicht erstattungsfähig seien. Mit Beschluß vom 11. April 2003 hat das Landgericht den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluß abgeändert; die geltend gemachten Kosten des Unterbevollmächtigten seien nicht erstattungsfähig, soweit sie ersparte Informationsko- 2 3 " 3 2 4 657 % 3 % 48 9 : ; 9 <# >=9? &@ AB 3# % C 9 sten von 20,- zugelassene Rechtsbeschwerde der Beklagten. Der Kläger hat Anschluß- # 2 3 rechtsbeschwerde eingelegt, mit der er sich gegen den Ansatz der 20,- das Beschwerdegericht wendet. Insoweit seien gewöhnliche Geschäftsunkosten betroffen, die nicht erstattungsfähig seien.

II.

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, die Kosten eines Unterbevollmächtigten seien zwar zu erstatten, soweit sie die durch seine Tätigkeit ersparten Reisekosten des Prozeßbevollmächtigten nicht wesentlich überstiegen. Voraussetzung dafür sei
aber, daß die Reisekosten des Hauptbevollmächtigten im Falle einer Terminswahrnehmung zu erstatten seien. Davon sei hier nicht auszugehen. Die Beklagte zu 2) benötige als Haftpflichtversicherer ausreichend geschultes Personal. Es könne ihr nicht erlaubt werden, den Aufwand für dieses Personal auf den Prozeßgegner abzuwälzen, indem sie sich ihrer Hausanwälte bediene und deren Kosten als Verkehrsanwälte erstattet verlange. Sie hätte bei solchem Personal ohne vorherige anwaltliche Beratung einen Anwalt beim Prozeßgericht beauftragen und unterrichten können. Die Beklagten seien deshalb so zu behandeln , als unterhalte die Beklagte zu 2) eine Rechtsabteilung. Die Berücksichtigung weitergehender Kosten eines Verkehrsanwalts komme nicht in Betracht ; sie seien nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Fiktive Reisekosten könnten nicht anerkannt werden. Der hier gegebene Routinefall aus dem alltäglichen Geschäftsbereich eines Haftpflichtversicherers habe keiner Begründung eines persönlichen Vertrauensverhältnisses durch persönliche Kontaktaufnahme mit einem Rechtsanwalt bedurft. Besondere Umstände, die eine Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Hausanwaltes ausnahmsweise rechtfertigen könnten, seien nicht zu erkennen. 2. Diese Erwägungen halten einer Überprüfung nicht stand.
a) Das Beschwerdegericht ist allerdings von dem zutreffenden rechtlichen Ansatz ausgegangen, daß sich die Erstattung von Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts entstanden sind, der an Stelle des Hauptbevollmächtigten (§ 53 BRAGO) die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, nach der allgemeinen Vorschrift des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO und nicht nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO und auch nicht nach § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO beurteilt (vgl. BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - NJW 2003, 898, 899).

b) Zu Unrecht meint das Beschwerdegericht jedoch, die den Beklagten durch die Beauftragung des Unterbevollmächtigten nach §§ 53, 26 BRAGO entstandenen Kosten seien schon deshalb zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht notwendig gewesen, weil die Beklagte sich als Haftpflichtversicherer so behandeln lassen müsse, als ob sie eine eigene Rechtsabteilung hätte; dann hätte sie sich zur Geringhaltung der Prozeßkosten eines beim Prozeßgericht in U. ansässigen Rechtsanwalts als Hauptbevollmächtigten bedienen müssen. Sie könne deshalb neben den Kosten eines Rechtsanwalts am Sitz des Prozeßgerichts nur die für eine (fiktive) Ratserteilung seitens eines am Geschäftsort der Beklagten ansässigen Rechtsanwalts entstehenden Kosten in =9 E 9F Höhe von 20,- D 20 Abs. 1 BRAGO) erstattet verlangen. aa) Wie das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt nicht verkennt, sind die Kosten eines - hier tatsächlich eingeschalteten - Unterbevollmächtigten, der für den am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalt Termine beim Prozeßgericht wahrnimmt, nur dann notwendige Kosten der Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, soweit durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nach § 28 BRAGO erspart werden, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden wären (vgl. BGH aaO; zustimmend u.a. Schütt MDR 2003, 236; Madert BGHReport 2003, 154, 155; Enders JurBüro 2003, 169 ff.). bb) Notwendige Voraussetzung für die Erstattung von Kosten des Unterbevollmächtigten ist demnach zunächst, daß die dem Hauptbevollmächtigten im Falle eigener Terminswahrnehmung zustehenden Reisekosten dem Grunde nach zu erstatten sind. Das hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft verneint.
Die Beauftragung des in K. ansässigen Hauptbevollmächtigten durch die Beklagten stellte eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO dar. Zu Unrecht meint das Beschwerdegericht , die Beklagten hätten sich zur Kostenersparnis eines am Ort des Prozeßgerichts in U. residierenden Rechtsanwalts als Hauptbevollmächtigten bedienen müssen. Die Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozeßkosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren, hat sich daran auszurichten , ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt (ex ante) als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte tun. Sie trifft lediglich die Obliegenheit, unter mehreren gleich gearteten Maßnahmen die kostengünstigere auszuwählen (vgl. BGH aaO 900). (a) Wie der Bundesgerichtshof (aaO) bereits näher dargelegt hat, stellt die Hinzuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsorts ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht verklagte Partei grundsätzlich eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverteidigung dar. (b) Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann nach der Rechtsprechung allerdings dann eingreifen, wenn bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung des Hauptbevollmächtigten feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Rechtsverteidigung nicht erforderlich sein wird. Auf diese Ausnahme will das Beschwerdegericht zurückgreifen, wenn es meint, der Beklagten zu 2) sei es zumutbar, eine eigene Rechtsabteilung zur Beurteilung der Aussichten der Rechtsverteidigung zu unterhalten. Die Voraussetzungen einer solchen Ausnahme liegen hier jedoch nicht vor. Wie der Bun-
desgerichtshof in der mehrfach erwähnten Entscheidung bereits näher dargelegt hat (aaO 901), kommt es u.a. bei gewerblichen Unternehmen mit einer eigenen Rechtsabteilung, die die Sache bearbeitet hat, in Betracht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich wird. Demgegenüber unterhält die Beklagte zu 2) unstreitig keine eigene Rechtsabteilung , sondern überträgt deren Aufgaben zumindest zum Teil auf den auch hier als Hauptbevollmächtigten eingeschalteten Rechtsanwalt ("Outsourcing") und im übrigen auf ihre juristisch nicht geschulten Sachbearbeiter. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts muß sich die Beklagte nicht so behandeln lassen, als ob sie eine eigene Rechtsabteilung hätte. Wenn das Beschwerdegericht meint, daß die Einrichtung einer solchen Abteilung bei Haftpflichtversicherern üblich und auch der Beklagten zu 2) zumutbar wäre, verkennt es, daß es im Rahmen des Kostenerstattungsrechts auf die tatsächliche Organisation eines Versicherers ankommt und nicht darauf, welche Organisation das Gericht für zweckmäßig hält. Für die gegenteilige Ansicht des Beschwerdegerichts enthält das Gesetz keine Ansatzpunkte. Wie der Bundesgerichtshof in der mehrfach angesprochenen Entscheidung dargelegt hat, ist die Beauftragung eines in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsortes seiner Partei ansässigen Hauptbevollmächtigten nur dann keine Maßnahme der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung, wenn bei seiner Beauftragung feststeht , daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich sein wird. Diese Ausnahme von dem gesetzlich geregelten Grundsatz ist bewußt eng gefaßt und läßt eine Ausweitung – wie sie das Beschwerdegericht vornehmen will – schon im Ansatz nicht zu. Bei dieser Sachlage kann es nicht darauf ankommen, daß die Kosten einer Rechtsabteilung nicht auf den unterliegenden Gegner abgewälzt werden können, während dieser die anderenfalls erforderlichen Kosten eines Rechts-
anwalts regelmäßig zu tragen hat. Das ist eine Folge der Organisation der Beklagten zu 2), die der Prozeßgegner hinzunehmen hat. Daß der Beklagte zu 1) als Privatperson ohnehin nicht verpflichtet war, einen Anwalt am Ort des Prozeßgerichts zu beauftragen, mag richtig sein. Solange die Beklagte zu 2) jedoch für den Beklagten zu 1) den Rechtsstreit betreibt , hat das Beschwerdegericht zu Recht auf deren Verhältnisse abgestellt (vgl. § 10 Abs. 5 AKB). 3. Das Beschwerdegericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen zur Höhe der dem Hauptbevollmächtigten der Beklagten im Falle der Wahrnehmung des Termins beim Amtsgericht U. zustehenden Reisekosten getroffen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren können diese Feststellungen nicht nachgeholt werden (§ 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO i.V.m. § 559 ZPO). Der angefochtene Beschluß ist deshalb aufzuheben, soweit er zum Nachteil der Beklagten ergangen ist. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, um den Beklagten die Möglichkeit zu eröffnen , die Höhe der ersparten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten glaubhaft zu machen (§ 577 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 ZPO). 4. Die Anschlußrechtsbeschwerde des Klägers ist statthaft und zulässig (§ 574 Abs. 4 Satz 1, 2 ZPO); einen Mindestwert des Gegenstands der Anschlußrechtsbeschwerde sieht das Gesetz nicht vor (vgl. für die Rechtsbeschwerde BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2003 - XII ZB 165/02 - NJW 2003, 2531 und vom 21. Mai 2003 - VIII ZB 133/02 – MDR 2003, 1130, jeweils m.w.N.). In der Sache kann die Anschlußrechtsbeschwerde nach den obigen Ausführungen zur Rechtsbeschwerde keinen Erfolg haben. Allerdings ist der Ansatz einer Ratsgebühr durch das Beschwerdegericht nicht gerechtfertigt. Wenn die erforderliche erneute Überprüfung durch das Be-
schwerdegericht ergibt, daß die Höhe der erstattungsfähigen ersparten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten der Beklagten die Kosten des Unterbevollmächtigten der Beklagten nicht erreicht, war eine Terminsvertretung durch den Hauptbevollmächtigten die kostengünstigere Maßnahme. Eine Ratsgebühr wäre bei dieser Fallgestaltung nicht entstanden. Soweit die Einschaltung eines Unterbevollmächtigten kostengünstiger war, war eine gesondert abzurechnende Beratung durch den Hauptbevollmächtigten gleichfalls nicht veranlaßt (vgl. §§ 20 Abs. 1 Satz 1, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO). In beiden Fällen übersteigen die erstattungsfähigen Kosten jedoch die G 7 IH 4 1 : : vom Beschwerdegericht in Ansatz gebrachten 20,- eschwerde bleibt deshalb ohne Erfolg und ist zurückzuweisen.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 47/01 Verkündet am:
12. November 2002
Weber
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________
HWiG § 3 Abs. 1 Satz 1 a.F.
Im Fall des wirksamen Widerrufs eines Realkreditvertrages hat der Darlehensgeber
Anspruch auf Erstattung des ausgezahlten Nettokreditbetrages
und dessen marktübliche Verzinsung, auch wenn die Darlehensvaluta dem
Darlehensnehmer nicht unmittelbar zugeflossen, sondern weisungsgemäß auf
ein Treuhänderkonto überwiesen worden ist.
BGH, Urteil vom 12. November 2002 - XI ZR 47/01 - OLG Karlsruhe
LG Konstanz
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 12. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Müller und Dr. Joeres

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 19. Zivilsenat in Freiburg - vom 21. Dezember 2000 aufgehoben.
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 23. Juni 1999, soweit über die Widerklage entschieden worden ist, abgeändert. Die Widerklage wird abgewiesen.
Im übrigen wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger verlangen von der beklagten Bank Rückabwicklung eines Realkreditvertrages. Sie beanspruchen die Erstattung erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von insgesamt 16.007,88 DM nebst Zinsen. Widerklagend begehrt die Beklagte die Feststellung, daß der Kreditvertrag wirksam sei und die Kläger daraus verpflichtet seien.
Im Herbst 1993 bot der Vermittler S. den Klägern die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds in Form eines Anteils an einer BGB-Gesellschaft an. Zu einem Hausbesuch erschien S. in Begleitung des Bankkaufmanns und Finanzierungsberaters K., der sich mit einer Visitenkarte der Beklagten auswies. Bei diesem Besuch unterzeichneten die Kläger den Beteiligungsvertrag und, zur Finanzierung der Beteiligung , einen Vertrag mit der Beklagten über ein Darlehen von 59.000 DM, das durch eine Grundschuld in derselben Höhe gesichert wurde. Ferner unterzeichneten sie eine Zusatzerklärung zum Darlehensvertrag, in der darauf hingewiesen wurde, daß der Anleger sämtliche wirtschaftlichen und unternehmerischen Risiken aus der Beteiligung an der Immobilienanlage trage und die Beklagte Prospekte und Verkaufsunterlagen nicht geprüft habe, keinerlei Beratungs-, Betreuungs- und Überwachungsfunktion für den Darlehensnehmer wahrnehme, sich ausschließlich auf ihre Rolle als Kreditgeberin beschränke und am Projekt nicht beteiligt sei. Eine Widerrufsbelehrung erteilte die Beklagte nicht.
Die Darlehensvaluta wurde weisungsgemäß von der Beklagten auf ein Anderkonto des Treuhänders ausgezahlt, der von den Klägern mit
der vertragsgemäßen Verwendung des Betrages zur Finanzierung der Beteiligung beauftragt war.
Die Kläger haben mit Schreiben vom 21. April 1997 den Darlehensvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten und außerdem gemäß § 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im folgenden: a.F.) widerrufen. Sie machen geltend, sie seien durch den Emissionsprospekt und den Vermittler S. über den tatsächlichen Wert des Objekts, die gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen der Grundstücksverkäuferin mit dem Initiator und die Handelbarkeit der Anlage getäuscht worden. K., der für die Beklagte aufgetreten sei, habe den Vermittler S. unterstützt, die Anlage angepriesen und ausdrücklich empfohlen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.
Der erkennende Senat hat das Revisionsverfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften über ein Vorabentscheidungsersuchen in dem Verfahren XI ZR 91/99 (Senatsbeschluß vom 29. November 1999, WM 2000, 26) ausgesetzt. Das mittlerweile ergangene Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 ist abgedruckt in WM 2001, 2434.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Abweisung der Widerklage und im übrigen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - im wesentlichen ausgeführt:
Das Haustürwiderrufsgesetz sei in den Fällen des § 3 Abs. 2 VerbrKrG und damit auf den unstreitig vorliegenden Fall der Gewährung eines Realkredits zu üblichen Bedingungen nicht anwendbar. Die Beklagte hafte nicht aus Verschulden bei Vertragsschluß wegen angeblicher Anpreisung und ausdrücklicher Empfehlung der Anlage durch den Finanzierungsberater K., weil die Beklagte sich derartige Äußerungen nicht gemäß § 278 BGB zurechnen lassen müsse. K. sei zwar als Vertreter und Verhandlungsgehilfe der Beklagten aufgetreten. Für die Kläger sei aber aufgrund des ihnen bekannten Inhalts der Zusatzerklärung zum Darlehensvertrag ohne weiteres erkennbar gewesen, daß sich K. mit dem behaupteten Verhalten außerhalb des Pflichtenkreises der Beklagten begeben habe.

II.


Diese Beurteilung hält in einem entscheidenden Punkt der rechtli- chen Überprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat allerdings rechtsfehlerfrei einen Anspruch der Kläger aus Verschulden bei Vertragsschluß verneint. Entgegen der Ansicht der Revision muß sich die Beklagte nicht die von den Klägern behauptete Anpreisung und Empfehlung der Anlage durch den Finanzierungsberater K. zurechnen lassen.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der im Rahmen von Bauherren-, Bauträger- oder Erwerbermodellen auftretende Vermittler als Erfüllungsgehilfe im Pflichtenkreis der in den Vertrieb nicht eingeschalteten Bank nur insoweit tätig, als sein Verhalten den Bereich der Anbahnung des Kreditvertrages betrifft (zuletzt Senatsurteil vom 27. Juni 2000 - XI ZR 174/99, WM 2000, 1685, 1686 m.w. Nachw.). Die behaupteten Erklärungen des Finanzierungsberaters über das Anlageobjekt betreffen nicht das Kreditgeschäft, sondern das zu finanzierende Geschäft und liegen damit außerhalb des Pflichtenkreises der Bank.
Überdies hat die Beklagte durch die Zusatzerklärung, die den Klägern nicht nur ausgehändigt, sondern unstreitig vor Unterzeichnung des Darlehensvertrages von K. vorgelesen worden ist, den Klägern verdeutlicht , daß K. nur mit der Finanzierungsvermittlung betraut war und daß die Beklagte für etwaige Erklärungen und Auskünfte über das zu finanzierende Objekt nicht einstehen wollte. Der Hinweis der Revision, die
Zusatzerklärung verstoße gegen §§ 3 und 9 AGBG, geht schon deshalb fehl, weil die Erklärung nur auf die bestehende Rechtslage hinweist.
2. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung aber nicht stand, soweit das Berufungsgericht ein Widerrufsrecht gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a.F. verneint.

a) Dem Berufungsgericht kann nicht darin gefolgt werden, daß ein Widerrufsrecht gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a.F. wegen der Subsidiaritätsklausel in § 5 Abs. 2 HWiG ausscheidet. Diese Beurteilung entspricht zwar der Auslegung der § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG, § 5 Abs. 2 HWiG, wie sie der Senat in seinem Vorlagebeschluß vom 29. November 1999 (aaO) an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bei ausschließlich nationaler Betrachtung befürwortet hat. Sie berücksichtigt aber nicht, daß mit dem Haustürwiderrufsgesetz die Richtlinie 85/577/EWG des Rates betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen vom 20. Dezember 1985 (im folgenden: Haustürgeschäfterichtlinie) in nationales Recht umgesetzt worden ist und die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes daher richtlinienkonform auszulegen sind.
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat mit Urteil vom 13. Dezember 2001 (aaO) entschieden, daß die Haustürgeschäfterichtlinie dahin auszulegen ist, daß sie auf Realkreditverträge Anwendung findet, so daß dem Verbraucher bei solchen Verträgen das Widerrufsrecht nach Art. 5 der Richtlinie eingeräumt werden muß und dieses für den Fall, daß der Verbraucher über das Widerrufsrecht nicht gemäß
Art. 4 der Richtlinie belehrt wurde, nicht auf ein Jahr nach Vertrags- schluß befristet werden darf.
Die vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vorgenommene Auslegung der Haustürgeschäfterichtlinie ist für die nationalen Gerichte bindend. Sie gebietet es, wie der Senat in seinem Urteil vom 9. April 2002 in der Sache XI ZR 91/99 (WM 2002, 1181, 1183 ff.; zum Abdruck in BGHZ vorgesehen) entschieden und im einzelnen begründet hat, § 5 Abs. 2 HWiG richtlinienkonform einschränkend auszulegen. Dies hat in der Weise zu geschehen, daß Kreditverträge insoweit nicht als Geschäfte im Sinne des § 5 Abs. 2 HWiG anzusehen sind, die "die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz" erfüllen , als das Verbraucherkreditgesetz kein gleich weit reichendes Widerrufsrecht wie das Haustürwiderrufsgesetz einräumt. Durch die Subsidiaritätsklausel des § 5 Abs. 2 HWiG werden die Widerrufsvorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes daher nur dann verdrängt, wenn auch das Verbraucherkreditgesetz dem Verbraucher ein Widerrufsrecht gewährt. Das ist hinsichtlich des zu beurteilenden Realkreditvertrages gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG nicht der Fall.

b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die Voraussetzungen eines wirksamen Widerrufs nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG a.F. gegeben. Die Kläger sind von einem Verhandlungsgehilfen der Beklagten zum Abschluß des Darlehensvertrages durch Verhandlungen im Bereich ihrer Privatwohnung bestimmt worden. Eine Widerrufsbelehrung ist unterblieben; die beiderseitigen Leistungen aus dem Vertrag sind noch nicht vollständig erbracht.

III.


Das Urteil des Berufungsgerichts war daher hinsichtlich Klage und Widerklage aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.).
1. Über den geltend gemachten Anspruch der Kläger aus § 3 HWiG a.F. kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Das Berufungsgericht hat - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - keine Feststellungen zur Höhe der streitigen Klageforderung und den Gegenforderungen der Beklagten getroffen. Die Parteien werden insoweit auch Gelegenheit haben, ihren Vortrag noch zu ergänzen. Dabei ist von folgender Rechtslage auszugehen:
Im Falle des wirksamen Widerrufs des Darlehensvertrages sind die Parteien gemäß § 3 Abs. 1 HWiG a.F. jeweils verpflichtet, dem anderen Teil die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Für die Überlassung des Gebrauchs oder die Benutzung einer Sache sowie für sonstige Leistungen bis zu dem Zeitpunkt der Ausübung des Widerrufs ist gemäß § 3 Abs. 3 HWiG a.F. deren Wert zu vergüten. Gemäß § 4 HWiG sind die Verpflichtungen Zug um Zug zu erfüllen.

a) Die Beklagte hat mithin den Klägern die auf das Darlehen erbrachten - der Höhe nach vom Berufungsgericht noch festzustellenden - Zins- und Tilgungsleistungen zu erstatten. Daneben haben diese Anspruch auf eine marktübliche Verzinsung der von ihnen auf das Darlehen gezahlten, der Beklagten zur Nutzung zur Verfügung stehenden Raten (§ 3 Abs. 3 HWiG a.F.; vgl. MünchKomm/Ulmer, BGB 3. Aufl. § 7
VerbrKrG Rdn. 70; Erman/Saenger, BGB 10. Aufl. § 3 HWiG Rdn. 32; Bülow, VerbrKrG 5. Aufl. § 495 BGB Rdn. 24; Graf von Westphalen, in: Westphalen/Emmerich/von Rottenburg, VerbrKrG 2. Aufl. § 7 Rdn. 115; Koch WM 2002, 1593, 1595; a.A. Bruchner, in: Bruchner/Ott/WagnerWieduwitt , VerbrKrG 2. Aufl. § 7 Rdn. 72).

b) Die Beklagte hat ihrerseits gegen die Kläger einen fälligen Anspruch auf Erstattung des ausgezahlten Nettokreditbetrages sowie auf dessen Verzinsung.
aa) Diesen Betrag haben die Kläger zweckbestimmt zum Erwerb der Fondsanteile als Leistung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG a.F. empfangen, auch wenn er ihnen nicht unmittelbar zugeflossen, sondern von der Beklagten weisungsgemäß auf ein Anderkonto ihres Treuhänders überwiesen worden ist.
Die Frage, wann ein Darlehen im Sinne des § 3 Abs. 1 HWiG "empfangen" ist, ist zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen in gleicher Weise zu beantworten wie der Empfang im Sinne des § 607 Abs. 1 BGB a.F. und des § 7 Abs. 3 VerbrKrG. Soweit die Überweisung der Darlehensvaluta an einen Dritten einen Darlehensrückzahlungsanspruch begründet, muß dies auch für die Begründung einer Rückzahlungspflicht nach Widerruf ausreichen.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 607 BGB a.F. setzt der Empfang des Darlehens voraus, daß der Darlehensgegenstand aus dem Vermögen des Darlehensgebers ausgeschieden und dem Vermögen des Darlehensnehmers in der vereinbarten Form endgültig zuge-
führt wird (BGH, Urteil vom 7. März 1985 - III ZR 211/83, WM 1985, 653). Wird die Darlehensvaluta auf Weisung des Darlehensnehmers an einen Dritten ausgezahlt, so hat der Darlehensnehmer regelmäßig den Darlehensbetrag im Sinne des § 607 BGB empfangen, wenn der von ihm als Empfänger namhaft gemachte Dritte das Geld vom Darlehensgeber erhalten hat, es sei denn, der Dritte ist nicht überwiegend im Interesse des Darlehensnehmers, sondern sozusagen als "verlängerter Arm" des Darlehensgebers tätig geworden (BGH, Urteil vom 17. Januar 1985 - III ZR 135/83, WM 1985, 221, 223, insoweit in BGHZ 93, 264 nicht abgedruckt; Urteil vom 7. März 1985 - III ZR 211/83, WM 1985, 653; Urteil vom 25. April 1985 - III ZR 27/84, WM 1985, 993, 994; Beschluß vom 21. September 1989 - III ZR 241/88, WM 1989, 1718; Urteil vom 12. Juni 1997 - IX ZR 110/96, WM 1997, 1658, 1659). Dem entsprechend gilt ein Darlehen auch dann als empfangen im Sinne des § 7 VerbrKrG, wenn der Kreditgeber es vereinbarungsgemäß an einen Dritten ausgezahlt hat (§ 362 Abs. 2, § 185 BGB; Amtl. Begründung zum VerbrKrG, BT-Drucks. 11/5462 S. 22).
bb) Eine andere Beurteilung wäre nur dann geboten, wenn es sich bei dem von den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag und der finanzierten Beteiligung an einem Immobilienfonds um ein verbundenes Geschäft handeln würde mit der Folge, daß der Widerruf des Darlehensvertrages zugleich auch der Wirksamkeit des finanzierten Geschäfts entgegenstünde (Senat, BGHZ 133, 254, 259). Ein solches verbundenes Geschäft liegt aber nicht vor. Auf einen Realkreditvertrag - wie hier - ist § 9 VerbrKrG nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG nicht anzuwenden (Senatsurteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, WM 2002, 1181, 1186; vgl. auch Edelmann BKR 2002, 80, 83;
Felke MDR 2002, 226, 227; Koch WM 2002, 1593, 1597; Schleicher BKR 2002, 609, 612). Die Kritik, die in diesem Punkt von einigen Autoren (Derleder ZBB 202, 208 f.; Hoffmann ZIP 2002, 1066 ff.; Fischer DB 2002, 1266, 1267; Fritz ZflR 2002, 529 ff.; Rörig MDR 2002, 894, 895; Tonner BKR 2002, 856, 859 f.; grundsätzlich zustimmend dagegen Ulmer ZIP 2002, 1080, 1083; Lange EWiR 2002, 523, 524; Rohe BKR 2002, 575, 577) an dem Senatsurteil vom 9. April 2002 (aaO) geübt worden ist, gibt dem Senat, wie er bereits in seinem Urteil vom 10. September 2002 (XI ZR 151/99, Umdruck S. 7 f.) zum Ausdruck gebracht hat, keinen Grund, von der genannten Rechtsprechung abzuweichen. Dazu besteht umso weniger Veranlassung, als der Gesetzgeber mit dem durch Art. 25 Abs. 1 Nr. 7 des Gesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2850) eingefügten § 358 Abs. 3 Satz 3 BGB auch für die Zukunft klargestellt hat, daß Darlehensverträge und die durch sie finanzierten Grundstückserwerbsgeschäfte nur ausnahmsweise unter ganz bestimmten engen Voraussetzungen als verbundene Verträge anzusehen sind. Unabhängig davon ist den Klägern durch die ihnen vor Abschluß des Kreditvertrages vorgelesene Zusatzvereinbarung besonders verdeutlicht worden, daß es sich bei dem Kreditvertrag und dem Beteiligungsvertrag nicht um ein einheitliches Geschäft handelt.
Der Widerruf des Realkreditvertrages berührt die Wirksamkeit des Beteiligungsvertrages deshalb grundsätzlich nicht. Die gebotene richtlinienkonforme Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG ändert daran nichts. Sie hat nicht zur Folge, daß das Verbraucherkreditgesetz für Geschäfte der vorliegenden Art generell nicht zu beachten wäre. Haustürwiderrufs- und Verbraucherkreditgesetz stehen insoweit vielmehr ebenso nebeneinander wie Haustürgeschäfte- und Verbraucherkreditrichtlinie (Senatsurteil
vom 9. April 2002 aaO S. 1186 m.w.Nachw.). Die Haustürgeschäftericht- linie steht dem nicht entgegen (a.M. Fritz aaO S. 530; Rörig aaO; Strube BKR 2002, 938, 942 ff.), weil ihr Artikel 7 die Regelung der Rechtsfolgen des Widerrufs von Haustürgeschäften ausdrücklich dem einzelstaatlichen Recht überläßt.
cc) Die Beklagte hat gegen die Kläger gemäß § 3 HWiG a.F. auch Anspruch auf eine marktübliche Verzinsung des ausgezahlten Nettokreditbetrages (vgl. MünchKomm/Ulmer, BGB 3. Aufl. § 7 VerbrKrG Rdn. 67 ff.; Koch WM 2002, 1593, 1595). Ein Anspruch auf Bearbeitungskosten und/oder ein Disagio steht der Beklagten nicht zu (Martis MDR 1998, 1260, 1265).

c) Der Senat verkennt nicht, daß mit der Pflicht zur sofortigen Rückzahlung und marktüblichen Verzinsung der Darlehensvaluta ein Widerruf der Darlehensvertragserklärung für viele Darlehensnehmer wirtschaftlich wenig oder nicht interessant ist. Daß der in einer Haustürsituation überrumpelte Darlehensnehmer damit erheblich schlechter gestellt ist, als er vor In-Kraft-Treten des Haustürwiderrufsgesetzes gestanden hätte (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1989 - III ZR 9/88, WM 1989, 1083, 1085), beruht auf einer bewußten Entscheidung des Gesetzgebers, für die sich anführen läßt, daß kein vernünftiger Grund ersichtlich ist, den Darlehensnehmer, der in einer Haustürsituation zur Abgabe seiner Vertragserklärung veranlaßt worden ist, bei einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung besser zu stellen als denjenigen, der dazu durch arglistige Täuschung bestimmt worden ist.

d) Da die Sache hinsichtlich der Klage nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie insoweit zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO a.F.).
2. Über die Widerklage konnte der Senat dagegen selbst entscheiden. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht der Widerklage stattgegeben. Der Darlehensvertrag ist - wie ausgeführt - von den Klägern wirksam widerrufen worden und damit als nicht zustande gekommen anzusehen. Aus ihm stehen der Beklagten gegen die Kläger keine Ansprüche zu. Die Beklagte hat zwar einen Anspruch aus § 3 HWiG a.F.. Dabei handelt es sich aber nach der Konzeption des Gesetzes, die das widerrufene Geschäft als nicht zustande gekommen betrachtet, nicht um einen Anspruch , der - wie etwa das vertragliche Rücktrittsrecht gemäß § 346 BGB - seine Grundlage noch im Vertrag findet. Es handelt sich vielmehr um einen davon zu unterscheidenden besonders ausgestalteten Bereicherungsanspruch (BGHZ 131, 82, 87 f.).
Nobbe Siol Bungeroth
Müller Joeres

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 387/02 Verkündet am:
21. Juli 2003
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
VerbrKrG (in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung) § 9

a) § 9 Abs. 3 VerbrKrG (Einwendungsdurchgriff, vgl. § 359 BGB in der ab
1. Januar 2002 geltenden Fassung) findet auf den kreditfinanzierten Erwerb
einer Beteiligung an einer Anlagegesellschaft entsprechende Anwendung.
Wenn der Vertrag über den Erwerb einer Gesellschaftsbeteiligung mit dem
zur Finanzierung der Einlage geschlossenen Kreditvertrag ein verbundenes
Geschäft bildet, kann der unter Verletzung einer Aufklärungspflicht oder
durch Täuschung zum Gesellschaftsbeitritt veranlaßte Anleger sein Recht,
jederzeit fristlos unter Forderung des ihm nach den Regeln des fehlerhaften
Gesellschaftsbeitritts zustehenden Abfindungsguthabens aus der Anlagegesellschaft
auszuscheiden, auch dem Rückzahlungsanspruch des Kreditinstituts
entgegenhalten.

b) Die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG (Rückforderungsdurchgriff,
vgl. § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung)
ist in Fällen des § 9 Abs. 3 VerbrKrG entsprechend anzuwenden.
BGH, Urteil vom 21. Juli 2003 - II ZR 387/02 - OLG Karlsruhe
LG Mosbach
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 21. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht
und die Richter Kraemer, Münke, Dr. Graf und Dr. Strohn

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. April 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch, mit dem der Beklagte seinen Beitritt zu dem geschlossenen Immobilienfonds "G." finanziert hatte.
Das Anlagekonzept für den Fonds, den die G. W. (GW.) initiiert hatte und vertrieb, sah vor, daß die Anleger
über die Treuhänderin, S. mbH, St., der Fondsgesellschaft beitraten und sich die Mittel für ihre Einlage durch Bankdarlehen beschafften. Der Fondsbeitritt wurde durch Vermittler eingeleitet , die Interessierten einen vollständig ausgefüllten formularmäßigen Darlehensvertrag der Klägerin zur Unterschrift vorlegten.
Der Beklagte unterzeichnete am 1. September 1995 einen Antrag auf Gewährung eines am 1. August 2015 rückzahlbaren, durch eine Kapitallebensversicherung abzulösenden Darlehens über 68.888,88 DM und trat dem Fonds, vertreten durch die von ihm bevollmächtigte Treuhandgesellschaft, mit notariellem Vertrag vom 21. Dezember 1995 unter Übernahme von vier Anteilen von je 15.000,00 DM bei. Seine Einlage wurde von der Treuhandgesellschaft, an die die Klägerin die Darlehensvaluta ausgezahlt hatte, der Fondsgesellschaft zugeleitet.
Den vom Beklagten monatlich zu leistenden Zins- und Prämienzahlungen standen zunächst planmäßige Ausschüttungen aus Mieteinnahmen durch die Fondsgesellschaft gegenüber. Als die Ausschüttungen ab Sommer 2000 ausblieben, konnte der Beklagte die monatliche Zinslast nicht mehr tragen. Er stellte die Zinszahlungen an die Klägerin ein, die daraufhin das Darlehen fällig stellte und zum 6. Dezember 2000 Rückzahlung von 68.985,60 DM verlangte. Mit Anwaltsschreiben vom 10. April 2001 ließ der Beklagte seinen Beitritt zur Fondsgesellschaft gemäß § 123 BGB anfechten, hilfsweise seine Mitgliedschaft in der Gesellschaft fristlos, hilfsweise fristgerecht, kündigen.
Der Beklagte ist der Ansicht, von den Vertreibern der Fondsanteile über den Wert des Anlageobjekts getäuscht worden zu sein. Es sei, wie den Fondsbetreibern bekannt gewesen sei, nur 5,8 Mio. DM wert gewesen, die
Fondsgesellschaft habe es jedoch für insgesamt 10,8 Mio. DM erworben. Angesichts der den Anlegern verschwiegenen "weichen Kosten" in Millionenhöhe sei es ausgeschlossen gewesen, daß die Kapitalanlage jemals Gewinn abwerfen würde. Die Klägerin müsse sich die Arglist der Fondsbetreiber entgegenhalten lassen. Der Beklagte hat im Wege der Widerklage Rückzahlung der an die Klägerin geleisteten Zinsbeträge von 12.072,49 DM sowie Freistellung von sämtlichen Verpflichtungen aus seinem Beitritt zur Fondsgesellschaft verlangt.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Mit seiner - zugelassenen - Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage und die Verurteilung der Klägerin gemäß seinen Widerklageanträgen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dem unstreitigen Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin stünden Gegenrechte des Beklagten weder aus dem Gesichtspunkt der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten noch auf Grund Einwendungsdurchgriffs nach dem Verbraucherkreditgesetz (in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung) wegen arglistiger Täuschung beim Fondsbeitritt gegenüber. Deshalb fehle es auch für die mit der Widerklage verfolgten Ansprüche an einer Grundlage. Eine Aufklärungspflichtverletzung seitens der Klägerin liege nicht vor, weil diese keinen konkreten Wissensvorsprung im Hinblick auf die vom Beklagten behauptete Wertlosigkeit der
Gesellschaftsbeteiligung gehabt und auch die neutrale Rolle der Kreditgeberin nicht verlassen habe.
Eine arglistige Täuschung der Anlagegesellschafter durch die Initiatorin bzw. die von ihr eingesetzte Vertriebsorganisation führe, weil sie bei Publikumsgesellschaften den Gesellschaftern nicht zurechenbar sei, nicht zu einem Schadensersatzanspruch gegen die Fondsgesellschaft, den der Beklagte der Klägerin entgegenhalten könnte. Der getäuschte Gesellschafter könne seine Mitgliedschaft nur nach den Regeln der fehlerhaften Gesellschaft beenden, die jedoch im Verhältnis zur Finanzierungsbank nicht zur Entkräftung des Darlehensrückzahlungsanspruchs führten. § 9 Abs. 3 VerbrKrG sei auf Fälle der finanzierten Beteiligung an einer Fondsgesellschaft weder unmittelbar noch gemäß § 9 Abs. 4 VerbrKrG entsprechend anwendbar, weil es bei der Gesellschaftsbeteiligung an einem Austauschverhältnis der Leistungen fehle. Jedenfalls aber stünden die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft der Anwendung des § 9 Abs. 3 VerbrKrG entgegen, da sie dem getäuschten Gesellschafter nicht eine Rückabwicklung der Beteiligung ermöglichten, sondern ihm lediglich einen Abfindungsanspruch nach Maßgabe des § 738 BGB gewährten.
II. 1. Ohne Erfolg muß die Revision allerdings bleiben, soweit sie sich dagegen wendet, daß das Berufungsgericht die Verletzung einer eigenen vorvertraglichen Aufklärungspflicht durch die Klägerin verneint hat.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts, wonach die Prüfung der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit des zu finanzierenden Geschäfts nicht zu den vorvertraglichen Aufgaben der finanzierenden Bank gehört, steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGH, Urteile
v. 27. Juni 2000 - XI ZR 174/99, ZIP 2000, 1430 und XI ZR 210/99, ZIP 2000, 1483).
Ebensowenig läßt es einen Rechtsfehler erkennen, wenn das Berufungsgericht sich auf der Grundlage des Sachvortrags des Beklagten außerstande gesehen hat, das Vorliegen von Umständen festzustellen, unter denen die Bank nach dieser Rechtsprechung ausnahmsweise zur Aufklärung und Warnung des Kunden verpflichtet sein kann. Der Beklagte hat weder schlüssig darlegen können, daß die Klägerin einen konkreten, auch von ihr selbst als solchen erkannten Wissensvorsprung im Hinblick auf die von ihm behauptete Wertlosigkeit der Gesellschaftsbeteiligung besessen noch daß sie über ihre Rolle als neutrale Kreditgeberin hinausgegangen sei. Der auch in der Revisionsinstanz wiederholte, als übergangen gerügte Vortrag des Beklagten, die Klägerin müsse die Anlage zwangsläufig detailliert geprüft haben, weil sie im Gegensatz zu anderen Banken in Kenntnis des Emissionsprospekts fast alle Anteile finanziert und diese als Sicherheit akzeptiert habe, reicht dazu ersichtlich nicht aus. In Ermangelung eigener Aufklärungspflichten kann die Klägerin auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß für etwa unterlassene Aufklärungen der Anleger durch den Anlagevermittler verantwortlich gemacht werden.
2. Dagegen begegnet die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Frage der Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes (in seiner bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung) durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts findet § 9 Abs. 3 VerbrKrG auf durch Kredit finanzierte Beteiligungen an einer Anlagegesellschaft Anwendung. Der durch Verletzung der ihm geschuldeten Aufklärung zum Beitritt veranlaßte Anleger kann sein Recht zur jederzeitigen fristlosen Beendigung seiner
Beteiligung und Auszahlung seines Abfindungsguthabens bei Vorliegen eines Verbundgeschäfts auch gegenüber dem finanzierenden Institut geltend machen. Daher trägt auch die Begründung des Berufungsgerichts für die Abweisung der Widerklage nicht.

a) Die Vorschriften des § 9 Abs. 1 - 3 VerbrKrG gelten nach § 9 Abs. 4 dieses Gesetzes entsprechend für Kredite, die zur Finanzierung des Entgelts für eine andere Leistung als die Lieferung einer Sache gewährt werden. Bei dem Erwerb einer Beteiligung an einer Anlagegesellschaft handelt es sich um ein Geschäft über eine andere Leistung als die Lieferung einer Sache. Das ergibt sich aus dem Zweck der Regelungen des § 9 VerbrKrG, den Verbraucher davor zu schützen, einen Kredit auch dann in voller Höhe zurückzahlen zu müssen, wenn der Vertragspartner des finanzierten Geschäfts seine Leistungen nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt. Diesem Zweck wird die vom Berufungsgericht angenommene Begrenzung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf Fälle, die dem Grundmodell des kaufrechtlichen Leistungsaustausches entsprechen, nicht gerecht.

b) Der Vertrag des Beklagten über den Erwerb einer Gesellschaftsbeteiligung bildet nach § 9 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG ein mit dem Kreditvertrag der Parteien verbundenes Geschäft, da der Kredit der Finanzierung der Gesellschaftseinlage des Beklagten diente und beide Verträge als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind.
Die wirtschaftliche Einheit wird nach § 9 Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG unwiderleglich vermutet, wenn sich der Kreditgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluß des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient, was im Falle des Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfonds der Mitwirkung der
Fondsgesellschaft entspricht. Von einer Mitwirkung der Fondsgesellschaft ist auszugehen, wenn der Kreditvertrag nicht auf Grund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande kommt, der von sich aus eine Bank um die Finanzierung seines Gesellschaftsbeitritts ersucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Fondsvertreibers dem Interessenten zugleich mit den Beitrittsunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt hat, das sich zuvor dem Fondsvertreiber gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte. Der Beklagte hat den Kredit, wie dies nach dem Anlagekonzept der Initiatorin der Fondsgesellschaft vorgesehen war, durch Unterzeichnung eines ihm vom Vermittler der Fondsbeteiligung vorgelegten Antragsformulars der Klägerin beantragt.

c) Der Beklagte kann die Rückzahlung des Kredits gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKrG insoweit verweigern, als ihm infolge der fristlosen Kündigung seiner Beteiligung an der Fondsgesellschaft gegen diese ein Abfindungsanspruch zusteht.
aa) Im Ergebnis zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß dem Anleger auf Grund einer Täuschung durch die Initiatoren bzw. die von ihnen eingesetzte Vertriebsorganisation kein Anspruch auf Schadensersatz aus Verhandlungsverschulden gegen die Fondsgesellschaft zusteht, den er über § 9 Abs. 3 VerbrKrG dem Anspruch des finanzierenden Kreditinstituts entgegenhalten könnte. Der Grund liegt nach ständiger Rechtsprechungspraxis in der Überlegung, daß bei rein kapitalistisch organisierten Gesellschaftsbeteiligungen der einzelne Gesellschafter auf die Beitrittsverträge neuer Gesellschafter keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten hat und demgemäß die Gesellschafter dem am Beitritt interessierten Dritten gegenüber überhaupt nicht in Erscheinung treten. Der (getäuschte) Beitrittswillige bringt regelmäßig nur dem die Verhandlung füh-
renden Vertreter der Gesellschafter, nicht aber diesen oder der Gesellschaft Vertrauen entgegen. Daher ist es gerechtfertigt, nur diesen Vertreter persönlich und nicht auch die übrigen Gesellschafter haften zu lassen. Anders läßt sich eine geordnete Auseinandersetzung der Fondsgesellschaft nach dem Regelwerk über die fehlerhafte Gesellschaft bzw. den fehlerhaften Gesellschaftsbeitritt nicht durchführen (vgl. H.P. Westermann, ZIP 2002, 240, 243, 245 li.Sp. unten/re.Sp. oben).
bb) Ebensowenig steht dem Anspruch des finanzierenden Kreditinstituts als Gegenstand eines Einwendungsdurchgriffs nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG ein Anspruch des Anlegers gegen die Fondsgesellschaft auf ungeschmälerte Rückerstattung seiner Einlage entgegen. Dies folgt zwar nicht bereits daraus, daß die Einlage schon geleistet ist. Da in der Situation des Verbundgeschäfts die Forderung aus dem entgeltlichen Vertrag nach § 9 Abs. 4 VerbrKrG mittels der zumeist von dem Finanzierungsinstitut direkt an den Gläubiger ausgezahlten Kreditsumme bereits beglichen ist, fingiert § 9 Abs. 3 Satz 1 VerbrKrG die Nichterbringung der Leistung gegenüber dem Verkäufer ("berechtigen würde"), so daß zu fragen ist, ob der Kreditnehmer, wenn er die geschuldete Leistung an den Gläubiger des finanzierten Vertrags noch nicht erbracht hätte, berechtigt wäre, sie zu verweigern. Ist die Frage zu bejahen, ist der Kreditnehmer auch gegenüber der Bank zur Verweigerung der Bezahlung der noch offenstehenden Kreditraten berechtigt (Staudinger/Kessal-Wulf, BGB 13. Aufl. (2001) § 9 VerbrKrG Rdn. 66, 75; MünchKomm.BGB/Habersack, 3. Aufl. § 9 VerbrKrG Rdn. 74; ders. Bankrecht 2000, 235, 243; Bülow, VerbrKrG 4. Aufl. § 9 Rdn. 104).
Das Fehlen eines Anspruchs auf ungeschmälerte Rückerstattung der Einlage folgt jedoch aus den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft. Da-
nach führt ein fehlerhafter Gesellschaftsbeitritt grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit des Beitritts nach allgemeinen Grundsätzen. Der Gesellschaftsbeitritt ist vielmehr, wenn er in Vollzug gesetzt worden ist, zunächst wirksam. Der Gesellschafter , der sich auf den Mangel berufen will, hat aber das Recht, sich jederzeit auf dem Wege der außerordentlichen Kündigung von seiner Beteiligung für die Zukunft zu lösen. An die Stelle des ihm nach allgemeinen Grundsätzen zustehenden Anspruchs auf Rückzahlung der geleisteten Einlage tritt - auch bei einem durch arglistige Täuschung verursachten Beitritt - ein Anspruch auf das ihm nach den Grundsätzen gesellschaftsrechtlicher Abwicklung zustehende Abfindungsguthaben. Dessen Höhe bemißt sich nach dem Wert der Beteiligung im Kündigungszeitpunkt, weil der Anleger, da seiner Kündigung nach den Regeln des Gesellschaftsrechts keine Rückwirkung zukommt, an den bis zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Gewinnen und Verlusten der Gesellschaft im Verhältnis seiner Beteiligung teilnimmt.
cc) Das Recht zur fristlosen Kündigung der Beteiligung, das dem unter Verletzung einer Aufklärungspflicht oder sogar unter arglistiger Täuschung zur Beteiligung veranlaßten und damit fehlerhaft beigetretenen Anlagegesellschafter zusteht, unterliegt anders als ein Schadensersatzanspruch nicht der Verjährung , sondern nur der Verwirkung. Es braucht daher nicht in einer bestimmten Frist nach Kenntniserlangung von dem Mangel geltend gemacht zu werden, sondern ist erst verwirkt, wenn sich die Gesellschaft wegen der Untätigkeit des getäuschten Anlegers über einen gewissen Zeitraum hinweg ("Zeitmoment") bei objektiver Beurteilung darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dieser werde von seinem Recht nicht mehr Gebrauch machen ("Umstandsmoment"), und die verspätete Geltendmachung daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstieße.
Das Kündigungsrecht kann unmittelbar der Fondsgesellschaft gegenüber ausgeübt werden, aber auch dadurch, daß der getäuschte Anleger (lediglich) dem Finanzierungsinstitut mitteilt, er sei durch Täuschung zum Erwerb der Beteiligung veranlaßt worden, und ihm die Übernahme seines Gesellschaftsanteils anbietet. Diese Mitteilung an das Finanzierungsinstitut genügt mit Rücksicht darauf, daß Fondsbeitritt und Kreditvertrag ein verbundenes Geschäft bilden (s. oben II. 2. b). Soweit sich aus den Entscheidungen des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 27. Juni 2000 - XI ZR 174/99 und XI ZR 210/99, jeweils aaO, etwas anderes ergeben sollte, hält der XI. Zivilsenat daran nicht mehr fest, wie er auf Anfrage mitgeteilt hat.

d) Mit der Berufung auf den Abfindungsanspruch macht der Anleger eine Einwendung i.S. des § 9 Abs. 3 VerbrKrG geltend. Hätte er seine Gesellschaftseinlage noch nicht erbracht, so könnte er deren Zahlung zwar nicht verweigern, weil seine Kündigung die Einlageverpflichtung nicht rückwirkend entfallen ließ. Er könnte der Einlageforderung jedoch im Wege der dolo-facit-Einrede seinen Abfindungsanspruch entgegensetzen oder mit diesem Anspruch gegen den Einlageanspruch aufrechnen.

e) Das Berufungsgericht hat unterstellt, daß der Beklagte durch arglistige Täuschung - Verschweigen von sog. "weichen Kosten" in Höhe mehrerer Mio. DM - durch die von den Fondsbetreibern als Vermittler eingeschaltete Vertriebsperson zum Erwerb der Fondsbeteiligung bestimmt wurde. Es ist auf dieser Grundlage rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß dem Beitritt des Beklagten damit ein Mangel anhaftete, aus dem ihm zwar kein Schadensersatzanspruch gegen die Fondsgesellschaft erwachsen konnte, der ihn aber nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft zur fristlosen Kündigung seiner Beteiligung berechtigte. Da der Beklagte seine Beteiligung an der Fondsgesell-
schaft unstreitig im April 2001 dieser gegenüber gekündigt hat und von einer Verwirkung des Kündigungsrechts keine Rede sein kann, weil eine Kenntnis des Beklagten von der arglistigen Täuschung frühestens ab Ausbleiben der Ausschüttungen der Mieteinnahmen im Sommer 2000 angenommen werden kann, verweigert er im Hinblick auf den ihm gegen die Fondsgesellschaft zustehenden Abfindungsanspruch mit Recht gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKrG die Begleichung der noch offenen Rückzahlungsansprüche der Klägerin.
3. a) Mit seinem auf Rückzahlung geleisteter Zinszahlungen gerichteten Widerklageantrag macht der Beklagte einen Anspruch auf Grund sog. Rückforderungsdurchgriffs entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG geltend. Dieser Anspruch erweist sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht angenommenen arglistigen Täuschung des Beklagten als begründet.
aa) Das Gesetz sieht den Rückforderungsdurchgriff in der bezeichneten Vorschrift für den Fall des (berechtigten) Widerrufs der auf den Abschluß des Kreditvertrags gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers gemäß § 7 Abs. 1 VerbrKrG vor; eine entsprechende Regelung fehlt in § 9 Abs. 3 VerbrKrG. Die Entstehungsgeschichte des Verbraucherkreditgesetzes bietet jedoch keinen Anhalt für die Annahme, § 9 Abs. 3 VerbrKrG sei als abschließende Regelung im Sinne einer negativen Entscheidung des Gesetzgebers zu verstehen, die einen §§ 9 Abs. 2 Satz 4, 7 Abs. 1 VerbrKrG entsprechenden Rückforderungsdurchgriff im Falle des § 9 Abs. 3 VerbrKrG ausschließe. Die Gesetzesmaterialien sprechen vielmehr nachdrücklich für das Gegenteil. Der in der Begründung des Referentenentwurfs noch enthaltene Hinweis "Andererseits gewährt der Entwurf dem Verbraucher auch keinen Forderungsdurchgriff (Rückforderungsanspruch). Eine Haftung des Kreditgebers für einen Rückforderungsanspruch des Verbrauchers gegenüber dem Verkäufer ist ausgeschlos-
sen" (Referentenentwurf v. 10. Juni 1988, S. 34) wurde im Regierungsentwurf gestrichen (BT-Drucks. 11/5462, S. 23).
§ 9 Abs. 3 VerbrKrG ist damit als offene Vorschrift zu lesen, durch die der Gesetzgeber die Frage des Rückforderungsdurchgriffs bewußt Rechtsprechung und Lehre überlassen hat (Reinking/Nießen, ZIP 1991, 79, 84; Vollkommer, FS Merz, S. 595, 603; Goebbels, Der Rückforderungsdurchgriff des Verbrauchers im Rahmen der Rückabwicklung verbundener Geschäfte im Sinne des § 9 Verbraucherkreditgesetz, Diss. Bonn 2000, S. 46 ff.). Nach Ansicht des Senats besteht ein unabweisbares Bedürfnis, auch im Anwendungsbereich des § 9 Abs. 3 VerbrKrG eine Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen nach Maßgabe der für das finanzierte Vertragsverhältnis geltenden Regeln zuzulassen. Im Rahmen finanzierter Fondsbeteiligungen spricht für diesen Ansatz, daß er einerseits wegen der Minderung des Rückzahlungsanspruchs um die Verlustbeteiligung das Anlagerisiko beim Verbraucher beläßt - wie bei jedem anderen Anleger auch - und daß andererseits die Bank und nicht der Verbraucher das Risiko der Insolvenz der Fondsgesellschaft trägt. Zugleich wird damit dem Grundprinzip Rechnung getragen, daß das Verbraucherkreditgesetz nicht vor allen Folgen einer fehlerhaften Kapitalanlage schützen und den Verbraucher, der eine Beteiligung über einen Kredit finanziert, nicht gegenüber Anlegern, die ihre Fondsbeteiligung eigenfinanziert haben, privilegieren will.
bb) In concreto bedeutet dies: Ist der Nettokreditbetrag der Fondsgesellschaft - wie im Falle des Beklagten - bereits zugeflossen, tritt das Kreditinstitut im Verhältnis zum Anleger bei der Rückabwicklung in die Rechte und Pflichten der Fondsgesellschaft ein. Im übrigen erfolgt die Rückabwicklung gemäß §§ 9 Abs. 2 Satz 4, 7 Abs. 4 VerbrKrG nach § 3 HaustürWG.

Das führt dazu, daß der Anleger nicht mehr zur Rückzahlung des Kredits verpflichtet ist, sondern das Kreditinstitut seinen Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta mit seiner aus der Einnahme der Stellung der Fondsgesellschaft resultierenden Verpflichtung zur Auszahlung des Abfindungsguthabens des Anlegers zu saldieren hat (vgl. H.P. Westermann aaO, S. 248). Der Anleger bleibt, da ihm das Anlagerisiko nicht abgenommen werden und er auch gegenüber dem die Beteiligung aus eigenen Mitteln finanzierenden Gesellschafter nicht privilegiert werden soll, verpflichtet, in dem Fall, daß sein Abfindungsguthaben niedriger ist als die noch offene Darlehensvaluta, die Differenz an das Finanzierungsinstitut zu zahlen. Die Bank trägt die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen und die Höhe des ihr gegen den Verbraucher etwa noch zustehenden Anspruchs. Deshalb ist sie auch hinsichtlich der Höhe des zu berücksichtigenden Abfindungsguthabens des Anlegers darlegungs- und beweispflichtig.
Der Anleger, der - wie der Beklagte - seine Beteiligung gekündigt hat, muß dem Kreditinstitut seinen Anspruch auf das Abfindungsguthaben zur Verfügung stellen, um es in die Lage zu versetzen, das Guthaben bei der Fondsgesellschaft einzufordern. Der Kreditgeber trägt das Risiko, das Abfindungsguthaben nicht realisieren zu können. Er kann sich bei dessen Uneinbringlichkeit nicht entsprechend § 128 HGB an die übrigen Gesellschafter des Fonds halten, weil nach der Rechtsprechung des Senats bei Publikumsgesellschaften eine Haftung der Gesellschafter für auf Beitrittsmängeln oder arglistiger Täuschung durch Initiatoren und Gründer der Gesellschaft beruhende Abfindungsforderungen von Mitgesellschaftern nicht in Betracht kommt. Sofern sich aus der Entscheidung BGHZ 148, 201, 206/207 etwas anderes ergeben sollte, hält der Senat daran nicht fest.

Das Kreditinstitut hat entsprechend § 3 Abs. 3 HaustürWG Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die Zeit ab Auszahlung der Darlehensvaluta bis zur Kündigung der Beteiligung, während der Anleger analog § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG Rückzahlung der geleisteten Zins- und Tilgungsraten von ihm verlangen kann.
cc) Demnach fordert der Beklagte die unstreitig an die Klägerin gezahlten Zinsleistungen von 12.072,49 DM zu Recht mit der Widerklage zurück. Weil dieser Anspruch aber nur einen Teil der zwischen den Parteien durchzuführenden Rückabwicklung von Kredit und Gesellschaftsbeteiligung betrifft, kommt ihm nur die Bedeutung eines in die Gesamtabrechnung einzustellenden Rechnungspostens zu. Eine isolierte Entscheidung darüber verbietet sich, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die bisher über die Behandlung durch Kredit finanzierter Gesellschaftsbeteiligungen bestehende Rechtsunsicherheit. Diese Rechtsunsicherheit ist ursächlich dafür, daß die Klägerin Einwendungen gegen die Widerklageforderung - etwa nach der Saldierung mit dem Abfindungsguthaben des Beklagten verbleibende Ansprüche auf Darlehensrückzahlung und Nutzungsentschädigung - bislang nicht ermittelt und geltend gemacht hat.

b) Auch eine Entscheidung des Senats über das Freistellungsbegehren des Beklagten ist unter den gegebenen Umständen nicht veranlaßt.
III. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es, nachdem die Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag erhalten haben,
die noch erforderlichen Feststellungen, auch hinsichtlich der bisher nur unter- stellten arglistigen Täuschung des Beklagten, treffen kann.
Röhricht Kraemer Münke
Graf Strohn

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 135/02 Verkündet am:
23. September 2003
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
VerbrKrG §§ 3 Abs. 2 Nr. 2, 9 Abs. 1 und 3
Auch ein finanziertes Immobiliengeschäft kann mit dem der Finanzierung
dienenden Verbraucherkreditvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne
des § 9 VerbrKrG bilden, sofern der Kreditvertrag dem Verbraucherkreditgesetz
unterfällt und die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG
nicht greift.
BGH, Urteil vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 23. September 2003 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die
Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 14. März 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über wechselseitige Ansprüche im Zusammenhang mit einem Darlehen, das die Beklagten im Jahr 1998 bei der klagenden Bank aufnahmen. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Durch notariellen Vertrag vom 15. Oktober/11. November 1998 erwarben die Beklagten im Rahmen eines Steuersparmodells von der A. AG in V. eine Eigentumswohnung in einem Sanierungsobjekt in Au. (Sachsen) zu einem Kaufpreis von 201.932,50 DM. Diesen finanzierten sie in Höhe von 165.000 DM über ein grundpfandrechtlich gesichertes Annuitätendarlehen der R-bank, in Höhe von 40.000 DM über einen grundpfandrechtlich nicht gesicherten Kredit der Klägerin, der bereits im August 1998 auf einem Formular der Klägerin beantragt wurde. Der Abschluß der Kreditverträge erfolgte, ohne daß die Klägerin selbst Kreditverhandlungen mit den Beklagten führte, über den für die M. GmbH auftretenden Vermittler L., der auch den Verkauf der Immobilie vermittelt hatte. Die Klägerin zahlte die Darlehensvaluta auf das im Kreditantrag benannte Konto des Beklagten zu 1) aus.
Nachdem die Beklagten Ende Mai 1999 die Zins- und Tilgungsleistungen an die Klägerin eingestellt hatten, kündigte diese das Darlehen. Mit der Klage über 41.199,52 DM verlangt sie dessen Rückzahlung zuzüglich Zinsen und Bearbeitungsgebühr sowie Kontoführungsgebühren. Die Beklagten begehren im Wege der Widerklage die Freistellung von sämtlichen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag mit der R-bank sowie die Rückzahlung der von ihnen an die Klägerin geleisteten Darlehensraten in Höhe von 2.075 DM nebst Zinsen. Sie machen geltend, es sei kein wirksamer Darlehensvertrag zustande gekommen, weil die Klägerin das Vertragsangebot der Beklagten mit Schreiben vom 4. Dezember 1998 lediglich gegenüber dem Beklagten zu 1) angenommen habe. Die Klägerin sei ihnen ferner aus vorvertraglichem Aufklärungsverschulden zum Schadensersatz verpflichtet und hafte für Falschangaben des Vermittlers. Schließlich könnten sie der Klägerin gemäß § 9
Abs. 3 VerbrKrG auch Einwendungen aus dem Grundstückskaufvertrag entgegen halten, der formnichtig, wirksam angefochten und zudem sittenwidrig sei.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgen sie ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


A.


Die Revision ist uneingeschränkt zulässig (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
1. Das Berufungsgericht hat zwar die Zulassung der Revision im Urteilstenor auf die Entscheidungen über die mit Klage und Widerklage geltend gemachten Zahlungsanträge beschränkt, da es nur bei ihnen - nicht aber bei dem ebenfalls von den Beklagten verfolgten Freistellungsantrag - auf die klärungsbedürftige Rechtsfrage ankomme, ob § 9 Abs. 1 VerbrKrG auf derartige Immobilienanlagegeschäfte Anwendung finde. Diese Beschränkung der Zulassung ist aber unzulässig und damit wirkungslos.
Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbstän-
digen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden. Unzulässig ist es, die Zulassung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (BGHZ 101, 276, 278; 111, 158, 166; Senatsurteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, WM 2003, 1370, 1371; BGH, Urteil vom 4. Juni 2003 - VIII ZR 91/02, ZIP 2003, 1399, 1400 f.). Der Teil des Prozeßstoffs, für den die Zulassung ausgesprochen wird, muß vom restlichen Prozeßstoff teilbar sein. Im Falle einer Zurückverweisung darf die Änderung dieses Teils nicht in die Gefahr eines Widerspruchs zu dem nicht anfechtbaren Teil geraten (BGH, Urteil vom 4. Juni 2003 - VIII ZR 91/02, ZIP 2003, 1399, 1401; MünchKomm/ Wenzel, ZPO 2. Aufl. Aktualisierungsband § 543 Rdn. 33).
Das aber wäre hier der Fall. Die Beklagten berufen sich über § 9 VerbrKrG hinaus sowohl gegenüber der Klage als auch im Rahmen beider Widerklageanträge auf eine Haftung der Klägerin aus eigenem oder zugerechnetem (§ 278 BGB) Aufklärungsverschulden. Bei einer Beschränkung der Revisionszulassung auf einzelne Anträge bestünde daher im Hinblick auf die Frage einer vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung die Gefahr widersprechender Entscheidungen.
2. Ist die Beschränkung der Revisionszulassung unzulässig, muß das angefochtene Urteil in vollem Umfang überprüft werden (BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82, WM 1984, 279, 280 m.w.Nachw., insoweit in BGHZ 88, 85 ff. nicht abgedruckt). An diesem Grundsatz ist auch nach der Änderung des Rechtsmittelrechts festzuhalten. Fehlt es an einer wirksamen Beschränkung der Zulassung, so ist allein die Beschränkung , nicht aber die Zulassung unwirksam, die Revision daher unbe-
schränkt zugelassen (Senatsurteil vom 20. Mai 2003 aaO; BGH, Urteil vom 4. Juni 2003 aaO S. 8 f.).

B.


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Der Darlehensvertrag sei wirksam zwischen den Parteien zustande gekommen. Die schriftliche Annahmeerklärung der Klägerin sei dahin auszulegen, daß die Annahme auch gegenüber der Beklagten zu 2) habe erklärt werden sollen. Eine Haftung der Klägerin aus eigenem oder zugerechnetem vorvertraglichen Aufklärungsverschulden bestehe nicht. Die Beklagten könnten sich auch nicht mit Erfolg auf einen Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG berufen. Ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG liege nicht vor. Entgegen einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht, die § 9 Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG als unwiderlegliche Vermutung und den Begriff des Sichbedienens im Sinne dieser Vorschrift objektiv-technisch verstehe, sei der Begriff aus der Sicht der beteiligten Verkehrskreise und nach Art des in Rede stehenden Geschäfts wertend auszulegen. Danach komme in den Fällen des Erwerbs von Immobilien/Anteilen im Rahmen eines Anlage- oder
Steuersparmodells die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit im Sinne des § 9 VerbrKrG nicht in Betracht, weil selbst der rechtsunkundige Laie wisse, daß die kreditgebende Bank und der Grundstücksveräußerer regelmäßig verschiedene Rechtsträger seien, die ihre eigenen, jeweils verschiedenen Interessen wahrnähmen. Abgesehen davon fehle es im vorliegenden Fall für die Annahme eines verbundenen Geschäfts an der von der ganz überwiegenden Meinung verlangten Zweckbindung des Darlehens.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
1. In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ist das Berufungsgericht allerdings im Wege der Auslegung der Erklärungen der Parteien zu dem Ergebnis gelangt, daß beide Beklagte Vertragspartner des Darlehensvertrags mit der Klägerin waren. Die tatrichterliche Auslegung einer Individualvereinbarung unterliegt im Revisionsverfahren nur der eingeschränkten Überprüfung darauf, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer acht gelassen wurde (BGH, Urteile vom 29. März 2000 - VIII ZR 297/98, WM 2000, 1289, 1291 f. und vom 3. April 2000 - II ZR 194/98, WM 2000, 1195, 1196; Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688). Das ist hier nicht der Fall.
Entgegen der Auffassung der Revision widerspricht die Auslegung des Berufungsgerichts insbesondere nicht dem ausdrücklichen Wortlaut der Vertragserklärungen. Die Kreditzusage der Klägerin vom 4. Dezember 1998 enthält keine ausdrückliche und eindeutige Erklärung, daß der von den Beklagten beantragte Kredit nur dem Beklagten zu 1) gewährt werden sollte. Den Umstand, daß dieses Schreiben ausschließlich an den Beklagten zu 1) adressiert und nur dessen Name in der Anrede enthalten ist, hat das Berufungsgericht bei der Auslegung der Vertragserklärungen berücksichtigt, ohne daß ihm hierbei revisionsrechtlich beachtliche Fehler unterlaufen wären.
2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der von den Beklagten geltend gemachte Einwendungsdurchgriff gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKrG scheide aus, hält rechtlicher Überprüfung hingegen nicht stand.

a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann auch ein finanziertes Immobiliengeschäft mit dem der Finanzierung dienenden Verbraucherkreditvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG bilden, sofern der Kreditvertrag dem Verbraucherkreditgesetz unterfällt und - wie hier mangels grundpfandrechtlicher Absicherung des Kredits - die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG nicht greift.
Zwar hat der Bundesgerichtshof zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Verbraucherkreditgesetzes die Auffassung vertreten, Immobilienkredite und das jeweils finanzierte Grundstücksgeschäft seien grundsätzlich nicht als zu einer wirtschaftlichen Einheit verbundene Geschäfte anzusehen , weil bei einem Immobilienkauf auch der rechtsunkundige und ge-
schäftsunerfahrene Laie wisse, daß Kreditgeber und Immobilienverkäufer in der Regel verschiedene Personen seien (BGH, Urteile vom 18. September 1970 - V ZR 174/67, WM 1970, 1362, 1363, vom 12. Juli 1979 - III ZR 18/78, WM 1979, 1054, vom 13. November 1980 - III ZR 96/79, WM 1980, 1446, 1447 f., vom 9. Oktober 1986 - III ZR 127/85, WM 1986, 1561, 1562 und vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 906; ebenso für einen nicht dem Verbraucherkreditgesetz unterfallenden Immobilienkredit : BGH, Urteil vom 19. Mai 2000 - V ZR 322/98, WM 2000, 1287, 1288).
Diese Grundsätze gelten auch nach Inkrafttreten des Verbraucherkreditgesetzes fort, soweit es um Realkreditverträge im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG geht. Auf diese finden nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG die Regelungen über verbundene Geschäfte (§ 9 VerbrKrG) keine Anwendung (Senat, BGHZ 150, 248, 263 sowie Urteile vom 10. September 2002 - XI ZR 151/99, WM 2002, 2409, 2410 und vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 63 f.).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lassen sich die genannten Grundsätze auf den vorliegenden Fall aber nicht ohne weiteres übertragen. Hier wurde ein Verbraucherkredit zum Erwerb einer Immobilie gewährt, bei dem es sich mangels grundpfandrechtlicher Absicherung nicht um einen Realkredit im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG handelt. In einem solchen Fall bleibt § 9 VerbrKrG angesichts der gesetzlichen Regelung der §§ 3, 9 VerbrKrG anwendbar.
Der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich des Verbraucher- kreditgesetzes in den §§ 1-3 VerbrKrG ausdrücklich geregelt. Obwohl es ihm nach Art. 11 der Richtlinie des Rates vom 22. Dezember 1986 - 87/102/EWG, Abl. Nr. L 42/48 vom 12. Februar 1987 in der Fassung der Änderungsrichtlinien des Rates vom 22. Februar 1990 - 90/88/EWG, Abl. Nr. L 61/14 vom 10. März 1990 und des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 - 98/7/EG, Abl. Nr. L 101/17 vom 1. April 1998 (Verbraucherkreditrichtlinie) offen gestanden hätte, eine Durchgriffsregelung nur für Kredite, die für den Bezug von Waren oder Dienstleistungen vereinbart werden, vorzusehen und sämtliche Immobilienkredite auszunehmen (Ott in: Bruchner/Ott/Wagner-Wieduwilt, VerbrKrG 2. Aufl. § 9 Rdn. 35), hat er von einer generellen Ausnahme für sämtliche Immobilienkredite abgesehen. Er hat vielmehr in § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG lediglich die sog. Realkredite vom Anwendungsbereich des § 9 VerbrKrG ausgenommen, zu denen der hier zu beurteilende - grundpfandrechtlich nicht gesicherte - Kredit nicht gehört. Seine Entscheidung , nicht alle zur Finanzierung von Grundstücksgeschäften dienenden Verbraucherkredite von der Anwendung des § 9 VerbrKrG auszunehmen , sondern nur die Realkredite im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG, hat der Gesetzgeber dabei ausdrücklich auch in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BT-Drucks. 11/5462 S. 12, 23) getroffen. Damit hat er eine bewußte und abschließende, von der Rechtsprechung zu respektierende Regelung darüber geschaffen, auf welche Verbraucherimmobilienkredite § 9 VerbrKrG nicht anwendbar sein soll. Für die Auffassung des Berufungsgerichts, die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit im Sinne des § 9 VerbrKrG scheide über § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG hinaus bei Immobilienkrediten generell aus, ist deshalb kein Raum mehr (in diesem Sinne auch bereits Senatsurteile vom
18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1247 und vom 18. März 2003 - XI ZR 422/01, WM 2003, 916, 917).

b) Nach dem Vorbringen der Beklagten bilden Kauf- und Kreditvertrag hier ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG.
aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings für zweifelhaft gehalten, ob Kreditvertrag und Kaufvertrag hier nach § 9 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind.
Dazu müßten die Verträge eine so enge Verbindung aufweisen, daß sich beide als Teilstücke einer rechtlichen oder wenigstens wirtschaftlich -tatsächlichen Einheit eng ergänzten (BT-Drucks. 11/5462 S. 23; BGH, Urteil vom 6. Dezember 1979 - III ZR 46/78, WM 1980, 159, 160). Hiergegen bestehen Bedenken. Weder sind Kauf- und Kreditvertrag zeitgleich abgeschlossen (zu diesem Indiz: Senatsurteil vom 18. März 2003 - XI ZR 422/01, WM 2003, 916, 917) noch formularmäßig einheitlich ausgestaltet. Konkrete wechselseitige Hinweise auf den jeweils anderen Vertrag fehlen. Der bloße Umstand, daß die in dem Kreditvertrag enthaltene Widerrufsbelehrung eine Belehrung über verbundene Geschäfte enthält, genügt hierfür schon deshalb nicht, weil es sich um einen Formularvertrag handelt, der für unterschiedliche Vertragsgestaltungen offen sein muß. Insbesondere sieht der Darlehensvertrag keine Zweckbindung der Darlehensvaluta vor, die den Darlehensnehmern folgerichtig auf einem Konto zur Verfügung gestellt wurde, über das sie frei verfügen konnten. Soweit der Überschrift des Begleitschreibens der Klägerin zur Kreditzusage "Finanzierung der von Ihnen erworbenen Im-
mobilie..." und dem nachfolgenden Text zu entnehmen ist, daß das Dar- lehen zur Finanzierung des Kaufpreises aus einem bestimmten Grundstücksgeschäft aufgenommen worden ist, geht dies nicht über die regelmäßig einem Kreditgeschäft innewohnende Zweckbestimmung hinaus.
bb) Letztlich kann offenbleiben, ob die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG vorliegen. Die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit folgt hier nämlich aus § 9 Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG, da sich die Klägerin nach dem Vortrag der Beklagten bei Abschluß des Kreditvertrages jedenfalls der Mitwirkung der Vertriebsbeauftragten der Verkäuferin bedient hat.
Wie der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 21. Juli 2003 (II ZR 387/02, WM 2003, 1762, 1763) entschieden hat, wird die wirtschaftliche Einheit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG unwiderleglich vermutet, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande kommt, der von sich aus eine Bank um Finanzierung seines Anlagegeschäfts ersucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Anlagevertreibers dem Interessenten zugleich mit den Anlageunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt hat, das sich zuvor dem Anlagevertreiber gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte.
Diese Voraussetzungen sind hier nach dem Vorbringen der Beklagten gegeben. Danach war die M. GmbH, für die der Vermittler L. tätig geworden ist, von der Verkäuferin der Eigentumswohnungen mit deren Vertrieb beauftragt. Dies soll der Klägerin bekannt gewesen sein. Zudem sollen zwischen der Klägerin und der Verkäuferin bzw. der M. GmbH
ständige Geschäftsbeziehungen bestanden haben, in deren Rahmen die Klägerin eine allgemeine Zusage zur Finanzierung der Wohnungskäufe erteilt habe. Die M. GmbH war gleichzeitig auf Provisionsbasis für die Klägerin als Kreditvermittlerin tätig und besaß deren Kreditantragsformulare. Unter Verwendung eines solchen Formulars hat sie bzw. der für sie handelnde Vermittler L. schon vor Abschluß des Wohnungskaufvertrages den Kreditantrag aufgenommen und der Klägerin, die keinerlei eigene Verhandlungen mit den Beklagten geführt hat, zugeleitet. Dabei ist der Kreditantrag, wie im Antragsformular der Klägerin vorgesehen, auch für die "Verkäuferfirma" unterzeichnet worden. Die M. GmbH ist danach nicht auf Initiative der Beklagten tätig geworden. Vielmehr liegt ein arbeitsteiliges Zusammenwirken zwischen der Klägerin und der Vertriebsbeauftragten der Verkäuferin vor.
Da die Parteien zu den Kontakten zwischen der Klägerin und der M. GmbH bzw. dem Vermittler L. streitig und unter Beweisantritt vorgetragen haben, bedarf es noch Feststellungen des Berufungsgerichts zum Vorliegen eines verbundenen Geschäfts im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG.

III.


Das angefochtene Urteil war daher in dem aus dem Tenor ersicht- lichen Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 10/02
vom
18. Februar 2003
in der Kostensache
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe, die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und
die Richterin Mayen
am 18. Februar 2003

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 16. April 2002 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 434,45

Gründe:


Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Klägerin kann von dem Beklagten die Reisekosten ihrer erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten erstattet verlangen.
Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, daß die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei im Regelfall eine notwendige Maßnahme zweckentspre-
chender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO darstellt (Beschlüsse vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, EBE/BGH 2002, 398, 399 f. und vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02, Umdr. S. 5, 6).
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann dann eingreifen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich sein wird (BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 aaO S. 400). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Das Beschwerdegericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß es für die Klägerin angesichts der Besonderheiten des Falles kein Routinegeschäft gewesen ist, den Beklagten im Wege der Klage aus der von ihm übernommenen Bürgschaft in Anspruch zu nehmen. Bei dieser Sachlage war es auch aus Sicht der Klägerin, einer über eine Rechtsabteilung verfügenden Bank,
ohne weiteres denkbar, daß eine sachgerechte und ihre Interessen vollständig wahrende Prozeßführung die mündliche Besprechung tatsächlicher oder rechtlicher Fragen mit dem Prozeßbevollmächtigten erforderlich machen würde.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.