Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2016 - X ZR 89/14

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:291116BXZR89.14.0
29.11.2016
vorgehend
Bundespatentgericht, 3 Ni 8/13, 03.06.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 89/14
vom
29. November 2016
in der Patentnichtigkeitssache
ECLI:DE:BGH:2016:291116BXZR89.14.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Bacher und Dr. Deichfuß sowie die Richterin Dr. Kober-Dehm

beschlossen:
Die Gegenvorstellung der Beklagten gegen den Beschluss des Senats vom 23. August 2016 wird zurückgewiesen.

Gründe:


1
I. Das Streitpatent ist in erster Instanz im Umfang des Patentanspruchs 1 nebst den nachgeordneten Ansprüchen für nichtig erklärt worden. In Bezug auf den weiteren angegriffenen nebengeordneten Patentanspruch 15 haben die Parteien nach dem Verzicht der Beklagten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Das Patentgericht hat die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben, weil die Beklagte zu der Nichtigkeitsklage in Bezug auf Patentanspruch 15 keinen Anlass gegeben und daher insoweit die Klägerin in analoger Anwendung von § 93 ZPO die Prozesskosten zu tragen habe. Den Streitwert hat es auf 1.000.000 € bestimmt, nachdem die Klägerin ihr Interesse an der Nichtigerklärung mit 500.000 € beziffert und die Beklagte erklärt hatte, keine Umsatzzahlen angeben zu wollen. Der Senat hat, nachdem die Beklagte die Berufung gegen das Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 3. Juni 2014 zurückgenommen hat, den Streitwert für das Nichtigkeitsberufungsverfahren mit Beschluss vom 23. August 2016 auf 500.000 € festgesetzt.
2
Mit ihrer als „Beschwerde“ bezeichneten Eingabe macht die Beklagte geltend, der für das Berufungsverfahren festgesetzte Streitwert sei zu hoch. Angemessen sei ein Wert von 140.000 €. Sie ist der Auffassung, dass schon in der ersten Instanz ein zu hoher Wert angesetzt worden sei, da das Patentgericht außer Acht gelassen habe, dass es im Streitfall auf ihre Umsatzzahlen der Beklagten nicht ankomme, weil das von ihr vertriebene Dichtungsband als unmittelbares Erzeugnis eines von den nicht mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen Verfahrensansprüchen des Streitpatents erfassten Herstellungsverfahrens weiterhin durch das Streitpatent geschützt sei und es neben der erfindungsgemäßen Lösung eine Vielzahl alternativer Dichtungssysteme gebe. Außerdem sei im Hinblick darauf, dass kein Verletzungsverfahren anhängig sei, allein der in die Zukunft gerichtete Wert des Streitpatents ab Einlegung der Berufung zugrunde zu legen.
3
II. Der als Gegenvorstellung zu behandelnde (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2008 - X ZR 125/06, juris), weil als Beschwerde unstatthafte (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG) Rechtsbehelf hat keinen Erfolg.
4
1. Der Streitwert im Patentnichtigkeitsverfahren ist nach § 51 Abs. 1 GKG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist dafür der gemeine Wert des Patents bei Erhebung der Klage bzw. der Einlegung der Berufung zuzüglich des Betrags der bis dahin entstandenen Schadensersatzforderungen maßgeblich (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 1956 - I ZR 28/55, GRUR 1957, 79; Beschluss vom 28. Juli 2009 - X ZR 153/04, GRUR 2009, 1100 - Druckmaschinen-Temperierungssystem III).
5
2. Im Streitfall ist kein Verletzungsverfahren anhängig, so dass die Berücksichtigung bezifferter Schadensersatzforderungen ebenso ausscheidet wie eine Orientierung am Gegenstandswert des Verletzungsstreits.
6
3. Nachdem die Beklagte auch im Berufungsverfahren ihre Ausführungen zum gemeinen Wert des Streitpatents nicht näher konkretisiert, sondern sich auf allgemeine Betrachtungen zur Relation zwischen angegriffenen und nicht angegriffenen Patentansprüchen und zur Bedeutung des Streitpatent beschränkt hat, ist der Senat bei der Bestimmung des Streitwerts für das Berufungsverfahren mangels besserer Erkenntnisquellen von dem Wert ausgegangen , den das Patentgericht als zu berücksichtigenden Gesamtwert zugrunde gelegt hat und der von der Beklagten auch nicht angegriffen worden ist. Nach der vom Patentgericht ausgesprochenen Kostenaufhebung war danach, da lediglich die Nichtigerklärung des Streitpatents im Umfang von Patentanspruch 1 Gegenstand des Berufungsverfahrens war, der Streitwert für das Berufungsverfahren auf die Hälfte des Streitwerts des erstinstanzlichen Verfahrens zu bestimmen. Dass sich die Restlaufzeit des Streitpatents zwischen dem Zeitpunkt der Klageeinreichung und dem Zeitpunkt der Einlegung der Berufung stets vermindert hat, rechtfertigt nach ständiger Praxis des Senats regelmäßig nicht die Annahme eines geringeren Werts, da der Streitwert ohnehin nicht und insbesondere nicht nach Jahren oder Monaten exakt bestimmt, sondern nur geschätzt werden kann. Es verbleibt daher bei dem festgesetzten Betrag von 500.000 €.
Meier-Beck Gröning Bacher
Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 03.06.2014 - 3 Ni 8/13 -

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 66 Erinnerung gegen den Kostenansatz, Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. W

Zivilprozessordnung - ZPO | § 93 Kosten bei sofortigem Anerkenntnis


Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 51 Gewerblicher Rechtsschutz


(1) In Rechtsmittelverfahren des gewerblichen Rechtsschutzes (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 14) und in Verfahren über Ansprüche nach dem Patentgesetz, dem Gebrauchsmustergesetz, dem Markengesetz, dem Designgesetz, dem Halbleiterschutzgesetz und dem Sort

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bei uns veröffentlicht am 27.05.2008

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Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 125/06
vom
27. Mai 2008
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Mai 2008 durch die
Richter Scharen, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof.
Dr. Meier-Beck und Asendorf

beschlossen:
Bei der Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren im Senatsbeschluss vom 25. März 2008 hat es sein Bewenden.

Gründe:


1
Der Senat hat den Streitwert für das Nichtigkeitsberufungsverfahren durch den angegriffenen, nicht begründeten Beschluss auf 2 Millionen Euro festgesetzt und ist damit von der letzten Streitwertangabe der Klägerin (1 Million Euro) abgewichen. Dabei hat der Senat entsprechend gefestigter Rechtsprechung (BGH, Beschl. v. 11.10.1956 - I ZR 28/55, GRUR 1957, 79 - Streitwert ) den gemeinen Wert des Patents bei Berufungseinlegung einschließlich bis dahin aufgelaufener Schadensersatzansprüche zugrunde gelegt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es für die Höhe des Streitwerts ohne Belang, dass es in den zwei zuletzt von ihr genannten Verletzungsstreitigkeiten (im Schriftsatz vom 2.2.2007 hatte die Klägerin eine wesentlich größere Zahl von Verletzungsstreitigkeiten vorgetragen) zu einem Vergleich gekommen ist und dass die Rechtsbeständigkeit des Streitpatents Zweifeln begegnen mag. Die Zugrundelegung des im erstinstanzlichen Verfahren widerspruchslos festgesetzten Streitwerts von 2 Millionen Euro beruhte auf der Überlegung, dass in diesem Verfahrensstadium, in dem die spätere Kostentragungspflicht anders als bei der Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren noch offen war, erfahrungsgemäß Angaben von größerer Objektivität erwartet werden durften als zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kostentragungspflicht mit erheblicher Sicherheit vorauszusehen war, zumal stichhaltige Gründe für eine abweichende Festsetzung nicht geltend gemacht worden sind und sich die Streitwertbemessung angesichts der Angaben im Schriftsatz vom 2. Februar 2007 im unteren Bereich des Vertretbaren bewegt. Der als Gegenvorstellung zu behandelnde (vgl. Sen.Beschl. v. 6.6.2006 - X ZR 73/03), als Beschwerde unstatthafte (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG) Rechtsbehelf muss daher ohne Erfolg bleiben.
Scharen Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 20.10.2006 - 3 Ni 7/06 (EU) -

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) In Rechtsmittelverfahren des gewerblichen Rechtsschutzes (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 14) und in Verfahren über Ansprüche nach dem Patentgesetz, dem Gebrauchsmustergesetz, dem Markengesetz, dem Designgesetz, dem Halbleiterschutzgesetz und dem Sortenschutzgesetz ist der Wert nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) In Verfahren über Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und nach dem Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(3) Ist die Bedeutung der Sache für den Beklagten erheblich geringer zu bewerten als der nach Absatz 2 ermittelte Streitwert, ist dieser angemessen zu mindern. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts hinsichtlich des Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruchs keine genügenden Anhaltspunkte, ist insoweit ein Streitwert von 1 000 Euro anzunehmen. Dieser Wert ist auch anzunehmen, wenn die dem Rechtsstreit zugrunde liegende Zuwiderhandlung angesichts ihrer Art, ihres Ausmaßes und ihrer Folgen die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern oder sonstigen Marktteilnehmern in nur unerheblichem Maße beeinträchtigt. Der nach Satz 2 oder Satz 3 anzunehmende Wert ist auch maßgebend, wenn in den dort genannten Fällen die Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung nebeneinander geltend gemacht werden.

(4) Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist der sich aus den Absätzen 2 und 3 ergebende Wert in der Regel unter Berücksichtigung der geringeren Bedeutung gegenüber der Hauptsache zu ermäßigen.

(5) Die Vorschriften über die Anordnung der Streitwertbegünstigung (§ 12 Absatz 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, § 144 des Patentgesetzes, § 26 des Gebrauchsmustergesetzes, § 142 des Markengesetzes, § 54 des Designgesetzes, § 22 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen) sind anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 153/04
vom
28. Juli 2009
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
Druckmaschinen-Temperierungssystem III
Bei der Bestimmung des Werts des Patentnichtigkeitsverfahrens ist die Klagesumme
einer bezifferten Patentverletzungsschadensersatzklage regelmäßig in
voller Höhe zu berücksichtigen.
BGH, Beschluss vom 28. Juli 2009 - X ZR 153/04 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Juli 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Scharen sowie die Richter Asendorf, Gröning, Dr. Berger
und Dr. Grabinski

beschlossen:
Der Wert des Gegenstands des Nichtigkeitsberufungsverfahrens wird auf 30.000.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Beklagte hat wegen Verletzung des Streitpatents Klage erhoben, die u.a. eine auf 32.672.592 € bezifferte Schadensersatzforderung zum Gegenstand hat. Der Verletzungsprozess ist mit Blick auf das inzwischen abgeschlossene Nichtigkeitsverfahren ausgesetzt worden. Der Senat hat den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zur Wertfestsetzung gegeben.
2
Die Klägerin hält lediglich den Wert von 2.500.000 € für angemessen, den auch das Bundespatentgericht erstinstanzlich festgesetzt hat. Sie macht geltend, von der Schadensersatzforderung der Beklagten seien schon deshalb erhebliche Abstriche zu machen, weil das Oberlandesgericht im Verletzungsverfahren zu Unrecht eine unmittelbare Patentverletzung anstatt der allenfalls vorliegenden mittelbaren angenommen habe, wobei zudem 80 % der Lieferun- gen in das Ausland erfolgt seien und insoweit keine schadensbegründende Handlung vorliege. Des Weiteren habe die Beklagte ihrer Schadensberechnung auch nicht berücksichtigungsfähige Umsätze zugrunde gelegt und dort in großem Umfang nicht erstattungsfähige Positionen eingestellt, insbesondere Kosten für Entwicklung/Konstruktion sowie Herstellung und Vertrieb. Der Gewinn der Klägerin reduziere sich schon deshalb auf unter 12.500.000 €. Dieser Gewinn stehe aber nicht in vollem Umfang in ursächlichem Zusammenhang mit der ihr vorgeworfenen Patentverletzung, sondern schätzungsweise nur in Höhe von 10 %, so dass der Verletzergewinn sogar deutlich unter dem erstinstanzlich festgesetzten Streitwert liege.
3
Die Beklagte regt an, den Streitwert auf 2.500.000 € festzusetzen. Zwar sei nach den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung auch ein Streitwert in der Größenordnung des Betrags der Schadensersatzklage gut vertretbar, jedoch müsse auch mit Blick auf den Popularklagencharakter des Patentnichtigkeitsverfahrens vermieden werden, dass von der Wertfestsetzung eine prohibitive Wirkung ausgehe.
4
II. Das Prozessgericht hat den Wert für die zu erhebenden Gebühren festzusetzen, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, nachdem das Nichtigkeitsberufungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.
5
Der Wert des Gegenstands des Nichtigkeitsverfahrens ist nach § 51 GKG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind dafür im Allgemeinen der Betrag der bis dahin entstandenen Schadensersatzforderungen und der gemeine Wert des Patents bei Erhebung der Klage bzw. bei Einlegung der Berufung maßgeblich (Sen.Beschl. v.
11.10.1956 - I ZR 28/55, GRUR 1957, 79; vgl. auch Beschl. v. 17.12.1963 - I ZR 146/59, Mitt. 1963, 60 und Beschl. v. 7.11.2006 - X ZR 138/04, GRUR 2007, 175 - Sachverständigenentschädigung IV).
6
Ist zu diesem Zeitpunkt über die streitige Höhe des wegen Verletzung des Streitpatents bereits entstandenen Schadens noch keine abschließende gerichtliche Entscheidung ergangen, entspricht es regelmäßig billigem Ermessen , den bezifferten Betrag der Schadensersatzforderung in voller Höhe in die Wertbestimmung einzustellen. Gegenstand des Verfahrens zur Wertfestsetzung im Rahmen eines im Allgemeininteresse liegenden Verfahrens auf Nichtigerklärung eines Patents ist nicht die gegebenenfalls im Wege gesetzlich zulässiger Schätzung vorzunehmende Ermittlung der durch die unerlaubte Benutzung der patentierten Lehre entstandenen Schadensersatzansprüche. Das ist den Verletzungsgerichten im Rahmen eines Patentverletzungsprozesses vorbehalten. Dementsprechend gehen auch beide Parteien in ihren Stellungnahmen zu der Frage des Streitwerts für das Nichtigkeitsberufungsverfahren übereinstimmend davon aus, dass es nicht Aufgabe des Senats ist, zum Zwecke der Wertfestsetzung eine konkrete Schadensermittlung vorzunehmen. Dann aber ist Klagesumme der bezifferten Schadensersatzforderung regelmäßig der insoweit einzige substanzielle Anhaltspunkt für die Wertbestimmung. Der Wert der Klageforderung erlaubt - abgesehen davon, dass der Zahlbetrag das betragsmäßige Interesse des Beklagten an der Schadensersatzklage darstellt - objektiv, von einem mindestens entsprechenden Interesse des Klägers auszugehen, weil mit der erstrebten Vernichtung des Streitpatents der Patentverletzungsklage die Grundlage entzogen werden soll. Angesichts dessen wäre jede von dem mittels Klage bezifferten Schadensersatzbetrag abweichende Festlegung einer bereits entstandenen Schadensersatzforderung im Rahmen der Streitwertbestimmung regelmäßig ohne sachlichen Bezug.

7
Es ist nicht ersichtlich und auch nicht dargetan, dass hier ausnahmsweise eine andere Wertung geboten sein könnte. Das Argument der Klägerin, angesichts der geltend gemachten Mängel der Berechnung der eingeklagten Schadensersatzforderung durch die Beklagte könne und werde der Schadenersatzprozess bei weitem nicht zu dem beantragten Verurteilungsbetrag führen, betrifft lediglich die Frage der Berechtigung der Schadensersatzforderung, die nach dem Vorgesagten ausschließlich im Patentverletzungsprozess zu klären ist. Auch der erhobene Vorwurf, die Beklagte habe einen völlig unrealistischen "Phantasiewert" eingeklagt, kann daher nicht als berechtigt erkannt werden. Angesichts der Vorschusspflichten, die der eingeklagte außerordentlich hohe Betrag für die Beklagte mit sich gebracht hat, kann abgesehen davon jedenfalls hier nicht angenommen werden, dass die Beklagte sich von Beweggründen hat leiten lassen, die auch im Streitwertfestsetzungsverfahren keine Beachtung verdienen.
8
In Anbetracht der Regelung in § 144 PatG, § 51 Abs. 2 GKG erfordert schließlich eine andere Entscheidung auch nicht der in der Stellungnahme der Beklagten anklingende Gesichtspunkt, wenn der Streitwert für das Nichtigkeitsverfahren unter Berücksichtigung des vollen Betrags einer hohen Schadensersatzklage festgesetzt werde, könne womöglich das verfassungsmäßige Recht auf Zugang zu den Gerichten betroffen sein. Durch die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, auf gesonderten Antrag gegebenenfalls nach einem herabgesetzten Streitwert (Teilstreitwert) eine gerichtliche Entscheidung über den Bestand eines Patents zu erlangen, ist gewährleistet, nicht wegen eines auf Grund einer bezifferten Schadensersatzklage festzusetzenden Streitwerts und der deshalb drohenden Kosten von der Nichtigkeitsklage Abstand nehmen zu müssen, die als Reaktion auf die Patentverletzungsklage für geboten erachtet wird.

9
Da die Klagesumme im Verletzungsprozess vorliegend über 32.000.000 € beträgt, ist allerdings die - bereits zur maßgeblichen Zeit der Einlegung des Rechtsmittels (§ 40 GKG) geltende - Kappungsgrenze von 30.000.000 € (§ 39 Abs. 2 GKG a.F.) zu berücksichtigen. Deshalb ist der Wert des Nichtigkeitsberufungsverfahrens in dieser Höhe festzusetzen. Auf den an sich additiv zu berücksichtigenden gemeinen Wert des Streitpatents in der Zeit von der Berufungseinlegung bis zum Ablauf der Schutzdauer kommt es danach nicht mehr an.
Scharen Asendorf Gröning
Grabinski Berger
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 21.07.2004 - 4 Ni 17/03 (EU) -