Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Juli 2018 - X ZB 9/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Juli 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Grabinski und Dr. Deichfuß und die Richterin Dr. Kober-Dehm
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Gegenstand des Zwischenstreits ist die Berechtigung des beteiligten - vom Beklagten und der Streithelferin als Zeuge benannten - Rechtsanwalts, das Zeugnis zu verweigern. Der Zeuge war mit dem Entwurf einer Vereinbarung befasst, von der die Klägerin geltend macht, sie belege, dass die während des Verfahrens verstorbene vormalige Beklagte ihr den Inhalt eines Wertpapierdepots schenkweise übertragen habe. Nach dem Beweisbeschluss des Berufungsgerichts soll insbesondere Beweis darüber erhoben werden, ob der Zeuge im Zusammenhang mit der Erstellung der Vereinbarung ausschließlich von der vormaligen Beklagten oder gleichzeitig auch von der Klägerin mandatiert worden ist, ob zu der schriftlichen Vereinbarung mündliche Nebenabreden getroffen worden sind, sowie darüber, ob es Absprachen gab, unter bestimmten Voraussetzungen die Vertragsurkunde zu vernichten. Der Zeuge hat das Zeugnis unter Berufung auf § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO und § 384 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO ver- weigert. Das Berufungsgericht hat die Zeugnisverweigerung durch Zwischenurteil für berechtigt erklärt. Dagegen wenden sich der Beklagte und seine Streithelferin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
- 2
- II. Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft.
- 3
- Das Gesetz sieht gegen das Urteil eines Berufungsgerichts oder des Oberlandesgerichts im ersten Rechtszug im Zwischenstreit über die Zeugnisverweigerung kein Rechtsmittel vor. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 ZPO nur gegen Beschlüsse statthaft. Eine berichtigende Auslegung der Bestimmung des § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO dahin, dass die Rechtsbeschwerde gegen ein Zwischenurteil statthaft ist, wenn das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie zugelassen hat, scheidet in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift und fehlender Anhaltspunkte für ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers aus (BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2012 - I ZB 7/12, NJW-RR 2013, 490, zum Zwischenstreit über die Nebenintervention).
- 4
- Soweit der VI., VIII. und IX. Zivilsenat im ersten Rechtszug erlassene Zwischenurteile eines Oberlandesgerichts über die Rechtmäßigkeit einer Zeugnisverweigerung für mit der Rechtsbeschwerde anfechtbar erachtet haben (Beschluss vom 4. Dezember 2012 - VI ZB 2/12, VersR 2013, 605 Rn. 6; Beschluss vom 8. April 2008 - VIII ZB 20/06, WM 2008, 1808 Rn. 5; Beschluss vom 9. Dezember 2004 - IX ZB 279/03, WM 2005, 1579), haben sie mitgeteilt, hieran nicht mehr festzuhalten.
- 5
- Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich im Streitfall auch nicht daraus, dass das Berufungsgericht sie zugelassen hat. Die durch die Zulassung der Rechtsbeschwerde eintretende Bindungswirkung nach § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist auf das Vorliegen eines Zulassungsgrundes beschränkt, eröffnet aber nicht ein nach dem Gesetz nicht vorgesehenes Rechtsmittel (vgl.
Meier-Beck Gröning Grabinski
Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 22.03.2013 - 3 O 292/10 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 18.05.2017 - I-5 U 77/13 -
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Annotations
(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt:
- 1.
der Verlobte einer Partei; - 2.
der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht; - 2a.
der Lebenspartner einer Partei, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht; - 3.
diejenigen, die mit einer Partei in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sind oder waren; - 4.
Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei der Ausübung der Seelsorge anvertraut ist; - 5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt; - 6.
Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.
(2) Die unter Nummern 1 bis 3 bezeichneten Personen sind vor der Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren.
(3) Die Vernehmung der unter Nummern 4 bis 6 bezeichneten Personen ist, auch wenn das Zeugnis nicht verweigert wird, auf Tatsachen nicht zu richten, in Ansehung welcher erhellt, dass ohne Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugnis nicht abgelegt werden kann.
Das Zeugnis kann verweigert werden:
- 1.
über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einer Person, zu der er in einem der im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Verhältnisse steht, einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde; - 2.
über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einem seiner im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Angehörigen zur Unehre gereichen oder die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden; - 3.
über Fragen, die der Zeuge nicht würde beantworten können, ohne ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis zu offenbaren.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.