Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Juli 2018 - X ZB 9/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:310718BXZB9.17.0
bei uns veröffentlicht am31.07.2018
vorgehend
Landgericht Dortmund, 3 O 292/10, 22.03.2013
Oberlandesgericht Hamm, 5 U 77/13, 18.05.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 9/17
vom
31. Juli 2018
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 387 Abs. 3; § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2
Das im Zwischenstreit über die Berechtigung einer Zeugnisverweigerung ergehende
Zwischenurteil ist unanfechtbar, wenn es vom Berufungsgericht oder
vom Oberlandesgericht im ersten Rechtszug erlassen wird. Dies gilt auch dann,
wenn die Rechtsbeschwerde im Zwischenurteil zugelassen worden ist.
BGH, Beschluss vom 31. Juli 2018 - X ZB 9/17 - OLG Hamm
LG Dortmund
ECLI:DE:BGH:2018:310718BXZB9.17.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Juli 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Grabinski und Dr. Deichfuß und die Richterin Dr. Kober-Dehm

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen das Zwischenurteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Mai 2017 wird auf Kosten des Beklagten und der Streithelferin verworfen. Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 150.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Gegenstand des Zwischenstreits ist die Berechtigung des beteiligten - vom Beklagten und der Streithelferin als Zeuge benannten - Rechtsanwalts, das Zeugnis zu verweigern. Der Zeuge war mit dem Entwurf einer Vereinbarung befasst, von der die Klägerin geltend macht, sie belege, dass die während des Verfahrens verstorbene vormalige Beklagte ihr den Inhalt eines Wertpapierdepots schenkweise übertragen habe. Nach dem Beweisbeschluss des Berufungsgerichts soll insbesondere Beweis darüber erhoben werden, ob der Zeuge im Zusammenhang mit der Erstellung der Vereinbarung ausschließlich von der vormaligen Beklagten oder gleichzeitig auch von der Klägerin mandatiert worden ist, ob zu der schriftlichen Vereinbarung mündliche Nebenabreden getroffen worden sind, sowie darüber, ob es Absprachen gab, unter bestimmten Voraussetzungen die Vertragsurkunde zu vernichten. Der Zeuge hat das Zeugnis unter Berufung auf § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO und § 384 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO ver- weigert. Das Berufungsgericht hat die Zeugnisverweigerung durch Zwischenurteil für berechtigt erklärt. Dagegen wenden sich der Beklagte und seine Streithelferin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
2
II. Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft.
3
Das Gesetz sieht gegen das Urteil eines Berufungsgerichts oder des Oberlandesgerichts im ersten Rechtszug im Zwischenstreit über die Zeugnisverweigerung kein Rechtsmittel vor. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 ZPO nur gegen Beschlüsse statthaft. Eine berichtigende Auslegung der Bestimmung des § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO dahin, dass die Rechtsbeschwerde gegen ein Zwischenurteil statthaft ist, wenn das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie zugelassen hat, scheidet in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift und fehlender Anhaltspunkte für ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers aus (BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2012 - I ZB 7/12, NJW-RR 2013, 490, zum Zwischenstreit über die Nebenintervention).
4
Soweit der VI., VIII. und IX. Zivilsenat im ersten Rechtszug erlassene Zwischenurteile eines Oberlandesgerichts über die Rechtmäßigkeit einer Zeugnisverweigerung für mit der Rechtsbeschwerde anfechtbar erachtet haben (Beschluss vom 4. Dezember 2012 - VI ZB 2/12, VersR 2013, 605 Rn. 6; Beschluss vom 8. April 2008 - VIII ZB 20/06, WM 2008, 1808 Rn. 5; Beschluss vom 9. Dezember 2004 - IX ZB 279/03, WM 2005, 1579), haben sie mitgeteilt, hieran nicht mehr festzuhalten.
5
Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich im Streitfall auch nicht daraus, dass das Berufungsgericht sie zugelassen hat. Die durch die Zulassung der Rechtsbeschwerde eintretende Bindungswirkung nach § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist auf das Vorliegen eines Zulassungsgrundes beschränkt, eröffnet aber nicht ein nach dem Gesetz nicht vorgesehenes Rechtsmittel (vgl.
BGH, Beschluss vom 13. November 2008 - IX ZB 231/07, NJW-RR 2009, 210 Rn. 5-7; Beschluss vom 22. Juni 2010 - VI ZB 10/10, NJW-RR 2011, 143 Rn. 5; Beschluss vom 27. Oktober 2016 - III ZB 17/16, NJW-RR 2017, 253 Rn. 2).
Meier-Beck Gröning Grabinski
Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 22.03.2013 - 3 O 292/10 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 18.05.2017 - I-5 U 77/13 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 383 Zeugnisverweigerung aus persönlichen Gründen


(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt:1.der Verlobte einer Partei;2.der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;2a.der Lebenspartner einer Partei, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;3.diejenigen, di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 384 Zeugnisverweigerung aus sachlichen Gründen


Das Zeugnis kann verweigert werden:1.über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einer Person, zu der er in einem der im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Verhältnisse steht, einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde;2.über

Zivilprozessordnung - ZPO | § 387 Zwischenstreit über Zeugnisverweigerung


(1) Über die Rechtmäßigkeit der Weigerung wird von dem Prozessgericht nach Anhörung der Parteien entschieden. (2) Der Zeuge ist nicht verpflichtet, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen. (3) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Bes

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(1) Über die Rechtmäßigkeit der Weigerung wird von dem Prozessgericht nach Anhörung der Parteien entschieden.

(2) Der Zeuge ist nicht verpflichtet, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen.

(3) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt:

1.
der Verlobte einer Partei;
2.
der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner einer Partei, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
diejenigen, die mit einer Partei in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sind oder waren;
4.
Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei der Ausübung der Seelsorge anvertraut ist;
5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt;
6.
Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.

(2) Die unter Nummern 1 bis 3 bezeichneten Personen sind vor der Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren.

(3) Die Vernehmung der unter Nummern 4 bis 6 bezeichneten Personen ist, auch wenn das Zeugnis nicht verweigert wird, auf Tatsachen nicht zu richten, in Ansehung welcher erhellt, dass ohne Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugnis nicht abgelegt werden kann.

Das Zeugnis kann verweigert werden:

1.
über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einer Person, zu der er in einem der im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Verhältnisse steht, einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde;
2.
über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einem seiner im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Angehörigen zur Unehre gereichen oder die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden;
3.
über Fragen, die der Zeuge nicht würde beantworten können, ohne ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis zu offenbaren.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 7/12
vom
5. Dezember 2012
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das im Zwischenstreit über die Nebenintervention (§ 71 ZPO) ergehende Zwischenurteil
ist unanfechtbar, wenn es vom Landgericht als Rechtsmittelgericht
oder vom Oberlandesgericht erlassen wird. Dies gilt auch dann, wenn die
Rechtsbeschwerde im Zwischenurteil zugelassen worden ist.
BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2012 - I ZB 7/12 - OLG München
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Dezember 2012
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof.
Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Koch und Dr. Löffler

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen das Zwischenurteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 5. Januar 2012 wird auf Kosten der Streithelferin zurückgewiesen. Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Gegenstandwert: 1.000.000 €.

Gründe:

1
I. Die Klägerin ist eine Vereinigung im Sinne von § 12 UrhWG, deren Mitglieder als Hersteller oder Importeure von Speichermedien nach § 54 Abs. 1 UrhG oder § 54b Abs. 1 Fall 1 UrhG vergütungspflichtig sind. Die Beklagte ist ein Zusammenschluss der gemäß § 54h Abs. 1 UrhG nach § 54 Abs. 1 und § 54b Abs. 1 Fall 1 UrhG anspruchsberechtigten deutschen Verwertungsgesellschaften in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Mitgliedsgesellschaften haben ihr die ihnen wegen der privaten Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken zustehenden Vergütungsansprüche übertragen.
2
Die Klägerin hat - nach Durchführung des in § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c, § 16 Abs. 1 UrhWG vorgesehenen Verfahrens vor der Schiedsstelle - beantragt, zwischen ihr und der Beklagten den (näher bezeichneten) Inhalt eines Gesamtvertrags festzusetzen.
3
Die Streithelferin hat erklärt, dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beizutreten.
4
Die Klägerin und die Beklagte halten die Nebenintervention für unzulässig. Sie haben beantragt, die Nebenintervention zurückzuweisen.
5
Die Streithelferin hat beantragt, den Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention zurückzuweisen.
6
Das Oberlandesgericht hat die Nebenintervention durch Zwischenurteil zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit der Rechtsbeschwerde , deren Zurückweisung die Klägerin und die Beklagte beantragen, verfolgt die Streithelferin ihren Zurückweisungsantrag weiter.
7
II. Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft und damit unzulässig. Das Zwischenurteil, das das Oberlandesgericht - oder das Landgericht als Rechtsmittelgericht - im Zwischenstreit über die Nebenintervention erlässt, ist nicht anfechtbar.
8
1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft.
9
a) Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO gegen einen Beschluss statthaft, wenn das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde im ersten Rechtszug nicht in einem Beschluss, sondern in einem Urteil, nämlich in einem Zwischenurteil zugelassen.
10
b) Der Bundesgerichtshof ist auch nicht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO an die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberlandesgericht gebunden. Die Bindungswirkung der Rechtsmittelzulassung umfasst bei der Rechtsbeschwerde ebenso wie bei der Revision nur die Bejahung der in den § 574 Abs. 3 Satz 1 und § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Zulassungsvoraussetzungen. Die Zulassung des Rechtsmittels kann dagegen nicht dazu führen, dass dadurch ein gesetzlich nicht vorgesehener Instanzenzug eröffnet wird (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 2003 - I ZB 22/02, BGHZ 154, 102; Beschluss vom 6. Oktober 2009 - VI ZB 19/08, juris Rn. 4, jeweils mwN).
11
2. Die Rechtsbeschwerde gegen das Zwischenurteil kann auch nicht in ein statthaftes Rechtsmittel umgedeutet werden. Das Gesetz sieht gegen ein im ersten Rechtszug erlassenes Zwischenurteil eines Oberlandesgerichts kein Rechtsmittel vor. Insbesondere ist dagegen weder die sofortige Beschwerde noch die Revision statthaft.
12
a) Gegen das Zwischenurteil, mit dem über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention entschieden wird, findet gemäß § 71 Abs. 2 ZPO zwar die sofortige Beschwerde statt (vgl. auch § 135 Abs. 2 und 3, § 142 Abs. 2, § 144 Abs. 2, §§ 372a, 387, 402 ZPO). Die sofortige Beschwerde ist aber nach § 567 Abs. 1 ZPO - unter näher bezeichneten Voraussetzungen - nur gegen im ersten Rechtszug ergangene Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte statthaft.
13
b) Die Revision findet gemäß § 542 Abs. 1 ZPO gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile statt. Gegen das im ersten Rechtszug erlassene Zwischenurteil ist die Revision daher nicht statthaft.
14
3. Die Bestimmung des § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO kann auch nicht dahin berichtigend ausgelegt werden, dass die Rechtsbeschwerde gegen ein Zwischenurteil statthaft ist, wenn das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Zwischenurteil zugelassen hat.
15
Allerdings wird die Ansicht vertreten, der Zweck des ZPO-Reformgesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I, S. 1887), den Beschwerderechtszug an den Hauptsacherechtszug anzugleichen und mit der Rechtsbeschwerde auch bei Nebenentscheidungen die höchstrichterliche Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen zu ermöglichen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zum ZPOReformgesetz , BT-Drucks. 14/4722, S. 68 und 116), spreche dafür, § 574 ZPO berichtigend dahin auszulegen, dass die Rechtsbeschwerde auch gegen Nebenentscheidungen in Form eines Zwischenurteils statthaft ist (R. Bork in Stein/ Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 71 Rn. 8; vgl. auch Schnauder, JuS 2002, 162, 168, der ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers vermutet; vgl. weiter MünchKomm.ZPO /Lipp, 3. Aufl., § 574 Rn. 16).
16
Dieser Ansicht kann jedoch nicht zugestimmt werden. Im Blick auf den klaren Wortlaut des Gesetzes, der die Rechtsbeschwerde ausdrücklich nur gegen Beschlüsse eröffnet, ist für eine berichtigende Auslegung kein Raum (im Ergebnis ebenso Musielak/Ball, ZPO, 9. Aufl., § 567 Rn. 10 und § 574 Rn. 2a; zur berichtigenden Auslegung vgl. etwa BGH, Urteil vom 11. Dezember 1961 - AnwSt (B) 6/61, BGHSt 17, 21, 25 f.; Urteil vom 13. April 1988 - IVb ZR 34/87, BGHZ 104, 158, 164). Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers.
17
Durch die Angleichung des Beschwerderechtszugs an den Hauptsacherechtszug sollen die Beschwerden gegen erstinstanzliche Entscheidungen bei den zuständigen Beschwerdegerichten und die - neu eingeführten - Rechtsbeschwerden gegen Entscheidungen im zweiten Rechtszug beim Bundesge- richtshof konzentriert werden (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zum ZPO-Reformgesetz, BT-Drucks. 14/4722, S. 68). Ziel des Gesetzes ist also in erster Linie die Konzentration der Entscheidungszuständigkeit und nicht die Eröffnung des Instanzenzuges hinsichtlich sämtlicher erst- und zweitinstanzlicher Entscheidungen. Eine solche ist auch nicht zwingend geboten. Auch nach dem bis zur Neuregelung durch das ZPO-Reformgesetz geltenden Recht war das im Zwischenstreit über die Nebenintervention ergehende Zwischenurteil des Oberlandesgerichts unanfechtbar (§ 567 Abs. 4 ZPO aF; vgl. zur Vorgängerregelung § 567 Abs. 3 ZPO aF BGH, Urteil vom 27. Februar 1980 - IV ZR 167/78, BGHZ 76, 299, 301; Urteil vom 11. Februar 1982 - III ZR 184/80, NJW 1982, 2070).
18
Eine höchstrichterliche Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen im Wege der Rechtsbeschwerde ist auch bei Nebenentscheidungen in Form von Zwischenurteilen gewährleistet. Entscheidet das Landgericht oder das Oberlandesgericht in zweiter Instanz als Beschwerdegericht durch Beschluss über die sofortige Beschwerde gegen ein Zwischenurteil, hat es die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (§ 133 GVG) nach § 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 ZPO - mit bindender Wirkung (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO) - zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
19
III. Danach ist die Rechtsbeschwerde auf Kosten der Streithelferin zurückzuweisen. Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht erhoben (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 1979 - I ZR 6/79, MDR 1980, 203, 204 mwN).
Bornkamm Schaffert Kirchhoff
Koch Löffler
Vorinstanz:
OLG München, Entscheidung vom 05.01.2012 - 6 Sch 11/10 WG -
5
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 387 Abs. 3 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 231/07
vom
13. November 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist gegen die Entscheidung eines erstinstanzlichen Gerichts, durch die eine Besetzungsrüge
zurückgewiesen wird, eine sofortige Beschwerde unstatthaft, so kann gegen
eine inhaltsgleiche Erstentscheidung des Berufungsgerichts trotz Zulassung keine
Rechtsbeschwerde eingelegt werden.
Ein Besetzungsmangel kann nicht mit Hilfe eines Ablehnungsgesuchs gerügt werden.
Die ordnungsgemäße Besetzung des Berufungsgerichts ist nach dem Zeitpunkt zu
beurteilen, der für die den Rechtsmittelführer beschwerende Sachentscheidung
maßgeblich ist.
BGH, Beschluss vom 13. November 2008 - IX ZB 231/07 - OLG Rostock
LG Rostock
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
am 13. November 2008

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 17. Oktober 2007 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert wird auf 11.642,21 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Klägerin macht gegen die beklagte Steuerberatungsgesellschaft wegen des Vorwurfs fehlerhafter Beratung Schadensersatzansprüche geltend. Nach Abweisung der Klage und Stattgabe einer auf Honorarzahlung gerichteten Widerklage durch das Landgericht hat die Klägerin Berufung zum Oberlandesgericht Rostock eingelegt. Der Vorsitzende des geschäftsplanmäßig zuständigen 6. Zivilsenats, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht B. , befindet sich seit dem 2. Juli 2007 in Erziehungsurlaub. Da die Stelle des Vorsitzenden zunächst unbesetzt blieb, hat die Klägerin eine Besetzungsrüge erhoben. Das Oberlandesgericht - 6. Zivilsenat - hat in der Vertretungsbesetzung die Rüge zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit diesem Rechtsmittel verfolgt die Klägerin ihre Rüge weiter.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin ist bereits unstatthaft. Zudem scheitert die Zulässigkeit des Rechtsmittels an der fehlenden Beschwer der Klägerin.
3
Die 1. Rechtsbeschwerde ist ungeachtet ihrer Zulassung durch das Oberlandesgericht (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) nicht statthaft.
4
a) Bei nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts ist der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO gegeben. Dieser Revisionsgrund greift insbesondere ein, wenn - wie die Klägerin geltend macht - der Rechtsbegriff der Verhinderung des Vorsitzenden verkannt wurde (BGH, Urt. v. 13. September 2005 - VI ZR 137/04, NJW 2006, 154; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 3. Aufl. § 547 Rn. 9; Musielak/Ball, ZPO 6. Aufl. § 547 Rn. 3). Damit kann eine Revision gegen ein Berufungsurteil auf die Rüge gestützt werden, dass das Berufungsgericht mangels geschäftsplanmäßiger Einsetzung eines Vorsitzenden Richters nicht ordnungsgemäß besetzt war.
5
b) Entscheidet das Berufungsgericht - wie im Streitfall - vor Erlass des Berufungsurteils selbständig über eine Besetzungsrüge, so ist seine Entscheidung unanfechtbar und damit eine Rechtsbeschwerde auch im Falle einer Zulassung nicht statthaft. Dies folgt aus § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO in Verbindung mit § 567 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO, weil gegen die Entscheidung eine so- fortige Beschwerde unstatthaft wäre und darum auch eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ausscheidet.
6
aa) Dem Beschwerdeführer wird durch die Zulassung die Einlegung einer Rechtsbeschwerde nur ermöglicht, wenn sie nach dem Gesetz grundsätzlich statthaft ist. Falls jedoch die Anfechtbarkeit der Entscheidung gesetzlich ausgeschlossen ist, vermag auch eine positive Zulassungsentscheidung den Rechtsmittelzug nicht zu eröffnen, weil eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung nicht mit Hilfe einer Zulassung der Anfechtung unterworfen werden kann (BGHZ 154, 102; 159, 14, 15 jeweils m.w.N.). Unanfechtbar ist auch eine Entscheidung des Berufungsgerichts, wenn eine inhaltsgleiche Entscheidung des Erstgerichts gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO der Anfechtung entzogen ist.
7
Die Rechtsbeschwerde kann gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts sowie gegen (Neben-) Entscheidungen des Berufungsgerichts und erstinstanzliche Entscheidungen des Oberlandesgerichts (Beispiel: § 1062 ZPO) zugelassen werden. Im vorliegenden Fall einer Entscheidung des Berufungsgerichts über die Ordnungsmäßigkeit seiner eigenen Besetzung richtet sich die Rechtsbeschwerde nicht als weiteres Rechtsmittel gegen die mit der Berufung angefochtene Entscheidung, sondern stellt eine Erstbeschwerde gegen die originäre Entscheidung des Berufungsgerichts dar (MünchKomm-ZPO/Lipp, aaO Rn. 6 vor §§ 574). Da der von dem Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde der Sache nach die Funktion einer Erstbeschwerde zukommt, sind die an die Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde (§ 567 Abs. 1 ZPO) zu stellenden Anforderungen zu beachten. Entfaltet die Zulassung einer Rechtsbeschwerde gegen eine Beschwerdeentscheidung im Falle der Unzulässigkeit der sofortigen Beschwerde keine Bindungswirkung (BGHZ 159, aaO), muss dies wegen der von dem Gesetzgeber angestrebten Harmonisierung von Beschwerde und Rechtsbeschwerde (BT-Drucks. 14/4722 S. 116) bei Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Berufungsgericht ebenfalls gelten, wenn gegen die Entscheidung, wäre sie im ersten Rechtszug getroffen worden, eine sofortige Beschwerde unzulässig wäre. Andernfalls wären Erstentscheidungen des Berufungsgerichts im Gegensatz zu inhaltsgleichen unanfechtbaren Entscheidungen des Ausgangsgerichts anfechtbar. Folgerichtig kann das Berufungsgericht nach Ablehnung eines seiner Mitglieder gegen die Entscheidung über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs (§ 44 ZPO) die Rechtsbeschwerde zulassen, weil gegen eine entsprechende Entscheidung des Erstgerichts die sofortige Beschwerde (§ 46 Abs. 2 ZPO) statthaft wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 20. Oktober 2003 - II ZB 31/02, NJW 2004, 163; Beschl. v. 8. November 2004 - II ZB 24/03, WM 2005, 76, 77).
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bb) Da im Streitfall gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO eine sofortige Beschwerde unstatthaft wäre, erstreckt sich dieser Mangel auch auf die von der Klägerin nach Zulassung durch das Berufungsgericht eingelegte Rechtsbeschwerde.
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(1) Die sofortige Beschwerde findet gegen im ersten Rechtszug ergangene Entscheidungen der Amts- und Landgerichte statt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Gesetz kennt keine selbständigen Entscheidungen über Besetzungsrügen und sieht folglich dagegen keine sofortige Beschwerde vor. Da Besetzungsrügen nicht mit Hilfe eines Ablehnungsgesuchs (§ 44 ZPO) verfolgt werden können, scheidet die Möglichkeit einer sofortigen Beschwerde (§ 46 Abs. 2 ZPO) aus.
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Ausschließungs- und Ablehnungsgründe (§§ 41, 42 ZPO) beziehen sich auf die prozessrechtliche Fähigkeit des abgelehnten Richters, sein Amt in einem bestimmten Rechtsstreit mit Rücksicht auf seine persönlichen Verhältnisse zu einer der Parteien oder zu dem Streitgegenstand wahrnehmen zu können. Besetzungsrügen betreffen hingegen die allgemeine, gerichtsverfassungsmäßige Fähigkeit des abgelehnten Richters, über das konkrete Verfahren hinaus als Richter tätig werden zu können. Im Unterschied zu einem Ablehnungsgrund, der die Mitwirkung eines Richters in einem konkreten Verfahren aus in seiner Person liegenden Gründen in Frage stellt, richtet sich eine Besetzungsrüge gegen die allgemeine Amtstätigkeit des Richters. Zweck der Richterablehnung ist jedoch nicht, in allgemein verbindlicher Form über die gerichtsverfassungsmäßige Besetzung eines Gerichts zu befinden (LSG Essen NJW 1957, 1455; OLG Köln NJW-RR 2000, 455, 456; MünchKomm-ZPO/Gehrlein, aaO § 41 Rn. 12; Zöller/Vollkommer, ZPO 26. Aufl. § 42 Rn. 34; a.A. Stein/Jonas/ Bork, ZPO 22. Aufl. Rn. 1 vor § 41).
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(2) Die Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen wurde (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
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Die sofortige Beschwerde ist nach Ablehnung eines Gesuchs nur statthaft , wenn der Erlass der angefochtenen Entscheidung einen Antrag der Partei voraussetzt. Hingegen ist dem Antragsteller die Beschwerde versagt, wenn die angefochtene Entscheidung ohne die Notwendigkeit eines Antrags von Amts wegen ergehen kann (BGH, Beschl. v. 27. Januar 2004 - VI ZB 33/03, MDR 2004, 698, 699; Beschl. v. 20. Oktober 2004 - XII ZB 35/04, NJW 2005, 143, 144; OLG Stuttgart NJW 1962, 540; OLG Karlsruhe NJW 1969, 1442, 1443; OLG Düsseldorf NJW 1973, 2032; MünchKomm-ZPO/Lipp, aaO § 567 Rn. 10; Musielak/Ball, aaO § 567 Rn. 14; Wieczorek/Schütze/Jänich, ZPO 3. Aufl. § 567 Rn. 10; a.A. Zöller/Gummer, aaO § 567 Rn. 31). Mangels Anwendbarkeit des § 42 ZPO hat das Oberlandesgericht in vorliegender Sache - wobei die "Besetzungsrüge" der Klägerin lediglich eine rechtlich unverbindliche Anregung darstellt - von Amts wegen entschieden. Mithin ist eine sofortige Beschwerde gegen diese Entscheidung und damit auch eine Rechtsbeschwerde nicht statthaft.
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2. Überdies fehlt es an einer Beschwer der Klägerin als allgemeiner Voraussetzung eines Rechtsmittels.
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a) Ob das Gericht ordnungsgemäß besetzt war, beurteilt sich allein nach dem Inhalt des Geschäftsverteilungsplans, der im Zeitpunkt des Erlasses der Sachentscheidung gegolten hat. Frühere Geschäftsverteilungspläne sind für diese rechtliche Würdigung ohne Bedeutung (BVerwG, DVBl. 1985, 574, 575). Demgemäß kommt es für den absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO allein auf die letzte mündliche Verhandlung an, auf welche das Urteil ergangen ist. Die Besetzung des Gerichts im Rahmen früherer mündlicher Verhandlungen ist ebenso wenig entscheidend, wie diejenige bei der Beweisaufnahme oder der Urteilsverkündung (BGH, Urt. v. 4. November 1997 - VI ZR 348/96, NJW 1998, 377, 378).
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b) Das Oberlandesgericht hat im Streitfall - auf den Zeitpunkt seiner Beschlussfassung bezogen - ohne Sachentscheidung allein über die Ordnungsmäßigkeit seiner gegenwärtigen Besetzung befunden. Wegen des zwischenzeitlich eingetretenen Zeitablaufs und der nie ausschließbaren Möglichkeit einer Änderung des Geschäftsverteilungsplans sowie der damit verbundenen Einsetzung eines Vorsitzenden Richters scheidet eine Bindungswirkung für die (künftige ) Beurteilung aus, ob das Gericht bei der erst noch zu treffenden Sachent- scheidung vorschriftsmäßig besetzt ist. Eine Beschwer kann sich indessen nur aus dem - hier fehlenden - rechtskraftfähigen Inhalt einer Entscheidung ergeben (BGH, Urt. v. 20. Juli 1999 - X ZR 175/98, NJW 1999, 3564; Musielak/Ball, aaO Rn. 20 vor § 511). Die in Beschlussform ergangene Entscheidung entfaltet im Unterschied zu einem Urteil für das weitere Verfahren auch keine innerprozessuale Bindungswirkung im Sinne des § 318 ZPO (BGH, Urt. v. 4. Dezember 1991 - VIII ZR 32/91, NJW 1992, 982, 983; v. 8. Dezember 1994 - IX ZR 254/93, NJW 1995, 2106, 2107). Bei dieser Sachlage ist die Klägerin durch die von ihr angegriffene Entscheidung nicht beschwert. Ein die Klägerin beschwerender Besetzungsmangel kann nur der künftigen Sachentscheidung anhaften.
Ganter Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG Rostock, Entscheidung vom 02.02.2007 - 9 O 319/05 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 17.10.2007 - 6 U 36/07 -
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Eine Bindung des Rechtsbeschwerdegerichts an die Zulassung gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO besteht nicht, weil eine Entscheidung, die vom Gesetz der Anfechtung entzogen ist, auch bei - irriger - Rechtsmittelzulassung unanfechtbar bleibt (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Februar 2010 - VI ZB 59/09 - Juris Rn. 3 m.w.N.). Die Bindungswirkung der Rechtsmittelzulassung umfasst bei der Rechtsbeschwerde ebenso wie bei der Revision nur die Bejahung der in den §§ 574 Abs. 3 Satz 1 und 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Zulassungsvoraussetzungen (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 105, 116; Zöller/Heßler ZPO, 28. Aufl., § 574 Rn. 15). Die Zulassung des Rechtsmittels kann dagegen nicht dazu führen, dass dadurch ein gesetzlich nicht vorgesehener Instanzenzug eröffnet wird. Die auf Grundlage der zweiten Alternative vorgenommene Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Berufungsgericht ist aber für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend, wenn die Rechtsbeschwerde gegen die angefochtene Entscheidung bereits nicht statthaft ist. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann nicht durch Zulassung einer Anfechtung unterworfen werden (BGHZ 159, aaO m.w.N.). Das gilt erst recht, wenn schon das Rechtsmittel zum Beschwerdegericht nicht zulässig war.
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Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Zwar hat das Oberlandesgericht die Beschwerde zugelassen und ist nach § 33 Abs. 4 Satz 4 Halbsatz 1 RVG (siehe auch § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO) das Beschwerdegericht an die Zulassung grundsätzlich gebunden. Allerdings bestimmt § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG, dass eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet. Diese Regelung ist vorrangig und kann durch die Zulassung nicht überspielt werden. Eine Entscheidung, die von Gesetzes wegen der Anfechtung entzogen ist, bleibt auch bei einer - irrigen - Zulassung nicht anfechtbar (vgl. nur BGH, Beschluss vom 9. Juni 2010 - XII ZB 75/10, NJW-RR 2011, 142 Rn. 4 f zu § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG; siehe auch OLG Köln, JurBüro 2012, 651, 652 a.E.; Bischof, RVG, 6. Aufl., § 33 Rn. 44; Müller-Rabe/Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., § 56 Rn. 33; Schneider/Thiel in Anwaltkommentar RVG, 7. Aufl., § 33 Rn. 147, § 56 Rn. 45, 51). Dies entspricht der Rechtslage bezüglich der entsprechenden Regelungen im Gerichtskostengesetz (siehe zu § 66 Abs. 3 Satz 3 bzw. § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG: BGH, Beschlüsse vom 6. Oktober 2009 - VI ZB 18/08, juris Rn. 4 und vom 18. April 2013 - I ZB 77/12, juris Rn. 10, 14).