Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juni 2010 - VI ZB 10/10

bei uns veröffentlicht am22.06.2010
vorgehend
Landgericht Bayreuth, 34 O 556/09, 08.01.2010
Oberlandesgericht Bamberg, 5 W 14/10, 22.02.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 10/10
vom
22. Juni 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 567 Abs. 2; § 574 Abs. 3 Satz 2
Übersteigt der Wert des Gegenstands einer Beschwerde gegen die Entscheidung
über die Kosten 200 Euro nicht, ist dem Rechtsbeschwerdegericht trotz Zulassung
der Rechtsbeschwerde eine Entscheidung in der Sache im Hinblick auf den rechtskräftigen
Abschluss des Verfahrens verwehrt.
BGH, Beschluss vom 22. Juni 2010 - VI ZB 10/10 - OLG Bamberg
LG Bayreuth
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2010 durch den Vorsitzenden
Richter Galke, den Richter Zoll, die Richterin Diederichsen, den Richter
Pauge und die Richterin von Pentz

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 22. Februar 2010 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 195,43 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten darüber, ob die 1,3-Verfahrensgebühr für die im Streit über die Hauptsache tätigen Prozessbevollmächtigten des Klägers im Kostenfestsetzungsverfahren in voller Höhe zu berücksichtigen ist.
2
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Kläger die Festsetzung einer 1,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG beantragt. Der Rechtspfleger hat die Geschäftsgebühr im Hinblick auf die Regelung in der Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG in Höhe von 0,65 auf die Verfahrensgebühr angerechnet. Hierdurch wird der Kläger im Hinblick auf die Kostentragungsquote der Beklagten von 1/3 in Höhe von 195,43 € mit Mehrwertsteuer beschwert. Dagegen hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt. Der Rechtspfleger des Landgerichts hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Oberlandesgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen, mit welcher der Kläger sein Begehren weiter verfolgt.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil der erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht ist. Daran ändert auch die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberlandesgericht nichts (vgl. etwa BGHZ 159, 14, 15; 154, 102 ff. für Arrest und einstweilige Verfügung; Beschlüsse vom 1. Oktober 2002 - IX ZB 271/02 - VersR 2004, 488; vom 17. Oktober 2002 - IX ZB 303/02 - NJW 2003, 69 und vom 11. September 2008 - I ZB 36/07 - MDR 2009, 45 ff.).
4
Gemäß § 567 Abs. 2 ZPO ist die Beschwerde gegen Entscheidungen über Kosten nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 € übersteigt. Das Beschwerdegericht hat den Beschwerdewert im Hinblick auf die Kostenquote der Beklagten von 1/3 zutreffend auf 195,43 € festgesetzt. Dagegen haben auch die Parteien keine Einwendungen erhoben. Danach war bereits die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts vom 8. Januar 2010 nicht zulässig. Die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde ist vom Senat - von Amts wegen - zu überprüfen; denn ein gültiges und rechtswirksames Verfahren vor dem Rechtsbeschwerdegericht ist nur möglich , solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig beendet ist (vgl. BGHZ 102, 37, 38; BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - IX ZB 369/02 - NJW 2004, 1112 m.w.N.).
5
Eine Bindung des Rechtsbeschwerdegerichts an die Zulassung gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO besteht nicht, weil eine Entscheidung, die vom Gesetz der Anfechtung entzogen ist, auch bei - irriger - Rechtsmittelzulassung unanfechtbar bleibt (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Februar 2010 - VI ZB 59/09 - Juris Rn. 3 m.w.N.). Die Bindungswirkung der Rechtsmittelzulassung umfasst bei der Rechtsbeschwerde ebenso wie bei der Revision nur die Bejahung der in den §§ 574 Abs. 3 Satz 1 und 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Zulassungsvoraussetzungen (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 105, 116; Zöller/Heßler ZPO, 28. Aufl., § 574 Rn. 15). Die Zulassung des Rechtsmittels kann dagegen nicht dazu führen, dass dadurch ein gesetzlich nicht vorgesehener Instanzenzug eröffnet wird. Die auf Grundlage der zweiten Alternative vorgenommene Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Berufungsgericht ist aber für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend, wenn die Rechtsbeschwerde gegen die angefochtene Entscheidung bereits nicht statthaft ist. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann nicht durch Zulassung einer Anfechtung unterworfen werden (BGHZ 159, aaO m.w.N.). Das gilt erst recht, wenn schon das Rechtsmittel zum Beschwerdegericht nicht zulässig war.
6
Der Beschluss des Landgerichts vom 8. Januar 2010 war zwar mit der Erinnerung gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG anfechtbar. Jedoch hatte der Rechtspfleger, nachdem er der Erinnerung nicht abgeholfen hatte, die Akten nicht dem Oberlandesgericht, sondern dem zuständigen Richter des Landgerichts zur Entscheidung vorzulegen. Das Oberlandesgericht war mangels Eröffnung der Beschwerdeinstanz nicht zur Entscheidung befugt. Aus dieser auch für die Rechtsbeschwerde geltenden Erwägung der Unzulässigkeit des Rechtsmittels ist es in gleicher Weise dem Senat als Rechtsbeschwerdegericht verwehrt , die Entscheidung des Oberlandesgerichts aufzuheben und die Sache an den Einzelrichter des Landgerichts zur Entscheidung über die Erinnerung zu- rückzuverweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2005 - II ZB 4/05 - NJW-RR 2006, 286). Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Bayreuth, Entscheidung vom 08.01.2010 - 34 O 556/09 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 22.02.2010 - 5 W 14/10 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde


(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde E

Rechtspflegergesetz - RPflG 1969 | § 11 Rechtsbehelfe


(1) Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist. (2) Kann gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Recht

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(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

[Link]
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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 36/07
vom
11. September 2008
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts über den Kostenansatz
des Gerichtsvollziehers ist nicht die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof,
sondern allein die weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht statthaft (im Anschluss
an BGH, Beschl. v. 1.10.2002 - IX ZB 271/02, NJW 2003, 70).
BGH, Beschl. v. 11. September 2008 - I ZB 36/07 - LG Berlin
AG Berlin Mitte
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2008
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Dr. Schaffert
, Dr. Bergmann, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

beschlossen:
Die Sache wird zur Entscheidung über die weiteren Beschwerden der Gläubigerin und des Bezirksrevisors gegen den Beschluss der 82. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 28. Februar 2007 an das Kammergericht abgegeben.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerden wird auf 129.253 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Der Schuldner hatte in der Nähe des „Checkpoint Charlie“ in Berlin Grundstücke gepachtet und dort 108 Originalteile der Berliner Mauer sowie 1.065 Holzkreuze als Mauer-Mahnmal aufgestellt. Nach Kündigung der Pachtverträge hatte die Gläubigerin gegen den Schuldner einen Titel auf Räumung und Herausgabe erwirkt und den Gerichtsvollzieher mit der Vollstreckung beauftragt. Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner nach der Räumung Vollstreckungskosten in Höhe von 129.635,40 € in Rechnung gestellt.
2
Gegen die Kostenrechnung des Gerichtsvollziehers hat der Schuldner Erinnerung beim Amtsgericht und - nach deren Zurückweisung - Beschwerde zum Landgericht eingelegt. Das Landgericht hat die Kostenrechnung mit Beschluss vom 28. Februar 2007 auf 382,40 € herabgesetzt. Mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstreben die Gläubigerin und der Bezirksrevisor die Aufhebung dieses Beschlusses. Der Schuldner beantragt, die Rechtsmittel zurückzuweisen.
3
II. Gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts über den Kostenansatz des Gerichtsvollziehers ist nicht die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (dazu unter 1), sondern allein die weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht (hierzu unter 2) statthaft. Die Rechtsbeschwerden sind daher in weitere Beschwerden umzudeuten und die Sache ist zur Entscheidung über die weiteren Beschwerden an das Oberlandesgericht (hier: Kammergericht ) abzugeben (dazu unter 3).
4
1. Gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts über den Kostenansatz des Gerichtsvollziehers ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nicht statthaft. http://www.juris.de/jportal/portal/t/7sb/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR071810004BJNE000603301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 4 -
5
a) Für die Erinnerung und die Beschwerde gegen den Kostenansatz des Gerichtsvollziehers gilt nach § 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG die Regelung in § 66 Abs. 2 bis 8 GKG entsprechend. Nach § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG findet eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht statt. Damit ist auch eine Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof ausgeschlossen (BGH, Beschl. v. 1.10.2002 - IX ZB 271/02, NJW 2003, 70; vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 139 zu Art. 32 Nr. 1a).
6
b) Dieser Ausschluss gilt entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerden auch hinsichtlich des Ansatzes von Gerichtsvollzieherkosten, die - wie hier - Vollstreckungskosten sind. Aus dem in § 5 Abs. 2 Satz 1 GvKostG geregelten Vorrang des § 766 Abs. 2 ZPO folgt nicht, dass sich die Entscheidung über die Erinnerung gegen den Ansatz von Zwangsvollstreckungskosten durch den Gerichtsvollzieher allein nach dieser Vorschrift richtet und damit der gegen die Entscheidung über die Erinnerung nach § 766 Abs. 2 ZPO vorgesehene Rechtsmittelweg eröffnet ist. Soweit § 5 Abs. 2 Satz 1 GvKostG auf § 766 Abs. 2 ZPO verweist, ist damit allein die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Erinnerung geregelt. Der Rechtsmittelweg gegen Entscheidungen über die Erinnerung richtet sich dagegen nach den gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG entsprechend anzuwendenden Regelungen in § 66 Abs. 2 bis 8 GKG.
7
aa) Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 GvKostG entscheidet über die Erinnerung des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, soweit nicht nach § 766 Abs. 2 ZPO das Vollstreckungsgericht zuständig ist. Gemäß § 766 Abs. 2 ZPO ist das Vollstreckungsgericht unter anderem für die Entscheidung über Erinnerungen wegen der von dem Gerichtsvollzieher in Ansatz gebrachten Kosten zuständig. Damit sind, wie sich aus der Stellung dieser Re- gelung in § 766 ZPO („Erinnerung gegen Art und Weise der Zwangsvollstreckung“ ) und im 8. Buch der Zivilprozessordnung („Zwangsvollstreckung“) ergibt, die Kosten der Zwangsvollstreckung gemeint. Zur Entscheidung über Erinnerungen gegen den Kostenansatz des Gerichtsvollziehers ist demnach das Vollstreckungsgericht - also regelmäßig das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden soll oder stattgefunden hat (§ 764 Abs. 2 ZPO) - zuständig, wenn es sich um Kosten der Zwangsvollstreckung handelt. Geht es nicht um Kosten der Zwangsvollstreckung, sondern beispielsweise um Gerichtsvollzieherkosten für Zustellungen oder Versteigerungen außerhalb der Zwangsvollstreckung, entscheidet das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat.
8
Die Bestimmung des § 5 Abs. 2 Satz 1 GvKostG regelt demnach allein, welches Gericht für die Entscheidung über Erinnerungen gegen den Kostenansatz des Gerichtsvollziehers zuständig ist. Sie weist die Entscheidung über Erinnerungen gegen den Ansatz von Kosten der Zwangsvollstreckung in Übereinstimmung mit § 766 Abs. 2 ZPO - aus Gründen des Sachzusammenhangs - dem nach § 764 Abs. 1 ZPO für die Anordnung von und für die Mitwirkung bei Vollstreckungshandlungen zuständigen Vollstreckungsgericht zu und belässt es ansonsten - mit Rücksicht auf die Ortsnähe - bei der Zuständigkeit des Amtsgerichts , in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat.
9
bb) Im Übrigen sind auf die Erinnerung und die Beschwerde nach § 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG unter anderem die Regelungen in § 66 Abs. 2 bis 8 GKG entsprechend anzuwenden. Danach findet gegen die Entscheidung über die Erinnerung nach Maßgabe des § 66 Abs. 2 GKG die (unbefristete) Beschwerde statt. Ferner ist gegen die Entscheidung über die Beschwerde unter den Voraussetzungen des § 66 Abs. 4 GKG die weitere Beschwerde zulässig, ohne dass es darauf ankommt, ob sich die Erinnerung oder die Beschwerde gegen den Ansatz von Vollstreckungskosten oder gegen den Ansatz von anderen Kosten richtet.
10
Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts über eine Erinnerung gegen den Ansatz von Zwangsvollstreckungskosten durch den Gerichtsvollzieher ist daher weder nach § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 793 ZPO die sofortige Beschwerde zum Landgericht (§ 72 GVG) statthaft, noch kann das Landgericht gegen seine Beschwerdeentscheidung nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (§ 133 GVG) zulassen (a.A. Schröder -Kay/Gerlach, Das Kostenwesen der Gerichtsvollzieher, § 5 GvKostG Rdn. 18 ff.; Meyer, GvKostG, § 5 Rdn. 12 und Vor § 5 Rdn. 15; Gerlach, DGVZ 2003, 74 f.; vgl. auch Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 5 GvKostG Rdn. 5: Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde nach § 793 ZPO, aber Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde nach § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG; vgl. weiter LG Gießen DGVZ 1989, 184). Soweit dem Beschluss des Senats vom 17. November 2005 (I ZB 45/05, DGVZ 2005, 23) etwas anderes entnommen werden kann (vgl. Schröder-Kay/Gerlach aaO § 5 GvKostG Rdn. 20), wird daran nicht festgehalten.
11
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber beabsichtigt hat, den Rechtsweg bei Erinnerungen und Beschwerden gegen den Kostenansatz des Gerichtsvollziehers unterschiedlich zu gestalten, je nachdem, ob es um den Ansatz von Vollstreckungskosten oder um den Ansatz von anderen Kosten geht. Dagegen spricht, dass der Gesetzgeber zur Vereinheitlichung der Beschwerdeverfahren in den Kostengesetzen und der Kostenrechtsrechtsprechung mit den § 66 GKG, § 33 RVG, § 4 JVEG und § 14 KostO Regelungen getroffen hat, die - unter Ausschluss der Rechtsbeschwerde - übereinstimmend die unbefristete Beschwerde und die weitere Beschwerde als Rechtsmittel vorsehen (vgl. Begründung zum Entwurf eines Kostenrechtsmodernisierungsge- http://www.juris.de/jportal/portal/t/7sb/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE067803301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/7sb/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE067803301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 7 - setzes, BT-Drucks. 15/1971, S. 156 f. zu § 66 GKG), und dass die Regelung des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens im Gerichtskostengesetz nach den Erwägungen des Gesetzgebers - ohne Modifikationen - in das Gerichtsvollzieherkostenrecht übernommen werden sollte (vgl. Begründung zum Entwurf eines Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, BT-Drucks. 15/1971, S. 237 zu Absatz 30 Nummer 1).
12
Soweit der Gesetzgeber die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof, wie die Rechtsbeschwerden geltend machen, gerade auch zur Entscheidung von rechtlichen Grundsatzfragen im Kostenrecht geschaffen hat (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 116 zu § 574 ZPO), soll die Vereinheitlichung der Rechtsprechung ersichtlich auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers im Kostenfestsetzungsverfahren erfolgen (BGH NJW 2003, 70). Zur Klärung von Grundsatzfragen im Kostenansatzverfahren hat der Gesetzgeber dagegen die weitere Beschwerde eingeführt und die Rechtsbeschwerde ausdrücklich ausgeschlossen (vgl. Begründung zum Entwurf eines Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes , BT-Drucks. 15/1971, S. 156 f. zu § 66 GKG).
13
c) Die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht bindet den Bundesgerichtshof nicht. Die Bindungswirkung des § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO tritt nur hinsichtlich des Vorliegens eines Zulassungsgrundes nach § 574 Abs. 2 ZPO ein, eröffnet aber nicht ein gesetzlich nicht vorgesehenes Rechtsmittel (BGHZ 154, 102 m.w.N.).
14
2. Gegen die Entscheidung, die das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht über die Erinnerung gegen den Ansatz von Gerichtsvollzieherkosten der Zwangsvollstreckung getroffen hat (§ 5 Abs. 2 Satz 1 GvKostG i.V. mit § 766 Abs. 2 ZPO), war demnach gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG i.V. mit § 66 Abs. 2 GKG die (unbefristete) Beschwerde zum Landgericht (§ 72 GVG) statthaft. Das Vollstreckungsgericht hat die Beschwerde in seinem Beschluss zwar nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen; der Wert des Beschwerdegegenstands überstieg jedoch 200 €. Gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts ist nach § 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG i.V. mit § 66 Abs. 4 GKG die weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht (hier: zum Kammergericht) zulässig, da das Landgericht sie in seinem Beschluss wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat.
15
3. Die Rechtsbeschwerden sind mit Rücksicht darauf, dass gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts nicht die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof, sondern nur die weitere Beschwerde zum Kammergericht statthaft ist, nicht als unzulässig zurückzuweisen, sondern in weitere Beschwerden umzudeuten. Bei Rechtsmittelerklärungen ist eine Umdeutung unter der Voraussetzung zulässig, dass es sich um vergleichbare Prozesserklärungen handelt, die sich in ihrer Intention und rechtlichen Wirkung entsprechen (BGH, Beschl. v. 6.3.1986 - I ZB 12/85, VersR 1986, 785, 786). So verhält es sich hier. Die weitere Beschwerde zielt ebenso wie die Rechtsbeschwerde auf die Änderung einer Beschwerdeentscheidung des Landgerichts durch ein übergeordnetes Gericht; die weitere Beschwerde setzt zudem wie die Rechtsbeschwerde voraus, dass das Landgericht die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss http://www.juris.de/jportal/portal/t/qa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=193&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR071810004BJNE002200000&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 9 - zugelassen hat. Die Sache ist danach zur Entscheidung über die weiteren Beschwerden an das Kammergericht abzugeben. Wegen der im Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch.
Bornkamm Schaffert Bergmann
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
AG Berlin-Mitte, Entscheidung vom 11.04.2006 - 31 M 8194/05 -
LG Berlin, Entscheidung vom 28.02.2007 - 82 T 283/06 -

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

3
1. Die Rechtsbeschwerde ist nur zulässig, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) oder das Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Die erstgenannte Alternative liegt nicht vor. Die auf Grundlage der zweiten Alternative vorgenommene Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht ist aber für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend , wenn die Rechtsbeschwerde gegen die angefochtene Entscheidung bereits nicht statthaft ist. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann nicht durch Zulassung einer Anfechtung unterworfen werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Oktober 2002 - VI ZB 27/02 - VersR 2003, 1007; vom 27. Januar 2004 - VI ZB 33/03 - MDR 2004, 698, 699 und vom 6. Oktober 2009 - VI ZB 18/08 - Rn. 4, AGS 2009, 599; BGH, Beschlüsse vom 12. September 2002 - III ZB 43/02 - VersR 2003, 482, 483; vom 1. Oktober 2002 - IX ZB 271/02 - VersR 2004, 488 f.; vom 8. Mai 2003 - I ZB 40/02 - VersR 2004, 761 und vom 21. April 2004 - XII ZB 279/03 - VersR 2005, 427). Das gilt erst recht, wenn schon das Rechtsmittel zum Beschwerdegericht nicht zulässig gewesen ist (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - IX ZB 369/02 - NJW 2004, 1112, 1113 m.w.N.). Die Rechtsbeschwerde ist in diesem Fall auch dann unzulässig, wenn das Beschwerdegericht sie eigens zur Klärung der Zulässigkeitsfrage zugelassen hat (BGH, Beschlüsse vom 17. Oktober 2005 - II ZB 4/05 - NJW-RR 2006, 286 und vom 20. Dezember 2005 - VII ZB 52/05 - InVo 2006, 146; Prütting/Gehrlein/Lohmann, ZPO, § 574, Rn. 17).

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist.

(2) Kann gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden, so findet die Erinnerung statt, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen ist. Hat der Erinnerungsführer die Frist ohne sein Verschulden nicht eingehalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Erinnerung binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Die Wiedereinsetzung kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr beantragt werden. Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen. Erinnerungen, denen er nicht abhilft, legt er dem Richter zur Entscheidung vor. Auf die Erinnerung sind im Übrigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die sofortige Beschwerde sinngemäß anzuwenden.

(3) Gerichtliche Verfügungen, Beschlüsse oder Zeugnisse, die nach den Vorschriften der Grundbuchordnung, der Schiffsregisterordnung oder des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wirksam geworden sind und nicht mehr geändert werden können, sind mit der Erinnerung nicht anfechtbar. Die Erinnerung ist ferner in den Fällen der §§ 694, 700 der Zivilprozeßordnung und gegen die Entscheidungen über die Gewährung eines Stimmrechts (§ 77 der Insolvenzordnung) ausgeschlossen.

(4) Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 4/05
vom
17. Oktober 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hat das Beschwerdegericht über eine unzulässige Beschwerde rechtsfehlerhaft
sachlich entschieden und lässt es die Rechtsbeschwerde zur Klärung der Zulässigkeitsfrage
zu, so ist das Rechtsbeschwerdegericht, wenn es die Zulässigkeit
von Beschwerde und Rechtsbeschwerde verneint, gehindert, die unzulässige
Beschwerdeentscheidung aufzuheben.
BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2005 - II ZB 4/05 - OLG Hamm
LG Bielefeld
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 17. Oktober 2005
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer,
Münke, Prof. Dr. Gehrlein und Caliebe

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 15. Februar 2005 wird auf Kosten der Kläger verworfen; ausgenommen hiervon sind die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, die nach § 21 GKG wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht erhoben werden.
Geschäftswert: 150.000,00 €

Gründe:


1
I. Mit ihrer Vollstreckungsgegenklage wenden sich die Kläger gegen ein rechtskräftiges Grundurteil des Oberlandesgerichts Hamm und gegen ein mit der Berufung angefochtenes, im anschließenden Betragsverfahren ergangenes Urteil des Landgerichts Bielefeld, durch das sie zur Zahlung von 908.054,38 € Zug um Zug gegen Übertragung einer Kommanditbeteiligung verurteilt worden sind. Auf Antrag der Kläger hat das Landgericht die Zwangsvollstreckung aus dem Zahlungsurteil vorläufig eingestellt. Diesen Beschluss hat das Oberlandesgericht auf die sofortige Beschwerde des Beklagten aufgehoben. Dagegen richtet sich die - von dem Oberlandesgericht zugelassene - Rechtsbeschwerde der Kläger.
2
II. Das Oberlandesgericht ist der Auffassung, die seit jeher umstrittene Frage, ob ein Einstellungsbeschluss mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden könne, sei durch die Entscheidung des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 21. April 2004 (XII ZB 279/03, BGHZ 159, 14 = NJW 2004, 2224) nicht sachgerecht gelöst worden. Der in dieser Entscheidung angenommene Ausschluss eines Rechtsmittels gegen eine nach § 769 ZPO erlassene Anordnung finde in der ZPO keine Grundlage. Die von ihm danach für zulässig erachtete sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht für begründet gehalten.
3
III. Die Rechtsbeschwerde der Kläger ist unzulässig.
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1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder das Berufungsgericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Die erstgenannte Alternative liegt nicht vor. Die auf Grundlage der zweiten Alternative vorgenommene Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Berufungsgericht ist aber für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend, wenn die Rechtsbeschwerde gegen die angefochtene Entscheidung bereits nicht statthaft ist. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann nicht durch Zulassung einer Anfechtung unterworfen werden (BGH, Beschl. v. 21. April 2004 aaO m.w.Nachw.). Das gilt erst recht, wenn schon das Rechtsmittel zum Beschwerdegericht nicht zulässig war (BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2003 - IX ZB 369/02, NJW 2004. 1112 m.w.Nachw.).
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2. Der auf § 769 ZPO beruhende Beschluss des Landgerichts über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist unanfechtbar. Das hat der XII. Zivilsenat in seinem Beschluss vom 21. April 2004 (aaO) - anders als das Beschwerdegericht für richtig hält - unter Einbeziehung sämtlicher relevanter Gesichtspunkte eingehend und überzeugend begründet. Das Beschwerdegericht war danach mangels Eröffnung der Beschwerdeinstanz nicht befugt, die von dem Prozessgericht erlassene einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aufzuheben. Aus dieser auch für die Rechtsbeschwerde geltenden Erwägung der Unzulässigkeit des Rechtsmittels ist dem Rechtsbeschwerdegericht die Aufhebung der - rechtlich verfehlten - Entscheidung des Berufungsgerichts verwehrt.
Goette Kraemer Münke
Gehrlein Caliebe

Vorinstanzen:
LG Bielefeld, Entscheidung vom 30.12.2004 - 2 O 451/04 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 15.02.2005 - 27 W 7/05 -