Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juni 2010 - VI ZB 10/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Parteien streiten darüber, ob die 1,3-Verfahrensgebühr für die im Streit über die Hauptsache tätigen Prozessbevollmächtigten des Klägers im Kostenfestsetzungsverfahren in voller Höhe zu berücksichtigen ist.
- 2
- Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Kläger die Festsetzung einer 1,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG beantragt. Der Rechtspfleger hat die Geschäftsgebühr im Hinblick auf die Regelung in der Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG in Höhe von 0,65 auf die Verfahrensgebühr angerechnet. Hierdurch wird der Kläger im Hinblick auf die Kostentragungsquote der Beklagten von 1/3 in Höhe von 195,43 € mit Mehrwertsteuer beschwert. Dagegen hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt. Der Rechtspfleger des Landgerichts hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Oberlandesgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen, mit welcher der Kläger sein Begehren weiter verfolgt.
II.
- 3
- Die Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil der erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht ist. Daran ändert auch die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberlandesgericht nichts (vgl. etwa BGHZ 159, 14, 15; 154, 102 ff. für Arrest und einstweilige Verfügung; Beschlüsse vom 1. Oktober 2002 - IX ZB 271/02 - VersR 2004, 488; vom 17. Oktober 2002 - IX ZB 303/02 - NJW 2003, 69 und vom 11. September 2008 - I ZB 36/07 - MDR 2009, 45 ff.).
- 4
- Gemäß § 567 Abs. 2 ZPO ist die Beschwerde gegen Entscheidungen über Kosten nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 € übersteigt. Das Beschwerdegericht hat den Beschwerdewert im Hinblick auf die Kostenquote der Beklagten von 1/3 zutreffend auf 195,43 € festgesetzt. Dagegen haben auch die Parteien keine Einwendungen erhoben. Danach war bereits die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts vom 8. Januar 2010 nicht zulässig. Die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde ist vom Senat - von Amts wegen - zu überprüfen; denn ein gültiges und rechtswirksames Verfahren vor dem Rechtsbeschwerdegericht ist nur möglich , solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig beendet ist (vgl. BGHZ 102, 37, 38; BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - IX ZB 369/02 - NJW 2004, 1112 m.w.N.).
- 5
- Eine Bindung des Rechtsbeschwerdegerichts an die Zulassung gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO besteht nicht, weil eine Entscheidung, die vom Gesetz der Anfechtung entzogen ist, auch bei - irriger - Rechtsmittelzulassung unanfechtbar bleibt (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Februar 2010 - VI ZB 59/09 - Juris Rn. 3 m.w.N.). Die Bindungswirkung der Rechtsmittelzulassung umfasst bei der Rechtsbeschwerde ebenso wie bei der Revision nur die Bejahung der in den §§ 574 Abs. 3 Satz 1 und 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Zulassungsvoraussetzungen (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 105, 116; Zöller/Heßler ZPO, 28. Aufl., § 574 Rn. 15). Die Zulassung des Rechtsmittels kann dagegen nicht dazu führen, dass dadurch ein gesetzlich nicht vorgesehener Instanzenzug eröffnet wird. Die auf Grundlage der zweiten Alternative vorgenommene Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Berufungsgericht ist aber für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend, wenn die Rechtsbeschwerde gegen die angefochtene Entscheidung bereits nicht statthaft ist. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann nicht durch Zulassung einer Anfechtung unterworfen werden (BGHZ 159, aaO m.w.N.). Das gilt erst recht, wenn schon das Rechtsmittel zum Beschwerdegericht nicht zulässig war.
- 6
- Der Beschluss des Landgerichts vom 8. Januar 2010 war zwar mit der Erinnerung gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG anfechtbar. Jedoch hatte der Rechtspfleger, nachdem er der Erinnerung nicht abgeholfen hatte, die Akten nicht dem Oberlandesgericht, sondern dem zuständigen Richter des Landgerichts zur Entscheidung vorzulegen. Das Oberlandesgericht war mangels Eröffnung der Beschwerdeinstanz nicht zur Entscheidung befugt. Aus dieser auch für die Rechtsbeschwerde geltenden Erwägung der Unzulässigkeit des Rechtsmittels ist es in gleicher Weise dem Senat als Rechtsbeschwerdegericht verwehrt , die Entscheidung des Oberlandesgerichts aufzuheben und die Sache an den Einzelrichter des Landgerichts zur Entscheidung über die Erinnerung zu- rückzuverweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2005 - II ZB 4/05 - NJW-RR 2006, 286). Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
LG Bayreuth, Entscheidung vom 08.01.2010 - 34 O 556/09 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 22.02.2010 - 5 W 14/10 -
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Annotations
(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.
(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist.
(2) Kann gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden, so findet die Erinnerung statt, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen ist. Hat der Erinnerungsführer die Frist ohne sein Verschulden nicht eingehalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Erinnerung binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Die Wiedereinsetzung kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr beantragt werden. Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen. Erinnerungen, denen er nicht abhilft, legt er dem Richter zur Entscheidung vor. Auf die Erinnerung sind im Übrigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die sofortige Beschwerde sinngemäß anzuwenden.
(3) Gerichtliche Verfügungen, Beschlüsse oder Zeugnisse, die nach den Vorschriften der Grundbuchordnung, der Schiffsregisterordnung oder des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wirksam geworden sind und nicht mehr geändert werden können, sind mit der Erinnerung nicht anfechtbar. Die Erinnerung ist ferner in den Fällen der §§ 694, 700 der Zivilprozeßordnung und gegen die Entscheidungen über die Gewährung eines Stimmrechts (§ 77 der Insolvenzordnung) ausgeschlossen.
(4) Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.