Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Sept. 2009 - X ZB 19/08

bei uns veröffentlicht am29.09.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 19/08
vom
29. September 2009
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend das Gebrauchsmuster 298 25 037
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Scharen und die Richter Asendorf, Gröning, Dr. Berger und Dr. Grabinski
am 29. September 2009
beschlossen
Die Beschwerde gegen den am 9. Januar 2008 verkündeten Beschluss
des 5. Senats (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts
wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 50.000,-- €

Gründe:


1
I. Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des als Abzweigung der europäischen Patentanmeldung P 98 94 3893.2 (EP 1 014 916) vom 18. August 1998 angemeldeten und am 29. April 2004 unter der Bezeichnung "Schaum-Hautcreme mit Harnstoff" mit 14 Schutzansprüchen eingetragenen Gebrauchsmusters 298 25 037 (Streitgebrauchsmuster ), aus dem sie die Antragstellerin wegen Schutzrechtsverletzung in Anspruch nimmt. Der eingetragene Schutzanspruch 1 lautet: "1. Schaum-Hautcreme erhältlich durch - Herstellung einer Phase I durch Aufschmelzen bei 75°C einer Mischung enthaltend Fettsäuren, insbesondere C10 - C22 Fettsäuren, ggf. ungesättigte und/oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Emulgatoren, Coemulgatoren, wie Triceteareth-4-phosphat, - gefolgt von einer dosierten Zugabe unter Rühren zu einer - auf 75°C temperierten Phase II, die aus einer wässrigen Mischung enthaltend Moisturiser, wie Propylenglykol und/oder mehrwertige Alkohole, insbesondere Glycerin, Emulgatoren, wie Alkyl-Sarcosinate, sowie Hautpflegeadditive, wie Allantoin, - unter Zusatz von Harnstoff erhalten wird, - wobei eine homogene Vermischung der Phasen I und II einzustellen ist und die dosierte Zugabe bei einer Temperatur von 75°C erfolgt , - nach Zugabe die Temperatur für eine Zeit zwischen 5 und 20 Mi- nuten bei 75°C gehalten wird, wonach - die Temperatur der so erhaltenen Mischung unter ständigem Rüh- ren auf eine Temperatur zwischen 30 und 40°C heruntergefahren wird, - und Abfüllung der erhaltenen Mischung in Darreichungsformen unter Zugabe eines Treibgases."
2
Bezüglich der weiteren Schutzansprüche wird auf das Gebrauchsmuster verwiesen.
3
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat das Streitgebrauchsmuster teilweise gelöscht und in der Fassung des hilfsweise geltend gemachten Schutzanspruchs IX aufrechterhalten. Das Bundespatentgericht hat nach Umstellung der Schutzansprüche auf Verwendungsansprüche das Streitgebrauchsmuster insgesamt gelöscht. Wegen des Wortlauts der neuen Schutzansprüche nach dem Haupt- und nach den Hilfsanträgen der Antragsgegnerin wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen.
4
Gegen den Löschungsbeschluss richtet sich die nicht zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin, der die Antragstellerin entgegengetreten ist.
5
II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil mit ihr eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG) und eine Verletzung des gesetzlichen Begründungszwangs (Art. 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG) geltend gemacht werden. In der Sache bleibt die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg, weil die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht vorliegen.
6
1. a) Das Patentgericht hat das Streitgebrauchsmuster gelöscht, weil die Gegenstände nach den Schutzansprüchen sowohl nach dem Haupt- als auch nach den Hilfsanträgen nicht auf einem erfinderischen Schritt beruhten. Es hat zur Begründung ausgeführt, aus der veröffentlichten europäischen Patentanmeldung 0 598 412 A 2 (Anlage E 1) sei ein Hautschutzmittel bekannt, das bis auf den Zusatz von Harnstoff die vom Streitgebrauchsmuster beanspruchten Bestandteile und Dosen enthalte. Die Anregung, einer solchen Zusammensetzung Harnstoff zuzusetzen, um eine SchaumHautcreme bereitzustellen, die sich gleichzeitig zur Linderung dermatologischer Fehlfunktionen eigne, erhalte der Fachmann aus der deutschen Auslegeschrift 19 11 144 (Anlage E 6). Aus ihr seien Öl-in-Wasser-Emulsionen in Form von Schaumaerosolen bekannt, die Harnstoff enthielten, dessen Zusatz aufgrund seines glättenden, wohltuenden und heilenden Effekts bei leichten infektiösen Läsionen in Cremes als Zusatz zur Hautbehandlung empfohlen werde. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin lasse sich u.a. aus dem Gutachten des Prof. Dr. D. (Anlage 10), dem- zufolge der Fachmann Harnstoff einer Schaum-Hautcreme wegen seiner emulsionsbrechenden Eigenschaften nicht zusetzen werde, nichts Gegenteiliges herleiten, da aus der beim Österreichischen Patentamt unter dem Aktenzeichen E 52 185 E geführten Patentschrift (Anlage E 33) die Verträglichkeit von Harnstoff in milden Reinigungsschäumen bekannt sei.
7
b) Die Rechtsbeschwerde räumt ein, dass das Patentgericht den Vortrag nebst den dazu vorgelegten Unterlagen, wonach Harnstoff-Schäume schwierig herzustellen seien, da Harnstoff ein typischer "Strukturbrecher" sei, der der Schaumbildung entgegenwirke, zur Kenntnis genommen und erwogen hat. Gleichwohl rügt sie eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil das Patentgericht den auf die vorgelegten Gutachten und Untersuchungen gestützten Vortrag der Antragsgegnerin , der Fachmann würde einer Schaum-Hautcreme Harnstoff wegen seiner emulsionsbrechenden Eigenschaften nicht zusetzen, deshalb als widerlegt angesehen habe, weil aus der Entgegenhaltung E 33 die Verträglichkeit von Harnstoff in milden Reinigungsschäumen oder Emulsionsschäumen bekannt sei. Sie macht dazu geltend , das Patentgericht habe ihren Vortrag nicht zur Kenntnis genommen und erwogen , dass Hautpflegemittel und Hautreinigungsmittel unterschiedliche Produkte seien , wobei Hautreinigungsmittel in Anwesenheit strukturbrechender Substanzen leichter einen Schaum bilden könnten als die im Streitgebrauchsmuster geschützten Schaum-Hautcremes, die nur einen untergeordneten Gehalt an oberflächenaktiven Stoffen aufwiesen. Hinzu komme, dass die reinigungsaktiven Tenside der Reinigungsschäume zu den oberflächenaktiven Substanzen zählten, die immer im Verdacht stünden, Hautreizungen hervorzurufen, und dass freie Fettsäuren wichtige Komponenten des erfindungsgemäßen Schaums seien.
8
c) Die Rügen greifen nicht durch.
9
Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist verletzt, wenn im Einzelfall deutlich wird, dass Vorbringen der Partei überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfGE 65, 293, 295; 86, 133, 145 f.; Sen.Beschl. v. 11.9.2007 - X ZB 15/06 Tz. 17, GRUR 2007, 997 - Wellnessgerät , st. Rspr.). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das gilt auch dann, wenn das Gericht sich in den Gründen seiner Entscheidung hiermit nicht ausdrücklich beschäftigt hat. Erst dann, wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von besonderer Bedeutung ist, nicht eingeht, kann dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen lassen, es sei denn, er ist nicht nach dem sich aus den sonstigen Darlegungen ergebenden Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert (vgl. BVerfGE 86, 133, 146; Sen.Beschl. v. 11.9.2007, aaO).
10
Danach hat das Patentgericht den Anspruch der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Wie auch die Rechtsbeschwerde nicht verkennt, hat das Patentgericht die vorgelegten Gutachten und Untersuchungen zur Kenntnis genommen und gewürdigt. Es hat insbesondere zur Kenntnis genommen und bestätigt, dass die Entgegenhaltung Anlage E 33 Reinigungsschäume betrifft. Dass Patentgericht ist lediglich den Schlussfolgerungen der Antragsgegnerin nicht gefolgt und hat es als nahegelegt angesehen, Harnstoff nicht nur Reinigungsschäumen, sondern auch Hautpflegeschäumen zuzusetzen, da die Zugabe von Harnstoff zu Pflegemitteln aus der Entgegenhaltung der Anlage E 6 bekannt war. Damit hat das Patentgericht den Kern des Vorbringens der Antragsgegnerin zur Kenntnis genommen. In der Sache wenden sich die Rügen der Rechtsbeschwerde daher gegen die inhaltliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung, die im Verfahren der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde jedoch nicht zur Überprüfung gestellt werden kann (Sen.Beschl. v. 16.9.2008 - X ZB 28/07 Tz. 10, GRUR 2009, 90 - Beschichten eines Substrats).

11
2. a) Entgegen dem Vorbringen der Rechtsbeschwerde leidet der angefochtene Beschluss auch nicht an einem Begründungsmangel.
12
Der gesetzliche Begründungszwang dient ebenfalls nicht der Richtigkeitskontrolle von Beschwerdeentscheidungen des Patentgerichts; er soll ausschließlich sicherstellen , dass das Patentgericht der Verpflichtung nachkommt, seine Entscheidung zu begründen. Für die unterlegene Partei muss aus den schriftlichen Gründen der Entscheidung ersichtlich sein, welche rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkte nach Auffassung des Patentgerichts die getroffene Entscheidung tragen sollen (BGHZ 39, 333, 337, 346 f. - Warmpressen; Sen.Beschl. v. 27.6.2007 - X ZB 6/05, GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungsverfahren II). Hingegen rechtfertigen eine sachlich fehlerhafte oder unvollständige Begründung die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nicht (Sen.Beschl. v. 27.6.2007 - Informationsübermittlungsverfahren II).
13
b) Die Rechtsbeschwerde sieht einen Begründungsmangel in dem Umstand, dass zu dem Hilfsantrag X in dem angefochtenen Beschluss lediglich ausgeführt sei, die im Schutzanspruch 1 des Hilfsantrags X genannten (zwanzig) medizinischen Indikationen fielen "im Wesentlichen" unter die Angaben in den Entgegenhaltungen der Anlagen E 1 und E 6. Dies sei eine inhaltsleere Floskel und lasse nicht erkennen, warum der Patentanspruch für diese, nämlich jede einzelne, Indikation nicht auf einem erfinderischen Schritt beruhen sollen.
14
c) Mit diesem Vorbringen legt die Rechtsbeschwerde einen Begründungsmangel nicht dar. Die Rechtsbeschwerde übersieht, dass der angefochtene Beschluss in dem von der Rechtsbeschwerde zitierten Zusammenhang auf diejenigen Stellen in den genannten Entgegenhaltungen verweist, aus denen das Patentgericht die Hinweise abgeleitet hat, die nach seiner Auffassung dem Fachmann den Weg in Richtung aller fraglichen Indikationen gewiesen haben (Beschl. S. 19, 1. Abs. a.E.). Ob der Offenbarungsgehalt der von dem angefochtenen Beschluss in Bezug genommenen Stellen den vom Patentgericht gezogenen Schluss trägt, dass mit diesen Hinweisen in den genannten Schriften jede einzelne in Anspruch genommene Indikation nahegelegt ist, obwohl die beanspruchten Indikationen nur "im Wesentlichen" in den benannten Entgegenhaltungen aufgeführt sein sollen, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit der Begründung des angefochtenen Beschlusses, die, wie die Beschwerdeerwiderung zutreffend geltend macht, mit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde nicht zur Überprüfung gestellt werden kann (Sen.Beschl. v. 27.6.2007 - X ZB 6/05, GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungsverfahren II).
15
3. Die Rechtsbeschwerde macht auch ohne Erfolg geltend, das Patentgericht habe die Antragsgegnerin in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem der angefochtene Beschluss nach der Sitzungspause verkündet worden sei, ohne dass ihr zuvor Gelegenheit gegeben worden sei, über ihre Hilfsanträge zu sprechen.
16
Das Protokoll der mündlichen Verhandlung weist aus, dass die Parteien Gelegenheit hatten, die Anträge zu stellen, was auch geschah, und dass die Beratung und die Verkündung des angefochtenen Beschlusses erfolgten, nachdem der Sachund Streitstand mit den Parteien erörtert und die mündliche Verhandlung geschlossen worden war (GA Bd. I, 187, 188). Demzufolge bestand für die Antragsgegnerin Gelegenheit, auch ihre Hilfsanträge vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu erläutern.
17
III. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten (§ 107 Abs. 1 PatG). Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 Abs. 1 PatG.
Scharen Asendorf Gröning
Grabinski Berger
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 09.01.2008 - 5 W(pat) 416/06 -

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Patentgesetz - PatG | § 109


(1) Sind an dem Verfahren über die Rechtsbeschwerde mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilwei

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(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn der Beschluß auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 28/07
vom
16. September 2008
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend das Patent 103 20 985
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Beschichten eines Substrats
Die inhaltliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung kann mit der zulassungsfreien
Rechtsbeschwerde wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör nicht zur Überprüfung gestellt werden.
BGH, Beschl. v. 16. September 2008 - X ZB 28/07 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. September 2008
durch die Richter Scharen und Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die
Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Asendorf

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 14. Senats (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts vom 19. Juni 2007 wird auf Kosten der Einsprechenden zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000,-- € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Rechtsbeschwerdegegnerin ist Inhaberin des eine Vorrichtung zum Beschichten eines Substrats betreffenden Patents 103 20 985 (Streitpatent), das 20 Patentansprüche umfasst, von denen Patentanspruch 1 wie folgt lautet: "Vorrichtung (1) zum Beschichten eines Substrats (2), umfassend eine Vakuumkammer (5), zumindest eine in der Vakuumkammer (5) angeordnete Kathodenanordnung (10) und zumindest eine mit der Vakuumkammer (5) in Verbindung stehende Vakuumpumpe (11), wobei die Vakuumkammer (5) in mehrere Sektionen (3) aufgeteilt ist, von denen zumindest eine als Sputterkammer (S) ausgebildet ist, und wobei zwischen der zumindest einen Vakuumpumpe (11) und der Vakuumkammer (5) ein sich quer zu einer Transportrichtung (T) des Substrats (2) erstreckender Saugraum (14) ausgebildet ist, welcher über zumindest eine Drosselstelle gedrosselt mit der Vakuumkammer (5) in Verbindung steht, dadurch gekennzeichnet , dass die Kathodenanordnung (10) so in der Sputterkammer (S) angeordnet ist, dass sich zumindest die Drosselstelle und der Saugraum (14) zwischen der Kathodenanordnung (10) und der Vakuumpumpe (11) ausbilden."
2
Gegen dieses Patent ist am 8. Juni 2005 Einspruch erhoben worden, der auf die Behauptung gestützt ist, sein Gegenstand sei nicht patentfähig, das Patent offenbare die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne, und der Gegenstand des Patents gehe über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung, in der sie ursprünglich eingereicht worden sei, hinaus.
3
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Bundespatentgericht das Streitpatent aufrechterhalten. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Einsprechenden.

II.


4
1. Das Bundespatentgericht hat die Rechtsbeschwerde nur zu der Frage zugelassen, ob für die Entscheidung über in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 eingelegte Einsprüche das Bundespatentgericht zuständig geblieben ist. Damit hat es die Zulassung der Rechtsbeschwerde in den Entscheidungsgründen wirksam auf einen bestimmten abgrenzbaren, tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Verfahrensgegenstandes beschränkt (Sen. BGHZ 88, 191, 193 f. - Ziegelsteinformling I; Beschl. v. 30.10.2007 - X ZB 18/06, GRUR 2008, 279 - Kornfeinung).
5
2. Wie der Senat bereits entschieden hat, besteht die durch die Regelung in § 147 Abs. 3 PatG wirksam begründete Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für eine Entscheidung über den Einspruch ungeachtet der mit Wirkung zum 1. Juli 2006 erfolgten Neuregelung der Einspruchszuständigkeit für zu diesem Zeitpunkt beim Bundespatentgericht anhängige Verfahren fort (BGHZ 173, 47, 50 - Informationsübertragungsverfahren II, in Fortsetzung von BGHZ 172, 108, 116 ff. - Informationsübermittlungsverfahren I). Hieran hält der Senat fest. Die Rechtsbeschwerde ist demzufolge unbegründet, soweit mit ihr geltend gemacht wird, das Bundespatentgericht sei zur Entscheidung über den Einspruch nicht zuständig gewesen.
6
3. Die Rechtsbeschwerde bleibt auch im Übrigen ohne Erfolg. Soweit die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen ist, ist sie zwar statthaft, da mit ihr geltend gemacht wird, der angefochtene Beschluss verletze die Einsprechende in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG). Der geltend gemachte Beschwerdegrund liegt jedoch nicht vor.
7
Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt jedem Verfahrensbeteiligten das Recht, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern und dem Gericht die eigene Auffassung zu den erheblichen Rechtsfragen darzulegen. Das Gericht ist verpflichtet, dieses Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (st. Rspr., u.a. BVerfG NJW 1995, 2095, 2096 m.w.N.; BVerfGE 86, 133, 144; BGHZ 173, 47 Tz. 30 - Informations- übermittlungsverfahren II; Sen.Beschl. v. 19.5.1999 - X ZB 13/98, GRUR 1999, 919 - Zugriffsinformation). Hieraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass sich das Gericht mit jedem Vorbringen einer Partei in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen hat (BVerfG NJW 1992, 1031; Sen.Beschl. v. 19.5.1999, aaO, 920; Sen.Beschl. v. 30.3.2005 - X ZB 8/04, GRUR 2005, 572 - Vertikallibelle; zuletzt Sen.Beschl. v. 24.7.2007 - X ZB 17/05, GRUR 2007, 996 - Angussvorrichtung für Spritzgusswerkzeuge).
8
Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Beschluss.
9
a) Die Rechtsbeschwerde sieht den Anspruch der Einsprechenden auf rechtliches Gehör verletzt, weil das Bundespatentgericht Vorbringen der Einsprechenden dazu übergangen habe, ob Fachleute der hier vorauszusetzenden Qualifikation in der Lage seien, die Lehre des Streitpatents auszuführen, was die "Kathodenanordnung" im Sinne des Streitpatents sei, was der Begriff "quer" zur Transportrichtung bedeute, was unter "gedrosselt" zu verstehen sei, wie die Figuren 2A und 2B des Streitpatents zu verstehen seien und was aus dem Umstand folge, dass in Fig. 1 die Bezugszahl 14 zweimal vergeben sei, ferner dadurch , dass der Beschluss nicht auf das Argument eingehe, dass Fig. 2A keinen Schnitt durch Fig. 1 zeige, weil die Kathodenanordnung in Fig. 2A weniger hoch liege als in Fig. 1. Gleiches gelte für den Vortrag der Einsprechenden zu den horizontalen Strichen unterhalb von 10 in Fig. 2 A, zu den Vakuumkammern mit der Bezugszahl 11, zu dem Einwand, dass in Fig. 3B kein Winkelelement zu erkennen sei, und zu der Frage, was unter dem "Ausbilden" des Saugraums zu verstehen sei.
10
Mit diesem Vorbringen verkennt die Rechtsbeschwerde, dass in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses dieses Vorbringen in der Sachverhaltsdarstellung wiedergegeben ist. Daraus folgt, dass das Gericht die- sen Vortrag zur Kenntnis genommen hat. Wie sich aus den Seiten 6 und 7 sowie den weiteren Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses ergibt , hat das Bundespatentgericht das von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommene Vorbringen der Einsprechenden zu diesen Punkten auch erwogen, das Vorbringen jedoch für unbegründet gehalten. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt demzufolge ersichtlich nicht vor. Soweit sich die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang gegen den sachlichen Gehalt der Gründe des angefochtenen Beschlusses wendet, macht sie keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend, sondern rügt die inhaltliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Diese kann jedoch mit der Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs nicht zur Überprüfung gestellt werden (Sen.Beschl. v. 1.2.2000 - X ZB 27/98, GRUR 2000, 597 - Kupfer-NickelLegierung ; Beschl. v. 27.2.2008 - X ZB 10/07 Tz. 10 - Installiereinrichtung (LS in Mitt. 2008, 322); Rogge in Benkard, PatG u. GebrMG, 10. Aufl., § 100 PatG Rdn. 21). Ein Recht, mit der eigenen Einschätzung durchzudringen, gibt der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht (Sen. Beschl. v. 19.5.1999 - X ZB 13/98, GRUR 1999, 919 - Zugriffsinformation).
11
b) Die Rechtsbeschwerde ist ebenfalls unbegründet, soweit sie eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör darin sieht, dass das Bundespatentgericht den von der Einsprechenden zu der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung benannten Zeugen Dr. S. nicht gehört hat. Dieser sollte nach dem Vorbringen der Einsprechenden zum einen bekunden können, dass sich die Saugräume in den Zeichnungen der deutschen Offenlegungsschriften 197 33 940 (E 1), 197 36 318 (E 3) und 195 40 794 (E 4) sowie des europäischen Patents 783 174 (E 2) quer zur Transportrichtung über die ganze Anlagenbreite erstrecken und zwischen den Kathoden und den Saugräumen Durchlässe sowie weitere Drosselstellen angeordnet sind, zum anderen, dass solche Drosselstellen schon vor 20 Jahren bei der L. eingesetzt worden seien (Schriftsatz v. 28.12.2005, S. 6; Schriftsatz v. 19.9.2006, S. 2; Schriftsatz v. 30.5.2007, S. 3). Das Bundespatentgericht hat sich jedoch mit den genannten Entgegenhaltungen einschließlich der Zeichnungen befasst und festgestellt, dass sie den Gegenstand des Streitpatents nicht vorwegnehmen. Da den Beweisantritten nicht zu entnehmen war, dass die angeblich tatsächlich benutzten Systeme von den Vorgaben der Entgegenhaltungen abweichende Vorrichtungen enthielten, kam es auch im Übrigen auf die Anhörung des Zeugen nicht an.
12
c) Die Rechtsbeschwerde greift auch die Ausführungen des Bundespatentgerichts zur Frage einer unzulässigen Erweiterung erfolglos an. Die Rechtsbeschwerde macht insoweit ausschließlich geltend, das Bundespatentgericht habe die Frage, ob die geltenden Patentansprüche auf einer unzulässigen Erweiterung beruhen, falsch entschieden. Ein Rechtsbeschwerdegrund nach § 100 Abs. 3 PatG wird insoweit nicht geltend gemacht.
13
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 109 PatG. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten (§ 107 Abs. 1 PatG).
Scharen Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 19.06.2007 - 14 W(pat) 321/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 6/05
vom
27. Juni 2007
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Informationsübermittlungsverfahren II
Das Patent darf im Einspruchs(beschwerde)verfahren nur dann insgesamt widerrufen
werden, wenn die Widerrufsgründe sämtliche selbständigen Patentansprüche
betreffen oder der Patentinhaber die Aufrechterhaltung des Patents nur
im Umfang eines Anspruchssatzes begehrt, der zumindest einen nicht rechtsbeständigen
Patentanspruch enthält (Fortführung des Sen.Beschl. v. 26.9.1996
- X ZB 18/95, GRUR 1997, 120 - elektrisches Speicherheizgerät).
BGH, Beschl. v. 27. Juni 2007 - X ZB 6/05 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 27. Juni 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Scharen, Keukenschrijver,
Prof. Dr. Meier-Beck und Gröning

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 20. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 10. Januar 2005 wird auf Kosten der Rechtsbeschwerdeführerin zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstands der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000,-- € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist Inhaberin des am 29. Oktober 1999 angemeldeten deutschen Patents 199 54 032 (Streitpatents), das ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Übermitteln von Informationen betrifft und neun Patentansprüche umfasst. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 8. August 2002 erfolgt. Die Patentansprüche 1 und 9 lauten wie folgt: "1. Verfahren zum Übermitteln von Informationen von einem Sender zu wenigstens einem Empfänger, wobei sendeseitig eine aus wenigstens zwei zusammengehörigen, nicht identi- schen Symbolen (Bildsequenzen) bestehende Bilderfolge ausgewählt wird, zu jedem der wenigstens zwei Symbole sendeseitig eine Zeichenfolge ermittelt wird, die den Symbolen zugeordneten Zeichenfolgen dem Empfänger gesendet werden und empfangsseitig die Zeichenfolgen in die zugehörigen Symbole gewandelt werden und die Symbole nacheinander als Bilderfolge auf einer Anzeigeeinrichtung angezeigt werden und gleichzeitig wenigstens eine der Bilderfolge zugeordnete Tonfolge akustisch wiedergegeben wird.
9. Vorrichtung zum Übermitteln von Informationen von einem Sender zu wenigstens einem Empfänger, wobei dem Sender und dem wenigstens einen Empfänger ein Mikroprozessor, der mit wenigstens einem Speichermittel zusammenwirkt, zugeordnet sind, und in dem wenigstens einen Speichermittel eine vorgebbare Anzahl von zusammengehörigen, nicht identischen Symbolen (Bildsequenzen) mit ihren zugehörigen Zeichenfolgen sowie wenigstens eine den Symbolen zugeordnete Tonfolge abgelegt sind, und mit einer Anzeigeeinrichtung zum Anzeigen der Symbole sowie mit einer akustischen Wiedergabeeinrichtung zum Wiedergeben der wenigstens einen Tonfolge, und mit einer Sende- und Empfangseinrichtung zum Übermitteln der Zeichenfolgen."
2
Die Einsprechende hat geltend gemacht, der Gegenstand des Patents sei nicht patentfähig.
3
Die Patentinhaberin hat beantragt, das Streitpatent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten, hilfsweise mit Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung.
4
In der Fassung dieses Hilfsantrags lautet Patentanspruch 1 (Änderung kursiv): "Verfahren zum Übermitteln von Informationen von einem Sender zu wenigstens einem Empfänger, wobei sendeseitig eine aus wenigstens zwei zusammengehörigen, nicht identischen Symbolen (Bildsequenzen) bestehende Bilderfolge, die in zeitlich ver- setzter Darstellung ein bewegtes Bild ergeben, ausgewählt wird, zu jedem der wenigstens zwei Symbole sendeseitig eine Zeichenfolge ermittelt wird, die den Symbolen zugeordneten Zeichenfolgen dem Empfänger gesendet werden und empfangsseitig die Zeichenfolgen in die zugehörigen Symbole gewandelt werden und die Symbole nacheinander als Bilderfolge auf einer Anzeigeeinrichtung angezeigt werden und gleichzeitig wenigstens eine der Bilderfolge zugeordnete Tonfolge akustisch wiedergegeben wird."
5
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent widerrufen.
6
Mit der - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde rügt die Patentinhaberin , der angefochtene Beschluss sei nicht mit Gründen versehen und verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör. Darüber hinaus macht sie geltend, die Zuständigkeitsregelung des § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der Fassung vom 13. Dezember 2001 sei verfassungswidrig und nichtig.
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II. Die Rechtsbeschwerde ist, da sie das Bundespatentgericht nicht zugelassen hat, nur insoweit statthaft, als die Rechtsbeschwerdegründe des § 100 Abs. 3 Nrn. 3 und 6 PatG geltend gemacht werden.
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Gegen den Beschluss des Bundespatentgerichts, mit dem über den Einspruch entschieden wurde, findet nach § 147 Abs. 3 Satz 5 PatG in der Fassung vom 19. Juli 2002 die Rechtsbeschwerde "nach § 100" statt. Diese Regelung eröffnet die Rechtsbeschwerde, wenn sie, wie § 100 PatG bestimmt, vom Patentgericht zugelassen oder auf die Rüge eines der in § 100 Abs. 3 PatG aufgeführten Verfahrensmängel gestützt ist.
9
Es kann dahinstehen, ob es geboten wäre, die Bestimmung des § 147 Abs. 3 Satz 5 PatG verfassungskonform dahin auszulegen, dass es bei einer Einspruchsentscheidung des Bundespatentgerichts der Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht bedarf, wenn nur auf diese Weise verhindert werden könnte, dass sich aus der Übertragung des Einspruchsverfahrens auf das Bundespatentgericht für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 ein verfassungswidriger Zustand ergäbe. Denn entgegen der von der Patentinhaberin in ihrer gegen die angefochtene Entscheidung eingelegten Verfassungsbeschwerde vertretenen Auffassung ist § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der Fassung vom 13. Dezember 2001 nicht verfassungswidrig (Sen.Beschl. v. 17.4.2007 - X ZB 9/06, Tz. 26 ff. - Informationsübermittlungsverfahren I, für BGHZ vorgesehen ).
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Weder ist, wie der Senat in dem genannten Beschluss näher ausgeführt hat, die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG verletzt, noch bestehen gegen die zeitweise Suspendierung des Einspruchsverfahrens vor der Patentabteilung Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Dass die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts davon abhängt, ob die Einspruchs- frist vor oder - wie im Streitfall - nach dem 1. Januar 2002 begonnen hat, liegt in der Natur einer verfahrensrechtlichen Regelung, die notwendigerweise einen Zeitpunkt bestimmen muss, von dem an sie Geltung beansprucht, und damit Sachverhalte, die in den einen Zeitraum fallen, anders behandeln muss als diejenigen , die den für den anderen Zeitraum geltenden Regeln unterliegen. Art. 3 Abs. 1 GG schützt jedoch nicht vor jeder Ungleichbehandlung, sondern nur vor der ungerechtfertigten Verschiedenbehandlung. Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 55, 72, 88; 88, 87, 96 f.; 101, 239, 269; st. Rspr.). Dass der Patentanmelder keinen oder nur begrenzten Einfluss darauf hat, wann die Einspruchsfrist gegen das ihm erteilte Patent beginnt , begründet keinen sachlichen Einwand gegen den vom Gesetzgeber gewählten Stichtag. Es war vielmehr sachgerecht und naheliegend, die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts davon abhängig zu machen, zu welchem Zeitpunkt ein Patent mit dem Einspruch angegriffen werden konnte. Nach dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatz der perpetuatio fori, der in § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO Ausdruck gefunden hat und von dem abweichen zu wollen auch der Gesetzgeber des Gesetzes zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes vom 21. Juni 2006 nicht hat erkennen lassen, besteht eine solche vor dem 1. Juli 2006 begründete gerichtliche Zuständigkeit - entgegen der Auffassung des 11. Senats des Bundespatentgerichts (Beschl. v. 12.4.2007 - 11 W (pat) 383/06) - unbeschadet dessen fort, dass sie infolge der Aufhebung des § 147 Abs. 3 PatG nach dem 30. Juni 2006 nicht mehr auf der Grundlage dieser Vorschrift begründet werden kann.
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III. Soweit die Rechtsbeschwerde hiernach zulässig ist, bleibt sie in der Sache ohne Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung weder im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG nicht mit Gründen versehen ist, noch dem Patentinhaber das rechtliche Gehör versagt worden ist (§ 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG).
12
1. Das Bundespatentgericht hat ausgeführt, der Gegenstand des Streitpatents sei sowohl in der erteilten Fassung des Anspruchs 1 als auch in dessen mit dem Hilfsantrag verteidigten engeren Fassung durch den Stand der Technik in Verbindung mit dem Fachwissen nahegelegt und stelle keine patentfähige Erfindung dar. Aus der US-Patentschrift 5 784 001 sei bekannt, eine graphische Botschaft dadurch zu übermitteln, dass auf Seiten des Senders eine Zeichenfolge, die aus bestimmten, nicht identischen Codes bestehe, ausgewählt und an den Empfänger gesendet werde. Beim Empfänger würden die Codes entsprechend einer graphischen Tabelle (Fig. 2 der US-Patentschrift 5 784 001) in die zugehörigen, nicht identischen Symbole umgewandelt und auf einer Anzeigeeinrichtung angezeigt. Es liege nahe, dieses Verfahren so weiterzuentwickeln , dass sich damit auch bewegte Bilder auswählen und auf Seiten des Empfängers darstellen ließen. Die internationale Patentanmeldung WO 97/35280 beschreibe die Möglichkeit, von einem Sender zu einem Empfänger zusammengehörige, nicht identische Symbole zu übertragen, die in zeitlich versetzter Darstellung ein bewegtes graphisches Bild ergäben, und dieses auf einer Anzeigeeinrichtung wiederzugeben. Bei Übertragung dieses Gedankens auf das Verfahren nach der US-Patentschrift 5 784 001 müssten die empfangenen Codes jeweils zusammengehörige, nicht identische Symbole repräsentieren , die als Bildsequenzen in der graphischen Tabelle abgelegt seien und durch die Reihenfolge der zeitlich nacheinander eintreffenden Codes als bewegtes Bild ausgelesen und dargestellt würden. Für den Fachmann liege der dann noch erforderliche Schritt zum Gegenstand des Streitpatents auf der Hand. Damit der Absender möglichst anschaulich unter den zur Verfügung stehenden festgelegten Bilderfolgen auswählen könne, lasse man im Sender den umgekehrten Vorgang ablaufen: Nach Auswahl einer bestimmten Bilderfolge ermittle man die zugehörige Codefolge der einzelnen Bildsequenzen und übertrage die Codes zum Empfänger. Aus der Beschreibung der internationalen Patentanmeldung WO 97/35280 (S. 17 Z. 12 f.) ergebe sich weiter die Anregung, der Bilderfolge eine Tonfolge zuzuordnen. Die US-Patentschrift 5 784 001 rege an (Sp. 7 Z. 55-57), die Tonfolge zusätzlich zu den einzelnen Bildsequenzen als wichtige Information zumindest beim Empfänger abzuspeichern und sie gleichzeitig mit der Anzeige der Bilderfolge abzuspielen.
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2. Diese Ausführungen beanstandet die Rechtsbeschwerde als solche nicht. Sie meint, der angefochtene Beschluss sei deshalb nicht mit Gründen versehen, weil er keine Begründung für die Annahme mangelnder Patentfähigkeit des von den Verfahrensansprüchen unabhängigen Vorrichtungsanspruchs 9 enthalte, der einem selbständigen Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit der Folge gleichzuachten sei, dass für den Widerruf eines solchen Nebenanspruchs eine eigene Begründung gegeben werden müsse. Die Patentinhaberin sei deshalb auch in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. In ihrer Einspruchserwiderung habe sie darauf hingewiesen, dass Patentanspruch 9 insbesondere im Hinblick auf die US-Patentschrift 5 784 001 neu sei und auch auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Der Umstand, dass Patentanspruch 9 weder in der Sachdarstellung noch in der Entscheidungsbegründung des angefochtenen Beschlusses Erwähnung finde, lasse vermuten, dass das Patentgericht diesen Sachvortrag nicht zur Kenntnis genommen habe.
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3. Die Rügen der Rechtsbeschwerde sind nicht begründet.
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a) Die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nach § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG ermöglicht keine Richtigkeitskontrolle der Entscheidungen des Bundespatentgerichts. Sie dient ausschließlich der Sicherung der Verpflichtung des Gerichts , seine Entscheidung zu begründen. Für die unterlegene Partei muss aus den schriftlichen Gründen der Entscheidung erkennbar sein, welche rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkte nach dem Willen des Bundespatentgerichts die getroffene Entscheidung tragen sollen (Sen.Beschl. v. 30.3.2005 - X ZB 8/04, GRUR 2005, 572, 573 - Vertikallibelle; Sen.Beschl. v. 12.7.2006 - X ZB 33/05, GRUR 2006, 929 Tz. 9 - Rohrleitungsprüfverfahren; st. Rspr.).
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Daraus ergibt sich einerseits, dass eine sachlich fehlerhafte, unvollständige oder unschlüssige Begründung die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nicht rechtfertigt (Sen.Beschl. "Rohrleitungsprüfverfahren" aaO Tz. 10). Andererseits genügt es dem Begründungszwang noch nicht, dass die Entscheidung formal überhaupt Gründe enthält. Eine Entscheidung ist vielmehr u.a. dann "nicht mit Gründen versehen", wenn eines von mehreren selbständigen Angriffs - oder Verteidigungsmitteln bei der Begründung übergangen ist (Sen.Beschl. v. 26.9.1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120, 122 - elektrisches Speicherheizgerät; Sen.Beschl. v. 22.4.1998 - X ZB 5/97, GRUR 1998, 907 - Alkyläther; Sen.Beschl. v. 12.1.1999 - X ZB 7/98, GRUR 1999, 573, 574 - Staatsgeheimnis; st. Rspr.).
17
Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Mit der gegebenen Begründung hat das Bundespatentgericht vielmehr das Rechtsschutzbegehren der Patentinhaberin vollständig beschieden.
18
aa) Im Patenterteilungsverfahren ist der einzelne Patentanspruch kein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das notwendig einer besonderen Erörterung bedürfte, wenn die Patenterteilung versagt wird. Zur Entscheidung steht vielmehr der gesamte Antrag auf Erteilung eines Patents. Dem liegt der Grundsatz zugrunde, dass ein Patent nur so erteilt oder aufrechterhalten werden darf, wie es vom Patentanmelder oder -inhaber (zumindest hilfsweise) beantragt ist. Es obliegt allein dem Anmelder, anzugeben, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll (§ 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG). Er kann dabei innerhalb seiner Anmeldung mehrere Begehren im Eventualverhältnis verfolgen. Hingegen darf das Patent nicht in einer Fassung erteilt werden, die der Anmelder nicht gebilligt hat. Ohne seine Zustimmung darf daher das Patent auch nicht mit einzelnen Patentansprüchen aus einem vom Anmelder zur Entscheidung gestellten Anspruchssatz erteilt werden.
19
bb) Dieser Grundsatz gilt im Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren nicht uneingeschränkt. Das Patent ist zu widerrufen, wenn sich ein Widerrufsgrund im Sinne des § 21 Abs. 1 PatG ergibt. Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten (§ 21 Abs. 2 PatG). Das Patent darf daher grundsätzlich nur insoweit widerrufen werden, als die Widerrufsgründe reichen.
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Auch insoweit steht es allerdings dem Patentinhaber frei, das Patent nur mit bestimmten Ansprüchen (Anspruchssätzen) zu verteidigen. Patentamt und Patentgericht dürfen sich daher bei Änderungen des Patents, zu denen auch der Widerruf im Umfang einzelner Patentansprüche gehört, auch im Einspruchs - oder Einspruchsbeschwerdeverfahren nicht in Widerspruch zum Willen des Patentinhabers setzen.
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cc) Enthält ein Patent zwei oder mehrere selbständige Ansprüche, von denen sich einer als nicht rechtsbeständig erweist, darf das Patent nicht schon deshalb in vollem Umfang widerrufen werden. Da der Patentinhaber nicht gehalten ist, im Einspruchsverfahren einen Antrag zu stellen, darf allein aus dem Umstand, dass der Patentinhaber nicht ausdrücklich auch die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang einzelner Patentansprüche begehrt, nicht geschlossen werden, er sei nicht (hilfsweise) auch mit der Aufrechterhaltung im Umfang dieser selbständigen Ansprüche einverstanden.
22
Beantragt hingegen der Patentinhaber, das Patent in beschränktem Umfang mit einem bestimmten Anspruchssatz oder bestimmten Anspruchssätzen aufrechtzuerhalten, so ist dieser Antrag des Patentinhabers maßgeblich. In einem solchen Fall rechtfertigt es grundsätzlich den Widerruf des Patents, wenn sich auch nur der Gegenstand eines Patentanspruchs aus dem vom Patentinhaber verteidigten Anspruchssatz als nicht patentfähig erweist (Sen.Beschl. v. 26.9.1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120, 122 - elektrisches Speicherheizgerät

).


23
Dabei ist zu berücksichtigen, dass wie in jedem Verfahren zur Auslegung des Antrags das gesamte Vorbringen des Patentinhabers zu berücksichtigen ist. Sofern sich aus der Fassung des Antrags oder dem zu seiner Begründung Vorgebrachten Zweifel an seinem prozessualen Begehren ergeben, hat die Patentabteilung oder das Patentgericht auf eine Klarstellung hinzuwirken, in welchem Umfang der Patentinhaber das Patent (hilfsweise) verteidigen will.
24
dd) Hiernach war das Bundespatentgericht im Streitfall nicht gehalten, auf die Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 9 gesondert einzugehen. Dem Antrag der Patentinhaberin und der für diesen Antrag gegebenen Begründung war nicht zu entnehmen, dass die Patentinhaberin das Streit- patent nicht nur in der erteilten Fassung und in der Fassung seines Hilfsantrages , sondern auch im Umfang lediglich des Patentanspruchs 9 verteidigen wollte.
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Die Patentinhaberin hat beantragt, das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten , hilfsweise mit Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag. Der als Anlage zur Sitzungsniederschrift genommene Hilfsantrag macht dabei deutlich, dass das prozessuale Begehren der Patentinhaberin dahin zu verstehen war, dass das Streitpatent in der erteilten Fassung aufrechterhalten werden sollte, hilfsweise in einer Fassung, bei der dem beschränkten Patentanspruch 1 die weiteren Patentansprüche folgen sollten, wobei Rückbeziehungen auf Patentanspruch 1 dessen beschränkte Fassung betreffen sollten. Die Aufrechterhaltung des Streitpatents (nur) im Umfang des Patentanspruchs 9 war hiernach nicht begehrt.
26
Für ein (stillschweigendes) Begehren dieses Inhalts ergeben sich keine Anhaltspunkte und macht auch die Rechtsbeschwerde nichts geltend. Wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung der Einsprechenden zutreffend ausführt, wird in Patentanspruch 9 diejenige Lösung des technischen Problems, die in Patentanspruch 1 in Gestalt eines Verfahrens beansprucht ist, als Vorrichtungsanspruch formuliert. Die Einsprechende hat demgemäß zu der von ihr geltend gemachten mangelnden Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 9 u.a. ausgeführt , sie ergebe sich "in Analogie" zu den Ausführungen zu Patentanspruch 1, und die diesbezüglichen Ausführungen der Patentinhaberin folgen - angepasst an den Wortlaut des Patentanspruchs 9 - ihrerseits im Kern den entsprechenden Ausführungen zum Patentanspruch 1. Soweit die Rechtsbeschwerde sich darauf beruft, die Patentinhaberin habe auf Patentanspruch 9 "sogar ausdrücklich hingewiesen" und dargelegt, dass dieser Anspruch insbesondere gegenüber der US-Patentschrift 5 784 001 neu sei und auf erfinderi- scher Tätigkeit beruhe, ändert dies nichts an diesem Gleichklang und demgemäß nichts daran, dass es an jedem Anhaltspunkt dafür fehlt, dass die Patentinhaberin einen für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit auch nur möglicherweise relevanten Unterschied zwischen den Gegenständen der Patentansprüche 1 und 9 gesehen hätte, der die Annahme nahelegen könnte, die Patentinhaberin wolle hilfsweise auch auf eine Aufrechterhaltung des Streitpatents im Umfang nur des Patentanspruchs 9 antragen.
27
Das Bundespatentgericht hat nach alledem seine Entscheidung im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG hinreichend begründet.
28
ee) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Rechtsbeschwerde herangezogenen Beschluss des Senats vom 5. Oktober 1982 (X ZB 26/81, GRUR 1983, 63 - Streckenvortrieb). Dieser Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in welchem das Bundespatentgericht im Einspruchsbeschwerdeverfahren - alten Rechts - unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde der Einsprechenden das Patent mit in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1 und 2 erteilt hatte, von denen Patentanspruch 2 in den Gründen der Entscheidung als Unteranspruch formuliert war, für dessen Patentfähigkeit demgemäß eine gesonderte Begründung nicht gegeben worden war. Sodann hatte das Bundespatentgericht seine Entscheidung dadurch berichtigt , dass Patentanspruch 2 ein anderer Wortlaut gegeben wurde, der diesen Patentanspruch nunmehr als Nebenanspruch auswies. Damit fehlte der die Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 2 bejahenden Entscheidung eine Begründung, welche sich nach der Berichtigung nicht mehr aus den für die Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 1 angeführten Erwägungen ergab. Für die im Streitfall vorliegende umgekehrte Konstellation verneinter Patentfähigkeit eines Patentanspruchs lässt sich daraus nichts herleiten.
29
b) Das Patentgericht hat auch nicht den Anspruch der Patentinhaberin auf rechtliches Gehör verletzt.
30
Der Rechtsbeschwerdegrund des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG trägt der Bedeutung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) für ein rechtsstaatliches Verfahren Rechnung, in dem jeder Verfahrensbeteiligte seine Rechte wirksam wahrnehmen kann. Dies setzt voraus, dass das Gericht das tatsächliche und rechtliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und auf seine sachlich-rechtliche und verfahrensrechtliche Entscheidungserheblichkeit prüft und ferner keine Erkenntnisse verwertet, zu denen die Verfahrensbeteiligten sich nicht äußern konnten (Sen.Beschl. v. 11.6.2002 - X ZB 27/01, GRUR 2002, 957 - Zahnstruktur, m.w.N.).
31
Art. 103 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn im Einzelfall deutlich wird, dass Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfGE 65, 293, 295; 70, 288, 293; 86, 133, 145 f.; st. Rspr.). Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Parteivorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, ohne dass das Gericht verpflichtet wäre, sich in den Gründen seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen. Geht das Gericht indessen auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von besonderer Bedeutung ist, nicht ein, lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfGE 86, 133, 146).
32
Hiernach kann die Rechtsbeschwerde die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht mit Erfolg darauf stützen, dass der Wortlaut des Patentanspruchs 9 in den Beschlussgründen nicht wiedergegeben ist und das Bundespatentgericht sich mit diesem Anspruch und dem Vorbringen der Patentinhaberin hierzu auch inhaltlich nicht auseinandergesetzt hat. Denn hierauf kam es, wie ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht an. Zwar erwähnt das Bundespatentgericht weder diese Rechtsprechung noch führt es - was insbesondere angesichts seiner Zuständigkeit als einzige Instanz des Einspruchsverfahrens zweckmäßig gewesen wäre - aus, dass es auf die Patentfähigkeit der von ihm nicht abgehandelten Patentansprüche nicht ankomme. Gleichwohl spricht nichts dafür, dass das Bundespatentgericht seiner Entscheidung einen anderen Rechtsstandpunkt zugrunde gelegt und gleichwohl Patentanspruch 9 und das Vorbringen der Patentinhaberin hierzu unerwähnt gelassen hätte.
33
Bei dieser Sachlage wäre nur noch denkbar, dass das Bundespatentgericht der Patentinhaberin einen Hinweis hätte erteilen müssen, wenn es der Auffassung gewesen wäre, dass das Streitpatent zwar nicht im erteilten und auch nicht im hilfsweise verteidigten Umfang aufrechterhalten werden könne, jedoch im Umfang des Patentanspruchs 9 Bestand haben könne. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch einen unterbliebenen Hinweis wird von der Rechtsbeschwerde jedoch nicht gerügt. Zudem bestehen nach dem Vorstehenden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Bundespatentgericht bei Patentanspruch 9 eine andere Beurteilung der Patentfähigkeit in Erwägung gezogen hat.
34
IV. Die Rechtsbeschwerde ist hiernach mit der Kostenfolge des § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG zurückzuweisen.
35
Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Meier-Beck Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 10.01.2005 - 20 W(pat) 342/02 -

(1) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluß; sie kann ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.

(2) Der Bundesgerichtshof ist bei seiner Entscheidung an die in dem angefochtenen Beschluß getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Rechtsbeschwerdegründe vorgebracht sind.

(3) Die Entscheidung ist zu begründen und den Beteiligten von Amts wegen zuzustellen.

(1) Sind an dem Verfahren über die Rechtsbeschwerde mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilweise zu erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. Wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen oder als unzulässig verworfen, so sind die durch die Rechtsbeschwerde veranlaßten Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Hat ein Beteiligter durch grobes Verschulden Kosten veranlaßt, so sind ihm diese aufzuerlegen.

(2) Dem Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts können Kosten nur auferlegt werden, wenn er die Rechtsbeschwerde eingelegt oder in dem Verfahren Anträge gestellt hat.

(3) Im übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen entsprechend.