Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2012 - X ZB 5/11

bei uns veröffentlicht am23.01.2012
vorgehend
Oberlandesgericht München, Verg 5/09, 30.06.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 5/11
vom
23. Januar 2012
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Rettungsdienstleistungen III

a) Auf Dienstleistungskonzessionen ist der Vierte Teil des Gesetzes gegen
Wettbewerbsbeschränkungen auch in der vor dem Inkrafttreten des Gesetzes
zur Modernisierung des Vergaberechts (24. April 2009) geltenden Fassung
nicht anzuwenden.

b) Welcher Rechtsweg für Streitigkeiten aus der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen
eröffnet ist, ergibt sich aus denselben Grundsätzen, die für die
Bestimmung des Rechtswegs bei Streitigkeiten aus der Vergabe öffentlicher
Aufträge mit einem die Schwellenwerte der Vergabeverordnung unterschreitenden
Volumen gelten. Für die Überprüfung der Vergabe einer Dienstleistungskonzession
sind die ordentlichen Gerichte zuständig, wenn die Vergabe
durch privatrechtlichen Vertrag erfolgt. Erfolgt die Vergabe hingegen in den
Formen des öffentlichen Rechts, gehört der Rechtsstreit vor die Verwaltungsgerichte.

c) Der Vergabesenat kann ein nach § 116 GWB vor ihn gelangtes Nachprüfungsverfahren
an das Gericht des zulässigen Rechtswegs verweisen, wenn
es eine Dienstleistungskonzession zum Gegenstand hat.
BGH, Beschluss vom 23. Januar 2012 - X ZB 5/11 - OLG München
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Januar 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck und die Richter Gröning,
Dr. Bacher, Hoffmann und die Richterin Schuster

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den am 30. Juni 2011 verkündeten Beschluss des Vergabesenats des Oberlandesgerichts München wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beschluss der Vergabekammer vom 4. April 2009 nur im Ausspruch zu 1 aufgehoben wird. Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen und dem Antragsgegner und der Beigeladenen zu 2 ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 77.500 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
I. Der Rechtsbeschwerdeführer (Antragsteller) erbrachte bis Ende 2008 aufgrund eines mit dem Rechtsbeschwerdegegner (Antragsgegner), dem Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung P. , geschlossenen Vertrags Rettungsdienstleistungen. Der Antragsgegner kündigte den Vertrag zum Ende des Jahres 2008, um die Rettungsdienstleistungen mit Inkrafttreten des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes vom 22. Juli 2008 (GVBl. 2008, 429) ab Anfang 2009 nach Maßgabe von § 13 BayRDG zu vergeben. Diese Bestimmung hat, soweit hier von Interesse, folgenden Wortlaut: "(1) Der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung beauftragt mit der bodengebundenen Durchführung von Notfallrettung, arztbegleitetem Patiententransport und Krankentransport 1. das Bayerische Rote Kreuz, 2. den Arbeiter-Samariter-Bund, 3. den Malteser-Hilfsdienst, 4. die Johanniter-Unfallhilfe oder 5. vergleichbare Hilfsorganisationen. … (2) Soweit die Hilfsorganisationen zur Übernahme des Auftrags nicht bereit oder in der Lage sind, beauftragt der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Dritte mit der bodengebundenen Durchführung rettungsdienstlicher Leistungen oder führt sie selbst oder durch seine Verbandsmitglieder durch. (3) Der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung entscheidet über die Auswahl der Durchführenden und über den Umfang der Beauftragung nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Auswahlentscheidung ist transparent und nach objektiven Kriterien vorzunehmen. Der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung hat die anstehende Auswahlentscheidung in geeigneter Weise bekannt zu machen, damit sich interessierte Leistungserbringer bewerben können. Für die Entscheidung sind insbesondere eine effektive Leistungserbringung sowie wirtschaftliches und sparsames Verhalten maßgeblich. … (4) Das Rechtsverhältnis zwischen dem Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung und den mit der Durchführung des Rettungsdienst Beauftragten wird durch öffentlich-rechtlichen Vertrag geregelt. Dieser hat alle notwendigen Einzelheiten über den Auftrag und seine Durchführung zu enthalten, insbesondere sind bei Einsatzfahrzeugen die Art des Fahrzeugs, der Standort und, mit Ausnahme von Reservefahrzeugen, die Betriebszeiten konkret festzulegen. …"
2
Im Zuge einer vom Antragsteller angestrengten verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzung um die Wirksamkeit der Kündigung des Rettungsdienstvertrags schloss der Antragsgegner mit anderen Anbietern zunächst Interimsverträge zur zeitweiligen Sicherstellung des Rettungsdienstes im Verbandsgebiet. Daraufhin hat der Antragsteller bei der örtlich zuständigen Vergabekammer einen Nachprüfungsantrag gestellt, mit dem der Antragsgegner verpflichtet werden sollte, den für einen bestimmten Zeitraum vorgesehenen Interimsvertrag nicht ohne Durchführung eines Verhandlungsverfahrens unter Einbeziehung des Antragstellers und die Rettungsdienstleistungen über diesen Interimsvertrag hinaus nur im Rahmen eines europaweiten Vergabeverfahrens nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, der Vergabeverordnung und dem 2. Abschnitt der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL/A) zu vergeben. Die Vergabekammer hat den Antrag mit der Begründung als unzulässig verworfen, es liege eine nicht der Vergabenachprüfung nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegende Dienstleistungskonzession vor. Dagegen hat der Antragsteller sofortige Beschwerde zum Vergabesenat des Oberlandesgerichts München eingelegt. Auf dessen Vorabentscheidungsersuchen (VergabeR 2009, 781 ff.) hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass die im Streitfall nach Maßgabe von § 13 BayRDG vorgesehene Betrauung mit der Erbringung von Rettungsdienstleistungen als vertragliche Dienstleistungskonzession im Sinne von Art. 1 Abs. 4 der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG zu qualifizieren ist (EuGH, Beschluss vom 10. März 2011 - C-274/09, VergabeR 2011, 430 - Privater Rettungsdienst und Krankentransport Stadler).
3
Mit seiner sofortigen Beschwerde begehrt der Antragsteller nunmehr die Aufhebung des Beschlusses der Vergabekammer, die Feststellung, dass der Abschluss des Interimsauftrags zur Durchführung des Rettungsdienstes im Gebiet der Rettungsstandorte F. und H. gegen Art. 43 und 49 EGV sowie die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz verstoßen hat und ihn, den Antragsteller, in seinen Rechten verletzt , sowie, den Antragsgegner zu verpflichten, den an den vorgenannten Interimsauftrag folgenden Auftrag unter Beachtung der Art. 49 und 56 AEUV und der daraus resultierenden Grundsätze der Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung und Transparenz zu vergeben. Der Antragsgegner und die Beigeladenen treten der sofortigen Beschwerde entgegen.
4
Das Oberlandesgericht hat den Beschluss der Vergabekammer aufgehoben , ausgesprochen, dass der Rechtsweg zu den Nachprüfungsinstanzen nicht eröffnet ist und das Verfahren an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Regensburg verwiesen.
5
Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers, mit der dieser beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit der Rechtsweg zu den Nachprüfungsinstanzen unter Verweisung des Verfahrens an das Verwaltungsgericht verneint wurde, und die Zulässigkeit dieses Rechtswegs festzustellen. Antragsgegnerin und Beigeladene zu 2 treten der Rechtsbeschwerde entgegen.

II.


6
Die zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig. Ob dieses Rechtsmittel der Divergenzvorlage nach § 124 Abs. 2 GWB unter Spezialitätsgesichtspunkten vorgeht, wie das Oberlandesgericht meint, bedarf keiner Entscheidung, weil das Oberlandesgericht eine entscheidungserhebliche Divergenz zu der Rechtsprechung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs, die Zulässigkeitsvoraussetzung für eine solche Vorlage an den Bundesgerichtshof ist (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - X ZB 4/10, BGHZ 188, 200 Rn. 9 - S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr I), im Streitfall verneint und selbst eine Entscheidung über den Rechtsweg getroffen hat. Die gesetzliche Regelung bietet jedenfalls keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Klärung des zulässigen Rechtswegs im Verhältnis zwischen den Vergabesenaten der Oberlandesgerichte und Gerichten anderer Rechtswege durch die Entscheidung eines obersten Gerichtshofs des Bundes unstatthaft sein soll.

III.


7
In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.
8
1. Das Oberlandesgericht hat zu Recht ausgesprochen, dass im Streitfall die Vergabenachprüfung durch die Vergabekammer (§§ 102 ff. GWB) und den Vergabesenat (§ 116 ff. GWB) nicht eröffnet ist.
9
a) Nach der im Streitfall bindenden Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1994 - I ZR 31/92, BGHZ 125, 382 - Rolling Stones) ist davon auszugehen, dass die Vergabe von Rettungsdienstleistungen nach dem Bayerischen Rettungsdienstgesetz durch vertragliche Dienstleistungskonzession erfolgt.
10
b) Zur rechtlichen Überprüfung der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen ist das Vergabenachprüfungsverfahren nicht eröffnet.
11
aa) Dass Dienstleistungskonzessionen nach § 99 Abs. 1 GWB in der durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009 (BGBl. I S. 790) geschaffenen Fassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht vom Begriff des Dienstleistungsauftrags umfasst sind, hat der Senat bereits entschieden (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - X ZB 4/10, BGHZ 188, 200 Rn. 29 - S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr I).
12
bb) Dem vorliegenden Vergabenachprüfungsverfahren ist allerdings nach der im Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vorgesehenen Überleitungsvorschrift (§ 131 Abs. 8 GWB) das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der vor dem 24. April 2009 geltenden Fassung zugrunde zu legen, weil das Verfahren an diesem Tage bereits anhängig war (§ 131 Abs. 8, 2. Alt. GWB). Für die Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts gilt jedoch das Gleiche.
13
(1) Dies entspricht der im Fachschrifttum vorherrschenden Meinung (vgl. etwa Dreher in: Dreher/Stockmann, Kartellvergaberecht, § 99 GWB Rn. 121; Müller-Wrede/Kaelble in: Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht § 99 Rn. 26; Zeiss in: jurisPK-VergR, 3. Aufl., § 99 Rn. 187; Ziekow in: Ziekow/Völlink, Komm. zum Vergaberecht, § 99 Rn. 192; MünchKomm.BeihVgR/Tugendreich, § 99 Rn. 226; Burgi, VergabeR 2010, 850, 854; vgl. auch OLG Brandenburg, VergabeR 2009, 468 ff.), die sich im Wesentlichen darauf beruft, dass Dienstleistungskonzessio- nen schon bei Inkrafttreten des Vergaberechtsänderungsgesetzes vom 28. August 1998 (BGBl. I S. 2512) nicht in den Geltungsbereich der das Vergaberecht betreffenden Richtlinien des Gemeinschaftsrechts fielen und dass deshalb für die nationalen Gesetzgeber kein Umsetzungsbedarf bestand. Dass die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen nicht den Bestimmungen der Vergaberichtlinien der Europäischen Gemeinschaft unterliegen sollten, hatte sich lange Zeit vor der Entstehung dieses Gesetzes nach kontroverser Diskussion zwischen den am gemeinschaftsrechtlichen Rechtsetzungsverfahren Beteiligten durchgesetzt (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2000 - C-324/98, NZBau 2001, 148 Rn. 34 ff. - Teleaustria).
14
(2) Allerdings ist der deutsche Gesetzgeber bei Umsetzung der das Vergaberecht betreffenden gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben punktuell über das dafür Erforderliche hinausgegangen, etwa bei Regelung des Schadensersatzanspruchs in § 126 GWB (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2008 - X ZR 31/08, BGHZ 179, 84 Rn. 24 - Rettungsdienstleistungen I) oder bei § 101 Abs. 7 GWB, indem dort der Vorrang des offenen Verfahrens festgelegt wurde, obwohl nach dem Gemeinschaftsrecht die Möglichkeit der Wahl zwischen offenem und nicht offenem Verfahren ausreichend gewesen wäre.
15
Zu Dienstleistungskonzessionen hat der Gesetzgeber hingegen keine ausdrückliche Regelung getroffen, durch die diese in den Anwendungsbereich des Gesetzes einbezogen wurden. Allerdings hat er § 99 Abs. 4 GWB aF als Auffangtatbestand konzipiert, der generell solche Leistungen erfassen sollte, die weder Lieferungen noch Bauleistungen darstellten (vgl. Beck'scher VOBKomm. /Marx, § 99 GWB Rn. 29). Diese Regelung ist jedoch in der Fachliteratur überzeugend dahin bewertet worden, als der Gesetzgeber es versäumt habe, im Wortlaut der Norm seinen bestehenden Willen klar zum Ausdruck zu bringen , dass Dienstleistungskonzession vom Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen, dagegen die Baukonzessionen einbezogen sein sollten (vgl. Beck'scher VOBKomm. /Marx, § 99 Rn. 14 mit Fn. 35).
16
Diese Klarstellung hat der Bundestag nachgeholt, wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung für ein Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts ergibt, nach der die vorgeschlagene Gesetzesänderung deklaratorisch und nicht im Sinne der Schaffung einer neuen Rechtslage sein sollte (BT-Drucks. 16/10117 S. 17). Dass der Bundesrat als weiteres Gesetzgebungsorgan nicht nur dieser Klarstellung zugestimmt hat, sondern schon zur Zeit der abschließenden Beratung des Vergaberechtsänderungsgesetzes davon ausgegangen ist, dass Dienstleistungskonzessionen nicht in den Geltungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen fielen, belegen die von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 2 angeführten Entschließungen dieses Gesetzgebungsorgans vom 29. Mai 1998 (BR-Drucks. 296/98) und vom 30. April 1999 (BR-Drucks. 233/99 [Beschluss]) zur Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften "Das öffentliche Auftragswesen in der Europäischen Union" (Kom [98] Dok. 148 endg; Ratsdok. 6927/98). Dort wird die Schaffung eines rechtlichen Rahmens für Konzessionen und andere Formen der Partnerschaft zwischen öffentlichem und privatem Sektor als weder erforderlich noch sinnvoll bezeichnet und die Regelung der Vergabe aller Arten von Dienstleistungen, die bisher nicht der EGDienstleistungsrichtlinie unterfallen, mit der Begründung abgelehnt, diese Konzessionen stünden in keinem engen sachlichen Zusammenhang zur öffentlichen Auftragsvergabe.
17
(3) Die gesetzgeberische Entscheidung, Dienstleistungskonzessionen vom Geltungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auszunehmen, kann nicht, worauf die Rechtsbeschwerde hinaus möchte, mit der Begründung revidiert werden, nur die vergaberechtliche Vorabinformationspflicht aus § 13 VgV aF bzw. §§ 101a, 101b GWB garantiere einen hinreichend effektiven Rechtsschutz. Die durch diese Regelungen begründeten und sanktionierten Informationspflichten wurzeln in den entsprechenden Anforderungen des Sekundärrechts der Gemeinschaft (vgl. EuGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 - C-81/98, NZBau 2000, 33 - Alcatel Austria), die, wie ausgeführt , nicht für Dienstleistungskonzessionen gelten. Dass der nationale Gesetzgeber ein entsprechendes Rechtsschutzinstrumentarium für den diesem Sekundärrecht nicht unterliegenden Bereich nicht vorgesehen hat, ist grundsätzlich hinzunehmen (BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006 - 1 BvR 1160/03, BVerfGE 116, 135 Rn. 71 ff.). Ein wirksamer Rechtsschutz, den schon das Grundgesetz gebietet, wird hierdurch im Übrigen nicht ausgeschlossen.
18
2. Das Oberlandesgericht hat im Streitfall zutreffend den Verwaltungsrechtsweg als eröffnet angesehen.
19
a) Welcher Rechtsweg für Streitigkeiten aus der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen eröffnet ist, ergibt sich aus denselben Grundsätzen, die für die Bestimmung des Rechtswegs bei Streitigkeiten aus der Vergabe öffentlicher Aufträge mit einem die Schwellenwerte der Vergabeverordnung unterschreitenden Volumen gelten.
20
Entsprechend allgemeinen Grundsätzen hängt die Bestimmung des zulässigen Rechtswegs hier wie dort davon ab, ob das jeweils streitige Rechtsverhältnis dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzuordnen ist. Für diese Zuordnung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat beitritt, nicht das Ziel (so für Dienstleistungskonzessionen entgegen dem Bundesverwaltungsgericht weiterhin OVG Münster, VergabeR 2011, 892 f. im Anschluss an OVG Münster, NZBau 2006, 533), sondern die Rechts- form staatlichen Handelns maßgeblich. Ist diese privatrechtlich, so ist es grundsätzlich auch die betreffende Streitigkeit (BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2007 - 6 B 10/07, BVerwGE 129, 9 Rn. 8). Umgekehrt ist prinzipiell der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, wenn sich das staatliche Handeln in den Bahnen des öffentlichen Rechts vollzieht. Das steht nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Wahl der Rechtsform des öffentlichrechtlichen Vertrages die Anwendung von § 99 GWB nicht ausschließt (vgl. BGHZ 179, 84 Rn. 17 - Rettungsdienstleistungen I). Diese Rechtsprechung knüpft daran an, dass der Gesetzgeber bei Schaffung des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz in Art 74 Abs. 1 Nr. 11 GG Gebrauch gemacht hat und bezieht sich folglich nur auf Rechtsverhältnisse, die in den Geltungsbereich dieses Teils fallen. Sie ist auf Rechtsverhältnisse außerhalb des Anwendungsbereichs des Vergabenachprüfungsverfahrens jedenfalls nicht ohne weiteres übertragbar.
21
c) Wird eine Dienstleistungskonzession in den Formen des Privatrechts vergeben, sind für die vergaberechtliche Nachprüfung mithin die ordentlichen Gerichte zuständig.
22
Wird die Konzession in den Formen des öffentlichen Rechts vergeben, ist hingegen der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht gegeben. Danach ist im Streitfall der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, weil das Rechtsverhältnis zwischen dem Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung und den mit der Durchführung des Rettungsdienstes Beauftragten aufgrund gesetzlicher Regelung (Art. 13 Abs. 4 BayRDG) durch öffentlichrechtlichen Vertrag zu gestalten ist.
23
3. Die vom Oberlandesgericht ausgesprochene Verweisung des als sofortige Beschwerde bei ihm anhängigen Nachprüfungsverfahrens an das örtlich und sachlich zuständige erstinstanzliche Gericht eines anderen Rechtswegs steht in Einklang mit der Rechtsordnung.
24
Mit der Novellierung der §§ 17 und 17a GVG durch Art. 2 des Gesetzes zur Neuregelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I, S. 2809) sollte vermieden werden, dass das Beschreiten eines unzulässigen Rechtswegs wie bis dahin mit einem - unter Umständen erst im Instanzenzug ergehenden - klageabweisenden Prozessurteil sanktioniert wird. Stattdessen sollte die Grundlage dafür geschaffen werden, dass die Sache im Verfahren nach § 17a Abs. 2 bis 4 GVG so schnell wie möglich in den zulässigen Rechtsweg verwiesen werden kann. Mit diesem auf dem Gedanken der Verfahrensökonomie und des effektiven Rechtsschutzes beruhenden Prinzip wäre unvereinbar, dem Vergabesenat die Möglichkeit einer entsprechenden Verweisung abzusprechen. Die Regelung in § 17a Abs. 5 GVG steht nicht entgegen , weil sie ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung eines Gerichts im Sinne von Art. 92 GG voraussetzt und auch nur dann einschlägig ist, wenn das Erstgericht über die Zulässigkeit des Rechtswegs vorab durch Beschluss entschieden hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1993 - III ZR 9/92, BGHZ 121, 367).

IV.


25
Die Kostenentscheidung beruht, soweit es das Rechtsbeschwerdeverfahren betrifft, auf § 78 GWB.
26
Über die vor dem Oberlandesgericht entstandenen Kosten ist nicht zu entscheiden, weil sie als Teil der Kosten behandelt werden, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde (§ 17b Abs. 2 Satz 1 GVG). Damit sind aber nicht die im Verfahren vor der Vergabekammer entstandenen Kosten einbezogen, weil diese nicht in einem gerichtlichen Verfahren entstanden sind. Dem Antragsteller fallen diese Mehrkosten nach dem Gedanken in § 17b Abs. 2 Satz 2 GVG zur Last, weshalb der Senat den Beschluss der Vergabekammer abweichend vom Oberlandesgericht nur im Hauptsachenausspruch aufgehoben hat.
Meier-Beck Gröning Bacher
Hoffmann Schuster
Vorinstanz:
OLG München, Entscheidung vom 30.06.2011 - Verg 5/09 -

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b)
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(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber, wenn diese Aufträge Folgendes zum Gegenstand haben:

1.
Rechtsdienstleistungen, die eine der folgenden Tätigkeiten betreffen:
a)
Vertretung eines Mandanten durch einen Rechtsanwalt in
aa)
Gerichts- oder Verwaltungsverfahren vor nationalen oder internationalen Gerichten, Behörden oder Einrichtungen,
bb)
nationalen oder internationalen Schiedsgerichts- oder Schlichtungsverfahren,
b)
Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt, sofern diese zur Vorbereitung eines Verfahrens im Sinne von Buchstabe a dient oder wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen und eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Angelegenheit, auf die sich die Rechtsberatung bezieht, Gegenstand eines solchen Verfahrens werden wird,
c)
Beglaubigungen und Beurkundungen, sofern sie von Notaren vorzunehmen sind,
d)
Tätigkeiten von gerichtlich bestellten Betreuern, Vormündern, Pflegern, Verfahrensbeiständen, Sachverständigen oder Verwaltern oder sonstige Rechtsdienstleistungen, deren Erbringer durch ein Gericht dafür bestellt oder durch Gesetz dazu bestimmt werden, um bestimmte Aufgaben unter der Aufsicht dieser Gerichte wahrzunehmen, oder
e)
Tätigkeiten, die zumindest teilweise mit der Ausübung von hoheitlichen Befugnissen verbunden sind,
2.
Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen, es sei denn, es handelt sich um Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen, die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 73000000-2 bis 73120000-9, 73300000-5, 73420000-2 und 73430000-5 fallen und bei denen
a)
die Ergebnisse ausschließlich Eigentum des Auftraggebers für seinen Gebrauch bei der Ausübung seiner eigenen Tätigkeit werden und
b)
die Dienstleistung vollständig durch den Auftraggeber vergütet wird,
3.
den Erwerb, die Entwicklung, die Produktion oder die Koproduktion von Sendematerial für audiovisuelle Mediendienste oder Hörfunkmediendienste, wenn diese Aufträge von Anbietern von audiovisuellen Mediendiensten oder Hörfunkmediendiensten vergeben werden, die Ausstrahlungszeit oder die Bereitstellung von Sendungen, wenn diese Aufträge an Anbieter von audiovisuellen Mediendiensten oder Hörfunkmediendiensten vergeben werden,
4.
finanzielle Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Ausgabe, dem Verkauf, dem Ankauf oder der Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten, Dienstleistungen der Zentralbanken sowie mit der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität und dem Europäischen Stabilitätsmechanismus durchgeführte Transaktionen,
5.
Kredite und Darlehen, auch im Zusammenhang mit der Ausgabe, dem Verkauf, dem Ankauf oder der Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten oder
6.
Dienstleistungen, die an einen öffentlichen Auftraggeber nach § 99 Nummer 1 bis 3 vergeben werden, der ein auf Gesetz oder Verordnung beruhendes ausschließliches Recht hat, die Leistungen zu erbringen.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Wettbewerbe anzuwenden, die hauptsächlich den Zweck haben, dem öffentlichen Auftraggeber die Bereitstellung oder den Betrieb öffentlicher Kommunikationsnetze oder die Bereitstellung eines oder mehrerer elektronischer Kommunikationsdienste für die Öffentlichkeit zu ermöglichen.

(1) Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn

1.
das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat,
2.
das Unternehmen zahlungsunfähig ist, über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares Verfahren beantragt oder eröffnet worden ist, die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, sich das Unternehmen im Verfahren der Liquidation befindet oder seine Tätigkeit eingestellt hat,
3.
das Unternehmen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, durch die die Integrität des Unternehmens infrage gestellt wird; § 123 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden,
4.
der öffentliche Auftraggeber über hinreichende Anhaltspunkte dafür verfügt, dass das Unternehmen mit anderen Unternehmen Vereinbarungen getroffen oder Verhaltensweisen aufeinander abgestimmt hat, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken,
5.
ein Interessenkonflikt bei der Durchführung des Vergabeverfahrens besteht, der die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit einer für den öffentlichen Auftraggeber tätigen Person bei der Durchführung des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte und der durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam beseitigt werden kann,
6.
eine Wettbewerbsverzerrung daraus resultiert, dass das Unternehmen bereits in die Vorbereitung des Vergabeverfahrens einbezogen war, und diese Wettbewerbsverzerrung nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen beseitigt werden kann,
7.
das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags oder Konzessionsvertrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat,
8.
das Unternehmen in Bezug auf Ausschlussgründe oder Eignungskriterien eine schwerwiegende Täuschung begangen oder Auskünfte zurückgehalten hat oder nicht in der Lage ist, die erforderlichen Nachweise zu übermitteln, oder
9.
das Unternehmen
a)
versucht hat, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen,
b)
versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die es unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oder
c)
fahrlässig oder vorsätzlich irreführende Informationen übermittelt hat, die die Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers erheblich beeinflussen könnten, oder versucht hat, solche Informationen zu übermitteln.

(2) § 21 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, § 98c des Aufenthaltsgesetzes, § 19 des Mindestlohngesetzes, § 21 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 22 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 2959) bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 4/10
vom
19. Juli 2011
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr II
GKG § 50 Abs. 2; GWB § 101b Abs. 1 Nr. 2, § 107 Abs. 2; VgV § 3

a) Will der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren mit der begehrten Nichtigerklärung
eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrages auch
erreichen, dass der Gesamtgegenstand dieses Vertrages in einem künftigen
Vergabeverfahren losweise vergeben wird, bestimmt sich die für den Streitwert
maßgebliche Auftragssumme nach dem Wert der Lose, an deren Erbringung
der Antragsteller interessiert ist.

b) Für die Schätzung des Werts dieser Lose sind die in § 3 VgV genannten Parameter
heranzuziehen, soweit sie nach den Umständen für eine entsprechende
Anwendung geeignet erscheinen.
BGH, Beschluss vom 19. Juli 2011 - X ZB 4/10 - OLG Düsseldorf
Vergabekammer Münster
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Juli 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richterin Mühlens und die Richter
Gröning, Dr. Grabinski und Dr. Bacher

beschlossen:
Es verbleibt unter Verwerfung der Anhörungsrüge der Antragstellerin als unzulässig bei der Wertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 8. Februar 2011.

Gründe:


I.


1
Die nach § 69a Abs. 1, 2 GKG statthafte Rüge gegen die Wertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 8. Februar 2011 ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht in der gesetzlichen Form erhoben ist (§ 69a Abs. 4 Satz 1 und 2 GKG). Wird die Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Beschwerdegericht gerügt, setzt die Zulässigkeit der Anhörungsrüge wie bei dem Rechtsbehelf aus § 321a ZPO, dem § 69a GKG nachgebildet ist, voraus, dass Umstände ausgeführt werden, aus denen sich ergeben kann, dass das Gericht bei der Entscheidung Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch nicht erwogen hat (vgl. dazu BVerfGE 87, 1, 33; BGHZ 154, 288, 300 mwN; vgl.
auch BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - V ZR 142/08, NJW 2009, 1609). Dafür reicht nicht aus vorzutragen, dass das Gericht sich nicht ausdrücklich mit allen angeführten Gesichtspunkten auseinandergesetzt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - V ZR 142/08, NJW 2009, 1609 Rn. 8 mwN). Deshalb verhilft der Anhörungsrüge nicht zur Zulässigkeit, wenn die Antragstellerin vorträgt, der Senat habe im Rahmen der Wertbemessung nach § 50 Abs. 2 GKG § 3 VgV entsprechend angewendet, ohne ausdrücklich die dagegen angeführten Argumente der Antragstellerin zu bescheiden. Das Gleiche gilt erst recht, wenn das vermeintlich übergangene Vorbringen sich im Vortrag nicht erläuterter Anknüpfungstatsachen erschöpft, wie es hier in Bezug auf den der Streitwertbemessung nach Ansicht der Antragstellerin zugrunde zu legenden Zeitraum der Fall ist. Die Antragstellerin hat dafür in ihrem Schriftsatz vom 25. Januar 2011 ohne jede Begründung auf die Laufzeit des Änderungsvertrages zuzüglich Verlängerungsoption abgestellt, obwohl ihr Interesse, worauf zurückzukommen sein wird, diesem Auftrag gar nicht gilt.

II.


2
Der Senat hat die Anhörungsrüge zum Anlass genommen, seine Wertfestsetzung im Beschluss vom 8. Februar 2011 darauf hin zu überprüfen, ob Anlass besteht, sie nach § 63 Abs. 3 GKG von Amts wegen zu korrigieren. Das ist indes nicht der Fall.
3
1. Bei der Wertbemessung war davon auszugehen, dass es der Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag nicht darum ging, Leistungen, die Gegenstand des Änderungsvertrages waren, zumindest in einem Teil des durch diesen Vertrag festgelegten Zeitraums zu erbringen, sondern darum, diesen Änderungsvertrag zu Fall zu bringen, um sich für die Zeit nach dem Auslaufen des Verkehrsvertrags (Dezember 2018) um den Betrieb der genannten S-Bahnlinien 5 und 8 im Verkehrsverbund Rhein/Ruhr zu bewerben. Will der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren mit der begehrten Nichtigerklärung eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrages aucherreichen, dass der Gesamtgegenstand dieses Vertrages in einem künftigen Vergabeverfahren losweise vergeben wird, bemisst sich die für den Streitwert maßgebliche Auftragssumme (§ 50 Abs. 2 GKG) nach dem Wert der Lose, an deren Erbringung der Antragsteller interessiert ist (ebenso Brandenburgisches OLG, VergabeR 2003, 654 ff.). Das auch in § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB angesprochene Interesse des Antragstellers am Auftrag beschränkt sich in solchen Fällen auf diese Lose. Dieser Umstand kann bei der im Zusammenhang mit der Streitwertfestsetzung gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung nicht außer Betracht bleiben. Zudem ist zu bedenken, dass das Rechtsschutzziel der Aufteilung eines Auftrags in Lose typischerweise dasjenige von kleineren oder mittleren Unternehmen sein wird und dass das Prozessrisiko dieser Wirtschaftsteilnehmer im Interesse eines effektiven Vergaberechtsschutzes nicht dadurch überhöht werden sollte, dass ihrem Begehren ein Streitwert von 5 Prozent der BruttoGesamtauftragssumme zugrunde gelegt wird, obwohl ihr wirtschaftliches Ziel sich damit jedenfalls nicht deckt und sich unter Umständen nur auf einen kleinen Bruchteil dieser Summe bezieht.
4
2. Ist nach Nichtigerklärung eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrages, wie hier, ungewiss, wann und mit welchen Modalitäten ein zukünftiges Vergabeverfahren für eine losweise Vergabe der in Rede stehenden Leistungen zur Durchführung ansteht, ist die für den Nachprüfungsantrag des die Losaufteilung anstrebenden Antragstellers maßgebliche Auftragssumme zu schätzen. Eine solche Schätzung ist unter Voraussetzungen vorzunehmen , die mit denjenigen vergleichbar ist, unter denen öffentliche Auftraggeber den Wert zur Vergabe anstehender Leistungen zu ermitteln haben, bevor sie das entsprechende Vergabeverfahren in die Wege leiten. Deshalb ist es sachgerecht, dafür die in § 3 VgV genannten Parameter heranzuziehen, soweit sie nach den Umständen für eine entsprechende Anwendung geeignet erscheinen.
5
Im Streitfall kann davon ausgegangen werden, dass eine losweise Vergabe des Betriebs der Linien, für welche die Antragstellerin sich interessiert, auf einen längeren Zeitraum bemessen wird. Bei Aufträgen über Dienstleistungen , für die kein Gesamtpreis angegeben werden kann und die eine unbestimmte Laufzeit bzw. eine solche von mehr als 48 Monaten haben werden, bietet sich in Anlehnung an § 3 Abs. 4 Nr. 2 VgV an, auf den 48-fachen Monatswert abzustellen. Auf dieser Grundlage hat der Senat den Streitwert im Beschluss vom 8. Februar 2011 bemessen.
6
Im Verfahren der Anhörungsrüge nach § 69a Abs. 1 werden Kosten nicht erstattet (§ 69a Abs. 3 GKG). Die Gebühr nach KV 1700 zum Gerichtskostengesetz fällt der Antragstellerin zur Last.
Meier-Beck Gröning Mühlens
Grabinski Bacher
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.07.2010 - VII-Verg 19/10 -

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 4/10
vom
19. Juli 2011
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr II
GKG § 50 Abs. 2; GWB § 101b Abs. 1 Nr. 2, § 107 Abs. 2; VgV § 3

a) Will der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren mit der begehrten Nichtigerklärung
eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrages auch
erreichen, dass der Gesamtgegenstand dieses Vertrages in einem künftigen
Vergabeverfahren losweise vergeben wird, bestimmt sich die für den Streitwert
maßgebliche Auftragssumme nach dem Wert der Lose, an deren Erbringung
der Antragsteller interessiert ist.

b) Für die Schätzung des Werts dieser Lose sind die in § 3 VgV genannten Parameter
heranzuziehen, soweit sie nach den Umständen für eine entsprechende
Anwendung geeignet erscheinen.
BGH, Beschluss vom 19. Juli 2011 - X ZB 4/10 - OLG Düsseldorf
Vergabekammer Münster
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Juli 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richterin Mühlens und die Richter
Gröning, Dr. Grabinski und Dr. Bacher

beschlossen:
Es verbleibt unter Verwerfung der Anhörungsrüge der Antragstellerin als unzulässig bei der Wertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 8. Februar 2011.

Gründe:


I.


1
Die nach § 69a Abs. 1, 2 GKG statthafte Rüge gegen die Wertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 8. Februar 2011 ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht in der gesetzlichen Form erhoben ist (§ 69a Abs. 4 Satz 1 und 2 GKG). Wird die Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Beschwerdegericht gerügt, setzt die Zulässigkeit der Anhörungsrüge wie bei dem Rechtsbehelf aus § 321a ZPO, dem § 69a GKG nachgebildet ist, voraus, dass Umstände ausgeführt werden, aus denen sich ergeben kann, dass das Gericht bei der Entscheidung Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch nicht erwogen hat (vgl. dazu BVerfGE 87, 1, 33; BGHZ 154, 288, 300 mwN; vgl.
auch BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - V ZR 142/08, NJW 2009, 1609). Dafür reicht nicht aus vorzutragen, dass das Gericht sich nicht ausdrücklich mit allen angeführten Gesichtspunkten auseinandergesetzt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - V ZR 142/08, NJW 2009, 1609 Rn. 8 mwN). Deshalb verhilft der Anhörungsrüge nicht zur Zulässigkeit, wenn die Antragstellerin vorträgt, der Senat habe im Rahmen der Wertbemessung nach § 50 Abs. 2 GKG § 3 VgV entsprechend angewendet, ohne ausdrücklich die dagegen angeführten Argumente der Antragstellerin zu bescheiden. Das Gleiche gilt erst recht, wenn das vermeintlich übergangene Vorbringen sich im Vortrag nicht erläuterter Anknüpfungstatsachen erschöpft, wie es hier in Bezug auf den der Streitwertbemessung nach Ansicht der Antragstellerin zugrunde zu legenden Zeitraum der Fall ist. Die Antragstellerin hat dafür in ihrem Schriftsatz vom 25. Januar 2011 ohne jede Begründung auf die Laufzeit des Änderungsvertrages zuzüglich Verlängerungsoption abgestellt, obwohl ihr Interesse, worauf zurückzukommen sein wird, diesem Auftrag gar nicht gilt.

II.


2
Der Senat hat die Anhörungsrüge zum Anlass genommen, seine Wertfestsetzung im Beschluss vom 8. Februar 2011 darauf hin zu überprüfen, ob Anlass besteht, sie nach § 63 Abs. 3 GKG von Amts wegen zu korrigieren. Das ist indes nicht der Fall.
3
1. Bei der Wertbemessung war davon auszugehen, dass es der Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag nicht darum ging, Leistungen, die Gegenstand des Änderungsvertrages waren, zumindest in einem Teil des durch diesen Vertrag festgelegten Zeitraums zu erbringen, sondern darum, diesen Änderungsvertrag zu Fall zu bringen, um sich für die Zeit nach dem Auslaufen des Verkehrsvertrags (Dezember 2018) um den Betrieb der genannten S-Bahnlinien 5 und 8 im Verkehrsverbund Rhein/Ruhr zu bewerben. Will der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren mit der begehrten Nichtigerklärung eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrages aucherreichen, dass der Gesamtgegenstand dieses Vertrages in einem künftigen Vergabeverfahren losweise vergeben wird, bemisst sich die für den Streitwert maßgebliche Auftragssumme (§ 50 Abs. 2 GKG) nach dem Wert der Lose, an deren Erbringung der Antragsteller interessiert ist (ebenso Brandenburgisches OLG, VergabeR 2003, 654 ff.). Das auch in § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB angesprochene Interesse des Antragstellers am Auftrag beschränkt sich in solchen Fällen auf diese Lose. Dieser Umstand kann bei der im Zusammenhang mit der Streitwertfestsetzung gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung nicht außer Betracht bleiben. Zudem ist zu bedenken, dass das Rechtsschutzziel der Aufteilung eines Auftrags in Lose typischerweise dasjenige von kleineren oder mittleren Unternehmen sein wird und dass das Prozessrisiko dieser Wirtschaftsteilnehmer im Interesse eines effektiven Vergaberechtsschutzes nicht dadurch überhöht werden sollte, dass ihrem Begehren ein Streitwert von 5 Prozent der BruttoGesamtauftragssumme zugrunde gelegt wird, obwohl ihr wirtschaftliches Ziel sich damit jedenfalls nicht deckt und sich unter Umständen nur auf einen kleinen Bruchteil dieser Summe bezieht.
4
2. Ist nach Nichtigerklärung eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrages, wie hier, ungewiss, wann und mit welchen Modalitäten ein zukünftiges Vergabeverfahren für eine losweise Vergabe der in Rede stehenden Leistungen zur Durchführung ansteht, ist die für den Nachprüfungsantrag des die Losaufteilung anstrebenden Antragstellers maßgebliche Auftragssumme zu schätzen. Eine solche Schätzung ist unter Voraussetzungen vorzunehmen , die mit denjenigen vergleichbar ist, unter denen öffentliche Auftraggeber den Wert zur Vergabe anstehender Leistungen zu ermitteln haben, bevor sie das entsprechende Vergabeverfahren in die Wege leiten. Deshalb ist es sachgerecht, dafür die in § 3 VgV genannten Parameter heranzuziehen, soweit sie nach den Umständen für eine entsprechende Anwendung geeignet erscheinen.
5
Im Streitfall kann davon ausgegangen werden, dass eine losweise Vergabe des Betriebs der Linien, für welche die Antragstellerin sich interessiert, auf einen längeren Zeitraum bemessen wird. Bei Aufträgen über Dienstleistungen , für die kein Gesamtpreis angegeben werden kann und die eine unbestimmte Laufzeit bzw. eine solche von mehr als 48 Monaten haben werden, bietet sich in Anlehnung an § 3 Abs. 4 Nr. 2 VgV an, auf den 48-fachen Monatswert abzustellen. Auf dieser Grundlage hat der Senat den Streitwert im Beschluss vom 8. Februar 2011 bemessen.
6
Im Verfahren der Anhörungsrüge nach § 69a Abs. 1 werden Kosten nicht erstattet (§ 69a Abs. 3 GKG). Die Gebühr nach KV 1700 zum Gerichtskostengesetz fällt der Antragstellerin zur Last.
Meier-Beck Gröning Mühlens
Grabinski Bacher
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.07.2010 - VII-Verg 19/10 -

(1) Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen, deren Gegenstand Personenverkehrsleistungen im Eisenbahnverkehr sind, stehen öffentlichen Auftraggebern das offene und das nicht offene Verfahren, das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb, der wettbewerbliche Dialog und die Innovationspartnerschaft nach ihrer Wahl zur Verfügung. Ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb steht nur zur Verfügung, soweit dies aufgrund dieses Gesetzes gestattet ist.

(2) Anstelle des § 108 Absatz 1 ist Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1) anzuwenden. Artikel 5 Absatz 5 und Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 bleiben unberührt.

(3) Öffentliche Auftraggeber, die öffentliche Aufträge im Sinne von Absatz 1 vergeben, sollen gemäß Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 verlangen, dass bei einem Wechsel des Betreibers der Personenverkehrsleistung der ausgewählte Betreiber die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die beim bisherigen Betreiber für die Erbringung dieser Verkehrsleistung beschäftigt waren, übernimmt und ihnen die Rechte gewährt, auf die sie Anspruch hätten, wenn ein Übergang gemäß § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgt wäre. Für den Fall, dass ein öffentlicher Auftraggeber die Übernahme von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Sinne von Satz 1 verlangt, beschränkt sich das Verlangen auf diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die für die Erbringung der übergehenden Verkehrsleistung unmittelbar erforderlich sind. Der öffentliche Auftraggeber soll Regelungen vorsehen, durch die eine missbräuchliche Anpassung tarifvertraglicher Regelungen zu Lasten des neuen Betreibers zwischen der Veröffentlichung der Auftragsbekanntmachung und der Übernahme des Betriebes ausgeschlossen wird. Der bisherige Betreiber ist nach Aufforderung durch den öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, alle hierzu erforderlichen Angaben zu machen.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

Wenn ein Unternehmen, bei dem ein Ausschlussgrund vorliegt, keine oder keine ausreichenden Selbstreinigungsmaßnahmen nach § 125 ergriffen hat, darf es

1.
bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 123 höchstens fünf Jahre ab dem Tag der rechtskräftigen Verurteilung von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen werden,
2.
bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 124 höchstens drei Jahre ab dem betreffenden Ereignis von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.

(1) Konzessionsgeber sind

1.
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Konzession vergeben,
2.
Sektorenauftraggeber gemäß § 100 Absatz 1 Nummer 1, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 Absatz 2 bis 6 ausüben und eine Konzession zum Zweck der Ausübung dieser Tätigkeit vergeben,
3.
Sektorenauftraggeber gemäß § 100 Absatz 1 Nummer 2, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 Absatz 2 bis 6 ausüben und eine Konzession zum Zweck der Ausübung dieser Tätigkeit vergeben.

(2) § 100 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften über die zu verwendenden elektronischen Mittel (Basisdienste für die elektronische Auftragsvergabe) sowie über die einzuhaltenden technischen Standards erlassen.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut; sie wird durch das Bundesverfassungsgericht, durch die in diesem Grundgesetze vorgesehenen Bundesgerichte und durch die Gerichte der Länder ausgeübt.

(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.

(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.

(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.

(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.

(1) Nach Eintritt der Rechtskraft des Verweisungsbeschlusses wird der Rechtsstreit mit Eingang der Akten bei dem im Beschluß bezeichneten Gericht anhängig. Die Wirkungen der Rechtshängigkeit bleiben bestehen.

(2) Wird ein Rechtsstreit an ein anderes Gericht verwiesen, so werden die Kosten im Verfahren vor dem angegangenen Gericht als Teil der Kosten behandelt, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(3) Absatz 2 Satz 2 gilt nicht in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.