Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Feb. 2011 - X ZB 4/09

bei uns veröffentlicht am22.02.2011
vorgehend
Landgericht München I, 21 O 5436/07, 03.07.2008
Oberlandesgericht München, 6 W 2325/08, 30.12.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 4/09
vom
22. Februar 2011
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachträglicher Leitsatz
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Patentstreitsache
Der Begriff der Patentstreitsache ist grundsätzlich weit auszulegen. Zu
den Patentstreitsachen zählen alle Klagen, die einen Anspruch auf eine
Erfindung oder aus einer Erfindung zum Gegenstand haben oder sonst
wie mit einer Erfindung eng verknüpft sind. Ein Rechtsstreit ist jedoch
nicht bereits deshalb Patentstreitsache, weil Ansprüche aus einem Vertrag
geltend gemacht werden, in dem sich eine Vertragspartei zur Übertragung
eines Patents verpflichtet hat.
BGH, Beschluss vom 22. Februar 2011 - X ZB 4/09 - OLG München
LG München I
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Februar 2011
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richterin
Mühlens und die Richter Gröning, Dr. Grabinski und Hoffmann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers werden der Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. Dezember 2008 und der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts München vom 3. Juli 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zugunsten des Beklagten zu erstattende Kosten von mehr als 15.640,88 € nebst Zinsen festgesetzt worden sind.
Im Umfang der Aufhebung wird der Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben der Kläger ein Viertel und der Beklagte drei Viertel zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20.183,83 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Parteien streiten um die Erstattung der Kosten eines Rechtsstreits , in dem der Kläger erfolglos Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung durch arglistiges Erschleichen des Urteils in einem Vorprozess begehrt hat.
2
Im Vorprozess hatte der Kläger (gemeinsam mit einem weiteren Kläger) vom Beklagten zunächst die Übertragung eines Patents aufgrund einer notariell beurkundeten Vereinbarung und schließlich Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt, war jedoch in allen Instanzen unterlegen geblieben.
3
Im vorliegenden Rechtsstreit wirkte, wie bereits im Vorprozess, auf Seiten des Beklagten ein Patentanwalt mit. Gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil legte der Kläger Berufung ein, die er mit der Bitte an den Beklagten verband, vorläufig noch keinen anwaltlichen Vertreter für die zweite Instanz zu bestellen. Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten folgten dieser Bitte nicht und zeigten die Vertretung des Beklagten in der zweiten Instanz sowie die (weitere) Mitwirkung des Patentanwalts an. Der Kläger nahm seine Berufung vor Ablauf der Begründungsfrist zurück, woraufhin ihm auch die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt wurden.
4
Im Kostenfestsetzungsbeschluss hat das Landgericht Rechtsanwaltskosten und Patentanwaltskosten für die erste und die zweite Instanz und pauschale Kosten für die Herstellung von Kopien zugunsten des Beklagten in Höhe von insgesamt 31.093,75 € nebst Zinsen festgesetzt. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich der Kläger gegen die Festsetzung der Patentanwaltskosten aus beiden Instanzen und der Rechtsanwaltskosten aus der zweiten Instanz.
5
II. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, der Rechtsstreit betreffe eine Patentstreitsache im Sinne des § 143 Abs. 1 PatG, weshalb der Kläger gemäß § 143 Abs. 3 PatG auch die Gebühren des auf Seiten des Beklagten mitwirkenden Patentanwalts zu tragen habe. Der Vorprozess habe einen Anspruch auf Übertragung eines Patents betroffen. Mit dem nunmehr angestrengten Rechtsstreit habe der Kläger sachlich nichts anderes als "eine Neuauflage" des rechtskräftig abgeschlossenen Vorprozesses begehrt, denn auch im vorliegenden Rechtsstreit habe die Verpflichtung des Beklagten zur Übertragung des Patents geklärt werden müssen. Weiterhin habe der Kläger die auf Seiten des Beklagten entstandenen Rechtsanwaltsgebühren für die Berufungsinstanz zu tragen. Der Beklagte sei kein Rechtsanwalt; dass seine Ehefrau als Rechtsanwältin in der von ihm bevollmächtigten Anwaltskanzlei arbeite und im Rechtsstreit auch für ihn tätig geworden sei, sei für das Entstehen der zweitinstanzlichen Anwaltsgebühren ohne Bedeutung.
6
III. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat zum Teil Erfolg.
7
1. Das Beschwerdegericht hat gegen den Kläger zu Unrecht die Kosten festgesetzt, die dem Beklagten aufgrund der Mitwirkung eines Patentanwalts entstanden sind.
8
a) Der Kläger hat dem Beklagten diese Kosten nicht gemäß § 143 Abs. 3 PatG zu erstatten, weil das vom Kläger auf § 826 BGB gestützte Klagebegehren keine Patentstreitsache im Sinne des § 143 Abs. 1 PatG begründet.
9
aa) Zu den Patentstreitsachen zählen alle Klagen, die einen Anspruch auf eine Erfindung oder aus einer Erfindung zum Gegenstand haben oder sonstwie mit einer Erfindung eng verknüpft sind (BGH, Urteil vom 22. Juni 1954 - I ZR 225/53, BGHZ 14, 72; RGZ 170, 226, 229 f.). Hierzu können insbesondere Klagen gehören, deren Anspruchsgrundlage sich aus einem Patent oder einer nicht geschützten Erfindung ergibt, so- wie solche, deren Ansprüche auf einem Lizenz- oder sonstigem Verwertungsvertrag beruhen (BGH, Urteil vom 7. November 1952 - I ZR 43/52, BGHZ 8, 16, 18). Um den Rechtsstreit nicht mit Zuständigkeitsfragen zu belasten, die mit dem eigentlichen Streit zwischen den Parteien nichts zu tun haben, ist das Vorliegen einer Patentstreitsache grundsätzlich nicht von streng zu prüfenden Voraussetzungen abhängig zu machen. Die Prozessökonomie und das Interesse der Parteien, ihren eigentlichen Streit verhandelt und entschieden zu wissen, gebietet, eine Patentstreitsache anzunehmen, wenn die oben genannten Voraussetzungen hinreichend dargestellt und erkennbar werden. Daraus ergibt sich in der Praxis zu Recht eine entsprechend weite Auslegung des Begriffs einer Patentstreitsache.
10
Gleichwohl erlaubt dies nicht eine grenzenlose Handhabung. Ein Rechtsstreit ist nicht stets vor einer Zivilkammer eines für Patentstreitsachen zuständigen Landgerichts zu verhandeln, allein weil ein Patent zu dem den Streitgegenstand bildenden Sachverhalt gehört, denn eine solche Konstellation kann sich auch zufällig ergeben. Die damit verbundene, ohne eine Erforderlichkeitsprüfung zu tragende Kostenbelastung der unterlegenen Partei gemäß § 143 Abs. 3 PatG wäre allein mit einem Zufall nicht zu rechtfertigen. Bei Klagen, deren Anspruchsgrundlage sich nicht - entsprechend dem Wortlaut des § 143 PatG - aus dem Patentgesetz ergibt und bei denen das den Klagegrund bildende Rechtsverhältnis auch keine sonstige Regelung durch das Patentgesetz erfährt, ist deshalb der Sinn und Zweck der Zuständigkeit gemäß § 143 PatG zu beachten. Die Zuweisung einer Patentstreitsache an das hierfür zuständige Landgericht, bei dem regelmäßig nur bestimmte Spruchkörper mit Patentstreitsachen betraut werden, und die für Patentstreitsachen vorgesehene Mitwirkung von Patentanwälten sollen gewährleisten, dass sowohl das Gericht als auch die zur Vertretung einer Partei berufenen und die bei der Prozessvertretung mitwirkenden Anwälte über besonderen Sachverstand verfü- gen, um die technische Lehre einer Erfindung und die für ihr Verständnis und die Bestimmung ihrer Reichweite maßgeblichen tatsächlichen Umstände erfassen und beurteilen zu können (vgl. RGZ 170, 266, 230). An dieser Rechtfertigung fehlt es, wenn das den Streitgegenstand bildende Rechtsverhältnis ausschließlich Anspruchsvoraussetzungen und sonstige Tatbestandmerkmale aufweist, für deren Beurteilung das Gericht und die Prozessvertreter der Parteien auch bei summarischer Betrachtung zweifelsfrei keines solchen Sachverstandes bedürfen. In diesen Fällen kann deshalb, sofern das Rechtsverhältnis nicht entsprechend dem Wortlaut des § 143 PatG im Patentgesetz geregelt wird, die Zuweisung eines Rechtsstreits an das Patentstreitgericht weder auf den Sinn und Zweck dieser Vorschrift noch auf die Zweckmäßigkeit einer prozessökonomischen Handhabung gestützt werden.
11
bb) Ob ein Rechtsstreit, in dem der Kläger einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB geltend macht, der auf die Erschleichung eines unrichtigen Urteils gestützt ist, eine Patentstreitsache darstellt, richtet sich grundsätzlich danach, ob es sich bei dem Ausgangsrechtsstreit, in dem das unrichtige Urteil erwirkt worden sein soll, um eine Patentstreitsache handelt. Denn eine der Voraussetzungen des Klagebegehrens ist die materiell fehlerhafte Entscheidung des Vorprozesses. War der Vorprozess etwa ein Patentverletzungsprozess, kann die Klage nur Erfolg haben, wenn der Kläger unter anderem darlegt, dass die Verletzungsfrage im Vorprozess falsch entschieden worden ist. Zur Beurteilung dieser Frage, die nicht entscheidungserheblich werden muss, aber werden kann, bedarf es der gleichen Sachkunde, die auch im Vorprozess erforderlich war.
12
cc) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts handelte es sich bei dem Vorprozess nicht um eine Patentstreitsache. Weder wurde vom Kläger ein Anspruch aus dem Patentgesetz geltend gemacht, noch lag dem Klagebegehren ein im Patentgesetz geregeltes Rechtsverhältnis zugrunde. Der bloße Umstand, dass das Patentgesetz die Übertragbarkeit von Patentrechten anordnet (§ 15 Abs. 1 Satz 2), genügt nicht, um anzunehmen , dass ein jeder Vertrag, in dem sich eine Vertragspartei zur Übertragung (zumindest auch) eines Patents verpflichtet, deswegen ein im Patentgesetz geregeltes Rechtsverhältnis betrifft. Ein solches Vertragsverhältnis kann auch nicht ohne weiteres als sonstwie mit einer Erfindung eng verknüpftes Rechtsverhältnis angesehen werden. Denn das Patent kann im vertraglichen Kontext lediglich als vermögenswertes Recht, gegebenenfalls unter anderen, Erwähnung finden. Dies allein rechtfertigt es jedoch nicht, jede Auseinandersetzung über vertragliche Rechte oder Pflichten unabhängig davon als Patentstreitsache zu qualifizieren, ob die technische Lehre des zum Gegenstand des Vertrags gemachten Patents nach dem Klagevorbringen unter irgendeinem Gesichtspunkt Bedeutung erlangen kann. Im Vorprozess war das Klagebegehren auf die Behauptung gestützt , der Beklagte habe sich zur Übertragung des im Vertrag erwähnten Schutzrechts verpflichtet. Der Inhalt des Schutzrechts und der Umstand, dass es sich bei ihm um ein Patent handelte, spielten für die Rechtfertigung des Klagebegehrens unter keinem denkbaren Gesichtspunkt eine Rolle. Unter diesen Umständen kann der Vorprozess nicht als Patentstreitsache qualifiziert werden.
13
dd) Auch der im vorliegenden Rechtsstreit erhobene Anspruch qualifiziert die Streitsache nicht als Patentstreitsache. Der Kläger hat den Klageanspruch darauf gestützt, dass der Beklagte wider besseres Wissen seine Darstellung dazu bestritten habe, welche mündlichen Äußerungen von den Vertragsparteien und dem Notar anlässlich der notariellen Beurkundung des Vertrags abgegeben worden seien, auf den der im Vorprozess geltend gemachte Übertragungsanspruch gestützt war. Der Anspruch sollte sich daraus ergeben, dass der Notar auf Fragen des Klägers die schließlich beurkundete Fassung des Vertrages zuvor in einer bestimmten Weise erläutert habe und diese Erläuterung zu einem Konsens unter den Vertragsschließenden geführt habe. Da diese Äußerungen nach den Behauptungen des Klägers rechtlicher und nicht technischer Natur waren, bedurfte es auch für deren Beurteilung keines besonderen technischen Sachverstandes, wie er für die Beurteilung von Patentstreitsachen vorausgesetzt wird.
14
Insofern gebietet auch die Prozessökonomie keine typisierende Betrachtung , die zu einer Zuweisung des Rechtsstreits an das zuständige Patentstreitgericht geführt hätte. Auch bei einer solchen Betrachtung stünde im Vordergrund, dass der Kläger einen Schadensersatzanspruch wegen eines - entsprechend seinen Behauptungen - sittenwidrigen Verhaltens geltend machte. Dass der Vermögensgegenstand, um den der Kläger arglistig gebracht worden sein soll, ein Patent war, hatte für den vorliegenden Rechtsstreit ebenso wenig Bedeutung wie für den Vorprozess; die aufgeworfenen Fragen wären nicht anders zu behandeln und zu beurteilen gewesen, wenn es ein anderer Vermögensgegenstand gewesen wäre.
15
b) Eine Erstattungspflicht für die dem Beklagten durch die Einschaltung eines Patentanwalts entstandenen Kosten ergibt sich weiterhin nicht aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Über die Fälle des § 143 PatG hinaus sind die Kosten eines Patentanwalts als notwendige Kosten zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nur zu erstatten, wenn in einem Rechtsstreit technische oder patentrechtliche Fragen eine Rolle spielen, die in das typische Arbeitsfeld eines Patentanwalts gehören (OLGR Köln 2006, 810 f.).
16
Solche Fragen waren in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht zu erörtern. Soweit die Parteien um die Höhe des Schadens stritten, gehörten zu den geltend gemachten Positionen keine, die nach dem Wert eines Patents bzw. einer Erfindung oder entgangenen Umsätzen aus einer Patentnutzung zu bemessen gewesen wären. Den Vermögensnachteil aus der Nichtübertragung des Patents hat der Kläger mit dem Betrag bemessen , zu dem es schließlich vom Beklagten an einen Dritten verkauft wur- de. Für die Bewertung des sich aus diesem Betrag zu bemessenden Vermögensnachteils bedurfte es keiner besonderen technischen oder patentrechtlichen Kenntnisse, die zum typischen Arbeitsfeld eines Patentanwaltes gehören.
17
2. Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten des Beklagten in der zweiten Instanz hat das Beschwerdegericht zutreffend festgesetzt.
18
Zu den notwendigen Kosten, für die der obsiegende Berufungsbeklagte gemäß § 91 ZPO eine Erstattung verlangen kann, gehören auch die Kosten eines unmittelbar nach Zustellung einer nur zur Fristwahrung eingelegten Berufung vom Berufungsbeklagten beauftragten Rechtsanwalts, auch wenn die Berufung noch vor ihrer Begründung zurückgenommen wird (Senat, Beschluss vom 17. Dezember 2002 - X ZB 9/02, NJW 2003, 756 unter II 3 c; BGH, Beschluss vom 3. Juli 2007 - VI ZB 21/06, NJW 2007, 37, 23 Rn. 5). Auch wenn die Einlegung einer nur zur Fristwahrung eingereichten Berufung nicht sicher erkennen lässt, ob die Berufung tatsächlich durchgeführt werden soll und deshalb zu diesem Zeitpunkt die Einschaltung eines Rechtsanwalts zum Zwecke der Verteidigung gegen die Berufung objektiv noch nicht erforderlich ist, kann der Berufungsbeklagte gleichwohl eine Erstattung solcher Kosten verlangen, weil er die Einholung anwaltlichen Rats in dieser für ihn als risikobehaftet empfundenen Situation für erforderlich halten darf (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2007 - IX ZB 223/06, NJW 2008, 1087 Rn. 10). Eine Ausnahme hiervon gilt allein für einen Berufungsbeklagten, der selbst Anwalt ist und deshalb die Situation von Anfang an richtig einschätzen kann (vgl. BGH aaO.).
19
Eine weitere Ausnahme für den Berufungsbeklagten, dessen Ehegatte - wie im Streitfall - Rechtsanwalt ist, ist nicht anzuerkennen. Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darüber gestritten werden könnte, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902 - Auswärtiger Rechtsanwalt I; Senat, Beschluss vom 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07, WRP 2008, 363 = NJW-RR 2008, 1378 Rn. 8). Von dem Berufungsbeklagten, der wie hier selbst kein Anwalt ist, kann grundsätzlich nicht erwartet werden, das Risiko einer nur zur Fristwahrung eingelegten Berufung richtig einschätzen zu können. Das Wissen eines anwaltlich tätigen Ehegatten kann ihm nicht zugerechnet werden. Er ist auch weder verpflichtet, den von ihm für erforderlich gehaltenen anwaltlichen Rat bei dem Ehegatten einzuholen, noch ist dieser verpflichtet, ihm einen solchen Rat kostenfrei zu erteilen. Darauf, ob und inwieweit im Einzelfall die Tätigkeit des Ehegatten als Rechtsanwalt die sofortige Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten für das Berufungsverfahren entbehrlich erscheinen lassen kann, kommt es nicht an.
20
IV. Die festzusetzenden Kosten errechnen sich demnach wie folgt:
21
Auf die im Beschwerdeverfahren und im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht angegriffenen Anwaltskosten der I. Instanz entfallen [(4.674,80+4.315,20+20)x1,19=] 10.721,90 €. Für die nur im Beschwerdeverfahren angegriffenen Kopierkosten waren [(140,50+17,50)x1,19=] 188,02 € festzusetzen. Die in beiden Beschwerdeinstanzen strittigen Kosten für die Anwaltsgebühren in der II. Instanz ergeben einen festzusetzenden Betrag von [(3955,60+20)x1,19=] 4.730,96 €. Hieraus errechnet sich ein Gesamtbetrag in Höhe von [10.721,90+188,02+4.730,96=] 15.640,88 €.
22
V. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 92 Abs. 1, § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Mühlens Gröning
Grabinski Hoffmann
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 03.07.2008 - 21 O 5436/07 -
OLG München, Entscheidung vom 30.12.2008 - 6 W 2325/08 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


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Patentgesetz - PatG | § 143


(1) Für alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird (Patentstreitsachen), sind die Zivilkammern der Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig.

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(1) Für alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird (Patentstreitsachen), sind die Zivilkammern der Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig.

(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Patentstreitsachen für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem von ihnen zuzuweisen. Die Landesregierungen können diese Ermächtigungen auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Länder können außerdem durch Vereinbarung den Gerichten eines Landes obliegende Aufgaben insgesamt oder teilweise dem zuständigen Gericht eines anderen Landes übertragen.

(3) Von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in dem Rechtsstreit entstehen, sind die Gebühren nach § 13 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Für alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird (Patentstreitsachen), sind die Zivilkammern der Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig.

(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Patentstreitsachen für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem von ihnen zuzuweisen. Die Landesregierungen können diese Ermächtigungen auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Länder können außerdem durch Vereinbarung den Gerichten eines Landes obliegende Aufgaben insgesamt oder teilweise dem zuständigen Gericht eines anderen Landes übertragen.

(3) Von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in dem Rechtsstreit entstehen, sind die Gebühren nach § 13 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Für alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird (Patentstreitsachen), sind die Zivilkammern der Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig.

(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Patentstreitsachen für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem von ihnen zuzuweisen. Die Landesregierungen können diese Ermächtigungen auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Länder können außerdem durch Vereinbarung den Gerichten eines Landes obliegende Aufgaben insgesamt oder teilweise dem zuständigen Gericht eines anderen Landes übertragen.

(3) Von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in dem Rechtsstreit entstehen, sind die Gebühren nach § 13 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 9/02
vom
17. Dezember 2002
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Auch wenn der Berufungskläger die Berufung nur zur Fristwahrung einlegt und
vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zurücknimmt, ist dem Berufungsbeklagten
eine zur Kostenfestsetzung angemeldete 13/20-Gebühr eines zu diesem
Zeitpunkt bereits beauftragten zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten
zu erstatten.
BGH, Beschl. v. 17. Dezember 2002 - X ZB 9/02 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und
die Richter Dr. Meier-Beck und Asendorf
am 17. Dezember 2002

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 8. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 14. Februar 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Gründe:


I. Die Klägerin hat gegen das landgerichtliche Urteil, durch das die von ihr erhobene Schadensersatzklage abgewiesen worden ist, Berufung eingelegt. Mit Schreiben vom 12. April 2001 teilte sie dem Beklagten mit, daß das Rechtsmittel nur zur Fristwahrung eingelegt werde, und bat den Beklagten, zunächst noch keinen Anwalt für die zweite Instanz zu bestellen. Gleichwohl hat der Beklagte am 30. April 2001 einen Prozeßbevollmächtigten für das Berufungsverfahren beauftragt. Nach Rücknahme der Berufung innerhalb verlän-
gerter Begründungsfrist hat sein Prozeßbevollmächtigter die Vertretung des Beklagten angezeigt und einen Kostenbeschluß erwirkt.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat das Landgericht eine 13/20-Prozeßgebühr für den zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Entscheidung des Rechtspflegers mit Beschluß vom 8. November 2001 zunächst aufgehoben und den Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen. Auf die Gegenvorstellung des Beklagten hat das Oberlandesgericht seine Entscheidung durch den angefochtenen Beschluß wieder aufgehoben und die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Klägerin, mit der sie weiterhin die Zurückweisung des Kostenfestsetzungsantrag erstrebt.
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.
1. Da die angefochtene Entscheidung nach dem 31. Dezember 2001 erlassen worden ist, findet auf die Rechtsbeschwerde nach § 26 Nr. 10 EGZPO die Zivilprozeßordnung in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung Anwendung. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und gemäß § 575 ZPO auch im übrigen zulässig.
2. Die Rechtskraft des Beschlusses des Beschwerdegerichts vom 8. November 2001 steht einer Sachentscheidung nicht entgegen. Vielmehr war das Beschwerdegericht berechtigt, seinen ersten Beschluß auf Grund der Gegen-
vorstellung des Beklagten abzuändern, unbeschadet dessen, daß der Beschluß auf sofortige Beschwerde gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO ergangen und nach dem insoweit maßgeblichen früheren Recht nicht anfechtbar und somit formell rechtskräftig geworden war (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 104 Rdn. 21 "Rechtskraft"). Trotz grundsätzlich eingetretener Bindungswirkung können nämlich Beschlüsse durch das erlassende Gericht auf Grund einer Gegenvorstellung korrigiert werden, wenn sie unter Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder anderer Verfahrensgrundrechte zustandegekommen sind und daher einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht standhalten könnten (vgl. BGHZ 130, 97, 99 f.; BGH, Urt. v. 8.11.1994 - XI ZR 35/94, NJW 1995, 403; Beschl. v. 25.11.1999 - IX ZB 95/99, NJW 2000, 590; v. 26.4.2001 - IX ZB 25/01, NJW 2001, 2262; zum neuen Recht BGH, Beschl. v. 7.3.2002 - IX ZB 11/02, NJW 2002, 1577). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, daß dem Gericht in solchen Fällen die Möglichkeit eröffnet werden soll, den Fehler selbst zu beheben und den Beteiligten dadurch die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu ersparen.
Im vorliegenden Fall hat das Beschwerdegericht mit seiner Entscheidung vom 8. November 2001 das rechtliche Gehör des Beklagten verletzt. Dieser hatte mit Schriftsatz vom 4. September 2001 vorgebracht, die Prozeßgebühr sei in der geltend gemachten Höhe erstattungsfähig, weil die Bestellung des zweitinstanzlichen Anwalts vor der Berufungsrücknahme erfolgt sei. Demgegenüber wird im Beschluß vom 8. November 2001 maßgeblich darauf abgestellt , daß der Beklagte zunächst davon abgesehen habe, im Berufungsrechtszug einen Rechtsanwalt für sich zu bestellen, und daß die Vertretung erst nach der Rechtsmittelrücknahme angezeigt worden sei. Dies hätte bedeutet, daß der Prozeßbevollmächtigte nur zu dem Zweck bestellt worden wäre, den Kosten-
ausspruch zu beantragen. Das Beschwerdegericht hat demnach ohne weitere Begründung einen vom Vortrag des Beklagten abweichenden Sachverhalt zugrundegelegt. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist jedoch verletzt, wenn das entscheidende Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen hat (BVerfGE 47, 182, 188; Sen.Beschl. v. 25.1.2000 - X ZB 7/99, NJW-RR 2000, 1569; v. 11.6.2002 - X ZB 27/01, BGH-Rep. 2002, 1056).
3. In der Sache ist die Rechtsbeschwerde nicht begründet.

a) Das Beschwerdegericht hält die Kosten des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten im festgesetzten Umfang für erstattungsfähig. Auch wenn die Durchführung einer zunächst nur fristwahrend eingelegten Berufung zunächst noch ungewiß sei, müsse der Berufungsbeklagte nach dem Grundsatz der Waffengleichheit in jedem Fall berechtigt sein, seinerseits sogleich einen Rechtsanwalt für die Berufungsinstanz zu beauftragen. Damit müsse er nicht warten, bis die Berufungsbegründung eingereicht werde, weil er sonst mit der Vorbereitung einer eventuell erforderlichen Berufungserwiderung unter Fristendruck geraten könne.

b) Nach Auffassung der Rechtsbeschwerde handelt es sich dagegen bei den dem Beklagten entstandenen Anwaltskosten nicht um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO. Im Zeitpunkt der Anwaltsbeauftragung sei die Klägerin noch nicht zur Durchführung des Rechtsmittels entschlossen gewesen und habe weder einen Berufungsantrag gestellt noch eine Berufungsbegründung eingereicht. Es habe demnach noch keinen konkreten
Angriff gegeben, gegen den sich der Beklagte habe verteidigen müssen. Allein durch die Einlegung des Rechtsmittels drohe dem Rechtsmittelgegner keine Gefahr. Ob bzw. in welchem Umfang Verteidigungsmaßnahmen ergriffen werden müßten, zeige erst die Berufungsbegründung. Erst aus ihr ergebe sich, inwieweit und aus welchen Gründen bzw. unter welchem Gesichtspunkt das Urteil angefochten werde. Zuvor sei dem Berufungsbeklagten unbekannt, ob und welche Verteidigungsmaßnahmen notwendig seien.

c) Die Argumente der Rechtsbeschwerde, die sich auf einen Teil der veröffentlichten Rechtsprechung stützen kann (s. etwa OLG Hamburg, JurBüro 1994, 423; OLG Dresden, MDR 1998, 1309, und MDR 2000, 852; LAG Hamm, MDR 1998, 1440 f.), vermögen nicht zu überzeugen. Gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO gehören zu den erstattungsfähigen Kosten die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei. Daraus ist zu entnehmen, daß eine Partei im Prozeß einen Rechtsanwalt zu Hilfe nehmen darf und die dadurch entstandenen Kosten auch erstattungsfähig sind. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes für die Fälle, in denen ein Rechtsmittel nur vorsorglich eingelegt wird, ist im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen.
Eine derartige Einschränkung läßt sich auch § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht entnehmen. Dabei kann dahinstehen, ob die Notwendigkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts überhaupt der Nachprüfung unterliegt. Denn jedenfalls ist sie aus der Sicht einer verständigen Prozeßpartei zu beurteilen. Maßgebend ist dabei nicht, ob die Beauftragung eines Prozeßbevollmächtigten im konkreten Fall objektiv nützlich oder gar notwendig war, sondern ob eine verständige Prozeßpartei in der gleichen Situation ebenfalls einen Anwalt beauftragen würde. Dies kann im Regelfall, solange die Berufung nicht wieder
zurückgenommen ist, nicht verneint werden. Die mit einem Rechtsmittel überzogene Partei kann regelmäßig nicht selbst beurteilen, was zur Rechtsverteidigung sachgerecht zu veranlassen ist. Ihr kann daher nicht zugemutet werden, zunächst die weiteren Entschließungen des anwaltlich vertretenen Berufungsklägers abzuwarten. Dies gilt um so mehr, als ein erstinstanzlicher Prozeßbevollmächtigter - sofern ein solcher überhaupt bestellt war - insoweit keine Beratung leisten wird. Die Beratung in Angelegenheiten der Berufungsinstanz gehört nämlich nicht zu den Tätigkeiten, die von der Gebühr des im vorangegangenen Rechtszug tätigen Rechtsanwalts abgedeckt sind (vgl. § 37 Nr. 7 BRAGO).
Ob in der aktuellen Situation tatsächlich etwas zu veranlassen ist, kann in diesem Zusammenhang nicht allein den Ausschlag geben. Auch der in dem angefochtenen Beschluß angesprochene Grundsatz der Waffengleichheit spielt daher nicht die entscheidende Rolle. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts braucht nicht erforderlich zu sein, damit Vorbereitungen für eine Berufungserwiderung rechtzeitig getroffen werden können und dadurch ein Fristendruck vermieden wird. Es muß genügen, daß der Rechtsmittelgegner anwaltlichen Rat in einer als risikobehaftet empfundenen Situation für erforderlich halten darf. Daher kann ihm im Normalfall auch nicht zugemutet werden, mit der Bestellung eines Anwalts solange zu warten, bis der Berufungskläger einen Antrag (oder gar mehrere Anträge) auf Verlängerung der Frist zur Begründung des Rechtsmittels gestellt hat (in diesem Sinne jedoch OLG Bamberg, JurBüro 1985, 407 f.; OLG Hamm, FamRZ 1990, 537; OLG Nürnberg, JurBüro 1992,

39).


Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde demgegenüber auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Prozeßkostenhilfe, nach denen dem Revisionsbeklagten bis zur Einreichung der Revisionsbegründung im allgemeinen kein anwaltlicher Beistand zugebilligt wird, unabhängig davon, ob sich eine bemittelte Partei auf eigene Kosten schon früher eines Revisionsanwalts bedienen würde (Beschl. vom 30.9.1981 - IVb ZR 694/80, NJW 1982, 446 f.; v. 10.2.1988 - IVb ZR 67/87, FamRZ 1988, 942, jeweils m.w.N.). Begründet wird dies mit der Vorschrift des § 114 Satz 1 ZPO, wonach die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung nicht mutwillig sein darf. Den Entscheidungen liegen spezifisch prozeßkostenhilferechtliche Erwägungen zugrunde, die im vorliegenden Zusammenhang, in dem es um die Kostenerstattung zwischen den Parteien geht, keine Rolle spielen.

d) Von der grundsätzlichen Anerkennung der Notwendigkeit der Beauftragung eines Rechtsanwalts ist die Frage zu unterscheiden, welche Maßnahmen der einmal bestellte Rechtsanwalt zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung für erforderlich halten darf, insbesondere ob die erst bei Stellung eines Sachantrags endgültig in voller Höhe anfallende Prozeßgebühr auch dann in dieser Höhe erstattungsfähig ist, wenn der Antrag gestellt wird, bevor feststeht , daß die Berufung tatsächlich durchgeführt wird (so insbesondere OLG Düsseldorf, JurBüro 1989, 363; MDR 1995, 857; AnwBl. 1996, 589), oder ob in diesem Fall, wie ganz überwiegend angenommen wird, nur eine halbe Gebühr gemäß § 32 Abs. 1 BRAGO geltend gemacht werden kann (so KG, AnwBl. 1984, 620; OLG Hamburg, JurBüro 1995, 90; OLG Hamm, JurBüro 1991, 1084; OLG Karlsruhe, JurBüro 1997, 142; OLG Koblenz, MDR 1995, 968; OLG Köln, JurBüro 1992, 801; OLG München, JurBüro 1994, 93; OLG Naumburg, AnwBl. 1999, 56; OLG Nürnberg, MDR 2000, 415; OLG Schleswig, MDR 1999, 381;
Belz in: MünchKomm ZPO, 2. Aufl., § 91 Rdn. 26; Göttlich/Mümmler/Rehberg/ Xanke, BRAGO, 20. Aufl., S. 287 f.; Meyer, JurBüro 2001, 296, 297; Zöller/ Herget, aaO, § 91 Rdn. 13 "Berufung"). Diese Frage bedarf im Streitfall keiner Beantwortung, da zugunsten des Beklagten nur eine 13/20-Gebühr festgesetzt worden ist.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
10
bb) Solange noch unsicher ist, ob die Berufung durchgeführt werden wird, ist die Beauftragung eines Anwalts für die Berufungsinstanz zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung objektiv nicht erforderlich (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Bundesgerichtshof hält in mittlerweile gefestigter Rechtsprechung die Kosten eines gleichwohl beauftragten Anwalts nur deshalb für erstattungsfähig , weil der Rechtsmittelgegner anwaltlichen Rat in einer als risikobehaftet empfundenen Situation für erforderlich halten darf (BGH, Beschl. v. 17. Dezember 2002 - X ZB 9/02, NJW 2003, 756, 757; Beschl. v. 3. Juli 2007 - VI ZB 21/06, VersR 2007, 1579). Der Anwalt, der sich selbst vertritt, empfindet die Situation nicht in gleicher Weise als risikobehaftet und bedarf keines Rates. Dafür , Information und Beratung zu fingieren, besteht keinerlei Anlass.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom
12. Dezember 2002
I ZB 29/02
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Beauftragt eine Partei, die im eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird, mit
ihrer Vertretung einen auswärtigen Rechtsanwalt, der beim Prozeßgericht zwar
postulationsfähig, aber nicht zugelassen ist, handelt es sich bei dem dadurch anfallenden
Mehraufwand regelmäßig nicht um Kosten, die für eine zweckentsprechende
Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig sind. Dies gilt auch dann,
wenn der auswärtige Anwalt bereits vorprozessual in derselben Angelegenheit tätig
war.
BGH, Beschl. v. 12. Dezember 2002 – I ZB 29/02 – OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. Dezember 2002 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg
, Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm und Dr. Schaffert

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. Juli 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 83,18 esetzt.

Gründe:


I. Die bis Juli 2000 in Pfinztal-Söllingen im Landgerichtsbezirk Karlsruhe und danach in Eisenach ansässige Beklagte wurde vor dem Landgericht Karlsruhe mit Klage vom 5. Januar 2000 auf Unterlassung in Anspruch genommen. Mit ihrer Vertretung beauftragte sie die Rechtsanwälte einer u.a. in Stuttgart ansässigen überörtlichen Sozietät, die sie ständig vertreten und auch in dieser Sache bereits außergerichtlich für sie tätig geworden waren. Die beiden Verhandlungstermine vor dem Landgericht Karlsruhe nahm für sie ein Stuttgarter Rechtsanwalt dieser Sozietät wahr, der beim Landgericht Karlsruhe nicht zugelassen ist. Nach dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Karlsruhe hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Beklagte hat u.a. die Festsetzung folgender Kosten für die Wahrnehmung der beiden Verhandlungstermine vor dem Landgericht Karlsruhe durch ihre Prozeßbevollmächtigten begehrt:
Termin vom 18.10.2000: Fahrtkosten gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO (142 km × 0,52 DM) 73,84 DM Parkgebühren gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO 8,00 DM Abwesenheitsgeld gemäß § 28 Abs. 3 BRAGO 60,00 DM Termin vom 2.5.2001: Fahrtkosten gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO (142 km × 0,52 DM) 73,84 DM Abwesenheitsgeld gemäß § 28 Abs. 3 BRAGO 30,00 DM Summe 245,68 DM
Hiervon hat das Landgericht lediglich einen Betrag in Höhe von 42,44 83 DM) zuerkannt. Dies entspricht den Kosten, die der Beklagten im Falle der Beauftragung eines Karlsruher Rechtsanwalts für eine Informationsreise entstanden wären (Fahrtkosten: 20 km × 0,40 DM/km + Verdienstausfall: 3 St. × 25 DM/St.).
Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die – vom Beschwerdegericht zugelassene – Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie ihren Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der nicht zuerkannten Reisekosten in Höhe von 83,18 162,68 DM) nebst Zinsen weiterverfolgt.
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Das Beschwerdegericht hat die Mehrkosten, die im Streitfall durch die Beauftragung eines Stuttgarter statt eines Karlsruher Rechtsanwalts entstanden sind, als nicht erstattungsfähig angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Auch wenn seit dem 1. Januar 2000 nach § 78 Abs. 1 ZPO jeder bei einem Land-
gericht zugelassene Rechtsanwalt bei jedem anderen Landgericht postulationsfä- hig sei, seien nur die Kosten zu erstatten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig gewesen seien. Denn die Erweiterung des örtlichen Tätigkeitsbereichs der Rechtsanwälte habe nichts daran geändert, daß Prozeßkosten nach § 91 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nur im Rahmen des Notwendigen zu erstatten seien. Die Zuziehung eines in Stuttgart ansässigen statt eines Karlsruher Rechtsanwalts sei in diesem Sinne nicht notwendig gewesen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die mit der Prozeßvertretung beauftragten Rechtsanwälte schon außergerichtlich für die Beklagte tätig gewesen seien.
2. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.

a) Die Erstattungsfähigkeit der im Streit befindlichen Reisekosten hängt allein davon ab, ob es für die Beklagte notwendig war, einen Rechtsanwalt mit der Prozeßvertretung zu beauftragen, der nicht am Ort des Prozeßgerichts, sondern in Stuttgart ansässig ist (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO). Die Bestimmung des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO, nach der die Reisekosten des beim Prozeßgericht zugelassenen , aber nicht am Ort des Prozeßgerichts ansässigen Rechtsanwalts generell nicht zu erstatten sind, findet im Streitfall – entgegen einer in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretenen Ansicht (vgl. OLG Hamburg OLG-Rep 2001, 96, 97; OLG Zweibrücken NJW-RR 2001, 1001, 1002; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 91 Rdn. 18; Bischof, MDR 2000, 1357, 1359) – keine Anwendung. Wie der Bundesgerichtshof durch Beschluß vom 16. Oktober 2002 (VIII ZB 30/02, Umdruck S. 7 ff.) entschieden hat, steht der Wortlaut des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO einer unmittelbaren Anwendung, das Fehlen einer Regelungslücke einer entsprechenden Anwendung entgegen.

b) Für die Frage, ob die Zuziehung eines nicht beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalts im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO als zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig anzusehen ist, sind drei Fallkonstellationen zu unterscheiden. Der Streitfall zeichnet sich dadurch aus, daß die Beklagte im eigenen Gerichtsstand in Karlsruhe verklagt worden ist, mit ihrer Vertretung jedoch einen auswärtigen Rechtsanwalt beauftragt hat, der zwar vor dem Landgericht Karlsruhe auftreten konnte (§ 78 Abs. 1 ZPO), dort aber nicht zugelassen war. Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen eine Partei bei einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird, mit ihrer Vertretung jedoch einen am Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt beauftragt. Die dritte Kategorie betrifft die Fälle, in denen eine Partei bei einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird und mit ihrer Vertretung einen Rechtsanwalt beauftragt, der an einem dritten Ort – also weder am Wohn- oder Geschäftsort der Partei noch im Bezirk des Prozeßgerichts – ansässig ist.
Für die zweite Fallkonstellation hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, daß die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts regelmäßig zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig ist (Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, Umdruck S. 10 ff.). Diese Entscheidung sagt indessen nichts darüber aus, ob regelmäßig auch die Beauftragung eines auswärtigen, also nicht am Wohn- oder Geschäftssitz der Partei ansässigen Rechtsanwalts als notwendig angesehen werden kann. Diese Frage ist jedenfalls für die hier allein zu entscheidende erste Konstellation zu verneinen, in der die Partei – wie vorliegend – im eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird (ebenso OLG Frankfurt a.M. OLG-Rep 2000, 301, 302; OLG Koblenz JurBüro 2002, 202).
aa) Bei der Prüfung, ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme notwendig ist i.S. von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO, ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist,
steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall mit Fug darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht.
bb) Als Regelfall kann davon ausgegangen werden, daß eine vernünftige, kostenbewußte Partei, die im Anwaltsprozeß am eigenen Sitz klagen möchte oder am eigenen Sitz verklagt wird, einen beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt.
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß die Beauftragung eines Rechtsanwalts, der seine Kanzlei in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsortes der Partei hat, in der Regel als notwendige Maßnahme der Rechtsverfolgung oder -verteidigung anzuerkennen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, Umdruck S. 10 f.). Dies ist ausgesprochen worden für diejenigen Fälle, in denen eine Partei vor einem auswärtigen Gericht klagen möchte oder verklagt wird, gilt aber um so mehr für eine Partei, die einen Prozeß im eigenen Gerichtsstand führen möchte oder führen muß. Die Beauftragung eines beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalts empfiehlt sich hier in aller Regel nicht nur wegen der geringeren Kosten, sondern auch im Hinblick auf die einfacheren Möglichkeiten der persönlichen Unterrichtung und Beratung.
cc) Von der Regel, daß im allgemeinen allein die Beauftragung eines beim Prozeßgericht zugelassenen, in seinem Bezirk ansässigen Rechtsanwalts notwendig ist, kann es Ausnahmen geben. Im Streitfall liegt eine solche Ausnahme aber nicht vor.
Die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts erscheint dann als notwendig, wenn ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht
beauftragt werden kann (vgl. MünchKomm.ZPO/Belz, 2. Aufl., § 91 Rdn. 27; Zöller /Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rdn. 13 Stichwort „Reisekosten des Anwalts“ m.w.N.). Dagegen rechtfertigt der Umstand, daß die Partei ständig mit dem beauftragten auswärtigen Rechtsanwalt zusammenarbeitet, kein Abweichen von der Regel. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Einschätzung der Notwendigkeit in diesen Fällen stets subjektiv geprägt ist. Für eine Partei mögen die zusätzlichen Reisekosten unerheblich erscheinen, solange sie nur den Anwalt ihres Vertrauens beauftragen kann. Doch muß sie in diesem Fall bereit sein, diese Zusatzkosten auch dann selbst zu tragen, wenn dem Gegner die Prozeßkosten auferlegt worden sind.
Der Umstand, daß der mit der Prozeßvertretung beauftragte auswärtige Rechtsanwalt bereits für die Partei in derselben Angelegenheit vorprozessual tätig war, stellt ebenfalls keinen Grund dar, von der beschriebenen Regel abzuweichen (a.A. OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 998; NJW-RR 2001, 998, 999). Zwar ist der Rechtsbeschwerde einzuräumen, daß es im allgemeinen immer dann, wenn bereits ein auswärtiger Anwalt eingeschaltet ist, kostengünstiger ist, diesen Rechtsanwalt auch mit der Prozeßvertretung zu beauftragen. Denn die bereits entstandene Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO wird auf die im gerichtlichen Verfahren entstehende Prozeßgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO angerechnet (§ 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO), während bei Beauftragung eines anderen Anwalts beide Gebühren nebeneinander geschuldet werden. Doch ist für die Frage , ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme notwendig ist, nicht erst auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der auswärtige Rechtsanwalt bereits vorprozessual tätig geworden ist. Vielmehr empfiehlt es sich aus der Sicht der vernünftigen und kostenorientierten Partei, schon vorprozessual einen in ihrer Nähe befindlichen Rechtsanwalt einzuschalten (vgl. OLG Frankfurt a.M. OLG-Rep 2000, 301, 302). Im übrigen ist für die Frage der Notwendigkeit be-
stimmter Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahmen auch auf die Sicht der Gegenseite abzustellen, die diese Kosten ganz oder teilweise zu tragen hat. Aus deren Sicht gibt es keine Kostenersparnis durch Beauftragung eines auswärtigen, bereits vorprozessual tätig gewesenen Anwalts, weil diese Kosten nicht zu den Kosten des Rechtsstreits gehören und daher in keinem Fall erstattungsfähig sind.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Bornkamm Schaffert

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)