Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Nov. 2018 - VIII ZR 219/18

bei uns veröffentlicht am06.11.2018
vorgehend
Amtsgericht Potsdam, 29 C 42/17, 11.04.2017
Landgericht Potsdam, 13 S 25/17, 07.06.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 219/18
vom
6. November 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:061118BVIIIZR219.18.0

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. November 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Bünger, Kosziol und Dr. Schmidt
beschlossen:
Die Anhörungsrüge des Beklagten vom 8. August 2018 gegen den Senatsbeschluss vom 30. Juli 2018 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.

1
Der Beklagte hat gegen die angefochtene Entscheidung form- und fristgerecht Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Der Senat hat die Begründungsfrist antragsgemäß bis zum 15. Oktober 2018 verlängert. Mit Anwaltsschriftsatz vom 25. Juli 2018 hat der Beklagte einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gestellt und die Nichtzulassungsbeschwerde mit Anwaltsschriftsatz vom gleichen Tag umfassend begründet. Einen Hinweis, dass eine Ergänzung innerhalb der noch laufenden Rechtsmittelbegründungsfrist beabsichtigt sei oder einen entsprechenden Vorbehalt, enthält der Schriftsatz nicht.
2
Der Senat hat die Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 30. Juli 2018 zurückgewiesen, womit sich auch der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung erledigt hatte. Hiergegen hat der Beklagte Anhörungsrüge mit der Begründung eingelegt, durch die "verfrühte" Senatsentscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde sei ihm die Möglichkeit abge- schnitten worden, innerhalb der noch offenen Rechtsmittelbegründungsfrist weiter vorzutragen. Weiterer Vortrag ist bis zum Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist indes nicht erfolgt.

II.

3
Die gemäß § 321a Abs. 1 ZPO statthafte und innerhalb der Frist des § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO eingelegte Anhörungsrüge ist unzulässig, weil es an der vorgeschriebenen Darlegung (§ 321a Abs. 2 Satz 5 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) einer entscheidungserheblichen Gehörsverletzung durch den Senat fehlt.
4
1. Eine Anhörungsrüge muss konkrete Ausführungen dazu enthalten, aus welchen Umständen sich eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Gericht ergibt. Dabei genügt die schlichte Behauptung einer Gehörsverletzung nicht. Die nach § 321a Abs. 2 Satz 5 ZPO erforderliche Darlegung setzt die Angabe der Tatsachen voraus, aus denen sich die geltend gemachte Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG ergibt, sowie einen substantiierten Vortrag zum Vorliegen der Voraussetzungen einer Gehörsverletzung. Auch die Entscheidungserheblichkeit der geltend gemachten Gehörsverletzung hat die Partei nach § 321a Abs. 2 Satz 5 ZPO substantiiert darzulegen (vgl. Senatsbeschluss vom 23. August 2016 - VIII ZR 46/15, juris Rn. 4 mwN). Sieht sie ihr rechtliches Gehör dadurch als verletzt an, dass ihr aufgrund einer vermeintlich verfrühten gerichtlichen Entscheidung weiterer, ergänzender Sachvortrag abgeschnitten worden sei, muss sie daher im Rahmen der Anhörungsrüge ausführen, was sie im Verfahren noch hätte vortragen wollen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Januar 2013 - AnwZ (Brfg) 58/11, juris Rn. 2 f.; vom 17. April 2012 - VI ZB 44/11, NJW 2012, 2201 Rn. 17, 21; vom 21. November 2007 - IV ZR 321/05, NJW 2008, 378 Rn. 3; BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - III ZR 253/07, NJW 2009, 148 Rn. 10). Nur hiernach kann beurteilt werden, ob die Entscheidung möglicherweise anders ausgefallen wäre, mithin die Gehörsverletzung entscheidungserheblich ist.
5
2. Den vorbeschriebenen Anforderungen wird die Anhörungsrüge des Beklagten nicht gerecht. Sein Vortrag erschöpft sich in der bloßen Beanstandung einer Entscheidung vor Ablauf einer Äußerungsfrist. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Bünger Kosziol Dr. Schmidt
Vorinstanzen:
AG Potsdam, Entscheidung vom 11.04.2017 - 29 C 42/17 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 07.06.2018 - 13 S 25/17 -

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 321a Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör


(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches G

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(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

4
Die schlichte Behauptung einer Gehörsverletzung genügt danach nicht. Die nach § 321a Abs. 2 Satz 5 ZPO erforderliche Darlegung setzt die Angabe der Tatsachen voraus, aus denen sich die geltend gemachte Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG ergibt, sowie einen substantiierten Vortrag zum Vorliegen der Voraussetzungen einer Gehörsverletzung (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 185 mwN; Beschluss vom 19. März 2009 - V ZR 142/08, MDR 2009, 760 Rn. 9 f., jeweils zur Nichtzulassungsbeschwerde ). In der Anhörungsrüge sind somit, wie bei einer Verfassungsbeschwerde, die Umstände vorzutragen, aus denen sich ergibt, dass das Gericht bei der Entscheidung das Vorbringen übergangen haben muss (vgl. dazu BVerfGE 92, 205, 216; BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - V ZR 142/08, aaO Rn. 10). Auch die Entscheidungserheblichkeit der geltend gemachten Gehörsverletzung hat die Partei nach § 321a Abs. 2 Satz 5 ZPO substantiiert darzulegen. Ob tatsächlich eine Gehörsverletzung vorliegt, ist zwar eine Frage der Begründetheit der Rüge. Steht jedoch von vornherein fest, dass die geltend gemachte Gehörsverletzung keinerlei nachteilige Wirkungen für die betroffene Partei haben kann, ist sie bereits unzulässig (BGH, Beschluss vom 17. Februar 2015 - XI ZR 17/14, juris; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 15. November 2012 - V ZR 79/12, juris Rn. 3; vom 21. Juli 2011 - I ZR 204/09, juris Rn. 1; vom 14. Mai 2013 - V ZB 286/11, juris Rn. 1).
17
aa) Zutreffend weist die Rechtsbeschwerde allerdings darauf hin, dass das Gericht über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist entscheiden darf und dass eine vorzeitige Entscheidung den Anspruch des Antragsstellers auf rechtliches Gehör verletzen und die Zulassung der Rechtsbeschwerde begründen kann (BGH, Beschluss vom 17. Februar 2011 - V ZB 310/10, NJW 2011, 1363 Rn. 4). Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs setzt allerdings voraus, dass die Partei, die die Frist versäumt hat, vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist noch weiter vorgetragen hätte, so dass das Gericht den ergänzenden Vortrag bei seiner Entscheidung hätte berücksichtigen können.
3
1. Sie ist bereits als unzulässig zu verwerfen, weil es ihr an der gesetzlich vorgeschriebenen Form fehlt (§ 321a Abs. 4 Sätze 1 und 2 i.V. mit Abs. 2 Satz 5 Halbs. 2, Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Danach ist die Entscheidungserheblichkeit des gerügten Gehörsverstoßes darzulegen. Demgemäß hätte die Beklagte ausführen müssen, mit welchen rechtlichen Argumenten sie der Rechtsansicht des Senats entgegengetreten und weshalb die Entscheidung ohne die Gehörsverletzung möglicherweise anders ausgefallen wäre. Das ist nicht geschehen. Der Hinweis auf den (nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat veröffentlichten) Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg (aaO) genügt schon deshalb nicht, weil diesem Beschluss der genaue Inhalt der dortigen Klauseln über den Rückkaufswert bei Kündigung und die Verrechnung der Abschlusskosten nicht zu entnehmen ist. Auch der Hinweis, es wäre Vertagung beantragt worden, um über den GDV ein umfassendes Rechtsgutachten einzuholen, besagt zur Entscheidungserheblichkeit des gerügten Gehörsverstoßes nichts. Es wäre Sache der anwaltlich vertretenen Beklagten gewesen, ihre rechtliche Argumentation auf den hier zu entscheidenden Fall bezogen vorzutragen.
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2. Das Berufungsgericht geht zwar weiter mit Recht davon aus, dass es sich bei dem erstinstanzlichen Urteil aus Sicht der Klägerin um eine Überraschungsentscheidung gehandelt hat. Denn nach dem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 16. November 2005, wonach ein einheitlicher Gerichtsstand für Klage und Widerklage angenommen wurde, hätte die Klage nicht ohne einen weiteren Hinweis und Gelegenheit zur Stellungnahme als unzulässig abgewiesen werden dürfen. Darin liegt jedoch nicht zugleich auch eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG. Abgesehen davon, dass nicht jede Verletzung einer prozessualen Hinweispflicht gleichbedeutend ist mit einer Versagung rechtlichen Gehörs (vgl. BVerfGE 66, 116, 146 f; 67, 90, 95 f; BayVerfGH NJW 1992, 1094; BGH, Beschluss vom 24. April 2008 - I ZB 72/07 - juris, Rn. 12), kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einem Gehörsverstoß beruht. Ist eine Hinweispflicht unbeachtet geblieben, hat die darauf gerichtete Rüge auszuführen, wie die Partei auf einen entsprechenden Hinweis reagiert hätte, insbesondere, was sie im Einzelnen vorgetragen hätte und wie sie weiter vorgegangen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2003 - XI ZR 153/02 - NJW-RR 2003, 1003, 1004; Beschluss vom 24. April 2008 aaO ; Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl. 2008, § 543 Rn. 9 f).