Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2008 - VIII ZB 57/07

bei uns veröffentlicht am22.01.2008
vorgehend
Amtsgericht Quedlinburg, 3 C 306/05, 10.07.2006
Landgericht Magdeburg, 3 T 325/07, 18.06.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 57/07
vom
22. Januar 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 91 RVG-VV, Anlage 1 Teil 3 Vorbemerkung 3 Absatz 4

a) Es wird daran festgehalten, dass sich durch die anteilige Anrechnung einer vorgerichtlich
entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG (Nr. 2400 VV RVG aF) auf die
Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens gemäß Teil 3 Vorbemerkung 3 Absatz 4
VV RVG nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden
gerichtlichen Verfahren nach Nr. 3100 VV RVG anfallende Verfahrensgebühr
vermindert (Senatsurteile vom 7. März 2007 – VIII ZR 86/06, NJW 2007, 2049; vom
14. März 2007 – VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050; vom 11. Juli 2007 – VIII ZR 310/06,
NJW 2007, 3500).

b) Für die Anrechnung ist es ohne Bedeutung, ob die Geschäftsgebühr auf materiellrechtlicher
Grundlage vom Prozessgegner zu erstatten und ob sie unstreitig, geltend gemacht
, tituliert oder bereits beglichen ist.

c) Eine vorprozessual zur Anspruchsabwehr angefallene Geschäftsgebühr kann nicht Gegenstand
einer Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO sein (im Anschluss an BGH, Beschluss
vom 27. April 2006 – VII ZB 116/05, NJW 2006, 2560 f.).
BGH, Beschluss vom 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07 - LG Magdeburg
AG Quedlinburg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Hermanns
und Dr. Milger sowie den Richter Dr. Achilles

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 18. Juni 2007 und der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Quedlinburg vom 10. Juli 2006 aufgehoben. Die von dem Kläger aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Quedlinburg vom 1. März 2006 an die Beklagte zu erstattenden Kosten werden festgesetzt auf 733,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. März 2006. Der weitergehende Festsetzungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen. Wert des Beschwerdegegenstandes: Wertstufe bis 300 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien haben um die Rückabwicklung eines PKW-Kaufvertrages gestritten. Die auf Kaufpreisrückzahlung und Erstattung von Versicherungsaufwendungen gerichtete Klage ist durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts auf Kosten des Klägers abgewiesen worden. Bereits vorprozessual hatten die Parteien über die anschließend rechtshängig gemachten Ansprüche korrespondiert , wobei die Beklagte die erhobenen Ansprüche durch ihren späteren Prozessbevollmächtigten zurückweisen ließ. Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat das Amtsgericht auf Antrag der Beklagten neben einer 1,3Verfahrens - und einer 1,2-Terminsgebühr (Nrn. 3100, 3104 VV RVG), die nach dem festgesetzten Streitwert von 3.535 € bemessen waren, antragsgemäß noch eine 1,3-Geschäftsgebühr (Nr. 2400 VV RVG) festgesetzt, die nach einem vorprozessual noch über der Klageforderung liegenden Forderungsbetrag bemessen war, und hierauf eine 0,65-Verfahrensgebühr nach dem gerichtlich festgesetzten Streitwert angerechnet. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers, der sich gegen den Ansatz einer Geschäftsgebühr gewandt hat, hat das Beschwerdegericht an diesem Ansatz festgehalten, die 13/10-Geschäftsgebühr jedoch lediglich unter Zugrundelegung des gerichtlich festgesetzten Streitwerts festgesetzt und hierauf eine 0,65-Verfahrensgebühr angerechnet. Hiergegen wendet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde, die in den Grenzen des mit der sofortigen Beschwerde gestellten Antrages einen vollständigen Fortfall des Ansatzes einer Geschäftsgebühr erstrebt sowie auf die Verfahrensgebühr eine 0,65-Geschäftsgebühr angerechnet wissen will.

II.

2
Die zulässig erhobene Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
3
1. Das Beschwerdegericht hat die Auffassung vertreten, dass die vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten vorprozessual zu Zwecken der Anspruchsabwehr entfaltete Tätigkeit eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG (ab 1. Juli 2006: Nr. 2300 VV RVG) ausgelöst habe und dass diese angesichts ihres eindeutigen Bezuges zum späteren Rechtsstreit im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend gemacht werden könne, zumal hierdurch der Beklagten ein im Vergleich zu einem Hauptsacheverfahren einfacherer Weg zur Durchsetzung ihres Kostenerstattungsanspruchs eröffnet werde. Jedoch stehe ihr ein solcher Anspruch nur in Höhe der Hälfte der Geschäftsgebühr nach dem gerichtlich festgesetzten Streitwert zu.
4
2. Diese Sichtweise rügt die Rechtsbeschwerde mit Recht als fehlerhaft, weil das Beschwerdegericht mit der vorprozessual angefallenen Geschäftsgebühr unzulässig Kosten in die Kostenerstattung einbezogen hat, die keine Prozesskosten sind. Darüber hinaus wird die Festsetzung der Vorinstanzen der in Anlage 1, Teil 3, Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG (im Folgenden: Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG) geregelten Gebührenanrechnung nicht gerecht.
5
a) Die Rechtsbeschwerde beanstandet zu Recht, dass das Beschwerdegericht die durch den vorprozessualen Versuch einer Anspruchsabwehr entstandene Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG als festsetzungsfähig angesehen hat. Denn ebenso wie die Aufwendungen für ein anwaltliches Mahnschreiben nicht zu den Prozesskosten gehören, können die vorprozessual zur Anspruchsabwehr angefallenen Gebühren nicht im Rahmen einer Kostenerstattung nach § 91 ZPO angesetzt werden und somit nicht Gegenstand einer Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO sein (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2006 – VII ZB 116/05, NJW 2006, 2560 f.).
6
b) Die Rüge der Rechtsbeschwerde greift weiter durch, soweit das Beschwerdegericht die angemeldete Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG ohne Anwendung der Anrechnungsvorschrift gemäß Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG ungekürzt in Ansatz gebracht hat. Diese Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 7. März 2007 – VIII ZR 86/06, NJW 2007, 2049, unter II 2 a; Urteil vom 14. März 2007 – VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050, unter II 2 d; Versäumnisurteil vom 11. Juli 2007 – VIII ZR 310/06, NJW 2007, 3500, unter II 2) so zu verstehen, dass eine entstandene Geschäftsgebühr unter der Voraussetzung, dass es sich um denselben Gegenstand handelt, teilweise auf die spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen ist. Durch diese Anrechnung verringert sich die erst später nach Nr. 3100 VV RVG angefallene Verfahrensgebühr, während die zuvor bereits entstandene Geschäftsgebühr von der Anrechnung unangetastet bleibt. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut der genannten Anrechnungsvorschrift erfolgt die Anrechnung auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens und nicht umgekehrt, so dass sich nicht die vorgerichtliche Geschäftsgebühr , sondern die im gerichtlichen Verfahren angefallene Verfahrensgebühr im Umfang der Anrechnung reduziert.
7
Der Senat hält an dieser Sichtweise, die in erster Linie auf den klaren Wortlaut der Anrechnungsbestimmung gestützt ist, trotz der namentlich in der Instanzrechtsprechung (z.B. KG, AGS 2007, 439; OLG München, Rpfleger 2007, 686; OLG Karlsruhe, AGS 2007, 494; OLG Koblenz, AnwBl 2007, 873; OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. Oktober 2007 – 8 W 442/07; wie der Senat etwa VGH München, NJW 2006, 1990; OLG Hamburg, MDR 2007, 1224) geäußerten Kritik fest.
8
aa) Die teilweise vertretene Auffassung, der Gesetzgeber habe bei der Anrechnungsbestimmung gemäß Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG an der unter der Geltung des § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO entwickelten Praxis nichts ändern wollen, wonach die schon dort vorgeschriebene Anrechnung der vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr auf die im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren angefallene Prozess- oder Verkehrsgebühr bei der späteren Kostenfestsetzung nicht zu berücksichtigen sei (vgl. OLG München, aaO), wird durch die Gesetzesbegründung zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (BT-Drs. 15/1971, S. 209) nicht gestützt. Aus den dort wiedergegebenen Erwägungen geht nicht hervor, dass der Gesetzgeber sich überhaupt mit diesen im rechnerischen Ergebnis ohnehin als wenig bedeutsam angesehenen Praxisdetails befasst hat oder gar eine Festsetzungspraxis hat bestätigen wollen, die am Gesetzeswortlaut vorbei von der hierin vorgesehenen Anrechnung Abstand genommen hatte. Das Anrechnungserfordernis ist vielmehr nur vor dem Hintergrund der neu vorgesehenen Teilanrechnung erörtert worden, und zwar in dem Sinne, dass der Umfang derjenigen Tätigkeit, den die in Vorbemerkung 3 Absatz 2 VV RVG umschriebene Verfahrensgebühr abdecken sollte, entscheidend davon beeinflusst werde, ob der Rechtsanwalt durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits mit der Angelegenheit befasst gewesen sei. Denn eine Gleichbehandlung des Rechtsanwalts, der unmittelbar einen Prozessauftrag erhalte, mit dem Rechtsanwalt, der zunächst außergerichtlich tätig gewesen sei, sei nicht zu rechtfertigen, wobei in diesem Zusammenhang unter anderem noch das Bestreben nach einer aufwandsbezogenen Vergütung hervorgehoben worden ist. Der Gesetzgeber hat also mit Blick auf einen erfahrungsgemäß geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand des schon vorprozessual mit der Sache befassten und hierfür nach Nrn. 2400 ff. VV RVG vergüteten Prozessbevollmächtigten dessen gerichtliche Verfahrensgebühr bereits in ihrer Entstehung um den in Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG beschriebenen Teil der vorprozessual verdienten Gebühren kürzen wollen.
9
Erst recht ist kein Grund ersichtlich, eine unter der Geltung von § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO nicht selten gegen den klaren Gesetzeswortlaut praktizierte Anrechnung der Prozess- auf die Geschäftsgebühr in die Anwendung der Anrechnungsklausel gemäß Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG fortzuschreiben und zu diesem Zweck den unzweideutig in umgekehrte Richtung gehenden Gesetzeswortlaut als auslegungsfähig und auslegungsbedürftig anzusehen (so aber OVG Münster, NJW 2006,1991, 1992). Ebenso wenig besteht nach den im Gesetzgebungsverfahren anzutreffenden Äußerungen Anlass, von einem kor- rekturbedürftigen Redaktionsversehen des Gesetzgebers bei Abfassung der genannten Anrechnungsbestimmung auszugehen (so zutreffend Streppel, MDR 2007, 929, 930).
10
bb) Kein entscheidendes Gewicht kommt der häufig angeführten Überlegung zu, wie schon § 118 Abs. 2 BRAGO betreffe die Anrechnungsbestimmung in Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG nur das Rechtsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant, nicht jedoch das für eine etwaige Kostenerstattung maßgebliche Außenverhältnis zwischen dem Mandanten und seinem Prozessgegner (vgl. KG, OLG München, OLG Stuttgart und OLG Karlsruhe, aaO). Hierbei wird – worauf auch Streppel, aaO, zutreffend hinweist – übersehen, dass § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO für eine Kostenerstattung an die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts und darüber unmittelbar an die genannte Anrechnungsbestimmung anknüpft. Entsteht die Verfahrensgebühr wegen der in Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG vorgesehenen Anrechnung eines Teils der bereits vorher entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG von vornherein nur in gekürzter Höhe, kommt im Rahmen der Kostenfestsetzung auch keine darüber hinausgehende Erstattung in Betracht. Ob die vom Prozessgegner auf materiell-rechtlicher Grundlage zu erstattende Geschäftsgebühr unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder sogar schon beglichen ist, ist bereits nach dem Wortlaut der Anrechnungsbestimmung ohne Bedeutung. Für die Anrechnung und damit die von selbst einsetzende Kürzung ist nach dieser Vorschrift vielmehr entscheidend, ob und in welcher Höhe eine Geschäftsgebühr bei vorausgesetzter Identität des Streitgegenstandes entstanden ist, der Rechtsanwalt zum Zeitpunkt des Entstehens der Verfahrensgebühr also schon einen Anspruch auf eine Geschäftsgebühr aus seinem vorprozessualen Tätigwerden erlangt hatte.
11
cc) Soweit eingewandt wird, es sei kein sachlicher Grund dafür ersichtlich , dass die unterlegene Partei nur deshalb niedrigere Kosten zu erstatten habe , weil der Prozessbevollmächtigte der Gegenseite bereits vorprozessual das Geschäft seines Mandanten betrieben habe, greift dies ebenso wenig durch wie die Überlegung, die vom Senat vertretene Auslegung der Anrechnungsvorschrift begünstige diejenige Partei sinnwidrig, die davon abgesehen habe, bereits vorprozessual einen Rechtsanwalt einzuschalten (vgl. KG und OVG Münster , aaO; ferner VGH München, NJW 2007, 170). Es trifft zwar zu, dass durch diese Auslegung ein Beklagter gegenüber der unter der Geltung von § 118 Abs. 2 BRAGO praktizierten Anwendung der Anrechnungsvorschrift benachteiligt wird, wenn ihm für eine bereits vorprozessual eingeleitete Rechtsverteidigung kein Erstattungsanspruch zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 – VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458). Dass ein von ihm aufzubringender, materiellrechtlich nicht auf den Prozessgegner abwälzbarer Gebührenanspruch zur Kürzung eines ihm im Falle des Obsiegens zustehenden prozessualen Kostenerstattungsanspruchs nach §§ 91 ff. ZPO führt, hat seinen Grund jedoch allein darin, dass durch die Anrechnungsvorschrift in Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG ein seinem Prozessbevollmächtigten nach Nrn. 3100 ff. VV RVG zustehender Gebührenanspruch unter einem aufwandsbezogenen Gesichtspunkt gekürzt wird, nämlich weil er aufgrund seiner vorprozessualen Befassung in der Regel nur einen geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand hat. Dieser geringere Aufwand im Rahmen der von § 91 ZPO erfassten Prozessführung wiederum war nach der Gesetzesbegründung (aaO) einer der entscheidenden und durch die Anknüpfung am voraussichtlichen Tätigkeitsumfang sachlich auch tragfähigen Beweggründe des Gesetzgebers, dem Prozessbevollmächtigten nur eine insoweit gekürzte Vergütung zuzubilligen. Dies anschließend im prozessualen Erstattungsrechtsverhältnis der Parteien durch eine abweichende Erstattungspraxis wieder zu korrigieren, ist zudem rechtlich nicht geboten. In- soweit konnte es der Gesetzgeber vielmehr bei der bestehenden Rollen- und Risikoverteilung und den hiernach nur eingeschränkt bestehenden materiellrechtlichen Erstattungsansprüchen belassen.
12
dd) Für nicht durchgreifend erachtet der Senat schließlich die Bedenken, das Kostenfestsetzungsverfahren eigne sich nach seinen verfahrensrechtlichen Möglichkeiten nicht, die für eine Anrechnung erforderlichen Voraussetzungen festzustellen (vgl. OLG München und KG, aaO). Abgesehen davon, dass ein anrechnungserhebliches vorprozessuales Tätigwerden in der Regel durch entsprechenden und häufig schon bei den Gerichtsakten befindlichen Schriftwechsel dokumentiert ist und dass die Bemessung der Höhe einer Geschäftsgebühr durch die in Nr. 2400 VV RVG vorgesehene Regelgebühr sowie durch die in der Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG vorgesehene Anrechnungskappung zumeist ebenfalls keinen übermäßigen Feststellungs- und Wertungsaufwand erfordert, ist das Kostenfestsetzungsverfahren durchaus darauf angelegt, auch streitigen Sachvortrag zu verarbeiten und zu klären (§ 104 Abs. 2, § 294 ZPO; dazu näher etwa Musielak/Wolst, ZPO, 5. Auflage, § 104 Rdnr. 18 m.w.N.). Zudem ist eine Anrechnung nicht von Amts wegen, sondern erst auf substantiierten, über eine Äußerung bloßer Vermutungen hinausgehenden Einwand des Festsetzungsgegners zu beachten. Im Übrigen bleibt bei Unaufklärbarkeit der Anrechnungsvoraussetzungen immer noch die Beweislastentscheidung zu Lasten dessen, der sich abweichend vom gesetzlichen Regelfall einer 1,3Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG auf die Anwendbarkeit der als Ausnahmebestimmung zu wertenden Anrechnungsvorschrift nach Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG beruft.
13
Dass die sonst unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie angeführten Erwägungen nicht geeignet sind, ein vom klaren Wortlaut dieser Anrechnungsbestimmung abweichendes Auslegungsergebnis zu rechtfertigen, hat der Senat bereits früher hervorgehoben (Urteil vom 7. März 2007, aaO, unter II 2 a; Versäumnisurteil vom 11. Juli 2007, aaO, unter II 2). Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die Anlass gäben, hiervon abzurücken.
14
3. Die Rechtsbeschwerde rügt hiernach zu Recht, dass das Beschwerdegericht zum einen die angemeldete Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG ungekürzt in Ansatz gebracht und zum anderen die durch den vorprozessualen Versuch einer Anspruchsabwehr entstandene Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG als ebenfalls erstattungsfähig angesehen hat. Vielmehr muss die angemeldete 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG wegen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG, die nach dem aus der Anlage B 3 ersichtlichen vorprozessualen Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten unstreitig angefallen ist, auf eine 0,65-Gebühr gekürzt werden. Die Beklagte kann deshalb, wie von der Rechtsbeschwerde vorgerechnet, jeweils eine Gebühr nach Nrn. 3100 (allerdings gekürzt auf 0,65) und 3104 VV RVG, Auslagen nach Nr. 7002 VV RVG sowie die nach Nr. 7008 VV RVG anzusetzende Mehrwertsteuer in Höhe von an sich insgesamt nur 548,97 € erstattet verlangen.
15
Infolge der Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den mit der sofortigen Beschwerde gestellten Antrag (Begrenzung des zu erstattenden Betrages auf 733,70 € nebst Zinsen) ist allerdings nur eine Abänderung der Kostenfestsetzung in diesem Umfang möglich. Da in der Sache keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, sondern der Sachverhalt zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat gemäß § 577 Abs. 5 ZPO nach Maßgabe vorstehender Beschlussformel in der Sache selbst zu entscheiden. Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Milger Dr. Achilles
Vorinstanzen:
AG Quedlinburg, Entscheidung vom 10.07.2006 - 3 C 306/05 (IV) -
LG Magdeburg, Entscheidung vom 18.06.2007 - 3 T 325/07 *288* -

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 86/06 Verkündet am:
7. März 2007
Ermel
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG VV Nr. 3100 Vorbemerkung 3 Abs. 4
Ist nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG eine wegen desselben
Gegenstands entstandene Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des
gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, so vermindert sich nicht die bereits entstandene
Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren
anfallende Verfahrensgebühr.
BGH, Urteil vom 7. März 2007 - VIII ZR 86/06 - LG Bonn
AG Siegburg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers,
Dr. Wolst und Dr. Koch sowie die Richterin Dr. Hessel

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 2. März 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Siegburg vom 16. November 2005 teilweise abgeändert. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere 254,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. Juli 2005 zu zahlen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren tragen die Beklagten zu 3/5, der Kläger zu 2/5.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten waren Mieter einer Wohnung des Klägers in T. . Nachdem die Beklagten mehrere Monate keine Miete mehr gezahlt hatten, kündigte der Kläger mit Schreiben seines späteren Prozessbevollmächtigten vom 4. Juli 2005 das Mietverhältnis fristlos und forderte die Beklagten zur Räumung der Wohnung bis spätestens 22. Juli 2005 auf.
2
Da die Beklagten weder die behaupteten Mietrückstände bezahlten noch die Wohnung räumten, machte der Kläger Ansprüche auf Zahlung rückständiger Miete und anteiliger Betriebskosten gerichtlich geltend, ebenso sein Verlangen auf Räumung und Herausgabe der Mietwohnung. Zusätzlich verlangte er die Erstattung der ihm für das Kündigungsschreiben in Rechnung gestellten vorgerichtlichen Gebühren seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 700,29 €.
3
Das Amtsgericht hat die Beklagten antragsgemäß zur Räumung, zur Zahlung rückständiger Miete und offener Forderungen aus Betriebskostenabrechnungen sowie zur Zahlung von 277,94 € für die durch die anwaltliche Kündigung vorprozessual entstandenen Rechtsverfolgungskosten verurteilt. Hinsichtlich der weitergehend geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten (422,35 €) hat es die Klage abgewiesen. Die vom Amtsgericht zugelassene Berufung des Klägers hat das Landgericht in Höhe eines Betrages von 167,39 € als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.
4
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Restbetrages von 422,35 € weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg in Höhe von 254,96 €. Darüber hinaus ist das Rechtsmittel unbegründet.

I.

6
Das Berufungsgericht (LG Bonn NZM 2006, 658) hat, soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse, ausgeführt:
7
In Höhe eines Betrages von 167,39 € sei die Berufung unzulässig, weil der Kläger sein Rechtsmittel insoweit nicht begründet habe. Die Abweisung der Klage in dieser Höhe in erster Instanz beruhe darauf, dass das Amtsgericht für die vorgerichtliche Rechtsverfolgung lediglich einen Gegenstandswert von 5.052 € angenommen habe und nicht, wie der Kläger, von 8.112 €.
8
Soweit die Berufung zulässig sei, sei sie unbegründet. Bei einem Gegenstandswert von 5.052 € für die Geschäftsgebühr belaufe sich diese samt Auslagenpauschale und Umsatzsteuer auf 532,90 €. Da das Amtsgericht bereits insoweit 277,94 € zuerkannt habe, sei im Rahmen der zulässig begründeten Berufung allein noch zu entscheiden, ob dem Kläger weitere 254,96 € zustünden. Dies sei zu verneinen. Zwar habe das Amtsgericht zutreffend einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280, 286 BGB angenommen. Die Beklagten hätten ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllt und dadurch dem Kläger Anlass zur fristlosen Kündigung gegeben. Zu dem deshalb ersatzfähigen Schaden gehörten auch die Kosten einer angemessenen Rechtsverfolgung mit Hilfe eines Anwalts. Der mit der Berufung geltend gemachte Anspruch scheitere jedoch teilweise daran, dass das angefallene Anwaltshonorar für das vorprozessuale Kündigungsschreiben der hälftigen Anrechnung gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG unterliege. Diese Vorschrift sei einschlägig, weil das Kündigungsschreiben und die im Rechtsstreit entfaltete Tätigkeit denselben Gegenstand beträfen.

II.

9
1. Die Revision ist unbegründet, soweit sich der Kläger gegen die Verwerfung seiner Berufung in Höhe eines Betrages von 167,39 € wendet. Zutreffend hat das Landgericht die Berufung des Klägers in diesem Umfang für unzulässig gehalten. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 2 und 3 ZPO soll eine Berufungsbegründung aus sich heraus verständlich sein und erkennen lassen, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält (BGH, Urteil vom 18. Juni 1998 - IX ZR 389/97, NJW 1998, 3126, unter 1). Ausführungen dazu, dass und weshalb die Annahme des Amtsgerichts fehlerhaft sei, der Gegenstandswert betrage lediglich 5.052 €, enthält die Berufungsbegründung nicht. Ohne Erfolg verweist die Revision in diesem Zusammenhang darauf, der Kläger habe seinen Schaden unter Bezugnahme auf die anwaltliche Kostennote, die er auch zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht habe, beziffert. Es genügt den an eine Berufungsbegründung zu stellenden Anforderungen nicht, wenn der Rechtsmittelführer - wie hier - lediglich pauschal ausführt, er wolle sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgen (BGH, Urteil vom 18. Juni 1998, aaO, unter 2 b).
10
2. Erfolgreich ist die Revision hingegen, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Berufung bezüglich des verbleibenden Zahlungsantrags in Höhe von 254,96 € wendet. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht wegen der Anrechnungsvorschrift nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG einen Anspruch des Klägers verneint. Dabei kommt es nicht auf die vom Landgericht für erheblich gehaltene Frage an, ob die vorgerichtliche und die nachfolgende gerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Sinne der genannten Vorschrift denselben Gegenstand betreffen.
11
a) Nach der genannten Regelung ist unter der Voraussetzung, dass es sich um denselben Gegenstand handelt, eine entstandene Geschäftsgebühr teilweise auf die spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Danach bleibt eine bereits entstandene Geschäftsgebühr unangetastet. Durch die hälftige Anrechnung verringert sich eine (später) nach Nr. 3100 VV RVG angefallene Verfahrensgebühr. Nach dem Gesetzeswortlaut ist die gerichtliche Verfahrensgebühr zu mindern, nicht die vorgerichtliche Geschäftsgebühr (so auch BayVGH NJW 2006, 1990; Schultze-Rhonhof, RVGreport 2005, 374; Hansens, RVGreport 2005, 392).
12
Soweit in der Rechtsprechung eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr abgelehnt und stattdessen eine hälftige Anrechnung der Verfahrensgebühr auf die Geschäftsgebühr befürwortet wird (z.B. KG JurBüro 2006, 202; OVG NRW NJW 2006, 1991, wobei übersehen wird, dass der Kostenschuldner durch die gegenteilige Auffassung nicht begünstigt wird, weil er einem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch ausgesetzt ist), mögen dafür prozessökonomische Gründe sprechen. Denn bei einer Anrechnung auf die Verfahrensgebühr wird die obsiegende Partei darauf verwiesen, die volle Geschäftsgebühr gegen die unterlegene Partei - gegebenenfalls gerichtlich - geltend zu machen, weil die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG - anders als die Verfahrensgebühr - im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO nicht berücksichtigt werden kann. Gründe der Prozessökonomie gestatten es jedoch nicht, ein Gesetz gegen seinen klaren Wortlaut anzuwenden.
13
b) Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben, soweit die Berufung des Klägers in Höhe des zuletzt genannten Betrages von 254,96 € zu- rückgewiesen worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dem Kläger steht ein Anspruch auf die Zahlung weiterer 254,96 € nach § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB zu. Da die Anrechnung, wie ausgeführt, nicht auf die Geschäftsgebühr stattfindet, ist dem Kläger der Restbetrag zuzuerkennen. Ball Wiechers Dr.Wolst Dr.Hessel Dr.Koch
Vorinstanzen:
AG Siegburg, Entscheidung vom 16.11.2005 - 117 C 201/05 -
LG Bonn, Entscheidung vom 02.03.2006 - 6 S 279/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Teilversäumnis- und Schlussurteil
VIII ZR 184/06 Verkündet am:
14. März 2007
Kirchgeßner,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG §§ 13, 14, 23 Abs. 1 Satz 3; RVG VV Nr. 2400 (jetzt: Nr. 2300)
RVG VV, Anlage 1 Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4
Der Gegenstand der außergerichtlichen Tätigkeit eines Rechtsanwalts, der mit
der Beratung des Vermieters über das Kündigungsrecht und dem Ausspruch
der Kündigung beauftragt ist, betrifft das Räumungsverlangen des Vermieters
und somit denselben Gegenstand wie eine spätere gerichtliche Tätigkeit des
Rechtsanwalts im Rahmen der Räumungsklage.
Die Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts für die vorgerichtliche Tätigkeit im Zusammenhang
mit der Kündigung ist gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG, § 41
Abs. 2 GKG nach dem einjährigen Bezug der Nettomiete zu berechnen und im
Rahmen der Anlage 1 Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG auf die Verfahrensgebühr
eines nachfolgenden Räumungsrechtsstreits anzurechnen.
BGH, Teilversäumnis- u. Schlussurteil vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06 - LG Landshut
AG Freising
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Wolst,
die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger sowie den Richter Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Landshut vom 17. Mai 2006 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichtes Freising vom 6. Februar 2006 insoweit zurückgewiesen hat, als die Klage auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe eines Betrages von mehr als 399,62 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist. Im vorbezeichneten Umfang wird das Urteil des Amtsgerichtes Freising vom 6. Februar 2006 abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt , an die Klägerin weitere 226,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Dezember 2005 zu zahlen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren haben die Klägerin zu 3/5 und der Beklagte zu 2/5 zu tragen. Das Urteil ist, soweit es Versäumnisurteil ist, vorläufig vollstreckbar. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin vermietete dem Beklagten mit Vertrag vom 22. März 2005 eine Wohnung in F. zu einem monatlichen Mietzins von 360 € zuzüglich abzurechnender Nebenkosten sowie 33,50 € für einen Tiefgaragenplatz. Der Beklagte erbrachte keinerlei Mietzahlungen und geriet mit neun Monatsmieten in Verzug. Die Klägerin beauftragte ihre späteren Prozessbevollmächtigten deshalb zunächst mit der außergerichtlichen Wahrnehmung ihrer Interessen. Diese erklärten mit Schreiben an den Beklagten vom 8. Dezember 2005 die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs. Für ihre außergerichtliche Tätigkeit stellten sie der Klägerin Gebühren in Höhe von insgesamt 876,73 € in Rechnung. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 735,80 € für eine 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 (jetzt: Nr. 2300) VV RVG, §§ 13, 14 RVG, der Gebühr gemäß 7002 VV RVG für Post- und Telekommunikationsleistungen (20 €) sowie der auf die vorstehenden Positionen entfallenden Mehrwertsteuer. Als Gegenstandswert für die 1,3 Geschäftsgebühr ist in der anwaltlichen Gebührenrechnung unter Hinweis auf §§ 13 RVG, 25 Abs. 1 KostO der dreifache Jahresbetrag der Nettomiete für die Wohnung nebst Garage zu Grunde gelegt (14.166 €).
2
Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Räumung der Wohnung und Zahlung des rückständigen Mietzinses sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 250,15 € verurteilt und die Klage wegen des weitergehenden Zahlungsanspruchs abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin gegen die Teilabweisung der Klage zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Erstattung der restlichen vorgerichtlichen Anwaltskosten (626,58 €) weiter.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat teilweise Erfolg. Insoweit ist über das Rechtsmittel antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlich vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen auch insoweit nicht auf einer Säumnis des Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 82 f.).

I.

4
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
5
Der Klägerin stehe über den vom Amtsgericht zugesprochenen Betrag hinaus kein Anspruch auf Erstattung von Anwaltsgebühren zu. Der Gegenstandswert für die Kündigung sei gemäß § 23 Abs. 1 RVG, § 41 GKG nach dem Jahresbetrag der Nettomiete (4.722 €) zu bemessen. Die hierfür angefallene 1,3 Geschäftsgebühr könne nach § 2 RVG Anlage 1 Teil 3, Vorbemerkung 2 Abs. 4 nur mit einem Gebührensatz von 0,65 berücksichtigt werden, denn sie betreffe denselben Gegenstand wie der Räumungsrechtsstreit.
6
Der gebührenrechtliche Begriff ziele auf das Recht oder das Rechtsverhältnis ab, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit beziehe. Zwar handele es sich bei der auf die Beendigung des Mietvertrags abzielenden Kündigung als solcher nicht um ein Rechtsverhältnis, sondern um eine Willenserklärung. Die Frage nach der Identität des Gegenstands anwaltlicher Tätigkeit sei aber nicht formalistisch zu betrachten. Zwischen der anwaltlichen Tätigkeit im Zusammenhang mit der Kündigung und dem anschließend auf die Kündigung gestützten Räumungsrechtsstreit bestehe ein inhaltlicher Zusammenhang, der eine entspre- chende Anwendung der für die Gerichtsgebühren geltenden Vorschriften gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG rechtfertige. Die Kündigungserklärung als Ergebnis der vorgerichtlichen Tätigkeit könne insoweit Gegenstand einer Klage sein, als über deren Wirksamkeit inzidenter in einer Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Mietverhältnisses oder in einem Räumungsprozess entschieden werde. Die dem Räumungsrechtsstreit vorangehende Kündigungserklärung unterliege als Vorbereitungshandlung den gleichen Wertvorschriften wie die Klage.

II.

7
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
8
1. Der Klägerin steht allerdings aus § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung der ihr entstandenen Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten zu, denn der Beklagte befand sich mit Mietzahlungen für mehrere Monate in Verzug. Auf dieser Pflichtverletzung beruhte die Einschaltung der Rechtsanwälte zur außergerichtlichen Wahrnehmung der Interessen der Klägerin, insbesondere zwecks Erklärung der - gemäß § 543 Abs. 1, 2 Nr. 3 Buchst. a BGB berechtigten - fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses.
9
2. Der der Klägerin insoweit entstandene Schaden besteht in der anwaltlichen Vergütung, die sie ihren späteren Prozessbevollmächtigten für deren vorgerichtliche Tätigkeit im Hinblick auf die Kündigung des Mietverhältnisses schuldet.
10
a) Für die außergerichtliche Vertretung in einer zivilrechtlichen Angelegenheit steht dem Rechtsanwalt nach Nr. 2400 VV RVG in Verbindung mit §§ 13, 14 RVG eine Geschäftsgebühr in Höhe von 0,5 bis 2,5 des Gebührensatzes zu, wobei die - auch hier in Rechnung gestellte - Regelgebühr 1,3 beträgt. Gemäß Anlage 1 Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG ist die Gebühr nach Nr. 2400 jedoch zur Hälfte, höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die wegen desselben Gegenstandes angefallene Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Die Frage, ob die vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit im Zusammenhang mit einer Kündigungserklärung und die anschließende Räumungsklage denselben Gegenstand betreffen, ist außerdem für die Bemessung des Gegenstandswertes von Bedeutung, denn gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG richtet sich auch für eine außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts der Gegenstandswert nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften, wenn der Gegenstand dieser anwaltlichen Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. Diese Verweisung auf die für das gerichtliche Verfahren geltenden Wertvorschriften soll für den Fall einer erforderlichen Anrechnung vorgerichtlicher Gebühren sicherstellen , dass die Berechnung des Gegenstandswertes nach denselben Regeln erfolgt wie im gerichtlichen Verfahren (vgl. Mayer in Mayer/Kroiß, RVG, 2. Aufl., § 23 Rdnr. 13).
11
b) Die Frage, ob die vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit im Zusammenhang mit einer Kündigungserklärung und die anschließende Räumungsklage denselben Gegenstand betreffen, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
12
aa) Nach einer verbreiteten Auffassung handelt es sich bei der außergerichtlichen Kündigung eines Mietverhältnisses und der darauf gestützten späteren Räumungsklage um zwei unterschiedliche Gegenstände anwaltlicher Tätigkeit (LG Karlsruhe, NJW 2006, 1526 f.; LG Mönchengladbach NJW 2006, 705; Mayer, aaO, Teil 3, Vorb. 3, Rdnr. 61; Onderka/N. Schneider in AnwK- RVG, 3. Aufl., VV Vorb. 3, Rdnr. 197; Jungjohann, MDR 2005, 904, 905; Peter, NZM 2006, 801; OLG Köln, MDR 2004, 178 [zu § 118 BRAGO]). Dies wird damit begründet, dass zwischen der Kündigung des Mietverhältnisses und dem Räumungsprozess kein innerer Zusammenhang bestehe (Onderka/N. Schneider , aaO). Bei der Kündigung handele es sich um eine Vorfrage der Räumung. Während die Kündigung auf die Beendigung des Mietverhältnisses abziele, setze der Räumungsanspruch die Beendigung gerade voraus (LG Mönchengladbach , aaO). Hierfür spreche auch, dass allenfalls die Feststellung, ob das Mietverhältnis noch bestehe, Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könne , nicht aber die Kündigung als solche (LG Karlsruhe, aaO, S. 1527).
13
bb) Die auch vom Berufungsgericht vertretene Gegenmeinung stellt demgegenüber auf eine wertende Betrachtung ab (Madert in Gerold /Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., VV 2300, Rdnr. 40; OLG Frankfurt/Main, AGS 2005, 390 [zu § 118 BRAGO]; vgl. auch Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 23 RVG Rdnr. 8). Die Kündigung sei als anspruchsbegründende Voraussetzung für den Herausgabeanspruch Gegenstand des Räumungsprozesses. Die Aufspaltung der anwaltlichen Tätigkeit in zwei unterschiedliche Gegenstände sei willkürlich. Sie widerspreche dem gesetzgeberischen Ziel der Anrechnungsnorm (Anlage 1 Teil 3, Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG), die verhindern solle, dass die gleiche Tätigkeit zweimal honoriert werde, wenn sie zunächst als außergerichtliche und erst später als gerichtliche betrieben werde, während sie nur einmal vergütet werde, wenn die Angelegenheit sofort zu Gericht gebracht werde (Madert, aaO).
14
cc) Die zuletzt genannte Auffassung verdient den Vorzug.
15
Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit wird nach allgemeiner Auffassung durch das Recht oder das Rechtsverhältnis definiert, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Rahmen des ihm von seinem Mandanten erteil- ten Auftrags bezieht (Hartmann, aaO, § 2 RVG Rdnr. 4; Römermann in Hartung /Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., § 2 Rdnr. 10 f.; Madert, aaO, § 2 Rdnr. 3 f.; Fraunholz in Riedel/Sußbauer, RVG, 9. Aufl., § 2 Rdnr. 2 f.). Gegenstand einer vom Anwalt erklärten Kündigung ist dementsprechend das Mietverhältnis , auf dessen Beendigung die Kündigung zielt. Dies legt zwar nach dem Wortlaut eher die Annahme nahe, dass es sich um zwei unterschiedliche Gegenstände handele; das Begehren eines Vermieters, der einen Rechtsanwalt wegen aufgelaufener Mietrückstände mit der außergerichtlichen Wahrnehmung seiner Interessen, insbesondere der Beratung über eine Kündigung und mit deren Ausspruch beauftragt, ist aber bei lebensnaher Betrachtung darauf gerichtet , dass der Mieter die Wohnung räumt und sie dem Vermieter zurückgibt. Die Beendigung des Mietverhältnisses durch den Ausspruch einer Kündigung ist insoweit lediglich das Mittel zur Verwirklichung des von dem Mandanten des Rechtsanwalts verfolgten Rechtsschutzziels. Dies zeigt sich auch daran, dass der Mieter in einem anwaltlichen Kündigungsschreiben regelmäßig - wie auch hier - ausdrücklich zur Räumung der Wohnung aufgefordert wird. Überdies betrifft die vom Anwalt zu entfaltende Tätigkeit in beiden Fällen dieselben rechtlichen und tatsächlichen Punkte, so dass, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ein enger inhaltlicher Zusammenhang besteht. Für den im Räumungsprozess vom Vermieter beauftragten Rechtsanwalt reduziert sich der mit der Prozessführung verbundene Aufwand in der Regel wesentlich, wenn er zuvor schon mit der außergerichtlichen Wahrnehmung der Interessen seines Mandanten beauftragt war und die Kündigung erklärt oder ausdrücklich den Räumungsanspruch im Auftrag seines Mandanten geltend gemacht hat. Die vom Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vorgesehene (teilweise) Anrechnung der Gebühren für die denselben Gegenstand betreffende vorgerichtliche Tätigkeit beruht gerade auf der Erwägung, den in diesen Fällen typischerweise geringeren Aufwand des Rechtsanwalts bei der Höhe der insgesamt verdienten Gebühren zu berücksichtigen (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BTDrs. 15/1971, S. 209). Deshalb ist der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, die Kündigung und Räumungsverlangen als einen Gegenstand anwaltlicher Tätigkeit wertet, hier der Vorzug einzuräumen.
16
Die von der Revision vertretene "formale" Betrachtungsweise würde dazu führen, dass sich allein die Gebühren für die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts - die Beratung des Vermieters über das Kündigungsrecht und den Ausspruch der Kündigung - auf einen Betrag in der Größenordnung der gesamten Gebühren eines späteren Räumungsprozesses belaufen würden (vgl. dazu das Rechenbeispiel bei N. Schneider, NZM 2006, 252, 253). Darüber hinaus müsste dem Rechtsanwalt gegenüber seinem Auftraggeber für seine vorgerichtliche Tätigkeit konsequenterweise noch eine weitere Vergütung zugebillligt werden, soweit er den Mieter - wie auch hier - vor Erhebung der Räumungsklage zur Räumung aufgefordert hat. Denn neben den Gebühren für die Kündigung fielen bei einer formalen Betrachtungsweise zusätzlich außergerichtliche Gebühren für die Tätigkeit im Rahmen des gesonderten Gegenstands "Räumung" an (die allerdings teilweise auf die Verfahrensgebühr des Räumungsrechtsstreites anzurechnen wären). Die "formale" Betrachtungsweise wird daher dem gesetzgeberischen Anliegen, die Gebühren des Rechtsanwalts - wenn auch in generalisierender Weise - an dem Aufwand der anwaltlichen Tätigkeit auszurichten, im Ergebnis nicht gerecht.
17
c) Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, dass sich der Gegenstandswert der außergerichtlichen Tätigkeit im Zusammenhang mit der Kündigung nicht nach § 25 KostO, sondern nach §§ 23 RVG, 41 Abs. 2 GKG richtet. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung ist - wie dargelegt - auch im außergerichtlichen Verfahren das Räumungsverlangen des Vermieters Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit. Die zu einem verhältnismäßig niedrigen Ge- genstandswert führende Regelung des § 41 GKG beruht auf sozialen Erwägungen des Gesetzgebers; insbesondere Wohnraummietstreitigkeiten sollen für die Beteiligten "bezahlbar" bleiben (vgl. Hartmann, aaO, § 41 Rdnr. 2). Auch diese Zielsetzung spricht gegen die von der Revision bevorzugte Berechnung der Geschäftsgebühr nach dem sich aus § 25 KostO ergebenden weitaus höheren Gegenstandswert.
18
Das Berufungsgericht hat deshalb der Berechnung der Anwaltsgebühren zutreffend den einjährigen Bezug der Nettomiete (12 x 393,50 € = 4.722 €) zugrunde gelegt, so dass sich bei einer 1,3 Gebühr unter Berücksichtigung der Auslagenpauschale und der Mehrwertsteuer für die außergerichtliche Tätigkeit ein Betrag von 477,11 € ergibt. Der von der Klägerin erhobene Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 876,73 € besteht somit in Höhe von 399,62 € nicht, so dass die Rechtsmittel der Klägerin gegen die Klagabweisung in diesem Umfang unbegründet sind.
19
d) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aber angenommen, dass die in Anlage 1, Teil 2, Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG angeordnete Anrechnung der Geschäftsgebühr eine entsprechende Reduzierung dieser Gebühr bewirke und der Klägerin deshalb nur der vom Amtsgericht zuerkannte Anspruch auf Erstattung eines Teils der Geschäftsgebühr in Höhe von 250,15 € zustehe. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung erfolgt die Anrechnung auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens, so dass sich die letztgenannte Gebühr, nicht dagegen die Geschäftsgebühr, im Umfang der Anrechnung reduziert (BGH, Urteil vom 7. März 2007 - VIII ZR 86/06, zur Veröffentlichung bestimmt, unter II a). Diese Anrechnung ist, wie die Revision zutreffend geltend macht, erst im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens zu berücksichtigen.

III.

20
Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben, soweit der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der vollen Geschäftsgebühr erfolglos geblieben ist. Insoweit ist der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif, da es keiner weiteren Feststellungen bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Beklagte ist unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zur Zahlung weiterer 226,96 € zu verurteilen. Die weitergehende Revision ist zurückzuweisen (§ 561 ZPO). Ball Dr. Wolst Hermanns Dr. Milger Dr. Koch
Vorinstanzen:
AG Freising, Entscheidung vom 06.02.2006 - 22 C 1498/05 -
LG Landshut, Entscheidung vom 17.05.2006 - 12 S 476/06 -

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Heilbronn vom 13. August 2007, Az. 8 O 90/07, wird zurückgewiesen .

2. Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 334,69 EUR

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten darüber, ob der Verfügungsbeklagte verpflichtet ist, sich im Rahmen der Kostenfestsetzung auf die für seinen Bevollmächtigten entstandene und grundsätzlich erstattungsfähige gerichtliche Verfahrensgebühr 0,75 einer vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr anrechnen zu lassen.
Das Hauptsacheverfahren wurde beendet durch Urteil vom 23. April 2007, mit dem der Verfügungsklägerin die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens auferlegt wurden.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13. August 2007 hat die Rechtspflegerin des Landgerichts die von der Verfügungsklägerin an den Verfügungsbeklagten zu erstattenden Kosten auf insgesamt 1.206,21 EUR festgesetzt. In diesem Betrag ist unter anderem die von dem Verfügungsbeklagten für seinen Bevollmächtigten angefallene 1,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 RVG-VV in voller Höhe berücksichtigt, nicht dagegen die mit dem Antrag beanspruchte außergerichtliche 1,5-Geschäftsgebühr von 562,50 EUR gemäß Nr. 2300 RVG-VV nebst Auslagenpauschale von 20 EUR und 19% Umsatzsteuer abzüglich einer 0,75-Anrechnung auf die gerichtliche Verfahrensgebühr.
Mit ihrer fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde beruft sich die Verfügungsklägerin auf die Anrechnungsvorschrift in Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV, so dass im Kostenfestsetzungsverfahren wegen der vorgerichtlichen Tätigkeit lediglich noch eine 0,55-Verfahrensgebühr in Ansatz gebracht werden könne. Der festgesetzte Erstattungsbetrag sei somit um 334,69 EUR zu kürzen. Zur Begründung seiner Ansicht beruft sich der Klägervertreter auf die Entscheidung des BGH vom 7. März 2007 (VIII ZR 86/06).
Der Verfügungsbeklagte ist der Beschwerde entgegengetreten. Er teilt mit, dass die im Antrag aufgenommene 1,5-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV versehentlich in Ansatz gebracht worden sei, für diese bestehe nicht einmal ein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch.
Die Rechtspflegerin hat das Rechtsmittel der Verfügungsklägerin ohne Abhilfe dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 568 ff ZPO statthaft und auch sonst zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Die Festsetzung der Rechtspflegerin ist nicht zu beanstanden. Sie hat zu Recht die für den Bevollmächtigten des Verfügungsbeklagten entstandene 1,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 RVG-VV als prozessualen Kostenerstattungsanspruch in vollem Umfang gegen die Verfügungsklägerin in Ansatz gebracht.
Eine Pflicht zur Anrechnung der bei dem Verfügungsbeklagten aufgrund etwaiger vorgerichtlicher Tätigkeit seiner Bevollmächtigten entstandenen Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 RVG-VV nach Vorbem. 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 RVG-VV auf die im gerichtlichen Verfahren angefallene 1,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 RVG-VV ergibt sich entgegen der Auffassung der Verfügungsklägerin nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7. März 2007 (AGS 2007, 283) und auch nicht aus der vom 14. März 2007 (AGS 2007,289). Beide Urteile betrafen Fälle, in denen der Kläger als Nebenforderung die Geschäftsgebühr aufgrund eines materiellen Schadensersatzanspruchs mit eingeklagt hatte. Dieses Vorgehen hat der Bundesgerichtshof aufgrund der Anrechnungsvorschrift in Vorbem. 3 Abs. 4 RVG-VV als berechtigt angesehen und im Zusammenhang damit darauf hingewiesen, dass die Anrechnung nach dem Wortlaut der Vorschrift in Vorbem. 3 Abs. 4 RVG-VV erst im Kostenfestsetzungsverfahren des Rechtsstreits erfolge.
10 
Im vorliegenden Verfahren hat der Verfügungsbeklagte eine möglicherweise vorgerichtlich angefallene Geschäftsgebühr seines Bevollmächtigten weder im Hauptsacheverfahren noch in einem anderen Verfahren - als materiellrechtlichen Schadensersatzanspruch - geltend gemacht.
11 
Für diese Fallgestaltung entspricht es, soweit ersichtlich, ganz h. M. im Zivilrecht, dass im Kostenfestsetzungsverfahren auf der Grundlage der gerichtlichen Kostengrundentscheidung nur die prozessual entstandenen Gebühren und damit grundsätzlich die volle Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 RVG-VV zu berücksichtigen ist, sofern diese im Verfahren in voller Höhe entstanden ist. Die Anrechnungsvorschrift gemäß Vorbem. 3 Abs. 4 RVG-VV gilt grundsätzlich nur im Verhältnis zwischen einer Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten. Der Prozessgegner haftet auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten ausschließlich nach materiellem Recht. Nur wenn er bereits rechtskräftig zur Zahlung eines solchen materiellrechtlichen Schadens verurteilt ist oder eine anderweitige bestandskräftige gerichtliche oder außergerichtliche Regelung über einen solchen Anspruch im Verhältnis zu ihm vorliegt, kann eine Berücksichtigung im Kostenfestsetzungsverfahren erfolgen. Denn es soll vermieden werden, dass doppelt tituliert wird und der Kostenschuldner mehr erstatten muss, als der Kostengläubiger seinem Anwalt schuldet.
12 
Auch eine vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 RVG-VV ist als materiellrechtlicher Anspruch einer Partei nur dann im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen, wenn entweder deren Anfall und die Pflicht des Gegners, sie zu tragen, oder wenn jedenfalls die für die Berücksichtigung maßgebenden Tatsachen unstreitig sind (KG AGS 2007, 439; OLG Koblenz Rpfleger 2007, 433; OLG Karlsruhe AGS 2007, 494; OLG München AGS 2007, 495; Norbert Schneider NJW 2007, 2001). Davon kann hier nicht ausgegangen werden.
13 
Für die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung spricht auch die - soweit ersichtlich - früher einhellige Handhabung der rechtstechnisch gleichen Anrechnungsvorschrift in § 118 Abs. 2 BRAGO, nach der ebenfalls die vorgerichtlich entstandene Verfahrensgebühr auf die später in einem gerichtlichen Verfahren anfallende (Prozessgebühr) anzurechnen war. Insoweit bestand Einigkeit, dass die Prozessgebühr des gerichtlichen Verfahrens im zugehörigen Kostenfestsetzungsverfahren in voller Höhe festzusetzen war und nicht lediglich in der sich nach Anrechnung einer vorgerichtlichen Verfahrensgebühr verbleibenden Höhe. Es ist aber nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung der rechtstechnisch gleichen Anrechnungsvorschrift in Vorbem. 3 Abs. 4 RVG-VV diesbezüglich eine Änderung der Rechtslage im Kostenfestsetzungsverfahren herbeiführen wollte.
III.
14 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO und Nr. 1812 GKG-KV.
15 
Wegen grundsätzlicher Bedeutung war die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 ZPO in Übereinstimmung mit der Zulassung der Rechtsbeschwerde durch die Oberlandesgerichte Koblenz, Karlsruhe und München sowie das Kammergericht (je a. a. O.) zuzulassen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind. Die Entscheidung ist, sofern dem Antrag ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im Übrigen ergeht die Mitteilung formlos.

(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, dass er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenden Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, dass diese Auslagen entstanden sind. Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen genügt die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.

(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.