Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Juli 2016 - VIII ZA 32/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juli 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Schneider und Dr. Bünger
beschlossen:
Gründe:
- 1
- 1. Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen die am Senatsbeschluss vom 9. Februar 2016 beteiligten Richter Dr. Milger, Dr. Hessel, Dr. Achilles, Dr. Schneider und Dr. Bünger ist - und zwar unter Mitwirkung dieser nach der Geschäftsverteilung des Senats zur Entscheidung berufenen Richter - als unzulässig zu verwerfen.
- 2
- a) Grundsätzlich entscheidet über ein Ablehnungsgesuch zwar das Gericht , dem der abgelehnte Richter angehört, ohne dessen Mitwirkung (§ 45 Abs. 1 ZPO). Aus Gründen der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfah- rens ist der abgelehnte Richter in klaren Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlich angebrachten Ablehnungsgesuchs aber zur Vermeidung eines aufwendigen und zeitraubenden Ablehnungsverfahrens an der weiteren Mitwirkung nicht gehindert. Denn bei eindeutig unzulässigen oder rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchen setzt die Prüfung des Ablehnungsgesuchs keine Beurteilung des eigenen Verhaltens des abgelehnten Richters voraus und stellt mithin auch keine echte Entscheidung in eigener Sache dar.
- 3
- Ein Ablehnungsgesuch, das - rein formal betrachtet - zwar eine Begründung für eine angebliche Befangenheit enthält, dessen Begründung aber aus zwingenden rechtlichen Gründen - ohne nähere sachliche Prüfung und losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalls - ein Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens oder das Verhalten des abgelehnten Richters nicht erfordert, ist zur Begründung der Besorgnis einer Befangenheit grundsätzlich ungeeignet und steht einem von vornherein unzulässigen Ablehnungsgesuch ohne Angabe eines Ablehnungsgrundes gleich. Darüber kann deshalb abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO das Gericht unter Mitwirkung des abgelehnten Richters entscheiden (BGH, Beschlüsse vom 25. Januar 2016 - I ZB 15/15, juris Rn. 4 f.; vom 24. März 2015 - VIII ZB 91/14, juris Rn. 2; BVerfG, NJW 2005, 3410, 3412; jeweils mwN). So liegt der Fall hier.
- 4
- b) Die vom Kläger erhobene Rechtsbeschwerde, für deren Durchführung er zugleich Prozesskostenhilfe beantragt hat, ist unstatthaft, weil weder ihre Statthaftigkeit für diesen Fall vom Gesetz ausdrücklich bestimmt ist noch das Oberlandesgericht - für den Senat bindend (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. November 2003 - IV ZB 20/03, NJW-RR 2004, 356 unter II; vom 7. Oktober 2015 - IX ZA 26/15, juris Rn. 2; jeweils mwN) - die Rechtsbeschwerde im Beschluss vom 9. November 2015 zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 ZPO). Jeder andere Richter hätte deshalb in der gegebenen Verfahrenslage allein schon angesichts des fehlenden Wertungsspielraums zwingend zu demselben Ergebnis wie die vom Kläger abgelehnten Richter gelangen und die beantragte Prozesskostenhilfe gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO wegen Fehlens der erforderlichen Erfolgsaussichten versagen müssen, ohne dass er darüber hinaus auf den Gegenstand des Verfahrens hätte eingehen müssen oder dass es sonst einer inhaltlichen Betrachtung der Umstände des Einzelfalls bedurft hätte. Darüber hinausgehende objektive Gründe, die geeignet erscheinen könnten, vom Standpunkt des Klägers bei vernünftiger Betrachtung aller Umstände die Befürchtung zu wecken , die abgelehnten Richter hätten der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber gestanden (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Februar 2014 - VIII ZR 271/13, juris Rn. 7), trägt der Kläger nicht vor und sind auch sonst nicht ersichtlich.
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- Sie ergeben sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Senatsbeschluss vom 9. Februar 2016 keine über den Wortlaut des § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO hinausgehende Begründung enthält. Daraus kann ebenfalls von vornherein nichts für eine Befangenheit der abgelehnten Richter hergeleitet werden. Denn eine nähere Begründung der ablehnenden Prozesskostenhilfeentscheidung war schon deshalb nicht veranlasst, weil dieser Beschluss nach § 127 Abs. 2, § 567 ZPO nicht anfechtbar ist (BGH, Beschlüsse vom 25. April 2006 - IV ZA 22/05, FamRZ 2006, 1029; vom 1. Juli 2009 - XII ZR 9/08, juris Rn. 2).
- 6
- 2. Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 9. Februar 2016 ist unbegründet. Der Senat hat das vom Beklagten als übergangen gerügte Vorbringen geprüft, aber mangels Erheblichkeit nicht für durchgreifend erachtet.
- 7
- 3. Die am 27. Januar 2016 eingegangene Rechtsbeschwerde ist aus den vorstehend genannten Gründen unstatthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 577 Abs. 1 ZPO). Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
LG Bielefeld, Entscheidung vom 28.09.2015 - 8 O 305/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 09.11.2015 - 1 W 78/15 -
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Annotations
(1) Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.
(2) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter des Amtsgerichts über das Gesuch. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der abgelehnte Richter das Ablehnungsgesuch für begründet hält.
(3) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlussunfähig, so entscheidet das im Rechtszug zunächst höhere Gericht.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.
(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.
(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.
(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.
(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.
(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.