Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Apr. 2015 - VII ZR 254/14

bei uns veröffentlicht am08.04.2015
vorgehend
Landgericht Frankfurt am Main, 25 O 520/09, 28.06.2013
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 16 U 124/13, 25.09.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR254/14
vom
8. April 2015
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. April 2015 durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Eick, die Richter Dr. Kartzke und Prof. Dr. Jurgeleit und die
Richterinnen Graßnack und Sacher

beschlossen:
Die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und des Berufungsverfahrens (OLG Frankfurt, 16 U 124/13) werden im Verhältnis zwischen dem Kläger zu 1 und der Beklagten gegeneinander aufgehoben. Die Streithelferin der Beklagten trägt ihre im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren und im Berufungsverfahren (16 U 124/13) entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten mit der Maßgabe, dass die in erster Instanz entstandenen Kosten im Verhältnis zwischen dem Kläger zu 1 und der Beklagten gegeneinander aufgehoben werden und die Streithelferin der Beklagten die in Bezug auf ihren Beitritt im Verhältnis zwischen dem Kläger zu 1 und der Beklagten in erster Instanz entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat. Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren und das Berufungsverfahren (16 U 124/13) wird entsprechend dem übereinstimmenden Antrag der Parteien auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Kläger waren für die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden nur: Beklagte) und auch für die Streithelferin der Beklagten als Handelsvertreter tätig. Die Handelsvertreterverträge beider Kläger sind mittlerweile beendet. Über das Vermögen des Klägers zu 2 ist das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Insolvenzverwalter hat den Rechtsstreit für den Kläger zu 2 gegen die Beklagte aufgenommen.
2
Die Kläger haben von der Beklagten zunächst im Wege der Stufenklage jeweils die Erteilung eines Buchauszugs sowie noch zu beziffernde Provisionszahlungen verlangt. Das Landgericht hat die Beklagte durch Teilurteil vom 17. September 2010 auf der ersten Stufe verurteilt, den Klägern jeweils Buchauszüge mit dem beantragten Inhalt zu erteilen.
3
Nachdem der Kläger zu 1 das gegen die Beklagte auf der Grundlage dieses Teilurteils eingeleitete Vollstreckungsverfahren für erledigt erklärt hatte, hat er auf einer weiteren Stufe einen Anspruch auf Bucheinsicht gegen die Beklagte geltend gemacht. Das Landgericht hat diesen Anspruch durch Teilurteil vom 28. Juni 2013 zurückgewiesen. Auf die Berufung des Klägers zu 1 hat das Berufungsgericht die Beklagte in Abänderung des angefochtenen Teilurteils entsprechend dem Klageantrag verurteilt, nach ihrer Wahl entweder dem Kläger zu 1 oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen nach näherer Maßgabe Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden, sonstigen Unterlagen bzw. Computer- und EDVSysteme der Beklagten zu gewähren.
4
Hiergegen hat die Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Vor Ablauf der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde haben die Beklagte und der Kläger zu 1 im Hinblick auf einen zwischen ihnen außerge- richtlich geschlossenen Vergleich den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. In dem Vergleich ist vereinbart, dass die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden sollen.

II.

5
Nachdem der Kläger zu 1 und die Beklagte den Rechtsstreit im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren insgesamt übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten des Rechtsstreits im Verhältnis des Klägers zu 1 und der Beklagten in allen Instanzen entsprechend der im Vergleich getroffenen Kostenregelung durch Beschluss zu entscheiden.
6
In Abweichung des Grundsatzes, dass über die Kosten eines Rechtsstreits einheitlich zu entscheiden ist, hat das Revisionsgericht auch dann, wenn nur ein Teil des Rechtsstreits bei ihm und ein weiterer Teil in einer der Vorinstanzen weiter anhängig ist, über die Kosten dieses Teils des Rechtsstreits in allen Instanzen nach § 91a ZPO zu entscheiden, wenn die Parteien diesen Teil des Rechtsstreits insgesamt in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklären. Dies folgt daraus, dass die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO grundsätzlich den bisherigen Sach- und Streitstand berücksichtigen muss und deshalb in dem Fall, dass die Hauptsache in der Revisionsinstanz für erledigt erklärt wird, darauf abzustellen ist, ob das Rechtsmittel Erfolg gehabt haben würde, wenn es nicht zur Erledigung der Hauptsache gekommen wäre. Die Kostenentscheidung des Revisionsgerichts darf sich dabei nicht auf die Kosten des Revisionsverfahrens beschränken; sie muss sich vielmehr auch auf die in den Vorinstanzen entstandenen Verfahrenskosten erstrecken, soweit sie den in der Revisionsinstanz erledigten Teil des Rechtsstreits betreffen, weil sonst die Gefahr einander widersprechender Kostenentscheidungen zum gleichen Anspruch bestünde (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 1975 - I ZR 48/74, MDR 1976, 379). Gleiches gilt hinsichtlich der vom Revisionsgericht zu treffenden Kostenentscheidung auf der Grundlage eines zwischen einem der Kläger und dem Beklagten geschlossenen außergerichtlichen Vergleichs, wenn der Rechtsstreit in der Revisionsinstanz im Hinblick auf diesen Vergleich von den beteiligten Parteien übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt wird. Die Kostenentscheidung hat auch in diesem Fall hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits einheitlich durch das Revisionsgericht zu erfolgen, um einander widersprechende Kostenentscheidungen zu vermeiden.
7
Danach sind die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und die Kosten des vorausgegangenen Berufungsverfahrens entsprechend der vom Kläger zu 1 und der Beklagten im Vergleich getroffenen Kostenregelung gegeneinander aufzuheben. Die Streithelferin der Beklagten trägt ihre im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren und im vorausgegangenen Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst (vgl. BGH, Beschluss vom 10. März 2005 - VII ZB 32/04, NJW-RR 2005, 1159; Beschluss vom 3. April 2003 - V ZB 44/02, BGHZ 154, 351, 354 ff.). Hinsichtlich der in erster Instanz entstandenen Kosten ist die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung mit der Maßgabe vorzubehalten, dass die in erster Instanz entstandenen Kosten im Verhältnis zwischen dem Kläger zu 1 und der Beklagten gegeneinander aufgehoben werden und die Streithelferin der Beklagten die in Bezug auf ihren Beitritt im Verhältnis zwischen dem Kläger zu 1 und der Beklagten in erster Instanz entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat.
8
Entgegen der Auffassung des Klägers zu 1 war die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten nicht ohne Rücksicht auf die übereinstimmenden Erledigungserklärungen mangels Erreichen des Beschwerdewerts gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO auf ihre Kosten als unzulässig zu verwerfen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 1968 - AnwZ (B) 9/67, BGHZ 50, 197, 198; Beschluss vom 15. Januar 2004 - IX ZB 188/03, ZInsO 2004, 201). Eine Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde kommt nicht in Betracht, solange die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde für den Beschwerdeführer noch nicht abgelaufen ist. Ob die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zulässig ist, kann mangels Begründung der Beschwerde nicht abschließend geprüft werden.
Eick Kartzke Jurgeleit Graßnack Sacher
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 28.06.2013 - 2-25 O 520/09 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 25.09.2014 - 16 U 124/13 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache


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Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Apr. 2003 - V ZB 44/02

bei uns veröffentlicht am 03.04.2003

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Landgericht Nürnberg-Fürth Beschluss, 25. Jan. 2018 - 2 S 5297/11

bei uns veröffentlicht am 25.01.2018

Tenor 1. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten. 2. Der Streitwert wird auf 4.340,36 € festgesetzt. Gründe

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(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 44/02
vom
3. April 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Werden die Kosten der Hauptparteien gegeneinander aufgehoben, so steht dem
Nebenintervenienten gegen den Gegner der von ihm unterstützten Hauptpartei ein
Anspruch auf Erstattung seiner Kosten nicht zu (Aufgabe des Senatsbeschlusses
vom 11. November 1960, V ZR 47/55).
BGH, Beschl. v. 3. April 2003 - V ZB 44/02 - OLG Nürnberg
LG Regensburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 3. April 2003 durch den Vi-
zepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr.
Lemke, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Unter Aufhebung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 30. Juli 2002 wird der Antrag der Nebenintervenientin auf Festsetzung ihrer Kosten abgewiesen.
Die Nebenintervenientin trägt die Kosten des Festsetzungsverfahrens einschließlich des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

Gründe:


I.


Die Kläger nahmen die Beklagte vor dem Landgericht Regensburg auf Schadensersatz wegen Mängeln des von ihnen erworbenen Anwesens M. weg in S. in Anspruch. Die Beklagte verkündete den Nebenintervenienten den Streit, die dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beitraten. Gegen das der Klage stattgebende Urteil legten die Beklagte und die Nebenintervenienten Berufung ein. Die Parteien schlossen am 23. April 2002 vor dem Berufungsgericht im Beisein der Nebenintervenienten einen Vergleich. In dem Vergleich verpflichtete sich die Beklagte zum Ausgleich aller wechsel- ! seitigen Ansprüche an die Kläger 50.000 Vergleichs lautet:

„II. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.“
Das Oberlandesgericht hat den Klägern auf Antrag der Nebenintervenienten die Hälfte der durch die Nebenintervention verursachten Kosten auferlegt. Dagegen wenden sich die Kläger mit der – zugelassenen – Rechtsbeschwerde.

II.


Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. Zu Recht hat das Oberlandesgericht allerdings durch Beschluß über die Pflicht der Kläger zur Tragung der durch die Nebenintervention verursachten Kosten entschieden. Denn über die Pflicht zur Tragung der Kosten des Nebenintervenienten auf Seiten einer Partei entscheidet nach Abschluß des Rechtsstreits durch Prozeßvergleich das Gericht, bei dem der Rechtsstreit in diesem Zeitpunkt anhängig war (Senatsbeschl. vom 11. November 1960, V ZR 47/55, NJW 1961, 460; BGH, Beschl. vom 23. Januar 1967, III ZR 15/64, NJW 1967, 983; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, Kommentar, 61. Aufl., § 101 Rdnr. 31; Belz in: MünchKomm ZPO, 2. Aufl., § 101 Rdnr. 31; Wolst in: Musielak, ZPO, Kommentar, 3. Aufl., § 101 Rdnr. 9; Steiner in: Wieczorek /Schütze, ZPO, Kommentar, 3. Aufl., § 101 Rdnr. 12). Eine Entscheidung durch Urteil ist nach Erledigung des Rechtsstreits im Wege des Vergleichs nicht mehr möglich.
2. Das Oberlandesgericht hat den Klägern indessen zu Unrecht die Hälfte der durch die Nebenintervention verursachten Kosten auferlegt. Diesen steht vielmehr ein Anspruch auf Ersatz ihrer Kosten gegen die Kläger nicht zu.
a) Nach § 101 Abs. 1 ZPO sind die durch die Nebenintervention verursachten Kosten dem Gegner der vom Nebenintervenienten unterstützten Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er sie nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 ZPO zu tragen hat. Im Falle eines Vergleichs bestimmt sich die Kostentragungspflicht nach § 98 Satz 1 ZPO, wonach die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben sind, wenn nicht die Parteien etwas anderes vereinbart haben. Maßgeblich ist danach nicht nur die gesetzliche Regelung der Vergleichskosten , sondern auch eine hiervon abweichende und der gesetzlichen Zweifelsregelung vorgehende Vereinbarung der Hauptparteien im Vergleich, und zwar auch dann, wenn der Nebenintervenient am Vergleich nicht teilnimmt (BGH wie vor; OLG Celle, OLGR 2001, 16; OLG München, OLGR 1998, 210 und NJW-RR 1995, 1403; OLG Düsseldorf, OLGR 1996, 260; Baumbach/Lauterbach /Hartmann, aaO., § 101 Rdnr. 22; MünchKomm/Belz aaO., § 101 Rdnr. 22; Wieczorek/Schütze/Steiner aaO., § 101 Rdnr. 10). Das gilt nach § 101 Abs. 1 ZPO aber nur, soweit eine solche Regelung die Pflicht des Gegners zur Tragung der Gerichts- und der Kosten der Hauptparteien betrifft. Denn nur insoweit wird in § 101 ZPO auf § 98 Satz 1 ZPO verwiesen. Eine weitergehende Disposition über den gesetzlichen Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten steht den Hauptparteien nicht zu (OLG Hamm, OLGR 2001, 146, 147; OLG München, MDR 1998, 989; OLG Oldenburg, OLGR 1998, 310; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, aaO., § 101 Rdnr. 23; MünchKomm/Belz: aaO., § 101 Rdnr. 30; Musielak/Wolst aaO., § 101 Rdnr. 7; Steiner aaO., § 101 Rdnr. 12; Bork in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 2, 21. Aufl. 1993/1994, § 101 Rdnr. 7). Derartige Regelungen sind nur zulässig, wenn der Nebenintervenient
am Vergleich teilnimmt. Hier haben die Parteien eine Regelung ihrer Kostentragungspflicht im Vergleich getroffen. Danach werden die Kosten gegeneinan- der aufgehoben. Das entspricht der gesetzlichen Kostenregelung in § 98 Satz 1 ZPO.

b) Was eine solche Regelung für die Kosten des Nebenintervenienten bedeutet, wird unterschiedlich beurteilt. Das Oberlandesgericht ist dem Senat gefolgt. Dieser hat sich in seinem erwähnten Beschluß vom 11. November 1960 dem Kammergericht angeschlossen, das in seinem Beschluß vom 16. Februar 1953 (NJW 1953, 1872) unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts (JW 1938, 820) und des OLG Hamburg (SeuffA 74 (1919) S. 167, 168; ähnlich auch: KG, OLGE 35 (1919) S. 44, 45) dem Nebenintervenienten einen Anspruch auf Ersatz der Hälfte seiner Kosten zuerkannt hat. Zur Begründung hatte das Kammergericht ausgeführt, die Aufhebung der Kosten gegeneinander stelle nur eine besondere Form der technischen Abwicklung der hälftigen Kostenteilung dar. Für den Nebenintervenienten komme diese besondere technische Abwicklung nicht in Betracht, weshalb seine Kosten auf der Grundlage einer hälftigen Kostenteilung abzurechnen seien. Dieser Ansicht folgt der überwiegende Teil der Oberlandesgerichte (OLG Celle, NJW-RR 2002, 140, OLGR 2001, 16 und OLGR 2000, 60; OLG Nürnberg, OLGR 2001, 61, 62; OLG Hamburg, OLGR 2001, 35 und 1998, 215, 216; OLG Koblenz, OLGR 2000, 443, 444; OLG Bremen, OLGR 1999, 219 und 1998, 285, 286; OLG Dresden, OLGR 1997, 342; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 1691, 1692 und OLGR 1996, 260; OLG Köln, MDR 1993, 472) und des Schrifttums (Baumbach /Lauterbach/Hartmann, aaO., § 101 Rdnr. 26; Musielak/Wolst, aaO., § 101 Rdnr. 7; Egon Schneider, MDR 1983, 801, 803; Stein/Jonas/Bork, aaO., § 101 Rdnr. 7; Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl. § 101 Rdnr. 4; Wieczorek/Schüt-
ze/Steiner, aaO., § 101 Rdnr. 10; Zimmermann, ZPO, Kommentar, 5. Aufl., § 101 Rdnr. 3; Zöller/Herget, 23. Aufl., § 101 Rdnr. 23; wohl auch: MünchKomm /Belz § 101 Rdnr. 30). Andere Oberlandesgerichte wollen die Kosten analog § 91a ZPO nach billigem Ermessen aufteilen (OLG Saarbrücken, KostRspr. ZPO § 101 Nr. 1;OLG Hamm, MDR 1988, 325; OLG Stuttgart, MDR 1974, 937 mit abl. Anm. Stürner; OLG Schleswig, SchlHA 1957, 34). Wiederum andere Oberlandesgerichte (OLG Hamburg, HansRGZ 1939, B, 335; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1997, 1293; OLG Dresden, NJW-RR 1999, 1668; OLG Franfurt/Main, OLGR 2000, 156; OLG Stuttgart, NJW-RR 2002, 215; OLG Hamm, OLGR 1994, 156) und Schwarz (MDR 1993, 1052, 1054) lehnen demgegenüber einen Anspruch des Nebenintervenienten auf Erstattung seiner Kosten in diesem Falle ab. Sie verweisen darauf, daß bei einer Aufhebung der Kosten gegeneinander nur die Gerichtskosten hälftig geteilt, die außergerichtlichen Kosten aber nicht erstattet würden. Das könne beim Nebenintervenienten nicht anders sein, der ansonsten auch besser gestellt werde als die Hauptpartei.

c) Der Senat gibt seine bisherige Meinung auf und schließt sich der Ansicht der zuletzt genannten Oberlandesgerichte an, wonach dem Nebenintervenienten bei einer Aufhebung der Kosten der Hauptparteien gegeneinander ein Anspruch auf Erstattung seiner Kosten nicht zusteht.
aa) Der Gesetzgeber hat dem Nebenintervenienten in § 101 Abs. 1 ZPO einen eigenständigen Kostenerstattungsanspruch eingeräumt. Dieser Kostenerstattungsanspruch entspricht aber inhaltlich dem Kostenerstattungsanspruch, den die von dem Nebenintervenienten unterstützte Hauptpartei gegen ihren Gegner hat. Diese Ausgestaltung des Kostenerstattungsanspruchs des Neben-
intervenienten entspricht seiner Rolle im Rechtsstreit. Durch seinen Beitritt wird der Rechtsstreit der Hauptparteien nicht etwa „sein“ Rechtsstreit. Er bleibt der Rechtsstreit der Hauptparteien. Dem Nebenintervenienten kommt dabei nur eine unterstützende Rolle zu. Nach erfolgtem Beitritt teilt er das prozessuale Schicksal der Hauptpartei. Bei dieser Rechtslage wäre es überraschend und sachlich nicht zu begründen, wenn bei der Erstattung der Kosten ein Unterschied zwischen dem Nebenintervenienten und der von ihm unterstützten Hauptpartei bestünde. Deshalb räumt das Gesetz ihnen einen inhaltsgleichen Anspruch ein.
bb) Wenn die Kosten des Rechtsstreits zwischen den Hauptparteien gegeneinander aufgehoben werden, gilt das nach § 101 ZPO auch im Verhältnis zwischen dem Nebenintervenienten und dem Gegner der von ihm unterstützten Hauptpartei. Dafür kommt es nicht darauf an, ob diese Kostenfolge aus einem richterlichen Erkenntnis, kraft Gesetzes aus dem Abschluß eines Prozessvergleichs oder aus einer entsprechenden Kostenregelung in einem Prozessvergleich der Hauptparteien folgt.
Wenn die Kosten gegeneinander aufgehoben werden, so bedeutet das nach allgemeiner Meinung, daß jede Partei die Gerichtskosten je zur Hälfte und ihre eigenen Kosten selbst (allein) trägt (Baumbauch/Lauterbach/Hartmann, aaO., § 92 Rdnr. 40; Musielak/Wolst, aaO., § 92 Rdnr. 5; MünchKomm/Belz, aaO., § 92 Rdnr. 9; Thomas/Putzo, aaO., § 92 Rdnr. 5; Zöller/Vollkommer /Herget, aaO., § 92 Rdnr. 1). Dieser Begriffsinhalt ist zwar nur teilweise gesetzlich vorgegeben, entspricht aber der Rechtstradition der früheren Partikularrechte , die mit dieser Regelung aufgegriffen werden sollte. Der Begriff der Aufhebung der Kosten gegeneinander ist im Entwurf einer CPO aus dem
Rechtsinstitut der Kostenkompensation entwickelt worden, den insbesondere das frühere preußische Zivilprozessrecht kannte. Die preußische Allgemeine Gerichtsordnung (prAGO) hat in Teil I Titel 23 § 3 eine Reihe von Fällen bestimmt , in denen die Kosten „kompensiert“ werden sollte. Den Inhalt dieser Kompensation beschreibt die prAGO in I 23 § 4 Satz 1 wie folgt:
„Das Erkenntnis auf Kompensation der Kosten hat die Wirkung, dass jeder Theil seine eigenen Kosten tragen muss, und einigen Ersatz derselben von dem anderen weder ganz noch zum Theil verlangen kann.“ Eine inhaltlich entsprechende Regelung hat der Entwurf einer Prozess- ordnung in bürgerlichen Rechtstreitigkeiten für das Königreich Bayern von 1861 in Art. 93 Abs. 2 vorgesehen. An dieses Begriffsverständnis knüpften die Verfasser des Entwurfs der CPO an. In den Motiven zu der Vorgängervorschrift des heutigen § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, dem früheren § 86 CPO, heißt es dazu wörtlich (nach: Hahn/Stegemann, Die gesammelten Materialien zur Civilprozeßordnung und zum Einführungsgesetz zu derselben, Bd. 1, 2. Aufl. 1881, S. 198):
„Das Aufheben der Kosten gegeneinander bezeichnen die preuß. AGO I, 23 §§ 3, 4 als Kompensation, Hannover § 47 und sächs. Entw. § 273, preuß. Entw. § 1339 als Kompensation. Die nur uneigentlich als Kompensation zu bezeichnende Maßregel besteht darin, daß jeder Theil die von ihm aufgewendeten Kosten oder noch aufzuwendenden Kosten ohne Ersatzanspruch selbst trägt (vgl. Bayern Art. 10).“
Unklarheiten hatten sich in der Folgezeit nur bei der Behandlung der Gerichtskosten ergeben, weil die Motive hierzu nichts ausführten und auch die Regelungen der früheren Partikularrechte hier nur eingeschränkt aussagefähig waren. Das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung dieser Frage hatte das Landgericht Bremen auf den Gedanken gebracht, der Kläger könne in einem
solchen Fall die Gerichtskosten allein zu tragen haben. In seinem Beschluß vom 11. März 1882 (RGZ 6, 398, 400) hatte das Reichsgericht diese Ansicht verworfen und entschieden, daß die Gerichtskosten bei einer Aufhebung der Kosten gegeneinander von den Parteien je zur Hälfte zu tragen seien. Dafür ließe sich etwa auch auf Anh. § 135 zu I 23 § 4 prAGO verweisen, der bei den Kosten einer Berufung eine ähnliche Regelung vorgesehen hatte. Diese Sicht hat sich der Gesetzgeber zueigen gemacht und den heutigen § 92 Abs. 1 Satz 2 in die ZPO eingefügt.
cc) Weder den Motiven noch den früheren Partikularrechten lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß die Kompensation und ihr folgend die Aufhebung der Kosten gegeneinander im Grunde nur eine hälftige Kostenteilung mit der technischen Erleichterung darstellen soll, daß die typischerweise gleichen Kosten nicht abgerechnet werden soll, wie dies die herrschende Meinung bei der Auslegung von § 101 ZPO (im Gegensatz zur Auslegung von §§ 91 Abs. 1 Satz 1 und 98 Satz 1 ZPO) meint. I 23 § 4 Satz 1 prAGO schnitt den Kostenerstattungsanspruch vielmehr auch dann ab, wenn die Kosten ungleich waren. Gerade wegen dieser Folge ist in den heutigen § 98 Satz 1 ZPO die Aufhebung der Kosten gegeneinander als regelmäßige Kostenfolge eines Vergleichs vorgesehen worden. Man versprach sich gerade davon eine Förderung der Vergleichsbereitschaft. An diesem Verständnis hat sich durch die Ergänzung des früheren § 86 Abs. 1 CPO durch den heutigen § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO nichts geändert. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber nur die - durch das RG in seinem Beschluß vom 11. März 1882 auch bereits im gleichen Sinne beantwortete - Frage geklärt, bei der im Zusammenhang mit der Aufhebung der Kosten gegeneinander kein eindeutiges und einheitliches Begriffsverständnis vorausgesetzt werden konnte. Hätte der Gesetzgeber seinerzeit das eindeutig
vorgeprägte und heute noch herrschende Verständnis einer Aufhebung der Kosten gegeneinander ändern wollen, hätte er dies gerade auch angesichts des Beschlusses des RG vom 11. März 1882 ausdrücklich regeln müssen und auch geregelt.
dd) Die von dem allgemeinen Verständnis einer Aufhebung der Kosten gegeneinander abweichende Interpretation der Kostenfolge bei der Nebenintervention läßt sich entgegen der herrschenden Meinung auch nicht auf den Gesichtspunkt der Kostengerechtigkeit stützen. Versteht man diese Kostenfolge - wie hier - in dem auch sonst üblichen und unbestrittenen Sinne, führt das dazu, daß dem Nebenintervenienten bei einer vergleichsweisen oder auch streitigen Aufhebung der Kosten gegeneinander kein Anspruch auf Erstattung seiner Kosten zusteht. Dieses Ergebnis ist aber entgegen der Ansicht vieler Vertreter der herrschenden Meinung keineswegs ungerecht. Mit dieser Folge wird der Nebenintervenient kostenrechtlich genauso behandelt wie die von ihm unterstützte Hauptpartei. Diese erhält nämlich im Fall der Aufhebung der Kosten gegeneinander nach unbestrittener Ansicht auch keine Kostenerstattung. Würde man entsprechend der bisher herrschenden Meinung dem Nebenintervenienten demgegenüber einen Anspruch auf Erstattung der Hälfte seiner Kosten einräumen, stünde er besser als die von ihm unterstützte Hauptpartei. Dafür gibt es keinen sachlichen Grund. Eine solche Folge wäre gegenüber der Hauptpartei ungerecht und würde auch dem sachlich nahe liegenden Prinzip des § 101 ZPO widersprechen, dass der Nebenintervenient jedenfalls in Ansehung der Kosten das Schicksal der von ihm unterstützten Hauptpartei teilen soll.
Dem läßt sich - entgegen der herrschenden Meinung - nicht entgegenhalten , dass die Hauptpartei im angeblichen Gegensatz zum Nebenintervenienten – einen Vorteil erhalte, nämlich dass der Gegner auch keine Kostenerstattung erhält. Diesen Vorteil erhält der Nebenintervenient in gleicher Weise. Auch er braucht sich nicht an den Kosten des Gegners der von ihm unterstützten Hauptpartei zu beteiligen. Dieses Argument zeigt, worauf Schwarz (aaO) mit Recht hingewiesen hat, die Inkonsequenz der herrschenden Meinung. Einerseits soll der Nebenintervenient hälftigen Ausgleich verlangen können ; seinerseits soll er aber gerade nicht zur Beteiligung an den Kosten des Gegners der Hauptpartei verpflichtet sein. Das wäre aber unvermeidlich, wenn § 101 ZPO i.V.m. § 98 Satz 1 ZPO wirklich von einer hälftigen Kostenteilung ausginge. Diesen Schluß will aber niemand ziehen. Das führt zwangsläufig dazu , die Aufhebung der Kosten auch bei den Kosten der Nebenintervention im herkömmlichen Sinne zu verstehen und dem Nebenintervenienten einen Kostenerstattungsanspruch zu versagen.
ee) Dem steht schließlich auch nicht entgegen, daß die Hauptparteien im Vergleich und das Gericht nicht gezwungen sind, die Kosten gegeneinander aufzuheben, sondern auch eine z. B. hälftigen Kostenquote ausbringen dürfen, wenn dies sachgerecht ist. Diese Möglichkeit ist dem Nebenintervenienten nicht verschlossen. Er kann diesen Gesichtspunkt in das Verfahren einführen und sich an einer vergleichsweisen Regelung beteiligen, statt sich - wie hier - darauf zurückzuziehen, die Parteien beim Abschluß des Vergleichs zu beobachten.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Lemke Gaier Schmidt-Räntsch