Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Dez. 2015 - IX ZR 226/14
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richterin Lohmann, den Richter Dr. Pape und die Richterin Möhring
am 17. Dezember 2015
beschlossen:
Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde beträgt bis zur Erledigungserklärung des Klägers 112.000 €, danach 29.500 €.
Gründe:
I.
- 1
- Mit Testament vom 15. Februar 1944 setzte der Vater der Parteien seine Ehefrau, die Mutter der Parteien, als Erbin und seine (schließlich insgesamt vier) Kinder als Nacherben ein. Zum Nachlass gehörte ein im heutigen Land Sachsen belegenes Landgut, welches damals dem Erbhofrecht unterfiel. Dieses sollte dem Testament zufolge zunächst von der Mutter der Parteien fortgeführt werden. Der Kläger wurde zum Anerben bestimmt. Die Abfindung der übrigen Nacherben sollte nach den Bestimmungen des Reichserbhofgesetzes erfolgen.
- 2
- Der Vater der Parteien starb im Jahre 1946. Er wurde später mit Wirkung vom 1. April 1946 für tot erklärt. Die Mutter der Parteien floh mit ihren Kindern in den westlichen Teil Deutschlands. Der Grundbesitz wurde enteignet und in Volkseigentum überführt. Im Jahre 1994 erhielt die Mutter der Parteien den enteigneten Grundbesitz überwiegend zurück. Sie verpachtete den landwirtschaftlichen Besitz an den Kläger, der dort eine Nebenerwerbslandwirtschaft betrieb. Der Beklagte erhielt mit Zustimmung seiner Geschwister ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück, welches bei einer späteren Auseinandersetzung des Nachlasses mit 266.560 DM zuzüglich eines etwaigen Kaufkraftschwundes bewertet werden sollte; er übernahm außerdem eine Verbindlichkeit von 93.000 DM gegenüber der LPG-Folgegesellschaft. Die Mutter der Parteien starb im Jahre 2001.
- 3
- Die Parteien streiten um das Recht des Klägers, den landwirtschaftlichen Besitz insgesamt zu übernehmen. Auf Antrag des Beklagten wurde am 5. Dezember 2011 die Teilungsversteigerung der Grundstücke angeordnet. Hiergegen hat der Kläger Drittwiderspruchsklage erhoben. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Nach Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde wurde das Teilungsversteigerungsverfahren, das im Hinblick auf die Drittwiderspruchsklage gemäß § 30 ZVG einstweilen eingestellt worden war, mit Beschluss vom 23. März 2015 gemäß § 31 ZVG wegen Fehlens eines Fortsetzungsantrags aufgehoben. Die Parteien haben den Rechtsstreit daraufhin für erledigt erklärt und widerstreitende Kostenanträge gestellt.
II.
- 4
- Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
- 5
- 1. Die Hauptsache kann noch im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde für erledigt erklärt werden (BGH, Beschluss vom 13. Februar 2003 - VII ZR 121/02, BauR 2003, 1075, 1076; vom 1. März 2007 - I ZR 249/02, NJW-RR 2007, 694 Rn. 12; vom 9. Juni 2010 - XII ZR 183/08, nV Rn. 2). Gemäß § 91a Abs. 1 ZPO ist nur noch eine Kostenentscheidung zu treffen. Die Entscheidung ist nicht auf die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde beschränkt , sondern hat auch die in den Vorinstanzen entstandenen Kosten einzubeziehen , weil andernfalls die Gefahr einander widersprechender Kostenentscheidungen zum gleichen Anspruch bestünde (BGH, Beschluss vom 8. April 2015 - VII ZR 254/14, NJW 2015, 1762 Rn. 6).
- 6
- 2. Inhaltlich erfolgt die Entscheidung über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes (§ 91a ZPO Abs. 1 ZPO). Dabei ist der mutmaßliche Ausgang des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde und gegebenenfalls des Revisionsverfahrens zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 1. März 2007, aaO; vom 9. Juni 2010, aaO; vom 8. April 2015, aaO). Allerdings findet nur eine summarische Prüfung statt, bei welcher das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache alle bedeutsamen Rechtsfragen zu entscheiden (BGH, Urteil vom 18. April 2013 - III ZR 156/12, BGHZ 197, 147 Rn. 13 mwN).
- 7
- 3. Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre erfolglos geblieben. Die Rechtssache hatte keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderte eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO). Verfahrensgrundrechte des Klägers sind nicht verletzt worden. Von einer weiteren Begründung wird in entsprechender Anwendung von § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Pape Möhring
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 09.01.2014 - 7 O 2008/13 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 12.09.2014 - 17 U 207/14 -
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(1) Das Verfahren ist einstweilen einzustellen, wenn der Gläubiger die Einstellung bewilligt. Die Einstellung kann wiederholt bewilligt werden. Ist das Verfahren auf Grund einer Bewilligung des Gläubigers bereits zweimal eingestellt, so gilt eine erneute Einstellungsbewilligung als Rücknahme des Versteigerungsantrags.
(2) Der Bewilligung der Einstellung steht es gleich, wenn der Gläubiger die Aufhebung des Versteigerungstermins bewilligt.
(1) Im Falle einer einstweiligen Einstellung darf das Verfahren, soweit sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt, nur auf Antrag des Gläubigers fortgesetzt werden. Wird der Antrag nicht binnen sechs Monaten gestellt, so ist das Verfahren aufzuheben.
(2) Die Frist nach Absatz 1 Satz 2 beginnt
- a)
im Falle des § 30 mit der Einstellung des Verfahrens, - b)
im Falle des § 30a mit dem Zeitpunkt, bis zu dem die Einstellung angeordnet war, - c)
im Falle des § 30f Abs. 1 mit dem Ende des Insolvenzverfahrens, im Falle des § 30f Abs. 2 mit der Rücknahme oder der Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, - d)
wenn die Einstellung vom Prozeßgericht angeordnet war, mit der Wiederaufhebung der Anordnung oder mit einer sonstigen Erledigung der Einstellung.
(3) Das Vollstreckungsgericht soll den Gläubiger auf den Fristbeginn unter Bekanntgabe der Rechtsfolgen eines fruchtlosen Fristablaufs hinweisen; die Frist beginnt erst zu laufen, nachdem der Hinweis auf die Rechtsfolgen eines fruchtlosen Fristablaufs dem Gläubiger zugestellt worden ist.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Die Klägerin hat von der Beklagten im Urkundenprozeß restlichen Werklohn verlangt. Die Beklagte beauftragte die Klägerin am 12. August 1989 mit der Durchführung von Arbeiten an einem Neubau. Die Beschreibung der zu erbringenden Leistungen war in acht Titel gegliedert. Nach der Durchführung der Erdarbeiten übersandte die Klägerin eine "Schlußabrechnung", später eine "korrigierte Schlußabrechnung" über den Titel 3 (Erdarbeiten); letztere wurde von der Beklagten bezahlt. Nach Abnahme des "Gesamtobjekts" übersandte die Klägerin getrennte Schlußrechnungen für die weiteren Titel des Vertrages. Die Beklagte ermitteltenach Überprüfung einen Restbetrag, von dem sie 137.435, 49 DM aus einer angeblichen Überzahlung hinsichtlich des Titels 3 abzog. Die Klägerin hat im Urkundenverfahren den Abzugsbetrag von 137.436,23 DM geltend gemacht. Das Landgericht hat die Klage als im Urkundenprozeß unstatthaft abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Berufungsgerichtes hat die Beklagte fristgemäß Beschwerde eingelegt und diese begründet. In der Folgezeit haben die Parteien sich außergerichtlich verglichen und daraufhin übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, der jeweils anderen Partei die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
II.
1. Der Rechtsstreit richtet sich nach dem ab dem 01.01.2002 geltenden Prozeßrecht (§ 26 Nr. 7 EGZPO). 2. Da durch die übereinstimmenden Erklärungen der Parteien der Rechtsstreit insgesamt erledigt ist, ist über alle bisher entstandenen Kosten des Rechtsstreites, einschließlich derjenigen der Vorinstanzen, nach der auch für die Revisionsinstanz geltenden Vorschrift des § 91 a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach– und Streitstandes durch Beschluß zu entscheiden. Dabei ist der mutmaßliche Ausgang des Revisionsverfahrens zu beachten und dessen Auswirkung auf die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen festzustellen (BGH, Urteil vom 29. Januar 1985 – VI ZR 59/84, VersR 1985, 441). Danach sind die Kosten in vollem Umfang der Klägerin aufzuerlegen.Eine für die Klägerin günstige Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen der Tatsacheninstanzen käme nur dann in Betracht , wenn nach dem Sach– und Streitstand bei Eintritt des erledigenden Ereignisses die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision Erfolg gehabt und die Durchführung der Revision zu einer Verurteilung der Beklagten geführt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn die Nichtzulassungsbeschwerde hätte im Fall ihrer Durchführung keinen Erfolg gehabt. Ein Zulassungsgrund lag nicht vor. Soweit die Beschwerde insoweit geltend macht, das Berufungsgericht weiche, wenn es der Klägerin die Beweislast für die Berechtigung der Rechnung über Erdarbeiten auferlege, obwohl es hier um die Überzahlung einer Schlußrechnung gehe, in entscheidungserheblicher Weise von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab, vermag sie einen Zulassungsgrund nicht darzulegen. Das Berufungsgericht hat keinen Rechtssatz aufgestellt, der mit den Rechtsprechungsgrundsätzen nicht vereinbar ist. Entgegen der Auffassung der Beschwerde geht es hier nicht um einen Bereicherungsanspruch der Beklagten, sondern um die Abrechnung von Abschlagszahlungen. Dressler Thode Haß Wiebel Kuffer
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.