Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Mai 2008 - VII ZR 201/07

bei uns veröffentlicht am08.05.2008
vorgehend
Landgericht Bad Kreuznach, 3 O 93/06, 21.03.2007
Oberlandesgericht Koblenz, 5 U 521/07, 18.10.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR 201/07
vom
8. Mai 2008
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Mai 2008 durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Dressler, die Richter Prof. Dr. Kniffka, Bauner, Dr. Eick
und Halfmeier

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 18. Oktober 2007 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO). Gegenstandswert: 46.819,86 €

Gründe:

1
Die Beschwerde ist unbegründet. Ein Grund, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO, besteht nicht.
2
1. Der Beschwerde ist einzuräumen, dass Bedenken gegen die Auffassung des Berufungsgerichts bestehen, der von den Klägern nach dem Rücktritt vom Bauvertrag geltend gemachte Schadensersatzanspruch rechtfertige sich aus § 280 Abs. 1 BGB; die Beklagte hafte auf den durch den Rücktritt entstandenen Schaden, weil sie die Pflicht verletzt habe, die Bodenplatte und das Kellergeschoss binnen angemessener Frist derart herzustellen, dass die nachfol- genden Arbeiten ohne bautechnische Bedenken hierauf gegründet und zügig bis zur Fertigstellung des gesamten Bauvorhabens fortgeführt werden konnten.
3
Danach käme es nicht darauf an, ob der Rücktritt vom Bauvertrag deshalb ausgeschlossen war, weil die Kläger möglicherweise keine wirksame Frist zur Nachbesserung gesetzt haben und möglicherweise auch noch keine wirksame Frist setzen konnten, weil die Gesamtleistung der Beklagten nicht fällig war. Es ist fraglich, ob dies unter Berücksichtigung der Systematik der §§ 280 ff., § 323 BGB ausgeklammert werden kann. Auch ist der Beschwerde zuzugeben, dass die Frage klärungsbedürftig ist, ob der Besteller einem Unternehmer vor Ablauf der Fertigstellungsfrist eine Frist zur Beseitigung von Mängeln mit der Folge setzen kann, dass er nach Ablauf der Frist vom Vertrag zurücktreten kann.
4
2. Die Zulassung der Revision gäbe jedoch keine Gelegenheit zur Klärung dieser Frage. Die Entscheidung wird jedenfalls im Ergebnis durch die weitere Begründung getragen, nach der der Rücktritt auch dann berechtigt sei, wenn die Leistung im Juli 2005 nicht fällig gewesen sein sollte; die Gutachten im selbständigen Beweisverfahren zeigten eine derartige Vielzahl erheblicher Mängel auf, dass den Klägern die Vertragsfortführung nicht zumutbar gewesen sei.
5
Einen Zulassungsgrund hat die Beklagte insoweit nicht dargelegt.
6
a) Der Besteller kann ohne Fristsetzung vom Vertrag sofort zurücktreten, wenn die Fortsetzung des Vertrages auch unter Berücksichtigung des Interesses des Unternehmers an der Vertragserfüllung für ihn unzumutbar ist. Ist die Leistung fällig, ergibt sich das aus § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Denn dann liegen besondere Umstände im Sinne dieser Regelung vor. Ist die Leistung nicht fällig, ergibt sich das Rücktrittsrecht aus § 323 Abs. 4 BGB.
7
b) Zu Unrecht meint die Beschwerde, die Zulassung der Revision sei deshalb geboten, weil die Begründung des Berufungsgerichts nicht rechtsstaatlichen Anforderungen genüge. Die Begründung des Berufungsgerichts ist zwar knapp. Sie darf jedoch nicht isoliert gesehen werden, sondern steht im Zusammenhang mit den vorhergehenden Erörterungen und den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils. Insoweit reicht sie noch aus. Aus den übrigen Urteilsgründen ergibt sich, dass die Beklagte in einer ungewöhnlichen Häufigkeit gegen die anerkannten Regeln der Technik verstoßen hat. Die Verstöße haben zu gravierenden Mängeln geführt, die auch die Standfestigkeit des Gebäudes in Frage stellen. Die Annahme, den Klägern sei eine weitere Vertragserfüllung durch die Beklagte unzumutbar, fußt ersichtlich auf der nahe liegenden Würdigung , dass die Kläger jedenfalls nach der Bestätigung der bereits im Kellergeschoss aufgetretenen Mängel durch das im selbständigen Beweisverfahren erstattete Gutachten das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Beklagten endgültig verloren haben, wie es bereits in dem Schreiben zum Ausdruck gebracht wurde, mit dem der Rücktritt erklärt wurde.
8
Die Rüge der Beschwerde, das Berufungsgericht habe keine Mängel festgestellt, ist unbegründet. Die vom Landgericht im Einzelnen aufgeführten Mängel waren in der Berufung nicht mehr streitig. Unbegründet ist auch die Rüge , das Berufungsgericht habe nicht festgestellt, dass die Beklagte zur Beseitigung der Mängel nicht fähig gewesen sei. Darauf kommt es nicht an. Maßgeblich ist allein, ob die Kläger zu Recht das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Beklagten verloren haben (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1966 - VII ZR 144/64, BGHZ 46, 242, 245). Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang, ob die Kläger stets den Abriss des gesamten Kellers gefordert und eine andere Mängelbeseitigung nicht zugelassen haben. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die Beklagte eine geeignete Nachbesserung nicht angeboten hat.
Dressler Kniffka Bauner Eick Halfmeier
Vorinstanzen:
LG Bad Kreuznach, Entscheidung vom 21.03.2007 - 3 O 93/06 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 18.10.2007 - 5 U 521/07 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 323 Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung


#BJNR001950896BJNE031602377 (1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung

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Oberlandesgericht Koblenz Urteil, 25. Sept. 2013 - 5 U 909/12

bei uns veröffentlicht am 25.09.2013

Tenor 1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teil-Vorbehalts- und Grundurteil des Landgerichtes Bad Kreuznach vom 29.06.2012 im Tenor zu 1) und zu 3) teilweise dahin geändert, dass die Klageforderung dem Grunde nach auch bezüglich der Zinsen a

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder
3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.

(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.