Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Apr. 2018 - VI ZR 76/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:230418BVIZR76.17.0
bei uns veröffentlicht am23.04.2018
vorgehend
Landgericht Köln, 28 O 379/15, 27.04.2016
Oberlandesgericht Köln, 15 U 88/16, 19.01.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 76/17
vom
23. April 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:230418BVIZR76.17.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. April 2018 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterinnen von Pentz, Dr. Oehler und den Richter Dr. Klein
beschlossen:
Die Anhörungsrüge des Klägers gegen das Senatsurteil vom 6. Februar 2018 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:


1
Die Anhörungsrüge des Klägers hat jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Das Urteil des Senats vom 6. Februar 2018 verletzt den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht.
2
1. Soweit sich der Kläger gegen die Zulassung der Revision der Beklagten durch den Senat wendet, hat der Senat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht , seine Zulassungsentscheidung nicht zu begründen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Alt. 2 ZPO). Bei dieser Entscheidung hat der Senat das Vorbringen des Klägers in seiner Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung in vollem Umfang geprüft und im Ergebnis für nicht durchgreifend erachtet. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob der Kläger seine Anhörungsrüge insoweit bereits gegen den Zulassungsbeschluss des Senats vom 19. September 2017, ggf. in Zusammenhang mit dem ergänzenden Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2017, hätte erheben können und müssen, in welchem Fall die nunmehrige Anhörungsrüge insoweit verfristet und damit bereits unzulässig wäre (vgl. zur verfassungskonformen Auslegung von § 321a Abs. 1 Satz 2 ZPO BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009 - Xa ZB 34/08, NJW-RR 2009, 642 Rn. 6 [Gewährung von Wieder- einsetzung]; BVerfGE 119, 292; BVerfG [Kammer], NJW 2009, 833 Rn. 9 ff. [jeweils Richterablehnung]).
3
2. Soweit sich der Kläger gegen die Sachentscheidung vom 6. Februar 2018 wendet, liegt ebenfalls kein Gehörsverstoß vor.
4
a) Mit dem Vortrag des Klägers, er sei kein politischer Akteur mehr, hat sich der Senat in Rn. 23 des angegriffenen Urteils ausdrücklich befasst. Die in diesem Zusammenhang vom Senat als allgemeinbekannt (§ 291 ZPO) angeführten öffentlichen Verpflichtungen des Klägers als "Altbundespräsident" wurden - ausgehend von entsprechendem Vortrag der Beklagten und Feststellungen des Berufungsgerichts (BU 14 Abs. 2) - in der mündlichen Revisionsverhandlung vor dem Senat durch den Vorsitzenden eingeführt und von den Beteiligten nicht in Frage gestellt.
5
b) Schon nicht aufgezeigt wird eine Gehörsverletzung mit der Rüge, der Senat habe die streitgegenständlichen Bilder fehlerhaft der Sozial- und nicht der Privatsphäre des Klägers zugeordnet. Bei dieser Einordnung handelt es sich für sich genommen um eine rechtliche Würdigung; an Einschätzungen der Vorinstanzen war der Senat daher nicht gebunden. Die der Einordnung in die Sozialsphäre zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Senat dabei nicht in Frage gestellt (§ 559 Abs. 2 ZPO). Die unterschiedliche Rechtsauffassung des Senats kam für den Kläger auch nicht überraschend , nachdem der Senat - wie die Anhörungsrüge letztlich auch einräumt - auf diese Möglichkeit im Rahmen der mündlichen Revisionsverhandlung hingewiesen hatte.
6
c) Auch im Übrigen hat der Senat das Vorbringen des Klägers in vollem Umfang geprüft und in dem angegriffenen Urteil gewürdigt. Dabei war er nicht verpflichtet, sich mit jedem Einzelaspekt des Vorbringens des Klägers in den Entscheidungsgründen ausdrücklich oder jedenfalls mit einer bestimmten Intensität zu befassen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2016 - VIII ZR 79/15, MDR 2016, 1350, juris Rn. 4). Dass der Senat im Ergebnis die Rechtslage abweichend von der Auffassung des Klägers beurteilt hat, begründet eine Gehörsverletzung ebenso wenig.
Galke Wellner von Pentz
Oehler Klein
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 27.04.2016 - 28 O 379/15 -
OLG Köln, Entscheidung vom 19.01.2017 - 15 U 88/16 -

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 321a Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör


(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches G

Zivilprozessordnung - ZPO | § 291 Offenkundige Tatsachen


Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2016 - VIII ZR 79/15

bei uns veröffentlicht am 23.08.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZR 79/15 vom 23. August 2016 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GG Art. 103; ZPO § 321a Da ein Gericht nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Parteivorbringen in den Entsch

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

4
Zwar lässt in Fällen, in denen das Gericht in seinen Entscheidungsgründen auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage nicht eingeht, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, dieser Umstand auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2016 - 1 BvR 1890/15, juris Rn. 15; BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2016 - VII ZR 28/15, IHR 2016, 124 Rn. 7; vom 16. März 2011 - VIII ZR 338/09, WuM 2011, 300 Rn. 3; jeweils mwN). Da das Gericht aber nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich oder jedenfalls mit einer bestimmten Intensität zu befassen, erfordert die substantiierte Darlegung einer Gehörsverletzung in einer Anhörungsrüge unter anderem auch, dass die Rüge sich nicht auf eine wiederholende Darstellung oder Rechtfertigung des vermeintlich übergangenen Vorbringens beschränkt. Sie muss vielmehr zugleich anhand des angegriffenen Urteils näher herausarbeiten, dass darin ein Rechtsstandpunkt eingenommen worden ist, bei dem das als übergangen gerügte Vorbringen schlechthin nicht unberücksichtigt bleiben konnte und seine Nichtberücksichtigung sich deshalb nur damit erklären lässt, dass es nicht zur Kenntnis genommen worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 2012 - V ZR 79/12, juris Rn. 3).