Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Jan. 2013 - VI ZB 78/11

bei uns veröffentlicht am08.01.2013
vorgehend
Amtsgericht Lindau (Bodensee), 2 C 207/10, 22.06.2011
Landgericht Kempten (Allgäu), 53 S 1393/11, 09.11.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 78/11
vom
8. Januar 2013
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die für die Ausgangskontrolle zuständige Kanzleikraft ist anzuweisen, Fristen im Kalender
grundsätzlich erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen, nachdem
sie sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen
ist.
BGH, Beschluss vom 8. Januar 2013 - VI ZB 78/11 - LG Kempten
AG Lindau (Bodensee)
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Januar 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll und Wellner, die Richterin
Diederichsen und den Richter Stöhr

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 9. November 2011 wird auf Kosten des Beklagten verworfen. Beschwerdewert: 3.075,45 €

Gründe:

I.

1
Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger 3.075,45 € nebst Zinsen zu zahlen. Gegen das am 29. Juni 2011 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit einem bei Gericht am 29. Juli 2011 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist mit einem am selben Tag bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 5. September 2011 erfolgt.
2
Nachdem das Berufungsgericht den Beklagten auf die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist hingewiesen hatte, hat dieser fristgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Der Beklagtenvertreter hat vorgetragen , die am 29. August 2011 ablaufende Berufungsbegründungsfrist sei im Fristenkalender des Rechtsanwalts, auf dem Urteil des Amtsgerichts und in der Handakte notiert worden. Zusätzlich sei dem Rechtsanwalt am 24. August 2011 ein Kostenfestsetzungsantrag des Klägervertreters übermittelt worden, für den das Amtsgericht eine Frist zur Stellungnahme binnen zehn Tagen gesetzt habe. Diese Frist sei am Montag, dem 5. September 2011, abgelaufen. Sie sei ebenfalls im Fristenkalender des Rechtsanwalts, auf dem Begleitschreiben des Amtsgerichts zum Kostenfestsetzungsantrag des Klägers und in der Handakte notiert worden.
3
Die Angelegenheit sei von Rechtsanwalt G. bearbeitet worden. Mit Schriftsatz vom 26. August 2011 habe dieser zum Kostenfestsetzungsantrag des Klägers Stellung genommen. Nach Unterzeichnung des Schriftsatzes habe Rechtsanwalt G. die geschulte und zuverlässige Rechtsanwaltsfachangestellte B. angewiesen, diese Stellungnahme vorab an das Amtsgericht zu faxen, die Stellungnahmefrist vom 5. September 2011 zu streichen und ihm die Akte sodann sofort wieder vorzulegen. Frau B. sei in der Kanzlei zur Fristüberwachung zuständig und angewiesen. Diese habe am 26. August 2011 versehentlich nicht die Frist vom 5. September 2011 zur Stellungnahme zum Kostenfestsetzungsantrag des Klägers gestrichen, sondern die Frist zur Berufungsbegründung vom 29. August 2011. Danach sei die Akte auf den Wiedervorlagestapel gelegt worden , um in die Aktenschränke einsortiert zu werden. Gegen Ende der Woche würden die Fristakten für die darauffolgende Woche gesammelt und dem jeweiligen Sachbearbeiter am Montag vorgelegt. Da in der streitgegenständlichen Akte weiterhin die Frist für den 5. September 2011 notiert gewesen sei, sei auch diese Akte Herrn Rechtsanwalt G. an diesem Tag zusammen mit einem Fristvermerk für den 5. September 2011 auf der Akte vorgelegt worden. In der Annahme, dass es sich hierbei um die Berufungsbegründungsfrist handele, habe dieser die Berufungsbegründung fertiggestellt und beim Landgericht eingereicht.
4
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen. Die Fristversäumung beruhe auf einem Organisationsverschulden , weil der Beklagtenvertreter nicht eine Ausgangskontrolle vorgetragen habe, durch die sichergestellt sei, dass Fristen erst nach einer ordnungsgemäßen Kontrolle gelöscht werden dürften.

II.

5
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen , nicht erfüllt sind.
6
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Beklagten weder in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch dessen rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02, NJW 2003, 437; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, VersR 2012, 506 Rn. 5; vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, VersR 2012, 1009 Rn. 6).
7
2. Die angefochtene Entscheidung entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Das Berufungsgericht hat zu Recht ein Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten des Beklagten angenommen, welches gemäß § 85 Abs. 2 ZPO dem Verschulden der Partei gleichsteht.
8
a) Die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist zwar zunächst darauf zurückzuführen, dass die Kanzleiangestellte versehentlich diese Frist im Fristenkalender gestrichen hat, obgleich sie die Frist zur Stellungnahme auf den Kostenfestsetzungsantrag streichen wollte. Insoweit verweist die Rechtsbeschwerde mit Recht darauf, dass ein solches Fehlverhalten einer ansonsten zuverlässigen Kanzleiangestellten im Einzelfall einer Prozesspartei - anders als ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten - nicht zuzurechnen ist.
9
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist allerdings die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht allein auf das Versehen der Kanzleiangestellten zurückzuführen. Im Streitfall hat das Berufungsgericht vielmehr den Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten zu Recht deshalb zurückgewiesen , weil die Fristversäumung auf ein Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zurückzuführen ist, welches sich hier ausgewirkt hat. Aus dem Vortrag des Beklagtenvertreters ergibt sich nämlich nicht, dass eine Kanzleianweisung besteht, aufgrund welcher nach Bearbeitung einer Sache eine Kontrolle durchgeführt wird, die sicherstellt, dass zur Fristwahrung nichts mehr zu veranlassen ist.
10
aa) Die vom Berufungsgericht insoweit gestellten Anforderungen an die Sorgfaltspflicht eines Prozessbevollmächtigten stehen in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Danach gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden (oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird), wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 23. Mai 2006 - VI ZB 77/05, VersR 2006, 1563 Rn. 5; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, aaO, Rn. 7; vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, aaO, Rn. 9). Dabei ist der für die Kontrolle zuständige Angestellte anzuweisen, Fristen im Kalender grundsätzlich erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen, nachdem er sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. März 1996 - III ZB 13/96, VersR 1996, 1298; vom 6. November 2001 - XI ZB 11/01, BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 17; vom 11. September 2007 - XII ZB 109/04, NJW 2007, 3497 Rn. 13).
11
bb) Der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags ist nicht zu entnehmen , dass in der Kanzlei der Beklagtenvertreter die danach erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen getroffen wurden. Der Beklagte hat vielmehr die Auffassung vertreten, er müsse zu einem diesbezüglichen Organisationssystem nicht vortragen, weil die Ordnungsgemäßheit der Ausgangskontrolle im Hinblick auf den Fehler der Kanzleiangestellten keine Rolle spiele. Dies ist indes nicht der Fall, weil der Fehler der Kanzleiangestellten durchaus hätte erkannt werden können, wenn sie sich bei der Ausgangskontrolle anhand der Akte vergewissert hätte, ob zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen sei. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
AG Lindau (Bodensee), Entscheidung vom 22.06.2011 - 2 C 207/10 -
LG Kempten, Entscheidung vom 09.11.2011 - 53 S 1393/11 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 40/02
vom
5. November 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO § 233 B, Fa; § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2
Der Rechtsanwalt, dem die Handakten zur Anfertigung der Berufungsbegründung
vorgelegt werden, hat eigenverantwortlich die Berufungsbegründungsfrist zu prüfen.
BGH, Beschluß vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Wiesbaden
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. November 2002 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 24. April 2002 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 5.219,62

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz für Grundstücksbeeinträchtigungen. Nachdem das Landgericht die Klage abgewiesen hatte, hat sie das Oberlandesgericht dem Grunde nach zugesprochen und die Sache hinsichtlich der Schadenshöhe an das Landgericht zurückverwiesen. Mit Urteil vom 4. Januar 2002 hat das Landgericht die Klage erneut abgewiesen. Gegen das ihren erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten am 8. Januar 2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz ihres in zweiter Instanz bevollmächtigten Rechtsanwaltes vom 6. Februar 2002, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist am 7. März 2002 bei Gericht eingegangen. Mit Verfügung vom 8. März 2002, den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 13. März 2002, hat der Senatsvorsitzende auf die Verspätung hingewiesen. Die Klägerin hat mit dem am 19. März
2002 eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten Wiedereinset- zung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und vorgetragen, die im Büro ihrer Prozeßbevollmächtigten tätige Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte M. habe wegen der zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Änderung der Zivilprozeßordnung irrtümlich den Ablauf der Begründungsfrist auf 8. März 2002 im Fristenbuch notiert. Nach Rücksprache mit dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin sei sie angewiesen worden, den 6. März 2002 als Fristende einzutragen. Dies habe Frau M. versehentlich unterlassen. Von einer anderen Angestellten sei am 6. März 2002 der Berufungsbegründungsschriftsatz fertig gemacht und am 7. März 2002 bei Gericht eingereicht worden. Das Oberlandesgericht hat mit dem angefochtenen Beschluß die Wiedereinsetzung versagt und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde, die sie wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache, zur Fortbildung des Rechts und zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung für zulässig erachtet. Sie macht geltend, die in dem angefochtenen Beschluß aufgestellten Sorgfaltsanforderungen an den Rechtsanwalt seien überspannt und die besonderen Umstände des vorgetragenen Sachverhalts nicht hinreichend berücksichtigt worden.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt.
1. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Entscheidung erhebliche Rechtsfrage klärungsbedürftig ist, die sich allgemein, in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellt (vgl. BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - NJW 2002, 3029; Zöller /Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 543 Rdn. 11). Das ist vorliegend nicht der Fall. Zur Frage, welche Sorgfaltspflichten den Rechtsanwalt bei der Kontrolle der Rechtsmittelfristen treffen, hat sich der Bundesgerichtshof bereits in einer Vielzahl von Entscheidungen geäußert. Danach hat der Rechtsanwalt bei fristgebundenen Handlungen, so auch bei der Einreichung der Berufungsbegründung bei Gericht, den Fristablauf eigenverantwortlich nachzuprüfen, wenn ihm die Sache zur Vorbereitung der betreffenden Prozeßhandlung vorgelegt wird (Senatsbeschlüsse vom 5. März 2002 - VI ZR 286/01 - VersR 2002, 637; vom 19. Juni 2001 - VI ZB 22/01 - VersR 2001, 1400 f.; vom 4. April 2000 - VI ZR 309/99 - BRAK-Mitt 2000, 287, 288; vom 11. Februar 1992 - VI ZB 2/92 - NJW 1992, 1632; vom 19. Februar 1991 - VI ZB 2/91 - VersR 1991, 1269,1270; vom 1. Juni 1976 - VI ZB 23/75 - VersR 1976, 962, 963 und vom 2. November 1976 - VI ZB 7/76 - VersR 1977, 255; BGH, Beschlüsse vom 10. Juli 1980 - VII ZB 2/80 - VersR 1980, 976, 977; vom 25. März 1985 - II ZB 2/85 - VersR 1985, 552 und vom 11. Dezember 1991 - VIII ZB 38/91 - VersR 1992, 1153). Ob der Rechtsanwalt die Sorgfaltsanforderungen beachtet hat, ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Dementsprechend hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall aufgrund der Würdigung der konkreten Einzelfallumstände einen Sorgfaltsverstoß des Klägervertreters bejaht. Eine abstrakte , der Verallgemeinerung zugängliche Rechtsfrage wirft der Fall nicht auf.
2. Auch zur Rechtsfortbildung ist eine höchstrichterliche Entscheidung nicht geboten (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO). Diese ist nur erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (vgl. BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - aaO; Zöller/Greger aaO, § 543 Rdn. 12). Die Klägerin zeigt nicht auf, daß der Fall eine verallgemeinerungsfähige rechtliche Frage aufwirft, für deren rechtliche Beurteilung eine richtungsweisende Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt. 3. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
a) Der von der Klägerin aufgezeigte Unterschied des dem vorliegenden Fall zugrundeliegenden Sachverhalts zu dem, der dem Senatsbeschluß vom 19. Februar 1991 (- VI ZB 2/91 - aaO) zugrunde lag, begründet keine rechtliche Divergenz. Eine solche ist nur dann in Betracht zu ziehen, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers der angefochtenen Entscheidung ein Rechtssatz zugrundeliegt, der von einem die Entscheidung tragenden Rechtssatz eines höherrangigen Gerichts, eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts oder eines anderen gleichgeordneten Gerichts abweicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Mai 2002 - V ZB 11/02 - VersR 2002, 1257 und vom 4. Juli 2002 - V ZB 75/02 - NJW 2002, 2957). Die Klägerin beruft sich auf Unterschiede in den jeweiligen Sachverhalten. Sie legt aber nicht dar, daß die angefochtene Entscheidung bei gleichgelagerten tatsächlichen Umständen ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung.

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist eine höchstrichterliche Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch nicht deshalb geboten, weil das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft einen zu strengen Sorgfaltsmaßstab zugrundegelegt und die besonderen Umstände nicht hinreichend berücksichtigt hätte. Zwar käme die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO in Frage, wenn der Klägerin mit der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages der Zugang zu der ihr nach der Zivilprozeßordnung eingeräumten Berufungsinstanz in unzumutbarer und aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert würde (vgl. BVerfG 44, 302, 305 f.; 69, 381, 385; BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - aaO). Bei der Auslegung der Vorschriften über die schuldhafte Fristversäumnis und die Wiedereinsetzung dürfen deshalb die Anforderungen nicht überspannt werden (vgl. BVerfGE 44, aaO; 62, 334, 336; 69, aaO). Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht aber im vorliegenden Fall nicht verstoßen. Das Berufungsgericht hat zu Recht verlangt, daß der Prozeßbevollmächtigte die Frist eigenverantwortlich bei Vorlage der Handakten zur Anfertigung der Berufungsbegründung zu prüfen hatte (Senat, Beschlüsse vom 14. Januar 1997 - VI ZB 24/96 - VersR 1997, 598; vom 10. Dezember 1996 - VI ZB 16/96 - VersR 1997, 507 f. und vom 19. Januar 1991 - VI ZB 2/91 - VersR 1991, 1269). Bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Prüfungspflicht wäre der Widerspruch zwischen dem von ihm persönlich bestimmten und in den Handakten notierten und dem im Fristenkalender festgehaltenen Fristende offenkundig geworden, bevor es zu einer Fristversäumnis kommen konnte.
c) Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht wegen der behaupteten Verfahrensverstöße gegen die richterliche Hinweispflicht zuzulassen, um die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu sichern. Selbst wenn die Rügen der Klägerin berechtigt wären, ist nicht dargelegt, daß die Interessen der Allgemeinheit über den Einzelfall hinaus nachhaltig berührt werden, weil etwa dadurch schwer er-
trägliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen oder das Berufungsgericht in ständiger Praxis die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Hinweispflichten nicht berücksichtigt und dem Rechtsfehler deshalb eine „symptomatische“ Bedeutung zukommt (vgl. BGH, Beschluß vom 29. Mai 2002 - V ZB 11/02 - aaO). 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
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1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt die Klägerin weder in ihrem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch deren rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02, NJW 2003, 437; BGH, Beschlüsse vom 11. Juni 2008 - XII ZB 184/07, NJW 2008, 2713 Rn. 6; vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378 Rn. 5, jeweils mwN).
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1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Kläger weder in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch dessen rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02, NJW 2003, 437; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, NJW 2011, 2051 Rn. 5 mwN).

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

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Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten gehört, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen , durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden (oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird), wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten , durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Juli 1997 - IX ZB 57/97 - VersR 1997, 1552; vom 15. Juli 1998 - IV ZB 8/98 - NJW-RR 1998, 1443; vom 5. Februar 2003 - IV ZB 34/02 - NJW-RR 2003, 862; vom 22. Mai 2003 - I ZB 32/02 - BGH-Report 2003, 1035 und vom 9. November 2005 - XII ZB 270/04 - FamRZ 2006, 192).
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1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt die Klägerin weder in ihrem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch deren rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02, NJW 2003, 437; BGH, Beschlüsse vom 11. Juni 2008 - XII ZB 184/07, NJW 2008, 2713 Rn. 6; vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378 Rn. 5, jeweils mwN).
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1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Kläger weder in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch dessen rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02, NJW 2003, 437; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, NJW 2011, 2051 Rn. 5 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 11/01
vom
6. November 2001
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe und die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Müller und
Dr. Wassermann
am 6. November 2001

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 15. Mai 2001 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 301.684 DM.

Gründe:


I.


Das Landgericht hat den Beklagten, einen Rechtsanwalt, zur Zahlung von 301.684 DM verurteilt. Hiergegen legte der Beklagte Berufung ein. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 7. März 2001 erschien er nicht. Gegen das daraufhin erlassene und am 13. März 2001 zugestellte Versäumnisurteil legte er mit Schriftsatz vom 30. März 2001 Einspruch ein und beantragte gegen die Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Er hat vorgetragen und dies durch eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten C. glaubhaft gemacht: Sein Büro sei so organisiert, daß Notfristen im Terminkalender als Vorfrist und für den Tag des Fristablaufs notiert würden. Am Tag des Fristablaufs werde vor Büroschluß kontrolliert, ob alle Fristsachen ordnungsgemäß erledigt seien. Erst danach werde die Frist gelöscht. Im vorliegenden Fall habe die geschulte und zuverlässige Angestellte C. die Akte am 27. März 2001, dem Tag des Fristablaufs für den Einspruch gegen das Versäumnisurteil, nicht vorgelegt und die Einspruchsfrist infolge eines nicht mehr nachvollziehbaren Versehens am Nachmittag desselben Tages als erledigt gestrichen.
Mit Beschluß vom 15. Mai 2001 hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten abgelehnt und seinen Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 7. März 2001 als unzulässig verworfen.
Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Sofern der Anwalt die Fristenkontrolle seinem Büropersonal überlasse, müsse er durch organisatorische Maßnahmen mögliche Fehlerquellen in größtmöglichem Umfang ausschließen. Dazu gehöre eine wirksame Ausgangskontrolle , die gewährleiste, daß die im Fristenkalender vermerkte Frist erst dann gelöscht werde, wenn das fristwahrende Schriftstück tatsächlich abgesandt worden oder sicher Vorsorge dafür getroffen sei, daß es rechtzeitig hinausgehe. Substantiiertes Vorbringen des Beklagten, welche organisatorischen Vorkehrungen getroffen worden seien, um ein
Fehlverhalten bei der Überwachung von Notfristen auszuschlieûen, fehle. Dem Vortrag des Beklagten sei weder zu entnehmen, ob in seiner eigenen Sache überhaupt eine Vorfrist notiert worden sei, noch ob die Akten eine Woche vor Fristablauf vorgelegt worden seien, noch welche Kontrollen vorhanden seien, um eine Nichtbeachtung der Vorfrist auszuschlieûen.
Aus den Angaben des Beklagten gehe auch nicht hervor, welche Kontrollmaûnahmen zur Verhinderung von versehentlichen Löschungen im Fristenkalender ergriffen worden seien und ob die Angestellte C. angewiesen worden sei, sich vor Streichung einer Frist anhand der Akte zu vergewissern, daû zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen sei.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 5. Juni 2001.

II.


Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Beklagten ist zulässig (§§ 238 Abs. 2, 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO), aber nicht begründet.
1. Das Oberlandesgericht hat den nicht rechtzeitig eingelegten Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil (§§ 542 Abs. 3, 339 Abs. 1 ZPO) zu Recht als unzulässig verworfen (§§ 542 Abs. 3, 341 Abs. 1 ZPO).

2. Das Berufungsgericht hat dem Beklagten auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtsfehlerfrei versagt. Gemäû § 233 ZPO darf dem in eigener Sache als Rechtsanwalt tätig gewordenen Beklagten nur dann Wiedereinsetzung gewährt werden, wenn die Möglichkeit, daû ihn an der Versäumung der Einspruchsfrist ein Verschulden trifft, ausgeschlossen ist. Das ist hier nicht der Fall.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Prozeûbevollmächtigte in ihrem Büro eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, daû die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen werden, wenn die fristwahrende Maûnahme tatsächlich durchgeführt, ein fristwahrender Schriftsatz also gefertigt und zumindest postfertig gemacht worden ist (BGH, Beschlüsse vom 8. Dezember 1993 - XII ZB 155/93 - BGHR ZPO § 233 - Fristenkontrolle 31; vom 15. Februar 1995 - XII ZB 229/94 - BGHR ZPO § 233 - Fristenkontrolle 39; vom 14. März 1996 - III ZB 13/96 - VersR 1996, 1298 und vom 4. Oktober 2000 - XI ZB 9/00 - BGHR ZPO § 233 - Ausgangskontrolle 14). Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört eine Anordnung des Prozeûbevollmächtigten, die sicherstellt, daû die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders überprüft wird. Der für die Kontrolle zuständige Angestellte ist dabei anzuweisen, Fristen im Kalender grundsätzlich erst zu streichen, nachdem er sich anhand der Akte vergewissert hat, daû zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist (BGH, Beschluû vom 14. März 1996 - III ZB 13/96, aaO). Weder der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags des Beklagten noch der eidesstattlichen Versiche-
rung der Angestellten C. ist zu entnehmen, daû in der Kanzlei des Beklagten die danach erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen getroffen worden sind.
Zur Ausgangskontrolle in seinem Büro hat der Beklagte lediglich vorgetragen, vor Büroschluû werde kontrolliert, ob alle Fristsachen erledigt seien, erst dann werde die Frist gelöscht. Welche Anordnungen des Beklagten dazu an die Angestellten ergangen sind, ist weder in der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags noch in der Beschwerdebegründung näher dargelegt. Insbesondere hat der Beklagte nicht vorgetragen , er habe angeordnet, eine Frist erst dann im Fristenkalender zu streichen, wenn der fristwahrende Schriftsatz postfertig gemacht und anhand der Akte überprüft worden sei, daû nichts mehr zu veranlassen sei.
Die Angestellte C. hat in ihrer eidesstattlichen Versicherung insoweit lediglich ausgeführt, vor Büroschluû werde kontrolliert, ob alle Fristsachen erledigt seien, in der Folge werde die Frist gestrichen. Die so beschriebene Praxis entspricht nicht den an eine ordnungsgemäûe Fristenkontrolle zu stellenden Anforderungen. Sie läût es nämlich zu, daû Fristen auch dann gestrichen werden, wenn die Angestellte auf eine nicht näher festgelegte Weise erfährt und deshalb zu wissen glaubt, daû die Sache irgendwie erledigt sei. Daû es dabei leicht zu Irrtümern und Verwechselungen kommen kann, liegt auf der Hand. Es ist danach nicht auszuschlieûen, daû die Ausgangskontrolle in der Kanzlei des Beklagten nicht so organisiert ist, daû eine Wahrung von Rechtsmittelfristen gewährleistet wird, und daû die Versäumung der Einspruchsfrist auf einen solchen Organisationsmangel zurückzuführen ist. Schon diese Möglich-
keit eines Organisationsverschuldens des Beklagten schlieût die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus.
3. Die sofortige Beschwerde war deshalb mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Nobbe Siol Bungeroth
Müller Wassermann

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

13
b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Prozessbevollmächtigte in ihrem Büro eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweit als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, ein fristwahrender Schriftsatz also gefertigt und zumindest postfertig gemacht worden ist (BGH, Beschluss vom 6. November 2001 - XI ZB 11/01 - BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 17 m.w.N.). Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, die sicherstellt, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders überprüft wird. Der für die Kontrolle zuständige Angestellte ist dabei anzuweisen, Fristen im Kalender grundsätzlich erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen, nachdem er sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist (BGH, Beschluss vom 14. März 1996 - III ZB 13/96 - VersR 1996, 1298). Der Begründung des Wiedereinset- zungsantrags ist indessen nicht zu entnehmen, dass in der Kanzlei der Beklagtenvertreterin die danach erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen getroffen worden sind.