Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2011 - VI ZB 45/09

bei uns veröffentlicht am15.03.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 45/09
vom
15. März 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG-VV Nr. 1000
Die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs gehören nur dann zu den erstattungsfähigen
Kosten des Rechtsstreits, wenn die Parteien dies vereinbart haben.
BGH, Beschluss vom 15. März 2011 - VI ZB 45/09 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. März 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen
und den Richter Stöhr

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. Juni 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. Die sofortigen Beschwerden des Klägers gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse der Rechtspflegerin des Landgerichts Köln vom 28. Januar 2009 - 28 O 313/08 - und vom 17. Februar 2009 - 28 O 314/08 - werden in vollem Umfang zurückgewiesen. Die Kosten der Beschwerdeverfahren trägt der Kläger. Der Beschwerdewert wird auf 1.804 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat die Beklagten in den beiden zugrunde liegenden Rechtsstreitigkeiten auf Unterlassung von Presseveröffentlichungen in Anspruch genommen. Im Verhandlungstermin hat das Landgericht den Parteien vorge- schlagen, sich dahingehend zu einigen, dass die jeweilige Beklagte die Klageansprüche anerkennen und der Kläger im Gegenzug erklären solle, dass er keine weiteren Ansprüche aus den streitgegenständlichen Veröffentlichungen mehr geltend machen werde.
2
Mit Schriftsätzen vom 13. Oktober 2008 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Landgericht zu beiden Verfahren mit, dass die Parteien sich im Sinne des gerichtlichen Vorschlags geeinigt hätten. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten bestätigte dies mit seinen Schreiben vom 14. Oktober 2008 und erklärte das Anerkenntnis des jeweiligen Klageanspruchs. Das Landgericht erließ sodann jeweils ein Anerkenntnisurteil, mit dem der jeweiligen Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden.
3
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers meldete für beide Verfahren u.a. eine 1,0 Einigungsgebühr nach §§ 2, 13 RVG, RVG-VV Nr. 1000, 1003 in Höhe von 902 € zur Festsetzung an, ferner die hälftigen Kosten für die Anreise des in Berlin residierenden Prozessbevollmächtigten zum Verhandlungstermin in Köln.
4
Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat diese Kosten in den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlüssen unberücksichtigt gelassen. Auf die sofortigen Beschwerden der Kläger hat das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in juris veröffentlicht ist (OLG Köln, Beschluss vom 18. Juni 2009 - 17 W 144+145/09), in beiden Verfahren unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels entschieden, dass die geltend gemachte Einigungsgebühr zu erstatten sei. Aufgrund des Akteninhalts stehe fest, dass die Prozessbevollmächtigten der Parteien beim Abschluss eines Vertrags mitgewirkt hätten, durch den der Streit über den Gegenstand beider Verfahren beseitigt worden sei. Die entstandene Einigungsgebühr sei entsprechend der Kostengrundentscheidung im jeweils ergangenen Anerkenntnisurteil von den Beklagten zu erstatten. Dem stehe nicht entgegen, dass die Parteien zu einer außergerichtlichen Einigung ohne förmliche Niederlegung eines Prozessvergleichs und ohne ausdrückliche vertragliche Kostenregelung zur Einigungsgebühr gefunden hätten.
5
Mit der vom Beschwerdegericht hinsichtlich der Einigungsgebühr zugelassenen Rechtsbeschwerde begehren die Beklagten, die sofortigen Beschwerden gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse in vollem Umfang zurückzuweisen.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO zulässig und begründet. Die Ausführungen des Beschwerdegerichts halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Rechtspflegerin hat zu Recht die in beiden Verfahren vom Prozessbevollmächtigten des Klägers geltend gemachte Einigungsgebühr nicht berücksichtigt.
7
1. In der Sache zutreffend und von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Entstehung einer Einigungsgebühr gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG, RVGVV Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1, Nr. 1003 vorliegen, weil die Prozessbevollmächtigten der Parteien bei Abschluss eines Vertrags mitgewirkt haben, durch den der Streit über den Gegenstand beider Verfahren beseitigt worden ist.
8
2. Rechtsfehlerhaft ist allerdings die Auffassung des Beschwerdegerichts , dass die Einigungsgebühren gemäß der Kostengrundentscheidung in den jeweils ergangenen Anerkenntnisurteilen von den Beklagten zu erstatten seien.
9
a) Nicht zu beanstanden ist zwar die Auffassung, der Erstattung der Einigungsgebühr stehe nicht entgegen, dass die Parteien zu einer außergerichtlichen Einigung ohne förmliche Niederlegung eines Prozessvergleichs gefunden haben. Für die Festsetzbarkeit einer Einigungsgebühr ist nämlich - anders als nach der früheren Regelung des § 23 BRAGO (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2002 - III ZB 22/02, VersR 2004, 395) - die Protokollierung eines als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleichs nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht erforderlich. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat erklärt, er halte an seiner im Beschluss vom 28. März 2006 (VIII ZB 29/05, NJW 2006, 1523) geäußerten gegenteiligen Auffassung nicht fest (vgl. BGH, Beschluss vom 13. April 2007 - II ZB 10/06, NJW 2007, 2187 Rn. 7).
10
b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts gehören aber die Kosten eines - hier vorliegenden - außergerichtlichen Vergleichs nur dann zu den erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits, wenn die Parteien dies vereinbart haben (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2008 - V ZB 66/08, NJW 2009, 519 Rn. 7 ff.; OLG Karlsruhe JurBüro 1991, 89, 90; OLG München, FamRZ 1999, 1674; OLG Frankfurt, NJW 2005, 2465, 2466; OLG Hamm, OLGR Hamm 2007, 738; Musielak/Wolst, ZPO, 7. Aufl., § 98 Rn. 2; MünchKommZPO /Giebel, 3. Aufl., § 98 Rn. 23 ff.; Schneider in Prütting/Gehrlein, ZPO, 2. Aufl., § 98 Rn. 1; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 98 Rn. 7; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 19. Aufl., VV 1000 Rn. 321 unter Aufgabe der gegenteiligen Auffassung in der 18. Aufl., aaO, Rn. 376).
11
aa) Gemäß § 98 Satz 1 ZPO sind bei einem Prozessvergleich die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben. Für einen außergerichtlichen Vergleich gilt die Vorschrift jedenfalls dann entsprechend, wenn der außergerichtliche Vergleich zur Prozessbeendigung führt (vgl. BGH, Urteile vom 31. Januar 1963 - III ZR 117/62, BGHZ 39, 60, 69; vom 25. Mai 1988 - VIII ZR 148/87, NJW 1989, 39, 40; Beschlüsse vom 15. März 2006 - XII ZR 209/05, NJW-RR 2006, 1000; vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, VersR 2007, 1086; vom 25. September 2008 - V ZB 66/08, aaO, Rn. 8 mwN). Eine abweichende Vereinbarung liegt im hier beendeten Streitverfahren nicht vor.
12
bb) Die Erstattungsfähigkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass die in den Anerkenntnisurteilen getroffenen Kostengrundentscheidungen auch die Kosten der außergerichtlichen Einigung mit erfassten. Fehlt es an einer entsprechenden Vereinbarung hinsichtlich der Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs, erfasst die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs nicht. Deren Verteilung richtet sich dann unabhängig von der Verteilung der Kosten des Rechtsstreits nach § 98 Satz 1 ZPO. Dies ist durch den Beschluss des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 25. September 2008 - V ZB 66/08, aaO, höchstrichterlich entschieden. Der Senat schließt sich den dort niedergelegten Grundsätzen an. Die weiteren vom Beschwerdegericht zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs betreffen andere Sachverhalte und stehen dem nicht entgegen.
13
§ 98 ZPO trifft keine einheitliche Regelung über die Kosten eines Rechtsstreits bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs. Er befasst sich vielmehr in seinem Satz 1 nur mit den Kosten des Vergleichs. Die dort vorgesehene Regelung, dass die Kosten grundsätzlich als gegeneinander aufgehoben gelten, wird mit Satz 2 auf die Kosten des Rechtsstreits übertragen. Das führt zwar dazu, dass für die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten des Vergleichs im Grundsatz die gleiche Kostenverteilung gilt, wenn die Parteien nichts anderes vereinbaren. Das ändert aber nichts daran, dass die Vorschrift zwischen den Kosten des Vergleichs einerseits und den Kosten des Rechtsstreits andererseits unterscheidet. Folge hiervon ist, dass die Kosten "des Rechtsstreits" nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers weder die Kosten eines gerichtlichen noch die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs umfassen. Beide Gruppen von Kosten folgen vielmehr eigenen, zudem nicht notwendig ergebnisgleichen Regeln (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2008 - V ZB 66/08, aaO, Rn. 13).
14
Hier haben die Parteien keine Kostenregelung getroffen und mithin auch nicht vereinbart, dass die Kosten des Vergleichs abweichend von § 98 ZPO als Kosten des Rechtsstreits behandelt werden sollen. Ein entsprechender Wille kommt auch nicht durch den Verfahrensablauf zum Ausdruck, weil in beiden Verfahren ein Anerkenntnisurteil gegen die jeweiligen Beklagten ergangen und ergänzend zwischen den Parteien ein Vergleich abgeschlossen worden ist, ohne eine Vereinbarung über die Kosten zu treffen.
15
3. Nach den vorstehenden Ausführungen waren der angefochtene Beschluss insoweit aufzuheben, als er zum Nachteil der Beklagten ergangen ist, und die sofortigen Beschwerden gegen die jeweiligen Kostenfestsetzungsbe- schlüsse der Rechtspflegerin des Landgerichts zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 28.01.2009 und vom 17.02.2009 - 28 O 313 + 314/08 -
OLG Köln, Entscheidung vom 18.06.2009 - 17 W 144 + 145/09 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 2 Höhe der Vergütung


(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert). (2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 13 Wertgebühren


(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem Gegen- standswert bis ... Eurofür jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euroum ... E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 794 Weitere Vollstreckungstitel


(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:1.aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vo

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Die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs sind als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben. Das Gleiche gilt von den Kosten des durch Vergleich erledigten Rechtsstreits, soweit nicht über sie bereits

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(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem

Gegen-
standswert
bis ... Euro
für jeden
angefangenen
Betrag von
weiteren ... Euro
um
... Euro
2 00050039
10 0001 00056
25 0003 00052
50 0005 00081
200 00015 00094
500 00030 000132
über
500 000

50 000

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Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.

(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.

(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 22/02
vom
26. September 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 103, 104; BRAGO § 23
Die Festsetzung einer anwaltlichen Vergleichsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren
erfordert, daß die Parteien einen als Vollstreckungstitel
tauglichen Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO haben protokollieren lassen
(§§ 160 Abs. 3 Nr. 1, 162 f ZPO).
BGH, Beschluß vom 26. September 2002 - III ZB 22/02 - AG Augsburg
LG Augsburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Schlick, Dörr und Galke am 26. Septem-
ber 2002

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Augsburg vom 19. April 2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 107,37

Gründe:


I.


Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten die Zahlung von 2.894,20 DM nebst Zinsen verlangt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht vom 8. November 2001 einen entsprechenden Antrag gestellt. Die - anwaltlich nicht vertretene - Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage erklärte sich die Beklagte bereit, eine Forderung in Höhe von 2.500 DM anzuerkennen. Der Kläger erteilte sein
Einverständnis, wenn die Beklagte die gesamten Kosten des Rechtsstreits übernehme. Daraufhin erkannte die Beklagte die Klageforderung in Höhe von 2.500 DM nebst gesetzlichen Zinsen seit dem 1. Juli 2002 an. Der Kläger nahm die Klage in Höhe des überschießenden Betrages zurück und beantragte den Erlaß eines Anerkenntnisurteils. Dieses wurde antragsgemäß erlassen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Beklagten auferlegt. Durch Kostenfestsetzungsbeschluß vom 17. Januar 2002 wurden die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 395,07 elehnt wurde die Festsetzung einer vom Kläger angemeldeten Vergleichsgebühr ! " # %$! & (§ 23 BRAGO) in Höhe von 210 DM (= 107,37 ' legte der Kläger sofortige Beschwerde ein. Diese wurde durch den angefochtenen Beschluß des Landgerichts zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Kläger, zu seinen Gunsten weitere von der Be- ( ) * klagten zu erstattende 107,37 '

II.


Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Beide Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, daß die von den Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 8. November 2001 gewählte Form einvernehmlicher Streitbeilegung (Teilanerkenntnis; Klagerücknahme hinsichtlich der Mehrforderung) keinen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung einer im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigungsfähigen anwaltlichen Vergleichsgebühr (§ 23 BRAGO) begründet hat.
1. Allerdings wird diese Frage in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte unterschiedlich beurteilt.

a) Der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg vertritt die Auf- fassung, wenn die Parteien zwar keinen Prozeßvergleich geschlossen, sich aber unter Mitwirkung ihrer Bevollmächtigten dahin geeinigt hätten, daß für den Fall des Anerkenntnisses die Klage teilweise zurückgenommen werde und der Beklagte die vollen Kosten übernehme, so sei die Vergleichsgebühr angefallen (MDR 2000, 908).

b) Unter einschränkenden Voraussetzungen hält auch das Oberlandesgericht München eine Vergleichsgebühr für festsetzungsfähig: Zwar könne sie nicht bereits dann festgesetzt werden, wenn die Parteien im Termin einseitige Prozeßerklärungen abgäben (z.B. teilweise Berufungsrücknahme seitens des Beklagten und teilweise Klagerücknahme); allerdings komme die Festsetzung in Betracht, wenn der Erstattungsberechtigte glaubhaft mache, daß die Parteien sich über ein entsprechendes Vorgehen - im Wege des gegenseitigen Nachgebens - vor Gericht geeinigt hätten (AnwBl. 1996, 476).

c) Das Oberlandesgericht Frankfurt meint, in der teilweisen Klagerücknahme und im anschließenden Anerkenntnis des Restes und nachfolgenden Anerkenntnisurteil könne ein materieller Vergleich liegen, der für den mitwirkenden Rechtsanwalt die Vergleichsgebühr auslöse. Im Zweifel gehörten diese Kosten aber nicht zu den Kosten des Rechtsstreits, unterlägen deshalb nicht der Kostenentscheidung des Anerkenntnisurteils und seien deshalb nicht festsetzbar (Rpfleger 1990, 91). In ähnlichem Sinne sieht auch das Oberlandesgericht Schleswig bei Prozeßbeendigung durch teilweise Klagerücknahme und
Anerkenntnis der Restforderung grundsätzlich keinen Raum für eine Festsetzung von Vergleichsgebühren aufgrund der Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil (OLG-Report 2001, 238 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

d) Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg fordert für die Festsetzung einer Vergleichsgebühr allgemein den Abschluß eines Vergleichs: Sie könne im Kostenfestsetzungsverfahren nur dann festgesetzt werden, wenn ein solcher ausdrücklich protokolliert worden sei (MDR 2002, 354). Insbesondere dieser Entscheidung hat sich das Landgericht angeschlossen; ihr ist zuzustimmen.
2. Die Festsetzung der von der unterlegenen an die obsiegende Partei zu erstattenden Kosten in dem dafür vorgesehenen Verfahren der §§ 103, 104 ZPO erfordert - schon im Interesse der Rechtssicherheit - klare, praktikable Berechnungsgrundlagen. Dies gilt auch und gerade für die zur Festsetzung angemeldeten Anwaltsgebühren. Bei einer Streitbeilegung der hier in Rede stehenden Art, bei der es nicht zur Protokollierung eines gerichtlichen Vergleichs kommt, sondern die durch einseitige Prozeßhandlungen der Parteien erreicht wird, liegt es oftmals nicht klar zutage, ob die gewählte Handlungsform auf einem Konsens beruht, der die Voraussetzungen eines materiellrechtlichen Vergleichs im Sinn des § 779 BGB erfüllt. Dementsprechend müßte - worauf das Oberlandesgericht Nürnberg (MDR 2002, 354) mit Recht hinweist - die Klärung dieser nicht immer einfach zu beantwortenden Rechtsfrage der Interpretation des Kostenbeamten vorbehalten bleiben, was zur Folge hätte , daß das Kostenrisiko von prozeßleitenden Entscheidungen der Parteien, die auf Rechtsgesprächen vor Gericht beruhen, letztlich im Ungewissen läge. Dies würde dem berechtigten und schutzwürdigen Interesse derjenigen Partei,
die sich zur Kostenübernahme bereit erklärt hat, zuwiderlaufen, den Umfang der sie treffenden Last zuverlässig abschätzen zu können. Dementsprechend hat auch im vorliegenden Fall die Beklagte sinngemäß eingewendet, bei ihrer Bereitschaft, die Kosten zu übernehmen, habe sie darauf vertraut, von der Belastung mit einer Vergleichsgebühr verschont zu bleiben. Andererseits geschieht der obsiegenden Partei kein Unrecht: Bei wirklich umfassender Einigung hätte es den Parteien freigestanden, den Rechtsstreit statt durch Klagerücknahme und Anerkenntnisurteil durch einen Prozeßvergleich zu beenden, bei dem Unklarheiten von vornherein ausgeschlossen gewesen wären (OLG Schleswig OLG-Report 2001, 238).
3. Danach ist im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Nürnberg (MDR 2002, 354) festzuhalten, daß die Parteien, um eine Festsetzung der Vergleichsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren zu erreichen, einen als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleich entsprechend § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO protokollieren lassen müssen, der der Form der §§ 160 Abs. 3 Nr. 1, 162 f ZPO entspricht. All dies gilt bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise auch dann, wenn im Einzelfall die Feststellung eines vertraglichen Konsenses der Parteien, der materiell-rechtlich die Begriffsmerkmale eines Vergleichs i.S.d. § 779 BGB erfüllt, ohne Schwierigkeiten möglich sein sollte. Es ist daher für die Entscheidung des vorliegenden Falles unerheblich, daß im Rechtsstreit beide Parteien die Auffassung vertreten haben, sie hätten hier einen Vergleich geschlossen.
Rinne Wurm Schlick Dörr Galke

(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:

1.
aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Vergleichen, die gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 492 Abs. 3 zu richterlichem Protokoll genommen sind;
2.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen;
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
aus Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet;
3a.
(weggefallen)
4.
aus Vollstreckungsbescheiden;
4a.
aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, sofern die Entscheidungen rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind;
4b.
aus Beschlüssen nach § 796b oder § 796c;
5.
aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat;
6.
aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006;
7.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind;
8.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ergangen sind;
9.
aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind.

(2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt.

7
b) Ergibt sich, wie hier, die Erfüllung der in Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 RVG-VV für das Entstehen der Einigungsgebühr erforderlichen Voraussetzungen aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung, ist die Gebühr im Kostenfestsetzungsverfahren glaubhaft gemacht und damit festsetzbar. An seiner gegenteiligen Auffassung (Beschl. v. 28. März 2006 - VIII ZB 29/05, NJW 2006, 1523) hält der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs nicht fest, wie er auf Anfrage mitgeteilt hat.
7
2. Im Ergebnis zutreffend ist auch die weitere Annahme des Beschwerdegerichts , dass die Kosten dieses Vergleichs in der Sache als gegeneinander aufgehoben gelten.

Die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs sind als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben. Das Gleiche gilt von den Kosten des durch Vergleich erledigten Rechtsstreits, soweit nicht über sie bereits rechtskräftig erkannt ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 209/05
vom
15. März 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Verteilung der Kosten des Rechtsstreits, wenn sich die Parteien in einem
außergerichtlichen Vergleich zur Hauptsache und wegen eines Teils der prozessbezogenen
Kosten (hier: Anwaltsgebühren) verständigen und der Rechtsmittelführer
danach eine von ihm eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurücknimmt.
BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - XII ZR 209/05 - OLG München
LG Traunstein
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. März 2006 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Der Beklagte wird, nachdem er die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das am 19. Oktober 2005 verkündete Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München zurückgenommen hat, dieses Rechtsbehelfs für verlustig erklärt (§§ 565, 516 Abs. 3 ZPO entsprechend). Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Streitwert: 87.651 €.

Gründe:


I.

1
Die Parteien sind geschiedene Eheleute, die um die Verteilung des Erlöses aus dem Verkauf des ehemaligen Familienheimes streiten. Die Klägerin hatte von dem Beklagten in erster Instanz die Zahlung von 102.182 € verlangt, wovon ihr 87.650,82 € zugesprochen wurden. Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte der Beklagte Berufung ein, die vom Oberlandesgericht zurückgewiesen wurde. Hiergegen richtete sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten, die vor Ablauf der Begründungsfrist zurückgenommen worden ist. Der Rücknahme dieses Rechtsmittels lag ein außergerichtlicher Vergleich der Parteien zugrunde, nach dem sich der Beklagte verpflichtete, auf der Grundlage des erstinstanzlichen Urteils als Vollstreckungstitel an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 40.000 € zu zahlen; darüber hinaus waren die Parteien sich einig, dass jede Seite ihre eigenen Rechtsanwaltskosten zu tragen habe. Weitere Regelungen zur Verteilung der Kosten des Rechtsstreits enthält der Vergleich nicht.

II.

2
1. Die Parteien haben eine ausdrückliche Regelung dahingehend getroffen , dass jede Partei die bei ihr angefallenen Anwaltskosten selbst zu tragen hat. Die Verteilung der Kosten eines Rechtsstreits steht zur Disposition der Prozessparteien , so dass eine ausdrückliche Parteivereinbarung sowohl § 98 ZPO als auch den sonstigen gesetzlichen Kostentragungsvorschriften gegenüber vorrangig ist. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn den Parteien - wie im vorliegenden Fall der Klägerin - Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, denn auch der Vergütungsanspruch des beigeordneten Anwalts gehört zu den außergerichtlichen Parteikosten, die Gegenstand einer außergerichtlichen Vereinbarung der Parteien über die Kostentragung sein können (vgl. OLG Oldenburg NdsRPfl 1994, 366; LG Köln MDR 1990, 929 mit Anm. Mümmler JurBüro 1990, 1284).
3
2. Hinsichtlich der Gerichtskosten und etwaiger sonstiger außergerichtlicher Kosten fehlt es im Vergleich an einer ausdrücklichen Regelung der Parteien. Insoweit gilt die gesetzliche Vermutung der Kostenaufhebung gemäß § 98 Satz 2 ZPO, deren Anwendung auch bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch einen außergerichtlichen Vergleich in Betracht kommt (BGHZ 39, 60, 69; BGH Beschluss vom 6. Oktober 1964 - Ia ZR 74/63 - NJW 1965, 103; BGH Be- schluss vom 14. Juli 1969 - X ZR 40/65 - MDR 1970, 46; BGH Urteil vom 25. Mai 1988 - VIII ZR 148/87 - WM 1988, 1460, 1462). Zwar kann § 98 Satz 2 ZPO von den Parteien nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend in der Weise abgedungen werden, dass über die Kosten des Rechtsstreits nach den allgemeinen Kostenvorschriften (insbesondere §§ 91 a, 269 Abs. 3, 516 Abs. 3 ZPO) zu entscheiden sei. Bei der Auslegung des vorliegenden Vergleiches ergeben sich jedoch keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass dies dem mutmaßlichen Willen der Parteien entsprechen würde.
4
a) Die Anwendung des § 91 a ZPO setzt im Ausgangspunkt voraus, dass eine gerichtliche Entscheidung zur Beendigung eines Kostenstreits der Parteien notwendig wird, was auch bei einem außergerichtlichen Vergleich dann nicht der Fall ist, wenn sich die Verteilung der Kosten des Rechtsstreits - entweder kraft einer ausdrücklichen Bestimmung oder auf Grund der gesetzlichen Vermutung des § 98 Satz 2 ZPO - aus dem Inhalt des Vergleichs selbst ergibt (vgl. BGH MDR 1970 aaO; OLG Saarbrücken NJW-RR 1996, 320; OLG München VersR 1976, 395; MünchKomm-ZPO/Belz, 2. Aufl., § 98 Rdn. 3). Allerdings steht es den Parteien frei, die Kostenregelung einer Entscheidung des Gerichts unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu unterstellen. Hierzu muss dem Vergleich zumindest eine positive Andeutung dahin zu entnehmen sein, dass wegen der Kosten des Rechtsstreits eine sachbezogene Klärung durch das Gericht erwünscht ist. Ob es hierfür bereits ausreicht, dass die Parteien im Vergleich die Feststellung treffen, sich wegen der Kosten nicht geeinigt zu haben (Mümmler JurBüro 1993, 558; dagegen Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl. § 98 Rdn. 3; MünchKomm-ZPO/Belz, aaO Rdn. 4), kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Eine Entscheidung nach § 91 a ZPO ist auf keinen Fall veranlasst, wenn die Parteivereinbarung zur Kostentragung nichts aussagt, denn dies ist der typische Anwendungsbereich des § 98 ZPO. Haben sich die Parteien - wie hier - nur über außergerichtliche Kosten oder nur über Gerichtskosten ausdrücklich verständigt, gilt § 98 Satz 2 ZPO nur für den jeweils nicht geregelten Teil (Musielak/Wolst aaO Rdn. 3; Wieczorek /Schütze/Steiner, ZPO 3. Aufl. § 98 Rdn. 9).
5
b) Auch die Anwendung der allgemeinen Kostentragungsvorschriften für die Rücknahme einer Nichtzulassungsbeschwerde (§§ 565, 516 Abs. 3 ZPO entsprechend) kommt unter den hier obwaltenden Umständen nicht in Betracht. Durch die Rücknahme des Rechtsmittels erfüllte der Beklagte eine in dem außergerichtlichen Vergleich - zumindest mittelbar - übernommene Verpflichtung. Steht es bei der Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde im Vordergrund, die von den Parteien gewünschte Beendigung des Rechtsstreits prozessual umzusetzen, geht die von den Parteien gewollte Kostenverteilung, die gegebenenfalls mit Hilfe der gesetzlichen Vermutung des § 98 Satz 2 ZPO ermittelt werden muss, der Anwendung von §§ 565, 516 Abs. 3 ZPO grundsätzlich vor. Der Rückgriff auf die allgemeinen Kostenvorschriften über die Rücknahme von Rechtsmitteln wird nur dann dem mutmaßlichen Willen der Parteien entsprechen , wenn der Vergleich in materieller Hinsicht im Wesentlichen eine Anerkennung der angefochtenen Entscheidung zum Inhalt hat und daher anzunehmen ist, dass die Parteien die Anwendung des § 98 Satz 2 ZPO ausschließen wollten (BGH WM 1988 aaO; LAG München VersR 1988, 280; vgl. auch OLG Köln MDR 1986, 503; OLG Hamm JurBüro 1992, 424; OLG Stuttgart MDR 2004, 717, jeweils zu § 269 Abs. 3 ZPO). Dies steht hier angesichts des Verhältnisses der Vergleichssumme (40.000 €) zu dem in zweiter Instanz zuerkannten Betrag (87.650,82 €) erkennbar nicht in Rede. Eine weitergehende Prüfung der Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde ist dem Senat allein schon deshalb verwehrt, weil die Parteien in den Fällen, in denen eine gerichtliche Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes nicht gewollt ist, die Frage der Kostentragung gerade nicht von einer solchen Prüfung abhängig machen wollen. Ob ein stillschwei- gender Ausschluss des § 98 Satz 2 ZPO dann in Betracht kommt, wenn das Rechtsmittel offensichtlich unzulässig ist, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden werden.
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Aus den gleichen Gründen kann der Vergleich auch nicht dahin ausgelegt werden, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen im Kostenpunkt weiter gelten sollen, soweit hier nicht wegen der Rechtsanwaltskosten etwas anderes ausdrücklich vereinbart worden ist. Zwar geht bei der Rücknahme eines Rechtsmittels auf der Grundlage eines außergerichtlichen Vergleichs ein auf Fortgeltung der vorinstanzlichen Kostenentscheidung gerichteter Wille der Parteien der gesetzlichen Vermutung des § 98 Satz 2 ZPO vor (Zöller/Gummer/ Heßler, ZPO, 25. Aufl. § 516 Rdn. 18). Auch ein solcher Wille kann aber nur angenommen werden, wenn der Vergleich die angefochtene Entscheidung im Wesentlichen bestätigt, was hier nicht der Fall ist.
7
3. Da die Kostenverteilung einer Vereinbarung der Parteien folgt, ist grundsätzlich für eine gerichtliche Kostenentscheidung kein Raum mehr, und zwar auch soweit zur Auslegung der Vereinbarung auf die gesetzliche Vermutung des § 98 Satz 2 ZPO zurückgegriffen worden ist. Allerdings kann in den Fällen einer rein außergerichtlichen Verständigung über die Kostenlast zur Klarstellung ein deklaratorischer Beschluss angezeigt sein (vgl. Musielak/Wolst aaO Rdn. 8; Bergerfurth NJW 1972, 1840, 1843). Von dieser Möglichkeit hat der Senat Gebrauch gemacht.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
LG Traunstein, Entscheidung vom 13.01.2005 - 7 O 3652/03 -
OLG München, Entscheidung vom 19.10.2005 - 3 U 1918/05 -
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2. Im Ergebnis zutreffend ist auch die weitere Annahme des Beschwerdegerichts , dass die Kosten dieses Vergleichs in der Sache als gegeneinander aufgehoben gelten.

Die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs sind als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben. Das Gleiche gilt von den Kosten des durch Vergleich erledigten Rechtsstreits, soweit nicht über sie bereits rechtskräftig erkannt ist.

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2. Im Ergebnis zutreffend ist auch die weitere Annahme des Beschwerdegerichts , dass die Kosten dieses Vergleichs in der Sache als gegeneinander aufgehoben gelten.

Die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs sind als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben. Das Gleiche gilt von den Kosten des durch Vergleich erledigten Rechtsstreits, soweit nicht über sie bereits rechtskräftig erkannt ist.

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2. Im Ergebnis zutreffend ist auch die weitere Annahme des Beschwerdegerichts , dass die Kosten dieses Vergleichs in der Sache als gegeneinander aufgehoben gelten.

Die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs sind als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben. Das Gleiche gilt von den Kosten des durch Vergleich erledigten Rechtsstreits, soweit nicht über sie bereits rechtskräftig erkannt ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)