vorgehend
Amtsgericht Bonn, 4 C 174/04, 13.01.2005
Landgericht Bonn, 5 S 46/05, 28.04.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 25/05
vom
21. März 2006
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. März 2006 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 28. April 2005 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 3.326,82 €.

Gründe:

I.

1
Das Amtsgericht hat die von der Klägerin gegen die Beklagten erhobene Schadensersatzklage durch Urteil vom 13. Januar 2005 abgewiesen. Mit am 3. März 2005 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin "namens der Klägerin und der Berufungsklägerin" gegen das "am 13.01.2005 verkündete und am 04.02.2005 zugestellte Urteil des Amtsgerichts B. , Aktenzeichen " Berufung eingelegt. In dem Schriftsatz hat sie fälschlicherweise "Herrn S. B. aus B. " als Kläger und Berufungskläger angegeben. Am Ende der Berufungsschrift heißt es: "Die Urteilsausfertigung, deren Rückgabe erbeten wird, sowie zwei beglau- bigte Abschriften sind beigefügt." Die Berufung wurde am 31. März 2005 begründet.
2
Mit Verfügung vom 12. April 2005 wurde die Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen, dass es an einer wirksamen Berufungseinlegung fehle. Nicht Herr S. B. sondern Frau N. B. sei Klägerin in dem in der Berufungsschrift angegebenen Verfahren vor dem Amtsgericht B. gewesen. Dass das Rechtsmittel für diese eingelegt werde, ergebe sich auch nicht mit Hilfe weiterer Unterlagen, die innerhalb der Berufungsfrist beim Landgericht eingegangen seien. Entgegen der Angaben in der Berufungsschrift seien dieser keine Abschriften des amtsgerichtlichen Urteils beigefügt gewesen. Die mit Verfügung vom 8. März 2005 angeforderte Verfahrensakte sei erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist am 11. März 2005 beim Landgericht eingegangen.
3
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat daraufhin mit einem am 25. April 2005 eingegangenen Schriftsatz die Auffassung vertreten, die Berufung sei erkennbar für die Klägerin eingelegt gewesen. Hilfsweise hat sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, weil sie ein Verschulden an der Fristversäumung nicht treffe. Sie habe nämlich anlässlich der Erstellung der Berufungsschrift ihrer Mitarbeiterin die Anweisung erteilt, der Berufungsschrift das angefochtene Urteil sowie zwei beglaubigte Abschriften beizufügen. Nicht die falsche Bezeichnung des Rechtsmittelführers in der Berufungsschrift, sondern der Fehler der Mitarbeiterin, die das amtsgerichtliche Urteil nicht beigefügt habe, habe zur Versäumung der Berufungsfrist geführt.
4
Das Berufungsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Wiedereinsetzung als unbegründet zurückgewiesen und die Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil als unzulässig verworfen. Es könne dahinstehen , ob die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Anweisung gegeben habe, das Urteil sowie zwei Kopien des Urteils als Anlage mit zu übersenden. Unabhängig davon liege ein Verschulden der Prozessbevollmächtigten darin, dass sie die Berufungsschrift unterzeichnet habe, obwohl die Person des Rechtsmittelführers nicht korrekt benannt gewesen sei. Da mithin erst nach Ablauf der Berufungsfrist die Person des Rechtsmittelführers erkennbar gewesen sei, sei die Berufung als unzulässig zu verwerfen gewesen.
5
Mit der Rechtsbeschwerde beantragt die Klägerin, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und ihr Wiedereinsetzung in die abgelaufene Berufungsfrist zu gewähren.

II.

6
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt, insbesondere eine Zulassung nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin zu Recht zurückgewiesen und infolgedessen die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen.
7
a) Die Rechtsbeschwerdeführerin geht selbst nicht mehr davon aus, dass die Berufung innerhalb der Berufungsfrist ordnungsgemäß für die Klägerin eingelegt worden sei. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Rechtsmittelschrift den Erfordernissen des § 519 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (früher: § 518 Abs. 2 ZPO a.F.) nicht genügt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dieser Vorschrift nämlich nur entsprochen, wenn bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist zweifelsfrei angegeben wird, für wen und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt werden soll (vgl. Senat, Urteil vom 15. Dezember 1998 - VI ZR 316/97 - VersR 1999, 900, 901 und Beschluss vom 13. Januar 2004 - VI ZB 53/03 - VersR 2004, 1622, 1623 m.w.N.). Daran fehlt es, wenn in der Berufungsschrift - wie hier - anstelle des wirklichen Berufungsklägers eine andere, mit ihm nicht identische Person bezeichnet wird und die erforderliche Klarheit über die Person des Rechtsmittelklägers auch nicht im Wege der Auslegung der Berufungsschrift und der etwa sonst im Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsfrist vorliegenden Unterlagen, insbesondere des erstinstanzlichen Urteils, gewonnen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Januar 2004 - VI ZB 53/03 - aaO; BGH, Beschluss vom 16. Juli 1998 - VII ZB 7/98 - VersR 1998, 1529, 1530). Da hier die Ausfertigung und die Abschriften des erstinstanzlichen Urteils der Berufungsschrift nicht beigefügt waren , ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die erforderliche Klarheit über die Person der Klägerin als Rechtsmittelklägerin nicht gewinnen konnte.
8
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeführerin hat diese auch zum Wiedereinsetzungsantrag keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass sie ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten. Unter den gegebenen Umständen liegt ein Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten vor, das der Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist.
9
Die Rechtsbeschwerde macht geltend, die Prozessbevollmächtigte habe anlässlich der Erstellung der Berufungsschrift ihrer Mitarbeiterin die Anweisung erteilt, der Berufungsschrift das angefochtene Urteil sowie zwei beglaubigte Abschriften beizufügen. Deshalb habe nicht der Fehler der Prozessbevollmächtigten , die den falschen Namen in der Berufungsschrift nicht bemerkt habe, sondern der Fehler der Mitarbeiterin, die das amtsgerichtliche Urteil nicht beigefügt habe, zur Versäumung der Berufungsfrist geführt. Dieses Vorbringen lässt ein Verschulden der Prozessbevollmächtigten nicht entfallen.
10
Diese hat die Berufungsschrift unterzeichnet, obgleich die Person des Rechtsmittelführers nicht korrekt bezeichnet war. Damit hat sie gegen ihre anwaltlichen Pflichten verstoßen, weil sie die Rechtsmittelschrift auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit prüfen musste. Das weisungswidrige Verhalten der Mitarbeiterin , die ihrerseits gegen Pflichten verstoßen hat, steht einem für die Fristversäumung ursächlichen Verschulden der Prozessbevollmächtigten nicht entgegen. Zwar wären die Parteien des Berufungsverfahrens und die Person des Berufungsführers mit Hilfe des Ersturteils zu erkennen gewesen, so dass auch das Verhalten der Mitarbeiterin für die Versäumung der Frist ursächlich geworden ist. Dies lässt jedoch die Mitursächlichkeit der Pflichtverletzung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht entfallen. Die Pflichtwidrigkeit der Mitarbeiterin kann deshalb weder deren Pflichtenverstoß noch dessen Ursächlichkeit für die Unzulässigkeit des Rechtsmittels beseitigen. Wiedereinsetzung kann demgemäß nicht gewährt werden, wenn neben dem Verschulden des Prozessbevollmächtigten andere von ihm nicht verschuldete Umstände mitgewirkt haben (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 2003 - XII ZB 154/01 - FamRZ 2003, 1176). Da hier auch ein eigenes Verschulden der Prozessbevollmächtigten vorliegt, ist ein anderer Sachverhalt gegeben als bei dem Beschluss des Senats vom 9. Dezember 2003 (VI ZB 26/03, VersR 2005, 138), bei dem dem Prozessbevollmächtigten die falsche Bezeichnung des Berufungsführers aufge- fallen war und er sodann seiner Kanzleiangestellten eine konkrete Einzelanweisung erteilte, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte.
11
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
AG Bonn, Entscheidung vom 13.01.2005 - 4 C 174/04 -
LG Bonn, Entscheidung vom 28.04.2005 - 5 S 46/05 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

Zivilprozessordnung - ZPO | § 518 Berufungsfrist bei Urteilsergänzung


Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Wird gegen beide Urteile von derselben Partei Berufung eingelegt, so sind beide Berufungen miteinander zu verbinden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 53/03
vom
13. Januar 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird in der Berufungsschrift eine Partei fälschlich als Klägerin und Berufungsführerin
bezeichnet, so ist bei den gebotenen strengen Anforderungen
an eine eindeutige Bezeichnung des Rechtsmittelführers regelmäßig davon
auszugehen, daß die so bezeichnete Partei der Rechtsmittelführer ist, wenn
sich nicht aus anderen Umständen Gegenteiliges mit der erforderlichen Klarheit
ergibt.
BGH, Beschluß vom 13. Januar 2004 - VI ZB 53/03 - LG Düsseldorf
AG Düsseldorf
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Januar 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diede-
richsen und die Richter Pauge und Stöhr

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 21. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 24. Juli 2003 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen. Gegenstandswert der Beschwerde: 4.451,20

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls auf Schadensersatz in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und auf die Widerklage des Beklagten zu 2 den Kläger und die Widerbeklagten zu 2 und 3 ! als Gesamtschuldner verurteilt, 2.119,40 2 zu bezahlen. Das Urteil vom 19. Februar 2003 ist dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers und der Widerbeklagten am 20. März 2003 zugestellt worden. Am 15. April 2003 ist die Berufungsschrift der damaligen Prozeßbevollmächtigten des Klägers und der Widerbeklagten beim Berufungsgericht eingegangen. Der Text der Berufungsschrift lautet auszugsweise:
"In dem Rechtsstreit 1. unter der Firma H. L. Elektrische Anlagen handelnden Elektromeisters H. L., - Kläger zu 1 und Berufungskläger - 2. des Herrn W., ... - Kläger zu 2 und Berufungskläger - 3. der V. Versicherungs AG .... - Klägerin zu 3 und Berufungsklägerin - - Prozeßbevollmächtigte: .... gegen 1. Herrn M.S., .... - Beklagter zu 1 und Berufungsbeklagter - 2. Herrn N. S., .... - Beklagter zu 2 und Berufungsbeklagter - 3. die D. Allgemeine Versicherungs AG, .... - Beklagte zu 2 und Berufungsbeklagte - Aktenzeichen 1. Instanz: 43 C 4904/00 Namens und in Vollmacht der Klägerin legen wir hiermit gegen das am 19.2.2003 verkündete und am 20.3.2003 zugestellte Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf Berufung ein. Anträge und deren Begründung bleiben einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten. (Unterschrift)".
Eine Ablichtung des Urteils des Amtsgerichts war nicht erkennbar bei- gefügt, doch ist die Berufungsschrift dem gegnerischen Prozeßbevollmächtigten zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2003 - beim Landgericht am selben Tag eingegangen - haben die Prozeßbevollmächtigten die Berufung namens des Klägers begründet und den Antrag angekündigt, das Urteil des Amtsgerichts abzuändern und die Beklagten zu 1 bis 3 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an #"%$ &' ( )* ! + ," - den Kläger 4.451,20 März 2000 zu zahlen. Mit Beschluß vom 24. Juli 2003 hat das Landgericht die Berufungen des Klägers und der Widerbeklagten zu 3 als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Berufung vom 15. April 2003 könne nur dahin verstanden werden, daß sie lediglich für die Widerbeklagte zu 3, die in der Berufungsschrift fälschlich als Klägerin zu 3 bezeichnet worden sei, eingelegt worden sei. Nach dem Inhalt der Berufungsschrift sei die Berufung ausdrücklich namens und in Vollmacht der "Klägerin" eingelegt worden. Als Klägerin sei in der Berufung nur die Widerbeklagte zu 3 bezeichnet worden. Auch unter Berücksichtigung des Rubrums der angefochtenen Entscheidung könne die Berufungsschrift nur in diesem Sinne ausgelegt werden, denn auch die Widerbeklagte zu 3 sei durch die angefochtene Entscheidung infolge ihrer Verurteilung auf die Widerklage beschwert. Eine Berufung für den Kläger sei daher nicht fristgerecht eingelegt worden (§§ 517, 519 ZPO). Die Berufung der Widerbeklagten zu 3 sei nicht gemäß § 520 ZPO begründet worden. Für den Widerbeklagten zu 2 sei keine Berufung eingelegt. Gegen den seinen Prozeßbevollmächtigten am 1. August 2003 zugestellten Beschluß hat der Kläger am 1. September 2003 Rechtsbeschwerde eingelegt und innerhalb verlängerter Frist am 3. November 2003 begründet.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 ZPO).
a) Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung allerdings dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren. Das kann insbesondere auch bei einer Verletzung von Verfahrensgrundrechten der Fall sein, etwa wenn der angefochtene Beschluß die Parteien in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder wirkungsvollen Rechtschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt (vgl. Senatsbeschluß vom 23. September 2003 - VI ZB 32/03 - z.V.b.). Eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten muß allerdings aus den Darlegungen des Beschwerdeführers im Einzelfall klar zu Tage treten, also offenkundig sein, und die angefochtene Entscheidung muß hierauf beruhen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - BGHZ 151, 221, 226 f.; vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - NJW 2003, 1943, 1946 f.).
b) Ein solcher Zulassungsgrund liegt hier nicht vor. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht nicht auf einem entscheidungserheblichen und klar zu Tage tretenden Verstoß gegen die Verfahrensgrundrechte des Klägers; sie ist zudem einzelfallbezogen und erfordert deshalb keine korrigierende Entscheidung des Bundesgerichtshofs. aa) Zutreffend geht das Landgericht davon aus, daß an die eindeutige Bezeichnung des Rechtsmittelführers strenge Anforderungen zu stellen sind.
Nach ständiger Rechtsprechung ist der Formvorschrift des § 519 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (früher: § 518 Abs. 2 ZPO a.F.) nur entsprochen, wenn bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist zweifelsfrei angegeben wird, für wen und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt werden soll (vgl. Senat, Urteil vom 15. Dezember 1998 - VI ZR 316/97 - VersR 1999, 900; Beschluß vom 30. Mai 2000 - VI ZB 12/00 - VersR 2000, 1299, 1300; vom 7. November 1995 - VI ZB 12/95 - VersR 1996, 251). Daran fehlt es beispielsweise, wenn in der Berufungsschrift anstelle des wirklichen Berufungsklägers ein anderer, mit ihm nicht identischer Beteiligter bezeichnet wird (vgl. BGH, Beschluß vom 16. Juli 1998 - VII ZB 7/98 - VersR 1998, 1529). Das bedeutet zwar nicht, daß die erforderliche Klarheit über die Person des Rechtsmittelklägers ausschließlich durch dessen ausdrückliche Bezeichnung zu erzielen wäre. Vielmehr kann sie auch im Wege der Auslegung der Berufungsschrift und der etwa sonst im Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsfrist vorliegenden Unterlagen gewonnen werden (vgl. Senatsurteile vom 13. Oktober 1998 - VI ZR 81/98 - VersR 1999, 636, 638; vom 15. Dezember 1998 - VI ZR 316/97 - aaO; Senatsbeschlüsse vom 18. April 2000 - VI ZB 1/00 - NJW-RR 2000, 1371, 1372 sowie vom 30. Mai 2000 - VI ZB 12/00 - aaO). An Umständen, die eine solche Klärung ermöglichen könnten, fehlt es vorliegend jedoch. bb) Die entscheidende Frage, wer mit der Berufungsschrift vom 14. April 2003 Berufung eingelegt hat, ist allein anhand dieses Schriftsatzes nämlich nicht zuverlässig zu beantworten. Zwar sind der Kläger und die beiden anderen Widerbeklagten jeweils einzeln als "Berufungskläger" bezeichnet; andererseits sollte die Berufung ausdrücklich "namens und in Vollmacht der Klägerin" eingelegt werden. Die einzige weibliche (juristische) Person auf Klägerseite war jedoch die Widerbeklagte zu 3. Nur diese war im Eingang der Berufungsschrift zudem mit dem Zusatz "Klägerin" kenntlich gemacht. Hierdurch und durch den
textlichen Hinweis kam in dem Schriftsatz zum Ausdruck, daß die Berufung für die Widerbeklagte zu 3) eingelegt werden sollte. Wenn zusätzlich berücksichtigt wurde, daß der Kläger durch seine Firma bezeichnet worden war (vgl. § 17 Abs. 1 HGB), blieb unklar, wer Berufungsführer sein sollte, der Kläger unter seiner Firma, die Widerbeklagte zu 3, die irrig als Klägerin bezeichnet war, oder beide. Insofern unterscheidet sich der Sachverhalt von der Fallgestaltung, die der von der Rechtsbeschwerde genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15. Juli 1999 (IX ZR 316/97 – NJWRR 1999, 1587) zugrundelag. Diese Unklarheiten die aus der Berufungsschrift allein nicht zu beheben waren, machten die Berufung unzulässig. Die Zweifel des Berufungsgerichts insoweit können nicht als lediglich theoretisch angesehen werden, wie die Rechtsbeschwerde meint.
c) Bei anderer Würdigung der Berufungsschrift wäre die Entscheidung des Landgerichts zwar möglicherweise fehlerhaft. Verfahrensgrundrechte des Klägers wären jedoch auch in diesem Fall nicht offenkundig verletzt. Auch eine Bedeutung der Entscheidung für die Allgemeinheit fehlt. Es handelt sich vielmehr um die Auslegung einer Berufungsschrift in einem Einzelfall, die keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
2. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Stöhr

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 154/01
vom
14. Mai 2003
in Sachen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Mai 2003 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, die Richter Gerber, Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs
und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 18. Juni 2001 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Beschwerdewert: 51.129

Gründe:

I.

Mit Urteil vom 16. Februar 2001 hat das Landgericht der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Gegen das ihr zu Händen ihres Prozeßbevollmächtigten am 8. März 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom 5. April 2001, der am 6. April 2001 beim Berufungsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt.
Darin heißt es: "3 KfH O 21/99 In Sachen P. ./. E. legen wir hiermit gegen das Urteil des Landgerichts G. vom 16.2.2001 fristwahrend Berufung ein. Die Berufungsbegründung bleibt einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten." Das Urteil des Landgerichts war der Berufungsschrift nicht beigefügt. Auf den ihr am 16. Mai 2001 zugestellten Hinweis des Vorsitzenden vom 10. Mai 2001, daß die Berufung unzulässig sei, weil die Berufungsschrift weder die Parteien des Ausgangsverfahrens erkennen lasse, noch ersichtlich sei, für und gegen welche Partei Berufung eingelegt worden sei, hat die Beklagte mit am 29. Mai 2001 eingegangenem Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt und eine vollständige Berufungsschrift beigefügt. Sie hat geltend gemacht, in der Kanzlei ihres Prozeßbevollmächtigten sei der Text eines Berufungsschriftsatzes in dem Computerprogramm der Kanzlei gespeichert. Der Text sehe die Beifügung des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils in Abschrift vor. Dementsprechend seien die Mitarbeiterinnen der Kanzlei angehalten, dem vom Prozeßbevollmächtigten unterzeichneten Berufungsschriftsatz die angefochtene Gerichtsentscheidung beizufügen. Die Mitarbeiterin des Prozeßbevollmächtigten habe, nachdem sie angewiesen worden sei, den Berufungsschriftsatz zu fertigen, jedoch nicht
den im Computerprogramm abgespeicherten Standardtext übernommen, sondern einen davon abweichenden Berufungsschriftsatz geschrieben und versehentlich auch das erstinstanzliche Urteil nicht beigefügt. Der Prozeßbevollmächtigte sei bei Vorlage des Berufungsschriftsatzes davon ausgegangen, daß dem von ihm unterzeichneten Berufungsschriftsatz das angefochtene Urteil in Abschrift beigefügt werde.
Mit Beschluß vom 18. Juni 2001 hat das Berufungsgericht den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten.

II.

Die gemäß § 519 b Abs. 2 ZPO a.F. statthafte, im übrigen form- und fristgerecht eingeleitete sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. 1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß die Rechtsmittelschrift den Erfordernissen des § 518 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a.F. nicht genügt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muß die dort vorgesehene Erklärung, daß gegen ein bestimmtes Urteil Berufung eingelegt werde, auch die Angabe enthalten, für wen und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt sein solle (st. Rspr. vgl. BGH Beschluß vom 4. Juni 1997 - VIII ZB 9/97 - NJW 1997, 3383). Hiernach muß aus der Berufungsschrift entweder schon für sich allein oder jedenfalls mit Hilfe weiterer Unterlagen, wie etwa dem ihm beigefügten erstinstanzlichen Urteil, bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig zu erkennen sein, wer Berufungskläger ist und wer Berufungsbeklagter sein soll. Daran fehlt es hier. Die Berufungsschrift enthält weder die korrek-
ten Parteibezeichnungen noch die Angabe, für welche der - unvollständig aufgeführten - Parteien Berufung eingelegt werde. Das erstinstanzliche Urteil wurde dem Berufungsgericht erst nach Ablauf der Berufungsfrist vorgelegt. 2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht der Beklagten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist versagt. Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten hat die Versäumung der Berufungsfrist verschuldet. Sein Verschulden muß sich die Beklagte zurechnen lassen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Der Prozeßbevollmächtigte hat die Berufungsschrift unterzeichnet, obwohl weder die Parteien korrekt bezeichnet noch die Person des Rechtsmittelführers genannt war. Damit hat er erheblich gegen seine anwaltlichen Pflichten verstoßen. Die Anfertigung einer Rechtsmittelschrift gehört wegen der Bedeutung dieser Tätigkeit und wegen der inhaltlichen Anforderungen an einen solchen Schriftsatz zu den Geschäften, die der Rechtsanwalt nicht seinem Büropersonal überlassen darf, ohne das Arbeitsergebnis auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit selbst zu überprüfen (st. Rspr.; vgl. BGH Beschluß vom 20. Februar 1995 - II ZB 16/94 - NJW 1995, 1499). Von dieser Verpflichtung entbindet den Rechtsanwalt nicht die Anweisung an seine Mitarbeiter, ein speziell für die Rechtsmitteleinlegung erarbeitetes Computerprogramm zu benutzen. Die fehlerhafte Benutzung des Programms oder - wie hier - ein eigenmächtiges Abweichen vom Programm kann ihn nicht entlasten. Die mangelnde Überprüfung der Berufungsschrift hat zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels geführt. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, die Kanzleiangestellte ihres Prozeßbevollmächtigten habe entgegen dessen genereller Weisung, jedem Berufungsschriftsatz das erstinstanzliche Urteil beizufügen , im vorliegenden Fall weisungswidrig das Urteil des Landgerichts nicht bei-
gefügt. Zwar wären die Parteien des Berufungsverfahrens und die Person des Berufungsführers mit Hilfe des Ersturteils zu erkennen gewesen. Das vermag den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten aber nicht zu entlasten. Seine Mitarbeiterin hat durch ihr weisungswidriges Verhalten ihrerseits gegen Pflichten verstoßen. Dieses Verhalten beseitigt aber nicht das pflichtwidrige Verhalten des Prozeßbevollmächtigten, das zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels geführt hat. Wollte der Prozeßbevollmächtigte verhindern, daß sein eigenes pflichtwidriges Verhalten ursächlich für die Versäumung der Berufungsfrist wird, so hätte er sicherstellen müssen, daß seiner unzureichenden Berufungsschrift das Ersturteil tatsächlich beigefügt wurde. Die Pflichtwidrigkeit der Mitarbeiterin kann weder den Pflichtenverstoß des Prozeßbevollmächtigten noch dessen Ursächlichkeit für die Unzulässigkeit des Rechtsmittels beseitigen. Wiedereinsetzung kann nicht gewährt werden, wenn neben dem Verschulden des Prozeßbevollmächtigten andere von ihm nicht verschuldete Umstände mitgewirkt haben (Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 233 Rdn. 14).
Hahne RiBGH Gerber ist urlaubsbedingt Wagenitz verhindert zu unterschreiben. Hahne Fuchs Vézina

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 26/03
vom
9. Dezember 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn ein Rechtsanwalt seiner Büroangestellten
die Anweisung erteilt hat, den Namen des Berufungsklägers in
der von ihm unterzeichneten Rechtsmittelschrift zu berichtigen, dazu die erste
Seite des Schriftsatzes auszutauschen und die Berufungsschrift anschließend
per Telefax an das Rechtsmittelgericht zu übermitteln, die Angestellte den
Schriftsatz aber unverändert absendet.
BGH, Beschluß vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 26/03 - LG Schwerin
AG Wismar
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Dezember 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diede-
richsen und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß der Zivilkammer 6 des Landgerichts Schwerin vom 4. März 2003 aufgehoben , soweit zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gewährt. Der Berufungskläger zu 2 hat die Kosten seiner Rechtsbeschwerde zu tragen, nachdem er diese zurückgenommen hat. Der Gegenstandswert der Beschwerdeverfahren beträgt je 3.197,28

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes auf Schadensersatz in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 11. November 2002 zugestellt worden. Am 11. Dezem-
ber 2002 hat ihr Prozeßbevollmächtigter zunächst im Namen ihres Ehemannes Berufung eingelegt. Auf den am 30. Dezember 2002 zugegangenen Hinweis des Gerichts hat er am 13. Januar 2003 auch in ihrem Namen Berufung eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen , die Bürokraft ihres Prozeßbevollmächtigten, die Rechtsanwaltsfachangestellte F., habe am letzten Tag der Berufungsfrist einen Berufungsschriftsatz gefertigt, in dem fälschlicherweise nicht die Klägerin, sondern deren Ehemann als Berufungsführer aufgeführt gewesen sei. Dieses sei ihrem Prozeßbevollmächtigtem nach der Unterzeichnung aufgefallen. Er habe Frau F. daraufhin angewiesen, das Rubrum zu berichtigen, dazu die erste Seite des Schriftsatzes auszutauschen und die Berufungsschrift anschließend per Fax an das Landgericht zu übermitteln. Zusätzlich habe er auf der zweiten Seite des Schriftsatzes einen gelben Klebezettel mit dem Vermerk angebracht: „falscher Berufungskläger – austauschen H. V.“. Versehentlich habe Frau F. den unterzeichneten Schriftsatz ohne Änderung des Namens des Berufungsklägers an das Gericht gefaxt. Frau F. sei eine geschulte und sehr zuverlässige Angestellte, die, wie regelmäßige Kontrollen durch ihn ergeben hätten, Anweisungen bisher stets sorgfältig und ohne Beanstandungen ausgeführt habe. Der Ehemann der Klägerin hat seine Berufung später zurückgenommen.
Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Landgericht die begehrte Wiedereinsetzung versagt und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Hiergegen haben sowohl die Klägerin als auch ihr Ehemann Rechtsbeschwerde eingelegt. Letzterer hat seine Rechtsbeschwerde zurückgenommen. Die Klägerin hält ihre Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts und wegen grundsätzlicher Bedeutung, jedenfalls aber zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für zulässig (§ 574 Abs. 2 Ziff. 2 und 1 ZPO).

II.


Die Rechtsbeschwerde der Klägerin ist gem. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch im übrigen zulässig, denn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluß verletzt die Klägerin in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. Art. 2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieser verbietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozeßbevollmächtigten zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen sie auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts nicht rechnen mußte (vgl. BVerfGE 79, 372, 376 f.; BVerfG, NJW-RR 2002, 1004, 1005).
Das Berufungsgericht übersieht, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein der Partei zuzurechnendes Verschulden ihres Anwalts (§§ 85 Abs. 2, 233 ZPO) an der Fristversäumung grundsätzlich nicht gegeben ist, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 -XI ZB 13/95 - VersR 1996, 348; vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96 - NJW-RR 1998, 1360 f.; vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823; vom 2. Juli 2001 - II ZB 28/00 - NJW-RR 2002, 60; vom 1. Juli 2002 - II ZB 11/01 - NJW-RR 2002, 1289 f. und vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - zur Veröffentlichung bestimmt). Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, daß eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt (vgl. Senatsbe-
schluß vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH, Beschlüsse vom 23. April 1997 - XII ZB 56/97 - NJW 1997, 1930 und vom 27. Februar 2003 - III ZB 82/02 - MDR 2003, 763, 764). So liegt der Fall hier, denn der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hatte seiner Angestellten F. konkret aufgetragen, die von ihm unterzeichnete Berufungsschrift zu berichtigen , dazu die erste Seite des Schriftsatzes auszutauschen und die Berufungsschrift anschließend per Fax an das Landgericht zu übermitteln. Hätte Frau F. diese Einzelanweisung befolgt, wäre die Berufungsfrist gewahrt worden.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts traf den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin nicht die Pflicht, die ordnungsgemäße Ausführung der Korrektur zu überprüfen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 1982 - VIII ZB 76/81 - VersR 1982, 471 und vom 27. Februar 2003 - III ZB 82/02 - aaO). Eine besondere Kontrolle wäre allenfalls dann notwendig gewesen, wenn die Rechtsmittelschrift mehrere für die Zulässigkeit relevante Fehler aufgewiesen hätte (vgl. BGH, Beschluß vom 18. Oktober 1994 - X ZB 10/94 - VersR 1995, 558). Das war hier nicht der Fall. Wenn die Berufungsschrift entsprechend der Anordnung des Prozeßbevollmächtigten korrigiert worden wäre, hätte sie den sich aus § 519 ZPO ergebenden Anforderungen genügt. Insbesondere wäre die Klägerin als Partei des Berufungsverfahrens hinreichend deutlich bezeichnet gewesen. Dem steht nicht entgegen, daß es auf der zweiten Seite der Rechtsmittelschrift heißt, die Berufung werde "namens des Berufungsklägers“ eingelegt. Mängel der Parteibezeichnung in Rechtsmittelschriften sind unbeachtlich, wenn sie in Anbetracht der jeweiligen Umstände keinen vernünftigen Zweifel an der Person des Rechtsmittelklägers oder des Rechtsmittelbeklagten offenlassen (Senatsbeschluß vom 7. November 1995 - VI ZB 12/95 - VersR 1996, 251; Senatsurteile vom 15. Dezember 1998 - VI ZR 316/97 - VersR 1999, 900 und vom 19. Februar 2002 - VI ZR 394/00 -
VersR 2002, 777). Wenn die Partei eines Berufungsverfahrens namentlich und mit zutreffender Angabe ihrer Wohnungsanschrift benannt wird, ist es für ihre Identifizierung grundsätzlich ohne Belang, wenn sie statt als "Berufungsklägerin“ versehentlich als "Berufungskläger“ bezeichnet wird. Wie die Rechtsbeschwerde zutreffend geltend macht, hätten im Streitfall bei ordnungsgemäßer Ausführung der angeordneten Korrektur der Rechtsmittelschrift keine vernünftigen Zweifel daran bestanden, daß die Berufung im Namen der Klägerin eingelegt werden sollte.
Müller Greiner Diederichsen
Pauge Zoll

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)