Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Feb. 2017 - V ZR 88/16
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Februar 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 6.800 €.
Gründe:
I.
- 1
- Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 25. März 2013 wurde eine Kostenobergrenze für die Hausreinigung aller Treppenhäuser von 40.000 € beschlossen. Mit Wirkung zum 1. Januar 2014 schloss der Verwalter mit drei Reinigungsfirmen Dienstver- träge über die Treppenhausreinigung ab, die Kosten von 46.800 € jährlich ver- ursachen. In der Eigentümerversammlung vom 19. Mai 2015 wurde zu TOP 4 Antrag 1 beschlossen, die Kostenobergrenze rückwirkend zum 1. Januar 2014 auf 46.800 € anzuheben. Dagegen fand der zu TOP 4 gestellte Antrag 2, einen Rechtsanwalt damit zu beauftragen, Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter wegen der gegenüber der ursprünglich beschlossenen Kostenober- grenze eingetretenen jährlichen Mehrbelastung geltend zu machen und die Verpflichtung zum Ersatz weiterer Schäden feststellen zu lassen, keine Mehrheit.
- 2
- Gegen diese beiden Beschlüsse wendet sich die Klägerin mit der Anfechtungsklage. Zugleich will sie im Wege der Beschlussersetzung erreichen, dass der zweite Antrag zu TOP 4 beschlossen wird; hilfsweise verlangt sie die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu dem insoweit beantragten Vorgehen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen. Gegen die damit verbundene Nichtzulassung der Revision richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin.
II.
- 3
- Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision gel- tend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
- 4
- 1. Der in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren gemäß § 49a GKG bestimmte Streitwert entspricht in der Regel nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer. Maßgebend ist das Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung des angefochtenen Urteils, das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten ist (vgl. Senat, Beschluss vom 17. November 2016 - V ZR 86/16, WuM 2017, 62 f.; Beschluss vom 9. Februar 2012 - V ZB 211/11, ZWE 2012, 224 Rn. 4 mwN). Um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen, dass er mit der beabsichtigten Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will (vgl. nur Senat, Beschluss vom 12. November 2014 - V ZR 59/14, juris Rn. 2 mwN).
- 5
- 2. Daran gemessen ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig. Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es nicht auf die Mehrbelastung aller Wohnungseigentümer bzw. auf die Gesamtforderung gegen den Verwalter an. Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse des klagenden Wohnungseigentümers, der im Wege der Anfechtungs- und Beschlussersetzungsklage die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Verwalter erreichen will, bemisst sich vielmehr nach seinem - im Zweifel nach Miteigentumsanteilen zu bestimmenden - Anteil an der Schadensersatzforderung ; ebenso beschränkt sich das wirtschaftliche Interesse daran, eine Kostenmehrbelastung (hier durch die beschlossene Erhöhung der Kostenobergrenze ) zu verhindern, auf den Anteil des Wohnungseigentümers an den Mehrkosten. Die Höhe des jeweils auf sie entfallenden Anteils hat die Klägerin in ihrer Beschwerde nicht dargelegt; auch lässt sich die Höhe ihres Miteigentumsanteils weder der angefochtenen Entscheidung noch der Beschwerdebegründung entnehmen. Angesichts der Größe der Wohnungseigentümergemeinschaft (ausweislich des Protokolls der Eigentümerversammlung 351 Stimmen) dürfte im Übrigen auszuschließen sein, dass der klägerische Anteil insgesamt die Grenze von 20.000 € überschreitet, selbst wenn- wie die Klägerin meint - entsprechend § 9 ZPO ein Zeitraum von 3,5 Jahren und damit eine Gesamtfor- derung von 47.600 € (jeweils 23.800 € für die hinsichtlich TOP 4 Antrag 1 und TOP 4 Antrag 2 gestellten Klageanträge) zugrunde zu legen sein sollte.
III.
- 6
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Festsetzung des Streitwerts gemäß § 49a Abs. 1 GKG übernimmt der Senat die Schät- zung der Vorinstanzen von jeweils 6.800 € für das Gesamtinteresse der Partei- en an den hinsichtlich TOP 4 Antrag 1 und TOP 4 Antrag 2 gestellten Klageanträgen. Dieses ist aber jeweils nur zu 50 % zu berücksichtigen. Dass das Inte- resse der Klägerin über 6.800 € liegt bzw. ihr fünffaches Interesse diesen Be- trag unterschreitet (§ 49a Abs. 1 Satz 2 GKG), kann der Senat mangels Bezifferung des klägerischen Kostenanteils nicht feststellen.
Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 27.11.2015 - 481 C 11952/15 WEG -
LG München I, Entscheidung vom 10.03.2016 - 1 S 22602/15 WEG -
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Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)