Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Nov. 2009 - V ZR 76/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- 1. Das Berufungsgericht hat keine Beweisangebote der Beklagten zu der Behauptung übergangen, dass die Erblasserin mit der Erteilung der Vollmacht ihr eine Schenkung habe machen wollen. Die gerügte Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) liegt schon deshalb nicht vor, weil es an einem Beweisangebot in der Berufungsinstanz dazu fehlt.
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- Da die Berufungsverhandlung nicht mehr eine Fortsetzung der Verhandlung der ersten Instanz ist, sondern der Kontrolle und Beseitigung von Fehlern in der erstinstanzlichen Entscheidung dient, hat der Berufungskläger den Rechts- oder Verfahrensfehler in der Berufungsbegründung aufzuzeigen; ein globaler Hinweis auf erstinstanzliches Vorbringen und Beweisantritte (hier zu den behaupteten Intentionen der Erblasserin im Hinblick auf die Erteilung der Vollmacht) genügt nicht den in § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO bestimmten Anforderungen an eine Berufungsbegründung (HK/Wöstmann, ZPO, 3. Aufl., § 520 Rdn. 22; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 520 Rdn. 41 m.w.N.).
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- Der Berufungskläger muss zumindest deutlich machen, dass nach seiner Ansicht den Beweisantritten aus der ersten Instanz noch nachgegangen werden muss. Daran fehlt es hier, weil die Beklagte in der Berufungsbegründung zwar umfänglich ihre - von der Entscheidung des Berufungsgerichts in dem Rechtstreit der Schwester gegen die Beklagte ergangenen Urteil - abweichende Rechtsauffassung dargelegt, aber - im Unterschied zu dem Antrag, den zur Verjährungseinrede benannten Zeugen F. L. noch zu vernehmen - keine Beweiserhebung zu einer in der Berufungsbegründung im Übrigen so nicht vorgetragenen Schenkungsvereinbarung zwischen der Erblasserin und ihr verlangt hat.
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- 2. Richtig ist zwar die Rüge, dass der Obersatz zu § 819 Abs. 1 BGB im Berufungsurteil unrichtig ist, da die verschärfte Haftung voraussetzt, dass der Empfänger nicht nur die den Mangel des Rechtsgrunds begründenden Tatsachen, sondern auch den Mangel des Rechtsgrunds selbst kennt (BGHZ 118, 383, 392; Senat, BGHZ 133, 246, 250). Das rechtfertigt jedoch nicht die Zulassung der Revision; denn die Entscheidung ist im Ergebnis richtig, weil einem sittenwidrig handelnden Bereicherungsschuldner die Berufung auf seine Unkenntnis vom Mangel des Rechtsgrunds versagt ist, wenn er diejenigen Tatsachen kennt, aus denen sich die Rechtsgrundlosigkeit seines Erwerbs aufdrängt (Senat, BGHZ 133, 246, 250 f.; vgl. auch BGH, Urt. v. 6. November 2008, III ZR 129/08, NJW-RR 2009, 345, 346 zu § 819 Abs. 2 BGB).
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- So ist es hier, da auch einem Laien bei einfachsten Überlegungen bewusst wird, dass eine Vollmacht allein nicht dazu berechtigt, das unter Ausnutzung der Vollmacht erlangte Vermögen auf sich zu übertragen und für eigene Rechnung zu verwerten. Eine etwaige besondere Unempfindlichkeit des Rechtsbewusstseins der Beklagten gegenüber rechtlichen und sittlichen Geboten stünde ihrer verschärften Haftung nach § 819 Abs. 1 BGB nicht entgegen.
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- 3. Von einer weiteren Begründung des Beschlusses wird nach § 544 Abs. 2 Satz 2 ZPO abgesehen.
Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 11.06.2008 - 1 O 318/06 -
OLG Celle, Entscheidung vom 02.04.2009 - 6 U 118/08 -
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.
(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.