Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2018 - V ZR 338/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:061218BVZR338.17.0
06.12.2018
vorgehend
Amtsgericht Hamburg-Altona, 303b C 26/15, 09.06.2016
Landgericht Hamburg, 318 S 67/16, 24.11.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 338/17
vom
6. Dezember 2018
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGZPO § 26 Nr. 8; ZPO § 3

a) Die Beschwer des Beklagten, der sich gegen die gerichtliche Feststellung
des Bestehens eines Sondernutzungsrechts eines anderen Wohnungseigentümers
wendet, richtet sich nach der Wertminderung, die seine
Wohneinheit erfährt, wenn es bei dem Urteil bliebe (im Anschluss an
Senat, Beschluss vom 25. Januar 2018 - V ZR 135/17, WuM 2018, 181
Rn. 3).

b) Die Beschwer des Klägers, dessen Klage auf Feststellung des Bestehens
bzw. auf Einräumung eines Sondernutzungsrechts abgewiesen
worden ist, bemisst sich nach der Wertsteigerung, die sein Wohnungseigentum
bei Stattgabe der Klage erfährt.
BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2018 - V ZR 338/17 - LG Hamburg
AG Hamburg-Altona
ECLI:DE:BGH:2018:061218BVZR338.17.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Dezember 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 18 - vom 24. November 2017 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 8.900 €.

Gründe:


I.


1
Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger verlangt von den Beklagten, einer Vereinbarung zuzustimmen, mit der ihm an näher bezeichneten Terrassenflächen ein Sondernutzungsrecht eingeräumt werden soll. Das Amtsgericht hat der Klage hinsichtlich der an der Südseite des Gebäudes belegenen Terrasse stattgegeben und sie im Hinblick auf die Westterrasse abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landgericht zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt der Kläger seinen Anspruch auf Einräumung eines Sondernutzungsrechts an der Westterrasse weiter.

II.


2
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
3
1. Maßgebend für den Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung, das gemäß § 3 ZPO unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten ist (vgl. Senat, Beschluss vom 17. November 2016 - V ZR 86/16, NJW-RR 2017, 584 Rn. 2). Streiten die Parteien - wie hier - um das Bestehen eines Sondernutzungsrechts, ist zu unterscheiden: Die Beschwer des Beklagten , der sich gegen die gerichtliche Feststellung des Bestehens eines Sondernutzungsrechts eines anderen Wohnungseigentümers wendet, richtet sich nach der Wertminderung, die seine Wohneinheit erfährt, wenn es bei dem Urteil bliebe (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2018 - V ZR 135/17, WuM 2018, 181 Rn. 3). Demgegenüber bemisst sich die Beschwer des Klägers, dessen Klage auf Feststellung des Bestehens bzw. auf Einräumung eines Sondernutzungsrechts abgewiesen worden ist, nach der Wertsteigerung, die sein Wohnungseigentum bei Stattgabe der Klage erfährt (vgl. zu der Bemessung der Beschwer bei der Abweisung einer auf die Einräumung eines Notwegerechts gerichteten Klage Senat, Beschluss vom 12. Dezember 2013 - V ZR 52/13, NZM 2015, 99 Rn. 6; Beschluss vom 12. Juli 2012 - V ZR 29/12, juris Rn. 3).
4
2. Dass seine Wohnung bei der Zuerkennung des Sondernutzungsrechts für die Westterrasse eine Wertsteigerung von mehr als 20.000 € erfährt, hat der Kläger nicht - wie geboten (siehe nur Senat, Beschluss vom 25. Juli 2002 - V ZR 118/02, NJW 2002, 3180) - glaubhaft gemacht.
5
a) Der Kläger geht von einem Wertzuwachs von 28.992,48 € aus. Er legt seiner Wertberechnung unter Bezugnahme auf einen auch von dem Amtsgericht und dem Berufungsgericht zur Bemessung des Streitwerts herangezogenen Aufteilungsplan (Anlage K 6) für die Westterrasse eine Fläche von 19,38 qm (6,80 m x 2,85 m) zugrunde. Dies entspreche einer Wohnfläche von 4,845 qm (19,38 qm : 4). Dieser Wert sei mit dem durchschnittlichen aktuellen Kaufpreis von 5.984 € pro qm Wohnfläche zu multiplizieren, so dass sich eine Beschwer von 28.992,48 € ergebe.
6
b) Demgegenüber ist die Westterrasse nach der Wertberechnung des Berufungsgerichts lediglich 14,25 qm (5,00 m x 2,85 m) groß, so dass sich eine Wohnfläche von 3,56 qm (14,25 qm : 4) ergibt. Der Kaufpreis je qm Wohnfläche beträgt nach der auf den Angaben des Klägers in der Klageschrift beruhenden Schätzung des Berufungsgerichts 2.500 €, so dass sich für die - hier allein interessierende - Westterrasse ein Wert in Höhe von 8.900 € errechnet (3,56 qm x 2.500 €). Von diesen Werten geht auch das Hanseatische Oberlandesgericht in seinem Beschluss vom 29. Januar 2018 (2 W 4/18) aus, durch den die Streitwertbeschwerde des zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Streitwertbeschluss des Berufungsgerichts zurückgewiesen worden ist.
7
c) Das Vorbringen des Klägers genügt zur Glaubhaftmachung des von ihm - abweichend von dem Berufungsgericht - angenommenen höheren Werts des Sondernutzungsrechts an der Westterrasse nicht.
8
aa) Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Wertbemessung eine Gesamtfläche der Westterrasse von 14,25 qm und nicht von 19,38 qm zugrundezulegen , so dass sich unter Anlehnung an § 4 Nr. 4 der Wohnflächen- verordnung eine auf die Terrasse entfallende zusätzliche Wohnfläche von 3,56 qm und nicht von 4,845 qm ergibt. Der Kläger kommt nur deshalb zu einem von dem Berufungsgericht abweichenden Wert, weil er bei seiner Berechnung auch die Fläche miteinbezieht, die auf dem von ihm in Bezug genommenen Aufteilungsplan grün gestrichelt ist. Dies kann jedoch für die Berechnung seiner Beschwer nicht berücksichtigt werden, weil in dem von ihm im Berufungsrechtszug gestellten Antrag - anders als in dem erstinstanzlich gestellten Antrag - die grün gestrichelte Fläche nicht mehr enthalten war. Hierauf hat auch bereits das Hanseatische Oberlandesgericht in seinem die Streitwertbeschwerde des zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers zurückweisenden Beschluss zutreffend hingewiesen.
9
bb) Die Angaben des Klägers rechtfertigen auch nicht die Annahme eines über 2.500 € hinausgehenden Quadratmeterpreises.
10
(1) Als Beleg dafür, dass der Kaufpreis - abweichend von dem eigenen Vorbringen in der Klageschrift - mit 5.984 € anzusetzen sei, verweist der Kläger lediglich auf die Streitwertbeschwerde vom 28. Dezember 2017. Dieser war aber nur ein Internetausdruck des Immobilienportals „Immonet“ beigefügt, in dem der von dem Kläger seiner Wertberechnung zugrundgelegte Preis als durchschnittlicher Wohnungspreis in H. (G. F. ) aufgeführt ist. Diese Angabe bietet keine geeignete Grundlage für eine Schätzung des Verkehrswerts durch den Senat, weil es an konkreten Informationen zu Lage und Ausstattung des Wohnungseigentums des Klägers fehlt.
11
(2) Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehrs- wert je qm Wohnfläche 4.000 € beträgt, wie der Kläger in seinem Schriftsatz vom 18. Juli 2016 geltend gemacht hat und auf den er in der Nichtzulassungs- beschwerde zusätzlich verweist. Dass mit dem in der Klageschrift angegebenen Wert von 2.500 € lediglich 60 % des Kaufpreises gemeint sein sollten, der tatsächlich 4.000 € betragen habe, ist eine nicht näher belegte Behauptung, für die es in der Klageschrift keine Anhaltspunkte gibt. Abgesehen davon ergäbe sich bei einem Verkehrswert von 4.000 € eine Beschwer von lediglich 14.240 € (3,56 x 4.000 €), so dass auch insoweit die Wertgrenze von 20.000 € nicht überschritten wäre.

III.


12
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
13
Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beruht auf § 49a GKG und ist hier identisch mit der Beschwer des Klägers. Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Altona, Entscheidung vom 09.06.2016 - 303b C 26/15 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 24.11.2017 - 318 S 67/16 -

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

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Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

2
a) Der Wert der Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Dieses Interesse ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 1971 - VIII ZR 80/71, BGHZ 57, 301, 302 mwN). Nichts anderes gilt in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren. Das Änderungsinteresse des Rechtsmittelführers erhöht oder ermäßigt sich nicht dadurch, dass bei der Bemessung des Streitwerts auch eine Reihe von anderen Kriterien Berücksichtigung findet; infolgedessen entspricht der gemäß § 49a GKG bestimmte Streitwert in der Regel nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer (vgl. auch Senat, Beschluss vom 9. Februar 2012 - V ZB 211/11, ZWE 2012, 224 Rn. 4; Suilmann in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 49a GKG Rn. 24 ff.).
3
1. Maßgebend für den Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung (Senat, Beschluss vom 30. Juni 2016 - V ZR 260/15, Rn. 4, juris). Der Beklagte wendet sich gegen die Feststellung, dass der jeweilige Eigentümer der Wohneinheit Nr. 3 das alleinige Nutzungsrecht an der Dachterrasse hat. Seine Beschwer richtet sich nach der Wertminderung, die seine Wohneinheit erfährt, wenn es bei diesem Urteil bliebe. Bliebe es bei der gerichtlichen Feststellung, stünde im Verhältnis zwischen den Parteien fest, dass nur der Kläger, nicht aber auch die übrigen Wohnungseigentümer das Recht haben, die Dachterrasse zu nutzen. Daher bemisst sich die Beschwer des Beklagten nach der Wertminderung, die seine Wohnung dadurch erleidet, dass er die Dachterrasse nicht nutzen darf.
3
1. Will - wie hier - die klagende Partei ihre abgewiesenen Anträge auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit , hilfsweise auf Duldung eines Notwegrechts, in einem Revisionsverfahren weiterverfolgen, bemisst sich der Wert der Beschwer in diesem Verfahren gemäß §§ 3, 7 ZPO höchstens nach dem Wert, den die Dienstbarkeit und das Notwegrecht für das herrschende Grundstück haben. Dass er größer als 20.000 € ist, muss der Nichtzulassungsbeschwerdeführer innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist darlegen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 118/02
vom
25. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGZPO § 26 Nr. 8

a) Zur Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde reicht es hin, daß der Beschwerdeführer
glaubhaft macht, der Wert der mit der Revision geltend zu machenden
Beschwer übersteige zwanzigtausend Euro; einer Wertermittlung nach
§ 3, 2. Halbsatz ZPO bedarf es nicht.

b) Die Rüge, ein entscheidungserheblicher Beweisantrag sei übergangen worden,
kann, wenn mit ihr zugleich ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör
dargelegt ist, Anlaß sein, die Revision zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung zuzulassen; dies setzt in der Regel voraus, daß nach den Darlegungen
des Beschwerdeführers der Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht
klar zutage tritt, also offenkundig ist (im Anschluß an Senatsbeschl. v. 4. Juli
2002, V ZB 16/02, für BGHZ bestimmt).
BGH, Beschl. v. 25. Juli 2002 - V ZR 118/02 - Hans. OLG Hamburg
LG Hamburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten
des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf,
Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. Gaier

beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 4. März 2002 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 50.788 ?.

Gründe:

I.


Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten gegen seine Verurteilung, Zug um Zug gegen Zahlung von 1.000 DM die Zustimmung zur Löschung einer Auflassungsvormerkung zu erteilen, zurückgewiesen. Es hat, sachverständig beraten, festgestellt, das von dem Beklagten für 1.000 DM gekaufte Grundstück sei 298.000 DM wert gewesen. Die daraus folgende "Vermutung für seine verwerfliche Gesinnung" habe der Beklagte "nicht widerlegt".
Der Kauf sei deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten, der die Kläger entgegentreten.

II.


Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO).
Der Wert des Beschwerdegegenstandes, nämlich der Revisionsanträge, die die Nichtzulassungsbeschwerde ermöglichen soll (Senat, Beschl. v. 27. Juni 2002, V ZR 148/02, zur Veröffentl. best.), übersteigt 20.000 ?. Dies ergibt sich, ohne daû es weiterer Darlegungen bedarf, daraus, daû die Verpflichtung , die Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung zu erklären , gegenständlich nicht teilbar ist und den Beklagten mit 99.333 DM, nunmehr 50.788 ?, beschwert. Bei der Bemessung der Beschwer 2, (§§ 3, erster Halbsatz ZPO) geht der Senat von 1/3 des Wertes des Grundstücks aus, das Gegenstand des durch die Vormerkung gesicherten Auflassungsanspruchs ist (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 23. Aufl., § 3 Rdn. 16, Stichwort Löschung m.w.N.). Den Verkehrswert des Grundstücks bemiût der Senat für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde im Anschluû an die mit gutachterlicher Hilfe getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts mit 298.000 DM. Der Umstand, daû der Beklagte selbst zufolge der erforderlichen Gebäudesanierung einen Restwert des Grundstücks in Höhe des Kaufpreises, mithin 1.000 DM, behauptet , ist nicht maûgeblich. Denn die Beschwer, die er mit der beabsichtigten Revision bekämpft, unterscheidet sich notwendigerweise vom Ziel der Rechtsverteidigung , der Abweisung des Grundbuchberichtigungsanspruchs auf der Grundlage eines (niedrigen) Verkehrswertes, der ein Unwerturteil nach § 138 Abs. 1 BGB nicht erlaubt. Allerdings ist die Wertfeststellung des Berufungsgerichts voraussichtlich Gegenstand der Rügen in der Revision, deren Zulassung
die Beschwerde dient; die Nichtzulassungsbeschwerde selbst sucht einen Zulassungsgrund daraus herzuleiten, daû das Gutachten unvollständig und ein Antrag auf weiteren Sachverständigenbeweis übergangen worden ist. Dies hindert es aber nicht, die Feststellungen des Berufungsgerichts als Schätzgrundlage heranzuziehen. Wie bei der Festsetzung der Beschwer durch das Revisionsgericht nach § 546 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. gilt auch für die Ermittlung des Beschwerdegegenstandes nach § 26 Nr. 8 EGZPO ein gegenüber § 3 zweiter Halbsatz ZPO vereinfachtes Verfahren, das sich mit der Glaubhaftmachung des Wertes begnügt. Dies hatte das Revisionsrecht in der Fassung des Gesetzes über die Wiederherstellung der Rechtseinheit vom 12. September 1950 (BGBl. I 455) ausdrücklich vorgesehen (§ 546 Abs. 3 ZPO damaliger Fassung). Die Revisionsnovelle vom 15. September 1975 (BGBl. I 1863) hatte im Hinblick auf den Umstand, daû das Berufungsgericht die Beschwer von Amts wegen festzusetzen hatte (§ 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO a.F.), von einer entsprechenden Regelung abgesehen; gleichwohl ging die Rechtsprechung weiterhin davon aus, daû Glaubhaftmachung genüge (BGH, Beschl. v. 9. März 1988, IVa ZR 250/87, BGHR ZPO § 546 Abs. 2, Neue Tatsachen 1). Der als Überleitungsvorschrift zur neuerlichen Novelle vom 27.07.2001 (BGBl. I 1887, geänd. 3138) geschaffene § 26 Nr. 8 EGZPO enthält sich einer Bestimmung, auf welche Weise (bei unbezifferten Anträgen) "der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer" zu ermitteln ist. Da das reformierte Revisionsrecht indessen insoweit zu den Grundsätzen des Jahres 1950 zurückkehrt, als sich die Zulässigkeit des Rechtsmittels nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes richtet, besteht kein innerer Grund, von der seinerzeit durch § 543 Abs. 3 ZPO geschaffenen Erleichterung der Wertermittlung abzusehen. Aus dem Umstand, daû der Gesetzgeber des Jahres 2001 im Gegensatz zu jenem des Jahres 1950 die Frage nicht anspricht, ist kein Argument dafür herzuleiten,
er wolle das Revisionsgericht nunmehr mit den unter Umständen langwierigen Ermittlungen nach § 3, zweiter Halbsatz ZPO belasten, die im Streitfalle zur Erhebung eines Verkehrswertgutachtens allein zur Klärung der Frage führen würden, ob die Nichtzulassungsbeschwerde statthaft ist. Im Streitfalle sind die zur Darlegung eines Zulassungsgrundes geführten Angriffe auf das Beweisergebnis des Berufungsgerichts nicht geeignet, diesem die Tauglichkeit zur Glaubhaftmachung der Beschwer zu entziehen (im einzelnen unten zu III 2). Die Kläger haben sich zu der Frage nicht geäuûert, mithin der Glaubhaftigkeit der Beschwer nichts entgegengesetzt.

III.


In der Sache hat die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg. Einen Zulassungsgrund (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) hat der Beklagte nicht dargetan (§ 554 Abs. 2 Satz 3 ZPO).
1. Die in Aussicht genommene Sachrüge (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a ZPO) macht eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 2. Alt. ZPO) oder aus sonstigen Gründen nicht erforderlich.

a) Eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist nicht dargetan. Das Berufungsurteil stellt nicht den, von der Senatsrechtsprechung (BGHZ 146, 298; Urt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 237/00, WM 2002, 600) abweichenden, Rechtssatz auf, bei einem besonders groben Äquivalenzverstoû im Austauschverhältnis bestehe eine Vermutung für eine verwerfliche Ge-
sinnung des Begünstigten in dem Sinne, daû diesen, wie in den Fällen des § 292 ZPO, die Beweislast für seine Redlichkeit träfe. In den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ist zwar davon die Rede, daû der Beklagte die aus dem Miûverhältnis zwischen Kaufpreis und Grundstückswert folgende Vermutung nicht widerlegt habe. Die des näheren in Bezug genommene Entscheidung des Landgerichts macht aber deutlich, daû sich das Berufungsgericht nicht von einem die Beweislast umkehrenden Begriff der Vermutung leiten lieû. Das Landgericht kommt als Ergebnis seiner Beweiserwägungen dazu, daû die Vermutung für die verwerfliche Gesinnung des Beklagten nicht entkräftet sei. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats, der von einer beweiserleichternden tatsächlichen Vermutung ausgeht, die vom Tatrichter bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist.

b) Die gerügten Rechtsanwendungsfehler, insbesondere eine etwa unzureichende Würdigung der Bewertungsschwierigkeiten (vgl. Senatsurt. v. 21. März 1997, V ZR 355/95, WM 1997, 1155 f) bei der Beurteilung der verwerflichen Gesinnung, begründen ein öffentliches Interesse an einer Revisionsentscheidung unter keinem der gesetzlichen Zulassungsgründe. Sie lassen einen über den Einzelfall hinauswirkenden Rechtsverstoû nicht erkennen (vgl. Senatsbeschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, für BGHZ bestimmt).
2. Auch die in Aussicht genommene Verfahrensrüge (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 b ZPO) begründet die Beschwerde nicht.

a) Die Rüge, ein entscheidungserheblicher Beweisantrag sei übergangen worden, auf die sich die Beschwerde stützt, kann zwar, wenn mit ihr zugleich ein Verstoû gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1
GG) dargelegt ist (zur verfassungsrechtlichen Pflicht der Gerichte, erhebliche Beweisanträge zu berücksichtigen, und deren Grenzen vgl. BVerfGE 60, 247, 249; 60, 250, 252; 69, 145, 158; BVerfG-K, NVwZ 95, 1097), Anlaû sein, die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen; dies setzt in der Regel voraus, daû nach den Darlegungen des Beschwerdeführers der Verstoû gegen das Verfahrensgrundrecht im Einzelfall klar zutage tritt, also offenkundig ist (Senat Beschl. v. 4. Juli 2002 aaO; vgl. auch Beschl. v. gleichen Tage, V ZR 75/02, zur Veröffentl. best.). In diesem Falle geht das Individualinteresse des Beschwerdeführers an der Durchsetzung seines Grundrechts, dem eine sonst eröffnete Verfassungsbeschwerde vornehmlich zu dienen hätte (BVerfGE 85, 109, 113; 98, 218, 242, 243), mit dem öffentlichen Interesse an der Wahrung der Grundrechtsordnung, auf das das Revisionsrecht auch abstellt , einher (zur Aufgabe der Zulassungsrevision, präsumtiv erfolgreiche Verfassungsbeschwerden vermeidbar zu machen, vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Novelle v. 27.07.2001, BR-Drucks. 536/00, S. 265 f).
Im Falle des Beklagten bedarf es der Zulassung der Revision nicht, denn ein offensichtlicher Grundrechtsverstoû liegt nicht vor. Das Berufungsurteil befaût sich zwar mit dem Antrag des Beklagten, zum Gesamtausmaû des Schwammbefalls, der für die Aufzehrung des Grundstückswertes maûgeblich sei, ergänzenden Sachverständigenbeweis zu erheben, nicht. Auch trifft es zu, daû der im selbständigen Beweisverfahren herangezogene Sachverständige sein Gutachten unter dem Vorbehalt erstattet hat, daû die Verkehrswertermittlung nicht mit einem Bausubstanzgutachten identisch ist. Anlaû hierzu hatte die Bekundung eines anderen Sachverständigen über seiner Ansicht nach erforderliche Freilegungen bestimmter Bauteile gegeben. Andererseits hat der Gutachter , jedenfalls hinsichtlich beachtlicher Teile der Baumasse, aus eigener
Erkenntnis Befundtatsachen ermittelt ("Hausschwamm in einem kaum vorstellbaren Maûe"), die Schlüsse auf den Verkehrswert erlauben konnten. In dem Schweigen der Entscheidungsgründe tritt unter diesen Umständen nicht klar und offenkundig ein Grundrechtsverstoû zutage, denn Art. 103 Abs. 1 GG gebietet es nicht, jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 22, 267, 274; 96, 205, 217).

b) Ein etwaiger Verstoû gegen das einfache Verfahrensrecht (§ 286 ZPO) rechtfertigt die Zulassung aus den zu III 1 b genannten Gründen nicht.

IV.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Klein Lemke Gaier

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)