Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2012 - V ZB 274/11

bei uns veröffentlicht am11.10.2012
vorgehend
Amtsgericht Frankfurt am Main, 934 XIV 435/11 B, 29.09.2011
Landgericht Frankfurt am Main, 28 T 108/11, 14.11.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 274/11
vom
11. Oktober 2012
in der Abschiebungshaftsache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine ordnungsgemäße Anhörung des Betroffenen ist nur nach Aushändigung der
schriftlichen Begründung des Haftantrags, einschließlich etwaiger Nachträge, gewährleistet.
Stützt der Betroffene seine Beschwerde auf neue, erst nach dem Erlass der
Haftanordnung eingetretene Tatsachen (hier: mögliche Abschiebungshindernisse),
darf das Beschwerdegericht von seiner Anhörung nur dann absehen, wenn diese
Tatsachen für die Entscheidung offensichtlich unerheblich sind.
BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2012 - V ZB 274/11 - LG Frankfurt/Main
AG Frankfurt/Main
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Oktober 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Lemke, Prof. Dr.
Schmidt-Räntsch, Dr. Czub und Dr. Kazele

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass die Beschlüsse des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 29. September 2011 und der 28. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14. November 2011 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben. Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden dem Saarland auferlegt. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens be- trägt 3.000 €.

Gründe:

I.

1
Der Betroffene, ein marokkanischer Staatsangehöriger, beantragte nach seiner Einreise in das Bundesgebiet im Mai 2010 seine Anerkennung als Asylberechtigter , wobei er sich gegenüber den deutschen Behörden als Algerier ausgab. Nach bestandskräftiger Ablehnung seines Asylantrags und Androhung seiner Abschiebung tauchte er im Bundesgebiet unter. Gegen den Betroffenen wurde nach seinem Aufgreifen Abschiebungshaft angeordnet und am 15. August 2011 der Versuch einer Abschiebung nach Algerien unternommen. Dieser scheiterte jedoch, da er gegenüber den dortigen Grenzbeamten angab, Marokkaner zu sein. Der Betroffene kehrte am 28. September 2011 auf dem Luftweg nach Deutschland zurück.
2
Auf Antrag der Beteiligten zu 2 hat das Amtsgericht am 29. September 2011 gegen den Betroffenen Haft bis zum 28. Dezember 2011 zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Gegen diesen Beschluss hat der Betroffene sofortige Beschwerde eingelegt, die er darauf gestützt hat, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) ihm mitgeteilt habe, dass es das Asylverfahren wegen etwaiger Abschiebungsverbote in den Zielstaat Marokko von Amts wegen wieder aufgenommen und ihm eine Frist zur Stellungnahme bis zum 5. Dezember 2011 eingeräumt habe. Das Beschwerdegericht hat das Rechtsmittel mit Beschluss vom 14. November 2011 zurückgewiesen. Der Betroffene, der am 27. Dezember 2011 nach Marokko abgeschoben worden ist, beantragt mit der Rechtsbeschwerde festzustellen, durch die Haftanordnung und die Beschwerdeentscheidung in seinen Rechten verletzt worden zu sein.

II.

3
Das Beschwerdegericht meint, die Haftanordnung sei nicht zu beanstanden , da der Entscheidung ein formell ordnungsgemäßer Haftantrag der Beteiligten zu 2 zugrunde gelegen habe und die in § 62 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 5 AufenthG (a.F.) genannten Haftgründe vorgelegen hätten. Die Wideraufnahme des Verfahrens durch das Bundesamt ändere an der Ausreisepflicht des Be- troffenen nichts, weil dieses Verfahren lediglich dem Zwecke der Konkretisierung der Abschiebungsandrohung auf den neuen Zielstaat Marokko diene.

III.

4
Die gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG i.V.m. mit dem Feststellungsantrag nach § 62 FamFG statthafte (Senat, Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09, FGPrax 210, 150, 151 Rn. 9 f.) und auch im Übrigen zulässige (§ 71 FamFG) Rechtsbeschwerde ist in der Sache begründet , da sowohl das Amtsgericht als auch das Beschwerdegericht den Betroffenen in seinem Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt haben.
5
1. Der Betroffene beanstandet zu Recht, dass das Amtsgericht bei der Entscheidung über die Haftanordnung dem Betroffenen zwar den Haftantrag der Beteiligten zu 2 vom 27. September 2009, aber nicht deren ergänzende Stellungnahme vom 29. September 2009 ausgehändigt hat.
6
a) Nach der Rechtsprechung des Senats muss der Haftantrag dem Betroffenen vor seiner Anhörung in vollständiger Abschrift ausgehändigt werden (vgl. Senat, Beschlüsse vom 21. Juli 2011 - V ZB 141/11, FGPrax 2011, 257, 258 Rn. 8 und vom 14. Juni 2012 - V ZB 284/11, Rn. 9, juris). Andernfalls kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass der Betroffene nicht in der Lage ist, zu sämtlichen Angaben der Behörde Stellung zu nehmen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 21. Juli 2011 - V ZB 141/11, aaO und vom 14. Juni 2012 - V ZBV ZB 284/11, Rn. 9 aaO), was zur Folge hat, dass in dem Rechtsbeschwerdeverfahren von einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG ausgegangen werden muss.
7
b) Für einen von der Behörde vor der Anhörung vorgelegten Nachtrag zu dem Haftantrag gilt nichts anderes. Enthält dieser - wie hier - Ausführungen nach § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 FamFG zur Durchführbarkeit der Abschiebung in den neuen Zielstaat (hier das Königreich Marokko), muss auch der Nachtrag dem Betroffenen ausgehändigt werden. Die im Protokoll der Anhörung festgehaltene bloße Bekanntmachung und Erörterung genügt nicht (Senat, Beschlüsse vom 21. Juli 2011 - V ZB 141/11, FGPrax 2011, 257, 258 Rn. 8 und vom 14. Juni 2012 - V ZB 284/11, Rn. 9, juris). Eine ordnungsgemäße Anhörung des Betroffenen (§ 420 Abs. 1 Satz 1 FamFG) ist nur nach einer Aushändigung der gesamten schriftlichen Begründung der Behörde gewährleistet. Die Übergabe einer Abschrift des Haftantrags sowie etwaiger schriftlicher Nachträge an den Betroffenen ist schon deswegen erforderlich, damit dieser im weiteren Verlauf der Anhörung in die Schriftsätze, die die Behörde dem Haftrichter vorgelegt hat, jederzeit einsehen und diese gegebenenfalls später einem Rechtsanwalt vorlegen kann (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juni 2012 - V ZB 284/11, Rn. 9, juris).
8
c) Ist - wie hier - weder dem Protokoll der Anhörung noch der Akte eine Aushändigung des (Nachtrags zum) Haftantrag(s) zu entnehmen, ist davon auszugehen, dass dem Betroffenen nicht der gesamte Antragsinhalt bekannt gegeben und dessen Verfahrensgrundrecht verletzt worden ist.
9
2. Auch das Beschwerdegericht hat das Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.
10
a) Der Betroffene beanstandet zu Recht, dass er durch das Beschwerdegericht nicht erneut angehört worden ist. Die persönliche Anhörung ist nach § 68 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 420 Abs. 1 Satz 1 FamFG und Art. 104 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 GG im Beschwerdeverfahren grundsätzlich vorgeschrieben (Senat, Beschlüsse vom 19. Mai 2011 - V ZB 36/11, FGPrax 2011, 254, 255 Rn. 14 und vom 2. Mai 2012 - V ZB 79/12, Rn. 6, juris). Hiervon darf das Beschwerdegericht nur absehen, wenn eine ordnungsgemäße persönliche Anhörung in erster Instanz stattgefunden hat und zusätzliche Erkenntnisse durch eine erneute Anhörung nicht zu erwarten sind (Senat, Beschlüsse vom 17. Juni 2010 - V ZB 3/10, FGPrax 2010, 261 Rn. 8 und vom 4. März 2010 - V ZB 222/09, BGHZ 184, 323, 329 Rn. 13).
11
Daran fehlt es hier jedoch, weil der Betroffene seine Beschwerde auf ein ihm nach der Haftanordnung zugestelltes Schreiben des Bundesamts gestützt hat, aus dem sich ergab, dass dieses das Asylverfahren nach § 51 Abs. 5, § 48 VwVfG bzw. § 51 Abs. 5, § 49 VwVfG wegen möglicher, den neuen Zielstaat betreffender Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG wieder aufgenommen hatte. Stützt der Betroffene seine Beschwerde auf neue, erst nach dem Erlass der Haftanordnung eingetretene Tatsachen, darf das Beschwerdegericht von einer Anhörung des Betroffenen nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG nur dann absehen, wenn diese Tatsachen für die Entscheidung offensichtlich unerheblich sind. So liegt es hier jedoch nicht. Dem steht nicht entgegen , dass der Haftrichter nicht befugt ist, über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen zu befinden (vgl. Senat, Beschlüsse vom 12. Juni 1986 - V ZB 9/86, BGHZ 98, 109, 112 und vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09, NVwZ 2010, 726, 728 Rn. 10). Der Haftrichter muss - unabhängig davon - eine Prognose anstellen, ob die Abschiebung trotz eines von dem Betroffenen geltend gemachten Hafthindernisses durchgeführt werden kann. Dazu hat er eigene Ermittlungen anzustellen; insbesondere muss er sich über den Stand und die Erfolgsaussichten eines behördlichen oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erkundigen, in dem über das Vorliegen etwaiger Abschiebungshindernisse entschieden wird (vgl. Senat, Beschlüsse vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09, NVwZ 2010, 726, 728 Rn. 14 und vom 10. Mai 2012 - V ZB 246/11, Rn. 14, ju- ris). Dazu hätte eine Anhörung des Betroffenen näheren Aufschluss geben können, weshalb das Beschwerdegericht nicht von ihr absehen durfte.
12
b) Das Beschwerdegericht hat zudem den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen die Haftanordnung zurückgewiesen hat ohne diesem zuvor Gelegenheit gegeben zu haben, sich zu der Stellungahme der Behörde vom 10. November 2011 und der darin enthaltenen Einschätzung, die Abschiebung könne voraussichtlich innerhalb der Haftzeit durchgeführt werden, zu äußern. Art. 103 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn das Beschwerdegericht in Haftsachen dem Betroffenen, bevor es die Beschwerde zurückweist, keine Gelegenheit gibt, zu der Erwiderung der Behörde Stellung zu nehmen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 15. November 2010 - 2 BvR 1183/09, Rn. 21, juris und vom 6. Juni 2011 - 2 BvR 2076/08, Rn. 3, juris). Dies gilt unabhängig davon, ob von einer möglichen Gegenstellungnahme Einfluss auf das Entscheidungsergebnis zu erwarten ist oder nicht. Denn der grundrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör dient nicht nur der Gewährleistung richtiger Entscheidungen, sondern auch der Wahrung der Subjektstellung des Betroffenen im gerichtlichen Verfahren (BVerfG, Beschlüsse vom 15. November 2010 - 2 BvR 1183/09, aaO und vom 6. Juni 2011 - 2 Bv2 BvR 2076/08, Rn. 3, aaO).

IV.

13
Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, § 128c Abs. 3 Satz 2 KostO. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 128c Abs. 3 Satz 2, § 30 Abs. 2 KostO. Unter Berücksichtigung der Regelung in Art. 5 EMRK entspricht es billigem Ermessen, dem Saarland die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Czub Kazele
Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 29.09.2011 - 934 XIV 435/11 B -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 14.11.2011 - 2-28 T 108/11 -

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(1) Das Gericht hat den Betroffenen vor der Anordnung der Freiheitsentziehung persönlich anzuhören. Erscheint er zu dem Anhörungstermin nicht, kann abweichend von § 33 Abs. 3 seine sofortige Vorführung angeordnet werden. Das Gericht entscheidet hierüber durch nicht anfechtbaren Beschluss.

(2) Die persönliche Anhörung des Betroffenen kann unterbleiben, wenn nach ärztlichem Gutachten hiervon erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zu besorgen sind oder wenn er an einer übertragbaren Krankheit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes leidet.

(3) Das Gericht hat die sonstigen Beteiligten anzuhören. Die Anhörung kann unterbleiben, wenn sie nicht ohne erhebliche Verzögerung oder nicht ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist.

(4) Die Freiheitsentziehung in einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses darf nur nach Anhörung eines ärztlichen Sachverständigen angeordnet werden. Die Verwaltungsbehörde, die den Antrag auf Freiheitsentziehung gestellt hat, soll ihrem Antrag ein ärztliches Gutachten beifügen.

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

9
Sie ist nicht dadurch unzulässig geworden, dass sich die Hauptsache mit der Entlassung der Beteiligten zu 1 aus der Haft erledigt hat. Angesichts des Eingriffs in ein besonders bedeutsames Grundrecht durch die Freiheits- entziehung durften bereits die vor dem 1. September 2009 gegebenen Rechtsmittel (§ 7 FEVG i.V.m. §§ 19, 22, 27, 29 FGG) nicht wegen einer im Rechtsmittelverfahren eingetretenen Erledigung als unzulässig verworfen werden (BVerfG NJW 2002, 2456, 2457). Sie blieben wegen des als schutzwürdig anzuerkennenden Interesses des Betroffenen an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der freiheitsentziehenden Maßnahme zulässig, worüber auf dessen Antrag zu entscheiden war (BVerfG, a.a.O.; Senat BGHZ 153, 18, 20). Die Neugestaltung der Rechtsmittel in §§ 58 ff. FamFG hat daran nichts geändert. Die Vorschrift des § 62 FamFG, die die Zulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags für die Beschwerde ausdrücklich bestimmt, ist auf die Rechtsbeschwerde entsprechend anzuwenden (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 16. Aufl., § 74 Rdn. 9; Schulte-Bunert/Weinreich/Unger, FamFG [2009], § 62 Rdn. 4).

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und
2.
die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge);
2.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die Rechtsbeschwerde- und die Begründungsschrift sind den anderen Beteiligten bekannt zu geben.

8
b) Ob dieser zweite Fall hier vorliegt, ist zweifelhaft. Den Zweifeln braucht jedoch nicht nachgegangen zu werden. Denn dem Protokoll über die Anhörung ist nicht zu entnehmen, dass der vollständige Haftantrag dem Betroffenen übersetzt und ausgehändigt und damit der gesamte Antragsinhalt bekannt gegeben worden ist. Eine solche Bekanntgabe ist jedoch Voraussetzung für die ausreichende Gewährung rechtlichen Gehörs. Anderenfalls - und so liegt es hier - kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Betroffene nicht in der Lage war, sich zu sämtlichen Angaben der beteiligten Behörde (vgl. § 417 Abs. 2 FamFG) zu äußern.
9
b) Die Haftanordnung hätte auch deshalb nicht ergehen dürfen, weil der Antrag dem Betroffenen nach dem Protokoll zu Beginn der Anhörung vor dem Amtsgericht lediglich „bekanntgegeben“, aber nicht ausgehändigt worden ist. Das genügt nicht. Der Haftantrag kann dem Betroffenen zwar erst zu diesem Zeitpunkt eröffnet werden, wenn er einen einfachen, überschaubaren Sachverhalt betrifft, zu dem der Betroffene auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Überraschung ohne weiteres auskunftsfähig ist (Senat, Beschluss vom 4. März 2010 - V ZB 222/09, BGHZ 184, 323, 330 Rn. 16 mwN). Das bedeutet aber nicht, dass sich der Haftrichter in einem solchen Fall darauf beschränken dürfte, den Inhalt des Haftantrags mündlich vorzutragen. Vielmehr muss dem Betroffenen in jedem Fall eine Kopie des Haftantrags ausgehändigt werden und dies in dem Anhörungsprotokoll oder an einer anderen Aktenstelle schriftlich dokumentiert werden (Senat, Beschluss vom 21. Juli 2011 - V ZB 141/11, FGPrax 2011, 257, 258 Rn. 8). Der Betroffene ist schon auf Grund der Situation zumeist nicht in der Lage, einen ihm nur mündlich übermittelten Haftantrag zu erfassen. Er muss im weiteren Verlauf der Anhörung in ein Exemplar des Haftantrags einsehen und dieses gegebenenfalls später einem Rechtsanwalt vorlegen können. Das bestätigt ein Blick auf § 41 Abs. 2 Satz 4 FamFG. Danach kann ein Beschluss einem Anwesenden zwar mündlich bekannt gegeben werden. Er muss ihm aber dessen ungeachtet zusätzlich schriftlich bekannt gegeben werden. Das gilt im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes auch für die Übermittlung des Antrags nach § 23 Abs. 2 FamFG und ist hier versäumt worden.
8
b) Ob dieser zweite Fall hier vorliegt, ist zweifelhaft. Den Zweifeln braucht jedoch nicht nachgegangen zu werden. Denn dem Protokoll über die Anhörung ist nicht zu entnehmen, dass der vollständige Haftantrag dem Betroffenen übersetzt und ausgehändigt und damit der gesamte Antragsinhalt bekannt gegeben worden ist. Eine solche Bekanntgabe ist jedoch Voraussetzung für die ausreichende Gewährung rechtlichen Gehörs. Anderenfalls - und so liegt es hier - kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Betroffene nicht in der Lage war, sich zu sämtlichen Angaben der beteiligten Behörde (vgl. § 417 Abs. 2 FamFG) zu äußern.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.

(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:

1.
die Identität des Betroffenen,
2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen,
3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung,
4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie
5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
Die Behörde soll in Verfahren der Abschiebungshaft mit der Antragstellung die Akte des Betroffenen vorlegen.

(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.

8
b) Ob dieser zweite Fall hier vorliegt, ist zweifelhaft. Den Zweifeln braucht jedoch nicht nachgegangen zu werden. Denn dem Protokoll über die Anhörung ist nicht zu entnehmen, dass der vollständige Haftantrag dem Betroffenen übersetzt und ausgehändigt und damit der gesamte Antragsinhalt bekannt gegeben worden ist. Eine solche Bekanntgabe ist jedoch Voraussetzung für die ausreichende Gewährung rechtlichen Gehörs. Anderenfalls - und so liegt es hier - kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Betroffene nicht in der Lage war, sich zu sämtlichen Angaben der beteiligten Behörde (vgl. § 417 Abs. 2 FamFG) zu äußern.
9
b) Die Haftanordnung hätte auch deshalb nicht ergehen dürfen, weil der Antrag dem Betroffenen nach dem Protokoll zu Beginn der Anhörung vor dem Amtsgericht lediglich „bekanntgegeben“, aber nicht ausgehändigt worden ist. Das genügt nicht. Der Haftantrag kann dem Betroffenen zwar erst zu diesem Zeitpunkt eröffnet werden, wenn er einen einfachen, überschaubaren Sachverhalt betrifft, zu dem der Betroffene auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Überraschung ohne weiteres auskunftsfähig ist (Senat, Beschluss vom 4. März 2010 - V ZB 222/09, BGHZ 184, 323, 330 Rn. 16 mwN). Das bedeutet aber nicht, dass sich der Haftrichter in einem solchen Fall darauf beschränken dürfte, den Inhalt des Haftantrags mündlich vorzutragen. Vielmehr muss dem Betroffenen in jedem Fall eine Kopie des Haftantrags ausgehändigt werden und dies in dem Anhörungsprotokoll oder an einer anderen Aktenstelle schriftlich dokumentiert werden (Senat, Beschluss vom 21. Juli 2011 - V ZB 141/11, FGPrax 2011, 257, 258 Rn. 8). Der Betroffene ist schon auf Grund der Situation zumeist nicht in der Lage, einen ihm nur mündlich übermittelten Haftantrag zu erfassen. Er muss im weiteren Verlauf der Anhörung in ein Exemplar des Haftantrags einsehen und dieses gegebenenfalls später einem Rechtsanwalt vorlegen können. Das bestätigt ein Blick auf § 41 Abs. 2 Satz 4 FamFG. Danach kann ein Beschluss einem Anwesenden zwar mündlich bekannt gegeben werden. Er muss ihm aber dessen ungeachtet zusätzlich schriftlich bekannt gegeben werden. Das gilt im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes auch für die Übermittlung des Antrags nach § 23 Abs. 2 FamFG und ist hier versäumt worden.

(1) Das Gericht hat den Betroffenen vor der Anordnung der Freiheitsentziehung persönlich anzuhören. Erscheint er zu dem Anhörungstermin nicht, kann abweichend von § 33 Abs. 3 seine sofortige Vorführung angeordnet werden. Das Gericht entscheidet hierüber durch nicht anfechtbaren Beschluss.

(2) Die persönliche Anhörung des Betroffenen kann unterbleiben, wenn nach ärztlichem Gutachten hiervon erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zu besorgen sind oder wenn er an einer übertragbaren Krankheit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes leidet.

(3) Das Gericht hat die sonstigen Beteiligten anzuhören. Die Anhörung kann unterbleiben, wenn sie nicht ohne erhebliche Verzögerung oder nicht ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist.

(4) Die Freiheitsentziehung in einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses darf nur nach Anhörung eines ärztlichen Sachverständigen angeordnet werden. Die Verwaltungsbehörde, die den Antrag auf Freiheitsentziehung gestellt hat, soll ihrem Antrag ein ärztliches Gutachten beifügen.

9
b) Die Haftanordnung hätte auch deshalb nicht ergehen dürfen, weil der Antrag dem Betroffenen nach dem Protokoll zu Beginn der Anhörung vor dem Amtsgericht lediglich „bekanntgegeben“, aber nicht ausgehändigt worden ist. Das genügt nicht. Der Haftantrag kann dem Betroffenen zwar erst zu diesem Zeitpunkt eröffnet werden, wenn er einen einfachen, überschaubaren Sachverhalt betrifft, zu dem der Betroffene auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Überraschung ohne weiteres auskunftsfähig ist (Senat, Beschluss vom 4. März 2010 - V ZB 222/09, BGHZ 184, 323, 330 Rn. 16 mwN). Das bedeutet aber nicht, dass sich der Haftrichter in einem solchen Fall darauf beschränken dürfte, den Inhalt des Haftantrags mündlich vorzutragen. Vielmehr muss dem Betroffenen in jedem Fall eine Kopie des Haftantrags ausgehändigt werden und dies in dem Anhörungsprotokoll oder an einer anderen Aktenstelle schriftlich dokumentiert werden (Senat, Beschluss vom 21. Juli 2011 - V ZB 141/11, FGPrax 2011, 257, 258 Rn. 8). Der Betroffene ist schon auf Grund der Situation zumeist nicht in der Lage, einen ihm nur mündlich übermittelten Haftantrag zu erfassen. Er muss im weiteren Verlauf der Anhörung in ein Exemplar des Haftantrags einsehen und dieses gegebenenfalls später einem Rechtsanwalt vorlegen können. Das bestätigt ein Blick auf § 41 Abs. 2 Satz 4 FamFG. Danach kann ein Beschluss einem Anwesenden zwar mündlich bekannt gegeben werden. Er muss ihm aber dessen ungeachtet zusätzlich schriftlich bekannt gegeben werden. Das gilt im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes auch für die Übermittlung des Antrags nach § 23 Abs. 2 FamFG und ist hier versäumt worden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht hat den Betroffenen vor der Anordnung der Freiheitsentziehung persönlich anzuhören. Erscheint er zu dem Anhörungstermin nicht, kann abweichend von § 33 Abs. 3 seine sofortige Vorführung angeordnet werden. Das Gericht entscheidet hierüber durch nicht anfechtbaren Beschluss.

(2) Die persönliche Anhörung des Betroffenen kann unterbleiben, wenn nach ärztlichem Gutachten hiervon erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zu besorgen sind oder wenn er an einer übertragbaren Krankheit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes leidet.

(3) Das Gericht hat die sonstigen Beteiligten anzuhören. Die Anhörung kann unterbleiben, wenn sie nicht ohne erhebliche Verzögerung oder nicht ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist.

(4) Die Freiheitsentziehung in einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses darf nur nach Anhörung eines ärztlichen Sachverständigen angeordnet werden. Die Verwaltungsbehörde, die den Antrag auf Freiheitsentziehung gestellt hat, soll ihrem Antrag ein ärztliches Gutachten beifügen.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

14
Die persönliche Anhörung des Betroffenen ist nach § 68 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 420 Abs. 1 Satz 1 FamFG und Art. 104 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 GG auch im Beschwerdeverfahren grundsätzlich zwingend vorgeschrieben. Hiervon darf das Beschwerdegericht nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG nur absehen , wenn eine ordnungsgemäße persönliche Anhörung des Betroffenen in erster Instanz erfolgt ist und zusätzliche Erkenntnisse durch eine erneute Anhörung nicht zu erwarten sind (Senat, Beschluss vom 17. Juni 2010 – V ZB 3/10 Rn. 8, FGPrax 2010, 261; Beschluss vom 4. März 2010 – V ZB 222/09 Rn. 13, BGHZ 184, 323; Beschluss vom 28. Januar 2010 – V ZB 2/10, FGPrax 2010, 163). An diesen Voraussetzungen fehlte es. Dabei kann dahinstehen, ob eine http://www.juris.de/jportal/portal/t/25ep/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313142010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/25ep/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313142010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 7 - Anhörung schon im Hinblick auf den möglichen Eingriff in das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK erfolgen musste. Denn jedenfalls musste der Betroffene zu der unterlassenen Anzeige des Aufenthaltswechsels an die Ausländerbehörde angehört werden. Dies war in der Beschwerdeinstanz nicht wegen der in erster Instanz erfolgten Anhörung entbehrlich. Diese Frage ist ausweislich des Protokolls nicht thematisiert worden und die im Anschluss daran ergangene Haftanordnung lässt schon nicht erkennen, auf welchen Haftgrund sich das Amtsgericht gestützt hat.
6
1. Mit Recht rügt die Betroffene, dass sie in der Beschwerdeinstanz nicht erneut angehört worden ist. Die persönliche Anhörung ist nach § 68 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 420 Abs. 1 Satz 1 FamFG und Art. 104 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 GG auch im Beschwerdeverfahren grundsätzlich zwingend vorgeschrieben (Senat, Beschluss vom 19. Mai 2011 - V ZB 36/11, FGPrax 2011, 254, 255 Rn. 14). Hiervon darf das Beschwerdegericht nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG nur absehen, wenn eine ordnungsgemäße persönliche Anhörung in erster Instanz stattgefunden hat und zusätzliche Erkenntnisse durch eine erneute Anhörung nicht zu erwarten sind (Senat, Beschluss vom 17. Juni 2010 - V ZB 3/10, FGPrax 2010, 261 Rn. 8; Beschluss vom 4. März 2010 - V ZB 222/09, BGHZ 184, 323, 329 Rn. 13; Beschluss vom 28. Januar 2010 - V ZB 2/10, FGPrax 2010, 163). Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor.
8
aa) Die persönliche Anhörung des Betroffenen ist nach § 68 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 420 Abs. 1 Satz 1 FamFG und Art. 104 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 GG (dazu: BVerfG NVwZ-RR 2009, 304, 305; BVerfG, Beschl. v. 1. April 2008, 2 BvR 1925/04, juris Rdn. 18) auch im Beschwerdeverfahren grundsätzlich zwingend vorgeschrieben. Hiervon darf das Beschwerdegericht nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG nur absehen, wenn eine ordnungsgemäße persönliche Anhörung des Betroffenen in erster Instanz erfolgt ist und zusätzliche Erkenntnisse durch eine erneute Anhörung nicht zu erwarten sind (Senat, Beschl. v. 11. Mai 1995, V ZB 13/95, NJW 1995, 2226, insoweit in BGHZ 129, 383 nicht abgedruckt ; Beschl. v. 28. Januar 2010, V ZB 2/10, juris Rdn. 7; Beschl. v. 4. März 2010, V ZB 222/09, InfAuslR 2010, 246 = juris Rdn. 13). Diese Voraussetzungen lagen hier ersichtlich nicht vor.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

9
Sie ist nicht dadurch unzulässig geworden, dass sich die Hauptsache mit der Entlassung der Beteiligten zu 1 aus der Haft erledigt hat. Angesichts des Eingriffs in ein besonders bedeutsames Grundrecht durch die Freiheits- entziehung durften bereits die vor dem 1. September 2009 gegebenen Rechtsmittel (§ 7 FEVG i.V.m. §§ 19, 22, 27, 29 FGG) nicht wegen einer im Rechtsmittelverfahren eingetretenen Erledigung als unzulässig verworfen werden (BVerfG NJW 2002, 2456, 2457). Sie blieben wegen des als schutzwürdig anzuerkennenden Interesses des Betroffenen an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der freiheitsentziehenden Maßnahme zulässig, worüber auf dessen Antrag zu entscheiden war (BVerfG, a.a.O.; Senat BGHZ 153, 18, 20). Die Neugestaltung der Rechtsmittel in §§ 58 ff. FamFG hat daran nichts geändert. Die Vorschrift des § 62 FamFG, die die Zulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags für die Beschwerde ausdrücklich bestimmt, ist auf die Rechtsbeschwerde entsprechend anzuwenden (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 16. Aufl., § 74 Rdn. 9; Schulte-Bunert/Weinreich/Unger, FamFG [2009], § 62 Rdn. 4).
14
aa) Zwar sind für Entscheidungen, ob Zurückschiebungen von Asylsuchenden durch Grenzbehörden (§ 18 Abs. 3 AsylVfG) oder Ausländerbehörden (§ 19 Abs. 3 AsylVfG) oder Abschiebungsanordnungen des zuständigen Bundesamtes (§ 34a AsylVfG) rechtmäßig sind und ob von den Betroffenen wegen der durch einen sofortigen Vollzug drohenden Nachteile vorläufiger Rechtsschutz beansprucht und nach den Umständen gewährt werden kann, die Verwaltungsgerichte zuständig. Der Haftrichter ist nicht befugt, über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen zu befinden (Senat, Beschlüsse vom 12. Juni 1986 - V ZB 9/86, BGHZ 98, 109, 112 und vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09, NVwZ 2010, 726, 728 Rn. 23). Das Beschwerdegericht hat jedoch nicht hinreichend beachtet, dass sich der Haftrichter bei der von ihm nach § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG aF (heute § 62 Abs. 3 Satz 4 AufenthG) abverlangten Prognose, ob die Abschiebung in den kommenden drei Monaten durchgeführt werden kann, nicht mit einem Verweis auf die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte begnügen darf. Er muss in diesem Rahmen eigene Ermittlungen anstellen und den Stand und den voraussichtlichen Fortgang eines bereits anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bei seiner Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer der Haft berücksichtigen und sich dazu bei dem zuständigen Verwaltungsgericht erkundigen (BVerfG NJW 2009, 2659, 2660 Rn. 23; Senat, Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09, NVwZ 2010, 726, 728 Rn. 24).

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

Die Beschlüsse des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) vom 8. April 2009 - 2 Gs 808/09 - und des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 29. April 2009 und vom 19. Mai 2009 - 1 Qs 91/09 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. Die Sache wird zur Entscheidung über die Kosten an das Landgericht Kempten (Allgäu) zurückverwiesen.

...

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft den Anspruch auf rechtliches Gehör.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer, der sich wegen des Verdachts von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz in Untersuchungshaft befand, beantragte, ihm das Einbringen und den Besitz seiner Gitarre zu gestatten. Der Ermittlungsrichter lehnte dies mit angegriffenem Beschluss vom 8. April 2009 ab, ohne dem Beschwerdeführer die in dem Verfahren abgegebene Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt und der Staatsanwaltschaft zu übersenden. Die Gitarre sei mit dem Zweck der Untersuchungshaft und der Ordnung der Vollzugsanstalt nicht vereinbar (§ 119 Abs. 3 und 4 StPO a.F.). Drogenkonsum gefährde die Sicherheit in der Justizvollzugsanstalt. Es bestehe der dringende Verdacht, dass der Beschwerdeführer vor seiner Inhaftierung Suchtmittel missbraucht habe. Ein Musikinstrument eigne sich hervorragend als Versteck für Drogen. Insbesondere bestehe die Gefahr, dass andere Gefangene an den Beschwerdeführer heranträten und die Gitarre als ideales Versteck für Drogen und andere sicherheitsgefährdende Gegenstände nutzten. Zudem könnten die Gitarre selbst oder ihre Saiten als gefährliche Werkzeuge gegen Mitgefangene oder Vollzugspersonal eingesetzt werden.

3

2. Mit der Beschwerde rügte der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) durch Nichtübersendung der eingeholten Stellungnahmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse er über die Äußerungen der Gegenseite informiert werden. Ohne Kenntnis des Sach- und Streitstandes könne er sein Anhörungsrecht nicht effektiv wahrnehmen. Der Inhalt der Stellungnahmen ergebe sich auch nicht aus dem Beschluss. Daher könne er nicht angeben, was er hätte erwidern können, wenn ihm das rechtliche Gehör gewährt worden wäre. Im Übrigen sei die Begründung des Beschlusses auch nicht haltbar. Die Justizvollzugsanstalt verleihe über die Straffälligenhilfe oder über den Geistlichen selbst Gitarren; auch Ersatzsaiten seien jederzeit erhältlich. Somit könne der Gitarre und den Saiten kein Sicherheitsrisiko innewohnen. Ein Sicherheitsrisiko durch das Einbringen einer Gitarre von außen lasse sich mit minimalem Aufwand - durch Inspektion mithilfe eines kleinen Spiegels - beseitigen. Eine solche Inspektion könne auch im Rahmen der regelmäßigen Haftraumkontrollen erfolgen.

4

Das Landgericht verwarf mit angegriffenem Beschluss vom 29. April 2009 die Beschwerde "aus den zutreffenden, durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräfteten Gründen des angefochtenen Beschlusses".

5

3. Hiergegen beantragte der Beschwerdeführer "die Nachholung des rechtlichen Gehörs gemäß § 33a StPO". Das Gericht habe nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor Erlass einer Entscheidung zu prüfen, ob den Verfahrensbeteiligten rechtliches Gehör gewährt worden sei; zu dem Verfahrensstoff, über den informiert werden müsse, gehörten unter anderem Stellungnahmen der Gegenseite. Sein Anspruch aus Art. 103 Abs. 1 GG sei in gravierender Weise verletzt worden. Das rechtliche Gehör sei auch im Beschwerderechtszug nicht nachgeholt worden.

6

Mit angegriffenem Beschluss vom 19. Mai 2009 gab das Landgericht der "Gegenvorstellung … keine Folge". Der Beschwerdeführer übersehe, dass es sich vorliegend um ein Beschwerde- und nicht um ein Antragsverfahren handele. Das Amtsgericht habe seiner Beschwerde nicht abgeholfen. Von der Staatsanwaltschaft sei die Beschwerde ohne weitere Stellungnahme dem Landgericht vorgelegt worden. Im vorliegenden Beschlussverfahren werde dem Beschwerdeführer nur ein allgemeines, jedoch kein spezielles, auf einzelne rechtliche Argumente bezogenes Gehör gewährt. Im Übrigen gebe es keinerlei Argument der Verfolgungsbehörde, zu welchem der Beschwerdeführer hätte gehört werden können. Der die Beschwerde verwerfende Beschluss der Kammer offenbare nach seiner Sachlogik vielmehr, dass der Beschwerdevortrag vollkommen ungeeignet gewesen sei, die zutreffenden Gründe des amtsgerichtlichen Beschlusses zu entkräften.

7

4. Seit dem 4. April 2009 konnte der Beschwerdeführer eine Leihgitarre, seit dem 22. Dezember 2009 eine über einen Versandhändler erworbene eigene Gitarre in seinem Haftraum nutzen. Seit dem 11. Februar 2010 befindet er sich nicht mehr in Untersuchungshaft, sondern in Strafhaft in einer anderen Justizvollzugsanstalt.

II.

8

1. Mit seiner fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, seine Grundrechte aus Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG seien verletzt. Ihm sei nicht, wie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geboten, Gelegenheit gegeben worden, zu dem entscheidungserheblichen Vortrag der Gegenseite Stellung zu nehmen. Der Inhalt der Stellungnahmen gehe auch aus dem Beschluss des Amtsgerichts nicht hervor. Ein weiterer Vortrag sei ihm daher nach wie vor nicht möglich. Die Versagung der Einbringung seiner Privatgitarre werde den grundrechtlichen Anforderungen nicht gerecht, weil sie vernachlässige, dass Schwierigkeiten der Überwachung im Rahmen des Zumutbaren hinzunehmen seien. Dieser Rahmen sei, wie auch die Praxis der Verleihung von Gitarren zeige, hier nicht überschritten. Die Justizvollzugsanstalt Kempten verfüge zudem, wie er inzwischen erfahren habe, über ein Durchleuchtungsgerät, das die Kontrolle einer eingebrachten Gitarre wesentlich vereinfache.

9

2. Der Freistaat Bayern hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

10

a) Der Verfassungsbeschwerde fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil sich das Rechtsschutzziel erledigt habe. Seit dem 4. April 2009 habe dem Beschwerdeführer eine Leihgitarre der Justizvollzugsanstalt zur Benutzung auf seinem Haftraum zur Verfügung gestanden. Jedenfalls durch den späteren Bezug einer eigenen Gitarre aus sicherer Quelle sei das sachliche Interesse des Beschwerdeführers verwirklicht. Ein schutzwürdiges Interesse an der Einbringung derjenigen Gitarre, auf die sich der ursprüngliche Antrag bezog, bestehe nicht mehr. Abgesehen davon habe sich das mit der Verfassungsbeschwerde verfolgte Rechtsschutzziel jedenfalls dadurch erledigt, dass der Beschwerdeführer sich seit dem 11. Februar 2010 nicht mehr in Untersuchungshaft, sondern in einer anderen Justizvollzugsanstalt in Strafhaft befinde. Die Voraussetzungen für das Fortbestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses trotz Erledigung des verfolgten Begehrens lägen nicht vor. Der in dem Verbot des Einbringens einer eigenen Gitarre liegende Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit sei nicht folgenschwer und jedenfalls im vorliegenden Fall auch nicht besonders tiefgreifend. Dadurch, dass die Justizvollzugsanstalt Leihgitarren zur Verfügung stelle, sei gewährleistet gewesen, dass der Beschwerdeführer nur zeitweise, nämlich bis zum Freiwerden einer Leihgitarre, gehindert gewesen sei, in der Untersuchungshaft Gitarre zu spielen. Ein Rechtsschutzbedürfnis sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr gegeben. Die rein abstrakte Möglichkeit, dass der Beschwerdeführer erneut unter vergleichbaren Voraussetzungen zur Vollziehung von Untersuchungshaft in die Justizvollzugsanstalt Kempten kommen könne, genüge hierfür nicht.

11

b) Die Verfassungsbeschwerde sei zudem unbegründet.

12

aa) Der Eingriff in das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt gewesen. Insoweit bilde § 119 Abs. 3 StPO (a.F.) eine zureichende gesetzliche Grundlage für Einschränkungen grundrechtlicher Freiheiten von Untersuchungsgefangenen. Angesichts des Verdachts von Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz und des beim Beschwerdeführer festgestellten Betäubungsmittelkonsums habe die Gefahr bestanden, dass die Gitarre genutzt werde, um Drogen in die Anstalt zu schmuggeln. Dieser Gefahr hätte nicht gleichermaßen wirksam durch eine Untersuchung des Instruments begegnet werden können. Die Vollzugserfahrung zeige, dass der Erfindungsreichtum in Bezug auf Drogenverstecke kaum Grenzen kenne. Eine Untersuchung des Resonanzkörpers der Gitarre mittels Spiegel sei daher keineswegs ausreichend. Selbst sorgfältigste Kontrolle hätte nicht mit der nötigen Sicherheit ausschließen können, dass versteckte Betäubungsmittel übersehen werden und in die Anstalt gelangen. Hinzu komme, dass die notwendige eingehendere Kontrolle des Instruments angesichts der Vielfalt der Versteckmöglichkeiten mit der Gefahr von Beschädigungen und daraus folgenden Amtshaftungsansprüchen einhergehe. Die Sicherheitsanforderungen der Anstalt seien mit dem Interesse des Beschwerdeführers am Gitarrespiel in einen angemessenen Ausgleich gebracht worden, weil die Anstalt ihn auf die Warteliste für die Überlassung einer anstaltseigenen Leihgitarre aufgenommen und ihm eine solche zeitnah ausgehändigt habe.

13

bb) Im Ergebnis beeinträchtigten die angefochtenen Entscheidungen den Beschwerdeführer auch nicht in seinem grundrechtsgleichen Recht auf rechtliches Gehör. Zwar hätte das Amtsgericht dem Beschwerdeführer Gelegenheit geben müssen, sich zu den Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt und der Staatsanwaltschaft zu äußern. Nachdem dies versäumt worden sei, hätte das Landgericht die Gehörsgewährung nachholen müssen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör sei aber nur beeinträchtigt, wenn die angefochtenen Entscheidungen auf der Gehörsverletzung beruhten (mit Verweis auf BVerfGE 86, 133 <147>). Im vorliegenden Fall sei jedoch auszuschließen, dass dem Anliegen des Beschwerdeführers stattgegeben worden wäre, wenn er Gelegenheit erhalten hätte, sich zu den Stellungnahmen zu äußern. Was er der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt, der sich die Staatsanwaltschaft angeschlossen habe, entgegengehalten hätte, ergebe sich aus seiner Beschwerdebegründung vom 15. April 2009, denn die Gründe, mit denen das Amtsgericht eine Einbringung der Gitarre in die Anstalt abgelehnt habe, hätten sich im Wesentlichen mit der Argumentation der Justizvollzugsanstalt gedeckt.

III.

14

1. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93b Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), und gibt ihr statt. Die Entscheidungskompetenz der Kammer ist gegeben (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG); die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gerichte bei der Gewährung rechtlichen Gehörs sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (vgl. BVerfGE 19, 32 <36 f.>; 20, 347 <349>; 50, 280 <285 f.>; 55, 95 <98>; 67, 96 <99 f.>; 70, 180 <189>; 89, 381 <392>; 101, 106 <129>).

15

a) Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere fehlt es nicht an dem notwendigen Rechtsschutzbedürfnis. Insoweit kann offenbleiben, ob eine Erledigung des im fachgerichtlichen Verfahren in der Sache verfolgten Rechtsschutzbegehrens, mit der für dieses Begehren das Rechtsschutzinteresse entfällt, zwangsläufig auch für die in dieser Angelegenheit wegen einer Verletzung rechtlichen Gehörs erhobenen Verfassungsbeschwerde das Rechtsschutzinteresse entfallen lässt. Denn das Rechtsschutzbedürfnis ist hier auch hinsichtlich des verfolgten materiellen Rechtsschutzziels nicht entfallen.

16

Mit der Überlassung einer Leihgitarre erledigte sich nicht das auf Gestattung des Besitzes der eigenen Gitarre gerichtete Begehren. Auch der Erwerb einer neuen, eigenen Gitarre hat das Rechtsschutzinteresse nicht in Wegfall gebracht. Das gilt auch, wenn ein Interesse des Beschwerdeführers, die schon früher in seinem Eigentum befindliche Gitarre zu nutzen, infolgedessen nicht mehr bestehen sollte. Der Aufwand des Erwerbs einer neuen Gitarre war gerade durch die vom Beschwerdeführer als grundrechtswidrig beanstandeten Entscheidungen veranlasst; der Beschwerdeführer nahm ihn in Kauf, um den Folgen des gerügten Grundrechtsverstoßes soweit wie möglich und zulässig auszuweichen. Durch ein solches für den Beschwerdeführer mit Nachteilen verbundenes Ausweichen entfällt das Rechtsschutzinteresse nicht (vgl. BVerfGE 34, 165 <180>).

17

Dass der Beschwerdeführer sich zwischenzeitlich nicht mehr in Untersuchungshaft und nicht mehr in derselben Justizvollzugsanstalt, sondern andernorts in Strafhaft befindet, berührt ungeachtet der dadurch eingetretenen Erledigung sein Rechtsschutzbedürfnis ebenfalls nicht. Bei gewichtigen Grundrechtsverstößen besteht das Rechtsschutzbedürfnis für eine Verfassungsbeschwerde fort, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich typischerweise auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen kann (vgl. BVerfGE 110, 77; 117, 244 <268>; für den Fall der Verlegung eines Strafgefangenen BVerfGK 11, 54 <59>).

18

Der Verstoß gegen die grundrechtliche Gewährleistung des rechtlichen Gehörs, die der Wahrung der Subjektstellung der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren dient (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 107, 395 <409>), stellt unabhängig von dem in dem jeweiligen Verfahren verfolgten Rechtsschutzziel jedenfalls dann einen gewichtigen Grundrechtsverstoß dar, wenn er beharrlich erfolgt und sich damit nicht mehr als Versehen erklären lässt (vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Diese Voraussetzung ist hier sowohl hinsichtlich des Beschlusses des Amtsgerichts, das die Möglichkeit, den begangenen Gehörsverstoß im Abhilfeverfahren zu beheben (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl. 2010, § 306 Rn. 7), nicht genutzt hat, als auch hinsichtlich der Beschlüsse des Landgerichts erfüllt.

19

Im Hinblick auf die typischerweise kurze Dauer der Untersuchungshaft kann ein Untersuchungsgefangener nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine stattgebende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Maßnahmen in deren Vollzug auch nicht erlangen, während die Untersuchungshaft noch andauert. Entfiele das Rechtsschutzbedürfnis für Verfassungsbeschwerden, die Maßnahmen im Vollzug der Untersuchungshaft betreffen, jeweils mit dem Übergang des Betroffenen in die Strafhaft oder mit einer aufgrund dessen erfolgenden Verlegung, so fiele ein wirksamer verfassungsgerichtlicher Grundrechtsschutz in diesem Bereich weitgehend aus. Der Umstand, dass die Fachgerichte und das Bundesverfassungsgericht oft nicht zu einer Entscheidung innerhalb kurzer Zeit in der Lage sind, darf nicht dazu führen, dass eine Verfassungsbeschwerde allein wegen des vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenden Zeitablaufs als unzulässig verworfen wird und auf diese Weise nachhaltig in die Rechte eines Betroffenen eingreifende Beschlüsse des Ermittlungsrichters der verfassungsrechtlichen Überprüfung entzogen werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. September 1999 - 2 BvR 1897/95 u.a. -, NJW 2000, S. 273).

20

b) Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG.

21

aa) Das Amtsgericht hat den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör missachtet, indem es über den Antrag des Beschwerdeführers entschied, ohne ihm die Stellungnahme der Gegenseite zur Kenntnis zu geben.

22

Nach Art. 103 Abs. 1 GG hat der Einzelne Anspruch darauf, vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um als Subjekt Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. BVerfGE 107, 395 <409>). Dementsprechend darf das Gericht nur Tatsachen verwerten, zu denen die Beteiligten vorher Stellung nehmen konnten (vgl. BVerfGE 20, 347 <349>; 70, 180 <189>; 89, 381 <392>; 101, 106 <129>). Der bei einer Entscheidung berücksichtigte Tatsachenvortrag eines Verfahrensbeteiligten muss den anderen Verfahrensbeteiligten vor der Entscheidung durch Übersendung der betreffenden Schriftsätze zur Kenntnis gebracht worden sein. Die Verfahrensbeteiligten müssen grundsätzlich Gelegenheit haben, sich zu Stellungnahmen der Gegenseite in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern (vgl. BVerfGE 19, 32 <36>; 49, 325 <328>; BVerfGK 7, 438 <441>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 6. August 1992 - 2 BvR 628/92 -, juris; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. Februar 2009 - 1 BvR 188/09 -, NVwZ 2009, S. 580; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juli 2009 - 2 BvR 1575/09 -, juris; zur Bedeutung des Rechts auf Äußerung zum Vortrag der Gegenseite als Grundlage des Vertrauens der Verfahrensbeteiligten in die Arbeit der Justiz vgl. EGMR, Urteil vom 21. Februar 2002, Ziegler v. Switzerland, Appl. no. 33499/96, Rn. 38; Urteil vom 19. Mai 2005, Steck-Risch et al. v. Liechtenstein, Appl. no. 63151/00, Rn. 57). Das Amtsgericht hat unter Verstoß gegen dieses Verfahrensgebot entschieden.

23

bb) Der Verstoß ist weder vom Amtsgericht im Abhilfeverfahren (§ 306 Abs. 2 StPO) noch vom Landgericht auf die Beschwerde und die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers hin geheilt worden. Vielmehr hat das Landgericht mit den angegriffenen Beschlüssen seinerseits das Grundrecht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verletzt.

24

(1) Zwar kann ein Gehörsverstoß grundsätzlich - auch in einem höherinstanzlichen Verfahren - geheilt werden, wenn das Gericht in der Lage ist, das nunmehr zur Kenntnis genommene Vorbringen zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 5, 22 <24>; 62, 392 <397>; 73, 322 <326 f.>; 107, 395 <411 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 7. Oktober 2009 - 1 BvR 178/09 -, GRUR-RR 2009, S. 441 <442>). Dies ist hier jedoch nicht geschehen. Das Landgericht war zwar in der Lage zu berücksichtigen, was der Beschwerdeführer zuerst mit seiner Beschwerde und später mit seiner Anhörungsrüge vorgetragen hatte. Es war aber nicht in der Lage zu berücksichtigen, was der Beschwerdeführer im Falle der gebotenen - rechtzeitigen - Gewährung rechtlichen Gehörs zu den Stellungnahmen von Justizvollzugsanstalt und Staatsanwaltschaft vorgetragen haben würde, da es sich auf die Rüge des Beschwerdeführers, die Vorenthaltung der Stellungnahmen verletze seinen Anspruch auf rechtliches Gehör, nicht veranlasst gesehen hat, dem Beschwerdeführer diese zur Kenntnis zu geben.

25

(2) Das Landgericht hat danach mit dem angegriffenen Beschluss vom 29. April 2009 den vom Amtsgericht begangenen Gehörsverstoß fortwirken lassen und damit das Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Überdies hat es einen originären - unmittelbar eigenen - Gehörsverstoß begangen, indem es das Beschwerdevorbringen des Beschwerdeführers nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt hat.

26

Es hat die Beschwerde mit Tenorbegründung "aus den zutreffenden, durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräfteten Gründen des angefochtenen Beschlusses" kostenfällig verworfen. Daraus wird erkennbar, dass es die vom Beschwerdeführer erhobene Rüge einer Verletzung des Anspruchs aus Art. 103 Abs. 1 GG, falls überhaupt zur Kenntnis genommen, jedenfalls nicht in der notwendigen Weise erwogen hat. Die Begründung erschöpft sich in der Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses und geht damit am Inhalt der Gehörsrüge des Beschwerdeführers vorbei. Denn die Begründung des angefochtenen amtsgerichtlichen Beschlusses setzt sich mit der vor dem Landgericht erhobenen Rüge des Beschwerdeführers, das Amtsgericht habe unter Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör entschieden, ohne ihm die im Verfahren abgegebenen behördlichen Stellungnahmen zur Kenntnis gebracht zu haben, nicht auseinander. Sie enthält zum Umgang mit diesen Stellungnahmen auch sonst keinerlei Ausführungen, die diese Rüge - sei es auch nur vermeintlich - entkräften könnten.

27

(3) Mit dem angegriffenen Beschluss vom 19. Mai 2009 hat das Landgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör erneut verletzt, indem es auf die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers hin den gerügten Gehörsverstoß nicht korrigiert oder geheilt hat. Die Anhörungsrüge war im recht verstandenen Interesse des Beschwerdeführers  (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>) dahin auszulegen, dass der Beschwerdeführer, der zur Nutzung des Rechtsbehelfs der Anhörungsrüge vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde gehalten war  (vgl.   BVerfGK   5,   337   <338>; 9, 28 <33>   ) , auch den vom Landgericht selbst begangenen Gehörsverstoß beanstandete; insoweit war sie statthaft. Dennoch hat das Landgericht den Gehörsverstoß, der darin lag, dass es bei seiner Beschwerdeentscheidung die Gehörsrüge des Beschwerdeführers nicht zur Kenntnis genommen oder jedenfalls nicht erwogen hatte, nicht korrigiert oder geheilt, sondern in Abrede gestellt.

28

c) Angesichts der festgestellten Verstöße gegen das Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG kann offen bleiben, ob die Verfassungsbeschwerde auch insoweit begründet ist, als der Beschwerdeführer die Verletzung des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip rügt.

29

2. Die angegriffenen Entscheidungen sind aufzuheben und die Sache ist - angesichts der eingetretenen Erledigung nur noch zur Entscheidung über die Kosten - an das Landgericht Kempten (Allgäu) zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

30

Eine gerichtliche Entscheidung kann allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wegen Verstoßes gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs nur dann aufgehoben werden, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Anhörung des Beteiligten zu einer anderen, ihm günstigeren Entscheidung geführt hätte; nur dann beruht die Entscheidung darauf, dass der Beteiligte nicht gehört wurde (vgl. BVerfGE 7, 239 <241>; 13, 132 <145>; 52, 131 <152 f.>; 89, 381 <392 f.>).

31

Dass bei pflichtgemäßer Gehörsgewährung eine abweichende Entscheidung ausgeschlossen gewesen wäre, kann hier schon deshalb nicht festgestellt werden, weil der Inhalt der fraglichen Stellungnahmen dem Beschwerdeführer bis heute nicht zur Kenntnis gegeben worden ist. Daher kann ihm nicht nur, wie er bereits mit seiner Anhörungsrüge zutreffend festgestellt hat, nicht vorgeworfen werden, dass er nicht mitgeteilt hat, was er bei rechtzeitiger Gehörsgewährung vorgebracht haben würde. Es fehlt damit auch die Grundlage für eine Beurteilung dahingehend, dass eine andere als die ergangene Entscheidung bei pflichtgemäßer Gehörsgewährung ausgeschlossen gewesen wäre. Anders könnte es sich verhalten, wenn festzustellen wäre, dass dem Begehren des Beschwerdeführers ganz unabhängig von jeglichem Vorbringen von Rechts wegen nicht hätte entsprochen werden dürfen. Eine solche Feststellung lässt sich jedoch - erst recht seitens des Bundesverfassungsgerichts, das die primäre Zuständigkeit der Fachgerichte für die Anwendung und Auslegung des einfachen Rechts zu respektieren hat (vgl. BVerfGE 106, 28 <45>; zum Strafvollzug BVerfGK 2, 102 <104>) - hier nicht treffen.

32

3. Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Gründe

1

1. Die Verfassungsbeschwerde, der keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil dem Beschwerdeführer durch die Nichtannahme jedenfalls kein schwerer Nachteil entsteht (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

2

2. Nachdem die Stellungnahme des Justizministeriums, die das Oberlandesgericht dem Beschwerdeführer im fachgerichtlichen Verfahren nicht zur Kenntnis gegeben hat, ihm im Verfassungsbeschwerdeverfahren zur Kenntnis gebracht worden ist und er sich hierzu geäußert hat, kann ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer bei rechtzeitiger Kenntnisgabe eine ihm günstigere Entscheidung im fachgerichtlichen Verfahren hätte erreichen können.

3

3. Indem das Oberlandesgericht dem Beschwerdeführer die Stellungnahme des Justizministeriums im Rechtsbeschwerderechtszug nicht zugänglich gemacht hat, hat es allerdings sein Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Die Verfahrensbeteiligten müssen grundsätzlich Gelegenheit haben, sich zu Stellungnahmen der Gegenseite in tatsächlicher  und rechtlicher Hinsicht zu äußern (vgl. BVerfGE 19, 32 <36>; 49, 325 <328>; BVerfGK 7, 438 <441>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 6. August 1992 - 2 BvR 628/92 -, juris; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. Februar 2009 - 1 BvR 188/09 -, NVwZ 2009, S. 580; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juli 2009 - 2 BvR 1575/09 -, juris). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist daher regelmäßig verletzt, wenn das Gericht einem Verfahrensbeteiligten, bevor es eine für ihn ungünstige Entscheidung trifft, keine Gelegenheit gibt, zu der im Verfahren abgegebenen Stellungnahme der Gegenseite Stellung zu nehmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. November 2010 - 2 BvR 1183/09 -, juris). Dies gilt - auch wenn der Gehörsverstoß nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Aufhebung der ergangenen Entscheidung nur unter der Voraussetzung führt, dass sie auf dem Verstoß beruht (vgl. BVerfGE 7, 239 <241>; 13, 132 <145>; 52, 131 <152 f.>; 89, 381 <392 f.>) - grundsätzlich unabhängig davon, ob unter den gegebenen Umständen von der Möglichkeit auszugehen ist, dass eine mögliche Gegenstellungnahme Einfluss auf das Entscheidungsergebnis gewinnt, oder nicht. Denn der grundrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör dient nicht nur der Gewährleistung sachrichtiger Entscheidungen, sondern auch der Wahrung der Subjektstellung der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 107, 395<409>; stRspr). Hierauf und auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - die für die Feststellung einer Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 EMRK), das den Anspruch auf rechtliches Gehör einschließt, ausdrücklich der Beruhensfrage keine entscheidende Bedeutung zumisst, sofern der Anspruch auf rechtliches Gehör in seiner Funktion als Grundlage für das Vertrauen der Verfahrensbeteiligten in die Arbeit der Justiz berührt ist (vgl. EGMR, Urteil vom 21. Februar 2002, Ziegler v. Switzerland - 33499/96 -, Rn. 38; Urteil vom 19. Mai 2005, Steck-Risch et al. v. Liechtenstein - 63151/00 -, Rn. 57; vgl. auch EGMR, Urteil vom 3. Juli 2008, Vokoun c. République Tchèque - 20728/05 -, Rn. 25 ff., und EGMR, Urteil vom 18. Oktober 2007, Asnar c. France - 12316/04 -, Rn. 24 ff.) - hat das Bundesverfassungsgericht angesichts einer verbreiteten Praxis der Gerichte, Strafgefangenen die Stellungnahme der Gegenseite wegen deren rein rechtsbezogenen Inhalts oder wegen aus sonstigen Gründen unterstellter mangelnder Entscheidungserheblichkeit möglicher Erwiderungen regelmäßig nicht zur Kenntnis zu geben, mehrfach hingewiesen (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. November 2010 - 2 BvR 1183/09 -, juris; vom 2. März 2011 - 2 BvR 43/10 u.a. -, juris; vom 21. März 2011 - 2 BvR 301/11 -, juris). Die betreffenden Beschlüsse sind jedoch erst nach den angegriffenen Beschlüssen des Oberlandesgerichts ergangen. Es kann daher auch keine Rede davon sein, dass Verfahrensrechte des Beschwerdeführers sehenden Auges nicht beachtet worden wären.

4

4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

5

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschlüsse des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) vom 8. April 2009 - 2 Gs 808/09 - und des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 29. April 2009 und vom 19. Mai 2009 - 1 Qs 91/09 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. Die Sache wird zur Entscheidung über die Kosten an das Landgericht Kempten (Allgäu) zurückverwiesen.

...

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft den Anspruch auf rechtliches Gehör.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer, der sich wegen des Verdachts von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz in Untersuchungshaft befand, beantragte, ihm das Einbringen und den Besitz seiner Gitarre zu gestatten. Der Ermittlungsrichter lehnte dies mit angegriffenem Beschluss vom 8. April 2009 ab, ohne dem Beschwerdeführer die in dem Verfahren abgegebene Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt und der Staatsanwaltschaft zu übersenden. Die Gitarre sei mit dem Zweck der Untersuchungshaft und der Ordnung der Vollzugsanstalt nicht vereinbar (§ 119 Abs. 3 und 4 StPO a.F.). Drogenkonsum gefährde die Sicherheit in der Justizvollzugsanstalt. Es bestehe der dringende Verdacht, dass der Beschwerdeführer vor seiner Inhaftierung Suchtmittel missbraucht habe. Ein Musikinstrument eigne sich hervorragend als Versteck für Drogen. Insbesondere bestehe die Gefahr, dass andere Gefangene an den Beschwerdeführer heranträten und die Gitarre als ideales Versteck für Drogen und andere sicherheitsgefährdende Gegenstände nutzten. Zudem könnten die Gitarre selbst oder ihre Saiten als gefährliche Werkzeuge gegen Mitgefangene oder Vollzugspersonal eingesetzt werden.

3

2. Mit der Beschwerde rügte der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) durch Nichtübersendung der eingeholten Stellungnahmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse er über die Äußerungen der Gegenseite informiert werden. Ohne Kenntnis des Sach- und Streitstandes könne er sein Anhörungsrecht nicht effektiv wahrnehmen. Der Inhalt der Stellungnahmen ergebe sich auch nicht aus dem Beschluss. Daher könne er nicht angeben, was er hätte erwidern können, wenn ihm das rechtliche Gehör gewährt worden wäre. Im Übrigen sei die Begründung des Beschlusses auch nicht haltbar. Die Justizvollzugsanstalt verleihe über die Straffälligenhilfe oder über den Geistlichen selbst Gitarren; auch Ersatzsaiten seien jederzeit erhältlich. Somit könne der Gitarre und den Saiten kein Sicherheitsrisiko innewohnen. Ein Sicherheitsrisiko durch das Einbringen einer Gitarre von außen lasse sich mit minimalem Aufwand - durch Inspektion mithilfe eines kleinen Spiegels - beseitigen. Eine solche Inspektion könne auch im Rahmen der regelmäßigen Haftraumkontrollen erfolgen.

4

Das Landgericht verwarf mit angegriffenem Beschluss vom 29. April 2009 die Beschwerde "aus den zutreffenden, durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräfteten Gründen des angefochtenen Beschlusses".

5

3. Hiergegen beantragte der Beschwerdeführer "die Nachholung des rechtlichen Gehörs gemäß § 33a StPO". Das Gericht habe nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor Erlass einer Entscheidung zu prüfen, ob den Verfahrensbeteiligten rechtliches Gehör gewährt worden sei; zu dem Verfahrensstoff, über den informiert werden müsse, gehörten unter anderem Stellungnahmen der Gegenseite. Sein Anspruch aus Art. 103 Abs. 1 GG sei in gravierender Weise verletzt worden. Das rechtliche Gehör sei auch im Beschwerderechtszug nicht nachgeholt worden.

6

Mit angegriffenem Beschluss vom 19. Mai 2009 gab das Landgericht der "Gegenvorstellung … keine Folge". Der Beschwerdeführer übersehe, dass es sich vorliegend um ein Beschwerde- und nicht um ein Antragsverfahren handele. Das Amtsgericht habe seiner Beschwerde nicht abgeholfen. Von der Staatsanwaltschaft sei die Beschwerde ohne weitere Stellungnahme dem Landgericht vorgelegt worden. Im vorliegenden Beschlussverfahren werde dem Beschwerdeführer nur ein allgemeines, jedoch kein spezielles, auf einzelne rechtliche Argumente bezogenes Gehör gewährt. Im Übrigen gebe es keinerlei Argument der Verfolgungsbehörde, zu welchem der Beschwerdeführer hätte gehört werden können. Der die Beschwerde verwerfende Beschluss der Kammer offenbare nach seiner Sachlogik vielmehr, dass der Beschwerdevortrag vollkommen ungeeignet gewesen sei, die zutreffenden Gründe des amtsgerichtlichen Beschlusses zu entkräften.

7

4. Seit dem 4. April 2009 konnte der Beschwerdeführer eine Leihgitarre, seit dem 22. Dezember 2009 eine über einen Versandhändler erworbene eigene Gitarre in seinem Haftraum nutzen. Seit dem 11. Februar 2010 befindet er sich nicht mehr in Untersuchungshaft, sondern in Strafhaft in einer anderen Justizvollzugsanstalt.

II.

8

1. Mit seiner fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, seine Grundrechte aus Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG seien verletzt. Ihm sei nicht, wie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geboten, Gelegenheit gegeben worden, zu dem entscheidungserheblichen Vortrag der Gegenseite Stellung zu nehmen. Der Inhalt der Stellungnahmen gehe auch aus dem Beschluss des Amtsgerichts nicht hervor. Ein weiterer Vortrag sei ihm daher nach wie vor nicht möglich. Die Versagung der Einbringung seiner Privatgitarre werde den grundrechtlichen Anforderungen nicht gerecht, weil sie vernachlässige, dass Schwierigkeiten der Überwachung im Rahmen des Zumutbaren hinzunehmen seien. Dieser Rahmen sei, wie auch die Praxis der Verleihung von Gitarren zeige, hier nicht überschritten. Die Justizvollzugsanstalt Kempten verfüge zudem, wie er inzwischen erfahren habe, über ein Durchleuchtungsgerät, das die Kontrolle einer eingebrachten Gitarre wesentlich vereinfache.

9

2. Der Freistaat Bayern hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

10

a) Der Verfassungsbeschwerde fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil sich das Rechtsschutzziel erledigt habe. Seit dem 4. April 2009 habe dem Beschwerdeführer eine Leihgitarre der Justizvollzugsanstalt zur Benutzung auf seinem Haftraum zur Verfügung gestanden. Jedenfalls durch den späteren Bezug einer eigenen Gitarre aus sicherer Quelle sei das sachliche Interesse des Beschwerdeführers verwirklicht. Ein schutzwürdiges Interesse an der Einbringung derjenigen Gitarre, auf die sich der ursprüngliche Antrag bezog, bestehe nicht mehr. Abgesehen davon habe sich das mit der Verfassungsbeschwerde verfolgte Rechtsschutzziel jedenfalls dadurch erledigt, dass der Beschwerdeführer sich seit dem 11. Februar 2010 nicht mehr in Untersuchungshaft, sondern in einer anderen Justizvollzugsanstalt in Strafhaft befinde. Die Voraussetzungen für das Fortbestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses trotz Erledigung des verfolgten Begehrens lägen nicht vor. Der in dem Verbot des Einbringens einer eigenen Gitarre liegende Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit sei nicht folgenschwer und jedenfalls im vorliegenden Fall auch nicht besonders tiefgreifend. Dadurch, dass die Justizvollzugsanstalt Leihgitarren zur Verfügung stelle, sei gewährleistet gewesen, dass der Beschwerdeführer nur zeitweise, nämlich bis zum Freiwerden einer Leihgitarre, gehindert gewesen sei, in der Untersuchungshaft Gitarre zu spielen. Ein Rechtsschutzbedürfnis sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr gegeben. Die rein abstrakte Möglichkeit, dass der Beschwerdeführer erneut unter vergleichbaren Voraussetzungen zur Vollziehung von Untersuchungshaft in die Justizvollzugsanstalt Kempten kommen könne, genüge hierfür nicht.

11

b) Die Verfassungsbeschwerde sei zudem unbegründet.

12

aa) Der Eingriff in das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt gewesen. Insoweit bilde § 119 Abs. 3 StPO (a.F.) eine zureichende gesetzliche Grundlage für Einschränkungen grundrechtlicher Freiheiten von Untersuchungsgefangenen. Angesichts des Verdachts von Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz und des beim Beschwerdeführer festgestellten Betäubungsmittelkonsums habe die Gefahr bestanden, dass die Gitarre genutzt werde, um Drogen in die Anstalt zu schmuggeln. Dieser Gefahr hätte nicht gleichermaßen wirksam durch eine Untersuchung des Instruments begegnet werden können. Die Vollzugserfahrung zeige, dass der Erfindungsreichtum in Bezug auf Drogenverstecke kaum Grenzen kenne. Eine Untersuchung des Resonanzkörpers der Gitarre mittels Spiegel sei daher keineswegs ausreichend. Selbst sorgfältigste Kontrolle hätte nicht mit der nötigen Sicherheit ausschließen können, dass versteckte Betäubungsmittel übersehen werden und in die Anstalt gelangen. Hinzu komme, dass die notwendige eingehendere Kontrolle des Instruments angesichts der Vielfalt der Versteckmöglichkeiten mit der Gefahr von Beschädigungen und daraus folgenden Amtshaftungsansprüchen einhergehe. Die Sicherheitsanforderungen der Anstalt seien mit dem Interesse des Beschwerdeführers am Gitarrespiel in einen angemessenen Ausgleich gebracht worden, weil die Anstalt ihn auf die Warteliste für die Überlassung einer anstaltseigenen Leihgitarre aufgenommen und ihm eine solche zeitnah ausgehändigt habe.

13

bb) Im Ergebnis beeinträchtigten die angefochtenen Entscheidungen den Beschwerdeführer auch nicht in seinem grundrechtsgleichen Recht auf rechtliches Gehör. Zwar hätte das Amtsgericht dem Beschwerdeführer Gelegenheit geben müssen, sich zu den Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt und der Staatsanwaltschaft zu äußern. Nachdem dies versäumt worden sei, hätte das Landgericht die Gehörsgewährung nachholen müssen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör sei aber nur beeinträchtigt, wenn die angefochtenen Entscheidungen auf der Gehörsverletzung beruhten (mit Verweis auf BVerfGE 86, 133 <147>). Im vorliegenden Fall sei jedoch auszuschließen, dass dem Anliegen des Beschwerdeführers stattgegeben worden wäre, wenn er Gelegenheit erhalten hätte, sich zu den Stellungnahmen zu äußern. Was er der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt, der sich die Staatsanwaltschaft angeschlossen habe, entgegengehalten hätte, ergebe sich aus seiner Beschwerdebegründung vom 15. April 2009, denn die Gründe, mit denen das Amtsgericht eine Einbringung der Gitarre in die Anstalt abgelehnt habe, hätten sich im Wesentlichen mit der Argumentation der Justizvollzugsanstalt gedeckt.

III.

14

1. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93b Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), und gibt ihr statt. Die Entscheidungskompetenz der Kammer ist gegeben (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG); die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gerichte bei der Gewährung rechtlichen Gehörs sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (vgl. BVerfGE 19, 32 <36 f.>; 20, 347 <349>; 50, 280 <285 f.>; 55, 95 <98>; 67, 96 <99 f.>; 70, 180 <189>; 89, 381 <392>; 101, 106 <129>).

15

a) Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere fehlt es nicht an dem notwendigen Rechtsschutzbedürfnis. Insoweit kann offenbleiben, ob eine Erledigung des im fachgerichtlichen Verfahren in der Sache verfolgten Rechtsschutzbegehrens, mit der für dieses Begehren das Rechtsschutzinteresse entfällt, zwangsläufig auch für die in dieser Angelegenheit wegen einer Verletzung rechtlichen Gehörs erhobenen Verfassungsbeschwerde das Rechtsschutzinteresse entfallen lässt. Denn das Rechtsschutzbedürfnis ist hier auch hinsichtlich des verfolgten materiellen Rechtsschutzziels nicht entfallen.

16

Mit der Überlassung einer Leihgitarre erledigte sich nicht das auf Gestattung des Besitzes der eigenen Gitarre gerichtete Begehren. Auch der Erwerb einer neuen, eigenen Gitarre hat das Rechtsschutzinteresse nicht in Wegfall gebracht. Das gilt auch, wenn ein Interesse des Beschwerdeführers, die schon früher in seinem Eigentum befindliche Gitarre zu nutzen, infolgedessen nicht mehr bestehen sollte. Der Aufwand des Erwerbs einer neuen Gitarre war gerade durch die vom Beschwerdeführer als grundrechtswidrig beanstandeten Entscheidungen veranlasst; der Beschwerdeführer nahm ihn in Kauf, um den Folgen des gerügten Grundrechtsverstoßes soweit wie möglich und zulässig auszuweichen. Durch ein solches für den Beschwerdeführer mit Nachteilen verbundenes Ausweichen entfällt das Rechtsschutzinteresse nicht (vgl. BVerfGE 34, 165 <180>).

17

Dass der Beschwerdeführer sich zwischenzeitlich nicht mehr in Untersuchungshaft und nicht mehr in derselben Justizvollzugsanstalt, sondern andernorts in Strafhaft befindet, berührt ungeachtet der dadurch eingetretenen Erledigung sein Rechtsschutzbedürfnis ebenfalls nicht. Bei gewichtigen Grundrechtsverstößen besteht das Rechtsschutzbedürfnis für eine Verfassungsbeschwerde fort, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich typischerweise auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen kann (vgl. BVerfGE 110, 77; 117, 244 <268>; für den Fall der Verlegung eines Strafgefangenen BVerfGK 11, 54 <59>).

18

Der Verstoß gegen die grundrechtliche Gewährleistung des rechtlichen Gehörs, die der Wahrung der Subjektstellung der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren dient (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 107, 395 <409>), stellt unabhängig von dem in dem jeweiligen Verfahren verfolgten Rechtsschutzziel jedenfalls dann einen gewichtigen Grundrechtsverstoß dar, wenn er beharrlich erfolgt und sich damit nicht mehr als Versehen erklären lässt (vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Diese Voraussetzung ist hier sowohl hinsichtlich des Beschlusses des Amtsgerichts, das die Möglichkeit, den begangenen Gehörsverstoß im Abhilfeverfahren zu beheben (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl. 2010, § 306 Rn. 7), nicht genutzt hat, als auch hinsichtlich der Beschlüsse des Landgerichts erfüllt.

19

Im Hinblick auf die typischerweise kurze Dauer der Untersuchungshaft kann ein Untersuchungsgefangener nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine stattgebende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Maßnahmen in deren Vollzug auch nicht erlangen, während die Untersuchungshaft noch andauert. Entfiele das Rechtsschutzbedürfnis für Verfassungsbeschwerden, die Maßnahmen im Vollzug der Untersuchungshaft betreffen, jeweils mit dem Übergang des Betroffenen in die Strafhaft oder mit einer aufgrund dessen erfolgenden Verlegung, so fiele ein wirksamer verfassungsgerichtlicher Grundrechtsschutz in diesem Bereich weitgehend aus. Der Umstand, dass die Fachgerichte und das Bundesverfassungsgericht oft nicht zu einer Entscheidung innerhalb kurzer Zeit in der Lage sind, darf nicht dazu führen, dass eine Verfassungsbeschwerde allein wegen des vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenden Zeitablaufs als unzulässig verworfen wird und auf diese Weise nachhaltig in die Rechte eines Betroffenen eingreifende Beschlüsse des Ermittlungsrichters der verfassungsrechtlichen Überprüfung entzogen werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. September 1999 - 2 BvR 1897/95 u.a. -, NJW 2000, S. 273).

20

b) Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG.

21

aa) Das Amtsgericht hat den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör missachtet, indem es über den Antrag des Beschwerdeführers entschied, ohne ihm die Stellungnahme der Gegenseite zur Kenntnis zu geben.

22

Nach Art. 103 Abs. 1 GG hat der Einzelne Anspruch darauf, vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um als Subjekt Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. BVerfGE 107, 395 <409>). Dementsprechend darf das Gericht nur Tatsachen verwerten, zu denen die Beteiligten vorher Stellung nehmen konnten (vgl. BVerfGE 20, 347 <349>; 70, 180 <189>; 89, 381 <392>; 101, 106 <129>). Der bei einer Entscheidung berücksichtigte Tatsachenvortrag eines Verfahrensbeteiligten muss den anderen Verfahrensbeteiligten vor der Entscheidung durch Übersendung der betreffenden Schriftsätze zur Kenntnis gebracht worden sein. Die Verfahrensbeteiligten müssen grundsätzlich Gelegenheit haben, sich zu Stellungnahmen der Gegenseite in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern (vgl. BVerfGE 19, 32 <36>; 49, 325 <328>; BVerfGK 7, 438 <441>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 6. August 1992 - 2 BvR 628/92 -, juris; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. Februar 2009 - 1 BvR 188/09 -, NVwZ 2009, S. 580; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juli 2009 - 2 BvR 1575/09 -, juris; zur Bedeutung des Rechts auf Äußerung zum Vortrag der Gegenseite als Grundlage des Vertrauens der Verfahrensbeteiligten in die Arbeit der Justiz vgl. EGMR, Urteil vom 21. Februar 2002, Ziegler v. Switzerland, Appl. no. 33499/96, Rn. 38; Urteil vom 19. Mai 2005, Steck-Risch et al. v. Liechtenstein, Appl. no. 63151/00, Rn. 57). Das Amtsgericht hat unter Verstoß gegen dieses Verfahrensgebot entschieden.

23

bb) Der Verstoß ist weder vom Amtsgericht im Abhilfeverfahren (§ 306 Abs. 2 StPO) noch vom Landgericht auf die Beschwerde und die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers hin geheilt worden. Vielmehr hat das Landgericht mit den angegriffenen Beschlüssen seinerseits das Grundrecht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verletzt.

24

(1) Zwar kann ein Gehörsverstoß grundsätzlich - auch in einem höherinstanzlichen Verfahren - geheilt werden, wenn das Gericht in der Lage ist, das nunmehr zur Kenntnis genommene Vorbringen zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 5, 22 <24>; 62, 392 <397>; 73, 322 <326 f.>; 107, 395 <411 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 7. Oktober 2009 - 1 BvR 178/09 -, GRUR-RR 2009, S. 441 <442>). Dies ist hier jedoch nicht geschehen. Das Landgericht war zwar in der Lage zu berücksichtigen, was der Beschwerdeführer zuerst mit seiner Beschwerde und später mit seiner Anhörungsrüge vorgetragen hatte. Es war aber nicht in der Lage zu berücksichtigen, was der Beschwerdeführer im Falle der gebotenen - rechtzeitigen - Gewährung rechtlichen Gehörs zu den Stellungnahmen von Justizvollzugsanstalt und Staatsanwaltschaft vorgetragen haben würde, da es sich auf die Rüge des Beschwerdeführers, die Vorenthaltung der Stellungnahmen verletze seinen Anspruch auf rechtliches Gehör, nicht veranlasst gesehen hat, dem Beschwerdeführer diese zur Kenntnis zu geben.

25

(2) Das Landgericht hat danach mit dem angegriffenen Beschluss vom 29. April 2009 den vom Amtsgericht begangenen Gehörsverstoß fortwirken lassen und damit das Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Überdies hat es einen originären - unmittelbar eigenen - Gehörsverstoß begangen, indem es das Beschwerdevorbringen des Beschwerdeführers nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt hat.

26

Es hat die Beschwerde mit Tenorbegründung "aus den zutreffenden, durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräfteten Gründen des angefochtenen Beschlusses" kostenfällig verworfen. Daraus wird erkennbar, dass es die vom Beschwerdeführer erhobene Rüge einer Verletzung des Anspruchs aus Art. 103 Abs. 1 GG, falls überhaupt zur Kenntnis genommen, jedenfalls nicht in der notwendigen Weise erwogen hat. Die Begründung erschöpft sich in der Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses und geht damit am Inhalt der Gehörsrüge des Beschwerdeführers vorbei. Denn die Begründung des angefochtenen amtsgerichtlichen Beschlusses setzt sich mit der vor dem Landgericht erhobenen Rüge des Beschwerdeführers, das Amtsgericht habe unter Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör entschieden, ohne ihm die im Verfahren abgegebenen behördlichen Stellungnahmen zur Kenntnis gebracht zu haben, nicht auseinander. Sie enthält zum Umgang mit diesen Stellungnahmen auch sonst keinerlei Ausführungen, die diese Rüge - sei es auch nur vermeintlich - entkräften könnten.

27

(3) Mit dem angegriffenen Beschluss vom 19. Mai 2009 hat das Landgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör erneut verletzt, indem es auf die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers hin den gerügten Gehörsverstoß nicht korrigiert oder geheilt hat. Die Anhörungsrüge war im recht verstandenen Interesse des Beschwerdeführers  (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>) dahin auszulegen, dass der Beschwerdeführer, der zur Nutzung des Rechtsbehelfs der Anhörungsrüge vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde gehalten war  (vgl.   BVerfGK   5,   337   <338>; 9, 28 <33>   ) , auch den vom Landgericht selbst begangenen Gehörsverstoß beanstandete; insoweit war sie statthaft. Dennoch hat das Landgericht den Gehörsverstoß, der darin lag, dass es bei seiner Beschwerdeentscheidung die Gehörsrüge des Beschwerdeführers nicht zur Kenntnis genommen oder jedenfalls nicht erwogen hatte, nicht korrigiert oder geheilt, sondern in Abrede gestellt.

28

c) Angesichts der festgestellten Verstöße gegen das Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG kann offen bleiben, ob die Verfassungsbeschwerde auch insoweit begründet ist, als der Beschwerdeführer die Verletzung des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip rügt.

29

2. Die angegriffenen Entscheidungen sind aufzuheben und die Sache ist - angesichts der eingetretenen Erledigung nur noch zur Entscheidung über die Kosten - an das Landgericht Kempten (Allgäu) zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

30

Eine gerichtliche Entscheidung kann allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wegen Verstoßes gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs nur dann aufgehoben werden, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Anhörung des Beteiligten zu einer anderen, ihm günstigeren Entscheidung geführt hätte; nur dann beruht die Entscheidung darauf, dass der Beteiligte nicht gehört wurde (vgl. BVerfGE 7, 239 <241>; 13, 132 <145>; 52, 131 <152 f.>; 89, 381 <392 f.>).

31

Dass bei pflichtgemäßer Gehörsgewährung eine abweichende Entscheidung ausgeschlossen gewesen wäre, kann hier schon deshalb nicht festgestellt werden, weil der Inhalt der fraglichen Stellungnahmen dem Beschwerdeführer bis heute nicht zur Kenntnis gegeben worden ist. Daher kann ihm nicht nur, wie er bereits mit seiner Anhörungsrüge zutreffend festgestellt hat, nicht vorgeworfen werden, dass er nicht mitgeteilt hat, was er bei rechtzeitiger Gehörsgewährung vorgebracht haben würde. Es fehlt damit auch die Grundlage für eine Beurteilung dahingehend, dass eine andere als die ergangene Entscheidung bei pflichtgemäßer Gehörsgewährung ausgeschlossen gewesen wäre. Anders könnte es sich verhalten, wenn festzustellen wäre, dass dem Begehren des Beschwerdeführers ganz unabhängig von jeglichem Vorbringen von Rechts wegen nicht hätte entsprochen werden dürfen. Eine solche Feststellung lässt sich jedoch - erst recht seitens des Bundesverfassungsgerichts, das die primäre Zuständigkeit der Fachgerichte für die Anwendung und Auslegung des einfachen Rechts zu respektieren hat (vgl. BVerfGE 106, 28 <45>; zum Strafvollzug BVerfGK 2, 102 <104>) - hier nicht treffen.

32

3. Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Wird das Verfahren durch Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.

(2) Ist das Verfahren auf sonstige Weise erledigt oder wird der Antrag zurückgenommen, gilt § 81 entsprechend.

Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.