Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Aug. 2018 - V ZB 123/18

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:100818BVZB123.18.0
10.08.2018
vorgehend
Amtsgericht Ingolstadt, 9 XIV 232/18, 02.07.2018
Landgericht Ingolstadt, 33 T 1074/18, 26.07.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 123/18
vom
10. August 2018
in der Abschiebungshaftsache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zweifel an der Volljährigkeit eines Betroffenen, denen das Gericht gemäß
§ 26 FamFG nachzugehen hat, können sich auch aus der Anordnung einer
Vormundschaft für ihn ergeben. Eine solche Anordnung schließt es aber
nicht aus, dass der Haftrichter aufgrund der gebotenen sorgfältigen amtswegigen
Sachaufklärung zu der Überzeugung gelangt, dass der Betroffene
nach dem ausländer- und sicherungshaftrechtlich maßgeblichen deutschen
Recht volljährig ist.
BGH, Beschluss vom 10. August 2018 - V ZB 123/18 - LG Ingolstadt
AG Ingolstadt
ECLI:DE:BGH:2018:100818BVZB123.18.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. August 2018 durch die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, die Richter Dr. Kazele und Dr. Göbel, die Richterin Dr. Brenneisen und den Richter Röhl

beschlossen:
Der Antrag, die Vollziehung der mit Beschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 2. Juli 2018 angeordneten und mit Beschluss des Landgerichts Ingolstadt - 3. Zivilkammer - vom 26. Juli 2018 aufrecht erhaltenen Sicherungshaft, einstweilen auszusetzen, wird zurückgewiesen.

Gründe:


I.


1
Der Betroffene, ein guineischer Staatsangehöriger, reiste nach eigenen Angaben im November 2016 in das Bundesgebiet ein und stellte am 28. Dezember 2017 einen Asylantrag, den das zuständige Bundesamt mit bestandskräftigem Bescheid vom 20. April 2018 unter Aufforderung des Betroffenen, das Bundesgebiet innerhalb von 30 Tagen zu verlassen, und unter Androhung der Abschiebung ablehnte. Der Betroffene tauchte unter und wurde am 23. Mai 2018 von der Polizei festgenommen. Am gleichen Tag wurde gegen ihn Haft zur Sicherung seiner Abschiebung nach Guinea angeordnet. Bei der Verbringung in die Hafteinrichtung gelang ihm eine Flucht aus dem Dienstfahrzeug der Polizei. Er versuchte, sich durch einen Sprung in die Donau der Haft zu entzie- hen, konnte jedoch wieder ergriffen werden. Mit Beschluss vom 18. Juni 2018 ordnete das Familiengericht eine Vormundschaft für den Betroffenen an, weil es Zweifel an seiner Volljährigkeit hatte; diese Anordnung wurde von dem zuständigen Oberlandesgericht bestätigt. Einen Antrag des Betroffenen nach § 123 VwGO mit dem Ziel, im Hinblick auf § 58 Abs. 1a AufenthG Abschiebemaßnahmen vorläufig zu untersagen, lehnte das zuständige Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. Juni 2018 ab. Über die dagegen eingelegte Beschwerde ist noch nicht entschieden.
2
Das Amtsgericht, das den Betroffenen für volljährig hält, hat die Sicherungshaft mit Beschluss vom 2. Juli 2018 bis zum 16. August 2018 verlängert. Die Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde; er beantragt zunächst, die Vollziehung der mit dem Beschluss des Amtsgerichts vom 2. Juli 2018 verlängerten Sicherungshaft einstweilen auszusetzen. Er macht geltend, er sei 17 Jahre alt; der Haftrichter habe von Zweifeln an der Volljährigkeit eines Betroffenen bereits dann auszugehen, wenn und solange für diesen aufgrund einer familiengerichtlichen Anordnung eine Vormundschaft bestehe.

II.


3
Das Beschwerdegericht geht von einem zulässigen Haftantrag aus. Es bestünden die Haftgründe des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 2 und 5 AufenthG. Die Anordnung der Haft und die beantragte Haftdauer seien erforderlich und verhältnismäßig und die Abschiebung sei mit größtmöglicher Beschleunigung betrieben worden. Abschiebungshindernisse lägen nicht vor, insbesondere sei der Betroffene nicht minderjährig, was sich aus einem Gutachten des Universitäts- klinikums Hamburg-Eppendorf ergebe. Die Entscheidung des Familiengerichts sei für die ausländerrechtliche Behandlung des Betroffenen nicht bindend.

III.


4
Der in entsprechender Anwendung von § 64 Abs. 3 FamFG zulässige Antrag auf einstweilige Aussetzung der Vollziehung der Sicherungshaft bleibt in der Sache ohne Erfolg.
5
1. Das Rechtsbeschwerdegericht hat bei der Entscheidung über den Aussetzungsantrag die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels und die drohenden Nachteile für den Betroffenen gegeneinander abzuwägen. Die Aussetzung der Vollziehung einer Freiheitsentziehung, die durch das Beschwerdegericht bestätigt worden ist, wird danach regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn das Rechtsmittel bei summarischer Prüfung Aussicht auf Erfolg hat oder die Rechtslage zumindest zweifelhaft ist (vgl. Senat, Beschluss vom 29. September 2010 - V ZB 233/10, NVwZ 2011, 320 Rn. 5).
6
2. Daran fehlt es hier. Die Auffassung des Beschwerdegerichts, dass der auf einem zulässigen Haftverlängerungsantrag beruhenden Verlängerung der Sicherungshaft insbesondere das Alter des Betroffenen nicht entgegensteht, wird nicht zu beanstanden sein.
7
a) Allerdings kommt bei minderjährigen Ausländern dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Anordnung von Sicherungshaft wegen der Schwere des Eingriffs besondere Bedeutung zu (Senat, Beschlüsse vom 29. September 2010 - V ZB 233/10, NVwZ 2011, 320 Rn. 9 und vom 12. Februar 2015 - V ZB 185/14, InfAuslR 2015, 238 Rn. 5). Sie darf nach § 62 Abs. 1 Satz 3 AufenthG gegen Minderjährige nur in besonderen Ausnahmefällen, nur unter Beachtung der in § 62a AufenthG und nur so lange vorgeschriebenen besonderen Bedingungen angeordnet werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist. Minderjährige müssen so weit wie möglich in Einrichtungen untergebracht werden, die personell und materiell zur Berücksichtigung ihrer altersgemäßen Bedürfnisse in der Lage sind (vgl. Senat, Beschlüsse vom 7. März 2012 - V ZB 41/12, InfAuslR 2012, 224 und vom 12. Februar 2015 - V ZB 185/14, InfAuslR 2015, 238 Rn. 5).
8
b) Der Senat wird indes an die Feststellung des Beschwerdegerichts gebunden sein, dass der Betroffene das 18. Lebensjahr vollendet hat und damit im Sinne von § 62 Abs. 1 Satz 3, § 62a AufenthG volljährig ist (vgl. § 80 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, § 2 BGB).
9
aa) Bestehen Zweifel an der Volljährigkeit des Betroffenen, hat das Gericht gemäß § 26 FamFG den Sachverhalt aufzuklären.
10
(1) Solche Zweifel werden allerdings nicht bereits dadurch begründet, dass der Betroffene angibt, minderjährig zu sein; ist diese Behauptung schon aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes des Betroffenen offenkundig falsch - was von dem Haftrichter nachvollziehbar darzulegen ist -, sind weitere Ermittlungen zum Alter des Betroffenen nicht erforderlich. Liegt eine Volljährigkeit des Betroffenen hingegen nicht klar zutage, sind weitere Aufklärungen erforderlich, wobei hohe Anforderungen an die Ausfüllung des Amtsermittlungsgrundsatzes zu stellen sind. Eine Einschätzung des Haftrichters, der Betroffene sei volljährig, reicht in der Regel - selbst wenn sie auf ein großes Erfahrungswissen gestützt ist - nicht aus, um ein sicheres Bild zu gewinnen. Vielmehr sind die nach § 49 Abs. 3 i.V.m. Abs. 6 AufenthG vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen. Im Zweifel ist zugunsten des Betroffenen von einer Minderjährigkeit auszugehen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 29. September 2010 - V ZB 233/10, NVwZ 2011, 320 Rn. 11 und vom 12. Februar 2015 - V ZB 185/14, InfAuslR 2015, 238 Rn. 7).
11
(2) Zweifel an der Volljährigkeit des Betroffenen können sich auch aus der Anordnung einer Vormundschaft für ihn ergeben. Eine solche Anordnung schließt es aber nicht aus, dass der Haftrichter aufgrund der gebotenen sorgfältigen amtswegigen Sachaufklärung zu der Überzeugung gelangt, dass der Betroffene nach dem ausländer- und sicherungshaftrechtlich maßgeblichen deutschen Recht volljährig ist. Das gilt insbesondere dann, wenn die Familiengerichte - wie hier - aufgrund der dargestellten Zweifelsregel eine vorläufige Vormundschaft angeordnet haben.
12
bb) Die gebotene summarische Prüfung ergibt, dass sowohl der Haftrichter als auch das Beschwerdegericht diesen Anforderungen gerecht geworden sind. Sie sind der Frage einer altersgerechten Unterbringung des Betroffenen nachgegangen und haben ihre Würdigung, der Betroffene habe das 18. Lebensjahr vollendet, auf das Gutachten des Universitätsklinikums HamburgEppendorf gestützt. Insbesondere das Beschwerdegericht hat sich auch mit den Erwägungen auseinandergesetzt, auf die das Familiengericht seine gegenteilige Einschätzung gestützt hatte. Es hat eingehend begründet, weshalb den Darlegungen in den wissenschaftlichen Gutachten demgegenüber der Vorzug zu geben ist, und dabei berücksichtigt, dass der Betroffene bei der Prüfung seines in der Schweiz gestellten, später aber zurückgenommenen Asylantrags im November 2016 mit dem Ziel, Minderjährigkeit vorzuspiegeln, als Geburtsdatum zunächst den 1. Januar 2000, sodann aber korrigierend den 1. Januar 1998 angegeben hatte. Von diesem Geburtsdatum gehen auch die Behörden des Heimatstaates des Betroffenen aus. Bei summarischer Prüfung werden dieses Vorgehen und die Würdigung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zu beanstanden sein.
Schmidt-Räntsch Kazele Göbel
Brenneisen Röhl

Vorinstanzen:
AG Ingolstadt, Entscheidung vom 02.07.2018 - 9 XIV 232/18 -
LG Ingolstadt, Entscheidung vom 26.07.2018 - 33 T 1074/18 -

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

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(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen

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(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Si

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 26 Ermittlung von Amts wegen


Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 64 Einlegung der Beschwerde


(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll. (

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 61 Räumliche Beschränkung, Wohnsitzauflage, Ausreiseeinrichtungen


(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfun

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2 Eintritt der Volljährigkeit


Die Volljährigkeit tritt mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 62a Vollzug der Abschiebungshaft


(1) Die Abschiebungshaft wird grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind spezielle Hafteinrichtungen im Bundesgebiet nicht vorhanden oder geht von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rech

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(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nach diesem Gesetz ist ein Ausländer, der volljährig ist, sofern er nicht nach Maßgabe des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschäftsunfähig oder in dieser Angelegenheit zu betreuen und einem Einwilligungsvorbe

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(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.

(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.

(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.

(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn

1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder
3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
Eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde soll angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.

(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.

(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.

(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nach diesem Gesetz ist ein Ausländer, der volljährig ist, sofern er nicht nach Maßgabe des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschäftsunfähig oder in dieser Angelegenheit zu betreuen und einem Einwilligungsvorbehalt zu unterstellen wäre.

(2) Die mangelnde Handlungsfähigkeit eines Minderjährigen steht seiner Zurückweisung und Zurückschiebung nicht entgegen. Das Gleiche gilt für die Androhung und Durchführung der Abschiebung in den Herkunftsstaat, wenn sich sein gesetzlicher Vertreter nicht im Bundesgebiet aufhält oder dessen Aufenthaltsort im Bundesgebiet unbekannt ist.

(3) Bei der Anwendung dieses Gesetzes sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs dafür maßgebend, ob ein Ausländer als minderjährig oder volljährig anzusehen ist. Die Geschäftsfähigkeit und die sonstige rechtliche Handlungsfähigkeit eines nach dem Recht seines Heimatstaates volljährigen Ausländers bleiben davon unberührt.

(4) Die gesetzlichen Vertreter eines Ausländers, der minderjährig ist, und sonstige Personen, die an Stelle der gesetzlichen Vertreter den Ausländer im Bundesgebiet betreuen, sind verpflichtet, für den Ausländer die erforderlichen Anträge auf Erteilung und Verlängerung des Aufenthaltstitels und auf Erteilung und Verlängerung des Passes, des Passersatzes und des Ausweisersatzes zu stellen.

(5) Sofern der Ausländer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, müssen die zur Personensorge berechtigten Personen einem geplanten Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 zustimmen.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ist in Ehesachen und in Familienstreitsachen ausgeschlossen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen.

(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen ist.

5
a) Bei der Anordnung von Sicherungshaft gegenüber Minderjährigen kommt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wegen der Schwere des Eingriffs besondere Bedeutung zu (Senat, Beschluss vom 29. September 2010 - V ZB 233/10, NVwZ 2011, 320; Beschluss vom 7. März 2012 - V ZB 41/12, InfAuslR 2012, 224). Nach § 62a Abs. 3 AufenthG sind bei minderjährigen Abschiebungsgefangenen unter Beachtung der Maßgaben der in Art. 17 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. De- zember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24. Dezember 2008, S. 98) alterstypische Belange zu berücksichtigen. Nach Art. 17 Abs. 1 und 4 der Rückführungsrichtlinie wird bei unbegleiteten Minderjährigen Haft nur im äußersten Fall und für die kürzestmögliche Dauer eingesetzt; sie müssen so weit wie möglich in Einrichtungen untergebracht werden, die personell und materiell zur Berücksichtigung ihrer altersgemäßen Bedürfnisse in der Lage sind (vgl. Senat, Beschluss vom 7. März 2012 - V ZB 41/12, InfAuslR 2012, 224).

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Abschiebungshaft wird grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind spezielle Hafteinrichtungen im Bundesgebiet nicht vorhanden oder geht von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus, kann sie in sonstigen Haftanstalten vollzogen werden; die Abschiebungsgefangenen sind in diesem Fall getrennt von Strafgefangenen unterzubringen. Werden mehrere Angehörige einer Familie inhaftiert, so sind diese getrennt von den übrigen Abschiebungsgefangenen unterzubringen. Ihnen ist ein angemessenes Maß an Privatsphäre zu gewährleisten.

(2) Den Abschiebungsgefangenen wird gestattet, mit Rechtsvertretern, Familienangehörigen, den zuständigen Konsularbehörden und einschlägig tätigen Hilfs- und Unterstützungsorganisationen Kontakt aufzunehmen.

(3) Bei minderjährigen Abschiebungsgefangenen sind unter Beachtung der Maßgaben in Artikel 17 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98) alterstypische Belange zu berücksichtigen. Der Situation schutzbedürftiger Personen ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

(4) Mitarbeitern von einschlägig tätigen Hilfs- und Unterstützungsorganisationen soll auf Antrag gestattet werden, Abschiebungsgefangene zu besuchen.

(5) Abschiebungsgefangene sind über ihre Rechte und Pflichten und über die in der Einrichtung geltenden Regeln zu informieren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 41/12
vom
7. März 2012
in der Zurückschiebungshaftsache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. März 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den
Richter Dr. Czub und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Die Vollziehung des mit Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim vom 28. Januar 2012 gegen den Betroffenen angeordneten und mit Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein vom 5. März 2012 aufrechterhaltenen Sicherungshaft wird einstweilen ausgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der minderjährige Betroffene ist somalischer Staatsangehöriger. Er reiste ohne Begleitung am 27. Januar 2012 aus Österreich kommend mit dem Zug in das Bundesgebiet ohne Ausweispapiere und Aufenthaltstitel ein und wurde von Beamten der Beteiligten zu 2 festgenommen. Die Beteiligte zu 2 beabsichtigt die Zurückschiebung des Betroffenen nach Ungarn am 8. März 2012.
2
Das Amtsgericht hat auf Antrag der Beteiligten zu 2 gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Zurückschiebung bis einschließlich 16. März 2012 angeordnet. Auf die Beschwerde hat das Landgericht die Haftdauer bis zum 8. März 2012 verkürzt und das weitergehende Rechtsmittel zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er zugleich im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Aussetzung der Vollziehung der aufrechterhaltenen Haft erreichen will.

II.


3
Das Beschwerdegericht meint, der Betroffene sei vollziehbar ausreisepflichtig. Die Haftgründe der unerlaubten Einreise nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AufenthG und der Entziehungsabsicht nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG seien erfüllt. Die Haft sei verhältnismäßig. Die Minderjährigkeit des Betroffenen stehe der Inhaftierung nicht entgegen. Ihr werde dadurch Rechnung getragen, dass der Betroffene in der Abteilung für Jugendliche in der JVA MünchenStadelheim untergebracht worden sei. Eine andere geeignete Einrichtung für die Aufnahme Minderjähriger gebe es - soweit bekannt - nicht.

III.


4
1. Der Aussetzungsantrag ist in entsprechender Anwendung von § 64 Abs. 3 FamG statthaft (siehe nur Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - V ZB 261/10, InfAuslR 2011, 26 Rn. 8; Beschluss vom 18. August 2010 - V ZB 211/10, InfAuslR 2010, 440).
5
2. Er ist auch begründet.
6
Das Rechtsbeschwerdegericht hat über die beantragte einstweilige Anordnung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Die Aussetzung der Vollziehung einer Freiheitsentziehung, die durch das Beschwerdegericht bestätigt worden ist, kommt regelmäßig nur in Betracht, wenn das Rechtsmittel Aus- sicht auf Erfolg hat oder die Rechtslage zumindest zweifelhaft ist (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - V ZB 261/10, InfAuslR 2011, 26 Rn. 10; Beschluss vom 18. August 2010 - V ZB 211/10, InfAuslR 2010, 440). So verhält es sich hier.
7
a) Die Aufrechterhaltung der Sicherungshaft dürfte den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzen. Der Senat hat bereits entschieden, dass bei minderjährigen Ausländern dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Anordnung von Sicherungshaft wegen der Schwere des Eingriffs besondere Bedeutung zukommt (Senat, Beschluss vom 29. September 2010 - V ZB 233/10, NVwZ 2011, 320 Rn. 9). Nach der Neuregelung des § 62a Abs. 1 Satz 1 AufenthG wird die Abschiebungshaft in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind spezielle Hafteinrichtungen in einem Land nicht vorhanden, kann die Abschiebungshaft in diesem Land in sonstigen Haftanstalten vollzogen werden; die Abschiebungsgefangenen sind dann getrennt von den Strafgefangenen unterzubringen (§ 62a Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Zudem sind nach der Regelung des § 62a Abs. 3 AufenthG bei minderjährigen Abschiebungshaftgefangenen unter Beachtung der Maßgaben der in Art. 17 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24. Dezember 2008, S. 98) alterstypische Belange zu berücksichtigen. In dieser sogenannten Rückführungsrichtlinie regelt Art. 17 u.a. die Inhaftnahme von Minderjährigen. Danach wird bei unbegleiteten Minderjährigen Haft nur im äußersten Falle und für die kürzestmögliche angemessene Dauer eingesetzt (Art. 17 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie ). In Haft genommene Minderjährige müssen die Gelegenheit zu Freizeitbeschäftigungen einschließlich altersgerechter Spiel- und Erholungsmöglichkeiten und, je nach Dauer ihres Aufenthalts, Zugang zur Bildung erhalten (Art. 17 Abs. 3 der Rückführungsrichtlinie). Unbegleitete Minderjährige müssen so weit wie möglich in Einrichtungen untergebracht werden, die personell und materiell zur Berücksichtigung ihrer altersgemäßen Bedürfnisse in der Lage sind (Art. 17 Abs. 4 der Rückführungsrichtlinie). Insgesamt ist dem Wohl des Kindes im Zusammenhang mit der Abschiebehaft bei Minderjährigen Vorrang einzuräumen (Art. 17 Abs. 5 der Rückführungsrichtlinie). Diese Anforderungen, die für die Zurückschiebung aufgrund der Verweisung auf § 62a AufenthG in § 57 Abs. 3 AufenthG in gleichem Maße gelten, dürften von dem Beschwerdegericht nicht ausreichend beachtet worden sein.
8
b) Es beschränkt sich auf die Feststellung, dass ihm keine andere geeignete Einrichtung für die Aufnahme Minderjähriger als die JVA MünchenStadelheim bekannt und der Betroffene dort in der Abteilung für Jugendliche untergebracht sei. Das besagt nichts darüber, ob dies den Anforderungen genügt , die nach § 62a Abs. 1, Abs. 3 AufenthG i.V.m. Art. 17 der Rückführungsrichtlinie an die Unterbringung eines Minderjährigen zu stellen sind. Insbesondere fehlen entgegen der Annahme der Beteiligten zu 2 Feststellungen dazu, ob der Betroffene getrennt von Strafgefangenen untergebracht ist und ob seine weitergehenden Rechte in der Justizvollzugsanstalt gewahrt sind.
Krüger Stresemann Czub
Brückner Weinland

Vorinstanzen:
AG Rosenheim, Entscheidung vom 28.01.2012 - XIV 29/12 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 05.03.2012 - 4 T 664/12 -
5
a) Bei der Anordnung von Sicherungshaft gegenüber Minderjährigen kommt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wegen der Schwere des Eingriffs besondere Bedeutung zu (Senat, Beschluss vom 29. September 2010 - V ZB 233/10, NVwZ 2011, 320; Beschluss vom 7. März 2012 - V ZB 41/12, InfAuslR 2012, 224). Nach § 62a Abs. 3 AufenthG sind bei minderjährigen Abschiebungsgefangenen unter Beachtung der Maßgaben der in Art. 17 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. De- zember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24. Dezember 2008, S. 98) alterstypische Belange zu berücksichtigen. Nach Art. 17 Abs. 1 und 4 der Rückführungsrichtlinie wird bei unbegleiteten Minderjährigen Haft nur im äußersten Fall und für die kürzestmögliche Dauer eingesetzt; sie müssen so weit wie möglich in Einrichtungen untergebracht werden, die personell und materiell zur Berücksichtigung ihrer altersgemäßen Bedürfnisse in der Lage sind (vgl. Senat, Beschluss vom 7. März 2012 - V ZB 41/12, InfAuslR 2012, 224).

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Abschiebungshaft wird grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind spezielle Hafteinrichtungen im Bundesgebiet nicht vorhanden oder geht von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus, kann sie in sonstigen Haftanstalten vollzogen werden; die Abschiebungsgefangenen sind in diesem Fall getrennt von Strafgefangenen unterzubringen. Werden mehrere Angehörige einer Familie inhaftiert, so sind diese getrennt von den übrigen Abschiebungsgefangenen unterzubringen. Ihnen ist ein angemessenes Maß an Privatsphäre zu gewährleisten.

(2) Den Abschiebungsgefangenen wird gestattet, mit Rechtsvertretern, Familienangehörigen, den zuständigen Konsularbehörden und einschlägig tätigen Hilfs- und Unterstützungsorganisationen Kontakt aufzunehmen.

(3) Bei minderjährigen Abschiebungsgefangenen sind unter Beachtung der Maßgaben in Artikel 17 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98) alterstypische Belange zu berücksichtigen. Der Situation schutzbedürftiger Personen ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

(4) Mitarbeitern von einschlägig tätigen Hilfs- und Unterstützungsorganisationen soll auf Antrag gestattet werden, Abschiebungsgefangene zu besuchen.

(5) Abschiebungsgefangene sind über ihre Rechte und Pflichten und über die in der Einrichtung geltenden Regeln zu informieren.

(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nach diesem Gesetz ist ein Ausländer, der volljährig ist, sofern er nicht nach Maßgabe des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschäftsunfähig oder in dieser Angelegenheit zu betreuen und einem Einwilligungsvorbehalt zu unterstellen wäre.

(2) Die mangelnde Handlungsfähigkeit eines Minderjährigen steht seiner Zurückweisung und Zurückschiebung nicht entgegen. Das Gleiche gilt für die Androhung und Durchführung der Abschiebung in den Herkunftsstaat, wenn sich sein gesetzlicher Vertreter nicht im Bundesgebiet aufhält oder dessen Aufenthaltsort im Bundesgebiet unbekannt ist.

(3) Bei der Anwendung dieses Gesetzes sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs dafür maßgebend, ob ein Ausländer als minderjährig oder volljährig anzusehen ist. Die Geschäftsfähigkeit und die sonstige rechtliche Handlungsfähigkeit eines nach dem Recht seines Heimatstaates volljährigen Ausländers bleiben davon unberührt.

(4) Die gesetzlichen Vertreter eines Ausländers, der minderjährig ist, und sonstige Personen, die an Stelle der gesetzlichen Vertreter den Ausländer im Bundesgebiet betreuen, sind verpflichtet, für den Ausländer die erforderlichen Anträge auf Erteilung und Verlängerung des Aufenthaltstitels und auf Erteilung und Verlängerung des Passes, des Passersatzes und des Ausweisersatzes zu stellen.

(5) Sofern der Ausländer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, müssen die zur Personensorge berechtigten Personen einem geplanten Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 zustimmen.

Die Volljährigkeit tritt mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

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a) Bei der Anordnung von Sicherungshaft gegenüber Minderjährigen kommt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wegen der Schwere des Eingriffs besondere Bedeutung zu (Senat, Beschluss vom 29. September 2010 - V ZB 233/10, NVwZ 2011, 320; Beschluss vom 7. März 2012 - V ZB 41/12, InfAuslR 2012, 224). Nach § 62a Abs. 3 AufenthG sind bei minderjährigen Abschiebungsgefangenen unter Beachtung der Maßgaben der in Art. 17 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. De- zember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24. Dezember 2008, S. 98) alterstypische Belange zu berücksichtigen. Nach Art. 17 Abs. 1 und 4 der Rückführungsrichtlinie wird bei unbegleiteten Minderjährigen Haft nur im äußersten Fall und für die kürzestmögliche Dauer eingesetzt; sie müssen so weit wie möglich in Einrichtungen untergebracht werden, die personell und materiell zur Berücksichtigung ihrer altersgemäßen Bedürfnisse in der Lage sind (vgl. Senat, Beschluss vom 7. März 2012 - V ZB 41/12, InfAuslR 2012, 224).