Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2011 - StB 8/11 und StB 9/11

published on 30/06/2011 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2011 - StB 8/11 und StB 9/11
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
__________
StB 8 und 9/11
vom
30. Juni 2011
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Mordes
hier: Beschwerden 1. des Zeugen H. und
2. des Zeugen M.
gegen
die Anordnungen von Beugehaft zur Erzwingung des Zeugnisses u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Juni 2011 gemäß § 304
Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 2. Halbsatz Nr. 1 StPO beschlossen:
Auf die Beschwerden der Zeugen H. und M. werden die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 31. März 2011 (6 - 2 StE 2/10) aufgehoben. Die Anträge des Generalbundesanwalts, Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, sowie Beugehaft anzuordnen und den Zeugen die durch ihre Auskunftsverweigerung entstandenen Kosten aufzuerlegen, werden zurückgewiesen. Die Staatskasse hat die Kosten der Rechtsmittel und die den Beschwerdeführern dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat gegen die Beschwerdeführer nach § 70 Abs. 1 und 2 StPO Ordnungs- und Beugemaßnahmen wegen Weigerung der Zeugnisleistung angeordnet. Die hiergegen gerichteten Rechtsmittel haben Erfolg.

I.

2
Vor dem Oberlandesgericht findet derzeit die Hauptverhandlung in dem Strafverfahren gegen die Angeklagte B. statt. Gegenstand dieses Verfahrens ist der am 7. April 1977 von Mitgliedern der "Rote Armee Fraktion" (im Folgenden: "RAF") verübte Anschlag auf den damaligen Generalbundesanwalt Buback sowie dessen Begleiter Göbel und Wurster. Der Generalbundesanwalt wirft der Angeklagten vor, an dieser Tat beteiligt gewesen zu sein.
3
1. Die Beschwerdeführer wurden am 30. November 1976 gemeinsam festgenommen und befanden sich in der Folgezeit durchgängig in Haft. Das Oberlandesgericht Stuttgart sprach sie mit Urteil vom 11. Juli 1979 (5 - StE - 3/77) des Raubes mit Waffen in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum Bandenraub, Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer , Diebstahl in zwei Fällen, Urkundenfälschung und mit unerlaubtem Führen von Schusswaffen schuldig. Es verhängte gegen den Zeugen H. eine Gesamtfreiheitsstrafe von 14 und gegen den Zeugen M. eine solche von 12 Jahren. Es urteilte damit die Beteiligung der Beschwerdeführer als Rädelsführer an einer terroristischen Vereinigung in der Zeit von Frühjahr 1976 bis zu ihrer Verhaftung am 30. November 1976 ab sowie ihre Mitwirkung an Banküberfällen in Köln am 20. September 1976, in Hamburg am 15. November 1976, in Wien am 13. Dezember 1976, an der Entwendung zweier Kraftfahrzeuge, an der Fälschung und Verfälschung von Ausweispapieren und das Führen einer Schusswaffe in schussbereitem Zustand. Hinsichtlich weiterer Anklagevorwürfe wurde das Verfahren nach § 154 Abs. 2, § 154a Abs. 2 StPO beschränkt.
4
Nach den Feststellungen des oberlandesgerichtlichen Urteils schloss sich jedenfalls ab Frühjahr 1976 eine Gruppe um die Beschwerdeführer zusammen , deren Ziel in Anlehnung an die Vereinigung um die damals inhaftier- ten Andreas Bader, Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und andere die Fortsetzung des politisch motivierten Kampfes gegen die freiheitlich-demokratische Gesellschaftsordnung in der Bundesrepublik Deutschland und deren gewaltsame Veränderung war. Um diesen Zweck zu erreichen, plante die Gruppierung etwa die Tötung von Repräsentanten des Staates und der Wirtschaft sowie Geiselnahmen zur Befreiung inhaftierter Gesinnungsgenossen und zur Beschaffung größerer Geldbeträge. Weitere Aktivitäten der Gruppe dienten ihrem Fortbestand und ihrer Ausrüstung. Die Beschwerdeführer übten in dieser Vereinigung einen bestimmenden Einfluss aus. Sie lenkten die Tätigkeit der Organisation, wobei insbesondere der Zeuge H. die einzelnen Arbeiten der Mitglieder koordinierte , während der Zeuge M. die größeren Unternehmen projektierte. Neben den abgeurteilten Beschaffungstaten plante die Vereinigung weitere Straftaten. Im Zeitpunkt der Festnahme der Beschwerdeführer war eine Aktion "Margarine" schon so weit vorbereitet, dass ihre Durchführung unmittelbar bevorstand. Die Beschwerdeführer hatten im Zusammenhang mit dieser Aktion in der Zeit ab dem 21. November 1976 verschiedene Tätigkeiten ausgeübt. Weiter war eine Aktion "Big Money" geplant. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts handelte es sich dabei um eine erpresserische Geiselnahme, deren Opfer vermutlich Dr. Hanns Martin Schleyer werden sollte. Daneben war eine Aktion "Big Raushol - Rache" vorgesehen, die der Befreiung inhaftierter Gesinnungsgenossen zu dienen bestimmt war. Schließlich war eine Straftat zum Nachteil einer Behörde projektiert, wobei es sich nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts vermutlich um einen der Beschaffung von Ausweispapieren oder Amtsstempeln dienenden Einbruch oder Überfall handelte.
5
Die Feststellungen des Oberlandesgerichts zu den von der Gruppierung geplanten Aktionen beruhten vor allem auf dem Inhalt von schriftlichen Unterlagen , welche die Beschwerdeführer bei ihrer Festnahme mit sich führten. Darunter befand sich etwa ein von dem Zeugen H. erstellter tabellarischer Arbeits- plan, in dem mehreren, jeweils mit einem Decknamen bezeichneten Personen für den Zeitraum vom 2. November 1976 bis zum 2. Dezember 1976 bestimmte Aufgaben zugewiesen wurden. Diese Arbeiten wurden auf zehn Notizzetteln näher umschrieben. Der Zeuge M. hatte u.a. einen Schreibblock bei sich, in dem er Notizen zu Tätigkeiten der Vereinigung und ihrer Mitglieder niedergelegt hatte. Weitere konkrete Beteiligungshandlungen der Beschwerdeführer an den geplanten Aktionen "Margarine", "Big Money", "Big Raushol - Rache" sowie zum Nachteil einer Behörde sind weder in dem oberlandesgerichtlichen Urteil festgestellt noch in der Anklageschrift aufgeführt.
6
Der Generalbundesanwalt führte gegen die Beschwerdeführer wegen des Verdachts der Begehung einer Straftat nach § 129a StGB nach ihrer Inhaftierung am 30. November 1976 mehrere Ermittlungsverfahren; zur Erhebung einer Anklage kam es insoweit nicht.
7
2. Die Beschwerdeführer sollten im Verfahren gegen die Angeklagte B. in der Hauptverhandlung am 31. März 2011 als Zeugen vernommen werden. Sie beantworteten jedoch nur einen Teil der an sie gestellten Fragen und beriefen sich im Übrigen jeweils auf ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO. Durch Beschlüsse vom selben Tage hat das Oberlandesgericht auf entsprechende Anträge des Generalbundesanwalts gegen jeden Zeugen ein Ordnungsgeld in Höhe von 300 €, ersatzweise Ordnungshaft von drei Tagen, festgesetzt und Haft zur Erzwingung des Zeugnisses bis zur Dauer von sechs Monaten angeordnet; außerdem hat es den Beschwerdeführern die durch die Auskunftsverweigerung verursachten Kosten auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, den Beschwerdeführern stehe ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht nicht zu. Sie könnten weder wegen der Tat, zu der sie vernommen werden sollten, noch wegen anderer, damit zusammenhängender Taten, insbesondere im Zusammenhang mit der Anschlagsserie der "RAF" im Jahre 1977 ("Offensive 77") verfolgt werden. Sämtliche Tathandlungen, die in einem denkbaren Zusammenhang mit Taten dieser Anschlagsserie stünden, seien Gegenstand des Urteils des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Juli 1979 und des diesem zugrunde liegenden Verfahrens gewesen; einer erneuten Verfolgung der Beschwerdeführer stehe deshalb insoweit - auch bei Berücksichtigung der Rechtsprechung zu den sog. Organisationsdelikten - das Verfahrenshindernis des Strafklageverbrauchs entgegen. Außerdem bestehe keine konkrete Gefahr, dass die Beschwerdeführer durch eine wahrheitsgemäße Aussage zugleich potentielle Beweismittel gegen sich selbst wegen noch verfolgbarer eigener Delikte liefern müssten, die mit den in dem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Juli 1979 abgeurteilten Taten zwar in Zusammenhang stünden, von diesem aber nicht erfasst seien.
8
3. Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beschwerdeführer mit ihren Beschwerden, denen das Oberlandesgericht nicht abgeholfen hat. Das Oberlandesgericht hat die Vollziehung seiner Beschlüsse bis zur Entscheidung über die Rechtsmittel ausgesetzt.

II.

9
Die Beschwerden sind, soweit sie sich gegen die Anordnung der Beugehaft richten, zulässig (§ 304 Abs. 4 Satz 2 2. Halbsatz Nr. 1 StPO) und begründet. Dies führt hier auch zur Ablehnung der weiteren Anträge (hierzu unten III.).
10
Die Voraussetzungen des § 70 Abs. 1 und 2 StPO liegen nicht vor. Die Beschwerdeführer haben das Zeugnis nicht ohne gesetzlichen Grund verweigert ; denn sie können - ebenso wie etwa die damaligen "RAF"-Mitglieder K. , Mo. und F. (BGH, Beschluss vom 7. August 2008 - StB 9 bis 11/08, NStZ-RR 2009, 178) - hinsichtlich der nicht beantworteten Fragen wegen der konkreten Gefahr einer weiteren Strafverfolgung ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 Abs. 1 StPO geltend machen. Dem steht insbesondere nicht der sich aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Juli 1979 und dem diesem zugrunde liegenden Verfahren ergebende Verbrauch der Strafklage gegen die Beschwerdeführer entgegen. Im Einzelnen:
11
1. Die Gefahr einer Strafverfolgung im Sinne des § 55 StPO setzt voraus , dass der Zeuge Tatsachen bekunden müsste, die - nach der Beurteilung durch das Gericht - geeignet sind, unmittelbar oder mittelbar den Anfangsverdacht einer von ihm selbst oder von einem Angehörigen (§ 52 Abs. 1 StPO) begangenen Straftat zu begründen oder einen bereits bestehenden Verdacht zu bestärken. Bloße Vermutungen ohne Tatsachengrundlage oder rein denktheoretische Möglichkeiten reichen für die Annahme einer Verfolgungsgefahr nicht aus (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. Juni 1994 - StB 10/94, NJW 1994, 2839, 2840; vom 4. September 2009 - StB 44/09, NStZ 2010, 287, 288; MeyerGoßner , StPO, 54. Aufl., § 55 Rn. 7). Eine das Recht zur Auskunftsverweigerung begründende Verfolgungsgefahr im Sinne des § 55 Abs. 1 StPO besteht grundsätzlich etwa dann nicht mehr, wenn gegen den Zeugen hinsichtlich der Tat, deren Begehung er sich durch wahrheitsgemäße Beantwortung der Frage verdächtig machen könnte, bereits ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, die Strafklage daher verbraucht ist und deswegen zweifelsfrei ausgeschlossen ist, dass er für diese noch verfolgt, das heißt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden könnte (BGH, Beschlüsse vom 7. Juli 2005 - StB 12/05, BGHR StPO § 55 Abs. 1 Verfolgung 6; 28. April 2006 - StB 1/06, NStZ-RR 2006, 239; 4. September 2009 - StB 44/09, NStZ 2010, 287, 288; Meyer-Goßner aaO Rn. 8 mwN). Zweifelsfrei ausgeschlossen ist die konkrete Gefahr der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens in diesen Fällen allerdings nur dann, wenn zum Zeitpunkt der Vernehmung endgültig feststeht, dass wegen der Verfolgung der möglichen Straftat Strafklageverbrauch eingetreten ist. Wenn und solange die Frage des Strafklageverbrauchs mit vertretbarer Argumentation auch verneint werden kann, steht dem Zeugen ein Auskunftsverweigerungsrecht zu (BGH, Beschluss vom 13. November 1998 - StB 12/98, BGHR StPO § 55 Abs. 1 Verfolgung 4).
12
Hinsichtlich des Strafklageverbrauchs gelten im Bereich der Organisationsdelikte grundlegende Besonderheiten: Danach werden im Vergleich zu §§ 129, 129a, 129b StGB schwerere Straftaten, die mit der mitgliedschaftlichen Beteiligung an der Vereinigung in Tateinheit stehen, dann nicht von der Rechtskraft eines allein wegen dieser Beteiligung ergangenen Urteils erfasst, wenn sie in dem früheren Verfahren tatsächlich nicht - auch nicht als mitgliedschaftlicher Beteiligungsakt - Gegenstand der Anklage und der Urteilsfindung waren (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 1980 - 3 StR 9/80, BGHSt 29, 288, 292 ff.). Unter dieser Voraussetzung ist daher ein wegen eines Organisationsdelikts Verurteilter durch die Rechtskraft des früheren Urteils nur vor weiterer Strafverfolgung wegen dieses Delikts und tateinheitlich mit diesem zusammentreffender weiterer, nicht schwerer wiegender Straftaten geschützt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juni 2002 - StB 12/02, NStZ 2002, 607,

608).

13
2. Nach diesen Maßstäben ist eine - erneute - Strafverfolgung der Beschwerdeführer bei Beantwortung der an sie gerichteten Fragen nicht zweifelsfrei ausgeschlossen.
14
a) Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Beschwerdeführer sich im Hinblick auf ihre Beteiligung an noch verfolgbaren Taten selbst belasten, die Teil der "Offensive 77" waren.
15
Diese zusammenhängende Anschlagsserie der "RAF" nahm ihren Auftakt mit dem Anschlag auf den damaligen Generalbundesanwalt Buback sowie dessen Begleiter Göbel und Wurster am 7. April 1977, gefolgt von der versuchten Entführung und Ermordung des Bankiers Jürgen Ponto am 30. Juli 1977, dem versuchten Anschlag auf die Bundesanwaltschaft am 25. August 1977 und der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Dr. Hanns Martin Schleyer und seiner Begleiter am 5. September 1977. Es liegt nahe, dass auch der Raubüberfall auf das Waffengeschäft Fi. am 1. Juli 1977, bei welchem ausweislich des Urteils des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 31. Juli 1980 (2 - 1 StE 5/79) die "RAF"-Mitglieder F. und S. den Inhaber des Geschäfts zu ermorden versuchten und 19 Faustfeuerwaffen erbeuteten (UA S. 14 ff.), als Beschaffungstat in unmittelbarem Zusammenhang mit der auf einer Gesamtplanung beruhenden Anschlagsserie stand (vgl. BGH, Beschluss vom 7. August 2008 - StB 9 bis 11/08, NStZ-RR 2009, 178 f.).
16
b) Die Strafklage gegen die Beschwerdeführer ist jedenfalls für den Überfall auf das Waffengeschäft Fi. nicht durch das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Juli 1979 verbraucht.
17
aa) Diese Tat war nicht - auch nicht als mitgliedschaftlicher Beteiligungsakt - Gegenstand der Anklage und der Urteilsfindung in dem genannten Verfahren.
18
bb) Die möglichen strafbaren Beteiligungsakte der Beschwerdeführer bis hin zu einer Mittäterschaft beim oder Anstiftung zum versuchten Mord wiegen schwerer als die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer.
19
c) Eine strafbare Beteiligung der Beschwerdeführer an dieser Tat stellt nicht nur eine - für ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO nicht aus- reichende - denktheoretische Möglichkeit dar. Bei dieser Würdigung verkennt der Senat - insoweit in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht - insbesondere nicht, dass der Überfall erst einige Zeit nach der Inhaftierung der Beschwerdeführer ausgeführt wurde und sich in den bei deren Festnahme am 30. November 1976 sichergestellten Papieren kein Hinweis auf diese Tat findet. Diese Umstände lassen es zwar - auch nach der Bewertung durch den Senat - durchaus als möglich erscheinen, dass die Mitglieder der Vereinigung mit der Planung dieses Überfalls erst nach der Inhaftierung der Beschwerdeführer begannen und diese hieran nicht beteiligt waren. Eine Beteiligung der Beschwerdeführer an dieser Tat kann jedoch - worauf es bei der Frage, ob den Beschwerdeführern ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO zusteht, nach den dargelegten, in ständiger Rechtsprechung angewendeten Maßstäben entscheidend ankommt - nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden. Dies ergibt sich insbesondere aus folgenden Erwägungen:
20
Nach den Feststellungen in dem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Juli 1979 waren Zwecke und Tätigkeit der im Jahre 1976 bestehenden Vereinigung um die Beschwerdeführer gerade auch auf die Begehung von Beschaffungstaten gerichtet. Die Beschwerdeführer hatten als Rädelsführer in der Vereinigung eine herausragende Stellung und übten auf die anderen Vereinigungsmitglieder einen bestimmenden Einfluss aus. Der Zeuge H. hatte den Gesamtüberblick über die zum Fortbestand der Gruppe zu bewältigenden Aufgaben und über die erforderliche Ausstattung. Er arbeitete ein Operationskonzept aus, koordinierte die Aufgaben der einzelnen Gruppenmitglieder und teilte, teils in gezielten Einzelarbeitshinweisen, teils in Form von "Aufgaben für alle" jedem die anstehenden Aufgaben zu (UA S. 29 f.). Der Zeuge M. hatte ebenfalls die Gesamtübersicht über die Ausstattung der Vereinigung und ferner nicht nur eine Koordinierungs-, sondern auch eine Art Kontrollfunktion. Er bereitete die der Aufarbeitung der Tätigkeiten der Gruppierung dienenden Diskussi- onen vor. Er hatte vor seiner Festnahme einen "Ablauf/Beschaffungsplan" erarbeitet , darin Programmpunkte für von der Gruppe zu erfüllende Aufgaben zusammengestellt und insbesondere die Einsätze unter den Bezeichnungen "Margarine", "Big Money" und "Big Raushol - Rache" projektiert (UA S. 39). Beide Beschwerdeführer hatten danach jedenfalls bis zu ihrer Festnahme maßgeblichen Anteil an der Vorbereitung aller Straftaten, welche die Vereinigung damals in den Blick nahm. Das Oberlandesgericht sah folgerichtig die Mitwirkung der Beschwerdeführer an mehreren Beschaffungstaten, die damals bekannt waren und der "RAF" zugeordnet werden konnten, als erwiesen an und verurteilte sie deswegen.
21
Die mögliche Beteiligung der Beschwerdeführer an dem Überfall auf das Waffengeschäft Fi. ist auch nicht deshalb von vorneherein zu verneinen, weil dieser erst einige Monate nach ihrer Festnahme stattfand. Bereits unter den vom Oberlandesgericht Stuttgart abgeurteilten konkreten Straftaten befand sich mit dem Überfall auf eine Bank in Wien am 13. Dezember 1976 eine Tat, die zwar erst nach der Inhaftierung der Beschwerdeführer ausgeführt wurde, zu der sie jedoch ausweislich der Urteilsgründe vor ihrer Inhaftierung ihre Mittäterschaft begründende Tatbeiträge geleistet hatten. Der Überfall auf das Waffengeschäft Fi. ist eingebettet in den Zeitraum, in dem die übrigen Taten der "Offensive 77" begangen wurden; er fand noch vor der versuchten Entführung und Ermordung des Bankiers Jürgen Ponto, dem versuchten Anschlag auf die Bundesanwaltschaft und der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Dr. Hanns Martin Schleyer und seiner Begleiter statt. Der Anschlag auf den damaligen Generalbundesanwalt Buback und seine Begleiter, der ursprünglich bereits für Anfang Dezember 1976 vorgesehen war, wurde aufgrund der Festnahme der Beschwerdeführer schließlich erst im April 1977 durchgeführt. Demnach kann nicht ausgeschlossen werden, dass andere Straftaten, mit deren Vorbereitung unter dem bestimmenden Einfluss der Beschwerdeführer bereits vor deren Er- greifung begonnen worden war, ebenfalls erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgeführt wurden.
22
Hinzu kommt, dass nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts in dem Urteil vom 11. Juli 1979 jedenfallsF. , einer der Täter des Überfalls auf das Waffengeschäft Fi. , der Vereinigung um die Beschwerdeführer seit Frühjahr 1976 angehörte. Der Inhalt der bei der Ergreifung der Beschwerdeführer sichergestellten Papiere spricht ebenfalls nicht entscheidend gegen ihre Beteiligung an dem Überfall auf das Waffengeschäft Fi. ; denn sie geben im Wesentlichen Hinweise auf konkrete Aktivitäten der Vereinigungsmitglieder nur für den Zeitraum von Anfang November 1976 bis Anfang Dezember 1976 und damit lediglich für einige Wochen vor der Ergreifung der Beschwerdeführer. Die Vereinigung bestand jedoch schon ab spätestens Frühjahr 1976.
23
Schließlich weicht der hier zu beurteilende Sachverhalt erheblich von demjenigen ab, welcher der Entscheidung des Senats vom 25. März 1994 (StB 3 und 4/94, BGHR StPO § 55 Abs. 1 Verfolgung 2) zugrunde lag. Dort stand nicht die mögliche Beteiligung an einer Beschaffungstat, sondern an der Entführung der Lufthansa-Maschine "Landshut" in Rede, die nach dem damaligen Stand der Erkenntnis erst durch den nicht vorhergesehenen Ablauf der Entführung Dr. Schleyers aus der Sicht der Täter erforderlich geworden war (BGH, aaO).
24
d) Die Gefahr einer Selbstbelastung der Beschwerdeführer ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie ausweislich des vom Oberlandesgericht übermittelten Fragenkatalogs nicht direkt zu dem Überfall auf das Waffengeschäft Fi. befragt werden sollen. Das Bestehen einer entsprechenden Gefahr ist bereits weit im Vorfeld einer direkten Belastung zu bejahen (BVerfG, Beschluss vom 6. Februar 2002 - 2 BvR 1249/01, NJW 2002, 1411, 1412). Die Beschwerdeführer sollen konkrete Auskünfte zu dem Anschlag vom 7. April 1977 und der Angeklagten B. geben sowie Angaben machen etwa zu den während des Aufenthalts in Aden im Jahr 1976 diskutierten Themen und getroffenen Entscheidungen, deren Umsetzung nach der Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland, den in die weiteren Planungen eingebundenen Personen sowie zu Einzelheiten eines Treffens der Vereinigungsmitglieder im Harz im Jahr 1976 und einem Treffen in den Niederlanden Ende 1976/Anfang 1977. Vor dem dargelegten Hintergrund und dem engen Zusammenhang der im Jahr 1977 von den Mitgliedern der "RAF" begangenen Tatserie ist nicht auszuschließen , dass die Angaben der Beschwerdeführer Rückschlüsse auch auf die das Waffengeschäft Fi. betreffende Tat zulassen und jedenfalls im Rahmen einer mosaikartigen Beweisführung auch für die Begründung bzw. Erhärtung eines Tatverdachts hinsichtlich dieses Überfalls Bedeutung gewinnen können (st. Rspr.; vgl. BVerfG, aaO; BGH, Beschlüsse vom 13. November 1998 - StB 12/98, NJW 1999, 1413; vom 28. April 2006 - StB 1/06, NStZ-RR 2006, 239).
25
3. Da den Beschwerdeführern bereits aus den dargelegten Gründen ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht zusteht, bedürfen die weiteren, durch die Beschwerden aufgeworfenen Fragen keiner abschließenden Entscheidung. Der Senat muss insbesondere in diesem die Rechtmäßigkeit von Ordnungs- und Beugemaßnahmen betreffenden Beschwerdeverfahren nicht darüber befinden, ob die Strafklage gegen die Beschwerdeführer bezüglich der weiteren Taten der "Offensive 77" durch das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Juli 1979 verbraucht ist. Dahinstehen kann ebenfalls, ob eine zur Begründung eines Auskunftsverweigerungsrechts ausreichend konkrete Gefahr besteht, dass die Beschwerdeführer bei der Beantwortung der an sie gerichteten Fragen Hinweise auf eine Strafbarkeit wegen noch verfolgbarer Delikte liefern müssten, die sie möglicherweise nach ihrer Inhaftierung begingen.

III.

26
Die dargelegten Gründe hindern auch die Festsetzung des beantragten Ordnungsgeldes sowie der ersatzweise beantragten Ordnungshaft und die Auferlegung der durch die Auskunftsverweigerung verursachten Kosten. Diese Ordnungsmittel stehen hier in untrennbarem Zusammenhang mit der angeordneten Beugehaft. Daher hat der Senat seine Entscheidung, auch wenn eine isolierte Beschwerde gegen diesen Teil des Beschlusses des Oberlandesgerichts nicht zulässig gewesen wäre, auf die genannten Maßnahmen erstreckt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. April 2006 - StB 1/06, NStZ-RR 2006, 239, 240; 7. August 2008 - StB 9 bis 11/08, NStZ-RR 2009, 178, 179). Becker Pfister Schäfer
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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published on 04/09/2009 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS ___________ StB 44/09 vom 4. September 2009 in dem Strafverfahren gegen 1. 2. wegen zu 1.: Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung u. a. zu 2.: Unterstützung einer kriminellen Vereinigung u. a. hier: Besch
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Annotations

(1) Wird das Zeugnis oder die Eidesleistung ohne gesetzlichen Grund verweigert, so werden dem Zeugen die durch die Weigerung verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.

(2) Auch kann zur Erzwingung des Zeugnisses die Haft angeordnet werden, jedoch nicht über die Zeit der Beendigung des Verfahrens in dem Rechtszug, auch nicht über die Zeit von sechs Monaten hinaus.

(3) Die Befugnis zu diesen Maßregeln steht auch dem Richter im Vorverfahren sowie dem beauftragten und ersuchten Richter zu.

(4) Sind die Maßregeln erschöpft, so können sie in demselben oder in einem anderen Verfahren, das dieselbe Tat zum Gegenstand hat, nicht wiederholt werden.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

(1) Wird das Zeugnis oder die Eidesleistung ohne gesetzlichen Grund verweigert, so werden dem Zeugen die durch die Weigerung verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.

(2) Auch kann zur Erzwingung des Zeugnisses die Haft angeordnet werden, jedoch nicht über die Zeit der Beendigung des Verfahrens in dem Rechtszug, auch nicht über die Zeit von sechs Monaten hinaus.

(3) Die Befugnis zu diesen Maßregeln steht auch dem Richter im Vorverfahren sowie dem beauftragten und ersuchten Richter zu.

(4) Sind die Maßregeln erschöpft, so können sie in demselben oder in einem anderen Verfahren, das dieselbe Tat zum Gegenstand hat, nicht wiederholt werden.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt

1.
der Verlobte des Beschuldigten;
2.
der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.

(2) Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt. Ist der gesetzliche Vertreter selbst Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Eltern zusteht.

(3) Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.