Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2019 - StB 18/19
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Angeklagten und seiner Verteidiger am 17. Juli 2019 gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StPO
beschlossen:
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
I.
- 1
- Der Angeklagte wurde auf Grund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 6. März 2018 (2 BGs 135/18) am 21. März 2018 festgenommen und befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft.
- 2
- Den ursprünglichen Haftbefehl des Ermittlungsrichters, der bereits Grundlage des Haftprüfungsbeschlusses des Senats vom 30. Oktober 2018 (AK 36/18, juris) war, hat das Oberlandesgericht Stuttgart nach Anklageerhebung durch den Generalbundesanwalt unter dem 26. Oktober 2018 durch Be- schluss vom 18. Dezember 2018 - zeitgleich zur Eröffnung des Hauptverfahrens - aufgehoben und einen neuen, an den Anklagevorwurf angepassten Haftbefehl erlassen (5 - 2 StE 9/18). Gegenstand dieses Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeklagte habe in der Zeit zwischen November 2015 und 11. Oktober 2017 durch zehn jeweils selbständige Handlungen eine ausländische Vereinigung unterstützt, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB), Völkermord (§ 6 VStGB), Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 VStGB) zu begehen, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 53 StGB (Tatkomplex I); darüber hinaus wird dem Angeklagten (Tatkomplex II) zur Last gelegt, in zwei Fällen um Mitglieder und in einem Fall um Unterstützer für eine Vereinigung geworben zu haben, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB), Völkermord (§ 6 VStGB), Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 VStGB) zu begehen, davon in einem Fall (Fall II.3.) durch dieselbe Handlung eine Schrift (§ 11 Abs. 3 StGB) verbreitet zu haben, die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildert, die eine Verherrlichung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 53 StGB, im Fall II.3. zudem gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a, § 52 Abs. 1 StGB, und in einem weiteren Fall eine der in § 126 Abs. 1 StGB genannten rechtswidrigen Taten, nachdem sie begangen oder in strafbarer Weise versucht worden sind, in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3 StGB) gebilligt zu haben, strafbar gemäß § 140 Nr. 2 StGB.
- 3
- Am 17. Januar 2019 hatte die Hauptverhandlung begonnen. Mit Beschluss vom 19. März 2019 war sie nach § 228 Abs. 1 Satz 1 StPO ausgesetzt worden, weil sie nicht innerhalb der Frist des § 229 Abs. 1 StPO fortgesetzt werden konnte; am 2. April 2019 hat die Hauptverhandlung erneut begonnen.
- 4
- Eine zwischenzeitlich unter dem 25. März 2019 von der Wahlverteidigerin des Angeklagten eingelegte Haftbeschwerde hat der Senat durch Beschluss vom 3. Mai 2019 (AK 15/19, StB 9/19, juris) verworfen. Gegenstand dieser Entscheidung war unter anderem, dass bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Fortdauer der Untersuchungshaft auch das Prozessverhalten der Wahlverteidigerin des Angeklagten in den Blick zu nehmen war, die an zwei aufeinander folgenden Hauptverhandlungsterminen, an denen der Pflichtverteidiger des Angeklagten erkrankt war, trotz Anreise zum und Anwesenheit am Verhandlungsort der Hauptverhandlung ferngeblieben war und damit die Aussetzung der Hauptverhandlung in Kauf genommen hatte, um ihre Beiordnung als Pflichtverteidigerin zu erzwingen. Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Verfahrensgeschehens nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf den Beschluss vom 3. Mai 2019 (AK 15/19, StB StB 9/19, juris Rn. 33 f.).
- 5
- Mit der nunmehr erhobenen Haftbeschwerde macht der Angeklagte geltend , die Fortdauer der Untersuchungshaft sei nicht mehr verhältnismäßig, weil das Oberlandesgericht acht ursprünglich anberaumte Hauptverhandlungstermine aufgehoben, an zwei weiteren Terminen nur kurz verhandelt und ab dem 2. August 2019 eine einmonatige Sommerpause eingeplant habe. Damit sei in der ab dem 2. April 2019 laufenden Hauptverhandlung die "verfassungsrechtlich gebotene Terminsdichte in Haftsachen" nicht mehr gewahrt. Das Oberlandesgericht hat der Haftbeschwerde durch Beschluss vom 18. Juni 2019 nicht abgeholfen.
II.
- 6
- Das Rechtsmittel ist unbegründet.
- 7
- 1. Wegen des den dringenden Tatverdacht ergebenden Sachverhalts und der Haftgründe nimmt der Senat zunächst Bezug auf seine Haftfortdauerentscheidung vom 30. Oktober 2018 (Tatkomplex I) und seine Beschwerdeentscheidung vom 3. Mai 2019 (Tatkomplex II). Wie das Oberlandesgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss ausgeführt hat, ist der dringende Tatverdacht durch die in der Hauptverhandlung bislang erhobenen Beweise bestätigt und untermauert worden. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auch auf die dortigen Ausführungen, denen der Angeklagte nicht entgegengetreten ist.
- 8
- 2. Die Fortdauer der Untersuchungshaft ist weiterhin verhältnismäßig, insbesondere ist das Verfahren bislang mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden.
- 9
- a) Dem steht nicht entgegen, dass der Vorsitzende des erkennenden Strafsenats beim Oberlandesgericht Stuttgart mit Verfügung vom 2. Mai 2019 sieben Termine aufgehoben hat, denn dies ging - wie auch das Beschwerdevorbringen letztlich nicht in Abrede stellt - auf einen Antrag des Pflichtverteidigers des Angeklagten, Rechtsanwalt M. , zurück, der bereits am vierten Hauptverhandlungstag, dem 11. April 2019, seine Überlastung angezeigt und beantragt hatte, nur noch einmal wöchentlich oder alternativ alle zwei Wochen an zwei Tagen zu verhandeln. Der Angeklagte hatte dazu erklärt, dieser Antrag seines Pflichtverteidigers sei auch sein eigener Antrag. Nachdem der Vorsitzende die Aufhebung der genannten Termine in Aussicht gestellt hatte, erklär- ten sich alle Verfahrensbeteiligten damit einverstanden; der Pflichtverteidiger nahm seinen Antrag, nur einmal wöchentlich zu verhandeln, daraufhin zurück.
- 10
- In diesem Vorgehen liegt keine der Sphäre der Justiz zuzurechnende Verfahrensverzögerung, geht die Terminsaufhebung doch ausdrücklich auf einen Antrag des Pflichtverteidigers des Angeklagten zurück.
- 11
- b) Soweit daneben zunächst wegen der Erkrankung eines Senatsmitglieds ein weiterer Termin aufgehoben werden musste und in der Zeit vom 2. August bis 2. September 2019 eine Sommerpause von einem Monat vorgesehen ist, die allen Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, in Unterbrechung der Hauptverhandlung Erholungsurlaube abzuwickeln, liegt auch darin ersichtlich keine zur Unverhältnismäßigkeit der Haftfortdauer führende Verfahrensverzögerung.
- 12
- c) Der durch die Terminsaufhebungen gleichwohl bedingten geringeren wöchentlichen Verhandlungsdauer - dennoch wird bis zur Sommerpause im Schnitt mindestens ein Hauptverhandlungstermin durchgeführt - ist das Oberlandesgericht zudem durch die Einführung eines umfangreichen Beweisprogramms im Selbstleseverfahren begegnet. Durch ein solches Vorgehen kann im Ergebnis eine Konzentration des Prozessstoffes erreicht werden, die derjenigen einer zweimal wöchentlichen Verhandlung entspricht; dann liegt indes eine Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes fern (BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2006 - 2 BvR 1190/06, juris Rn. 6). So verhält es sich hier.
- 13
- d) Entgegen der Ansicht der Wahlverteidigerin war es aus den genannten Gründen bislang auch noch nicht veranlasst, auf die von dem Pflichtvertei- diger geltend gemachte "Überlastung" durch die Beiordnung eines weiteren Pflichtverteidigers zu reagieren. Hierzu gilt:
- 14
- aa) Die von dem Pflichtverteidiger hilfsweise beantragte Beiordnung der Wahlverteidigerin kam - wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat - vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil in der gegebenen Verfahrenssituation nach wie vor die Beiordnung eines zweiten Pflichtverteidigers mit Blick auf den Umfang oder die Schwierigkeit der Sache nicht unabweisbar ist; anderes ist auch dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen.
- 15
- Die Bestellung eines weiteren Pflichtverteidigers ist auch nicht zu dem Zweck vorzunehmen, die Vertretung der Verteidiger untereinander zu ermöglichen , etwa um dem Pflichtverteidiger die Gelegenheit zu geben, weiterhin seinen "normalen Kanzleibetrieb" wie gewohnt aufrecht zu erhalten (vgl. MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 141 Rn. 2 mwN).
- 16
- bb) Mit Blick darauf kann letztlich offenbleiben, ob im Fall der Beiordnung der Wahlverteidigerin im vorliegenden Verfahren der Zweck der Pflichtverteidigung , dem Angeklagten einen geeigneten Beistand zu sichern und den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens zu gewährleisten, ernsthaft gefährdet werden könnte.
- 17
- In diesem Zusammenhang ist in den Blick zu nehmen, dass der Pflichtverteidiger in der Art und Weise der Führung der Verteidigung ebenso frei ist wie der gewählte Verteidiger und deshalb grundsätzlich nicht der Kontrolle und der Bewertung seiner Tätigkeit durch das Gericht untersteht. Nicht schon jedes objektiv unzweckmäßige oder gar prozessordnungswidrige Verhalten des Pflichtverteidigers, das möglicherweise den Fortgang des Strafverfahrens zeit- weise hemmt, kann dessen Zurückweisung rechtfertigen; vielmehr muss es sich um ein Fehlverhalten von besonderem Gewicht handeln (vgl. Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 142 Rn. 13, 13a mwN).
- 18
- Für Letzteres könnte indes das bisher gezeigte Prozessverhalten der Wahlverteidigerin sprechen, die um der Durchsetzung ihrer Überzeugung von der Notwendigkeit eines zweiten Pflichtverteidigers willen die Aussetzung der ersten Hauptverhandlung in Kauf nahm und damit selbst eine Verfahrensverzögerung von etwa zehn Wochen maßgeblich mitverursachte. Sie vertritt zudem nach wie vor die Auffassung, der Vorsitzende des Strafsenats des Oberlandesgerichts habe sie beiordnen müssen, obwohl er ohne Rechtsfehler das Vorliegen der Voraussetzungen der Beiordnung eines zweiten Pflichtverteidigers verneint hatte.
- 19
- e) Mit Blick auf die im weiteren Beschwerdevorbringen zitierte Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Bremen vertritt die Wahlverteidigerin möglicherweise die Auffassung, der Pflichtverteidiger habe abberufen werden müssen , weil er nicht selbst zur Verteidigung in der Lage gewesen sei; dies ist indes bislang von keinem Verfahrensbeteiligten beantragt worden und erweist sich - wie dargelegt - wegen der Wahrung des Beschleunigungsgebots durch die Verfahrenskonzentration mittels Selbstleseverfahren auch nicht als erforderlich. Ungeachtet dessen könnte - worauf auch das Oberlandesgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss hingewiesen hat - die Beiordnung eines bisher noch nicht befassten Verteidigers mit Blick auf die erforderliche Einarbeitungszeit nicht zu einer Verfahrensbeschleunigung, sondern infolge einer gegebenenfalls weiteren Aussetzung der Hauptverhandlung zu einer nicht unerheblichen Verzögerung des Verfahrens führen.
- 20
- f) War nach alledem die Beiordnung eines zweiten Pflichtverteidigers bislang nicht erforderlich, wird das Oberlandesgericht gleichwohl im weiteren Verlauf des Verfahrens mit Fortschreiten der Dauer der Untersuchungshaft zu prüfen haben, ob etwa nach Abschluss der Selbstleseverfahren die Verhandlung durch die Anberaumung häufigerer Termine gefördert werden kann und muss oder ob bei andauernder "Überlastung" des Pflichtverteidigers die Beiordnung eines weiteren, die ordnungsgemäße Verfahrensfortführung gewährleistenden Pflichtverteidigers zu erwägen ist.
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Referenzen - Gesetze
Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit
Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit
Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord
Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag
Strafprozeßordnung - StPO | § 304 Zulässigkeit
Strafgesetzbuch - StGB | § 129a Bildung terroristischer Vereinigungen
Strafgesetzbuch - StGB | § 129b Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland; Einziehung
Strafgesetzbuch - StGB | § 11 Personen- und Sachbegriffe
Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 8 Kriegsverbrechen gegen Personen
Strafprozeßordnung - StPO | § 229 Höchstdauer einer Unterbrechung
Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 9 Kriegsverbrechen gegen Eigentum und sonstige Rechte
Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 11 Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegsführung
Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 10 Kriegsverbrechen gegen humanitäre Operationen und Embleme
Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 7 Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 12 Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Mittel der Kriegsführung
Strafgesetzbuch - StGB | § 126 Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten
Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 6 Völkermord
Strafprozeßordnung - StPO | § 228 Aussetzung und Unterbrechung
Strafgesetzbuch - StGB | § 140 Belohnung und Billigung von Straftaten
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(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.
(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.
(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche
- 1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen, - 2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen, - 3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen, - 4.
die Akteneinsicht betreffen oder - 5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.
BUNDESGERICHTSHOF
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Angeschuldigten und seiner Verteidiger am 30. Oktober 2018 gemäß §§ 121, 122 StPO
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Angeschuldigte wurde auf Grund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 6. März 2018 (2 BGs 135/18) am 21. März 2018 festgenommen und befindet sich seither ununterbrochen in Untersuchungshaft.
- 2
- Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeschuldigte habe in der Zeit zwischen November 2015 und 11. Oktober 2017 durch zehn jeweils selbständige Handlungen eine ausländische Vereinigung unterstützt, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB), Völkermord (§ 6 VStGB), Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 VStGB) zu begehen, strafbar gemäß §§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, 53 StGB.
- 3
- Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hält die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich (Verfügung vom 17. September 2018 - 2 BGs 735/18). Der Generalbundesanwalt hat unter dem 26. Oktober 2018 Anklage zum Oberlandesgericht Stuttgart erhoben.
II.
- 4
- Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.
- 5
- 1. Der Angeschuldigte ist der ihm im Haftbefehl vom 6. März 2018 vorgeworfenen Taten dringend verdächtig.
- 6
- a) Im Sinne eines dringenden Tatverdachts ist von folgendem Geschehen auszugehen:
- 7
- aa) Der IS ist eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich ursprünglich zum Ziel gesetzt hatte, einen das Gebiet des heutigen Irak und die historische Region "ash-Sham" - die heutigen Staaten Syrien, Libanon und Jordanien sowie Palästina - umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden "Gottesstaat" unter Geltung der Sharia zu errichten und dazu die schiitisch dominierte Regierung im Irak und das Regime des syrischen Präsidenten Assad zu stürzen. Zivile Opfer nahm und nimmt sie bei ihrem fortgesetzten Kampf in Kauf, weil sie jeden, der sich ihren Ansprüchen entgegenstellt, als "Feind des Islam" begreift; die Tötung solcher "Feinde" oder ihre Einschüchterung durch Gewaltakte sieht der IS als legitimes Mittel des Kampfes an.
- 8
- Die Führung der Vereinigung, die sich mit dem Ausrufen des "Kalifats" im Juni 2014 von ISIG in IS umbenannte - wodurch sie von der territorialen Selbstbeschränkung Abstand nahm - hat seit 2010 der "Emir" Abu Bakr al-Baghdadi inne. Al-Baghdadi war von seinem Sprecher zum "Kalifen" erklärt worden, dem die Muslime weltweit Gehorsam zu leisten hätten. Hinweise darauf, dass dieser zwischenzeitlich getötet wurde, konnten bisher nicht bestätigt werden. Dem "Kalifen" unterstehen ein Stellvertreter sowie "Minister" als Verantwortliche für einzelne Bereiche, so ein "Kriegsminister" und ein "Propagandaminister". Zur Führungsebene gehören außerdem beratende "Shura-Räte". Veröffentlichungen werden in der Medienabteilung "Al-Furqan" produziert und über die Medienstelle "al-l’tisam" verbreitet, die dazu einen eigenen Twitter-Kanal und ein Internetforum nutzt. Das auch von Kampfeinheiten verwendete Symbol der Vereinigung besteht aus dem "Prophetensiegel" (einem weißen Oval mit der Inschrift: "Allah - Rasul - Muhammad") auf schwarzem Grund, überschrieben mit dem islamischen Glaubensbekenntnis. Die mehreren Tausend Kämpfer sind dem "Kriegsminister" unterstellt und in lokale Kampfeinheiten mit jeweils einem Kommandeur gegliedert.
- 9
- Die von ihr besetzten Gebiete teilte die Vereinigung in Gouvernements ein und errichtete einen Geheimdienstapparat; diese Maßnahmen zielten auf das Schaffen totalitärer staatlicher Strukturen. Angehörige der syrischen Armee, aber auch von in Gegnerschaft zum IS stehenden Oppositionsgruppen, ausländische Journalisten und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen sowie Zivilisten, die den Herrschaftsbereich des IS in Frage stellen, sahen sich der Verhaftung, Folter und der Hinrichtung ausgesetzt. Filmaufnahmen von besonders grausamen Tötungen wurden mehrfach vom ISIG bzw. IS zu Zwecken der Einschüchterung veröffentlicht. Darüber hinaus begeht die Vereinigung immer wieder Massaker an Teilen der Zivilbevölkerung und außerhalb ihres Machtbereichs Terroranschläge. So hat sie für Anschläge in Europa, etwa in Frankreich, Belgien und Deutschland, die Verantwortung übernommen.
- 10
- bb) In der Zeit zwischen November 2015 und dem 11. Oktober 2017 stellte der Angeschuldigte von Deutschland aus den anderweitig verfolgten IS-Mitgliedern G. , P. , S. und Y. D. Zugangsdaten (und ggf. Aktivierungscodes) von ihm erstellter InternetKommunikationsmittel (E-Mail-Adressen sowie Telegram-, Facebook-, WhatsApp- und Twitter-Nutzerkonten) zur Verfügung. Dies geschah durch Mitteilung der Nutzernamen (Mobilfunknummer oder E-Mail-Adressen) und Passwörter von ihm zuvor bereits eingerichteter und aktivierter Nutzerkonten, aber auch durch Mitteilung von ihm angeforderter Aktivierungscodes für schon früher übermittelte Kontodaten (Nutzername und Passwort). Der Angeschuldigte tat dies in Kenntnis der Tatsache, dass sich die anderweitig verfolgten IS-Mitglieder in Irak bzw. Syrien aufhielten, dort für den IS tätig waren und ihnen daher die Einrichtung und Aktivierung von InternetKommunikationsmitteln erhebliche Schwierigkeiten bereiteten. Durch seine Tätigkeit wollte der Angeschuldigte - in Kenntnis der Ziele und Taten des IS und seiner Mitglieder - die Aktionsmöglichkeiten der anderweitig Verfolgten, insbesondere ihre Möglichkeiten zur anonymen und konspirativen Kommunikation erhöhen. Dies tat er vor dem ihm bekannten Hintergrund, dass die Anbieter der Kommunikations-Software Nutzerkonten sperrten bzw. löschten, sobald sich Hinweise auf eine Nutzung im Irak oder Syrien ergaben.
- 11
- Bei der Erstellung der Internet-Kommunikationsmittel war der Angeschuldigte darauf bedacht, keine auf ihn oder die anderweitig Verfolgten hindeutenden Spuren zu hinterlassen. So verwendete er bei der Beschaffung der für die Erstellung und Aktivierung der Kommunikationsmittel erforderlichen Mobilfunknummern bzw. E-Mail-Adressen fiktive Personaldaten. Für die Kommunikation mit den anderweitig Verfolgten und für die Übermittlung der Zugangsdaten zu den Internet-Kommunikationsmitteln an sie benutzte der Angeschuldigte "geheime" Telegram-Chats oder bediente sich der Hilfe Dritter.
- 12
- Wie von dem Angeschuldigten beabsichtigt, verwendeten die anderweitig verfolgten IS-Mitglieder die ihnen übermittelten Kontodaten, um sich auf ihren Mobilfunkgeräten die entsprechenden Konten einzurichten und über diese in der Folge - insbesondere auch zu Zwecken des IS - zu kommunizieren.
- 13
- Im Einzelnen ist der Angeschuldigte folgender Taten dringend verdächtig :
- 14
- (1) An das anderweitig verfolgte IS-Mitglied G. übermittelte der Angeschuldigte
- 15
- (a) zu einem derzeit nicht näher ermittelbaren Zeitpunkt in der Zeit zwischen November 2015 und 22. Dezember 2015 die Zugangsdaten zu dem unter Verwendung der Mobilfunknummer erstellten TelegramKonto (ID ) mit dem Anzeigenamen A. ,
- 16
- (b) am 2. März 2016 die Zugangsdaten zu dem unter Verwendung der E-Mail-Adresse erstellten Facebook-Konto (ID ) mit dem Anzeigenamen Q. und
- 17
- (c) am 3. September 2016 dieZugangsdaten zu dem unter Verwendung der E-Mail-Adresse erstellten Facebook-Konto (ID ) mit dem Anzeigenamen Ab. .
- 18
- (2) An das anderweitig verfolgte IS-Mitglied P. übermittelte der Angeschuldigte am 31. Januar 2016 die Zugangsdaten zu dem unter Verwendung der E-Mail-Adresse erstellten Facebook-Konto mit der ID und dem Anzeigenamen M. .
- 19
- (3) An das anderweitig verfolgte IS-Mitglied S. übermittelte der Angeschuldigte
- 20
- (a) am 4. Oktober 2017 die Zugangsdaten zu dem unter Verwendung der E-Mail-Adresse erstellten Twitter-Konto (ID ),
- 21
- (b) am 7. und 8. Oktober 2017 aufgrund eines einheitlichen Tatentschlusses die zur Erstellung und Aktivierung eines Telegram- und WhatsAppKontos erforderlichen Daten (Mobilfunknummer und Aktivierungscodes bzw. ), mit denen der anderweitig Verfolgte jedenfalls das Telegram-Konto (ID ) aktivierte und die zur Erstellung und Aktivierung eines WhatsApp-Kontos erforderlichen Daten (Mobilfunknummer und Aktivierungscode ), und
- 22
- (c) am 11. Oktober 2017 den zur Erstellung eines mit der bereits zuvor übermittelten Mobilfunknummer verknüpften TelegramKontos erforderlichen Aktivierungscode , mit dem der anderweit Verfolgte das Telegram-Konto (ID ) aktivierte.
- 23
- (4) An das zwischenzeitlich verstorbene IS-Mitglied Y. D. übermittelte der Angeschuldigte
- 24
- (a) an einem derzeit nicht näher ermittelbaren Zeitpunkt in der Zeit zwischen 15. und 19. Mai 2016 die Zugangsdaten zu den Facebook-Konten mit der ID (unter Verwendung der E-Mail-Adresse erstellt) und der ID (unter Verwendung der E-Mail-Adresse erstellt), die beide auf den Anzeigenamen H. lauteten,
- 25
- (b) am 27. September 2016 die Zugangsdaten zu dem unter Verwendung der E-Mail-Adresse erstellten Facebook-Konto mit der ID und den sukzessive geänderten Anzeigenamen Y. , As. und Ka. sowie
- 26
- (c) an einem derzeit nicht näher ermittelbaren Zeitpunkt in der Zeit zwischen 1. und 22. Oktober 2017 die Zugangsdaten zu dem unter Verwendung der Mobilfunknummer erstellten Telegram-Konto (ID ) mit dem Anzeigenamen H. .
- 27
- Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Haftbefehl vom 6. März 2018 verwiesen.
- 28
- b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich hinsichtlich der außereuropäischen terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat" aus den "Strukturerkenntnissen" , die der Generalbundesanwalt zu dieser Organisation für das vorliegende Verfahren in den Sachakten "Strukturordner IS" zusammengetragen hat, insbesondere den Gutachten des islamwissenschaftlichen Sachverständigen Dr. St. , den Auswerteberichten des Bundeskriminalamts, den Behördenerklärungen des Bundesnachrichtendienstes und den dort in Bezug genommenen und dargestellten weiteren Quellen.
- 29
- Der dringende Tatverdacht hinsichtlich der Tathandlungen des - bislang zur Sache schweigenden - Angeschuldigten sowie der IS-Mitgliedschaft und des Aufenthaltsorts der anderweitig Verfolgten inklusive der dortigen Verhältnisse ergibt sich aus den im Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 6. März 2018 (S. 11 bis 44), im Haftbefehlsantrag des Generalbundesanwalts vom 1. März 2018 und im Sachstandsbericht des Bundeskriminalamts vom 30. Januar 2018 genannten Beweismitteln. Auf diese ausführlichen Darstellungen inklusive der in dem genannten Sachstandsbericht jeweils durch Fußnoten in Bezug genommenen (Primär-)Quellen nimmt der Senat Bezug. Die Erkenntnisse über die anderweitig Verfolgten ergeben sich aus den gegen sie geführten Ermittlungsverfahren, insbesondere aus der Auswertung der Telegram-Chats "T. " und "N. " (vgl. die Vermerke des KHK Gr. vom 17. Juni und 26. Juli 2017 sowie Fn. 122 des Sachstandsberichts des Bundeskriminalamts vom 30. Januar 2018). Der die Tatmotivation und die Unterstützungswirkung erklärende Umstand, dass die Betreiber in Syrien und im Irak genutzte Konten löschen, folgt aus dem Vermerk des Bundeskriminalamts vom 15. Juni 2018 und einem Behördenzeugnis des Bundesamts für Verfassungsschutz vom 6. Juni 2017.
- 30
- Bei den im Haftbefehl unter den Ziffern II.1.a) bb) (1) (a) (WhatsAppKonto ohne Nutzername) und II.1.a) bb) (4) (a) (zwei weitere Facebook- und vier Twitter-Konten) aufgeführten Fällen stellt sich der über die in diesem Beschluss genannten Internet-Kommunikationsmittel hinausgehende Tatverdacht derzeit als nicht dringend dar, weil eine Übersendung der entsprechenden Zugangs- und/oder Aktivierungsdaten durch den Angeschuldigten an die anderweitig Verfolgten nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit belegt ist, was allerdings keine Änderung der rechtlichen Würdigung nach sich zieht.
- 31
- Die im Anschluss an die Verhaftung des Angeschuldigten durchgeführten kriminalpolizeilichen Ermittlungen haben den dringenden Tatverdacht weiter erhärtet. So sind diejenigen Mobilfunktelefone beim Angeschuldigten sichergestellt worden, deren IMEI-Nummern Gegenstand der Telekommunikationsüber- wachungsmaßnahmen waren, anhand derer sich die Erstellung der verfahrensgegenständlichen Konten im Wesentlichen belegen lässt. Bei seiner Ex-Ehefrau ist ein Mobiltelefon LG sichergestellt worden, dessen erste Durchsicht ergeben hat, dass in den Kontakten Verbindungen zu den anderweitig Verfolgten, insbesondere mit Zuordnung zu den hier relevanten Mobilfunknummern und InternetKommunikationsmitteln vorhanden waren. Die vorläufige Auswertung des Mobiltelefons Samsung 8+ des Angeschuldigten hat darüber hinaus ergeben, dass der Angeschuldigte zwischen dem 14. und 24. November 2017 nach Todesmeldungen betreffend die Brüder D. suchte, was seine Verbindung zu Y. D. zusätzlich belegt. Ergänzend wird auf die Ausführungen des Vorlageberichts des Generalbundesanwalts vom 12. September 2018 verwiesen.
- 32
- Entgegen der Auffassung der Verteidigung in ihrer Stellungnahme vom 15. Oktober 2018 ergibt sich der dringende Tatverdacht dafür, dass es der Angeschuldigte selbst war, der die Kommunikationsmittel den anderweitig Verfolgten zur Verfügung stellte, aus der Überwachung der Telegram-Kommunikation zwischen dem Angeschuldigten und dem anderweitig Verfolgten S. .Aus dieser geht hervor, dass der Angeschuldigte die von ihm unter der Angabe von Falschpersonalien erworbenen Mobilfunknummern und Aktivierungscodes zur Erstellung von Telegram- und WhatsApp-Konten weitergab. Auf den erforderlichen Unterstützervorsatz des Angeschuldigten hinweisende Verdachtsmomente folgen aus dem Umstand, dass er aktiv in diversen radikal-jihadistischen Internetforen zum Teil als Administrator und technischer Ansprechpartner tätig war und unter anderem die Erstellung von deutschsprachigem Propagandamaterial des IS koordinierte (vgl. insbesondere die S. 41 ff., 63 ff. und 67 ff. des Sachstandsberichts des Bundeskriminalamts vom 30. Januar 2018).
- 33
- c) In rechtlicher Hinsicht folgt aus alledem, dass sich der Angeschuldigte mit hoher Wahrscheinlichkeit wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung in zehn Fällen (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 53 StGB) strafbar gemacht hat.
- 34
- aa) Nach ständiger Rechtsprechung ist unter einem Unterstützen im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB grundsätzlich jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds zu verstehen, das die innere Organisation der Vereinigung und ihren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten - wenngleich nicht unbedingt maßgebend - erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt (vgl. nur BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 117; Beschluss vom 19. Oktober 2017 - AK 56/17, juris Rn. 18 mwN). Dies kann unter anderem dadurch geschehen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche Betätigungsakte eines Angehörigen der Vereinigung fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe zur mitgliedschaftlichen Beteiligung (vgl. etwa BGH, Urteil vom 3. Oktober 1979 - 3 StR 264/79, BGHSt 29, 99, 101).
- 35
- Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Förderungshandlung an sich konkret wirksam, für die Organisation objektiv nützlich ist und dieser mithin irgendeinen Vorteil bringt; ob der Vorteil genutzt wird und daher etwa eine konkrete , aus der Organisation heraus begangene Straftat oder auch nur eine organisationsbezogene Handlung eines ihrer Mitglieder mitprägt, ist dagegen ohne Belang (vgl. BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, aaO, S. 116; Beschlüsse vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, BGHSt 51, 345, S. 348 f.; vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 334/15, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 6). In diesem Sinne muss der Organisation durch die Tathandlung kein messbarer Nutzen entstehen (vgl. BGH, Urteile vom 25. Januar 1984 - 3 StR 526/83, BGHSt 32, 243, 244; vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, S. 116). Die Wirksamkeit der Unterstützungsleistung und deren grundsätzliche Nützlichkeit müssen indes stets anhand belegter Fakten nachgewiesen sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 2013 - AK 13 u. 14/13, BGHSt 58, 318, 323 f.; vom 19. Oktober 2017 - AK 56/17, juris Rn. 18).
- 36
- bb) Daran gemessen stellen sich die Tathandlungen des Angeschuldigten als Unterstützen im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB dar. Angesichts der nicht flächendeckenden und oftmals nur über (teure) SatellitenKommunikation gewährleisteten Internetversorgung in den Krisengebieten, in denen sich die anderweitig Verfolgten aufhielten, und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Anbieter der Kommunikations-Software Konten schließen, für die sich Hinweise auf eine Nutzung in Irak oder Syrien ergeben haben, waren die anderweitig Verfolgten immer wieder auf die Zurverfügungstellung gebrauchsfertiger Internet-Kommunikationsmittel angewiesen, um (auch) für den IS notwendige Kommunikation führen zu können, etwa zur Koordinierung in Kampfeinsätzen, zum Werben um neue Mitglieder oder zum Indoktrinieren und Instruieren (potentieller) auch europäischer Attentäter.
- 37
- Dabei kommt es auf eine Unterscheidung danach, ob die Zugangsdaten bereits aktivierter Internet-Kommunikationsmittel oder aber (nur) Aktivierungscodes übermittelt wurden, nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass es sich um Kommunikationsmittel handelt, die mit deutschen Mobilfunknummern bzw. E-Mail-Adressen verknüpft waren und deren Aktivierungscodes daher an diese Nummern bzw. Adressen versandt wurden. Abgesehen von der Zeit- und Kostenersparnis, die der Angeschuldigte für die anderweitig Verfolgten erreichte , indem er die aufwändige Erstellung und Aktivierung der Konten für sie übernahm , erhöhte sich durch die Verknüpfung der Konten mit deutschen Mobilfunknummern bzw. E-Mail-Adressen deren Aktivierungswahrscheinlichkeit und die Dauer ihrer Nutzbarkeit bis zur Deaktivierung bzw. Löschung durch die Dienstanbieter.
- 38
- Das Verhalten des Angeschuldigten stellt sich daher als logistische Tätigkeit, vergleichbar mit der Zurverfügungstellung von Werkzeugen oder etwa eines Telefonanschlusses, dar (vgl. hierzu: MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 129a Rn. 63 i.V.m. § 129 Rn. 112; LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 129a Rn.76 i.V.m. § 129 Rn. 142).
- 39
- cc) Die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts ergibt sich aus § 3, § 9 Abs. 1 Variante 1 StGB, weil der Angeschuldigte in Deutschland gehandelt hat. Deshalb ist auch der gemäß § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB erforderliche Deutschlandbezug gegeben.
- 40
- dd) Die nach § 129b Abs. 1 Satz 2, 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von Unterstützern des IS liegt in der Fassung vom 13. Oktober 2015 vor.
- 41
- 2. Beim Angeschuldigten besteht jedenfalls der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO).
- 42
- Der Angeschuldigte hat wegen der Taten, derer er dringend verdächtig ist, eine empfindliche, Fluchtanreiz begründende Freiheitsstrafe zu erwarten. Dem von der Straferwartung ausgehenden Fluchtanreiz stehen - auch unter Berücksichtigung der vorhandenen sozialen Bindungen im Inland - keine hinreichenden fluchthindernden Umstände gegenüber. Der Angeschuldigte ist (auch) algerischer Staatsangehöriger. Er ist in seinem radikal-jihadistischen Gedankengut und in der zugehörigen Szene tief verwurzelt, so dass er - als zentrale Figur der deutschen jihadistischen Szene - über zahlreiche Kontakte insbesondere auch zu ausländischen IS-Mitgliedern verfügt. Das konspirative Verhalten, das er bei den verfahrensgegenständlichen Taten an den Tag gelegt hat, belegt, dass er in der Lage ist, seine Identität und seinen Aufenthalt zu verschleiern. Auch sein auf die Erlangung eines algerischen Reisepasses gerichtetes Bemühen spricht dafür, dass er sich - auf freiem Fuß belassen - dem Strafverfahren entziehen würde.
- 43
- 3. Eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls (§ 116 StPO) ist unter diesen Umständen nicht erfolgversprechend.
- 44
- 4. Die Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 StPO für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus sind gegeben; der besondere Umfang der Ermittlungen und ihre Schwierigkeit haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft:
- 45
- Die Sachakten umfassen mittlerweile 104 Stehordner und drei Sachakten -Sonderhefte (insgesamt 50 Datenträger). Die Ermittlungen gestalteten sich bislang aufwendig. Die Ermittlungsbehörden hatten und haben erhebliche Datenmengen auszuwerten. So wurden beim Angeschuldigten 35 Datenträger mit insgesamt mindestens 1,2 TB Daten und bei den Zeugen 132 Datenträger mit insgesamt mindestens 2,8 TB Daten sichergestellt. Die überwiegend nicht in deutscher Sprache gehaltenen Dateien mussten und müssen vor ihrer Analyse und Aufbereitung übersetzt werden.
- 46
- Die Beweislage gestaltet sich komplex und erfordert die Würdigung zahlreicher ineinander greifender Indizien, die auf Erkenntnissen aus umfangreichen Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen, auf den Ergebnissen der Finanzermittlungen und auf der Auswertung der sichergestellten Datenträger beruhen.
- 47
- Der Generalbundesanwalt hat mittlerweile unter dem 26. Oktober 2018 Anklage zum Oberlandesgericht Stuttgart erhoben.
- 48
- 5. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Fall einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
(1) Wer in der Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören,
- 1.
ein Mitglied der Gruppe tötet, - 2.
einem Mitglied der Gruppe schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art, zufügt, - 3.
die Gruppe unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen, - 4.
Maßregeln verhängt, die Geburten innerhalb der Gruppe verhindern sollen, - 5.
ein Kind der Gruppe gewaltsam in eine andere Gruppe überführt,
(2) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 bis 5 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren.
(1) Wer im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen eine Zivilbevölkerung
- 1.
einen Menschen tötet, - 2.
in der Absicht, eine Bevölkerung ganz oder teilweise zu zerstören, diese oder Teile hiervon unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, deren Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen, - 3.
Menschenhandel betreibt, insbesondere mit einer Frau oder einem Kind, oder wer auf andere Weise einen Menschen versklavt und sich dabei ein Eigentumsrecht an ihm anmaßt, - 4.
einen Menschen, der sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er ihn unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt, - 5.
einen Menschen, der sich in seinem Gewahrsam oder in sonstiger Weise unter seiner Kontrolle befindet, foltert, indem er ihm erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, die nicht lediglich Folge völkerrechtlich zulässiger Sanktionen sind, - 6.
einen anderen Menschen sexuell nötigt oder vergewaltigt, ihn zur Prostitution nötigt, der Fortpflanzungsfähigkeit beraubt oder in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen, eine unter Anwendung von Zwang geschwängerte Frau gefangen hält, - 7.
einen Menschen dadurch zwangsweise verschwinden lässt, dass er in der Absicht, ihn für längere Zeit dem Schutz des Gesetzes zu entziehen, - a)
ihn im Auftrag oder mit Billigung eines Staates oder einer politischen Organisation entführt oder sonst in schwerwiegender Weise der körperlichen Freiheit beraubt, ohne dass im Weiteren auf Nachfrage unverzüglich wahrheitsgemäß Auskunft über sein Schicksal und seinen Verbleib erteilt wird, oder - b)
sich im Auftrag des Staates oder der politischen Organisation oder entgegen einer Rechtspflicht weigert, unverzüglich Auskunft über das Schicksal und den Verbleib des Menschen zu erteilen, der unter den Voraussetzungen des Buchstaben a seiner körperlichen Freiheit beraubt wurde, oder eine falsche Auskunft dazu erteilt,
- 8.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art, zufügt, - 9.
einen Menschen unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts in schwerwiegender Weise der körperlichen Freiheit beraubt oder - 10.
eine identifizierbare Gruppe oder Gemeinschaft verfolgt, indem er ihr aus politischen, rassischen, nationalen, ethnischen, kulturellen oder religiösen Gründen, aus Gründen des Geschlechts oder aus anderen nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts als unzulässig anerkannten Gründen grundlegende Menschenrechte entzieht oder diese wesentlich einschränkt,
(2) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 7 Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren und in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 8 und 9 Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.
(3) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 3 bis 10 den Tod eines Menschen, so ist die Strafe in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 7 lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren und in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 8 bis 10 Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren.
(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 3 ist die Strafe bei einer Tat nach Absatz 1 Nr. 3 bis 7 Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren und bei einer Tat nach Absatz 1 Nr. 8 bis 10 Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(5) Wer ein Verbrechen nach Absatz 1 in der Absicht begeht, ein institutionalisiertes Regime der systematischen Unterdrückung und Beherrschung einer rassischen Gruppe durch eine andere aufrechtzuerhalten, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft, soweit nicht die Tat nach Absatz 1 oder Absatz 3 mit schwererer Strafe bedroht ist. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, soweit nicht die Tat nach Absatz 2 oder Absatz 4 mit schwererer Strafe bedroht ist.
(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt
- 1.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person tötet, - 2.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Geisel nimmt, - 3.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person grausam oder unmenschlich behandelt, indem er ihr erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, insbesondere sie foltert oder verstümmelt, - 4.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person sexuell nötigt oder vergewaltigt, sie zur Prostitution nötigt, der Fortpflanzungsfähigkeit beraubt oder in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen, eine unter Anwendung von Zwang geschwängerte Frau gefangen hält, - 5.
Kinder unter 15 Jahren für Streitkräfte zwangsverpflichtet oder in Streitkräfte oder bewaffnete Gruppen eingliedert oder sie zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten verwendet, - 6.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person, die sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er sie unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt, - 7.
gegen eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person eine erhebliche Strafe, insbesondere die Todesstrafe oder eine Freiheitsstrafe verhängt oder vollstreckt, ohne dass diese Person in einem unparteiischen ordentlichen Gerichtsverfahren, das die völkerrechtlich erforderlichen Rechtsgarantien bietet, abgeurteilt worden ist, - 8.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt, indem er - a)
an einer solchen Person Versuche vornimmt, in die sie nicht zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat oder die weder medizinisch notwendig sind noch in ihrem Interesse durchgeführt werden, - b)
einer solchen Person Gewebe oder Organe für Übertragungszwecke entnimmt, sofern es sich nicht um die Entnahme von Blut oder Haut zu therapeutischen Zwecken im Einklang mit den allgemein anerkannten medizinischen Grundsätzen handelt und die Person zuvor nicht freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder - c)
bei einer solchen Person medizinisch nicht anerkannte Behandlungsmethoden anwendet, ohne dass dies medizinisch notwendig ist und die Person zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder
- 9.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in schwerwiegender Weise entwürdigend oder erniedrigend behandelt,
(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt einen Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder einen Kämpfer der gegnerischen Partei verwundet, nachdem dieser sich bedingungslos ergeben hat oder sonst außer Gefecht ist, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.
(3) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt
- 1.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 rechtswidrig gefangen hält oder ihre Heimschaffung ungerechtfertigt verzögert, - 2.
als Angehöriger einer Besatzungsmacht einen Teil der eigenen Zivilbevölkerung in das besetzte Gebiet überführt, - 3.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zum Dienst in den Streitkräften einer feindlichen Macht nötigt oder - 4.
einen Angehörigen der gegnerischen Partei mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel nötigt, an Kriegshandlungen gegen sein eigenes Land teilzunehmen,
(4) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 den Tod des Opfers, so ist in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 5 Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. Führt eine Handlung nach Absatz 1 Nr. 8 zum Tod oder zu einer schweren Gesundheitsschädigung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4 und des Absatzes 2 Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 und des Absatzes 3 Nr. 1 Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
(6) Nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen sind
- 1.
im internationalen bewaffneten Konflikt: geschützte Personen im Sinne der Genfer Abkommen und des Zusatzprotokolls I (Anlage zu diesem Gesetz), namentlich Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige, Kriegsgefangene und Zivilpersonen; - 2.
im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige sowie Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen und sich in der Gewalt der gegnerischen Partei befinden; - 3.
im internationalen und im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Angehörige der Streitkräfte und Kämpfer der gegnerischen Partei, welche die Waffen gestreckt haben oder in sonstiger Weise wehrlos sind.
(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt plündert oder, ohne dass dies durch die Erfordernisse des bewaffneten Konflikts geboten ist, sonst in erheblichem Umfang völkerrechtswidrig Sachen der gegnerischen Partei, die der Gewalt der eigenen Partei unterliegen, zerstört, sich aneignet oder beschlagnahmt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.
(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt völkerrechtswidrig anordnet, dass Rechte und Forderungen aller oder eines wesentlichen Teils der Angehörigen der gegnerischen Partei aufgehoben oder ausgesetzt werden oder vor Gericht nicht einklagbar sind, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.
(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt
- 1.
einen Angriff gegen Personen, Einrichtungen, Material, Einheiten oder Fahrzeuge richtet, die an einer humanitären Hilfsmission oder an einer friedenserhaltenden Mission in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen beteiligt sind, solange sie Anspruch auf den Schutz haben, der Zivilpersonen oder zivilen Objekten nach dem humanitären Völkerrecht gewährt wird, oder - 2.
einen Angriff gegen Personen, Gebäude, Material, Sanitätseinheiten oder Sanitätstransportmittel richtet, die in Übereinstimmung mit dem humanitären Völkerrecht mit den Schutzzeichen der Genfer Abkommen gekennzeichnet sind,
(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt die Schutzzeichen der Genfer Abkommen, die Parlamentärflagge oder die Flagge, die militärischen Abzeichen oder die Uniform des Feindes oder der Vereinten Nationen missbraucht und dadurch den Tod oder die schwere Verletzung eines Menschen (§ 226 des Strafgesetzbuches) verursacht, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt
- 1.
mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen die Zivilbevölkerung als solche oder gegen einzelne Zivilpersonen richtet, die an den Feindseligkeiten nicht unmittelbar teilnehmen, - 2.
mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen zivile Objekte richtet, solange sie durch das humanitäre Völkerrecht als solche geschützt sind, namentlich Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit gewidmet sind, geschichtliche Denkmäler, Krankenhäuser und Sammelplätze für Kranke und Verwundete, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude oder entmilitarisierte Zonen sowie Anlagen und Einrichtungen, die gefährliche Kräfte enthalten, - 3.
mit militärischen Mitteln einen Angriff durchführt und dabei als sicher erwartet, dass der Angriff die Tötung oder Verletzung von Zivilpersonen oder die Beschädigung ziviler Objekte in einem Ausmaß verursachen wird, das außer Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil steht, - 4.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Schutzschild einsetzt, um den Gegner von Kriegshandlungen gegen bestimmte Ziele abzuhalten, - 5.
das Aushungern von Zivilpersonen als Methode der Kriegsführung einsetzt, indem er ihnen die für sie lebensnotwendigen Gegenstände vorenthält oder Hilfslieferungen unter Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht behindert, - 6.
als Befehlshaber anordnet oder androht, dass kein Pardon gegeben wird, oder - 7.
einen Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder einen Kämpfer der gegnerischen Partei meuchlerisch tötet oder verwundet,
(2) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 1 bis 6 den Tod oder die schwere Verletzung einer Zivilperson (§ 226 des Strafgesetzbuches) oder einer nach dem humanitären Völkerrecht zu schützenden Person, wird er mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. Führt der Täter den Tod vorsätzlich herbei, ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.
(3) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt mit militärischen Mitteln einen Angriff durchführt und dabei als sicher erwartet, dass der Angriff weit reichende, langfristige und schwere Schäden an der natürlichen Umwelt verursachen wird, die außer Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.
(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt
- 1.
Gift oder vergiftete Waffen verwendet, - 2.
biologische oder chemische Waffen verwendet oder - 3.
Geschosse verwendet, die sich leicht im Körper des Menschen ausdehnen oder flachdrücken, insbesondere Geschosse mit einem harten Mantel, der den Kern nicht ganz umschließt oder mit Einschnitten versehen ist,
(2) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 den Tod oder die schwere Verletzung einer Zivilperson (§ 226 des Strafgesetzbuches) oder einer nach dem humanitären Völkerrecht zu schützenden Person, wird er mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. Führt der Täter den Tod vorsätzlich herbei, ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.
(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder - 2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b - 3.
(weggefallen)
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen, - 2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1, - 3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3, - 4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder - 5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.
(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.
(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).
(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.
(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
(1) Wer in der Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören,
- 1.
ein Mitglied der Gruppe tötet, - 2.
einem Mitglied der Gruppe schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art, zufügt, - 3.
die Gruppe unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen, - 4.
Maßregeln verhängt, die Geburten innerhalb der Gruppe verhindern sollen, - 5.
ein Kind der Gruppe gewaltsam in eine andere Gruppe überführt,
(2) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 bis 5 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren.
(1) Wer im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen eine Zivilbevölkerung
- 1.
einen Menschen tötet, - 2.
in der Absicht, eine Bevölkerung ganz oder teilweise zu zerstören, diese oder Teile hiervon unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, deren Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen, - 3.
Menschenhandel betreibt, insbesondere mit einer Frau oder einem Kind, oder wer auf andere Weise einen Menschen versklavt und sich dabei ein Eigentumsrecht an ihm anmaßt, - 4.
einen Menschen, der sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er ihn unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt, - 5.
einen Menschen, der sich in seinem Gewahrsam oder in sonstiger Weise unter seiner Kontrolle befindet, foltert, indem er ihm erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, die nicht lediglich Folge völkerrechtlich zulässiger Sanktionen sind, - 6.
einen anderen Menschen sexuell nötigt oder vergewaltigt, ihn zur Prostitution nötigt, der Fortpflanzungsfähigkeit beraubt oder in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen, eine unter Anwendung von Zwang geschwängerte Frau gefangen hält, - 7.
einen Menschen dadurch zwangsweise verschwinden lässt, dass er in der Absicht, ihn für längere Zeit dem Schutz des Gesetzes zu entziehen, - a)
ihn im Auftrag oder mit Billigung eines Staates oder einer politischen Organisation entführt oder sonst in schwerwiegender Weise der körperlichen Freiheit beraubt, ohne dass im Weiteren auf Nachfrage unverzüglich wahrheitsgemäß Auskunft über sein Schicksal und seinen Verbleib erteilt wird, oder - b)
sich im Auftrag des Staates oder der politischen Organisation oder entgegen einer Rechtspflicht weigert, unverzüglich Auskunft über das Schicksal und den Verbleib des Menschen zu erteilen, der unter den Voraussetzungen des Buchstaben a seiner körperlichen Freiheit beraubt wurde, oder eine falsche Auskunft dazu erteilt,
- 8.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art, zufügt, - 9.
einen Menschen unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts in schwerwiegender Weise der körperlichen Freiheit beraubt oder - 10.
eine identifizierbare Gruppe oder Gemeinschaft verfolgt, indem er ihr aus politischen, rassischen, nationalen, ethnischen, kulturellen oder religiösen Gründen, aus Gründen des Geschlechts oder aus anderen nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts als unzulässig anerkannten Gründen grundlegende Menschenrechte entzieht oder diese wesentlich einschränkt,
(2) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 7 Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren und in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 8 und 9 Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.
(3) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 3 bis 10 den Tod eines Menschen, so ist die Strafe in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 7 lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren und in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 8 bis 10 Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren.
(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 3 ist die Strafe bei einer Tat nach Absatz 1 Nr. 3 bis 7 Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren und bei einer Tat nach Absatz 1 Nr. 8 bis 10 Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(5) Wer ein Verbrechen nach Absatz 1 in der Absicht begeht, ein institutionalisiertes Regime der systematischen Unterdrückung und Beherrschung einer rassischen Gruppe durch eine andere aufrechtzuerhalten, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft, soweit nicht die Tat nach Absatz 1 oder Absatz 3 mit schwererer Strafe bedroht ist. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, soweit nicht die Tat nach Absatz 2 oder Absatz 4 mit schwererer Strafe bedroht ist.
(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt
- 1.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person tötet, - 2.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Geisel nimmt, - 3.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person grausam oder unmenschlich behandelt, indem er ihr erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, insbesondere sie foltert oder verstümmelt, - 4.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person sexuell nötigt oder vergewaltigt, sie zur Prostitution nötigt, der Fortpflanzungsfähigkeit beraubt oder in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen, eine unter Anwendung von Zwang geschwängerte Frau gefangen hält, - 5.
Kinder unter 15 Jahren für Streitkräfte zwangsverpflichtet oder in Streitkräfte oder bewaffnete Gruppen eingliedert oder sie zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten verwendet, - 6.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person, die sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er sie unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt, - 7.
gegen eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person eine erhebliche Strafe, insbesondere die Todesstrafe oder eine Freiheitsstrafe verhängt oder vollstreckt, ohne dass diese Person in einem unparteiischen ordentlichen Gerichtsverfahren, das die völkerrechtlich erforderlichen Rechtsgarantien bietet, abgeurteilt worden ist, - 8.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt, indem er - a)
an einer solchen Person Versuche vornimmt, in die sie nicht zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat oder die weder medizinisch notwendig sind noch in ihrem Interesse durchgeführt werden, - b)
einer solchen Person Gewebe oder Organe für Übertragungszwecke entnimmt, sofern es sich nicht um die Entnahme von Blut oder Haut zu therapeutischen Zwecken im Einklang mit den allgemein anerkannten medizinischen Grundsätzen handelt und die Person zuvor nicht freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder - c)
bei einer solchen Person medizinisch nicht anerkannte Behandlungsmethoden anwendet, ohne dass dies medizinisch notwendig ist und die Person zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder
- 9.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in schwerwiegender Weise entwürdigend oder erniedrigend behandelt,
(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt einen Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder einen Kämpfer der gegnerischen Partei verwundet, nachdem dieser sich bedingungslos ergeben hat oder sonst außer Gefecht ist, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.
(3) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt
- 1.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 rechtswidrig gefangen hält oder ihre Heimschaffung ungerechtfertigt verzögert, - 2.
als Angehöriger einer Besatzungsmacht einen Teil der eigenen Zivilbevölkerung in das besetzte Gebiet überführt, - 3.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zum Dienst in den Streitkräften einer feindlichen Macht nötigt oder - 4.
einen Angehörigen der gegnerischen Partei mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel nötigt, an Kriegshandlungen gegen sein eigenes Land teilzunehmen,
(4) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 den Tod des Opfers, so ist in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 5 Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. Führt eine Handlung nach Absatz 1 Nr. 8 zum Tod oder zu einer schweren Gesundheitsschädigung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4 und des Absatzes 2 Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 und des Absatzes 3 Nr. 1 Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
(6) Nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen sind
- 1.
im internationalen bewaffneten Konflikt: geschützte Personen im Sinne der Genfer Abkommen und des Zusatzprotokolls I (Anlage zu diesem Gesetz), namentlich Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige, Kriegsgefangene und Zivilpersonen; - 2.
im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige sowie Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen und sich in der Gewalt der gegnerischen Partei befinden; - 3.
im internationalen und im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Angehörige der Streitkräfte und Kämpfer der gegnerischen Partei, welche die Waffen gestreckt haben oder in sonstiger Weise wehrlos sind.
(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt plündert oder, ohne dass dies durch die Erfordernisse des bewaffneten Konflikts geboten ist, sonst in erheblichem Umfang völkerrechtswidrig Sachen der gegnerischen Partei, die der Gewalt der eigenen Partei unterliegen, zerstört, sich aneignet oder beschlagnahmt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.
(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt völkerrechtswidrig anordnet, dass Rechte und Forderungen aller oder eines wesentlichen Teils der Angehörigen der gegnerischen Partei aufgehoben oder ausgesetzt werden oder vor Gericht nicht einklagbar sind, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.
(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt
- 1.
einen Angriff gegen Personen, Einrichtungen, Material, Einheiten oder Fahrzeuge richtet, die an einer humanitären Hilfsmission oder an einer friedenserhaltenden Mission in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen beteiligt sind, solange sie Anspruch auf den Schutz haben, der Zivilpersonen oder zivilen Objekten nach dem humanitären Völkerrecht gewährt wird, oder - 2.
einen Angriff gegen Personen, Gebäude, Material, Sanitätseinheiten oder Sanitätstransportmittel richtet, die in Übereinstimmung mit dem humanitären Völkerrecht mit den Schutzzeichen der Genfer Abkommen gekennzeichnet sind,
(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt die Schutzzeichen der Genfer Abkommen, die Parlamentärflagge oder die Flagge, die militärischen Abzeichen oder die Uniform des Feindes oder der Vereinten Nationen missbraucht und dadurch den Tod oder die schwere Verletzung eines Menschen (§ 226 des Strafgesetzbuches) verursacht, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt
- 1.
mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen die Zivilbevölkerung als solche oder gegen einzelne Zivilpersonen richtet, die an den Feindseligkeiten nicht unmittelbar teilnehmen, - 2.
mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen zivile Objekte richtet, solange sie durch das humanitäre Völkerrecht als solche geschützt sind, namentlich Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit gewidmet sind, geschichtliche Denkmäler, Krankenhäuser und Sammelplätze für Kranke und Verwundete, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude oder entmilitarisierte Zonen sowie Anlagen und Einrichtungen, die gefährliche Kräfte enthalten, - 3.
mit militärischen Mitteln einen Angriff durchführt und dabei als sicher erwartet, dass der Angriff die Tötung oder Verletzung von Zivilpersonen oder die Beschädigung ziviler Objekte in einem Ausmaß verursachen wird, das außer Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil steht, - 4.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Schutzschild einsetzt, um den Gegner von Kriegshandlungen gegen bestimmte Ziele abzuhalten, - 5.
das Aushungern von Zivilpersonen als Methode der Kriegsführung einsetzt, indem er ihnen die für sie lebensnotwendigen Gegenstände vorenthält oder Hilfslieferungen unter Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht behindert, - 6.
als Befehlshaber anordnet oder androht, dass kein Pardon gegeben wird, oder - 7.
einen Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder einen Kämpfer der gegnerischen Partei meuchlerisch tötet oder verwundet,
(2) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 1 bis 6 den Tod oder die schwere Verletzung einer Zivilperson (§ 226 des Strafgesetzbuches) oder einer nach dem humanitären Völkerrecht zu schützenden Person, wird er mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. Führt der Täter den Tod vorsätzlich herbei, ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.
(3) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt mit militärischen Mitteln einen Angriff durchführt und dabei als sicher erwartet, dass der Angriff weit reichende, langfristige und schwere Schäden an der natürlichen Umwelt verursachen wird, die außer Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.
(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt
- 1.
Gift oder vergiftete Waffen verwendet, - 2.
biologische oder chemische Waffen verwendet oder - 3.
Geschosse verwendet, die sich leicht im Körper des Menschen ausdehnen oder flachdrücken, insbesondere Geschosse mit einem harten Mantel, der den Kern nicht ganz umschließt oder mit Einschnitten versehen ist,
(2) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 den Tod oder die schwere Verletzung einer Zivilperson (§ 226 des Strafgesetzbuches) oder einer nach dem humanitären Völkerrecht zu schützenden Person, wird er mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. Führt der Täter den Tod vorsätzlich herbei, ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
Angehöriger: wer zu den folgenden Personen gehört: - a)
Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, und zwar auch dann, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft, welche die Beziehung begründet hat, nicht mehr besteht oder wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft erloschen ist, - b)
Pflegeeltern und Pflegekinder;
- 2.
Amtsträger: wer nach deutschem Recht - a)
Beamter oder Richter ist, - b)
in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder - c)
sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen;
- 2a.
Europäischer Amtsträger: wer - a)
Mitglied der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank, des Rechnungshofs oder eines Gerichts der Europäischen Union ist, - b)
Beamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union oder einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung ist oder - c)
mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Europäischen Union oder von Aufgaben einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung beauftragt ist;
- 3.
Richter: wer nach deutschem Recht Berufsrichter oder ehrenamtlicher Richter ist; - 4.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter: wer, ohne Amtsträger zu sein, - a)
bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, oder - b)
bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluß, Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen,
beschäftigt oder für sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist; - 5.
rechtswidrige Tat: nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht; - 6.
Unternehmen einer Tat: deren Versuch und deren Vollendung; - 7.
Behörde: auch ein Gericht; - 8.
Maßnahme: jede Maßregel der Besserung und Sicherung, die Einziehung und die Unbrauchbarmachung; - 9.
Entgelt: jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung.
(2) Vorsätzlich im Sinne dieses Gesetzes ist eine Tat auch dann, wenn sie einen gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, der hinsichtlich der Handlung Vorsatz voraussetzt, hinsichtlich einer dadurch verursachten besonderen Folge jedoch Fahrlässigkeit ausreichen läßt.
(3) Inhalte im Sinne der Vorschriften, die auf diesen Absatz verweisen, sind solche, die in Schriften, auf Ton- oder Bildträgern, in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen enthalten sind oder auch unabhängig von einer Speicherung mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden.
(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder - 2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b - 3.
(weggefallen)
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen, - 2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1, - 3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3, - 4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder - 5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.
(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.
(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).
(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.
(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
- 1.
einen der in § 125a Satz 2 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Fälle des Landfriedensbruchs, - 2.
eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen des § 177 Absatz 4 bis 8 oder des § 178, - 3.
einen Mord (§ 211), Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder ein Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 des Völkerstrafgesetzbuches), - 4.
eine gefährliche Körperverletzung (§ 224) oder eine schwere Körperverletzung (§ 226), - 5.
eine Straftat gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 232 Absatz 3 Satz 2, des § 232a Absatz 3, 4 oder 5, des § 232b Absatz 3 oder 4, des § 233a Absatz 3 oder 4, jeweils soweit es sich um Verbrechen handelt, der §§ 234, 234a, 239a oder 239b, - 6.
einen Raub oder eine räuberische Erpressung (§§ 249 bis 251 oder 255), - 7.
ein gemeingefährliches Verbrechen in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 3, des § 309 Abs. 1 bis 4, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3, des § 316a Abs. 1 oder 3, des § 316c Abs. 1 oder 3 oder des § 318 Abs. 3 oder 4 oder - 8.
ein gemeingefährliches Vergehen in den Fällen des § 309 Abs. 6, des § 311 Abs. 1, des § 316b Abs. 1, des § 317 Abs. 1 oder des § 318 Abs. 1
(2) Ebenso wird bestraft, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wider besseres Wissen vortäuscht, die Verwirklichung einer der in Absatz 1 genannten rechtswidrigen Taten stehe bevor.
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
Angehöriger: wer zu den folgenden Personen gehört: - a)
Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, und zwar auch dann, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft, welche die Beziehung begründet hat, nicht mehr besteht oder wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft erloschen ist, - b)
Pflegeeltern und Pflegekinder;
- 2.
Amtsträger: wer nach deutschem Recht - a)
Beamter oder Richter ist, - b)
in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder - c)
sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen;
- 2a.
Europäischer Amtsträger: wer - a)
Mitglied der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank, des Rechnungshofs oder eines Gerichts der Europäischen Union ist, - b)
Beamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union oder einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung ist oder - c)
mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Europäischen Union oder von Aufgaben einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung beauftragt ist;
- 3.
Richter: wer nach deutschem Recht Berufsrichter oder ehrenamtlicher Richter ist; - 4.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter: wer, ohne Amtsträger zu sein, - a)
bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, oder - b)
bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluß, Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen,
beschäftigt oder für sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist; - 5.
rechtswidrige Tat: nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht; - 6.
Unternehmen einer Tat: deren Versuch und deren Vollendung; - 7.
Behörde: auch ein Gericht; - 8.
Maßnahme: jede Maßregel der Besserung und Sicherung, die Einziehung und die Unbrauchbarmachung; - 9.
Entgelt: jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung.
(2) Vorsätzlich im Sinne dieses Gesetzes ist eine Tat auch dann, wenn sie einen gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, der hinsichtlich der Handlung Vorsatz voraussetzt, hinsichtlich einer dadurch verursachten besonderen Folge jedoch Fahrlässigkeit ausreichen läßt.
(3) Inhalte im Sinne der Vorschriften, die auf diesen Absatz verweisen, sind solche, die in Schriften, auf Ton- oder Bildträgern, in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen enthalten sind oder auch unabhängig von einer Speicherung mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden.
Wer eine der in § 138 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 und 5 letzte Alternative oder in § 126 Absatz 1 genannten rechtswidrigen Taten oder eine rechtswidrige Tat nach § 176 Absatz 1 oder nach den §§ 176c und 176d
- 1.
belohnt, nachdem sie begangen oder in strafbarer Weise versucht worden ist, oder - 2.
in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) billigt,
(1) Über die Aussetzung einer Hauptverhandlung oder deren Unterbrechung nach § 229 Abs. 2 entscheidet das Gericht. Kürzere Unterbrechungen ordnet der Vorsitzende an.
(2) Eine Verhinderung des Verteidigers gibt, unbeschadet der Vorschrift des § 145, dem Angeklagten kein Recht, die Aussetzung der Verhandlung zu verlangen.
(3) Ist die Frist des § 217 Abs. 1 nicht eingehalten worden, so soll der Vorsitzende den Angeklagten mit der Befugnis, Aussetzung der Verhandlung zu verlangen, bekanntmachen.
(1) Eine Hauptverhandlung darf bis zu drei Wochen unterbrochen werden.
(2) Eine Hauptverhandlung darf auch bis zu einem Monat unterbrochen werden, wenn sie davor jeweils an mindestens zehn Tagen stattgefunden hat.
(3) Hat eine Hauptverhandlung bereits an mindestens zehn Tagen stattgefunden, so ist der Lauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen gehemmt, solange
- 1.
ein Angeklagter oder eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen Krankheit oder - 2.
eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen gesetzlichen Mutterschutzes oder der Inanspruchnahme von Elternzeit
(4) Wird die Hauptverhandlung nicht spätestens am Tage nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist fortgesetzt, so ist mit ihr von neuem zu beginnen. Ist der Tag nach Ablauf der Frist ein Sonntag, ein allgemeiner Feiertag oder ein Sonnabend, so kann die Hauptverhandlung am nächsten Werktag fortgesetzt werden.
(5) Ist dem Gericht wegen einer vorübergehenden technischen Störung die Fortsetzung der Hauptverhandlung am Tag nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist oder im Fall des Absatzes 4 Satz 2 am nächsten Werktag unmöglich, ist es abweichend von Absatz 4 Satz 1 zulässig, die Hauptverhandlung unverzüglich nach der Beseitigung der technischen Störung, spätestens aber innerhalb von zehn Tagen nach Fristablauf fortzusetzen. Das Vorliegen einer technischen Störung im Sinne des Satzes 1 stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss fest.
BUNDESGERICHTSHOF
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Angeklagten und seiner Verteidiger am 3. Mai 2019 gemäß §§ 121, 122, § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StPO beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Angeklagte wurde auf Grund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 6. März 2018 (2 BGs 135/18) am 21. März 2018 festgenommen und befindet sich seither ununterbrochen in Untersuchungshaft.
- 2
- Gegenstand jenes Haftbefehls war der Vorwurf, der Angeklagte habe in der Zeit zwischen November 2015 und 11. Oktober 2017 durch zehn jeweils selbständige Handlungen eine ausländische Vereinigung unterstützt, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB), Tot- schlag (§ 212 StGB), Völkermord (§ 6 VStGB), Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 VStGB) zu begehen, strafbar gemäß §§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 53 StGB.
- 3
- Nach Anklageerhebung durch den Generalbundesanwalt zum Oberlandesgericht Stuttgart unter dem 26. Oktober 2018 hat der Senat am 30. Oktober 2018 die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus angeordnet (AK 36/18).
- 4
- Am 18. Dezember 2018 hat das Oberlandesgericht Stuttgart das Hauptverfahren eröffnet sowie den Haftbefehl durch Beschluss vom selben Tag an den Anklagevorwurf angepasst und neu erlassen (5 - 2 StE 9/18). Gegenstand dieses Haftbefehls ist nach wie vor der Vorwurf der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in zehn Fällen (Tatkomplex I); darüber hinaus wird dem Angeklagten nunmehr (Tatkomplex II) auch zur Last gelegt, in zwei Fällen um Mitglieder und in einem Fall um Unterstützer für eine Vereinigung geworben zu haben, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB), Völkermord (§ 6 VStGB), Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 VStGB) zu begehen, davon in einem Fall (Fall II.3.) durch dieselbe Handlung eine Schrift (§ 11 Abs. 3 StGB) verbreitet zu haben, die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildert, die eine Verherrlichung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt, strafbar gemäß §§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 53 StGB, im Fall II.3. zudem gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a), § 52 Abs. 1 StGB und in einem weiteren Fall eine der in § 126 Abs. 1 StGB genannten rechtswidrigen Taten, nachdem sie begangen oder in strafbarer Weise versucht worden sind, in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören , durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3 StGB) gebilligt zu haben, strafbar gemäß § 140 Nr. 2 StGB.
- 5
- Am 17. Januar 2019 hatte die Hauptverhandlung begonnen. Mit Beschluss vom 19. März 2019 ist sie jedoch nach § 228 Abs. 1 Satz 1 StPO ausgesetzt worden, weil sie nicht innerhalb der Frist des § 229 Abs. 1 StPO fortgesetzt werden konnte; gleichzeitig wurden neue Termine zur Hauptverhandlung ab dem 2. April 2019 bestimmt. Mit Verfügung vom 19. März 2019 hat der Vorsitzende des 5. Strafsenats des Oberlandesgerichts die Akten gemäß § 121 Abs. 3 Satz 3, § 122 StPO zur Haftprüfung vorgelegt. Am 25. März 2019 hat die Wahlverteidigerin des Angeklagten "gegen den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des BGH in der Gestalt des letzten Haftfortdauerbeschlusses des OLG Stuttgart" Beschwerde eingelegt, der das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 26. März 2019 nicht abgeholfen hat. Am 2. April 2019 hat die Hauptverhandlung erneut begonnen.
II.
- 6
- Die Haftprüfung ist (derzeit) nicht erforderlich, nachdem aufgrund der erneut begonnenen Hauptverhandlung der Lauf der Haftprüfungsfrist wiederum ruht (vgl. § 121 Abs. 3 Satz 2 StPO). Dass die erste Hauptverhandlung ausgesetzt werden musste, ändert daran nichts; die Prüfungskompetenz des Haftprüfungsgerichts endet in jedem Fall mit Beginn der Hauptverhandlung (vgl. MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 121 Rn. 31 mwN). Das durch den Beginn der ersten Hauptverhandlung eingetretene Ruhen des Fristenlaufs ist durch die Aussetzung auch nicht rückwirkend entfallen (KK-StPO/Schultheis, 8. Aufl., § 121 Rn. 29), vielmehr ruhte die Frist infolge der unverzüglichen Aktenvorlage durch das Oberlandesgericht weiterhin (§ 121 Abs. 3 Satz 3 StPO), bis der Beginn der neuen Hauptverhandlung eine Entscheidung des Senats als Haftprüfungsgericht entbehrlich gemacht hat.
III.
- 7
- Da wegen des Ruhens der Haftprüfungsfrist eine Entscheidung über die Haftfortdauer nicht angezeigt ist, kann eine solche nicht zur Gegenstandslosigkeit der eingelegten Haftbeschwerde führen (vgl. zur Gegenstandslosigkeit der Haftbeschwerde bei gleichzeitigem Anstehen des besonderen Haftprüfungsverfahrens BGH, Beschluss vom 22. Februar 2018 - StB 29/17, juris Rn. 11 mwN; KK-StPO/Schultheis, 8. Aufl., § 122 Rn. 11). Die danach zu bescheidende Haftbeschwerde , die sich trotz der rechtsirrigen Bezeichnung durch die Wahlverteidigerin des Angeklagten der Sache nach gegen den Haftbefehl des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2018 richtet, hat jedoch keinen Erfolg, denn das statthafte (§ 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StPO) und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel erweist sich als unbegründet.
- 8
- Hierzu ist zunächst in den Blick zu nehmen, dass - nachdem zwischenzeitlich die Hauptverhandlung erneut begonnen hat - die dem erkennenden Gericht obliegende Beurteilung des dringenden Tatverdachts im Haftbeschwerdeverfahren ohnehin nur in eigeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht unterliegt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 21. April 2016 - StB 5/16, NStZ-RR 2016, 217 mwN). Da die neue Hauptverhandlung erst vor kurzem begonnen und das Oberlandesgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss mitgeteilt hat, dass die erste Hauptverhandlung keine den Ausführungen im Haftbefehl vom 18. Dezember 2018 entgegenstehenden Erkenntnisse erbracht hatte, waren hier weitere Ausführungen des Oberlandesgerichts zu dem sich nach dem derzeitigen Stand der Hauptverhandlung ergebenden Tatverdacht über die sich nach dem Haftbefehl ergebenden Erkenntnisse hinaus nicht erforderlich.
- 9
- Nach dem im Haftbefehl niedergelegten Ermittlungsstand gilt Folgendes:
- 10
- 1. Soweit es im Tatkomplex I den Vorwurf der Unterstützung der Vereinigung "Islamischer Staat" (IS) in zehn Fällen betrifft, nimmt der Senat zum Sachverhalt, zu den den dringenden Tatverdacht begründenden Umständen - auch zu den Erkenntnissen zu der Vereinigung IS als solcher - und zur rechtlichen Bewertung Bezug auf die Gründe seiner Haftfortdauerentscheidung vom 30. Oktober 2018 (AK 36/18), die fortgelten und dem neuen Haftbefehl des Oberlandesgerichts ebenfalls zugrunde liegen.
- 11
- 2. Der Angeklagte ist auch der ihm im Haftbefehl vom 18. Dezember 2018 zum Tatkomplex II vorgeworfenen Taten dringend verdächtig.
- 12
- a) Im Sinne eines dringenden Tatverdachts ist insoweit von folgendem Geschehen auszugehen:
- 13
- Der Angeklagte betrieb die Medienstelle A. , die über verschiedene Medien wie den Messengerdienst Telegram oder die sozialen Netzwerke YouTube und Facebook Propaganda des IS einem deutschen Adressatenkreis zur Verfügung stellte. In diesem Rahmen rief er durch die Veröffentlichung von ihm bearbeiteter und kommentierter IS-Propagandavideos die Abonnenten seiner Kanäle auf, sich in das vom IS kontrollierte Gebiet in Syrien und im Irak zu begeben und sich dort in die Organisation des IS einzugliedern. Weiter forderte er zu Spendengeldzahlungen auf, um bei den Abonnenten seiner Kanäle die Bereitschaft zu wecken, die Tätigkeit und die Bestrebungen des IS direkt oder über eines ihrer Mitglieder zu fördern. Im Einzelnen kam es zu folgenden Tathandlungen :
- 14
- aa) Am 16. März 2017 veröffentlichte der Angeklagte auf seinem Telegram -Kanal A. , der zu diesem Zeitpunkt 245 Abonnenten hatte, die Anfangssequenz eines arabischsprachigen Propagandavideos der Medienstelle der Provinz Ninawa des IS, welches er zuvor durch einen Vorspann ergänzt und in dem er den arabischen Text durch eine deutsche Übersetzung und das IS-Kennzeichen durch das Logo seiner Medienstelle ersetzt hatte. Gleichwohl blieb das Video als Produktion des IS erkennbar. In dem "Maukib al-Nur" (Prozession des Lichts) bezeichneten Video ruft ein IS-Selbstmordattentäter mit den Worten "Bei Allah, ich fordere euch Brüder auf, Istischhadi-Operationen durchzuführen" zur Begehung von Selbstmordanschlägen auf. Bei der Veröffentlichung kommentierte der Angeklagte das Video mit den Worten "auf direktem Weg nach Jannah, in sha Allah" (auf direktem Weg ins Paradies, so Gott will), um dadurch die Adressaten ebenfalls zur Begehung von Selbstmordattentaten für den IS zu motivieren (Fall II.1. der Anklage).
- 15
- bb) Am 12. Januar 2018 veröffentlichte der Angeklagte auf seinem Telegram -Kanal einen Spendenaufruf, der - wie der Angeklagte durch die Veröffentlichung einer jihadistischen Kampfhymne mit dem eingeblendeten Logo der offiziellen IS-Medienstelle Ajnad klarstellte - zu Gunsten des IS wirken sollte. In der Folge erhielt der Angeklagte postalisch Bargeldzahlungen; über den aktuellen Stand der Spenden, die sich am 23. Januar 2018 auf 3.770 € beliefen, unterrichtete der Angeklagte in regelmäßigen Abständen auf seinem Kanal (Fall II.2. der Anklage).
- 16
- cc) Am 6. Februar 2018 veröffentlichte der Angeklagte auf dem genannten Telegram-Kanal, der zu diesem Zeitpunkt 262 Abonnenten hatte, ein weiteres Video, welches er aus einem längeren offiziellen IS-Propagandafilm zusammengestellt und das er sich wiederum durch Einfügen eines Vorspanns und des Logos seiner Medienstelle zu eigen gemacht hatte, das aber aufgrund der gezeigten Bilder - Ausschnitte aus einer Rede eines ehemaligen IS-Sprechers und Gefechten zwischen Kämpfern des IS und der PKK - als IS-Video erkennbar blieb. In dem Video wird mittelbar dazu aufgerufen, sich dem IS als Mitglied anzuschließen, etwa, indem ein Mann gezeigt wird, der unter Tränen darum bittet, dass ihm die Verantwortlichen des IS erlauben mögen, sich am Jihad gegen die "Ungläubigen" zu beteiligen. Darüber hinaus enthält das Video gewaltverherrlichende Darstellungen von der Enthauptung vermeintlicher Spione und Verbündeter der PKK und der US-Armee durch vermummte IS-Kämpfer vor Publikum, die ihren Opfern unter anderem mit Messern die Kehle durchschneiden (Fall II.3. der Anklage).
- 17
- dd) Am 21. März 2018 veröffentlichte der Angeklagte auf einem anderen seiner Telegram-Kanäle das Bild eines syrischen Soldaten, der später vom IS enthauptet wurde. Dieses kommentierte der Angeklagte mit den Worten "Einer der verhafteten Nusairiyah-Söldner in Wilayah Dimashq. Das Messer erreichte schon seinen Hals und der Kopf verließ den rest seines Körpers" (Fall II.4. der Anklage).
- 18
- ee) Wegen weiterer Einzelheiten verweist der Senat auf den Haftbefehl vom 18. Dezember 2018.
- 19
- b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich hinsichtlich der Tathandlungen zum Tatkomplex II aus einer Gesamtschau der im Haftbefehl des Oberlandes- gerichts vom 18. Dezember 2018 genannten Beweismittel, insbesondere aus der Auswertung der bei dem Angeklagten sichergestellten Daten aus den bei ihm aufgefundenen Mobiltelefonen, den gesicherten Telegram-Kanälen und Erkenntnissen aus der Telefonüberwachung. Auf die ausführlichen Darstellungen in dem Haftbefehl und im wesentlichen Ergebnis der Anklageschrift des Generalbundesanwalts nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
- 20
- c) In rechtlicher Hinsicht folgt daraus, dass sich der Angeklagte im Tatkomplex II mit hoher Wahrscheinlichkeit in zwei Fällen (Fälle II.1. und 3. der Anklage) wegen Werbens um Mitglieder für eine ausländische terroristische Vereinigung (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 2 Alternative 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 53 StGB) strafbar gemacht hat, in einem Fall (Fall II.3. der Anklage ) in Tateinheit mit Gewaltdarstellung (§ 131 Abs. 1 Nr. 1, § 52 StGB), in einem weiteren Fall (Fall II.2. der Anklage) wegen Werbens um Unterstützer einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 2 Alternative 2, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB) und im Fall II.4. der Anklage wegen Billigung von Straftaten (§ 140 Nr. 2 StGB).
- 21
- aa) In den Fällen II.1. und 3. der Anklage ergibt sich aus dem Inhalt der Videobotschaften in Zusammenhang mit den Kommentaren des Angeklagten jeweils nach dem Verständnis des Adressatenkreises eine Gedankenäußerung des Inhalts, dass sich die Betrachter einer konkreten terroristischen Vereinigung - dem IS - als Mitglied anschließen und entweder für diesen Selbstmordanschläge begehen oder auf dessen Seite im Jihad gegen die "Ungläubigen" kämpfen sollten (vgl. zu den Anforderungen des Werbens um Unterstützer für eine konkrete Vereinigung BGH, Beschluss vom 19. Juli 2012 - 3 StR 218/12, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Werben 3).
- 22
- bb) Im Fall II.2. der Anklage ist der Angeklagte dringend verdächtig, um Unterstützer für den IS geworben zu haben, indem er die Abonnenten seines Kanals zu Spenden für den IS aufforderte, die später auch tatsächlich bei ihm eingingen.
- 23
- cc) Im Fall II.4. der Anklage billigte der Angeklagte jedenfalls einen Mord und damit eine der in § 126 Abs. 1 Nr. 2 StGB genannten Taten. Dies geschah auch in einer Weise, die geeignet war, den öffentlichen Frieden zu gefährden, weil die Verherrlichung dieser Auslandstat insbesondere mit Blick auf den Adressatenkreis der Nachrichten des Angeklagten in seinen Telegram-Kanälen auch in Deutschland die Bereitschaft zur Begehung ähnlicher Taten zu fördern in der Lage war (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2016 - 3 StR 435/16, NStZ 2017, 699, 700 mwN).
- 24
- dd) Die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts ergibt sich aus § 3, § 9 Abs. 1 Variante 1 StGB, weil der Angeklagte in Deutschland handelte. Deshalb ist auch der gemäß § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB erforderliche Deutschlandbezug gegeben.
- 25
- ee) Die nach § 129b Abs. 1 Satz 2, 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur Verfolgung von Straftaten im Zusammenhang mit der terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat" liegt in der Fassung vom 13. Oktober 2015 vor.
- 26
- 3. Bei dem Angeklagten besteht aus den Gründen der Haftfortdauerentscheidung des Senats vom 30. Oktober 2018 (AK 36/18, juris Rn. 42), von denen abzuweichen kein Anlass besteht, unverändert der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO).
- 27
- 4. Eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls (§ 116 StPO) ist unter diesen Umständen nicht erfolgversprechend.
- 28
- 5. Die Untersuchungshaft hat mit Blick auf das Spannungsverhältnis zwischen dem Freiheitsanspruch des Angeklagten und dem Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Strafverfolgung bei Berücksichtigung und Abwägung der gegebenen Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens - auch angesichts der nunmehr über ein Jahr währenden Untersuchungshaft und der zu erwartenden Gesamtdauer des Verfahrens - fortzudauern. Ihr weiterer Vollzug steht angesichts der gegebenen Besonderheiten auch nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der angesichts des dargelegten Gewichts der mutmaßlich begangenen Straftaten zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
- 29
- a) Dies gilt auch mit Blick auf das in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistete Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit. Danach ist der Entzug der Freiheit eines der Straftat lediglich Verdächtigen wegen der Unschuldsvermutung nur ausnahmsweise zulässig. Den vom Standpunkt der Strafverfolgung aus erforderlich und zweckmäßig erscheinenden Freiheitsbeschränkungen muss - unter maßgeblicher Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - der Freiheitsanspruch des noch nicht rechtskräftig verurteilten Beschuldigten als Korrektiv gegenübergestellt werden. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt in diesem Zusammenhang auch, dass die Dauer der Untersuchungshaft nicht außer Verhältnis zu der zu erwartenden Strafe steht, und setzt ihr auch unabhängig von der Straferwartung Grenzen. Mit zunehmender Dauer der Untersuchungshaft vergrößert sich regelmäßig das Gewicht des Freiheitsanspruchs gegenüber dem Interesse an einer wirksamen Strafverfolgung. Daraus folgt, dass die Anforderungen an die Zügigkeit der Arbeit in einer Haftsache mit der Dauer der Untersuchungshaft steigen, aber auch die Anforderungen an den die Haftfortdauer rechtfertigenden Grund zunehmen (BGH, Beschluss vom 21. April 2016 - StB 5/16, NStZ-RR 2016, 217 f. mwN).
- 30
- Das damit angesprochene Beschleunigungsgebot in Haftsachen verlangt , dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen. Zur Durchführung eines geordneten Strafverfahrens und einer Sicherstellung der etwaigen späteren Strafvollstreckung kann die Untersuchungshaft deshalb nicht mehr als notwendig anerkannt werden, wenn ihre Fortdauer durch vermeidbare Verfahrensverzögerungen verursacht ist. Es ist eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung des Verfahrensablaufs erforderlich. Zu würdigen sind auch die voraussichtliche Gesamtdauer des Verfahrens und die für den Fall einer Verurteilung konkret im Raum stehende Straferwartung (st. Rspr.; vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2013 - 2 BvR 2098/12 mwN, juris Rn. 39 ff.; BGH, Beschluss vom 21. April 2016 - StB 5/16, NStZ-RR 2016, 217).
- 31
- b) Gemessen an diesen Anforderungen ist das Verfahren zunächst - wie das Oberlandesgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 26. März 2019 im Einzelnen ausgeführt hat - bis zur Aussetzung der ersten Hauptverhandlung am 19. März 2019 mit der in Haftsachen gebotenen besonderen Beschleunigung geführt worden, was auch der Beschwerdeführer nicht in Abrede stellt.
- 32
- c) Entgegen der Auffassung der Wahlverteidigerin des Angeklagten ergibt sich eine zur Unverhältnismäßigkeit der weiteren Untersuchungshaft führende Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes auch nicht aus dem Um- stand, dass die erste Hauptverhandlung mit Beschluss vom 19. März 2019 ausgesetzt wurde. Im Einzelnen:
- 33
- aa) Dem Angeklagten wurde durch Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 21. März 2018 Rechtsanwalt M. als Pflichtverteidiger beigeordnet. Die Wahlverteidigerin des Angeklagten bestellte sich erst mit Schriftsatz vom 9. August 2018. Nach Anklageerhebung unter dem 26. Oktober 2018 und Durchführung von Terminsabsprachen für den Fall der Eröffnung des Hauptverfahrens sowohl mit dem Pflichtverteidiger als auch der Wahlverteidigerin durch den Vorsitzenden des Strafsenats des Oberlandesgerichts wurde die Anklage mit Beschluss vom 20. Dezember 2018 zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet; beide Verteidiger wurden zur Hauptverhandlung geladen. Mit Schriftsatz vom 7. Januar 2019 beantragte die Wahlverteidigerin , dem Angeklagten als weitere Pflichtverteidigerin beigeordnet zu werden. Diesen Antrag wies der Vorsitzende des Strafsenats des Oberlandesgerichts nach ablehnender Stellungnahme des Generalbundesanwalts mit Vorsitzendenbeschluss vom 15. Januar 2019 zurück; die Beschwerde dagegen verwarf der Senat mit Beschluss vom 7. Februar 2019 (StB 3/19, juris), die Verfassungsbeschwerde nahm das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 20. Februar 2019 nicht zur Entscheidung an und stellte die Erledigung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung fest (2 BvR 280/19, juris).
- 34
- Ab dem 17. Januar 2019 wurde die Hauptverhandlung zunächst bis zum 26. Februar 2019 an fünf Verhandlungstagen geführt, an denen der Pflichtverteidiger stets, die Wahlverteidigerin hingegen an einem Termin nicht und an einem weiteren nur zeitweise teilnahm. Vor dem nächsten Hauptverhandlungstermin vom 12. März 2019 teilte die Kanzlei des Pflichtverteidigers mit, dass dieser erkrankt sei. Die Wahlverteidigerin, die zu dem Termin angereist und im Gerichtsgebäude anwesend war, erklärte sich nur für den Fall ihrer Beiordnung als weitere Pflichtverteidigerin bereit, an der Hauptverhandlung teilzunehmen, die der Vorsitzende des Oberlandesgerichts jedoch nicht vornahm. Eine durch den Vorsitzenden ausgesprochene Genehmigung der Vertretung des Pflichtverteidigers lehnte sie als rechtlich nicht zulässig ab. Als der Pflichtverteidiger auch - wie von seiner Kanzlei zuvor mit Schreiben vom 13. März 2019 mitgeteilt - am nächsten Hauptverhandlungstermin, dem 14. März 2019, krankheitsbedingt nicht teilnehmen konnte, weigerte sich die wiederum aus W. angereiste und im Gerichtsgebäude anwesende Wahlverteidigerin erneut, ohne vorherige Bestellung zur Pflichtverteidigerin an der Hauptverhandlung teilzunehmen, so dass auch an diesem Tag nicht zur Sache verhandelt werden konnte. Nachdem der Vorsitzende des Strafsenats des Oberlandesgerichts bereits am 12. März 2019 vorsorglich für den Fall, dass der Pflichtverteidiger die ganze Woche bis zum 15. März 2019 erkrankt sein werde, einen zusätzlichen Termin auf den 18. März 2019 anberaumt hatte - am 19. März 2019 waren beide Verteidiger gerichtsbekannt verhindert - teilte die Wahlverteidigerin mit, auch am 18. März 2019 verhindert zu sein. Der Pflichtverteidiger ließ durch seine Kanzlei am Morgen des 18. März 2019 unter Vorlage eines neuen Attests mitteilen, dass er infolge seiner fortdauernden Erkrankung auch weiterhin nicht an der Hauptverhandlung teilnehmen könne. Auch an diesem Tag fand deshalb eine Verhandlung zur Sache nicht statt. Da der letzte Termin, an dem die Hauptverhandlung durchgeführt worden war, somit am 26. Februar 2019 stattgefunden hatte, setzte das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 19. März 2019 die Hauptverhandlung aus. Mehrere weitere Anträge, die Wahlverteidigerin dem Angeklagten als weitere Pflichtverteidigerin beizuordnen, etwa vom 12. und vom 13. März 2019, lehnte der Vorsitzende jeweils ab.
- 35
- bb) Angesichts dieses Verfahrensablaufs ist eine der Justiz zuzurechnende Verfahrensverzögerung, die hier zur Annahme der Unverhältnismäßigkeit der weiteren Untersuchungshaft führen könnte, nicht ersichtlich. Ein Verstoß gegen das Beschleunigungsverbot ergibt sich aus der Aussetzung der Hauptverhandlung nicht. Hierzu gilt:
- 36
- Bei der Prüfung der Fortdauer der Untersuchungshaft und deren Verhältnismäßigkeit ist die (Mit-)Ursächlichkeit von Verteidigungsverhalten für die Verfahrensdauer sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 23. Januar 2008 - 2 BvR 2652/07, StV 2008, 198 f.) als auch nach derjenigen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, Urteil vom 6. November 2014 - Application no. 67522/09 Ereren gegen Deutschland, NJW 2015, 3773, 3775) und des Senats (vgl.Beschlüsse vom 8. Oktober 2012 - StB 9/12, JR 2013, 419, 421; vom 4. Februar 2016 - StB 1/16, juris Rn. 25; vom 22. September 2016 - StB 29/16, NStZ-RR 2017, 18, 19) zu berücksichtigen.
- 37
- Der Umstand, dass die Hauptverhandlung ausgesetzt werden musste, was zu einer Verfahrensverzögerung von gut zehn Wochen geführt hat, ist - wie sich aus dem geschilderten Verfahrensgeschehen ergibt - ganz wesentlich auch auf das Prozessverhalten der Wahlverteidigerin des Angeklagten zurückzuführen , die trotz Anreise zum und Anwesenheit am Verhandlungsort der Hauptverhandlung fernblieb und damit - wie sich ihr aufdrängen musste - auch die Aussetzung der Hauptverhandlung in Kauf nahm, um entgegen der ihr bekannten Rechtsauffassung des insoweit allein zur Entscheidung befugten Vorsitzenden des Strafsenats des Oberlandesgerichts ihre Beiordnung als Pflichtverteidigerin zu erzwingen. In diesem Zusammenhang ist weiter in den Blick zu nehmen, dass sowohl die Beschwerde zum Senat als auch die Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Vorsitzenden des Strafsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart erfolglos geblieben waren, wobei der Senat zur Sache ausgeführt hatte, dass der Vorsitzendenbeschluss nach vorläufiger Einschätzung Ermessensfehler nicht erkennen lasse (BGH, Beschluss vom 7. Februar 2019 - StB 3/19, juris Rn. 8). Im Verfassungsbeschwerdeverfahren hatte die Wahlverteidigerin solche Ermessensfehler zudem nicht zu substantiieren vermocht (BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2019 - 2 BvR 280/19, juris Rn. 9).
- 38
- Da es nach der genannten Rechtsprechung in diesem Zusammenhang nicht maßgeblich darauf ankommt, ob es sich um sachdienliches Verteidigungsverhalten handelt oder dessen Grenzen überschritten sind, braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden, ob das Prozessverhalten der Wahlverteidigerin einerseits mit ihrer Stellung als Organ der Rechtspflege, andererseits aber auch mit ihrer aus dem Mandatsverhältnis resultierenden Beistandspflicht gegenüber dem Angeklagten zu vereinbaren ist. Dagegen könnte insbesondere sprechen, dass sie um der Durchsetzung ihrer Überzeugung von der Notwendigkeit eines zweiten Pflichtverteidigers willen eine Aussetzung der Hauptverhandlung in Kauf nahm, was im Ergebnis mit einiger Wahrscheinlichkeit zu einer längeren Dauer des Strafverfahrens und der den Angeklagten besonders belastenden Untersuchungshaft führen wird (vgl. zur Standeswidrigkeit des Erzwingens einer Unterbrechung der Hauptverhandlung durch den Verteidiger auch AnwGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1. Juli 2005 - (2) 6 EVY 7/04, NJW-RR 2006, 1491, 1492 f.).
- 39
- cc) Auch nach dem erneuten Beginn der Hauptverhandlung ab dem 2. April 2019 ist das Verfahren mit der notwendigen Beschleunigung betrieben worden.