Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Dez. 2011 - IX ZR 57/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 28.348,24 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
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- 1. Das Berufungsgericht ist von der ständigen Rechtsprechung des Senats abgewichen, wonach eine kongruente Sicherung dann vorliegt, wenn der Gläubiger den Anspruch auf die Sicherung in demselben Vertrag, durch den der gesicherte Anspruch selbst entstand, oder vorher erworben hat, weil dann von Anfang an ein Anspruch auf die Sicherung bestand. Wird hingegen eine bereits bestehende Verbindlichkeit nachträglich besichert, kann darin eine inkongruente Handlung liegen (BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 - IX ZR 134/00, WM 2001, 1473, 1474; vom 11. März 2004 - IX ZR 160/02, WM 2004, 1141, 1142; vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, ZIP 2010, 841 Rn. 16). Das Berufungsurteil beruht demgegenüber auf der unzutreffenden Annahme, dass die Kongruenz einer Sicherungsabtretung davon abhängt, ob die abgetretene Forderung vor oder nach dem zu sichernden Anspruch entsteht.
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- Dieser Rechtsfehler ist jedoch nicht entscheidungserheblich. Begibt ein Schuldner eine Sicherung zugleich sowohl für künftige Forderungen als auch für bereits bestehende Verbindlichkeiten und hat der Gläubiger jedenfalls auf letztere Sicherung keinen Anspruch, handelt es sich um ein insgesamt inkongruentes , in vollem Umfang nach § 131 InsO anfechtbares Deckungsgeschäft, wenn nicht festgestellt werden kann, ob und in welchem Umfang sich die Sicherung auf bestimmte Ansprüche bezieht (BGH, Urteil vom 12. November 1992 - IX ZR 236/91, WM 1993, 270, 272; vom 18. November 2004 - IX ZR 299/00, WM 2005, 804, 806; vom 14. Februar 2008 - IX ZR 38/04, ZIP 2008, 706 Rn. 31; HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 131 Rn. 12; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 131 Rn. 21). Die beiden von der Schuldnerin mit der Beklagten vereinbarten Sicherungsabtretungen dienten auch der Besicherung von Forderungen , die zum Zeitpunkt der Sicherungsvereinbarungen schon entstanden waren. Die Beschwerde legt nicht dar, dass sich die Vertragsparteien über eine bestimmte Aufteilung der abgetretenen Forderung auf diesen Sicherungszweck und auf die Sicherung künftiger Forderungen verständigt hatten oder eine solche Aufteilung jedenfalls von ihnen gewollt war. Die Bezugnahme auf das Urteil des Landgerichts vermag solchen Vortrag nicht zu ersetzen. Die jenem Urteil zugrunde liegende Annahme, alleine die nachträglich mögliche rechnerische Aufteilung der abgetretenen Forderung erlaube einen solchen Rückschluss, ist unzutreffend.
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- 2. Der behauptete Gehörsverstoß liegt nicht vor. Das Berufungsgericht war nicht verpflichtet, der Beklagten neuen Tatsachenvortrag zu ermöglichen. Vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts bestand kein Anlass zu der Annahme , dass solcher Vortrag erforderlich oder überhaupt möglich sein würde. Nur wenn Anlass zu dieser Annahme bestanden hätte, wäre ein gerichtlicher Hinweis geboten gewesen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2004 - III ZR 147/03, NJW-RR 2004, 927 f, vom 23. September 2004 - VII ZR 173/03, NJWRR 2005, 167, 168; vom 30. Juni 2006 - V ZR 148/05, WM 2006, 1827 Rn. 16 ff; Beschluss vom 8. Oktober 2009 - IX ZR 235/06, juris Rn. 5).
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- 3. Die Beschwerde legt nicht ordnungsgemäß dar, warum der Entstehungszeitpunkt eines Anspruchs auf Agrarförderung durch eine höchstrichterliche Entscheidung geklärt werden muss. Alleine das Fehlen einer solchen Entscheidung begründet nicht ihre Erforderlichkeit. Im Übrigen ist im Allgemeinen geklärt, zu welchem Zeitpunkt eine Vorausabtretung ihre rechtliche Wirkung gemäß § 140 Abs. 1 InsO entfaltet (vgl. nur BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 Rn. 13; vom 19. Mai 2009 - IX ZR37/06, ZIP 2009, 2120 Rn. 21; Beschluss vom 18. März 2010 - IX ZR 111/08, ZIP 2010, 1137 Rn. 6).
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 15.06.2007 - 11 O 21/06 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 27.02.2008 - 7 U 140/07 -
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Annotations
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.
(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.
(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.