Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2007 - IX ZR 55/03
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 85.138,59 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
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- 1. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass die Honorarvereinbarung gemäß § 3 Abs. 1 BRAGO bei Verwendung eines Vordrucks nicht mit dem Beratungsvertrag in einer Urkunde zusammengefasst werden darf (BGH, Urt. v. 8. Juni 2004 - IX ZR 119/03, NJW 2004, 2818, 2819). Daraus folgt, dass auch die individuell gestaltete Honorarvereinbarung im Rah- men der schriftgebundenen Mandantenerklärung nicht zugleich den Anwaltsauftrag oder seine auftragswesentlichen Teile umfassen muss; sie muss nur den Mandatsbezug (Anwendungsbereich) der Honorarabrede erkennen lassen. Das Berufungsgericht hat deshalb in Anwendung geklärter Rechtssätze angenommen , dass die nachträgliche Änderung des Anwaltsauftrages von einer Beratung und Vertretung zu eigenen Gunsten in eine solche zu Gunsten Dritter die schriftliche Honorarvereinbarung nicht berührte.
- 3
- Soweit 2. das Berufungsgericht eine Verpflichtung der Rechtsanwälte K. verneint hat, dem Beklagten die anderweitige Vertretung des Amtes Hohe Elbgeest zu offenbaren, stellen sich keine zulassungserheblichen Rechtsfragen. Nach anwaltlichem Standesrecht darf der Rechtsanwalt nur dann nicht tätig werden, wenn er eine andere Partei in derselben Rechtssache - woran es hier fehlt - im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat oder er mit dieser Rechtssache in sonstiger Weise beruflich vorbefasst war (vgl. nunmehr § 43 a Abs. 4 BRAO; § 3 Abs. 1 BORA). Dies bestimmt auch die Grenzen seiner Offenbarungspflicht, auf der eine Täuschungsanfechtung gemäß § 123 BGB aufbauen kann.
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- 3. Soweit das Berufungsgericht die Verpflichtung der vom Beklagten beauftragten Rechtsanwälte zu einer juris-Recherche nach dem Urteil des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. Dezember 1995 (ZfBR 1996, 172) verneint hat, ist der Anspruchsgrund im Ergebnis zutreffend beschieden. Der Beklagte hat nämlich für seine bestrittene Behauptung, diese Entscheidung sei bereits am 26. Januar 1996 abrufbar in der juris-Datenbank dokumentiert gewesen, keinen Beweis angetreten. Der Beweis dieses Umstandes, aus dem sich eine schadensursächliche Pflichtverletzung der beauftragten Rechtsanwälte ergeben sollte, fiel dem Beklagten als Auftraggeber zur Last.
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- 4. Die mit der Anschlussberufung weiter verfolgten Schadensersatzansprüche konnten entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung begründet werden (vgl. RGZ [GrSZ] 170, 18, 20, 22; BGH, Beschl. v. 20. November 1953 - IV ZB 96/53, NJW 1954, 109, 110; BAGE 20, 261; Wieczorek/Rößler, ZPO 2. Aufl. § 522a Anm. B). Das Berufungsgericht hat sich für die mit der Anschließung verfolgte Widerklage jedoch hilfsweise darauf gestützt, dass die geltend gemachten Schadensersatzansprüche unbegründet waren. Gegen diese Begründung hat die Nichtzulassungsbeschwerde , wie im Zusammenhang mit der Hilfsaufrechnung gegen die Klage ausgeführt worden ist, keine durchgreifende Zulassungsrüge erhoben. Das gilt auch für den insoweit aberkannten Bereicherungsanspruch.
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- 5. Von einer weiteren Begründung der Nichtzulassung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgesehen.
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- Streitwert Der für das Beschwerdeverfahren beträgt 166.516,60 DM = 85.138,59 €. Davon entfallen 45.080 DM auf die Klageforderung, 35.080 DM auf die rechtskräftig beschiedene Hilfsaufrechnung des Beklagten und 86.356,60 DM auf die Widerklage. Insoweit ist der hilfsweise verfolgte Schadensersatzanspruch mit dem hauptsächlich erhobenen Bereicherungsanspruch wegen rechtsgrundloser Honorarzahlung der D. zusammenzurechnen.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 12.01.2001 - 326 O 358/96 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 14.02.2003 - 12 U 10/01 -
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(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
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der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.