Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 21. Okt. 2010 - 16 UF 277/09

bei uns veröffentlicht am21.10.2010

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Nürtingen vom 24.11.2009, Az.: 14 F 221/09, wird

zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung wegen der Kosten in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in dieser Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert: EUR 5.592,00

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten um die Abänderung eines Titels über nachehelichen Ehegattenunterhalt.
Die Parteien heirateten am 25.06.1993. Aus der Ehe sind die gemeinsamen Kinder A., geb. 00.08.1994, und K., geb. 00.07.1996, hervorgegangen. Die Ehe der Parteien wurde am 28.09.2004, rechtskräftig seit 12.02.2005, geschieden. Der Scheidungsantrag wurde im Januar 2003 zugestellt. Die Kinder lebten bis Oktober 2003 bei der Beklagten und wechselten dann zum Kläger. Die Tochter A. wohnt seit September 2009 wieder bei der Beklagten.
Die Parteien schlossen am 07.04.2005 vor dem Senat einen Vergleich (Az.: 16 UF 251/04), in dessen Ziffer 1 sich der Kläger verpflichtete, an die Klägerin nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich EUR 471,00 und ab 01.05.2005 in Höhe von monatlich EUR 569,26 zu zahlen (jeweils Elementarunterhalt und Altersvorsorgeunterhalt). Die Ziffer 3 des Vergleichs lautet:
„Die Parteien sind sich einig, dass derzeit die rechtlichen Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts nicht vorliegen, jedoch ist der Antragsgegner für den Fall einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen dieses Vergleichs mit diesem Einwand nicht ausgeschlossen.“
Der Vergleich wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Nürtingen vom 15.05.2007, Az.: 14 F 76/07, unter der Ziff. 1 für die Zeit ab Januar 2007 dahingehend abgeändert, dass der Kläger einen nachehelichen Unterhalt in Höhe von EUR 466,00 zu zahlen hatte. Die letzte mündliche Verhandlung in jenem Rechtsstreit fand am 24.04.2007 statt. In dem Verfahren wurde der Einwand der Befristung weder vom Kläger erhoben, noch vom Familiengericht in die Prüfung einbezogen.
Grundlage der Entscheidung waren:
Einkünfte Kläger
        
 Gesamtbrutto
 Steuerbrutto
Stkl.
Nettoeinkommen KL
 3.122,54 EUR
58.702,26 EUR
55.183,71 EUR
I/1
./. KV, PV
- 331,31 EUR
        
        
        
./. ZVK
- 223,36 EUR
        
        
        
./. ZVK
- 6,65 EUR
        
        
        
./. VL
- 39,88 EUR
        
        
        
./. Gemeinschaftsk.
- 3,00 EUR
        
        
        
./. VB Kapitalsparen
- 33,33 EUR
        
        
        
ergibt
2.485,01 EUR
        
        
        
./. 5%
- 124,25 EUR
        
        
        
ergibt
2.360,76 EUR
        
        
        
zzgl. Wohnwert
1.418,00 EUR
        
        
        
./. LKB
- 47,23 EUR
        
        
        
./. KSK
- 95,30 EUR
        
        
        
./. KSK
- 113,51 EUR
        
        
        
./. KSK
- 534,94 EUR
        
        
        
./. LBS (247/010)
- 280,19 EUR
        
        
        
./. LBS (247/020 - Zinsen)   
- 162,31 EUR
        
        
        
ergibt
2.545,28 EUR
        
        
        
./. Betreuungskosten
- 800,00 EUR
        
        
        
ergibt
1.745,28 EUR
        
        
        
./. 10%
- 174,53 EUR
        
        
        
ergibt
1.570,75 EUR
        
        
        
zzgl. ESt-Erstattung
102,00 EUR
        
        
        
anrechenbares EK KL
1.672,75 EUR
        
        
        
        
        
        
        
        
Einkünfte Beklagte
        
Gesamtbrutto
Steuerbrutto
Stkl.
Nettoeinkommen Bekl
1.782,96 EUR
34.609,13 EUR
33.409,13 EUR
I/1
./. VL
- 40,00 EUR
        
        
        
ergibt
1.742,96 EUR
        
        
        
./. 5%
- 87,15 EUR
        
        
        
ergibt
1.655,81 EUR
        
        
        
./. TabellenUH Kinder
- 727,00 EUR
        
        
        
ergibt
928,81 EUR
        
        
        
./. 10%
- 92,88 EUR
        
        
        
anrechenbares EK Bekl
835,93 EUR
        
        
        
Beide Parteien sind vollschichtig berufstätig.
Der Kläger hatte im Zeitraum Oktober 2008 bis September 2009 ein Brutto-Einkommen in Höhe von EUR 60.972,76 (Gesamtbrutto). Die Beklagte verdiente von August 2008 bis Juli 2009 brutto EUR 37.530,11 (Gesamtbrutto). Beide Parteien werden nach Steuerklasse I/1 versteuert.
10 
Die Beklagte zahlte im Jahr 2009 für beide Kinder (für A. bis zu deren Wechsel zum Kläger im September 2009) Kindesunterhalt in Höhe von monatlich je EUR 333,00. Den Unterhalt für K. zahlt die Beklagte weiterhin.
11 
Der Kläger zahlt aufgrund eines Teilvergleichs seit September 2009 für das Kind A. zu Händen der Beklagten Kindesunterhalt in Höhe von 120% des Mindestunterhalts.
12 
Wegen der im Übrigen unstreitigen Abzugsbeträge wird auf die angegriffene Entscheidung Bezug genommen.
13 
In erster Instanz behauptete der Kläger einen Wegfall des Betreuungsbonus auf seiner Seite sowie eine Erhöhung des Einkommens der Beklagten als wesentliche Änderung und berief sich hauptsächlich auf eine Änderung der Rechtslage durch das neue Unterhaltsrecht zum 01.01.2008 durch Erweiterung der Befristungsmöglichkeiten. Er war der Ansicht, er sei mit diesem Einwand nicht präkludiert, da die Befristungspraxis nach der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung des § 1573 Abs. 5 BGB äußerst restriktiv gehandhabt worden sei.
14 
Der Kläger begehrte in erster Instanz eine Abänderung des nachehelichen Unterhalts auf Null ab dem 01.04.2009, hilfsweise ab Anhängigkeit der Klage. Hilfsweise für den Fall des Obsiegens beantragte er die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung ab April 2009 bezahlten oder vollstreckten Unterhalts.
15 
Die Beklagte beantragte eine Abweisung der Klage.
16 
Die Beklagte bestritt eine wesentliche Veränderung der beiderseitigen Einkommensverhältnisse und war der Ansicht, der Kläger sei mit dem Befristungseinwand präkludiert. Der Bundesgerichtshof habe mit seiner Entscheidung vom 12.04.2006 (FamRZ 2006, 1006) seine Rechtsprechung zur Frage der Befristung des Aufstockungsunterhalts grundlegend geändert und diese Änderung in der Folge mehrfach bestätigt (so durch Urteil vom 25.10.2006, FamRZ 2007, 200). Bereits vor Inkrafttreten der Unterhaltsreform sei daher höchstrichterlich entschieden gewesen, dass weder die Dauer der Ehe noch die frühere Kindesbetreuung einer Befristung oder Begrenzung des Aufstockungsunterhalts grundsätzlich entgegenstehen. Gleichwohl habe der Kläger die im Januar 2007 erhobene Abänderungsklage bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht auf den Befristungseinwand gestützt. Die Argumentation der Beklagten werde auch durch die Entscheidung des Senats vom 08.01.2009, Az.: 16 UF 204/08, gestützt. Jedenfalls ab Verkündung der Entscheidung des BGH vom 28.02.2007 (Az.: XII ZR 37/05, FamRZ 2007, 793) habe der Klägervertreter Kenntnis davon gehabt, dass eine Befristung des Aufstockungsunterhalts auch dann in Betracht kommt, wenn es sich um eine Ehe handelt, in der gemeinsame Kinder betreut worden sind.
17 
Der Wechsel der Tochter A. zur Beklagten eröffne dem Kläger lediglich eine Abänderung in Bezug auf die durch den Kindesunterhalt geänderten Verhältnisse, keine Totalrevision des Titels.
18 
Das Amtsgericht hat der Klage mit Urteil vom 24.11.2009 stattgegeben, soweit der Kläger eine Befristung des nachehelichen Unterhalts bis September 2009 begehrt hat und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat im Wesentlichen darauf abgestellt, dass aufgrund der restriktiven Handhabung der Befristung beim Rechtsmittelgericht der Einwand seinerzeit ohne Erfolgsaussicht gewesen wäre und im Übrigen der Befristungseinwand schon aufgrund der Ziffer 3 des im Jahr 2005 geschlossenen Vergleichs nicht ausgeschlossen gewesen sei.
19 
Das Urteil wurde dem Beklagtenvertreter am 27.11.2009 zugestellt.
20 
Mit ihrer am 23.12.2009 beim Oberlandesgericht eingegangenen Berufung erstrebt die Beklagte die Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils und eine Abweisung der Klage.
21 
Die Beklagte vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag zur Frage der Präklusion des Befristungseinwands. Sie ist der Ansicht, ein als Fachanwalt tätiger Rechtsanwalt habe - neben einer Durchsicht einschlägiger Fachzeitschriften - jedenfalls auch die auf der Homepage des BGH veröffentlichten Pressemitteilungen zur Kenntnis zu nehmen. Der Klägervertreter habe daher die Änderung in der Rechtsprechung des BGH bereits mit der Einstellung der Pressemitteilung in den Internet-Auftritt am 01.03.2007 ersehen können. Angesichts der Entwicklung der Rechtsprechung zur Frage der Befristung des nachehelichen Ehegattenunterhalts sei zudem eine erhöhte Aufmerksamkeit geboten gewesen. Eine Neubewertung der anwaltlichen Recherchepflicht durch die Möglichkeiten des Internet sei bereits dem Beschluss des BGH vom 11.01.2007 (Az.: IX ZR 55/03; AGS 2008, 60) zu entnehmen.
22 
Der Kläger beantragt eine Zurückweisung der Berufung und verteidigt das amtsgerichtliche Urteil.
23 
Er ist der Ansicht, aus der Ziffer 3 des Vergleichs sei zu entnehmen, dass ihm ein späteres Berufen auf den Befristungseinwand offen gehalten werden sollte. Nachdem durch die Entscheidung des Amtsgerichts vom 15.05.2007 lediglich die Ziffer 1 des Vergleichs abgeändert worden sei, stehe ihm dieser Einwand schon aufgrund der Regelung im Vergleich weiterhin offen.
24 
In zweiter Instanz beruft sich der Kläger erstmals auf eine Verwirkung des Unterhalts wegen Bestehens einer verfestigten Lebensgemeinschaft bei der Beklagten. Die Beklagte lebe seit Dezember 2006 mit einem neuen Partner zusammen.
25 
Die Beklagte rügt den Vortrag zur verfestigten Lebensgemeinschaft als unsubstantiiert und bestreitet.
II.
26 
Die nach § 511 ZPO statthafte und nach §§ 517, 519 und 520 form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger mit dem Einwand der Befristung nicht präkludiert ist. Die vom Amtsgericht angenommene Dauer der Befristung bis zum 01.09.2009 ist nicht zu beanstanden.
1.
27 
Der Senat teilt die Ansicht des Amtsgerichts, nach welcher der Kläger vorliegend nicht mit dem Einwand der Befristung präkludiert ist.
28 
Zwischen den Parteien steht nicht im Streit, dass eine Befristung des Aufstockungsunterhalts mangels Vorliegens ehebedingter Nachteile bereits zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Vorverfahren am 22.04.2007 möglich gewesen war. Diese Ansicht wird vom Senat geteilt, nachdem seinerzeit die gemeinsamen Kinder vom Kläger betreut worden sind.
29 
Aus der Ziffer 3 des Ausgangsvergleichs ist zu entnehmen, dass die Frage der Befristung des nachehelichen Unterhalts bereits im Ausgangsvergleich Gegenstand des Streits zwischen den Parteien war und damals die Voraussetzungen für eine Befristung verneint wurden oder nicht mit einer für den Kläger hinreichenden Sicherheit bejaht werden konnten.
30 
Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Ziff. 3 des Vergleichs führen daher zu der Auslegung, dass dem Kläger der Befristungseinwand im Falle einer Abänderung offen gehalten werden sollte. Die Regelung steht dabei in einem engen Zusammenhang mit der unterhaltsrechtlichen Regelung nach Ziff. 1 des Vergleichs und kann nicht losgelöst von dieser betrachtet werden (Formulierung: „..für den Fall einer wesentlichen Änderung der …Grundlagen dieses Vergleichs..“). Durch die Abänderung im Verfahren vor dem Familiengericht Nürtingen, Az.: 14 F 76/07, strebte der Kläger eine Abänderung des ursprünglich vereinbarten Unterhalts an, so dass in diesem Verfahren auch die Frage der Befristung zu prüfen gewesen wäre. Der Kläger kann sich insoweit nicht darauf berufen, dass durch das Familiengericht lediglich die Ziff. 1 des Vergleichs geändert worden ist, denn dies entsprach seinem Antrag, über den das Gericht nach § 308 ZPO nicht hinausgehen durfte. Durch die Abänderung der Unterhaltsvereinbarung ist die Grundlage für den Vorbehalt des Befristungseinwands entfallen.
31 
Dass die Parteien der Vereinbarung in Ziff. 3 des Vergleichs eine weitergehende, von der Unterhaltsvereinbarung losgelöste Bedeutung geben wollten, lässt sich dem Vergleich hingegen nicht entnehmen. Unabhängig davon, dass der Kläger selbst eine solche Auslegung in der ersten Instanz nicht angenommen hat, entspricht sie auch nicht dem zum Zeitpunkt des Vergleichsschluss erkennbaren Interesse der Beklagten. Ausgehend von dem objektiven Erklärungswert der beiderseitigen Zustimmungen zu dem Vergleich lässt sich daher der Vereinbarung keine weitergehende, einem gemeinsamen Willen entsprechende Bedeutung zumessen.
32 
Der Kläger hebt zurecht darauf ab, dass der BGH mit seiner Entscheidung vom 12.04.2006 seine Rechtsprechung zur Frage der Befristung von Aufstockungsunterhalt geändert und klargestellt hat, dass die Dauer der Ehe lediglich einen abwägungsrelevanten Umstand bei der Prüfung der Befristung darstellt, für sich genommen aber weder eine Befristung begründen noch eine solche verhindern kann. Bei rückblickender Betrachtung wird man auch nicht verneinen können, dass der BGH mit dieser und den folgenden Entscheidungen den entsprechenden Teilbereich des geltenden § 1578b BGB vorweggenommen hat.
33 
Der Senat hält dennoch die Voraussetzungen für eine Präklusion des Befristungseinwands auf der Grundlage dieser Entscheidung des BGH nicht für gegeben. In § 1573 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz BGB a.F. hielt der Gesetzgeber eine Befristung in der Regel für unzulässig, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hatte. Diese Formulierung hat auch nach der Entscheidung des BGH vom 12.04.2006 zu einer äußerst zurückhaltenden Anwendung der Befristungsregelung bei Ehen geführt, aus denen gemeinschaftliche Kinder hervorgegangen sind. In seiner Entscheidung brauchte der BGH auf diesen Aspekt nicht einzugehen und hat sich folglich auch nicht entsprechend geäußert. Im Zeitraum ab April 2006 bis zur Veröffentlichung der Entscheidung des BGH vom 28.02.2007 im Mai 2007 findet sich keine veröffentlichte obergerichtliche Entscheidung, in welcher eine Befristung bei einer Ehe mit Kindern ausgesprochen worden ist. Die erste entsprechende Entscheidung stammt vom Senat (Urteil v. 12.04.2007, Az.: 16 UF 62/06, FamRZ 2007, 2075), der wie folgt entschieden hat:
34 
„Die Befristung eines möglicherweise darüber hinaus bestehenden, wieder aufgelebten Anspruches auf teilweisen Aufstockungsunterhalt ist nicht unbillig.
35 
Bei der Abwägung der relevanten Umstände sind eine Ehezeit von knapp 11 Jahren und unter Einbeziehung der Kindererziehung eine Zeit von 23 Jahren zu berücksichtigen, denen zwar erhebliches Gewicht, aber keine alleinentscheidende Bedeutung zukommt. Es ist vielmehr vor allem darauf abzustellen, dass die Klägerin inzwischen durch eigenes Einkommen und durch ihr Vermögen dauerhaft abgesichert ist. Sie hat einen Lebensstandard erreicht, den sie auch ohne die Ehe erreicht hätte. Dafür, dass die Klägerin ohne Ehe Schulleiterin geworden wäre, fehlt es an nachvollziehbaren Tatsachen. So hat sich die Klägerin nach ihren Angaben nicht um die für eine Beförderung notwendigen Weiterbildungen gekümmert, obwohl dies trotz der Kinderbetreuung möglich gewesen wäre.“
36 
Veröffentlicht wurde die Entscheidung erst nach derjenigen des BGH vom 28.02.2007.
37 
Anders als etwa bei der Änderung der Rechtsprechung des BGH zur Aufgabe der Anrechnungsmethode (FamRZ 2001, 986), erfolgte die Änderung bei der Befristung des Aufstockungsunterhalts schrittweise und war erst mit der Entscheidung vom 28.02.2007 hinreichend klar (im Ergebnis ebenso: OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 1084; weitergehend: OLG Koblenz FamRZ 2010, 318). Erst in dieser Entscheidung hat der BGH auch die Dauer der Kindererziehung lediglich als einen abwägungsrelevanten Umstand angesehen, ohne diesem eine nach dem Wortlaut des § 1573 Abs. 5 BGB a.F. mögliche stärkere Bedeutung beizumessen. Der Senat hält daher die Voraussetzungen für eine Präklusion erst ab Kennenmüssen dieser Entscheidung für gegeben.
38 
Diese Entscheidung musste der Parteivertreter des Klägers erst nach ihrer Veröffentlichung im Mai 2007, also nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess, zur Kenntnis nehmen.
39 
Soweit sich die Beklagte bezüglich des Zeitpunkts des Kennenmüssens auf die Entscheidung des BGH vom 28.02.2007 (NJW 2007, 1961) stützt, vermag der Senat die Ansicht, es sei auf den Zeitpunkt der Verkündung abzustellen, nicht zu teilen. Der BGH hat in diesem Fall entschieden, dass eine Abänderung, die auf eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung gestützt ist, frühestens ab dem Zeitpunkt der Verkündung der Entscheidung zulässig ist. Diese Ausführungen können nicht auf die Beurteilung der Kenntnis der Änderung der Rechtsprechung übertragen werden.
40 
Nach der vom BGH zur Haftung eines Rechtsanwalts entwickelten Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 2001, 675) hat der Rechtsanwalt seine Tätigkeit für den Mandanten in erster Linie an der höchstrichterlichen Rechtsprechung auszurichten; denn diese hat richtungweisende Bedeutung für Entwicklung und Anwendung des Rechts. Der Anwalt muss sich deshalb über die Entwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht nur anhand der amtlichen Sammlungen, sondern auch der einschlägigen Fachzeitschriften unterrichten (BGHZ NJW 1958, 825). Strengere Anforderungen werden zwar dann an den Anwalt gestellt, wenn es sich um ein Rechtsgebiet handelt, welches ersichtlich in der Entwicklung begriffen ist. Aber auch dann muss ein Anwalt keine Internet-Recherchen betreiben, sondern auch Spezialzeitschriften in angemessener Zeit durchsehen (BGH NJW 1979, 877), wobei ihm ein „realistischer Toleranzrahmen“ zuzubilligen ist (BGH NJW 2001, 675).
41 
Es kann dahingestellt bleiben, ob den Klägervertreter eine Obliegenheit dahingehend getroffen hat, dass er auch verpflichtet war, in angemessenen Zeitabständen eine Internet-Recherche zur Frage der Befristungsmöglichkeit von Aufstockungsunterhalt zu betreiben. Die Beklagte hat nicht behauptet, dass die Entscheidung des BGH vom 28.02.2007 vor dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im ersten Abänderungsverfahren vor dem Familiengericht Nürtingen in einschlägigen Informationsquellen im Volltext veröffentlicht war. Allein auf die am 01.03.2007 veröffentlichte Pressemitteilung hin musste der Kläger einen Befristungseinwand im Abänderungsverfahren nicht erheben. Um einem Rechtsanwalt zu ermöglichen, sich mit den tragenden Argumenten einer Entscheidung auseinander zu setzen und bei seiner Bewertung den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung tragen zu können, muss ihm eine Entscheidung im Volltext bekannt sein.
42 
Auch aus der Entscheidung des Senats vom 08.01.2009 (FamRZ 2009, 788), die eine kinderlose Ehe betraf, ergibt sich nichts anderes.
2.
43 
Die Entscheidung des Amtsgerichts zur Dauer der Befristung ist nicht zu beanstanden.
44 
Die Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts wegen Unbilligkeit nach § 1578 b Abs. 1, Abs. 2 BGB hängt insbesondere davon ab, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB).
45 
Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass der Beklagten durch die Rollenverteilung in der Ehe keine beruflichen Nachteile entstanden sind. Dieser Annahme entgegenstehende Tatsachen wurden von der Beklagten nicht vorgetragen. Die Beklagte war und ist vollschichtig tätig und hat in ihrer Erwerbsbiographie durch die Ehe keine Nachteile erlitten. Sie kann ihren angemessenen Bedarf selbst decken.
46 
Zwar beschränkt sich § 1578 b BGB nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (BT-Drucks. 16/1830 S. 19). Denn indem § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB "insbesondere" auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abstellt, schließt er andere Gesichtspunkte für die Billigkeitsabwägung nicht aus (BGH FamRZ 2010, 1238). Im vorliegenden Fall gebietet allerdings auch die nacheheliche Solidarität keine Verlängerung des Aufstockungsunterhalts der Beklagten. Die Ehe der Parteien hat etwa 9 ½ Jahre gedauert (Heirat 19.06.1983, Zustellung Scheidungsantrag im Januar 2003). Zum Zeitpunkt der Scheidung war die Beklagte 39 Jahre alt. Beide Kinder lebten beim Beklagten und wurden von diesem betreut. Bei einer Abwägung dieser Umstände erscheint eine Unterhaltsdauer hinsichtlich des Aufstockungsunterhalts von rund 4 ½ Jahren angemessen.
3.
47 
Auf die Frage einer Verwirkung kommt es danach nicht mehr an.
III.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
49 
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
50 
Die Revision war zuzulassen, weil dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich erscheint (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von der Rechtsprechung des OLG Bremen (NJW 2008, 3074) und des OLG Koblenz (FamRZ 2010, 318) zur Frage der Präklusion des Befristungseinwands beim Aufstockungsunterhalt ab.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 511 Statthaftigkeit der Berufung


(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 308 Bindung an die Parteianträge


(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen. (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch oh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1573 Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt


(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag. (2) Reichen die Ei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1578b Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit


(1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtig

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Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2007 - IX ZR 55/03

bei uns veröffentlicht am 11.01.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR 55/03 vom 11. Januar 2007 in dem Rechtsstreit Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann am 11. Januar 200

Referenzen

(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.

(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

(5) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 55/03
vom
11. Januar 2007
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 11. Januar 2007

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 12. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 14. Februar 2003 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 85.138,59 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
2
1. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass die Honorarvereinbarung gemäß § 3 Abs. 1 BRAGO bei Verwendung eines Vordrucks nicht mit dem Beratungsvertrag in einer Urkunde zusammengefasst werden darf (BGH, Urt. v. 8. Juni 2004 - IX ZR 119/03, NJW 2004, 2818, 2819). Daraus folgt, dass auch die individuell gestaltete Honorarvereinbarung im Rah- men der schriftgebundenen Mandantenerklärung nicht zugleich den Anwaltsauftrag oder seine auftragswesentlichen Teile umfassen muss; sie muss nur den Mandatsbezug (Anwendungsbereich) der Honorarabrede erkennen lassen. Das Berufungsgericht hat deshalb in Anwendung geklärter Rechtssätze angenommen , dass die nachträgliche Änderung des Anwaltsauftrages von einer Beratung und Vertretung zu eigenen Gunsten in eine solche zu Gunsten Dritter die schriftliche Honorarvereinbarung nicht berührte.
3
Soweit 2. das Berufungsgericht eine Verpflichtung der Rechtsanwälte K. verneint hat, dem Beklagten die anderweitige Vertretung des Amtes Hohe Elbgeest zu offenbaren, stellen sich keine zulassungserheblichen Rechtsfragen. Nach anwaltlichem Standesrecht darf der Rechtsanwalt nur dann nicht tätig werden, wenn er eine andere Partei in derselben Rechtssache - woran es hier fehlt - im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat oder er mit dieser Rechtssache in sonstiger Weise beruflich vorbefasst war (vgl. nunmehr § 43 a Abs. 4 BRAO; § 3 Abs. 1 BORA). Dies bestimmt auch die Grenzen seiner Offenbarungspflicht, auf der eine Täuschungsanfechtung gemäß § 123 BGB aufbauen kann.
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3. Soweit das Berufungsgericht die Verpflichtung der vom Beklagten beauftragten Rechtsanwälte zu einer juris-Recherche nach dem Urteil des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. Dezember 1995 (ZfBR 1996, 172) verneint hat, ist der Anspruchsgrund im Ergebnis zutreffend beschieden. Der Beklagte hat nämlich für seine bestrittene Behauptung, diese Entscheidung sei bereits am 26. Januar 1996 abrufbar in der juris-Datenbank dokumentiert gewesen, keinen Beweis angetreten. Der Beweis dieses Umstandes, aus dem sich eine schadensursächliche Pflichtverletzung der beauftragten Rechtsanwälte ergeben sollte, fiel dem Beklagten als Auftraggeber zur Last.

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4. Die mit der Anschlussberufung weiter verfolgten Schadensersatzansprüche konnten entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung begründet werden (vgl. RGZ [GrSZ] 170, 18, 20, 22; BGH, Beschl. v. 20. November 1953 - IV ZB 96/53, NJW 1954, 109, 110; BAGE 20, 261; Wieczorek/Rößler, ZPO 2. Aufl. § 522a Anm. B). Das Berufungsgericht hat sich für die mit der Anschließung verfolgte Widerklage jedoch hilfsweise darauf gestützt, dass die geltend gemachten Schadensersatzansprüche unbegründet waren. Gegen diese Begründung hat die Nichtzulassungsbeschwerde , wie im Zusammenhang mit der Hilfsaufrechnung gegen die Klage ausgeführt worden ist, keine durchgreifende Zulassungsrüge erhoben. Das gilt auch für den insoweit aberkannten Bereicherungsanspruch.
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5. Von einer weiteren Begründung der Nichtzulassung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgesehen.
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Streitwert Der für das Beschwerdeverfahren beträgt 166.516,60 DM = 85.138,59 €. Davon entfallen 45.080 DM auf die Klageforderung, 35.080 DM auf die rechtskräftig beschiedene Hilfsaufrechnung des Beklagten und 86.356,60 DM auf die Widerklage. Insoweit ist der hilfsweise verfolgte Schadensersatzanspruch mit dem hauptsächlich erhobenen Bereicherungsanspruch wegen rechtsgrundloser Honorarzahlung der D. zusammenzurechnen.
Fischer Raebel Vill Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 12.01.2001 - 326 O 358/96 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 14.02.2003 - 12 U 10/01 -

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile im Sinne des Satzes 2 können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben.

(2) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden.

(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.

(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

(5) (weggefallen)

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.