Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juni 2018 - IX ZR 136/16
vorgehend
Bundesgerichtshof
Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.
Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZR 136/16
vom
21. Juni 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:210618BIXZR136.16.0 Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, die Richter Prof. Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring
am 21. Juni 2018
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 2. Juni 2016 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 68.620,74 € festgesetzt.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 68.620,74 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
- 2
- Das Berufungsgericht hat richtig entschieden. Die Zahlungen der Schuldnerin an das beklagte Land waren keine unentgeltlichen Leistungen im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO. Nachdem der Beklagte die Forderungen seines Steuerschuldners gegen die Schuldnerin wirksam gepfändet und ihre Einziehung angeordnet hatte, war die Schuldnerin zur Zahlung an den Beklagten verpflichtet. Dies begründete im Verhältnis zwischen der Schuldnerin und dem Be- klagten die Entgeltlichkeit der Zahlungen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - IX ZR 2/11, BGHZ 192, 221 Rn. 35; vom 29. Oktober 2015 - IX ZR 123/13, WM 2016, 44 Rn. 8 f). Auf die Frage, ob die Entgeltlichkeit auch damit begründet werden kann, dass infolge der Zahlungen die Forderung des Beklagten gegen seinen Steuerschuldner erlosch, kommt es nicht an. Es spielt deshalb auch keine Rolle, ob diese Forderung wegen der vom Kläger behaupteten Insolvenz des Steuerschuldners wertlos war.
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 27.10.2015 - 20 O 106/14 -
OLG Celle, Entscheidung vom 02.06.2016 - 16 U 175/15 -
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Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die Tilgung einer fremden Schuld als unentgeltliche Leistung anfechtbar, wenn die gegen den Dritten gerichtete Forderung des Zuwendungsempfängers wertlos war; dann hat der Zuwendungsempfänger wirtschaftlich nichts verloren, was als Gegenleistung für die Zuwendung angesehen werden kann (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2009 - IX ZR 182/08, WM 2009, 2283 Rn. 8; vom 17. Juni 2010 - IX ZR 186/08, WM 2010, 1421 Rn. 7 jeweils mwN). Diese Grundsätze gelten lediglich in Fällen einer freiwilligen Drittleistung, hingegen nicht auch, wenn den Dritten gegenüber dem Zahlungsempfänger eine eigene Verbindlichkeit trifft. Denn dann tilgt er mit der fremden Schuld zugleich eine eigene. In dem Freiwerden von der eigenen Schuld liegt der Ausgleich, der die Anwendung des § 134 Abs. 1 InsO ausschließt (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 163/07, WM 2008, 1459 Rn. 13).
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a) Als Komplementärin haftete die Schuldnerin nach § 161 Abs. 2, § 128 Satz 1 HGB persönlich und unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der KG. Ihre daraus resultierenden Verbindlichkeiten waren von denjenigen der KG verschieden. Es handelt sich um eine gesetzliche, primäre, zur Schuld der Gesellschaft akzessorische Haftung (MünchKomm-HGB/K. Schmidt, 3. Aufl., § 128 Rn. 1 f, 16, 20). Zahlte die Schuldnerin, wovon die Beklagte mangels einer abweichenden Tilgungsbestimmung (§ 366 Abs. 1 BGB) der Schuldnerin im Zweifel ausgehen musste (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - IX ZR 2/11, BGHZ 192, 221 Rn. 20), auf ihre Haftungsverbindlichkeit, erlosch diese. Die Zahlung stellt sich dann als eine entgeltliche Leistung im Zwei-Personen-Verhältnis dar. Entgeltlichkeit wird dort nicht nur dadurch begründet, dass dem Leistenden eine vereinbarte Gegenleistung zufließt. Die Erfüllung einer eigenen entgeltlichen rechtsbeständigen Schuld schließt als Gegenleistung die dadurch bewirkte Schuldbefreiung mit ein. Darum ist auch die Erfüllung von Ansprüchen aus gesetzlichen Schuldverhältnissen entgeltlich (BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, WM 2010, 851 Rn. 9; vgl. auch BGH, Urteil vom 9. Dezember 2010 - IX ZR 60/10, WM 2011, 364 Rn. 10; vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 36; MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 134 Rn. 17b, 26; Schmidt/Ganter/Weinland, InsO, 18. Aufl., § 134 Rn. 45).