Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2009 - IX ZB 148/08

published on 05/03/2009 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2009 - IX ZB 148/08
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Amtsgericht Augsburg, 3 IN 1651/07, 18/02/2008
Landgericht Augsburg, 7 T 1689/08, 20/05/2008

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 148/08
vom
5. März 2009
in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Gläubigerausschuss muss mit mindestens zwei Mitgliedern besetzt sein.
BGH, Beschluss vom 5. März 2009 - IX ZB 148/08 - LG Augsburg
AG Augsburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 5. März 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Augsburg vom 20. Mai 2008 wird auf Kosten der Gläubigerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Das Amtsgericht Augsburg - Insolvenzgericht - hat durch Beschluss vom 18. Februar 2008 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der S. GmbH (fortan: Schuldnerin) eröffnet und Rechtsanwalt P. zum Insolvenzverwalter bestellt.
2
In dem Berichts- und Prüfungstermin vom 21. April 2008 war als einzige Gläubigerin die durch ihren Geschäftsführer B. vertretene R. GmbH erschienen. Als Vertreter dieser Gläubigerin fasste B. den Be- schluss, einen durch ihn selbst als einziges Mitglied bestehenden Gläubigerausschuss einzusetzen.
3
Das Amtsgericht hat durch Beschluss festgestellt, dass kein Gläubigerausschuss besteht. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde beantragt die Gläubigerin , unter Aufhebung der vordergerichtlichen Entscheidungen festzustellen, dass ein Gläubigerausschuss einberufen wurde.

II.


4
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, § 78 Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 1, § 7 InsO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil nach einhelliger , in Rechtsprechung und Schrifttum unbestrittener, auch der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegender Rechtsauffassung ein Gläubigerausschuss mindestens mit zwei Personen besetzt sein muss (LG Neuruppin ZIP 1997, 2130; MünchKomm-InsO/Schmidt-Burgk, 2. Aufl. § 67 Rn. 11, 68 Rn. 8; Kübler, in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 68 Rn. 15; HK-InsO/Eickmann, 5. Aufl. § 67 Rn. 9; Nerlich/Römermann/Delhaes, InsO § 68 Rn. 4; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 68 Rn. 12; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 7. Aufl. Rn. 1.413; Voigt-Salus/Pape in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung 8. Aufl. § 21 Rn. 291) und mithin ein Zulässigkeitsgrund nicht gegeben ist.
5
bereits Die unter der Geltung der Konkursordnung vertretene Auffassung , dass ein Gläubigerausschuss aus wenigstens zwei Personen bestehen muss (BGHZ 124, 86, 91), ist auf einen unter der Insolvenzordnung gebildeten Gläubigerausschuss zu übertragen. Dem Regelungszusammenhang der §§ 67 ff InsO ist eindeutig zu entnehmen, dass ein Gläubigerausschuss mit mindestens zwei Personen besetzt sein muss. Bei der Einsetzung eines Gläubigerausschusses durch das Insolvenzgericht sieht § 67 Abs. 2 InsO vor, dass die verschiedenen Gläubigergruppen einschließlich der Arbeitnehmer zu berücksichtigen sind und folglich ein mehrgliedriger Ausschuss einzurichten ist. Es kann dahinstehen, ob die Gläubigerversammlung bei der Einsetzung und Wahl eines Ausschusses unmittelbar an die Regelung des § 67 Abs. 2 InsO gebunden ist (bejahend Uhlenbruck, aaO § 68 Rn. 4; HK-InsO/Eickmann, aaO § 68 Rn. 4; verneinend: MünchKomm-InsO/Schmidt-Burgk, aaO § 68 Rn. 7; FKInsO /Kind, 5. Aufl. § 68 Rn. 4; Kübler in Kübler/Prütting/Bork, aaO § 68 Rn. 10). Jedenfalls hat auch die Gläubigerversammlung zu beachten, dass die Aufgabe des Gläubigerausschusses, den Insolvenzverwalter bei seiner Geschäftsführung zu unterstützen und zu überwachen, gemäß § 69 Satz 1 InsO durch "die Mitglieder des Gläubigerausschusses" wahrgenommen wird. Damit geht das Gesetz, was auch an anderer Stelle zum Ausdruck kommt (§§ 70, 71, 72 InsO), ersichtlich von einer Mehrzahl von Mitgliedern und folgerichtig einer Mindestzahl von zwei Mitgliedern aus. Der Gläubigerausschuss ist wie jedes andere Beratungs - und Entscheidungsgremium - was auch die in § 72 InsO geregelte Notwendigkeit einer einheitlichen Willensbildung belegt - schon rein begrifflich auf eine Mitwirkung durch mehrere Personen angelegt. Ein nur aus einer Person bestehender Gläubigerausschuss kann mithin nach dem eindeutigen Willen des Gesetzes nicht gebildet werden.
6
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 577 Abs. 6 Satz 2 ZPO), zumal die Rechtsprüfung auf den von der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten Zulässigkeitsgrund beschränkt (§ 577 Abs. 2 ZPO) ist.
Ganter Gehrlein Vill
Lohmann Fischer

Vorinstanzen:
AG Augsburg, Entscheidung vom 18.02.2008 - 3 IN 1651/07 -
LG Augsburg, Entscheidung vom 20.05.2008 - 7 T 1689/08 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

Annotations

(1) Vor der ersten Gläubigerversammlung kann das Insolvenzgericht einen Gläubigerausschuß einsetzen.

(2) Im Gläubigerausschuß sollen die absonderungsberechtigten Gläubiger, die Insolvenzgläubiger mit den höchsten Forderungen und die Kleingläubiger vertreten sein. Dem Ausschuß soll ein Vertreter der Arbeitnehmer angehören.

(3) Zu Mitgliedern des Gläubigerausschusses können auch Personen bestellt werden, die keine Gläubiger sind.

(1) Die Gläubigerversammlung beschließt, ob ein Gläubigerausschuß eingesetzt werden soll. Hat das Insolvenzgericht bereits einen Gläubigerausschuß eingesetzt, so beschließt sie, ob dieser beibehalten werden soll.

(2) Sie kann vom Insolvenzgericht bestellte Mitglieder abwählen und andere oder zusätzliche Mitglieder des Gläubigerausschusses wählen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Widerspricht ein Beschluß der Gläubigerversammlung dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger, so hat das Insolvenzgericht den Beschluß aufzuheben, wenn ein absonderungsberechtigter Gläubiger, ein nicht nachrangiger Insolvenzgläubiger oder der Insolvenzverwalter dies in der Gläubigerversammlung beantragt.

(2) Die Aufhebung des Beschlusses ist öffentlich bekanntzumachen. Gegen die Aufhebung steht jedem absonderungsberechtigten Gläubiger und jedem nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags auf Aufhebung steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Die Gläubigerversammlung beschließt, ob ein Gläubigerausschuß eingesetzt werden soll. Hat das Insolvenzgericht bereits einen Gläubigerausschuß eingesetzt, so beschließt sie, ob dieser beibehalten werden soll.

(2) Sie kann vom Insolvenzgericht bestellte Mitglieder abwählen und andere oder zusätzliche Mitglieder des Gläubigerausschusses wählen.

(1) Vor der ersten Gläubigerversammlung kann das Insolvenzgericht einen Gläubigerausschuß einsetzen.

(2) Im Gläubigerausschuß sollen die absonderungsberechtigten Gläubiger, die Insolvenzgläubiger mit den höchsten Forderungen und die Kleingläubiger vertreten sein. Dem Ausschuß soll ein Vertreter der Arbeitnehmer angehören.

(3) Zu Mitgliedern des Gläubigerausschusses können auch Personen bestellt werden, die keine Gläubiger sind.

Die Mitglieder des Gläubigerausschusses haben den Insolvenzverwalter bei seiner Geschäftsführung zu unterstützen und zu überwachen. Sie haben sich über den Gang der Geschäfte zu unterrichten sowie die Bücher und Geschäftspapiere einsehen und den Geldverkehr und -bestand prüfen zu lassen.

Das Insolvenzgericht kann ein Mitglied des Gläubigerausschusses aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen, auf Antrag des Mitglieds des Gläubigerausschusses oder auf Antrag der Gläubigerversammlung erfolgen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist das Mitglied des Gläubigerausschusses zu hören; gegen die Entscheidung steht ihm die sofortige Beschwerde zu.

Die Mitglieder des Gläubigerausschusses sind den absonderungsberechtigten Gläubigern und den Insolvenzgläubigern zum Schadenersatz verpflichtet, wenn sie schuldhaft die Pflichten verletzen, die ihnen nach diesem Gesetz obliegen. § 62 gilt entsprechend.

Ein Beschluß des Gläubigerausschusses ist gültig, wenn die Mehrheit der Mitglieder an der Beschlußfassung teilgenommen hat und der Beschluß mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt worden ist.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.