Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Dez. 2017 - III ZR 542/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:071217BIIIZR542.16.0
bei uns veröffentlicht am07.12.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 542/16
vom
7. Dezember 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:071217BIIIZR542.16.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Dezember 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrink, Dr. Remmert und Reiter sowie die Richterin Pohl
beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberlandesgerichts München - 32. Zivilsenat - vom 20. Oktober 2016 - 32 U 777/16 - wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Streitwert: bis 40.000 €

Gründe:


1
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem angefochtenen Urteil ist unbegründet, weil die Zulassungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
2
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Fehlerhaftigkeit des bei den Beitrittsverhandlungen verwendeten Prospekts bejaht, soweit darin das besondere, aus dem Finanzierungskonzept des Fonds folgende Risiko der Begebung einer Inhaberschuldverschreibung (gezielt) verschleiert wird. Durch die Ausführungen auf S. 56 des Prospekts ("Die Beteiligungsmodalitäten") wird dem durchschnittlichen Anleger der unzutreffende Eindruck vermittelt, dass die Zahlungen auf die Inhaberschuldverschreibungen durch "abgesicherte Zahlungsströme aus der Beteiligung" erfolgten und "weitere Barmittel" seitens des Anlegers zur Be- dienung der Beteiligungsfinanzierung nicht erforderlich seien. Unerwähnt bleibt, dass der Anleger mit einer Inanspruchnahme aus den Inhaberschuldverschreibungen rechnen muss, wenn diese aus den anteiligen Ausschüttungsbeträgen nicht vollständig bedient werden können, weil zum Beispiel die Schuldner der so genannten Distributionsgarantiezahlungen (teilweise) ausfallen oder der Wechselkurs des US-Dollars sinkt. Damit wird das wesentliche Risiko im Zusammenhang mit der Begebung einer Inhaberschuldverschreibung verschwiegen.
3
2. Daran vermögen auch die Hinweise auf S. 46 des Prospekts zu den Währungs- und Wechselkursrisiken nichts zu ändern. Darin wird lediglich ausgeführt , dass Währungsschwankungen sich negativ auf die Erlöse der Fondsgesellschaft auswirken können und diese und damit letztlich die Anleger insoweit ein entsprechendes Fremdwährungs- und Wechselkursrisiko tragen. Dass die Anleger - entgegen den Prospektangaben auf S. 56 - gegebenenfalls weitere erhebliche Barmittel zur Bedienung der Inhaberschuldverschreibungen aufwenden müssen, wird nicht klargestellt und erschließt sich einem durchschnittlichen Anleger auch nicht bei sorgfältiger Prospektlektüre. Die Prospektangaben auf S. 45 zum "Fremdfinanzierungsrisiko" befassen sich nicht mit dem Risiko, dass die Inhaberschuldverschreibungen nicht aus den Zahlungsströmen der Beteiligung bedient werden können, sondern betreffen ganz andere Konstellationen (Fehlschlagen der Refinanzierung bzw. Insolvenz der E. P. A. GmbH, vorzeitige Fälligstellung der Inhaberschuldverschreibung auf Grund von Umständen, die aus der Sphäre des Anlegers kommen).
4
3. Die Fehlerhaftigkeit des Prospekts war im Rahmen der geschuldeten Plausibilitätskontrolle für die Beklagte bereits bei der zu fordernden sorgfältigen Lektüre des Prospektinhalts erkennbar. Es handelte sich um eine zentrale Frage des gesamten Finanzierungskonzepts. Dementsprechend hätte die Beklagte die Augen nicht davor verschließen dürfen, dass der Prospekt dieses für sie als erfahrene Treuhandkommanditistin und Mittelverwendungskontrollerin mit Händen zu greifende Risiko gezielt verschleierte.
5
4. Nach alledem kommt es auf die vom Berufungsgericht angenommenen weiteren Prospektfehler (unzureichende Darstellung der Rechtsfolgen der §§ 793 ff BGB, des Wiederauflebens der Haftung der mittelbaren Kommanditisten und des Insolvenzrisikos der Fondsgesellschaft) nicht mehr an.
6
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Herrmann Tombrink Remmert Reiter Pohl
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 15.01.2016 - 22 O 11949/15 -
OLG München, Entscheidung vom 20.10.2016 - 32 U 777/16 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 793 Rechte aus der Schuldverschreibung auf den Inhaber


(1) Hat jemand eine Urkunde ausgestellt, in der er dem Inhaber der Urkunde eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf den Inhaber), so kann der Inhaber von ihm die Leistung nach Maßgabe des Versprechens verlangen, es sei denn, dass er zur Verf

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Tenor I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München I vom 27.07.2016, Az. 29 O 21724/15, aufgehoben. 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.988,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentp

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.