Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Juli 2016 - III ZR 323/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Juli 2016 durch die Richter Tombrink und Dr. Remmert, die Richterinnen Müller und Pohl und den Richter Dr. Klein
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Gegen die Zurückweisung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss vom 30. April 2014 haben die Kläger am 21. Mai 2014 über einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eine Anhörungsrüge erhoben und am gleichen Tage selbst einen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts (§ 78b ZPO) eingereicht. Die Anhörungsrüge und der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts sind durch Senatsbeschluss vom 24. Juli 2014 zurückgewiesen worden. Gegen die Ablehnung des Antrags auf Beiordnung eines Notanwalts haben die Kläger Gegenvorstellung, hilfsweise Anhörungsrüge erhoben und zugleich die am Beschluss vom 24. Juli 2014 mitwirkenden Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dieses Ablehnungsgesuch hat der Senat mit Beschluss vom 12. Februar 2015 zurückgewiesen. Hiergegen haben die Kläger am 2. März 2015 Anhörungsrüge erhoben und mit weiterem Schreiben vom 16. März 2015 den am Beschluss vom 12. Februar 2015 beteiligten Richter T. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dieses Ablehnungsgesuch hat der Senat durch Beschluss vom 27. Mai 2015 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss haben die Kläger am 17. Juni 2015 Anhörungsrüge erhoben und mit weiterem Schreiben vom 1. Juli 2015 die an dem Beschluss vom 27. Mai 2015 beteiligten Richter H. , Dr. R. und O. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dieses Ablehnungsgesuch hat der Senat durch Beschluss vom 23. September 2015 als unzulässig verworfen; zugleich ist die Anhörungsrüge der Kläger gegen den Senatsbeschluss vom 27. Mai 2015 zurückgewiesen worden. Hinsichtlich der Verwerfung des Ablehnungsgesuchs haben die Kläger eine Entscheidungsergänzung beantragt, hilfsweise Anhörungsrüge erhoben. Mit Beschluss vom 15. Februar 2016 hat der Senat den Beschluss vom 23. September 2015 wegen eines Schreibfehlers berichtigt und eine Ergänzung dieses Beschlusses im Übrigen abgelehnt. Mit Beschluss vom 16. Februar 2016 hat der Senat durch den Einzelrichter H. die Erinnerung der Kläger gegen den Ansatz der Gerichtskosten vom 2. Mai und 28. Juli 2014 zurückgewiesen. Mit Schreiben vom 18. April 2016 haben die Kläger Gegenvorstellung gegen den Senatsbeschluss vom 15. Februar 2016 und Anhörungsrüge gegen den Einzelrichterbeschluss vom 16. Februar 2016 erhoben sowie den Richter H. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
- 2
- Mit Beschluss vom 2. Juni 2016 hat der Senat die Gegenvorstellung der Kläger gegen den Senatsbeschluss vom 24. Juli 2014, die Gegenvorstellung der Kläger gegen den Senatsbeschluss vom 15. Februar 2016 und das Ablehnungsgesuch der Kläger gegen den Richter H. zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs gegen den Richter H. haben die Kläger am 29. Juni 2016 Anhörungsrüge erhoben und vier der am Beschluss vom 2. Juni 2016 beteiligten Richter - nämlich den Vorsitzenden Richter Dr. H. , die Richter S. und R. sowie die Richterin Dr. L. - wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
II.
- 3
- Der Befangenheitsantrag ist zulässig, aber unbegründet.
- 4
- 1. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder der Unabhängigkeit der abgelehnten Richter aufkommen lassen (vgl. nur Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 42 Rn. 8 f mwN).
- 5
- 2. Solche Gründe liegen hier nicht vor.
- 6
- a) Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass sie drei am Senatsbeschluss vom 2. Juni 2016 mitwirkende Richter, nämlich den Vorsitzenden Richter Dr. H. und die Richter S. und R. , im August 2014 wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatten, dieses Gesuch durch Senatsbeschluss vom 12. Februar 2015 zurückgewiesen worden ist und die Kläger gegen diesen Beschluss am 2. März 2015 eine Anhörungsrüge (§ 321a ZPO) erhoben haben, über die bislang nicht entschieden worden ist.
- 7
- aa) Durch die Mitwirkung an der Entscheidung vom 2. Juni 2016 - nach Anbringung, aber vor Bescheidung der Anhörungsrüge vom 2. März 2015 - dürften die genannten Richter objektiv ihre Wartefrist nach § 47 Abs. 1 ZPO verletzt haben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Juni 2010 - XI ZB 33/09, NJW-RR 2011, 427 f Rn. 16 ff und vom 7. März 2012 - AnwZ (B) 13/10, BeckRS 2012, 07842).
- 8
- bb) Gleichwohl begründet dies nicht die Besorgnis der Befangenheit. Eine solche kann bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen gegen § 47 Abs. 1 ZPO zu bejahen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 7. März 2012 aaO), nicht aber dann, wenn ein einmaliger Verstoß gegen die Wartepflicht auf einem offensichtlichen Versehen beruht. Letzteres ist hier der Fall. Wie aus dem Akteninhalt offen zu Tage tritt, ist die Anhörungsrüge vom 2. März 2015 schlicht übersehen worden, nachdem die Kläger zwischenzeitlich eine Mehrzahl weiterer bescheidungsbedürftiger Eingaben eingereicht hatten (s. Senatsbeschlüsse vom 27. Mai 2015, 23. September 2015, 15. Februar 2016, 16. Februar 2016 und 2. Juni 2016); hierüber ist die Anhörungsrüge vom 2. März 2015 offenbar in Vergessenheit geraten. Dass die Anhörungsrüge vom 2. März 2015 von den erwähnten Richtern - wegen der zwischenzeitlichen anderweitigen Eingaben der Kläger und deren Bescheidung - schlicht übersehen wurde, ergibt sich insbesondere aus dem letzten Absatz des Beschlusses vom 2. Juni 2016, wonach - abgesehen von der an dieser Stelle nicht relevanten Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 16. Februar 2016 - "nunmehr sämtliche Eingaben der Kläger abschließend beschieden [sind], insbesondere auch sämtliche Ablehnungsgesuche".
- 9
- b) Soweit die Kläger ihr Ablehnungsgesuch auf vermeintliche Rechtsfehler der Senatsbeschlüsse vom 23. September 2015, 15. Februar 2016 und 2. Juni 2016 stützen möchten, ergibt sich hieraus keine tragfähige Grundlage für Zweifel an der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit der abgelehnten Richter.
Pohl Klein
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 04.06.2012 - 35 O 25376/11 -
OLG München, Entscheidung vom 08.05.2013 - 18 U 2953/12 -
moreResultsText
Annotations
(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.
(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.
(1) Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten.
(2) Wird ein Richter während der Verhandlung abgelehnt und würde die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern, so kann der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden. Wird die Ablehnung für begründet erklärt, so ist der nach Anbringung des Ablehnungsgesuchs liegende Teil der Verhandlung zu wiederholen.