Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Nov. 2014 - III ZA 19/14

published on 27/11/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Nov. 2014 - III ZA 19/14
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Amtsgericht Cochem, 23 C 552/12, 12/09/2013
Landgericht Koblenz, 14 S 220/13, 26/08/2014

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZA 19/14
vom
27. November 2014
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. November 2014 durch
den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dr. Herrmann, Hucke, Tombrink
und Dr. Remmert

beschlossen:
Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Revision gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 26. August 2014 - 14 S 220/13 - wird zurückgewiesen.

Gründe


I.


1
Der Kläger betreibt einen Schlüsselnotdienst und verlangt von der Beklagten , für die eine Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt im Bereich der Vermögensangelegenheiten angeordnet ist, Vergütung in Höhe von 319,50 € (nebst Zinsen und vorgerichtlicher Anwaltskosten) für die Öffnung der Tür zur Wohnung der Beklagten am späten Abend des 13. Juni 2010, einem Sonntag.
2
Das Amtsgericht hat einen Anspruch des Klägers aus Geschäftsführung ohne Auftrag bejaht und der Klage in vollem Umfange stattgegeben. Die hiergegen eingelegte, vom Amtsgericht zugelassene Berufung hat das Landgericht zurückgewiesen und zugleich die Revision zugelassen. Für die Durchführung der Revision beantragt die Beklagte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

II.


3
Prozesskostenhilfe kann nur gewährt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Satz 1 ZPO). Die angestrebte Revision hat jedoch keine Erfolgsaussicht.
4
1. Ein Rechtsschutzbegehren hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in aller Regel zwar schon dann hinreichende Aussicht auf Erfolg , wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt. Sind die maßgeblichen Rechtsfragen aber bereits hinreichend geklärt oder im vorerwähnten Sinne nicht schwierig, weil sie aufgrund der bestehenden Rechtsprechung ohne weiteres und eindeutig zu beantworten sind, hindert die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht die Ablehnung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht nicht (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 5. Oktober 2005 - VIII ZR 127/05, BeckRS 2005, 12866; vom 19. September 2006 - VIII ZR 336/04, NJW-RR 2007, 10 Rn. 4; vom 9. November 2006 - IX ZR 170/06, WuM 2007, 30 Rn. 2 und vom 24. Juli 2007 - XI ZA 3/07, BeckRS 2007, 13316).
5
2. So liegt es auch hier. Das Berufungsgericht hat den Klageanspruch zu Recht gemäß §§ 677, 683, 670 BGB für begründet erachtet. Die damit zusammenhängenden Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits zureichend geklärt.
6
a) Im Falle der Nichtigkeit eines Vertrags - auch wegen gesetzlichen Verbots oder Sittenverstoßes - kann grundsätzlich auf die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag zurückgegriffen werden; der Umstand, dass sich der Geschäftsführer zur Geschäftsbesorgung verpflichtet hat oder für ver- pflichtet hält, steht dem nicht entgegen (s. etwa Senatsurteile vom 21. Oktober 1999 - III ZR 319/98, BGHZ 143, 9, 16 und vom 21. Juni 2012 - III ZR 291/11, NJW 2012, 3366, 3368 Rn. 27 mwN). Für den Fall der Nichtigkeit des Vertrags infolge der Verweigerung der Genehmigung des Rechtsgeschäfts eines beschränkt Geschäftsfähigen (§§ 106 ff, 108 BGB) oder eines Betreuten, für dessen Vermögensangelegenheiten ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden ist (§ 1903 BGB), gilt nichts anderes (vgl. BGH, Urteil vom 7. Januar 1971 - VII ZR 9/70, NJW 1971, 609, 612, insoweit in BGHZ 55, 128 nicht mit abgedruckt ). Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, wird den berechtigten Belangen des beschränkt Geschäftsfähigen oder Betreuten durch die in § 683 BGB geregelten Voraussetzungen für einen Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers nach § 670 BGB in genügender Weise Rechnung getragen.
7
b) Die Voraussetzungen für einen Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 683, 670 BGB hat das Berufungsgericht unter tatrichterlicher Würdigung der konkreten Fallumstände rechtsfehlerfrei bejaht.
8
Da die Beklagte sich spätabends versehentlich aus der eigenen Wohnung ausgeschlossen hatte, wieder zurück in ihre Wohnung wollte und hierfür keine andere Möglichkeit sah, als einen Schlüsselnotdienst - hier: den Kläger - herbeizurufen, lag es in ihrem objektiven Interesse, dass der Kläger erschien und die Wohnungstür eröffnete. Dies entsprach auch dem mutmaßlichen Willen ihres Betreuers, denn diesem konnte nicht daran gelegen sein, dass die Beklagte die Nacht über außerhalb ihrer Wohnung verbringen würde, war ihr doch offensichtlich nicht bewusst, dass der Hausmeister oder ihr Betreuer über einen Zweitschlüssel verfügen. Letzteres war auch dem Kläger weder bekannt noch erkennbar.

9
c) Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht den Aufwendungsersatzanspruch des Klägers in der Höhe des vom Kläger verlangten Ent- gelts (319,50 €) bemessen.Der Kläger kann als berechtigter Geschäftsführer ohne Auftrag Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er für die Öffnung der Wohnungstür der Beklagten für erforderlich halten durfte. Da er dieses fremde Geschäft im Rahmen seines Gewerbes als Schlüsselnotdienst durchgeführt hat, umfasst der Aufwendungsersatzanspruch auch die dafür übliche Vergütung (vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. Januar 1971 aaO sowie Senatsurteile vom 21. Oktober 1999 aaO und vom 17. November 2011 - III ZR 53/11, BGHZ 191, 325, 335 Rn. 25).
Schlick Tombrink
Vorinstanzen:
AG Cochem, Entscheidung vom 12.09.2013 - 23 C 552/12 -
LG Koblenz, Entscheidung vom 26.08.2014 - 14 S 220/13 -
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht diese
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert.

Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

Ein Minderjähriger, der das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist nach Maßgabe der §§ 107 bis 113 in der Geschäftsfähigkeit beschränkt.

(1) Schließt der Minderjährige einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Vertreters ab.

(2) Fordert der andere Teil den Vertreter zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Minderjährigen gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

(3) Ist der Minderjährige unbeschränkt geschäftsfähig geworden, so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Vertreters.

Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.